Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Juni 2010 - 1 A 11265/09
Gericht
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 27. Januar 2009 und unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 5. August 2008 wird die Beklagte verpflichtet, den Bauantrag des Klägers vom 5. Februar 2007 in der Fassung dessen Abänderung in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Neubescheidung eines Baugenehmigungsantrags für einen - in dieser Form abweichend von der erteilten Baugenehmigung - bereits errichteten Balkon in geringem Abstand zur seitlichen Nachbargrenze an der Rückseite seines unmittelbar an diese Nachbargrenze angebauten Wohngebäudes. Er ist Eigentümer des Grundstücks Parzelle Nr. ... in Flur ... der Gemarkung K. im Stadtteil K. der Beklagten (Z.straße ...). Auf diesem Grundstück steht sein Wohnhaus, das an das auf dem südlich angrenzenden Grundstück Parzelle Nr. ... vorhandene Wohngebäude (Z.straße ...) unmittelbar angebaut ist. Zu dem nördlich angrenzenden Grundstück Parzelle Nr. ... hält das Wohnhaus des Klägers einen Grenzabstand ein. Die östlich und westlich an die Z.straße angrenzende Bebauung ist weitgehend durch Doppelhausbebauung bzw. Hausgruppen geprägt.
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Unter dem 17. November 2003 erteilte die Beklagte dem Kläger die Baugenehmigung zur Errichtung der Doppelhaushälfte auf seinem Grundstück Parzelle Nr. .... Hierdurch wurde dem Kläger unter anderem die Errichtung eines 3,25 m breiten Balkons im ersten Obergeschoss an der rückwärtigen Gebäudewand seines Hauses genehmigt. Dieser Balkon sollte 1,50 m vor dieser Gebäudewand vortreten und einen Abstand von 2,20 m zum südlich angrenzenden Grundstück Parzelle Nr. ... einhalten. Hiervon abweichend errichtete der Kläger indessen einen Balkon mit einer Breite von 6,86 m, der 2,12 m vor die Wand vortritt und einen Abstand von lediglich 0,53 m zu der genannten Nachbargrenze einhält. Nachdem diese Abweichung von der Beklagten - aufgrund von Nachbarbeschwerden - festgestellt und aufgegriffen worden war, beantragte der Kläger unter dem 5. Februar 2007 - zunächst - im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 66 LBauO die Genehmigung für einen Balkon zu erteilen, der – insoweit weder mit dem genehmigten noch mit dem tatsächlich vorhandenen Balkon übereinstimmend - 2,12 m vor die Gebäudewand vortreten, eine Breite von 3,70 m aufweisen und zu dem Nachbargrundstück Parzelle Nr.... einen Abstand von 1,58 m einhalten sollte. Diesen Bauantrag hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend abgeändert, dass nunmehr die Genehmigung des tatsächlich vorhandenen Balkons begehrt wird.
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Die Beklagte lehnte die Erteilung der Baugenehmigung mit Bescheid vom 10. Juli 2007 unter Hinweis auf den entgegenstehenden § 8 LBauO und die fehlende Zustimmung des Nachbarn ab.
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Den hiergegen von dem Kläger rechtzeitig eingelegten Widerspruch wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2008 zurück, in dem ausgeführt wurde, dass dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, in dem bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht geprüft würden, fehle, da das Vorhaben gegen § 8 Abs. 1 LBauO verstoße und die Erteilung einer Abweichung nach § 69 LBauO nicht in Betracht komme.
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Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, die beantragte Baugenehmigung sei ihm zu erteilen, da sein Grundstück grenzständig bebaut sei und somit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO eine - weitere - Bebauung ohne Grenzabstand zulässig sei. Daher sei auf den Balkon § 8 Abs. 5 LBauO nicht anzuwenden. Es liege auch kein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot vor, da eine Sichtblende auf dem Balkon vorgesehen sei und sich auf dem Nachbargrundstück eine bis an die Grenze reichende Terrasse befinde.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. Januar 2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Ihm fehle nämlich das erforderliche Sachbescheidungsinteresse. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass die Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren, in dem grundsätzlich die bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht geprüft würden, abgelehnt werden könne, wenn das Bauvorhaben eindeutig gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften verstoße. Das sei hier der Fall gewesen. Der zur Genehmigung gestellte Balkon sei nämlich nicht mit der Abstandsflächenvorschrift des § 8 LBauO zu vereinbaren. Aus § 8 Abs. 1 und Abs. 6, Satz 3 LBauO folge, dass die Tiefe der Abstandsfläche grundsätzlich mindestens 3 m betragen müsse. Von dieser Regelung weiche § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO für Balkone ab. Danach müsse ein Balkon in jedem Falle mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Grundstücksgrenze entfernt bleiben. Diese Regelung finde entsprechende Anwendung hinsichtlich der Abstände zur seitlichen Grundstücksgrenze. Nach den Antragsunterlagen solle der Balkon einen Abstand zum Nachbargrundstück Parzelle Nr. ... von lediglich 53 cm haben. Daher missachte er die Abstandsflächenvorschrift, ohne dass es noch darauf ankomme, ob der Balkon angesichts der Dimensionierung überhaupt noch zu den untergeordneten Vorbauten im Sinne von § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO gehöre. Dieses Ergebnis werde entgegen der Auffassung des Klägers durch § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO nicht in Frage gestellt, wonach ohne Grenzabstand gebaut werden könne, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften zwar mit Grenzabstand gebaut werden müsste, aber auf dem Nachbargrundstück innerhalb der bebaubaren Grundstücksfläche ein Gebäude ohne Grenzabstand gebaut worden sei. Diese Regelung finde auf Balkone keine Anwendung. § 8 Abs. 1 LBauO regele die Einhaltung von Abstandsflächen oberirdischer Gebäude. Dazu zählten Balkonanlagen nicht. Ferner stelle § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO eine spezielle Regelung für die Einhaltung von Abstandsflächen für vor eine Wand vortretende Gebäudeteile und untergeordnete Vorbauten wie Balkone dar. Das Bestehen besonderer Abstandsflächenvorschriften in einem gesonderten Absatz führe aber zu dem Schluss, dass nur in dem dort genannten Fall eine abstandsflächenrechtliche Privilegierung für einen Balkon greifen solle. Schließlich streite auch der Zweck des § 8 Abs. 1 LBauO, der neben der Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung und Belüftung auch dem Schutz des Wohnfriedens diene, für dieses Verständnis. Gerade Balkonanlagen, die in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze errichtet würden, könnten Störungen im Nachbarschaftsverhältnis hervorrufen. Von daher müssten Balkone, die die in § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO vorgegebenen Maße nicht einhielten, den in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 LBauO genannten Mindestabstand einhalten und dürften nicht grenzständig errichtet werden. Die Voraussetzung für eine Abweichung gemäß § 69 Abs. 1 LBauO lägen nicht vor. Der Kläger habe nämlich keine besondere Grundstückssituation aufgezeigt, die es rechtfertige, ausnahmsweise von den Anforderungen der nachbarschützenden Vorschrift des § 8 LBauO abzuweichen.
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Zur Begründung der durch Beschluss des Senates vom 26. November 2009 zugelassenen Berufung, mit der er nunmehr die Neubescheidung seines in der mündlichen Verhandlung geänderten Bauantrages begehrt, trägt der Kläger vor, da an das Grundstück des Klägers grenzständig angebaut sei und somit auf seinem Grundstück eine Bebauung ohne Grenzabstand gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 BauGB zulässig sei, sei § 8 Abs. 5 LBauO nicht anzuwenden, sondern lediglich zu prüfen, ob das Rücksichtnahmegebot verletzt sei. Letzteres sei nicht der Fall, weil eine Sichtblende geplant sei. § 8 Abs. 5 LBauO sei schon seinem Wortlaut nach auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil danach für vortretende Gebäudeteile eine Abstandsfläche gesondert zu ermitteln sei. Bei einem Grenzabbau sei jedoch gar keine Abstandsfläche einzuhalten. Damit liege in einem solchen Fall kein Sachverhalt vor, in dem dann eine gesonderte Abstandsfläche gemäß § 8 Abs. 5 LBauO ermittelt werden müsse. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 1 LBauO sei auf Balkone nicht anwendbar, komme es insoweit nicht darauf an, ob Balkone in § 8 Abs. 2 LBauO genannt seien. § 8 Abs. 5 zeige nämlich, dass der Gesetzgeber Balkone als Gebäudeteile verstehe und nicht als eigenständige Bauten. Zudem verkenne das Verwaltungsgericht die Systematik des § 8 LBauO, wenn es die Regelung in § 8 Abs. 5 LBauO als Sonderregelung gegenüber § 8 Abs. 1 Nr. 3 LBauO ansehe. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf eine diesbezügliche Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen stütze diese Auffassung nicht, weil die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen mit der in Rheinland-Pfalz nicht vergleichbar sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 27. Januar 2009 und unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 5. August 2008 zu verpflichten, den Bauantrag des Klägers vom 5. Februar 2007 in der Fassung dessen Abänderung in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie trägt vor, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit beurteile sich hier nach § 34 BauGB. Danach müsse der Balkon nicht an die Grenze gebaut werden. Das sei nur der Fall, wenn sich ein Balkon mit einem Abstand zur seitlichen Grenze nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde. Die Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen bei der rückwärtigen Anschlussbebauung an eine Doppelhaushälfte entfalle nur dann, wenn in der näheren Umgebung ein Ordnungsprinzip herrsche, das eine rückwärtige Erweiterung von Anbauten nur an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zulasse. Hieran fehle es im vorliegenden Fall, weshalb ein Abstand zum Nachbargrundstück einzuhalten sei. § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO gelte auch für die seitlichen Grundstücksgrenzen. Allerdings seien die Voraussetzungen für eine gesonderte Berechnung der Abstandsfläche gemäß § 8 Abs. 5 LBauO hier nicht erfüllt, weil es sich bei dem streitigen Balkon wegen seiner Ausmaße nicht um ein untergeordnetes Bauteil im Sinne dieser Vorschrift handele. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die massiven Stützen, die in der Nähe des Nachbargrundstückes stünden. Die Frage, ob das Rücksichtnahmegebot beachtet sei, bedürfe daher keiner Prüfung mehr, weil der zur Genehmigung gestellte Balkon gegen § 8 LBauO verstoße und schon deshalb nicht genehmigt werden könne.
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Der Senat hat eine Ortsbesichtigung durchgeführt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2010 Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Bau- und Widerspruchsakten der Beklagten (2 Hefte). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig.
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Das gilt gemäß § 91 Abs. 1 VwGO auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung geänderten Klagebegehrens, weil die Beklagte in diese Änderung eingewilligt hat, mit der der Kläger die Neubescheidung seines Baugenehmigungsantrags nunmehr insoweit begehrt, als dieser den tatsächlich verwirklichten Balkon und nicht den mit dem Bauantrag vom 5. Februar 2007 zur Genehmigung gestellten - kleineren, allerdings auch nicht mit dem ursprünglich genehmigten Balkon übereinstimmenden - Balkon zum Gegenstand haben soll.
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Die Berufung ist auch begründet.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts fehlt dem Kläger nämlich nicht das erforderliche Sachbescheidungsinteresse aus dem Grund, dass der Balkon gegen § 8 LBauO verstoßen würde und der Kläger deshalb, ungeachtet des Umstandes, dass zwar im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 66 Abs. 3 LBauO die bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht geprüft werden, von einer ihm erteilten Baugenehmigung keinen Gebrauch machen könnte. Im vorliegenden Fall ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO ein Grenzanbau zulässig. Das gilt auch für den streitgegenständlichen - grenznahen - Balkon. Dem steht § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO nicht als Spezialvorschrift entgegen. Diese Vorschrift kommt allein dann zur Anwendung, wenn in Bezug auf die maßgebliche Nachbargrenze überhaupt eine Abstandsfläche einzuhalten ist. Das ist hier in Bezug auf die Nachbargrenze zur Parzelle Nr. 257/2 jedoch nicht der Fall. Schließlich ist aus der maßgeblichen Umgebungsbebauung auch kein Ordnungsprinzip ableitbar, dass gebieten würde, bei einem an der Grenze zulässigen Gebäude zwischen dessen straßenseitigen und dessen rückwärtigen Wand einerseits und den vor diese Wände vortretenden Gebäudeteilen andererseits zu differenzieren. Darüber hinaus sind, unter der Voraussetzung, dass zum Nachbargrundstück Parzelle Nr. ... ein Sichtschutz an den Balkon angebracht wird, auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Vorhaben gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstößt, das auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen ist.
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Zwar findet in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 66 LBauO, der bezüglich des Wohngebäudes des Klägers gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 LBauO und damit auch bezüglich des hier in Rede stehenden Gebäudeteiles, des Balkons, einschlägig ist, gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 LBauO eine Prüfung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften und damit auch des § 8 LBauO nicht statt, um dessen Einhaltung zwischen den Beteiligten hier gestritten wird. Gleichwohl besteht, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz dargelegt hat, dann kein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren, wenn das genehmigte Vorhaben erkennbar dem Bauordnungsrecht widerspricht, der Bauantragsteller daher von einer ihm erteilten Baugenehmigung keinen Gebrauch machen könnte und deshalb das erforderliche Sachbescheidungsinteresse zu verneinen ist. So liegt der Fall hier jedoch nicht.
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Dass auf dem klägerischen Grundstück grundsätzlich ein Anbau an die Nachbargrenze zu dem Grundstück Parzelle Nr. ... zulässig ist, stellt die Beklagte ersichtlich nicht in Abrede. Unabhängig davon, dass die nach § 34 BauGB maßgebliche Bebauung in der näheren Umgebung entlang der Z.straße durch Doppelhausbebauung geprägt ist, ergibt sich die Zulässigkeit eines derartigen Grenzanbaues im vorliegenden Fall bereits daraus, dass das Nachbargebäude auf dem Grundstück Parzelle Nr. ... als Doppelhaushälfte an die Grenze zum Grundstück des Klägers unmittelbar angebaut ist, sodass der Kläger seinerseits zulässigerweise gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO an die Grenze angebaut hat. Dabei ist in einem solchen Fall nach der Rechtsprechung des Senates (vgl. Urteil vom 22. August 2002 - 1 A 10731/02.OVG -, NVwZ-RR 2003, 485 f.) eine zusätzliche öffentlich-rechtliche Sicherung des Grenzanbaues gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBauO nicht erforderlich. Das gilt des Weiteren nicht nur für diejenige Teillänge der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen dem Grundstück des Klägers und dem südlich angrenzenden Nachbargrundstück Parzelle Nr. ..., an die der Nachbar bereits unmittelbar angebaut hat, sondern auch für die gesamte zulässige Bautiefe, die sich aus den planungsrechtlichen Vorgaben - sei aus es den Festsetzungen eines Bebauungsplanes oder aus dem durch die maßgebliche Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen - ergibt. Die nach den früher geltenden Fassungen der Vorschrift von der Rechtsprechung geforderte Deckungsgleichheit ist nämlich durch die nunmehr geltende Fassung der LBauO vom 24. November 1998 (GVBl. 365) überholt. Der aktuelle Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO erlaubt im Falle vorhandener Grenzbebauung nicht nur einen Anbau, sondern das Bauen ohne Grenzabstand. Diese Wortlautänderung führt, wie sich auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt (s. LT-Drs. 13/3040, S. 50) nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, dass die Deckungsgleichheit von Alt- und Neubau nicht mehr Voraussetzung der Ausnahme nach § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO ist. Das Ausmaß der hinzutretenden Grenzbebauung wird nur noch durch die jeweils einschlägigen Regelungen des Bauplanungsrechtes begrenzt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 29. Oktober 2001 - 8 A 11309/01.OVG -; vgl. auch BVerwG Urteil vom 24. Februar 2000, BVerwGE 110, 355 ff.). Die bauplanungsrechtliche Begrenzung der Grenzbebauung ergibt sich entweder aus den Festsetzungen eines Bebauungsplanes, soweit dieser die Bautiefe durch die Festsetzung von Baugrenzen oder Baulinien regelt, oder im Falle eines unbeplanten Innenbereiches gemäß § 34 BauGB aus der Bebauung der maßgeblichen näheren Umgebung, aus der dann die faktischen Baugrenzen abzuleiten sind.
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Im vorliegenden Fall besteht kein Bebauungsplan. Daher ist auf die in der näheren Umgebung verwirklichte Bautiefe abzustellen. Diese wird durch das streitige Vorhaben des Klägers indessen nicht überschritten. Ausweislich des Lageplanes (Bl. 18 der Bauakte) erreicht das Wohngebäude des Klägers einschließlich des zur Genehmigung gestellten Balkons eine Bautiefe von 15 m. In der näheren Umgebung sind - stellt man allein auf die Bebauung westlich der Z.straße ab - zu der das Grundstück des Klägers zählt, größere Bautiefen vorhanden. Dies gilt zunächst für das unmittelbar nördlich an das Grundstück des Klägers grenzende Grundstück Parzelle Nr. ..., aber auch für das daran nördlich angrenzende Grundstück Parzelle Nr. ... und das weiter nördlich gelegene Grundstück Parzelle Nr. ..., deren Bautiefe jeweils mehr als 15 m beträgt. Eine vergleichbare Bautiefe wie das Wohngebäude des Klägers einschließlich des streitigen Balkons weist auch das Wohngebäude Z.straße ... auf, das südlich des klägerischen Grundstückes liegt. Soweit sich demgemäß aus der vorhandenen Bebauung eine faktisch rückwärtige Baugrenze ableiten lässt, wird diese durch das Wohngebäude des Klägers einschließlich des streitigen Balkons nicht überschritten. Zwar weist das Wohngebäude auf dem Nachbargrundstück Parzelle Nr. ... eine geringere Bautiefe auf. Der Umstand, dass der Nachbar die nach der Umgebungsbebauung mögliche Bautiefe nicht in vollem Umfange ausgeschöpft hat, begrenzt die zulässige Grenzbebauung auf dem Grundstück des Klägers aus den vorstehend dargelegten Gründen indessen nicht. Somit ist zum einen festzuhalten, dass sich die hier zur Genehmigung gestellte Bautiefe innerhalb des Rahmens hält, der durch die Umgebungsbebauung gemäß § 34 BauGB vorgegeben ist, und zum anderen dass, weil auf dem südlich angrenzenden Nachbargrundstück Parzelle Nr.... an die Grenze angebaut worden ist, auf dem Grundstück des Klägers innerhalb der nach der Umgebungsbebauung zulässigen Bautiefe ebenfalls an die Grenze gebaut werden darf, ohne dass es darauf ankommt, ob das Vorhaben des Klägers gegenüber dem südlich angrenzenden Nachbarwohngebäude im Wesentlichen deckungsgleich ist.
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO auch auf den Fall anzuwenden, dass nicht ein gesamtes Gebäude sondern nur der Anbau eines Balkons an ein bestehendes Gebäude zur Genehmigung gestellt wird. Dies ist zunächst nicht dadurch ausgeschlossen, dass § 8 Abs. 1 LBauO die Einhaltung von Abstandsflächen vor den Außenwänden oberirdischer Gebäude regelt und § 2 Abs. 2 LBauO, der die Definition des Begriffs „Gebäude“ enthält, Balkone nicht ausdrücklich erwähnt. Ein Balkon ist nämlich kein eigenständiges Bauwerk, das von dem Gebäude, an dem er angebaut ist, zumindest gedanklich getrennt werden könnte, sofern nicht ein gesamtes Gebäude einschließlich eines Balkons sondern nur die Ergänzung eines Gebäudes um einen Balkon Gegenstand des Baugenehmigungsantrages ist. Aus dem Umstand, dass sich der Genehmigungsantrag hierauf beschränkt, folgt nicht, dass ein Balkon dann als eigenständiges - hochsitzähnliches – Bauwerk zu behandeln wäre, sondern auch dann bleibt ein solcher Balkon ein Gebäudeteil des als Einheit zu betrachtenden Gebäudes, was im Übrigen aus der Gesetzesformulierung in § 8 Abs. 5 LBauO deutlich wird, der Balkone ausdrücklich als „Gebäudeteile“ bezeichnet. Dies wird im Übrigen auch schon daraus deutlich, dass der Gesetzgeber die verschiedenen in § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO bezeichneten Gebäudeteile, wie z.B. Dachvorsprünge gleich behandelt. In der Rechtsprechung ist bislang ersichtlich nicht erwogen worden, dass bei einem zulässigen Grenzanbau etwa ein Dachvorsprung einen Grenzabstand einhalten müsste, weil Dachvorsprünge in § 2 Abs. 2 LBauO keine eigenständige Erwähnung gefunden haben. Die in § 8 Abs. 5 Satz 2 erwähnten Gebäudeteile sind somit - innerhalb der bauplanungsrechtlich vorgegebenen Bebauungstiefe - gleichermaßen gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 LBauO an der Grenze zulässig, wie das Gebäude, soweit es durch die Straßenfront und Rückfront begrenzt wird (vgl. zu Doppelhäusern: Jeromin, Kommentar zur LBauO RP, § 8 LBauO, Rn. 90, S. 180; Gädtke/Böckenförde/Temme/Heintz, LBauO NW, 9. Auflage, § 6 Rn. 108 und Gädtke / Temme/Heintz/Czepuck, LBauO NW, 11. Auflage, § 6 Rn. 264; vgl auch zu Reihenhäusern: VG Trier, Urteil vom 13. September 2006 – 5 K521/06.TR – in juris, bestätigt durch Beschluss vom 30. Januar 2007 – 8 A 11375/06.OVG - ).
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Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes wie der Beklagten auch nicht aus dem Beschluss des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 7. Oktober 2002 (8 A 11338/02.OVG) und aus dem Urteil des genannten Senats vom 28. März 2001 (8 A 12042/00.OVG), soweit darin festgehalten ist, dass § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO auch für die seitlichen Grundstücksgrenzen entsprechend gilt. Diese Überlegungen, wonach § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO nicht nur für die rückwärtige Grundstücksgrenze sondern auch bezüglich der seitlichen Grundstücke Geltung beanspruchen kann, setzen nämlich voraus, dass zu der jeweils maßgeblichen Grundstücksgrenze überhaupt eine Abstandsfläche einzuhalten ist, weil § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO die Behandlung derartiger vor die Wand vortretender Gebäudeteile bei der Bemessung der Tiefe der Abstandsfläche regelt. Ist indessen, weil gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO an die Grenze angebaut werden darf, in Bezug auf diese Grenze eine Abstandsfläche nicht einzuhalten, dann fehlt es schon an dem Ansatzpunkt für eine Anwendung des § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO.
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Anderes folgt auch nicht daraus, dass § 8 Abs. 5 Satz 2 letzter Halbsatz LBauO als eine eigenständige, neben § 8 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz LBauO stehende und hiervon unabhängige Regelung verstanden werden müsste, die als lex specialis für Balkone der Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO vorginge. Hiergegen spricht sowohl die Systematik des Gesetzes, soweit sie sich aus dem Aufbau des § 8 LBauO ableiten lässt, als auch die Zweckbestimmung des § 8 Abs. 5 LBauO.
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Der Gesetzgeber hat in § 8 Abs. 1 LBauO geregelt, in welchen Fällen Abstandsflächen vor Außenwänden oberirdischer Gebäude freizuhalten sind. Die weiteren Regelungen in den Absätzen 2 bis 6 des § 8 LBauO bestimmen daran anknüpfend, wo die Abstandsflächen liegen müssen und wie sie zu bemessen sind. In § 8 Abs. 2 und 3 LBauO ist deren Lage auf dem Grundstück und in den Absätzen 4 bis 6 des § 8 LBauO ist im Einzelnen festgelegt, wie die Tiefe der jeweils freizuhaltenden und im rechten Winkel zur jeweiligen Wand zu messenden Abstandsfläche zu berechnen ist. Die Regelungen des § 8 Abs. 2 bis 6 LBauO sind allerdings nur dann einschlägig, wenn überhaupt eine Abstandsfläche freizuhalten ist. Ist das nach § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LBauO nicht der Fall, dann fehlt somit die Grundlage für die Anwendung der vorgenannten Absätze des § 8 LBauO. Von daher widerspricht es dem systematischen Aufbau des § 8 LBauO, einem einzelnen Halbsatz der letztgenannten Absätze, nämlich § 8 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz LBauO den Charakter einer Spezialvorschrift zu § 8 Abs. 1 LBauO zuzusprechen, der regelt, in welchen Fällen eine Abstandsfläche freizuhalten ist. Hätte der Gesetzgeber in Bezug auf die Frage, ob eine Abstandsfläche freizuhalten ist, für Balkone eine von § 8 Abs. 1 LBauO abweichende Sonderregelung normieren wollen, so wäre diese der letztgenannten Regelung und nicht den Vorschriften, die die Lage und die Bemessung der Abstandsfläche zum Gegenstand haben, zuzuordnen gewesen.
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§ 8 Abs. 5 LBauO regelt vielmehr Sonderfälle im Verhältnis zu den in § 8 Abs. 4 LBauO geregelten Standardsituationen. In dem letztgenannten Absatz hat der Gesetzgeber - für den Fall, dass eine Abstandsfläche freizuhalten ist - eine zweifache Klärung vorgenommen. Diese bezieht sich zum einen auf die Frage, wo die Abstandsfläche anzusetzen ist. Sie ist, wie in § 8 Abs. 4 Satz 1 LBauO festgelegt ist, nämlich senkrecht zur Wand zu messen, die zu der maßgeblichen Nachbargrenze zeigt. In § 8 Abs. 4 LBauO ist zum anderen die Frage geklärt, welcher maßgebliche Parameter mit dem in § 8 Abs. 6 LBauO geregelten Multiplikator für die Berechnung der Tiefe der Abstandsfläche maßgeblich sein soll. Das ist die Wandhöhe, deren Ermittlung im einzelnen in § 8 Abs. 4 LBauO geregelt wird. § 8 Abs. 5 LBauO ergänzt die Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 1 LBauO insoweit, als er in seinen Sätzen 1 und 2 die Fallgestaltungen aufgreift, in denen der maßgeblichen Nachbargrenze keine glatte durchgehende Wand, sondern eine strukturierte Wand gegenüber steht. § 8 Abs. 5 Satz 1 LBauO regelt den Fall vor- oder zurücktretender Wandteile mit der Folge, dass die Abstandsfläche jeweils gesondert an den einzelnen Wandteilen anzusetzen und zu insoweit gesondert zu berechnen ist. § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO regelt für den Fall, dass die in der Norm benannten Gebäudeteile vor die abstandflächenrelevante Wand vortreten, diese Gebäudeteile ihrerseits abstandsflächenrechtlich außer Betracht bleiben, an ihrer Vorderseite also nicht im Sinne einer fiktiven Wand eine eigenständige, gesondert zu berechnende Abstandsfläche anzusetzen ist, sofern die in der Vorschrift genannten Maße nicht überschritten werden. Diese vor die Wand vortretenden Gebäudeteile können danach in eine an dieser Wand anzusetzende Abstandsfläche hinein ragen, müssen jedoch mindestens 2 m von der - der Wand gegenüberliegenden - Grundstücksgrenze entfernt bleiben. In diesem Sinne ist § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO eine Spezialvorschrift zu § 8 Abs. 4 LBauO, die indessen nicht in zwei gänzlich unterschiedliche Regelung zerlegt werden kann, nämlich zum einen in eine Sonderregelung zu § 8 Abs. 4 LBauO und zum anderen in eine Sonderregelung zu § 8 Abs. 1 LBauO.
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Auch der Sinn und Zweck des § 8 Abs. 5 S. 2 LBauO spricht gegen die Interpretation des Verwaltungsgerichts. Ersichtlich soll diese Regelung die in § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO genannten Gebäudeteile näher an die hier maßgebliche Nachbargrenze herantreten lassen, als das bei der Wand zulässig ist, vor der sie vortreten. Diese Intention des Gesetzgebers, die Zulässigkeit von Balkonen zu erleichtern, würde aber geradezu ins Gegenteil verkehrt, wenn zwar die seitliche Gebäudewand unmittelbar an der Grenze errichtet werden dürfte, ein sich hieran anschließender Balkon indessen unzulässig wäre, andererseits aber ein über sämtliche Geschosse durchgeführter Anbau innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche entlang der Nachbargrenze wiederum zulässig wäre.
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Eine derartige Differenzierung ist auch nicht mit Blick auf die Überlegungen des Verwaltungsgerichtes zum Schutz des Wohnfriedens geboten. Eine solche Balkonanlage verstößt nicht gegen das Erfordernis der verträglichen Errichtung der beiden Doppelhaushälften. Durch einen derartigen Balkon werden keine Einsichtnahmen geschaffen, die der Nachbar und Bauherr der anderen Doppelhaushälfte nicht hinzunehmen hätte. Denn die erhöhte Nutzbarkeit der Grundstücke des Nachbarn und des Klägers wurde durch den Verzicht auf seitliche Grenzabstände und damit auf Freiflächen, die dem Wohnfrieden dienen „erkauft“ (vgl. BVerwG Urteil vom 24. Februar 2000, BVerwGE 110, 355 ff.; VGH BW Beschluss vom 29. April 2009 in juris). Dieser Verzicht umfasst auch den seitlichen Grenzabstand von Balkonen an der rückwärtigen Gebäudewand, von denen naturgemäß von der Seite das Nachbargrundstück eingesehen werden kann. Der Wahrung des Wohnfriedens wird im Übrigen durch das Gebot der Rücksichtnahme hinreichend Rechnung getragen, dessen Beachtung unabhängig von der Übereinstimmung des Vorhabens mit den bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu prüfen ist, die nicht Prüfungsgegenstand im vereinfachten Verfahren gemäß § 66 LBauO sind.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten steht auch das Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichtes vom 28. März 2001 (8 A 12042/00.OVG) dem vorstehend erläuterten Verständnis von § 8 LBauO nicht entgegen. Dabei ist zunächst anzumerken, dass die genannte Entscheidung schon deshalb nicht unmittelbar auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist, weil sie die Rechtsfrage erörtert, ob für den Fall, dass aus planungsrechtlichen Gründen an die Grenze gebaut werden muss , im Einzelfall zu differenzieren sein kann zwischen einem Teilbereich der überbaubaren Grundstücksfläche, in dem an die Grenze gebaut werden müsse und einem weiteren Bereich der überbaubaren Grundstücksfläche, wo ein solcher Zwang nicht bestehe. Diese Entscheidung erörtert also, wie im Falle des § 8 Abs. 1 Satz 2 LBauO bei einem rückwärtigen Balkon zu verfahren ist, wenn dieser in einem Teilbereich der überbaubaren Grundstücksfläche verwirklicht werden soll, in dem ein bauplanungsrechtlicher Zwang zur Grenzbebauung nicht besteht. Im vorliegenden Fall ist indessen § 8 Abs. 1 Satz 3 LBauO einschlägig, wonach für den Fall, dass auf dem Nachbargrundstück bereits an die Grenze angebaut ist, ebenfalls ohne Grenzabstand gebaut werden darf. Auf den Fall einer Doppelhausbebauung, wie er hier vorliegt und in dem eine Deckungsgleichheit von dem Gesetzgeber nicht mehr gefordert sondern der Umfang der zulässigen Grenzbebauung dann lediglich durch in einem Bebauungsplan festgesetzten oder aus der maßgeblichen Umgebungsbebauung ableitbaren Baugrenzen beschränkt wird, kann der Grundgedanke der vorgenannten Entscheidung, soweit es um einen Grenzanbau innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche geht, daher nur insoweit übertragen werden, als sich im unbeplanten Innenbereichs im Einzelfall die Frage stellen kann, ob aus der Umgebungsbebauung zumindest ein Ordnungsprinzip dergestalt ableitbar ist, dass vor die Wand tretende Gebäudeteile wie Balkone nur mit Grenzabstand vorhanden sind und ein hiervon abweichender, bis zur Grenze reichender Balkon sich deshalb nicht in den vorgegebenen Rahmen einfügen würde. Dabei ergibt sich schon aus der Aufzählung der Gebäudeteile in § 8 Abs. 5 Satz 2 LBauO, dass diese Überlegungen ohnehin nicht für sämtliche vor die Wand vortretende Gebäudeteile wie z. B. Dachvorsprünge Geltung beanspruchen können, sondern nur für einzelne, wie z.B. für Balkone oder Erker.
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Im vorliegenden Fall ist ein derartiges Ordnungsprinzip, in den sich der von dem Kläger zur Genehmigung gestellte Balkon nicht einfügen würde, indessen nicht ersichtlich, wie die Ortsbesichtigung ergeben hat. Vielmehr war in der näheren Umgebung - vom Grundstück des Klägers aus gesehen in geringer Entfernung - ein Doppelhaus mit jeweils bis zur Nachbargrenze reichenden Balkonen sichtbar. Des Weiteren war eine bis zur Nachbargrenze reichende Veranda auf der Rückseite eines Anwesens zu erkennen, dass von der westlich des klägerischen Grundstückes verlaufenden und südlich des klägerischen Grundstückes in die Z.straße einmündete A.straße erschlossen wird. Da, wie oben ausgeführt, das klägerische Anwesen einschließlich des Balkons auch nicht über die aus der Umgebungsbebauung ableitbare rückwärtige Baugrenze hinausragt, steht § 8 LBauO dem Vorhaben des Klägers nicht entgegen.
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Dem steht schließlich im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass der zur Genehmigung gestellte Balkon nicht bis unmittelbar an die Grenze reichen, sondern einen geringen Abstand hiervon halten soll. Nach der im Rahmen der Ortsbesichtigung erkennbaren örtlichen Situation sind nämlich keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hierdurch ein „Schmutzwinkel“ entstehen könnte, der Nachbarbelange beeinträchtigen würde. Ohnehin geht es hier nicht um eine in Grenznähe geplante - höhere - Wand, bei der ein solcher „Schmutzwinkel eher denkbar wäre, sondern um einen Balkon. Ein solcher kann hier zudem durch die Stellung der jeweiligen Doppelhaushälften zueinander nicht entstehen. Darüber hinaus würde es den Nachbarbelangen, im Ergebnis eher zuwiderlaufen, wenn dem Kläger die Schaffung baurechtmäßiger Zustände in Bezug auf § 8 LBauO allein dadurch möglich würde, dass er seine Balkonanlage bis unmittelbar zur Nachbargrenze vorzieht.
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Die zur Genehmigung gestellte Balkonanlage verstößt, wie die Ortsbesichtigung ergeben hat, und wie sich auch aus den vorliegenden Lageplänen und Luftbildern (Quelle: Geoportal Rheinland-Pfalz) ergibt, des Weiteren nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme aus § 34 BauGB. Aufgrund der Lage des Balkons im Norden der Nachbarparzelle Nr. ... ist nämlich eine Beeinträchtigung der Belichtung des Nachbaranwesens auszuschließen. Soweit Beeinträchtigungen des Nachbarn im Zusammenhang mit Einsichtsmöglichkeiten von dem Balkon aus in Rede stehen, ist anzumerken, das Einsichtnahmen von einer Balkonanlage auf ein Nachbargrundstück im Innenbereich unvermeidlich und als sozialadäquat hinzunehmen sind. Eine Einsichtnahme von dem streitgegenständlichen Balkon in das Nachbargebäude selbst kann durch die Anbringung eines Sichtschutzes, wie er von dem Kläger auch geplant ist, verhindert werden. Nach alledem war die Beklagte zur Neubescheidung des in der mündlichen Verhandlung abgeänderten Bauantrages zu verpflichten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG).
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(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen.
(2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Ein Flächennutzungsplan ist nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen.
(3) Mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden (Parallelverfahren). Der Bebauungsplan kann vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.
(4) Ein Bebauungsplan kann aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). Gilt bei Gebiets- oder Bestandsänderungen von Gemeinden oder anderen Veränderungen der Zuständigkeit für die Aufstellung von Flächennutzungsplänen ein Flächennutzungsplan fort, kann ein vorzeitiger Bebauungsplan auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan ergänzt oder geändert ist.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.