Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 19. Aug. 2013 - 9 A 1556/12
Gericht
Tenor
Dem Kläger wird für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt C. aus N. beigeordnet, soweit mit der Klage die Aufhebung des Kostenersatzbescheides vom 14. Oktober 2011 wegen eines 252,00 Euro übersteigenden Betrages begehrt wird. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gründe:
1Dem Kläger ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen hierfür dargetan sind und die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 Satz 1 ZPO).
2Eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO ist gegeben, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 14. Oktober 2011 hinsichtlich eines Betrages begehrt, der 252,00 Euro übersteigt. Insoweit dürfte die Berufung Erfolg haben.
31. Vorab ist klarzustellen, dass die Beklagte erkennbar von dem Kläger Kosten in Höhe von 2.262,25 Euro (und nicht 2.262,50 Euro) fordert. Der Bemerkung unter der Überschrift „Gesamtgebührenberechnung“ auf Seite 4 des angefochtenen Bescheides ist eindeutig zu entnehmen, dass der Kläger in Höhe der Hälfte der Kosten der beiden Feuerwehreinsätze von insgesamt 4.524,50 Euro (4.020,50 Euro Personal- und Fahrzeugkosten und 504,00 Euro Kosten für Schaummittel) in Anspruch genommen werden soll. Bei der Angabe 2.262,50 Euro handelt es sich vor diesem Hintergrund um einen offensichtlichen Schreib- oder Rechenfehler der - sofern sich der geforderte Betrag nicht schon bei sachgerechter Auslegung des angefochtenen Bescheides hinreichend deutlich ergibt - jedenfalls nach § 42 Satz 1 VwVfG NRW jederzeit, also auch noch im Berufungsverfahren, berichtigt werden kann.
42. Die Berufung dürfte Erfolg haben, soweit die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid Kostenersatz für den Einsatz von Personal und Fahrzeugen in Höhe von 2.010,25 Euro (4.020,50 Euro ./. 2) geltend macht.
5Es mangelt an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zum Kostenersatz. Die Satzung der Gemeinde T. zur Regelung des Kostenersatzes für Einsätze, der Entgelte für die Gestellung von Brandsicherheitswachen sowie für freiwillige Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr vom 14. Dezember 2005 (Feuerwehrsatzung) in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 12. März 2008, kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht.
6Denn § 4 Abs. 2 Satz 2 der Feuerwehrsatzung dürfte nichtig sein. Diese Regelung sieht in der hier maßgeblichen Fassung vor, dass angefangene Stunden zu Einheiten von 30 Minuten abgerechnet werden. Eine solche Abrechnungsvorgabe stellt den erforderlichen Bezug zur individuellen Kostenverantwortung des Ersatzpflichtigen nicht hinreichend sicher. Die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 15. September 2010 - 9 A 1582/08 -, ZKF 2011, 47 und juris, zur Unzulässigkeit einer stundenweisen Abrechnung gelten bei der vorliegenden halbstündlichen Taktung entsprechend. Der Senat vermag auch hier keine Rechtfertigung für eine in diesem Maße pauschalierende Regelung zu erkennen.
7Eine solche Rechtfertigung kann insbesondere nicht mit der Erwägung begründet werden, dass die Pauschalierung den Kosten für einsatzbezogene Vor- und Nachbereitungsarbeiten in der Wache Rechnung tragen soll. Diese sind nach der Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 1 der Feuerwehrsatzung der Beklagten nicht Berechnungsgrundlage des nach Stunden berechneten Kostenersatzes; für die Berechnung nach Stunden ist danach nur die Zeit vom Ausrücken der Mannschaften, Fahrzeuge und Geräte von den Feuerwehrstandorten bis zu ihrem Wiedereintreffen maßgebend.
8Anhaltspunkte dafür, dass eine Abrechnung des Vor- und Nachbereitungsaufwands im Rahmen des im Kostentarif geregelten Kostenersatzes nach Stunden unmöglich oder zumindest mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden wäre, sind nicht ersichtlich. Es wäre dem Satzungsgeber ohne weiteres möglich, auch die für diese Arbeiten anfallenden Zeiten als kostenersatzpflichtige Einsatzzeiten einzuordnen und in die Berechnung des Kostenersatzes nach Stunden einzubeziehen. Die Zeit zwischen Alarmierung und Ausrückzeitpunkt wird, wie die hier vorliegenden Einsatzberichte belegen, ohnehin regelmäßig genau erfasst. Dass eine gesonderte Erfassung auch der Nachbereitungszeit nach Einschätzung des Satzungsgebers möglich ist, zeigt die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 der Feuerwehrsatzung der Beklagten, wonach bei Einsätzen, die eine besondere Reinigung der Fahrzeuge und Geräte erforderlich machen, die Zeit für die Reinigung der Einsatzzeit hinzugerechnet wird.
9Schließlich zeugt auch der Umstand, dass die Beklagte in ihrer Kostenersatzrechnung tatsächlich in Einheiten von 15 Minuten abgerechnet hat - dies ändert allerdings nichts daran, dass es für die Kostenersatzforderung für den Einsatz von Personal und Fahrzeugen an einer Rechtsgrundlage fehlt -, davon, dass eine Abrechnung in einer solchen Taktung tatsächlich umsetzbar ist. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund kann auch keine Rede davon sein, dass eine genauere Abrechnung eine freiwillige und ehrenamtliche Feuerwehr überfordern würde.
103. Soweit die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid Kosten für Schaummittel in Höhe von 252,00 Euro geltend macht (504,00 Euro ./. 2) dürfte die Klage dagegen keinen Erfolg haben. Berechnungsgrundlage hierfür ist § 4 Abs. 5 der Feuerwehrsatzung; für diese Regelung gelten die zuvor dargestellten rechtlichen Bedenken nicht.
11Die Beiordnung von Rechtsanwalt C. beruht auf § 121 Abs. 1 ZPO.
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Die Behörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Die Behörde ist berechtigt, die Vorlage des Dokuments zu verlangen, das berichtigt werden soll.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.