Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Dez. 2014 - 6 A 2247/12
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung L. vom 8. Dezember 2011 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 2. September 2011 auf Übernahme in das Beamtenverhältnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 8. Mai 1967 geborene Klägerin ist Mutter zweier in den Jahren 1993 und 1996 geborener Töchter. Sie ist derzeit als angestellte Lehrerin im Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen tätig und erstrebt mit ihrer Klage die Übernahme in das Beamtenverhältnis.
3In der Zeit von 1986 bis 1993 studierte die Klägerin an der Universität zu L. . Am 25. Januar 1993 legte sie die Magisterprüfung in den Fächern Musikwissenschaften und Französisch ab.
4Im Jahr 2001 bewarb sie sich als Seiteneinsteigerin für den Schuldienst. Das beklagte Land wies sie unter dem 15. Februar 2001 darauf hin, dass sie sich hierfür zu einer berufsbegleitenden Weiterqualifikation verpflichten müsse. Zu einer Einstellung kam es nicht.
5Unter dem 17. Mai 2005 beantragte die Klägerin die Anerkennung ihres Magisterabschlusses in den Fächern Musikwissenschaften und Französisch als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen mit Schwerpunkt Haupt-, Real- und Gesamtschulen (im Folgenden: GHRG-HRG). Nach Ablehnung dieses Antrages mit Bescheid der Bezirksregierung N. vom 17. Juni 2005 und erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob sie am 23. Dezember 2005 Klage beim Verwaltungsgericht Köln - 4 K 7435/05 -. Die Klage war auf Verpflichtung zur Neubescheidung ihres Antrags gerichtet mit der Maßgabe, dass über die Anerkennung der Studien- und Prüfungsleistungen (lediglich) als Teil einer Ersten Staatsprüfung neu zu entscheiden sei.
6Parallel dazu nahm die Klägerin zum Wintersemester 2005/2006 ein ergänzendes Lehramtsstudium auf, um die noch fehlenden Studien- und Prüfungsleistungen nachträglich zu erbringen.
7In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - 4 K 7435/05 - am 21. September 2007 schlossen die Klägerin und das beklagte Land einen Vergleich. Danach verpflichtete sich die Bezirksregierung N. , die Magisterprüfungen der Klägerin in den Fächern Musikwissenschaften und Französisch als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an GHRG-HRG in den Fächern Musik und Französisch anzuerkennen, sobald sie im Einzelnen aufgeführte Nachweise über den erfolgreichen Abschluss bestimmter Studien- und Prüfungsleistungen, darunter das fachpraktische Studium und die zugehörigen Prüfungen im Fach Musik sowie das erziehungswissenschaftliche Studium und das didaktische Grundstudium, vorgelegt haben würde.
8Diese Anerkennung erfolgte mit Bescheid vom 9. Juli 2009, nachdem die Klägerin die geforderten Leistungen erbracht hatte.
9Am 2. September 2009 begann die Klägerin ihren Vorbereitungsdienst für das Lehramt. Nach bestandener Zweiter Staatsprüfung ging sie zum 2. September 2011 ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Schuldienst des Landes NRW ein. Mit Schreiben vom selben Tag beantragte sie ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Sie trug vor, sie habe zwar die Altersgrenze von 40 Jahren überschritten, es liege jedoch ein Ausnahmetatbestand nach § 6 LVO in der damaligen Fassung (im Folgenden: a.F.) vor, da sie zwei Kinder erzogen habe und dadurch ihre 1986 begonnene Ausbildung unterbrochen worden sei. Ergänzend führte ihr Prozessbevollmächtigter aus (Schriftsatz vom 30. November 2011), die Klägerin habe sich nach der Geburt der Kinder entschieden, deren Erziehung einen großen Teil ihrer Energie zu widmen und berufliche Ambitionen zunächst nachrangig und nur in einem Umfang zu verfolgen, der mit der Kindererziehung vereinbar gewesen sei. So habe sie zunächst in begrenztem Umfang an der Musikschule weiter unterrichtet. Tendenzen in Richtung Ganztagsschule und andere Erwägungen hätten bei ihr sehr bald den Entschluss reifen lassen, ihre pädagogische Tätigkeit an regulären öffentlichen Schulen fortzusetzen, und zwar in vollem Umfang, sobald es die Kindererziehung erlauben würde. Die Anerkennung ihrer Magisterprüfung sei 2005 mit unhaltbarer Begründung abgelehnt worden. Im Verlaufe ihrer Fachpraktika an verschiedenen Schulen habe sie erfahren müssen, dass dort Unterricht durch Fachfremde ohne akademischen Abschluss erteilt wurde. Einzig ihre Abschlüsse seien der Bezirksregierung N. nicht anerkennenswert erschienen.
10Die Bezirksregierung L. lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 8. Dezember 2011 ab: Die Klägerin habe durch ihre Anträge in den Jahren 2001 und 2005 den Willen erkennen lassen, als Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst zu arbeiten. Dies sei wegen der fehlenden Voraussetzungen zur Aufnahme des Vorbereitungsdienstes nicht möglich gewesen. Dies und nicht die Erziehung der beiden Töchter sei der Grund für die Überschreitung der Altersgrenze gewesen.
11Am 30. Dezember 2011 hat die Klägerin Klage erhoben.
12Die Klägerin hat geltend gemacht, die Altersgrenze von 40 Jahren nach § 52 Abs. 1 LVO a.F. stehe ihrer Verbeamtung nicht entgegen. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c LVO a.F. seien erfüllt. Die Betreuung zweier Kinder erlaube eine Überschreitung um sechs Jahre, so dass sie mit 44 Jahren noch in das Beamtenverhältnis übernommen werden könne. Die Kindererziehung sei kausal und sogar der einzige Grund für die Überschreitung der Altersgrenze gewesen. Das 1993 beendete Magisterstudium sei die Basis für die jetzt abgeschlossene Lehrerausbildung gewesen, die sich somit als Fortsetzung ihres beruflichen Werdeganges darstelle.
13Die Klägerin hat beantragt,
14das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 2011 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
15Das beklagte Land hat beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Es hat vorgetragen, es fehle an der erforderlichen Kausalität zwischen Kinderbetreuung und Verzögerung der Ausbildung. Erst im Jahre 2005 habe die Klägerin eine Ausbildung für ein Lehramt begonnen und seitdem keine Verzögerungen durch Kindererziehungszeiten hinnehmen müssen.
18Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis oder auf Neubescheidung dieses Begehrens. Zwar sei der Ablehnungsbescheid wegen fehlender Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten formell rechtswidrig; es sei jedoch offensichtlich, dass dieser Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe (§ 46 VwVfG NRW). Dem Klagebegehren stehe entgegen, dass die Klägerin die Höchstaltersgrenze der Laufbahnverordnung überschritten habe. Die hier maßgebliche, am 18. Juli 2009 in Kraft getretene Neuregelung sei wirksam. Bei Antragstellung sei die Klägerin 44 Jahre alt gewesen und habe damit die Höchstaltersgrenze von 40 Jahren überschritten. Die Altersgrenze könne nicht gemäß § 6 Abs. 2 LVO a.F. wegen der Betreuung ihrer beiden Kinder hinausgeschoben werden. Diese sei nicht ursächlich für die Altersüberschreitung gewesen. Maßgeblich für die Verzögerung sei vielmehr gewesen, dass die Klägerin erst im Mai 2005, als ihre Kinder bereits acht und elf Jahre alt gewesen seien, die Anerkennung ihrer Magisterprüfung als Erste Staatsprüfung für das Lehramt beantragt habe. Deshalb könne auch keine Ausnahme nach § 84 Abs. 2 LVO a.F. zugelassen werden. Insbesondere sei die Annahme nicht gerechtfertigt, dass sich der berufliche Werdegang der Klägerin nach Satz 2 dieser Vorschrift aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert habe, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze als unbillig erscheinen ließe. Im Einzelnen hat das Verwaltungsgericht dies unter Bezugnahme auf die bei der Bezirksregierung N. und dem Verwaltungsgericht Köln geführten Verfahren wegen Anerkennung der Magisterprüfung ausgeführt.
19Das am 1. August 2012 ergangene Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 27. August 2012 zugestellt. Am 26. September 2012 hat sie die Zulassung der Berufung beantragt. Die Begründung des Zulassungsantrages ist am 26. Oktober 2012 eingegangen.
20Mit der vom Senat zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
21Zur Begründung vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen: Sie habe bereits mit dem Magisterstudium die Grundlage für ihren jetzigen Lehrerberuf gelegt. Formal gesprochen habe sie nie die Erste Staatsprüfung für das Lehramt abgelegt, sondern ihr Magisterexamen aus 1993 sei als diese Prüfung anerkannt worden. Sie habe durchgängig dokumentiert, dass sie den Lehrerberuf anstrebe. Dies sei schon vor Ablegung ihres Magisterexamens erkennbar gewesen. In den Jahren 1991 bis 1993 sei es Gegenstand intensiver Gespräche mit ihrem Ehemann (dem jetzigen Prozessbevollmächtigten) gewesen. Zum Zeitpunkt des Magisterexamens sei klargeworden, dass sich ihre Berufschancen aus diesem Abschluss mit ihrem Status als Mutter rapide verschlechtert hätten. Sie habe die konkrete Möglichkeit gehabt, beim X. S. ( ) in einer Redaktion für klassische Musik zu arbeiten; dies sei aber nur auf einer vollen Stelle und mit der Erwartung möglich gewesen, dass sie sich nicht an tarifliche Arbeitszeiten halte. Angesichts von Schwangerschaft und Mutterschaft habe sie sich dafür entschieden, diesen Weg nicht zu verfolgen. Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeiten wie im Schuldienst sowie Betreuungsmöglichkeiten, wie sie heute üblich seien, habe es damals nicht gegeben. Ebenso wenig habe sie sich zu diesem Zeitpunkt in der Lage gesehen, ihren Wunsch, in den Schuldienst des beklagten Landes einzutreten, zu verwirklichen. Spätestens im Jahr 2001 sei auch nach außen erkennbar geworden, dass sie den Lehrerberuf anstrebe. Die Kindererziehung sei nicht nur kausal, sondern sogar der einzige Grund dafür, dass sie erst im Alter von 44 Jahren eingestellt worden sei. Hätte sie ihre Kinder nicht geboren und betreut, hätte sie das ergänzende Studium mit dem Ziel des Lehramts bereits 1993 aufgenommen und voraussichtlich ca. 1997 beendet, um dann zwei Jahre später die Zweite Staatsprüfung abzulegen. Ihr könne auch nicht entgegengehalten werden, dass bereits 1999 die Möglichkeit bestanden hätte, die Lehrerausbildung aufzunehmen. Ihre Tätigkeiten in der Zeit 1999–2009 seien nicht altersgrenzenschädlich gewesen. Vielmehr habe sie über vier Jahre lang das Lehramtsstudium absolviert und einen erheblichen weiteren Teil der Zeit in der Fachrichtung des angestrebten Lehramts unterrichtet. Als die jüngere Tochter 10 Jahre alt gewesen sei, habe sie sofort mit hohem Tempo und großem Erfolg alle noch erforderlichen Schritte getan.
22Die Klägerin beantragt,
23das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
24Das beklagte Land beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Es macht geltend: Es sei schon fraglich, ob an die erfolglose Bewerbung für den öffentlichen Schuldienst im Jahr 2001 angeknüpft werden könne. Selbst wenn aber hiervon ausgegangen werde, hätte die Klägerin nicht vor Vollendung ihres 40. Lebensjahres eingestellt werden können. Bei Aufnahme des ergänzenden Lehramtsstudiums zum Sommersemester 2001 und Abschluss dieses Studiums nach acht Semestern hätte sie den Vorbereitungsdienst voraussichtlich zum 22. August 2005 beginnen und am 21. August 2007, also nach Vollendung des 40. Lebensjahres beenden können. Auf Anfrage hat das beklagte Land mitgeteilt, die Klägerin hätte in der Zeit von 2005 bis 2007 als Beamtin eingestellt werden können, wenn sie schon damals über die erforderliche Zweite Staatsprüfung verfügt hätte.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten des beklagten Landes Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29Die Berufung hat - mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Berufungsantrag - Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.
30Die Beurteilung des Klagebegehrens richtet sich nach der heute geltenden, am 8. Februar 2014 in Kraft getretenen neuen Laufbahnverordnung (im Folgenden: LVO). Nach dem für die Frage des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts entscheidenden materiellen Recht ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier über die Berufung, abzustellen.
31Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrages auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, da der Ablehnungsbescheid der Bezirksregierung L. vom 8. Dezember 2011 rechtswidrig ist und sie in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
32Dem Begehren der Klägerin steht die Höchstaltersgrenze von 40 Jahren nach § 8 Abs. 1 LVO im Ergebnis nicht entgegen. Sie ist zwar älter als 40 Jahre und war dies auch schon im Zeitpunkt der Antragstellung am 2. September 2011, da sie bereits am 8. Mai 2007 ihr 40. Lebensjahr vollendet hatte. Der Klägerin kommt aber die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO zugute. Danach darf die Altersgrenze im Umfang einer wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines minderjährigen Kindes eingetretenen Verzögerung der Einstellung überschritten werden. Bei mehreren Kindern darf sie nach Satz 2 der Vorschrift um höchstens bis zu sechs Jahre überschritten werden.
33Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des beschließenden Senats ist maßgeblich für die individuell zulässige Überschreitung der
34Höchstaltersgrenze nicht der Umfang der Kinderbetreuungszeiten, sondern der Umfang der durch die Kinderbetreuung bedingten Verzögerung der Einstellung.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 6 A 2147/04 -, juris, Rn. 30 f.; Urteile vom 18. Juli 2007 - 6 A 1084/05 -, juris, Rn. 39, und - 6 A 4769/04 -, juris, Rn. 37, vom 31. August 2007 - 6 A 2006/04 -, juris, Rn. 34.
36Unterbrechungen des Kausalzusammenhangs durch weitere, vom Verordnungsgeber nicht privilegierte Ursachen bleiben deshalb bedeutsam, da insoweit kein Grund für eine Privilegierung der betroffenen Bewerber besteht.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, NVwZ-RR 2011, 329 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2013 - 6 A 206/12 -, juris, Rn. 44 f.
38Für die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen ist maßgeblich, wann der Bewerber seinen Entschluss für einen Beruf im öffentlichen Dienst getroffen hat, für den laufbahnrechtliche Höchstgrenzen bei der Verbeamtung gelten. Hat er - wie im Streitfall - zunächst eine Ausbildung durchlaufen, die auf einen Beruf außerhalb des öffentlichen Dienstes hinführen sollte, so bedarf es der Feststellung, wann der Bewerber sich später anders, nämlich für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst - hier dem Lehrerberuf - entschieden hat.
39Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2013 - 6 A 307/13 -, juris, Rn. 5; Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 6 A 1842/13 -, juris, Rn.11.
40Im Falle der Klägerin, deren Magisterstudium eine zunächst gegen den Lehrerberuf getroffene Entscheidung darstellt
41- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2014, a.a.O., Rn. 16 -,
42hat ihre Befragung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben, dass sie sich schon deutlich vor der Antragstellung im Jahre 2001 zum Lehrerberuf, die einen Seiteneinstieg in das Lehramt ermöglichen sollte, für eine Tätigkeit im öffentlichen Schuldienst entschieden hat. Nach ihren Angaben ist diese Entscheidung in einem längeren Prozess gereift, der bereits bei Beendigung ihres Magisterstudiums im Jahre 1993 im Gange war, allerdings noch bis ins Jahr 1999 benötigte, bevor er im Sinne eines feststehenden Entschlusses zum Abschluss gelangte.
43Anschaulich schilderte die Klägerin, wie sie zunächst im Zusammenhang mit der bevorstehenden Magisterprüfung im Jahre 1993 eine für sie wegweisende Entscheidung für ihren weiteren beruflichen Werdegang traf. Sie hatte damals Aussichten, eine Praktikantenstelle beim in einer Redaktion für klassische Musik zu bekommen. Die Klägerin entschied sich gegen die Stelle, weil die Tätigkeit mit einer hohen Inanspruchnahme ihrer Arbeitskraft, teilweise über die regulären Arbeitszeiten hinaus, verbunden gewesen wäre, zumal die Geburt ihres ersten Kindes bevorstand, dessen Betreuung für sie Vorrang hatte. Nach der Geburt des Kindes war nach den Angaben der Klägerin an einen Beruf in Vollzeit nicht zu denken. Sie konzentrierte sich vielmehr auf die Kinderbetreuung, verfolgte daneben allerdings berufliche Aktivitäten in zeitlich sehr begrenztem Rahmen, darunter der Unterricht an einer Musikschule. Später - nämlich nach der Geburt der zweiten Tochter im Jahre 1996 und Einschulung der ersten Tochter im Jahre 1999 - war sie zudem an der Schule der älteren Tochter tätig, als dort der Musikunterricht teilweise ausfiel und sie für die reguläre Lehrkraft einsprang. Durch diese über die Jahre fortgeführten, teils ehrenamtlichen Unterrichtsaktivitäten reifte ihr Entschluss, die Lehrtätigkeit zu ihrem Beruf zu machen. Nachvollziehbar schilderte die Klägerin, dass sie auf diese Weise - abgesehen von der eigenen Schulzeit - den Schulalltag kennenlernte, stärker mit Kindern in Kontakt kam und schließlich die Entscheidung traf, selbst hauptberuflich Lehrerin zu werden, sobald dies mit ihren Pflichten als Mutter vereinbar sein werde. Diese Entscheidung fiel nach den Angaben der Klägerin bereits im Jahre 1999, als die ältere Tochter eingeschult wurde, ging also der Bewerbung im Jahr 2001 deutlich voraus.
44Warum diese Bewerbung gleichwohl nicht zur Aufnahme der angestrebten Lehrertätigkeit führte, hat die Klägerin ebenfalls anschaulich und nachvollziehbar zu erklären vermocht. Sie schilderte, dass sie damals zusammen mit ihrer jüngeren Tochter etwa eine Stunde lang auf einen Besprechungstermin habe warten müssen, wobei das damals etwa fünf Jahre alte Kind unruhig geworden sei und „gequengelt“ habe. Ihr sei dabei klar geworden, dass sie der Erziehung der beiden Töchter weiterhin Vorrang einräumen müsse. Sie habe erkennen müssen, dass eine Vollzeitstelle als Lehrerin sie zu sehr in Anspruch genommen hätte, wobei der berufsbegleitende Vorbereitungsdienst zusätzlich Erschwernisse mit sich gebracht hätte. Sie habe stattdessen ihre Unterrichtstätigkeit in der Musikschule und in der Grundschule ihrer älteren Tochter einmal in der Woche weitergeführt.
45Der Senat hat keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Darstellung. Die Angaben stimmen im Kern mit dem schriftsätzlichen Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten überein, der bereits im Verwaltungsverfahren und erneut in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die schon in zeitlicher Nähe zu der Magisterprüfung erörterten Berufspläne und deren fortschreitende Verfestigung zugunsten des Lehrerberufs hingewiesen hat. Der Senat geht deshalb zum einen davon aus, dass die Hinwendung der Klägerin zum Lehrerberuf bereits 1999 erfolgt ist, zum anderen, dass die Kindererziehung sowohl zuvor als auch in der Folgezeit jedenfalls bis zur Aufnahme des Ergänzungsstudiums im Jahr 2005 den Tagesablauf der Klägerin entscheidend prägte. Beides zusammengenommen hat zur Folge, dass ihre Kinderbetreuungszeiten ab dem Jahr 1999 als kausal für die Verzögerung ihrer Einstellung in den Schuldienst anzusehen sind.
46Zeiten einer Kinderbetreuung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO sind nur solche, in denen diese den Tagesablauf der Betreuungsperson geprägt, d.h. im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung und/oder Beruf überwogen haben. Ein solches Überwiegen setzt im Allgemeinen eine Betreuungsleistung in einem mindestens halbtägigen Umfang voraus. Wenn sich der Bewerber - etwa wegen einer mindestens halbtags ausgeübten Berufstätigkeit - nicht mehr ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet hat, fehlt es an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen Privilegierungstatbestand und verspäteter Einstellung in das Beamtenverhältnis.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2013 - 6 A 307/13 -, Rn. 11 f., m.w.N.
48Für eine solche Fallgestaltung gibt es bei der Klägerin nach dem zuvor Ausgeführten keinen Anhalt. Ihre Kinderbetreuungszeiten zwischen 1999 und 2005 kommen ihr vollständig zugute. Ausgehend davon ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Klägerin bereits 2005 die Zweite Staatsprüfung abgelegt hätte, wenn sie an der uneingeschränkten Verfolgung ihres Berufswunsches nicht durch die Kinderbetreuung gehindert worden wäre. In diesem Jahr hätte sich ihr auch vor Vollendung des 40. Lebensjahres eine Einstellungschance in den öffentlichen Schuldienst des Landes NRW geboten. Das beklagte Land hat bestätigt, dass die Klägerin damals mit ihrer Fächerkombination und ihren sehr guten Examensnoten ein Einstellungsangebot erhalten hätte. Tatsächlich ist die Klägerin erst im September 2011 in den öffentlichen Schuldienst eingestellt worden. Daraus ergibt sich eine Verzögerung von sechs Jahren mit der Folge, dass die im Zeitpunkt der Einstellung gegebene Überschreitung der Altersgrenze von ca. 4 Jahren und 4 Monaten der Klägerin nicht als Hindernis für die Verbeamtung entgegen gehalten werden darf (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 LVO).
49Die weitere Verzögerung seit dem am Tag der Einstellung (2. September 2011) gestellten Verbeamtungsantrag bis zur Entscheidung des Senats von weiteren 3 Jahren und 3 Monaten fällt in den Verantwortungsbereich des beklagten Landes, ist von der Klägerin nicht zu vertreten und darf ihr billigerweise nicht zum Nachteil gereichen. Sie ist durch eine Ausnahme im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO auszugleichen; das Ermessen des Landes ist insoweit auf Null reduziert.
50Dieser Beurteilung steht schließlich nicht entgegen, dass die Hinwendung der Klägerin zum Lehrerberuf erst mit ihrer Bewerbung im Jahr 2001 nach außen in Erscheinung getreten sein mag. Dabei kann dahinstehen, dass eine äußere Manifestation ihrer 1999 getroffenen Berufswahlentscheidung auch in ihrer Aushilfstätigkeit als Musiklehrerin in der Grundschule ihrer ältesten Tochter gesehen werden kann. Jedenfalls darf die Forderung „nach außen erkennbarer“ Anhaltspunkte für eine rechtzeitige Hinwendung zum Lehrerberuf nicht als unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO fehlverstanden werden. Denn es handelt sich dabei nicht um ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes, sondern nur um einen Gesichtspunkt der Beweiswürdigung. Die Glaubhaftmachung der Hinwendung zum Lehrerberuf zu einem bestimmten Zeitpunkt gelingt zwar regelmäßig nur dann, wenn hierfür nach außen erkennbare Anhaltspunkte vorliegen. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall - wie hier - die Glaubhaftmachung auf andere Weise erfolgen kann. Soweit früheren Entscheidungen des Senats Gegenteiliges zu entnehmen sein sollte,
51vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2013- 6 A 307/13 -, juris, Rn. 5; Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 6 A 1842/13 -, juris, Rn.11,
52wird hieran nicht festgehalten. Diese im Berufungszulassungsverfahren ergangenen Entscheidungen machten nähere Erwägungen zu einer anderweitigen Glaubhaftmachung nicht erforderlich, weil der jeweilige Vortrag, auf dessen Prüfung sich die Berufungszulassungsentscheidung beschränkt, dafür keinen Anlass bot.
53Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Dez. 2014 - 6 A 2247/12
Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Dez. 2014 - 6 A 2247/12
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 17. Dez. 2014 - 6 A 2247/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf bis 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg; Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO sind nicht dargelegt oder nicht gegeben.
2Das Antragsvorbringen weckt zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt die Antragsschrift nicht.
3Die am 27. Mai 1966 geborene Klägerin hatte die Höchstaltersgrenze gemäß §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 LVO NRW bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Übernahme in das Beamtenverhältnis um rund vier Jahre und erst recht im hier maßgeblichen Zeitpunkt ihrer unbefristeten Einstellung (25. August 2010) überschritten. Entgegen ihrer Ansicht greift § 6 Abs. 2 Satz 1 lit. c LVO NRW nicht zu ihren Gunsten ein. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 LVO NRW folgt, dass die im Verordnungstext genannten Verzögerungsgründe für den vom Bewerber gewünschten verspäteten Einstellungszeitpunkt kausal sein müssen. Dies entspricht auch dem Sinn der Vorschrift. Durch sie soll nicht das Höchstalter für die Einstellung oder Übernahme in ein Probebeamtenverhältnis pauschal um die im Einzelnen benannten Verzögerungszeiten hinausgeschoben werden. Die Übernahme ins Beamtenverhältnis soll vielmehr lediglich dann nicht an Zeiten des Wehr- oder Zivildienstes, der Kinderbetreuung, eines sozialen Jahres oder geleisteter Betreuung von Angehörigen scheitern, wenn diese Zeiten der maßgebliche Grund für die Überschreitung des Höchstalters darstellten, wenn also der Bewerber ohne diese Zeiten hätte eingestellt werden können. Es sollen nur diejenigen Nachteile ausgeglichen werden, die mit den geregelten Ausnahmetatbeständen ursächlich zusammenhängen. Unterbrechungen des Kausalzusammenhangs durch weitere, vom Verordnungsgeber nicht privilegierte Ursachen bleiben deshalb bedeutsam, da insoweit kein Grund für eine Privilegierung der betroffenen Bewerber besteht.
4Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, juris.
5Der Antrag auf Zulassung der Berufung macht nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen gegeben sind. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, die Betreuung ihrer beiden Kinder in der Zeit von 1995 an sei für die Verzögerung der Einstellung der Klägerin in den Schuldienst nicht ursächlich gewesen, weil es bis zur Beantragung der Anerkennung ihrer Diplomprüfung als Erste Staatsprüfung für ein Lehramt im Frühjahr 2007 keine konkreten und nach außen erkennbaren objektiven Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass die Klägerin zuvor - und damit bis zum Erreichen der Höchstaltersgrenze im Mai 2006 - den Lehrerberuf überhaupt angestrebt habe. Dementsprechend ist zugrunde zu legen, dass nicht der Umstand der Kinderbetreuung, sondern ihr später Entschluss, den Lehrerberuf zu ergreifen, zur Überschreitung der Höchstaltersgrenze geführt hat. Der Senat teilt die Auffassung, dass die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen im Interesse einer berechenbaren und gleichmäßigen Verwaltungspraxis objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die rechtzeitige Hinwendung zum Lehrerberuf erfordert, wenn - wie hier - der Einstellungsbewerber zuvor eine Ausbildung durchlaufen hat, die auf einen Beruf außerhalb des öffentlichen Dienstes hinführte. Dabei geht es nicht um eine Unterbrechung des Kausalverlaufs, für die - bei einem non liquet - das beklagte Land die Beweislast zu tragen hätte. Vielmehr ist die Entscheidung für einen Beruf im (öffentlichen) Schuldienst Voraussetzung dafür, dass eine spätere Kinderbetreuung oder andere Privilegierungstatbestände überhaupt zu einer kausalen Verzögerung über die in eben diesem Dienst geltende Höchstaltersgrenze hinaus führen können. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen hat der Einstellungsbewerber selbst darzulegen und - soweit erforderlich - zu beweisen. Ausgehend davon können für die Hinwendung zum Lehrerberuf die Behauptung eines intern gebliebenen Entschlusses und auch familieninterne Absprachen jedenfalls dann nicht ausreichen, wenn nach einer solchen behaupteten Absprache eine Berufstätigkeit in einem Bereich aufgenommen wird, der mit dem Lehrerberuf in keinem Zusammenhang steht. Letzteres ist bei der Klägerin der Fall, die von Oktober 2002 bis Ende 2003 - und damit nach der behaupteten Absprache in den Jahren 2001 oder 2002 - im Umfang von 25 Wochenstunden als Leiterin des Naturkostfachgeschäfts auf dem T. in E. für die T1. X. J. AG tätig war. Inwieweit sich das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang "schon denklogisch" widersprochen haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr spricht für die Richtigkeit seiner Annahme das weitere Zulassungsvorbringen, die Klägerin habe "bis zur Beendigung der Betreuung der Kinder gerade noch keine ernstliche Entscheidung für eine bestimmte berufliche Richtung getroffen", "sondern wegen der Einbindung in die Kinderbetreuung und -erziehung sich erst im Jahre 2008 mit dieser Frage befassen" können.
6Dass andere objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die Hinwendung zum Lehrerberuf bereits vor Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin im Jahre 2006 gegeben waren, macht der Zulassungsantrag nicht ersichtlich. Insbesondere belegt die Gestaltung ihres Biologie- und des Ökotrophologiestudiums dies nicht. Zwar hat die Klägerin im Wintersemester 1988/89 eine Vorlesung "Pädagogische Grundfragen" und im Sommersemester 1990 zwei Proseminare im Rahmen eines erziehungswissenschaftlichen Begleitstudiums besucht. Dies mag ein Interesse an pädagogischen Inhalten verdeutlichen, ist jedoch nicht hinreichend spezifisch, um zu belegen, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Lehrerin anstrebte, zumal die Möglichkeit des "Seiteneinstiegs" seinerzeit noch gar nicht gegeben war. Insoweit fragt sich, warum die Klägerin - hätte sie tatsächlich schon 1987 oder 1988 den Lehrerberuf angestrebt - (gerade) im Jahre 1988 ein Studium der Ökotrophologie und eben nicht ein Lehramtsstudium aufgenommen hat. Gegen die Annahme, die Studiengestaltung belege eine bereits 1987 oder 1988 erfolgte Hinwendung zum Lehrerberuf, spricht überdies das klägerische Vorbringen im Übrigen, wonach sie sich "im Jahre 2001/2002" entschieden haben will, Lehrerin werden zu wollen.
7Angesichts des Vorstehenden kommt es auf weite Teile des Zulassungsvorbringens nicht an, so darauf,
8 ob die Tätigkeit als Leiterin des Naturkostfachgeschäfts auf dem T. der Ausbildung der Klägerin zur Diplom-Ökotrophologin entsprach, was der Antrag auf Zulassung der Berufung mit eingehenden Ausführungen in Abrede stellt,
9 ob die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt eingestellt worden wäre und ob im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer früheren Einstellung "bewusste Manipulationen", "zielgerichtete Anweisungen" und "falsche Angaben über vorhandene Informationen" vorgekommen sind, was allerdings überdies mit dem Zulassungsantrag in keiner Weise substantiiert und deshalb mindestens unzureichend dargelegt ist, sowie
10 ob nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats eine überhälftige Beschäftigung den Kausalzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verzögerter Einstellung unterbricht.
11Angemerkt sei allerdings, dass nach der Rechtsprechung Zeiten einer Kinderbetreuung im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 lit. c LVO NRW nur solche sind, in denen diese den Tagesablauf der Betreuungsperson geprägt, d.h. im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung und/oder Beruf überwogen haben. Dies setzt im Allgemeinen eine Betreuungsleistung in einem mindestens halbtätigen Umfang voraus. Wenn sich der Bewerber - etwa wegen einer mindestens halbtags ausgeübten Berufstätigkeit - nicht mehr ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet hat, fehlt es an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen Privilegierungstatbestand und verspäteter Einstellung in das Beamtenverhältnis,
12vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juli 2000 - 2 C 21.99 -, ZBR 2001, 32, und vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 -, ZBR 1998, 419, jeweils zu § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW a.F.; OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 2007 - 6 A 4769/04 - und Beschlüsse vom 5. Juli 2013 - 6 A 1082/11 -, vom 9. August 2011 - 6 A 1340/11 - und vom 22. Februar 2005 - 6 A 4762/03 -, jeweils juris mit weiteren Nachweisen;
13ohne Relevanz ist dabei, ob der Beamtenbewerber seinem erlernten oder einem anderen Beruf nachgeht.
14Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn - wie hier - im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung verneint worden sind.
15Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ist daher eine solche Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Hinsichtlich der Fragen,
16 "ob und inwieweit die Zuwendung zum Lehrerberuf durch einen 'Seiteneinsteiger' in seinem Lebenslauf vor und nach Eintritt der betreuungsbedingten Verzögerungstatbestände nach außen erkennbar deutlich gemacht werden muss", und
17 "wie konkret die nach außen erkennbare Hinwendung zum Lehrerberuf erfolgen muss",
18fehlt schon eine zureichende Darlegung ihrer grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit. Jedenfalls lassen sich die Fragen nach dem oben Ausgeführten auf der Grundlage der vorliegenden Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten.
19Auch der noch benannte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht gegeben. Insoweit wäre es notwendig darzulegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten eben solchen Rechtssatz abweicht.
20Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2001 - 5 B 105.00 -, NJW 2001, 2898.
21Dem genügen die Ausführungen im Zulassungsantrag nicht. Mit diesem wird weder ein solcher Rechtssatz aus der Rechtsprechung eines Gerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO noch des Verwaltungsgerichts benannt. Eine Divergenz im ab-strakten Rechtssatz ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.
22Schließlich ist kein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensfehler dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Anträge, Beweis über die Tatsache zu erheben, dass die Klägerin bereits im Jahre 2002 die Absicht hatte, den Lehrerberuf anzustreben, die Eheleute aber zu der einvernehmlichen Entscheidung gekommen sind, dies im Hinblick auf die Kinderbetreuung zurückzustellen, bzw. die Eheleute im Frühjahr 2002 vereinbart haben, dass beide das Lehramt anstreben und die Klägerin dies zunächst wegen der Betreuung der Kinder zurückstellt, ebenso wie den Antrag auf weitere Ermittlungen bezüglich früherer Einstellungsmöglichkeiten rechtsfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt, dass es darauf nicht ankommt.
23Das Vorliegen anderer Verfahrensmängel macht der Antrag auf Zulassung der Berufung nicht erkennbar. Namentlich ist die - unter der Überschrift des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erwähnte - Verletzung der Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung nicht dargetan. Insoweit wird schon nicht - wie erforderlich - dargelegt, hinsichtlich welcher entscheidungserheblicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen, die zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis geführt hätten, voraussichtlich getroffen worden wären, sowie, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Die nachfolgenden erläuternden Ausführungen der Klägerin machen deutlich, dass sie im Kern vielmehr rügt, das Verwaltungsgericht habe ihre Angaben falsch erfasst bzw. gewertet. Nach dem oben Ausgeführten war eine weitere Sachaufklärung im Übrigen nicht geboten.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:
- 1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist. - 2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.