Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 14. Apr. 2014 - 17 A 269/10
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Gebührenbescheide des Beklagten vom 29. November 2007 und 30. November 2007 werden insoweit aufgehoben, als die dort jeweils unter I. festgesetzte Gebühr für die Fleischuntersuchung den sich unter Zugrundelegung der unionsrechtlichen Mindestgebühr ergebenden Betrag von 102.698,00 EUR bzw. 113.892,00 EUR überschreitet.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Die Klägerin, die bis Ende 2010 unter dem Namen „C. GmbH“ firmierte, betreibt den einzigen öffentlichen Schlacht- und Zerlegebetrieb im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Es werden dort Schweine mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg geschlachtet. Die nach fleischhygienerechtlichen Vorschriften vorzunehmenden amtlichen Kontrollen erfolgen durch Bedienstete des Beklagten.
2Für im September 2007 durchgeführte Amtshandlungen zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 29. November 2007 zu „einer“ Gebühr in Höhe von 119.369,04 EUR heran. Diese setzt sich zusammen aus Gebühren für die Fleischuntersuchung (116.048,74 EUR) und für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs (3.320,30 EUR). Die Berechnung basiert auf einer Schlachtmenge von 102.698 Schweinen und einer an den vier Tagen der Zerlegungskontrolle erbrachten Zerlegungsleistung von 1.660,15 Tonnen.
3Für im Oktober 2007 durchgeführte Amtshandlungen zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 30. November 2007 zu „einer“ Gebühr in Höhe von 133.547,79 EUR heran. Diese setzt sich zusammen aus Gebühren für die Fleischuntersuchung (128.697,96 EUR) und für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs (4.849,83 EUR). Die Berechnung basiert auf einer Schlachtmenge von 113.892 Schweinen und einer an den fünf Tagen der Zerlegungskontrolle erbrachten Zerlegungsleistung von 2.424,92 Tonnen.
4Die Gebührenbescheide waren gestützt auf die Satzung des Kreises S. vom 21. Dezember 2006 über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 165/2006 vom 21. Dezember 2006 – GS 2007 –) in der Fassung der am 1. September 2007 in Kraft getretenen Ersten Satzung des Kreises S. vom 28. August 2007 zur Änderung der vorgenannten Satzung (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 95/2007 vom 28. August 2007 – ÄndS 2007 –). Letztere sieht für die Fleischuntersuchung in öffentlichen Schlachtbetrieben eine Gebühr von 1,13 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg und für die Zerlegungskontrolle eine Gebühr von 2,00 EUR je Kontrolltag je Tonne zerlegten Fleisches vor.
5Der Ermittlung des Gebührensatzes für die Fleischuntersuchung liegt eine auf den Schlachthof der Klägerin bezogene Kalkulation für das Jahr 2007 zugrunde. Hiernach beläuft sich die kostendeckende Gebühr ab dem 1. September 2007 auf 1,19 EUR; von ihr werden 0,06 EUR in Abzug gebracht zwecks Ausgleichs des Restbetrags eines im Jahr 2005 entstandenen Überdeckungssaldos. Die diesbezügliche Jahresrechnung des Beklagten hatte für den Bereich Schlachthof P. -F. eine Überdeckung bei der Gemeinschaftsgebühr in Höhe von 161.697,55 EUR und eine Unterdeckung bei den Rückstandsuntersuchungsgebühren in Höhe von 11.950,21 EUR festgestellt. Zum Ausgleich des sich hieraus ergebenden Überdeckungssaldos war der ab dem 1. Januar 2007 gültige Gebührensatz mit einem Abschlag in Höhe von 0,16 EUR kalkuliert worden. Die Höhe des ab dem 1. September 2007 gewährten Abschlags berücksichtigt den bis zu diesem Zeitpunkt rechnerisch bereits erfolgten Ausgleich.
6Die Praxis des Über-/Unterdeckungsausgleichs ist Gegenstand eines von den Beteiligten am 29. November 2006 im Verfahren 7 K 3410/02 VG Gelsenkirchen geschlossenen Vergleichs, der unter anderem vorsah:
7„Die Klägerin akzeptiert bis einschließlich des Gebührenjahres 2006 eine Gebührenkalkulation, bei der entsprechend § 6 KAG Über- und Unterdeckungen jeweils innerhalb eines Dreijahreszeitraums ausgeglichen werden. Der Beklagte wird die Überdeckung aus dem Gebührenjahr 2005 (etwa 161.000,00 Euro) im Gebührensatz 2007 mindernd berücksichtigen.“
8Mit am 20. Dezember 2007 erhobener Klage wendet sich die Klägerin gegen die vorgenannten Gebührenbescheide insoweit, als die erhobene Fleischuntersuchungsgebühr die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich der VO (EG) 882/2004 vorgesehene Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg überschreitet.
9Zur Begründung der Klage hat sie durch Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Parallelverfahren 7 K 1306/08 VG Gelsenkirchen im Wesentlichen vorgetragen:
10Die Erhebung einer über die unionsrechtliche Mindestgebühr hinausgehenden Fleischuntersuchungsgebühr sei unzulässig. Eine kostendeckende Gebührenerhebung sei nur möglich im Wege einer vorläufigen Pauschalgebühr, der nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums eine Spitzabrechnung zu folgen habe. Der Beklagte erhebe jedoch eine endgültige Pauschalgebühr auf unbestimmte Zeit. Dieser Mangel werde durch den praktizierten Über-/Unterdeckungsausgleich nicht geheilt, da dieser seinerseits unionsrechtswidrig sei. Im Übrigen seien die in die Kalkulation eingestellten Kostenansätze in verschiedener Hinsicht zu beanstanden. Zu bemängeln sei unter anderem, dass die Untersuchungszeit keinen Einfluss auf die Gebührenhöhe habe. Wegen der Begründung der Klage im Einzelnen wird auf die Wiedergabe im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
11Die Klägerin hat beantragt,
12die Gebührenbescheide des Beklagten vom 29. November 2007 und 30. November 2007 insoweit aufzuheben, als die darin festgesetzten Gebühren den Mindestbetrag von 1,00 EUR pro Schwein übersteigen.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er hat im Wesentlichen vorgetragen:
16Die Erhebung einer über die unionsrechtliche Mindestgebühr hinausgehenden Fleischuntersuchungsgebühr sei rechtens. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in der VO (EG) 882/2004 in Verbindung mit dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung nebst Allgemeinem Gebührentarif und der Gebührensatzung des Beklagten. Die Gebühren seien unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben fehlerfrei kalkuliert worden.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. November 2009, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen.
18Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
19Der angefochtene Gebührenbescheid sei aus verschiedenen Gründen unionsrechtswidrig:
20Es fehle an der nach Art. 27 Abs. 4 lit. b Alt. 1 VO (EG) 882/2004 erforderlichen einzelbetrieblichen Kostenabrechnung. Entgegen Art. 27 Abs. 12 VO (EG) 882/2004 sei die Methode für die Berechnung der Gebühr der Kommission nicht bekannt gegeben worden. Die der Gebührenbemessung zugrunde liegende Kalkulation lasse nicht erkennen, ob die Personalbedarfsplanung des Beklagten dem in Art. 4 Abs. 9 und in Art. 5 Nr. 5 lit. b VO (EG) 854/2004 zum Ausdruck kommenden risikobezogenen Ansatz Rechnung trage. Die Einbeziehung von Kosten sogenannter Querschnittsämter sei durch Anhang VI der VO (EG) 882/2004 nicht gedeckt. Die Erhebung einer gesonderten Gebühr für die Zerlege-Überwachung verstoße gegen Art. 27 Abs. 7 VO (EG) 882/2004. Die Berücksichtigung eines Ausgleichsbetrages für im Jahre 2005 entstandene Überdeckungen bei der Gebührenkalkulation für 2007 sei nicht vereinbar mit Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004; der im Verfahren 7 K 3410/02 VG Gelsenkirchen geschlossene Vergleich vom 29. November 2006 rechtfertige keine abweichende Beurteilung.
21Die der Gebührenbemessung zugrunde liegende Kalkulation weise darüber hinaus weitere Mängel auf, die zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Gebührenbescheide führten:
22Die ungewöhnlich hohen Kosten für Ausfallzeiten der Mitarbeiter des Beklagten könnten der Klägerin nicht zugerechnet werden. Die prozentuale Aufgliederung der von den beiden hauptamtlichen Tierärzten auf dem Gelände des Schlachthofs geleisteten Arbeitszeit nach Tätigkeitsbereichen sei keine probate Methode, um die der Klägerin zuzurechnenden von den sonstigen Kosten (für Fremdfirmen, Zerlegung und Transportabfertigung) abzugrenzen. Die Kosten des Kurierdienstes für Fahrten vom Schlachthof zum Labor nach N. seien nicht ansatzfähig. Dasselbe gelte für die Kosten der Gemeinde-Unfallversicherung; insoweit werde im Übrigen nicht berücksichtigt, dass die versicherten Bediensteten gleichzeitig auch an amtlichen Untersuchungen in anderen Betrieben beteiligt gewesen seien. Auch bezüglich der Kostenansätze für Krankheit, Urlaub und Feiertage sei nicht nachvollziehbar, auf welche Weise dem Umstand Rechnung getragen werde, dass Teile des Personals an unterschiedlichen Schlachthöfen eingesetzt würden.
23Die Klägerin beantragt,
24das angefochtene Urteil zu ändern und die Gebührenbescheide des Beklagten vom 29. November 2007 und 30. November 2007 insoweit aufzuheben, als die dort jeweils unter I. festgesetzte Gebühr für die Fleischuntersuchung den sich unter Zugrundelegung der unionsrechtlichen Mindestgebühr ergebenden Betrag von 102.698,00 EUR bzw. 113.892,00 EUR überschreitet.
25Der Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Er trägt vor:
28Die von ihm geübte Kalkulationspraxis sei nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Bundesverwaltungsgerichts dürfe der Gebührensatz in der Weise ermittelt werden, dass auf der Basis der Ergebnisse vergangener Jahre eine Prognose für künftige Zeiträume erstellt werde. Die Gebührenkalkulation trage auch dem unionsrechtlich vorgegebenen risikobezogenen Ansatz Rechnung. Der zugrunde gelegte Personalbedarf sei speziell auf die individuellen Betriebsabläufe der Klägerin zugeschnitten. Die Zerlege-Überwachung beinhalte eine reine Hygiene-Kontrolle, die zeitlich, räumlich und organisatorisch mit der Fleischuntersuchung in keinem Zusammenhang stehe. Die Einwände der Klägerin gegen einzelne Kostenpositionen griffen nicht durch; insoweit werde auf die Entscheidungsgründe mehrerer Urteile des Verwaltungsgerichts vom 9. April und 27. August 2013 betreffend spätere Veranlagungszeiträume Bezug genommen.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
30Entscheidungsgründe:
31Die Berufung ist begründet.
32Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Gebührenbescheide des Beklagten vom 29. November 2007 und 30. November 2007 sind im Umfang ihrer Anfechtung aufzuheben. Denn insoweit sind sie rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
331. Die Erhebung einer über die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich der VO (EG) 882/2004 festgelegte Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg hinausgehenden Gebühr für die Fleischuntersuchung ist rechtswidrig, da es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Die in den Gebührenbescheiden insoweit zugrunde gelegte Regelung in Nr. 1.3 der Anlage zu § 3 GS 2007, die für Amtshandlungen nach der Tarifstelle 23.8.4.1.3 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung einen Gebührensatz von 1,13 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von 25 kg und mehr vorsieht, ist unwirksam und nichtig.
34a) Der in der genannten Satzungsbestimmung normierte Gebührensatz beruht auf einer Kalkulation, die gegen vorrangiges Unionsrecht verstößt. Denn der vorgenommene Überdeckungsausgleich ist nicht vereinbar mit Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004. Hiernach werden Gebühren weder direkt noch indirekt zurückerstattet, es sei denn, sie sind zu Unrecht erhoben worden.
35Der Überdeckungsausgleich stellt eine indirekte Form der Gebührenerstattung dar. Er bezweckt eine zeitversetzte Anpassung der Gebührenbelastung der Klägerin an die dem Beklagten in einer früheren Rechnungsperiode tatsächlich entstandenen Kosten. Im Zusammenspiel mit dem korrelativen Instrument des Unterdeckungsausgleichs dient er dem Ausgleich unvermeidbarer Abweichungen des jeweiligen Betriebsergebnisses von der Prognose. Soweit die vereinnahmten Gebühren die Kosten übersteigen, wird der Differenzbetrag im Rahmen der aktuellen Kalkulation durch einen Abschlag auf die errechnete kostendeckende Gebühr berücksichtigt. Der hierin liegende teilweise „Gebührenverzicht“ soll die in der Vergangenheit aufgetretene „Gebührenüberzahlung“ kompensieren. Diese Verfahrensweise kommt in der Sache einer Erstattung von Gebühren gleich.
36Eine solche ist nur zulässig, wenn die Gebühren zu Unrecht erhoben worden sind. Derartiges steht vorliegend nicht in Rede. Im Übrigen dürften die das Jahr 2005 betreffenden Gebührenbescheide inzwischen bestandskräftig sein.
37Von der Unvereinbarkeit des Überdeckungsausgleichs mit dem geltenden Unionsrecht geht offenbar auch der Beklagte aus. Nach seiner in der Beschlussvorlage KTB/586 vom 15. Juni 2010 bekundeten Einschätzung ist das bisher praktizierte System des Über-/Unterdeckungsausgleich seit Inkrafttreten der VO (EG) 882/2004 „rechtlich nicht mehr haltbar“.
38b) Einer Berücksichtigung des dargelegten Unionsrechtsverstoßes steht der Inhalt des zwischen den Beteiligten am 29. November 2006 im Verfahren 7 K 3410/02 geschlossenen Vergleichs nicht entgegen. Namentlich lässt sich aus ihm ein Einwendungsverzicht der Klägerin nicht herleiten.
39Der Vergleich trifft in der eingangs zitierten Passage eine Regelung in Bezug auf die konsensuale Grundlage des Über-/Unterdeckungsausgleichs. Nach Satz 1 der Regelung akzeptiert die Klägerin bis einschließlich des Gebührenjahres 2006 eine Gebührenkalkulation, bei der entsprechend § 6 KAG Über- und Unterdeckungen jeweils innerhalb eines Dreijahreszeitraums ausgeglichen werden. Aus dieser Formulierung folgt im Gegenschluss, dass ab dem – vorliegend in Rede stehenden – Gebührenjahr 2007 eine derartige Gebührenkalkulation nicht mehr akzeptiert wird. Hiermit nicht vereinbar ist die in dem angefochtenen Urteil vertretene Auslegung des Vergleichs, derzufolge etwaige Zu- oder Abschläge noch über die nächsten drei Jahre hinaus sollten ausgeglichen werden können. Denn dies würde deren kalkulatorische Berücksichtigung im Wege eines Über-/Unterdeckungsausgleichs implizieren, der jedoch von der Klägerin ausdrücklich nur bis einschließlich 2006 akzeptiert wurde. Diese zeitliche Zäsur war offenbar motiviert durch den Umstand, dass zum 1. Januar 2007 das Recht der Fleischhygieneuntersuchungen und ihrer Finanzierung auf eine neue unionale Grundlage gestellt wurde, in deren Licht die bisherigen Zweifel an der Zulässigkeit eines Über-/Unterdeckungsausgleichs in die Gewissheit seiner Unzulässigkeit umschlugen.
40Ein Einwendungsverzicht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus Satz 2 der vorzitierten Vergleichsregelung. Hiernach wird der Beklagte die Überdeckung aus dem Gebührenjahr 2005 (etwa 161.000,00 EUR) im Gebührensatz 2007 mindernd berücksichtigen. Zwar beinhaltet die angekündigte Verfahrensweise, dass auch noch im Gebührenjahr 2007 ein Überdeckungsausgleich erfolgt. Angesichts des eindeutigen Wortlauts von Satz1 kann jedoch nicht zugrunde gelegt werden, dass der Absichtsbekundung des Beklagten ein entsprechender Einwendungsverzicht der Klägerin korrespondiert.
41Würde man – abweichend von der hier vertretenen Auffassung – Satz 2 der Vergleichsregelung entnehmen, dass die dort vom Beklagten angekündigte Verfahrensweise von der Klägerin gebilligt wird, stünde dies in einem nicht auflösbaren Widerspruch zu der zeitlichen Limitierung ihrer Akzeptanzerklärung in Satz 1 der Vergleichsregelung. Dies hätte zur Folge, dass die Erklärungen der Klägerin, soweit sie das Gebührenjahr 2007 betreffen, als perplex und daher wirkungslos zu bewerten wären. Aus ihnen könnte daher auch bei dieser Betrachtungsweise ein Einwendungsverzicht nicht hergeleitet werden.
42c) Rechtsfolge des Verstoßes gegen Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004 ist die Unwirksamkeit und Nichtigkeit des Gebührensatz von 1,13 EUR. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in seinem – den nachfolgenden Satzungszeitraum betreffenden – Urteil vom 9. April 2013 – 19 K 2891/09 – verhält es sich nicht so, dass die Unionsrechtswidrigkeit des Überdeckungsausgleichs den nach seiner Durchführung verbleibenden Gebührensatz unberührt lässt. Dieser Betrachtungsweise liegt die Vorstellung zugrunde, dass rechtswidrigkeitsbegründend nicht die zu niedrige Festsetzung des Gebührensatzes sei, sondern das Absehen von einer höheren. Dabei wird allerdings verkannt, dass die Festsetzung eines Gebührensatzes in einer bestimmten Höhe nicht zugleich die – einer eigenständigen Rechtsprüfung zugängliche – Regelung enthält, dass er nicht höher festzusetzen sei. Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist daher ausschließlich der konkret festgesetzte Gebührensatz, dessen Wirksamkeit im Falle der Unionsrechtswidrigkeit seiner Kalkulation unmittelbar betroffen ist. Hieraus folgt, dass auch die weitere Erwägung des Verwaltungsgerichts, dem Verstoß gegen Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004 sei durch Nacherhebung des „Abzugsbetrages“ Rechnung zu tragen, nicht zielführend ist. Denn eine solche Nacherhebung würde einer satzungsrechtlichen Grundlage bedürfen, für deren Schaffung im Falle der Bestätigung der Wirksamkeit des vorliegenden Gebührensatzes indes kein Raum wäre.
43d) Soweit in die Gebührenkalkulation zugleich ein Ausgleich für die im Jahr 2005 entstandene Unterdeckung im Bereich der Rückstandsuntersuchungsgebühren eingeflossen ist, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der vorerwähnte Vergleich kommt auch insoweit aus den genannten Gründen nicht in Betracht.
44e) Da die durch den Verstoß der Kalkulation gegen Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004 bedingte Unwirksamkeit und Nichtigkeit des Gebührensatzes bereits für sich genommen zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Gebührenbescheide führt, bedarf es keiner Prüfung der von der Klägerin vorgebrachten sonstigen Einwendungen.
452. Die Klägerin wird durch die angefochtenen Gebührenbescheide auch in ihren Rechten verletzt. Entscheidend ist insoweit, dass den ihr auferlegten Belastungen keine wirksame Ermächtigungsgrundlage zugrunde liegt. Unerheblich ist demgegenüber, dass die Klägerin durch den fehlerbegründenden Umstand, nämlich die unionsrechtswidrige Berücksichtigung eines Überdeckungsausgleichs, begünstigt wird. Denn das Erfordernis der subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezieht sich ausschließlich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und ist bei materiellrechtlichen Fehlern eines belastenden Gebührenbescheids – wie der fehlenden (wirksamen) Rechtsgrundlage – jedenfalls infolge des zumindest vorliegenden Eingriffs in Art. 2 Abs. 1 GG erfüllt. Ein spezifischer Bezug zwischen den zur Nichtigkeit der Norm als Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts führenden Mängeln und einer subjektiven Betroffenheit des Klägers wird von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht verlangt.
46Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. April 2003 – 4 ZB 02.2836 –, juris, Rdn. 13; vgl. auch VG Dessau, Urteil vom 7. September 2000 – 2 A 756/99 DE –, NvwZ-RR 2001, 326 (327 f.).
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
48Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
49Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO nicht vorliegen.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.