Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 14. Apr. 2014 - 17 A 1263/13
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 8. Juni 2009 wird insoweit aufgehoben, als die dort unter I. festgesetzte Gebühr für die Fleischuntersuchung den sich unter Zugrundelegung der unionsrechtlichen Mindestgebühr ergebenden Betrag von 122.231,00 EUR überschreitet
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen
1
Die Klägerin, die bis Ende 2010 unter dem Namen „C. GmbH“ firmierte, betreibt den einzigen öffentlichen Schlacht- und Zerlegebetrieb im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Es werden dort Schweine mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg geschlachtet. Die nach fleischhygienerechtlichen Vorschriften vorzunehmenden amtlichen Kontrollen erfolgen durch Bedienstete des Beklagten.
2Für im März 2009 durchgeführte Amtshandlungen zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 8. Juni 2009 zu „einer“ Gebühr in Höhe von 132.793,36 EUR heran. Diese setzt sich zusammen aus Gebühren für die Fleischuntersuchung (129.564,86 EUR) und für die Kontrolle des Zerlegungsbetriebs (3.228,50 EUR). Die Berechnung basiert auf einer Schlachtmenge von 122.231 Schweinen und einer an den vier Tagen der Zerlegungskontrolle erbrachten Zerlegungsleistung von 1.614,25 Tonnen.
3Der Gebührenbescheid war gestützt auf die Satzung des Kreises S. vom 18. Dezember 2007 über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene (Amtsblatt des Kreises S. Nr. 128/2007 vom 19. Dezember 2007 – GS 2008 –). Diese sieht für die Fleischuntersuchung in öffentlichen Schlachtbetrieben eine Gebühr von 1,06 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg und für die Zerlegungskontrolle eine Gebühr von 2,00 EUR je Kontrolltag je Tonne zerlegten Fleisches vor.
4Der Ermittlung des Gebührensatzes für die Fleischuntersuchung liegt eine auf den Schlachthof der Klägerin bezogene Kalkulation für das Jahr 2008 zugrunde. Hiernach beträgt die kostendeckende Gebühr 1,20 EUR; von ihr werden 0,14 EUR in Abzug gebracht werden zwecks Ausgleichs einer im Jahr 2006 entstandenen Überdeckung. Die diesbezügliche Jahresrechnung des Beklagten hatte für den Bereich Schlachthof P. -F. eine Überdeckung bei der Gemeinschaftsgebühr in Höhe von 163.923, 85 EUR und eine Überdeckung bei der Rückstandsuntersuchungsgebühr in Höhe von 4.708,85 EUR festgestellt.
5Die Praxis des Über-/Unterdeckungsausgleichs ist Gegenstand eines von den Beteiligten am 29. November 2006 im Verfahren 7 K 3410/02 VG Gelsenkirchen geschlossenen Vergleichs, der unter anderem vorsah:
6„Die Klägerin akzeptiert bis einschließlich des Gebührenjahres 2006 eine Gebührenkalkulation, bei der entsprechend § 6 KAG Über- und Unterdeckungen jeweils innerhalb eines Dreijahreszeitraums ausgeglichen werden. Der Beklagte wird die Überdeckung aus dem Gebührenjahr 2005 (etwa 161.000,00 Euro) im Gebührensatz 2007 mindernd berücksichtigen.“
7Mit am 7. Juli 2009 erhobener Klage wendet sich die Klägerin gegen den vorgenannten Gebührenbescheid insoweit, als die erhobene Fleischuntersuchungsgebühr die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich der VO (EG) 882/2004 vorgesehene Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg überschreitet.
8Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen:
9Die Erhebung einer über die unionsrechtliche Mindestgebühr hinausgehenden Fleischuntersuchungsgebühr sei unzulässig. Eine kostendeckende Gebührenerhebung sei nur möglich im Wege einer vorläufigen Pauschalgebühr, der nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums eine Spitzabrechnung zu folgen habe. Der Beklagte erhebe jedoch eine endgültige Pauschalgebühr auf unbestimmte Zeit. Dieser Mangel werde durch den praktizierten Über-/Unterdeckungsausgleich nicht geheilt, da dieser seinerseits unionsrechtswidrig sei. Die vom Beklagten praktizierte Methode der Gebührenermittlung sei zudem nicht vereinbar mit dem unionsrechtlichen Realkostengebot, das einem Ansatz hochgerechneter, pauschalierter und fiktiver Kosten entgegenstehe. Im Übrigen seien die in die Kalkulation eingestellten Kostenansätze in verschiedener Hinsicht zu beanstanden. Das gelte namentlich für die Kosten des eingesetzten Untersuchungspersonals. Insoweit fehle es an einer dem risikobezogenen Ansatz des Unionsrechts genügenden Bedarfsanalyse. Wegen der Begründung der Klage im Einzelnen wird auf die Wiedergabe im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
10Die Klägerin hat beantragt,
11den Gebührenbescheid des Beklagten vom 8. Juni 2009 insoweit aufzuheben, als die darin nach Ziffer 1.3 der Anlage zu § 3 der Satzung des Kreises S. über die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen auf dem Gebiet der Fleischhygiene erhobenen Gebühren über die Mindestgebühr von 1,00 Euro hinausgehen.
12Der Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat im Wesentlichen vorgetragen:
15Die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die Beteiligten hätten eine Musterverfahrensabrede geschlossen, derzufolge die Rechtmäßigkeit von Veranlagungen, die auf der Satzung vom 18. Dezember 2007 beruhen, im Rahmen des Klageverfahrens 7 K 1306/08 VG Gelsenkirchen geklärt werden solle. Die vorliegende Klage sei daher nicht erforderlich. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da der angefochtene Gebührenbescheid rechtmäßig sei; insoweit werde auf das Vorbringen in dem genannten Musterverfahren Bezug genommen.
16Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. April 2013, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, als unbegründet abgewiesen.
17Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
18Die vom Beklagten praktizierte Methode der Vorauskalkulation des Gebührensatzes sei mit Art. 27 Abs. 4 lit. b VO (EG) 882/2004 nicht vereinbar. Darüber hinaus verstoße die Kalkulation gegen Art. 27 Abs. 5 lit. a VO (EG) 882/2004 und Art. 5 Abs. 5 lit. b VO (EG) 854/2004, da es an einer risikobezogenen Veranschlagung des Bedarfs an amtlichem Personal für die Schlachtlinie fehle. Zudem seien verschiedene Kostenpositionen zu beanstanden: Der zugrunde gelegte Aufwand für die Personalabrechnung sei achtmal höher als erforderlich. Der Doppelbeschäftigung von Mitarbeitern des Beklagten sowohl am Schlachthof der Klägerin als auch am Schlachthof in S. werde in Hinblick auf Urlaubs-, Feiertags- und Krankheitsvergütung nicht erkennbar Rechnung getragen. Der überdurchschnittlich hohe Krankenstand der Mitarbeiter des Beklagten sei der Klägerin nicht zurechenbar, da allein der Beklagte die Möglichkeit habe, mit entsprechenden personallenkenden arbeitsrechtlichen Instrumentarien Abhilfe zu schaffen.
19Die Klägerin beantragt,
20das angefochtene Urteil zu ändern und den Gebührenbescheid des Beklagten vom 8. Juni 2009 insoweit aufzuheben, als die dort unter I. festgesetzte Gebühr für die Fleischuntersuchung den sich unter Zugrundelegung der unionsrechtlichen Mindestgebühr ergebenden Betrag von 122.231,00 EUR überschreitet.
21Der Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Er macht geltend:
24Die unionsrechtliche Zulässigkeit der Gebührenvorauskalkulation sei durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2013 – 3 C 5.12 – geklärt. Aus dem risikobezogenen Ansatz des Fleischhygienerechts ließen sich keine mathematisierbaren Maßstäbe ableiten, die gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar wären. Es verbleibe vielmehr ein behördlicher Beurteilungsspielraum, dessen Einhaltung nur in Bezug auf Grenzüberschreitungen prüfbar sei. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass der Beklagte unter Beachtung des ihm zustehenden Organisationsermessens mehr Personal eingesetzt habe, als dies eine verantwortungsvolle Risikobewertung verlange. Hinsichtlich der weiteren Monita der Klägerin werde auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
26Entscheidungsgründe:
27Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
28Die Klage ist zulässig. Namentlich steht der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzinteresse zur Seite. Der Senat teilt die – vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellte – Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die von den Beteiligten getroffene Musterverfahrensabrede die Klägerin nicht an der Verfolgung des vorliegenden Klagebegehrens hindert. Zur Begründung wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
29Die Klage ist auch begründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 8. Juni 2009 ist im Umfang seiner Anfechtung aufzuheben. Denn insoweit ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
301. Die Erhebung einer über die in Anhang IV Abschnitt B Kapitel I lit. c 2. Spiegelstrich der VO (EG) 882/2004 festgelegte Mindestgebühr von 1,00 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von mindestens 25 kg hinausgehenden Gebühr für die Fleischuntersuchung ist rechtswidrig, da es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Die in dem Gebührenbescheid insoweit zugrunde gelegte Regelung in Nr. 1.3 der Anlage zu § 3 GS 2008, die für Amtshandlungen nach der Tarifstelle 23.8.4.1.3 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung einen Gebührensatz von 1,06 EUR pro Schwein mit einem Schlachtgewicht von 25 kg und mehr vorsieht, ist unwirksam und nichtig.
31a) Der in der genannten Satzungsbestimmung normierte Gebührensatz beruht auf einer Kalkulation, die gegen vorrangiges Unionsrecht verstößt. Denn der vorgenommene Überdeckungsausgleich ist nicht vereinbar mit Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004. Hiernach werden Gebühren weder direkt noch indirekt zurückerstattet, es sei denn, sie sind zu Unrecht erhoben worden.
32Der Überdeckungsausgleich stellt eine indirekte Form der Gebührenerstattung dar. Er bezweckt eine zeitversetzte Anpassung der Gebührenbelastung der Klägerin an die dem Beklagten in einer früheren Rechnungsperiode tatsächlich entstandenen Kosten. Im Zusammenspiel mit dem korrelativen Instrument des Unterdeckungsausgleichs dient er dem Ausgleich unvermeidbarer Abweichungen des jeweiligen Betriebsergebnisses von der Prognose. Soweit die vereinnahmten Gebühren die Kosten übersteigen, wird der Differenzbetrag im Rahmen der aktuellen Kalkulation durch einen Abschlag auf die errechnete kostendeckende Gebühr berücksichtigt. Der hierin liegende teilweise „Gebührenverzicht“ soll die in der Vergangenheit aufgetretene „Gebührenüberzahlung“ kompensieren. Diese Verfahrensweise kommt in der Sache einer Erstattung von Gebühren gleich.
33Eine solche ist nur zulässig, wenn die Gebühren zu Unrecht erhoben worden sind. Derartiges steht vorliegend nicht in Rede. Im Übrigen dürften die das Jahr 2006 betreffenden Gebührenbescheide inzwischen bestandskräftig sein.
34Von der Unvereinbarkeit des Überdeckungsausgleichs mit dem geltenden Unionsrecht geht offenbar auch der Beklagte aus. Nach seiner in der Beschlussvorlage KTB/586 vom 15. Juni 2010 bekundeten Einschätzung ist das bisher praktizierte System des Über-/Unterdeckungsausgleich seit Inkrafttreten der VO (EG) 882/2004 „rechtlich nicht mehr haltbar“.
35b) Einer Berücksichtigung des dargelegten Unionsrechtsverstoßes steht der Inhalt des zwischen den Beteiligten am 29. November 2006 im Verfahren 7 K 3410/02 geschlossenen Vergleichs nicht entgegen. Namentlich lässt sich aus ihm ein Einwendungsverzicht der Klägerin nicht herleiten.
36Der Vergleich trifft in der eingangs zitierten Passage eine Regelung in Bezug auf die konsensuale Grundlage des Über-/Unterdeckungsausgleichs. Nach Satz 1 der Regelung akzeptiert die Klägerin bis einschließlich des Gebührenjahres 2006 eine Gebührenkalkulation, bei der entsprechend § 6 KAG Über- und Unterdeckungen jeweils innerhalb eines Dreijahreszeitraums ausgeglichen werden. Aus dieser Formulierung folgt im Gegenschluss, dass ab dem Gebührenjahr 2007 eine derartige Gebührenkalkulation nicht mehr akzeptiert wird. Hiermit nicht vereinbar ist die in dem – ebenfalls den vorliegenden Satzungszeitraum betreffenden – Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2009 – 7 K 1306/08 –vertretene Auslegung des Vergleichs, derzufolge etwaige Zu- oder Abschläge noch über die nächsten drei Jahre hinaus sollten ausgeglichen werden können. Denn dies würde deren kalkulatorische Berücksichtigung im Wege eines Über-/Unterdeckungsausgleichs implizieren, der jedoch von der Klägerin ausdrücklich nur bis einschließlich 2006 akzeptiert wurde. Diese zeitliche Zäsur war offenbar motiviert durch den Umstand, dass zum 1. Januar 2007 das Recht der Fleischhygieneuntersuchungen und ihrer Finanzierung auf eine neue unionale Grundlage gestellt wurde, in deren Licht die bisherigen Zweifel an der Zulässigkeit eines Über-/Unterdeckungsausgleichs in die Gewissheit seiner Unzulässigkeit umschlugen.
37Ein Einwendungsverzicht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus Satz 2 der vorzitierten Vergleichsregelung. Hiernach wird der Beklagte die Überdeckung aus dem Gebührenjahr 2005 (etwa 161.000,00 EUR) im Gebührensatz 2007 mindernd berücksichtigen. Dieser Regelung kommt vorliegend schon deshalb keine Relevanz zu, weil sie nicht den hier in Rede stehenden Gebührensatz für das Jahr 2008 betrifft. Abgesehen davon ist ihr auch inhaltlich ein Einwendungsverzicht nicht zu entnehmen; insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren gleichen Rubrums 17 A 269/10 betreffend den vorausgegangenen Gebührenzeitraum.
38c) Rechtsfolge des Verstoßes gegen Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004 ist die Unwirksamkeit und Nichtigkeit des Gebührensatz von 1,06 EUR. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verhält es sich nicht so, dass die Unionsrechtswidrigkeit des Überdeckungsausgleichs den nach seiner Durchführung verbleibenden Gebührensatz unberührt lässt. Dieser Betrachtungsweise liegt die Vorstellung zugrunde, dass rechtswidrigkeitsbegründend nicht die zu niedrige Festsetzung des Gebührensatzes sei, sondern das Absehen von einer höheren. Dabei wird allerdings verkannt, dass die Festsetzung eines Gebührensatzes in einer bestimmten Höhe nicht zugleich die – einer eigenständigen Rechtsprüfung zugängliche – Regelung enthält, dass er nicht höher festzusetzen sei. Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist daher ausschließlich der konkret festgesetzte Gebührensatz, dessen Wirksamkeit im Falle der Unionsrechtswidrigkeit seiner Kalkulation unmittelbar betroffen ist. Hieraus folgt, dass auch die weitere Erwägung des Verwaltungsgerichts, dem Verstoß gegen Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004 sei durch Nacherhebung des „Abzugsbetrages“ Rechnung zu tragen, nicht zielführend ist. Denn eine solche Nacherhebung würde einer satzungsrechtlichen Grundlage bedürfen, für deren Schaffung im Falle der Bestätigung der Wirksamkeit des vorliegenden Gebührensatzes indes kein Raum wäre.
39d) Da die durch den Verstoß der Kalkulation gegen Art. 27 Abs. 9 VO (EG) 882/2004 bedingte Unwirksamkeit und Nichtigkeit des Gebührensatzes bereits für sich genommen zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides führt, bedarf es keiner Prüfung der von der Klägerin vorgebrachten sonstigen Einwendungen.
402. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Gebührenbescheid auch in ihren Rechten verletzt. Entscheidend ist insoweit, dass der ihr auferlegten Belastung keine wirksame Ermächtigungsgrundlage zugrunde liegt. Unerheblich ist demgegenüber, dass die Klägerin durch den fehlerbegründenden Umstand, nämlich die unionsrechtswidrige Berücksichtigung eines Überdeckungsausgleichs, begünstigt wird. Denn das Erfordernis der subjektiven Rechtsverletzung in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezieht sich ausschließlich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und ist bei materiellrechtlichen Fehlern eines belastenden Gebührenbescheids – wie der fehlenden (wirksamen) Rechtsgrundlage – jedenfalls infolge des zumindest vorliegenden Eingriffs in Art. 2 Abs. 1 GG erfüllt. Ein spezifischer Bezug zwischen den zur Nichtigkeit der Norm als Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts führenden Mängeln und einer subjektiven Betroffenheit des Klägers wird von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht verlangt.
41Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. April 2003 – 4 ZB 02.2836 –, juris, Rdn. 13; vgl. auch VG Dessau, Urteil vom 7. September 2000 – 2 A 756/99 DE –, NvwZ-RR 2001, 326 (327 f.).
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
43Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
44Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO nicht vorliegen.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.