Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. Aug. 2015 - 15 B 966/15
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
4Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner auf den Antrag der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, unverzüglich die konstituierende Sitzung des neu gewählten Verwaltungsrates des Beigeladenen einzuberufen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei zulässig, insbesondere seien die Antragsteller antragsbefugt. Der Antrag sei auch begründet. In ihrer Funktion als gewählte Mitglieder des Verwaltungsrates könnten die Antragsteller vom Antragsgegner die Einberufung der konstituierenden Sitzung verlangen.
5Die dagegen von der Beschwerde erhobenen Einwände haben keinen Erfolg.
6Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragsteller entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt sind.
7Die Antragsbefugnis in einem (Intra-)Organstreitverfahren setzt voraus, dass der Antragsteller die Verletzung einer wehrfähigen Innenrechtsposition geltend macht. Bei der geltend gemachten Rechtsposition muss es sich um ein durch das Innenrecht eingeräumtes, dem klagenden Organ oder Organteil zur eigenständigen Wahrnehmung zugewiesenes wehrfähiges subjektives Organrecht handeln. Für die Antragsbefugnis reicht es aus, dass eine derartige Rechtsverletzung nach der Behauptung des Antragstellers möglich, d. h. nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
8Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. März 2014 - 15 A 1651/12 -, NWVBl. 2014, 388 = juris Rn. 66, und vom 12. September 2008 - 15 A 2129/08 -, NWVBl. 2009, 221 = juris Rn. 5, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 -, NVwZ-RR 2003, 376 = juris Rn. 13, und vom 26. April 1989 - 15 A 650/87 -, NVwZ 1990, 188.
9Dies gilt auch für die Behauptung eines Antragstellers, er sei aufgrund einer Wahl Mitglied eines Verwaltungsgremiums geworden und habe deswegen ein Recht auf dessen Einberufung sowie auf Teilnahme an dessen Sitzungen.
10Vgl. insofern VGH Bad.-Württ., Beschluss vom18. Oktober 2010 - 1 S 2029/10 -, juris Rn. 5 ff. (für die Einberufung einer Gemeinderatssitzung); VG Frankfurt a. M., Beschluss vom 9. Februar 2007 - 7 G 5798/06 -, juris Rn. 27 (hinsichtlich des Verwaltungsrats einer Sparkasse).
11Legt man dies zugrunde, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Antragsteller seien gemäß Art. I § 5 Abs. 1 Nr. 1 c) der Satzung des Studierendenwerks N. i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 StWG NRW als Vertreter der Bediensteten des Beigeladenen in den Verwaltungsrat gewählt worden und könnten daher durch dessen Nichteinberufung in ihren subjektiv-organschaftlichen Rechten verletzt sein, nicht zu beanstanden.
12Eine wehrfähige Innenrechtsposition der Antragsteller scheitert nicht bereits daran, dass das Wahlverfahren der Beschäftigtenvertreter möglicherweise rechtsfehlerhaft durchgeführt worden ist.
13Wie auch die Beschwerde sieht, ist die Gremienwahl allenfalls dann (ausnahmsweise) als nichtig und deswegen als nicht umsetzbar anzusehen, wenn sie an einem offensichtlichen Mangel leidet. Dies ist der Fall, wenn bei der Wahl gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen worden ist, dass auch nicht mehr der Anschein einer ordnungsgemäßen Wahl gegeben ist. Der zur Nichtigkeit führende Mangel muss im Zeitpunkt der Wahl offensichtlich sein. Die Wahl muss insofern „den Stempel der Nichtigkeit“ auf der Stirn tragen.
14Vgl. im Hinblick auf eine Personalratswahl: BVerwG, Beschlüsse vom 18. Januar 1990 - 6 P 8.88 -, juris Rn. 19, und vom 13. Mai 1987 - 6 P 20.85 -, DVBl. 1987, 1160 = juris Rn. 23, jeweils m.w.N.; für eine Schwerbehindertenvertretung: BAG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 7 ABR 23/12 -, NZA 2014, 1288 = juris Rn. 41.
15Einen derart gravierenden und offensichtlichen Wahlmangel zeigt die Beschwerde nicht auf. Selbst bei einer angenommenen Unzulässigkeit einer Listenwahl bzw. einer Briefwahl entgegen § 5 Abs. 1 Satz 6 StWG NRW sowie einer fehlerhaft unterbliebenen Personalversammlung würde nicht ohne Weiteres der Anschein erweckt, es habe gar keine ordnungsgemäße Wahl stattgefunden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeerwiderung der Rüge der genannten Wahlfehler durch den Antragsgegner - auch was das Unterbleiben einer Personalversammlung anbelangt - mit substantiierten Ausführungen entgegentritt, denen auch in Ansehung des Vorbringens im Schriftsatz der Antragsteller vom 26. August 2015 im Einzelnen nachzugehen wäre.
16Entsprechendes gilt für die Rechtsfolge eines etwaigen Verstoßes der Wahl gegen § 5 Abs. 3 StWG NRW. Zum einen zwingt der Wortlaut der Norm, dass mindestens vier Mitglieder des Verwaltungsrats Frauen sein müssen, aus sich heraus nicht schon zu der (Evidenz-)Annahme, einer Wahl die u. a. auf ihrer Grundlage durchgeführt worden ist, stehe ein schwerer Fehler wegen offensichtlicher Verfassungswidrigkeit - etwa auch wegen eines Verstoßes des starren Quorums gegen Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG - gewissermaßen auf der Stirn geschrieben, weswegen das Wahlergebnis von vornherein auf keinen Fall umgesetzt werden dürfe. Zum anderen liegen die von der Beschwerde vorgebrachten Zweifel an der hinreichenden rechtsstaatlichen Bestimmtheit der Vorschrift - was zugleich zu den Einwänden der Beschwerde gegen die Begründetheit des Antrags überleitet - außerhalb des Prüfungsrahmens des in Rede stehenden Konstituierungsverfahrens, der allein von den formalen Vorgaben des § 15 Abs. 2 StWG NRW i.V.m. Art. II § 2 der Satzung des Studierendenwerks N. markiert wird.
17Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass § 15 Abs. 2 Satz 1 StWG NRW, Art. II § 2 der Satzung des Studierendenwerks N. und der Geschäftsordnung für den Verwaltungsrat des Studierendenwerks N. weder einer materielle Prüfungskompetenz des Antragsgegners dahingehend zu entnehmen ist, ob die Wahl zum Verwaltungsrat gültig ist noch eine Befugnis, die Neubildung des Verwaltungsrats mit Blick auf potentielle Fehler der Wahl abzulehnen. Von diesem richtigen rechtlichen Ausgangspunkt aus kommen eine Aussetzung des zugrunde liegenden Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100Abs. 1 GG, um bereits jetzt und in diesem Verfahrenskontext eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 5 Abs. 3 StWG NRW zu ermöglichen, nicht in Betracht. Eine solche Richtervorlage läge jenseits des Streitgegenstands, der sich auf die bloße Konstituierung des neuen Verwaltungsrats beschränkt.
18Die Wendung in § 15 Abs. 2 Satz 1 StWG NRW „auf der Grundlage dieses Gesetzes“ lässt sich in einer Zusammenschau mit den sonstigen Kompetenzen des Antragsgegners nicht als ihm zustehendes implizites Wahlprüfungsrecht bzw. Bean-standungsrecht verstehen. Dagegen spricht maßgeblich, dass §§ 9 Abs. 3, 14 Abs. 3 StWG NRW Beanstandungsrechte lediglich der Geschäftsführung des Studierendenwerks und dem aufsichtführenden Ministerium zuerkennen. Hätte der Gesetzgeber daneben den Antragsgegner als durch Treuepflichten gegenüber dem Organverwaltungsrat gebundenen „Hüter“ der Vorgaben des Studierendenwerksgesetzes NRW installieren wollen, hätte er dies ausdrücklich statuieren müssen.
19Im Anschluss daran wäre die von der Beschwerde befürchtete - und im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung einer eventuellen Beanstandung durch die Geschäftsführung nach § 9 Abs. 3 Satz 2 StWG NRW substantiierte - Handlungsunfähigkeit des Verwaltungsrats, für die der Antragsgegner nach der Gesetzessystematik nicht die Verantwortung trüge, spiegelbildlich allein durch gesetzgeberische Korrekturen - § 5 Abs. 3 StWG NRW unter Umständen eingeschlossen - zu beheben. Welchen Verlauf die von dem Antragsgegner einzuberufende konstituierende Sitzung im Übrigen nimmt, ist von dem grundsätzlichen Einberufungsanspruch der Antragsteller zu unterscheiden. Dieser Anspruch ist ihnen nach der Gesetzeslage zuzusprechen, damit sie in die Lage versetzt werden, ihre gesetzlichen Mitwirkungsrechte ausüben zu können. Dem sind auch die von der Beschwerde erwähnten Wahlhandlungen nach § 5 Abs. 2, Abs. 5 StWG NRW und deren womögliche Beanstandung durch die Geschäftsführung gemäß § 9 Abs. 3 StWG NRW nachgelagert.
20Diesen rechtlichen Betrachtungen ist auf der - ergänzenden - Ebene einer allgemeinen Interessenabwägung hinzuzufügen, dass das von der Beschwerde vorgeschlagene Modell, den bisherigen Verwaltungsrat im Amt zu belassen, weder rechtlich-legitimatorisch noch praktisch vorzugswürdig erscheint. Für ein derartiges Interim, das im Übrigen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 StWG NRW ebenfalls nicht erfüllt, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Es würde zudem die stattgefundene Wahlentscheidung ignorieren und sich auch insofern dem Risiko sofortiger Beanstandungen nach §§ 9 Abs. 3, 14 Abs. 3 StWG NRW aussetzen.
21Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
23Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. Aug. 2015 - 15 B 966/15
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Klägerin ist die Fraktion in E. im Kreistag des Kreises L. Der Kreistag ist der Beklagte zu 1. Der Landrat des Kreises L . ist der Beklagte zu 2. Die Klägerin meint, die Beklagten hätten ihre Organrecht als Fraktion verletzt. Dem Organstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3Der Verkehrsflughafen "V. " liegt im Kreis L. . Dieser gewährte der Flughafenbetreiberin - der Flughafen O. GmbH (GO GmbH) - zur Verbesserung der Infrastruktur des Flughafens bis Ende des Jahres 2010 ein über eine Grundschuld gesichertes Darlehen von über 26 Millionen Euro. Im Jahr 2010 vereinbarten die GO GmbH und der Kreis L. eine Verlängerung der Darlehensgewährung bis 2016. Zugleich verständigten sie sich darauf, dass von der GO GmbH für die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag ab dem Jahr 2011 bis zur Rückzahlung des Darlehens im Jahr 2016 jährlich Zinsen in Höhe von ca. 1,4 Millionen Euro geleistet werden sollten.
4Der Geschäftsführer der GO GmbH unterrichtete den Beklagten zu 2. mit Schreiben vom 28. Januar 2011 darüber, dass die neue Luftverkehrssteuer auf das Passagiervolumen und die wirtschaftliche Situation des Flughafens erhebliche negative Auswirkungen habe. Die in Höhe von 15 Millionen geplanten Investitionen seien weit überwiegend nicht mehr erforderlich und sinnvoll. Daher werde die zur Erlangung der für die Investitionen in Höhe von 15 Millionen Euro benötigten Bankkredite ursprünglich erforderliche Rangrücktrittserklärung des Kreises L. voraussichtlich nur noch in Höhe der jetzt noch in Aussicht genommenen Investitionen von fünf Millionen Euro benötigt. Auch sehe man sich nicht dazu in der Lage, in 2011 den verabredeten Zinszahlungen nachzukommen, weshalb um entsprechende Stundung bis zum Jahresende gebeten werde. Für den Fall der fehlenden Besserung der Geschäftslage bis zum Jahresende biete man dem Kreis L. an, für den für das Jahr 2011 fälligen Zinsbetrag Anteile an der GO GmbH zu erwerben. Dieser Mechanismus solle auch für die Folgejahre bis zur erforderlichen Erholung der Gesellschaft greifen.
5Vor diesem Hintergrund schlug der Beklagte zu 2. mit der im Einzelnen näher begründeten Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09 für die nichtöffentlichen Sitzungen des Kreisausschusses am 3. Februar 2011 und des Kreistags am 24. Februar 2011 folgenden Beschluss vor:
6„1. Der Kreis L. stimmt der Option zur Übernahme von Anteilen an der Flughafen O. GmbH (GO GmbH) für den Fall zu, dass die GO GmbH ihren Zinsverpflichtungen aus dem Darlehensverlängerungsvertrag nicht bzw. nicht vollständig nachkommt. Soweit zum Ende eines Jahres offene Forderungen bestehen sollten, werden diese in Geschäftsanteile an der GO GmbH umgewandelt. Diese Regelung gilt für die Dauer der Darlehensvereinbarung, d. h. bis zum 31.12.2016. Die Höhe der Anteile ist jährlich neu zu bewerten und zu ermitteln.
72. Der Landrat wird ermächtigt bzw. beauftragt, alle zur Umsetzung dieser Regelung notwendigen Schritte vorzunehmen, entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu treffen und dem Stundungsantrag unter Berücksichtigung von Stundungszinsen zu entsprechen.
83. Die Vertreter des Kreises L. in der Gesellschafterversammlung der FFM GmbH sowie im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung der GO GmbH werden ermächtigt, evtl. notwendigen Beschlüssen in den jeweiligen Aufsichtsratssitzungen und Gesellschafterversammlungen zuzustimmen.“
9Am 3. Februar 2011 brachten einige Kreistagsmitglieder in der nicht-öffentlichen Sitzung des Kreisausschusses zum Ausdruck, dass zu dem gesamten Vorgang noch Beratungs- und Informationsbedarf bestehe. Vor diesem Hintergrund beschloss der Kreisausschuss einstimmig, die Angelegenheit in einer zusätzlichen Sitzung des Kreisausschusses am 24. Februar 2011 (vor der Sitzung des Kreistags) zu behandeln. In der Sitzung am 3. Februar 2011 warf das der Klägerin angehörende Kreistagsmitglied I. -B. zudem die Frage auf, ob der Tagesordnungspunkt „Flughafen O. GmbH; Finanzierung" vor dem Hintergrund der dezidierten Wiedergabe der zugehörigen Verwaltungsvorlage im Internet eigentlich immer noch nicht-öffentlich sei.
10Unter dem 16. Februar 2011 trat die Fraktion der A. im Kreistag des Kreises L. an den Beklagten zu 2. heran und bat zwecks Vorbereitung der Sitzung des Kreistags am 24. Februar 2011 um die Beantwortung von zehn Fragen im Zusammenhang mit der Thematik „Finanzierung Flughafen O. GmbH", die im Kern die wirtschaftliche Situation der GO GmbH, die Bewertung und den Umfang der voraussichtlich zu übernehmenden Geschäftsanteile sowie die (kommunal-)rechtliche Zulässigkeit der in Aussicht genommenen Anteilsübernahme betrafen.
11Der Beklagte zu 2. antwortete der A -Fraktion unter dem 21. Februar 2011. Diese wiederum stellte mit Schreiben vom 22. Februar 2011 zwei Nachfragen zu der Angelegenheit, die der Beklagte zu 2. noch am selben Tag beantwortete.
12Ebenfalls am 22. Februar 2011 beantragte die A -Fraktion im Kreistag des Kreises L. eine Änderung des sich aus der Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09 ergebenden Beschlussvorschlags zu 1. Der Änderungsvorschlag ging namentlich dahin, eine Umwandlung der zu übernehmenden Geschäftsanteile an der GO GmbH in frei handelbare Geschäftsanteile sowie ein bestimmtes Verfahren zur Bewertung der Geschäftsanteile vorzusehen.
13Mit Schreiben vom 18. Februar 2011 übermittelte die Klägerin dem Beklagten zu 2. Anträge zu den Tagesordnungen des Kreisausschusses und des Kreistags für deren Sitzungen am 24. Februar 2011. Mit diesen Anträgen begehrte sie, die Angelegenheit „Finanzierung Flughafen O. GmbH" von den jeweiligen Tagesordnungen zu nehmen. Hinsichtlich der Vertagungsanträge wurde namentliche Abstimmung beantragt. Zur Begründung verwies die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass innerhalb ihrer Fraktion erheblicher Beratungsbedarf bestehe. Die zu treffende Entscheidung sei mit unübersehbaren Auswirkungen behaftet. Die Vorlage der Verwaltung sei dürftig. Sie lasse viele Fragen offen. Auf der Grundlage der Vorlage könne daher eine der Bedeutung der Angelegenheit angemessene Entscheidung nicht getroffen werden. Nur auf der Grundlage hinreichender Informationen könnten sich die Mitglieder des Kreistags sowie die in diesem vertretenen Fraktionen wirksam in den Entscheidungsprozess einbringen. So seien die Ausführungen in der Verwaltungsvorlage nicht geeignet, sich ein fundiertes Bild über die finanzielle Situation der GO GmbH machen zu können. Ins Gewicht falle auch, dass es der Vorlage an der Darstellung der Auswirkungen der vom Kreistag geforderten Entscheidung mangele. Ferner bleibe das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung von zu übertragenen Geschäftsanteilen im Dunkeln. Die Erläuterungen zu den Folgen des in Rede stehenden Beschlussvorschlags auf den Kreishaushalt seien ebenfalls unzureichend. Vor diesem Hintergrund stellten sich ihr - der Klägerin - viele, auf den Seiten drei bis fünf ihres Vertagungsantrags im Einzelnen aufgeführte Fragen, denen noch weitere hinzugefügt werden könnten. Es sei nicht geklärt, welche Schritte für die Umsetzung der vorgeschlagenen Regelung nötig und welche vertraglichen Vereinbarungen zu treffen seien. In diesem Zusammenhang sei zudem zweifelhaft, ob der Beklagte zu 2. überhaupt ermächtigt werden könne, entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Es handele sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung. Derart weitreichende Entscheidungen oblägen dem Kreistag.
14Am 22. Februar 2011 übermittelte die Klägerin dem Beklagten zu 2. dann ein als
15„Anfrage
16zur Sitzung des Kreisausschusses und Kreistages am 24.2.2011
17TOP: Flughafen O. , Finanzierung“
18bezeichnetes Schreiben. In diesem heißt es wörtlich:
19„… die E.- Kreistagsfraktion bittet zur Sitzung des Kreistages um schriftliche Beantwortung folgender Fragen:
20- 21
1. Sind die bei der GO GmbH für den Kreis L. /FFM bestehenden, erweiterten gesellschaftlichen Einwirkungsrechte bei der GO Grundbesitzgesellschaft eingeschränkt oder ausgeschlossen?
- 22
2. In welchem Umfang bestehen diese Rechte?
- 23
3. Wie werden diese Einwirkungsrechte sichergestellt?“
Der Beklagte zu 2. antwortete hierauf mit Schreiben vom 22. Februar 2011.
25Die Fraktionen der B und der C im Kreistag des Kreises L. beantragten mit gemeinsamen Schreiben an den Beklagten zu 2. vom 24. Februar 2011, den Beschlussvorschlag aus der Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09 hinsichtlich dessen Nr. 1 um den Satz: "Dies erfolgt auf der Basis einer Wirtschaftsprüfung, die im Einvernehmen mit dem Kreis festzulegen ist" zu ergänzen. In Nr. 2 des Beschlussvorschlags sollten eingangs des Satzes die Worte „ermächtigt bzw." gestrichen und am Ende die Formulierung „und danach den Kreistag zeitnah über die Verhandlungsergebnisse informieren" angefügt werden. Schließlich sollte nach Nr. 2 eine neue Nr. 3 eingefügt werden: ,,3. Der Kreis L. beschließt die Aufhebung des Rangrücktritts von mehr als fünf Millionen Euro." Die alte Nr. 3 des Beschlussvorschlags sollte nach dem Änderungsvorschlag die neue Nr. 4 werden.
26In ihren nicht-öffentlichen Sitzungen am 24. Februar 2011 lehnten der Kreisausschuss und der Beklagte zu 1. die Anträge der Klägerin vom 18. Februar 2011 sowie der Kreistagsfraktion der A vom 22. Februar 2011 ab und beschlossen mehrheitlich den in der in Rede stehenden Verwaltungsvorlage vorgeschlagenen Beschluss mit den von den Kreistagsfraktionen der C und der B am Tag der Beschlussfassung beantragten Änderungen.
27Vor der Beschlussfassung führte das der Klägerin angehörende Mitglied des Kreistags I. -B. in der Kreistagssitzung aus, dass die Vorlagen der Verwaltung und der anderen Fraktionen nicht geeignet seien, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Es lägen widersprüchliche Angaben vor. Aus den Antworten auf die von der A Fraktion gestellten - weitestgehend nur von Fachleuten - zu verstehenden Fragen ergebe sich, dass die GO GmbH voraussichtlich keine Zinsen zahlen werde und an Tilgung nicht zu denken sei. Die Konsequenz sei, dass der Kreis noch mehr Geld in die GO GmbH investieren müsse. Der Flughafen sei wirtschaftlich nicht zu betreiben. Er solle geschlossen und das Gelände anderweitig genutzt werden.
28Die Klägerin erhob am 5. März 2011 gegen den Beklagten zu 1. Klage. Zu deren Begründung berief sie sich auf eine Verletzung ihrer Organrechte durch den hier in Rede stehenden Beschluss des Beklagten zu 1. vom 24. Februar 2011. Nach den Vorschriften der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen habe sie einen Anspruch auf angemessene Unterrichtung und umfassende Vorinformation über anstehende Entscheidungen. Diesem Anspruch sei nicht Genüge getan worden. Die Informationen in der Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09 seien unzureichend gewesen. Ungeklärt geblieben sei auch, ob mit dem in der Verwaltungsvorlage vorgeschlagenen und nachher durch den Kreistag beschlossenen Verfahren nicht gegen EU-Beihilfeverbote verstoßen worden sei. Ferner sei ihr - der Klägerin - Fragenkatalog aus dem Schreiben vom 18. Februar 2011 im Gegensatz zu den Fragen der A -Kreistagsfraktion vom 22. Februar 2011 unbeantwortet geblieben. Darüber hinaus sei der vom Beklagten zu 1. gefasste Beschluss unter Verletzung der Zuständigkeitsregelungen in § 26 Abs. 1 KrO NRW zustande gekommen. Danach könne nur der Kreistag selbst über die vorgeschlagene Beteiligung an einer Gesellschaft in privater Rechtsform entscheiden. Die beschlossene Delegation an den Beklagten zu 2. sei unzulässig, eine erneute Befassung des Beklagten zu 1. mit der Angelegenheit sei nicht vorgesehen. Der angegriffene Beschluss des Beklagten zu 1. verstoße auch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Schließlich sei die Behandlung der Angelegenheit in nicht-öffentlicher Sitzung unzulässig gewesen.
29Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2011 hat die Klägerin die Klage auf den Beklagten zu 2. erweitert. Dieser sei zuständig für die angemessene Unterrichtung der Fraktionen über die im Kreistag anstehenden Tagesordnungspunkte. Dieser Pflicht sei der Beklagte zu 2. ihr - der Klägerin - gegenüber nicht nachgekommen.
30Die Klägerin beantragte erstinstanzlich,
31- 32
1. festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten zu 1. zum Tagesordnungspunkt Flughafen O. GmbH (GO GmbH; Finanzierung) vom 24. Februar 2011 mit folgendem Wortlaut
„1. Der Kreis L. stimmt der Option zur Übernahme von Anteilen an der Flughafen O. GmbH (GO GmbH) für den Fall zu, dass die GO GmbH ihren Zinsverpflichtungen aus dem Darlehensverlängerungsvertrag nicht bzw. nicht vollständig nachkommt. Soweit zum Ende eines Jahres offene Forderungen bestehen sollten, werden diese in Geschäftsanteile an der GO GmbH umgewandelt. Diese Regelung gilt für die Dauer der Darlehensvereinbarung, d. h. bis zum 31.12.2016. Die Höhe der Anteile ist jährlich neu zu bewerten und zu ermitteln. Dies erfolgt auf der Basis einer Wirtschaftsprüfung, die im Einvernehmen mit dem Kreis festzulegen ist.
342. Der Landrat wird beauftragt, alle zur Umsetzung dieser Regelung notwendigen Schritte vorzunehmen, entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu treffen und dem Stundungsantrag unter Berücksichtigung von Stundungszinsen zu entsprechen und danach den Kreistag zeitnah über die Verhandlungsergebnisse zu informieren.
353. Der Kreis L. beschließt die Aufhebung des Rangrücktritts von mehr als fünf Millionen Euro.
364. Die Vertreter des Kreises L. in der Gesellschafterversammlung der FFM GmbH sowie im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung der GO GmbH werden ermächtigt, evtl. notwendigen Beschlüssen in den jeweiligen Aufsichtsratssitzungen und Gesellschafterversammlungen zuzustimmen.“
37rechtswidrig ist.
38- 39
2. festzustellen, dass der Beklagte zu 2. mit der Vorlage Nr. 389/WP09 den Anspruch der Klägerin auf angemessene Unterrichtung zur Sitzung des Kreistags am 24. Februar 2011 zum Tagesordnungspunkt: Flughafen O. , verletzt hat.
Die Beklagten beantragten erstinstanzlich,
41die Klage abzuweisen.
42Diese sei bereits teilweise unzulässig. Der Beklagte zu 1. sei im Hinblick auf den in Rede stehenden Unterrichtungsanspruch der falsche Klagegegner. Dieser Anspruch stehe der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1. von vorneherein nicht zu. Die Klägerin sei auch im Hinblick auf die von ihr gerügte Verletzung von Entscheidungskompetenzen des Beklagten zu 1. nicht klagebefugt. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Er - der Beklagte zu 2. - habe die Mitglieder des Beklagten zu 1. vollständig und zutreffend informiert. Entgegen der Vermutung der Klägerin seien insbesondere verschiedene Kreistagsmitglieder nicht in unterschiedlichem Umfang informiert worden. Sämtliche Nachfragen aus den Fraktionen seien beantwortet und die Antworten auch allen Fraktionen rechtzeitig zur Kenntnis gebracht worden. Bei dem Schreiben der Klägerin vom 18. Februar 2011 habe es sich nicht um eine entsprechende Anfrage, sondern um einen - ordnungsgemäß beschiedenen - Antrag zur Tagesordnung der Sitzungen am 24. Februar 2011 gehandelt. Der Beklagte zu 1. habe durch den fraglichen Beschluss auch nicht ihm ausschließlich zustehende Kompetenzen auf den Beklagten zu 2. übertragen. Auch sei die Sache zu Recht in nicht-öffentlicher Sitzung behandelt worden. Soweit die Klägerin gegen den Beschluss des Beklagten zu 1. beihilferechtliche Bedenken bzw. einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit anführe, sei dies unbeachtlich. Diesbezüglich seien keine Rechtsverletzungen der Klägerin ersichtlich. Dieser stehe auch kein objektives Beanstandungsrecht zu.
43Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Die im Verfahren von der Klägerin gerügten Aspekte berührten sie nicht in einem ihr nach der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen zustehenden Recht. Lediglich die für rechtswidrig gehaltene Behandlung des fraglichen Tagesordnungspunktes in nicht-öffentlicher Sitzung könne vom Ansatz her zu einer Rechtsverletzung der Klägerin führen. Insoweit fehle ihr aber das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sie habe gegen den Grundsatz der Organtreue verstoßen, da es an einer rechtzeitigen Rüge der nach ihrer Auffassung fehlerhaften Behandlung der Sache in nicht-öffentlicher Sitzung fehle.
44Die vom Senat mit Beschluss vom 8. November 2012 zugelassene Berufung begründet die Klägerin rechtzeitig wie folgt:
45Sie habe mit ihrem Schreiben an den Beklagten zu 2. vom 18. Februar 2011 auf die Unzulänglichkeit der Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09 hingewiesen und die mangelnde Vorbereitung des in Rede stehenden Beschlusses des Kreistages gerügt. Der in diesem Schreiben enthaltene Fragenkatalog sei vom Beklagten zu
462. nicht beantwortet worden. Dieses Verhalten habe sie - die Klägerin - durch ihr Mitglied I. -B. in der Sitzung des Kreistags am 24. Februar 2011 beanstandet. Dort sei der Beklagte zu 2. aufgefordert worden, seine Vorlage zurückzuziehen und zunächst zu den aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen.
47Mit ihrem Verhalten und den gefassten Beschlüssen hätten die Beklagten sie - die Klägerin - in ihren Rechten verletzt. Es mangele an einer hinreichenden Vorbereitung der Beschlussfassung zu dem in der Kreistagssitzung vom 24. Februar 2011 behandelten Tagesordnungspunkt „Finanzierung Flughafen O. GmbH", was im Laufe der Beratungen wiederholt gerügt worden sei. Fehle aber - wie vorliegend - eine ordnungsgemäße Vorbereitung einer Angelegenheit, könne eine rechtmäßige Beschlussfassung nicht herbeigeführt werden. Hier sei insbesondere in den Blick zu nehmen, dass der Beklagte zu 2. seine Neutralitätspflicht verletzt habe. Während er anderen Kreistagsmitgliedern bzw. anderen Kreistagsfraktionen zu der fraglichen Angelegenheit Informationen zur Verfügung gestellt und Auskünfte gegeben habe, habe er dies gegenüber ihr - der Klägerin - nicht getan. So seien namentlich ihre im Schreiben vom 18. Februar 2011 aufgeworfenen Fragen unbeantwortet geblieben. Selbst wenn der Beklagte zu 2. ihre Fragen lediglich als rhetorisches Mittel angesehen haben sollte, wäre er gleichwohl zur Beantwortung der Fragen verpflichtet gewesen. Da er dieser Pflicht nicht nachgekommen sei, habe er ihren - der Klägerin - Anspruch auf Gleichbehandlung verletzt. Deshalb sei seine Vorlage rechtswidrig und habe keine Entscheidungsgrundlage für den durch den Beklagten zu 1. getroffenen Beschluss bilden können. Vor diesem Hintergrund komme es letztlich nicht darauf an, ob Fraktionen nach nordrhein-westfälischem Kommunalrecht die mangelhafte Vorbereitung eines Kreistagsbeschlusses durch den Landrat rügen könnten. Gleichwohl habe sie - die Klägerin - einen entsprechenden Anspruch. Sie könne verlangen, dass die Verwaltungsvorlage substantiell so nachgebessert werde, dass sie kommunalverfassungsrechtlichen Ansprüchen genüge. Es könne ihr nicht versagt sein, eine derart unzulängliche Beratungsvorlage, wie sie hier in Rede stehe, auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen. Die Maßstäbe, die das Oberverwaltungsgericht für das Land Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 1. Juni 2010 (2 A 11318/09) aufgestellt habe, seien auf den vorliegenden Fall uneingeschränkt anwendbar.
48Auch der Beklagte zu 1. habe ihre Rechte als Fraktion verletzt. Es entspreche parlamentarischem Brauch und gehöre auch in kommunalen Entscheidungsgremien zu den Regeln des fairen Ablaufs einer Beratung, dass in aller Regel einem Vertagungsantrag stattgegeben werde. Gründe, die im vorliegenden Fall gegen eine Vertagung hätten sprechen könnten, seien weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich gewesen. Lehne die Mehrheit - wie hier - einen Vertagungsantrag ab, dann hätten die Beratungen in der Sache weiterzugehen. Allerdings sei eine Beendigung der Debatte nicht beschlossen worden. Daher hätten ihre - der Klägerin - noch offene Sachfragen erörtert werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Stattdessen sei der streitgegenständliche Beschluss gefasst worden. Der Beklagte zu 1. habe in diesem Zusammenhang verkannt, dass er den Beschluss aber mit Blick auf eine sich aus den Umständen ergebende Entscheidungssperre nicht habe treffen dürfen.
49Das Verwaltungsgericht habe die Klage unter verschiedenen Gesichtspunkten insgesamt als unzulässig angesehen. Dem könne aus den im Berufungszulassungsverfahren vorgetragenen Gründen nicht gefolgt werden. Hier sei auch noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Beratung der Angelegenheit in nicht-öffentlicher Sitzung unzulässig gewesen sei, was ausweislich der Niederschrift über die Sitzung des Kreisausschusses vom 3. Februar 2011 auch entsprechend gerügt worden sei.
50Die Klägerin beantragt,
51das angefochtene Urteil zu ändern und nach ihren in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.
52Die Beklagten beantragen,
53die Berufung zurückzuweisen.
54Er - der Beklagte zu 2. - habe nicht gegen sich aus dem Gleichheitssatz ergebende Bindungen verstoßen. Insbesondere habe er der Klägerin nicht Hilfen vorenthalten, welche er anderen Fraktionen des Kreistags gewährt habe. Sämtliche an ihn gerichtete Fragen der Kreistagsfraktionen zu dem in Rede stehenden Beratungs- und Beschlussgegenstand, um deren Beantwortung er gebeten worden sei, habe er beantwortet.
55In diesem Zusammenhang sei vor allem in den Blick zu nehmen: Förmliche - und auch später beantwortete - Fragen an ihn seien ausschließlich von den Fraktionen der A mit Schreiben vom 16. Februar und 22. Februar 2011 sowie von der Klägerin mit Schreiben vom 22. Februar 2011 gerichtet worden. Bei dem von Letztgenannter in den Fokus gestellten Schreiben vom 18. Februar 2011 habe es sich demgegenüber nicht um eine Anfrage, sondern um einen Antrag zur Tagesordnung gehandelt. Mit diesem habe erreicht werden sollen, die fraglichen Tagesordnungspunkte von den Tagesordnungen der Sitzungen des Kreisausschusses und des Kreistages zu nehmen. Hierüber habe nach dem Begehren der Klägerin eine namentliche Abstimmung durchgeführt werden sollen. Das Schreiben vom 18. Februar 2011 enthalte jedoch keine förmlichen Fragen, die zu beantworten gewesen wären. Insoweit sei zunächst in den Blick zu nehmen, dass das Schreiben keine an ihn - den Beklagten zu 2. - gerichtete Aufforderung zur Beantwortung der in diesem aufgeworfenen Fragen enthalte. Gegenstand des Schreibens sei allein ein von der Klägerin gestellter Vertagungsantrag. Die in dem Schreiben enthaltenen Fragen stellten sich bei näherer Betrachtung vielmehr als „Selbstreflexionen", als rhetorisches Mittel zur Darlegung der aus Sicht der Klägerin gegebenen Vorbereitungsmängel der Verwaltungsvorlage, nicht aber als förmliche Fragen dar. Die Fragen hätten der politischen Begründung des Vertagungsantrags gedient. Es habe der normale Beratungsprozess verzögert oder verhindert werden sollen.
56Im Übrigen wisse die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 22. Februar 2011, welche Gepflogenheiten zu beachten seien, wenn man um die schriftliche Beantwortung einzelner Fragen zu einem Tagesordnungspunkt nachsuche. Vor diesem Hintergrund seien die in dem Schreiben vom 18. Februar enthaltenen Fragen eben nicht als förmliche, eine Antwort erfordernde Fragen zu qualifizieren.
57Aus dem Vorstehenden folge zugleich, dass von einer ihn - den Beklagten zu 1. - treffenden Entscheidungssperre nicht ausgegangen werden könne. Er - der Beklagte zu 2. - habe sämtliche an ihn im Zusammenhang mit dem fraglichen Tagesordnungspunkt gerichtete Fragen beantwortet. Soweit bei den Mitgliedern des Kreistags oder bei den in diesem vertretenen Fraktionen zu der fraglichen Verwaltungsvorlage noch Informationsbedarf bestanden habe, sei es diesen stets unbenommen gewesen, entsprechende Nachfragen an ihn - den Beklagten zu 2. - zu richten. Hiervon sei im Vorfeld und während der Beratungen des Kreisausschusses sowie des Kreistags am 3. und 24. Februar 2011 Gebrauch gemacht worden. Soweit die Klägerin behaupte, es seien in diesen Sitzungen durch ihren Vertreter an ihn - den Beklagten zu 2. - Fragen gestellt worden, welche unbeantwortet geblieben seien, treffe dies ausweislich der Sitzungsniederschriften nicht zu. Da - wie bereits dargelegt - die in dem Vertagungsantrag der Klägerin vom 18. Februar 2011 enthaltenen Ausführungen keine echten, sondern nur rhetorische Fragen gewesen seien, können sie sich nicht darauf berufen, es seien vorgeblich ordnungsgemäß gestellte Fragen unbeantwortet geblieben. Mangels unbeantwortet gebliebener Fragen habe der Vertagungsantrag der Klägerin auch keine Entscheidungssperre ausgelöst.
58Die Klägerin als Fraktion könne sich aus den Gründen des Zulassungsbeschlusses des Senats vom 8. November 2012 auch nicht auf eine mangelnde Vorbereitung des fraglichen Kreistagsbeschlusses durch den Landrat berufen. Soweit die Klägerin abermals die Entscheidung des Kreistags wegen vermeintlicher beihilferechtlicher sowie betriebswirtschaftlicher Gründe rüge, könnten diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien. Dies laufe auf ein ihr nicht zustehendes objektives Beanstandungsrecht hinaus.
59Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die sich bei dieser befindlichen Unterlagen Bezug genommen.
60E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
61Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage gegen den Beklagten zu 2. ist unbegründet (I.), diejenige gegen den Beklagten zu 1. ist unzulässig (II.).
62I. Die gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Klage ist zulässig. Insbesondere steht der Klägerin die für die im Rahmen des vorliegenden Organstreits erhobene Feststellungsklage erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog zu. Denn unter Berücksichtigung der Erwägungen des Senats in dessen Zulassungsbeschluss vom 8. November 2012 ist es nicht offensichtlich und eindeutig, dass der Klägerin die von ihr geltend gemachten Rechte nach keiner Betrachtungsweise zustehen.
63Die Klage erweist sich aber als unbegründet. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte zu 2. mit der Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09 den Anspruch der Klägerin auf angemessene Unterrichtung zur Sitzung des Kreistags am 24. Februar 2011 zum Tagesordnungsprunkt „Flughafen O. " verletzt hat. Im Einzelnen ist insoweit auszuführen:
64Die Klägerin kann - was das Verwaltungsgericht bereits zu Recht festgestellt hat -ihr Klagebegehren zunächst nicht erfolgreich auf die Vorschrift des § 42 lit. c) KrO NRW stützen. Nach dieser Vorschrift obliegt dem Landrat in Angelegenheiten der Kreisverwaltung u. a. die Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse des Kreistags. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift besteht die Pflicht zur Vorbereitung der Kreistagsbeschlüsse nur gegenüber dem Kreistag. Daher ist nach § 42 lit. c) KrO NRW weder das einzelne Kreistagsmitglied noch eine im Kreistag vertretene Fraktion befugt, die Vorbereitungspflicht gegenüber dem Landrat einzufordern. Da eine prozessstandschaftliche Wahrnehmung der Rechte von Kreisorganen durch Organteile weder in der Verwaltungsgerichtsordnung noch in der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehen ist, beschränkt sich insoweit die Möglichkeit, den Landrat zur Erfüllung seiner Vorbereitungspflicht anzuhalten, darauf, dahingehende Beschlüsse des Kreistags anzuregen. Die Organteile sind damit abhängig von einer entsprechenden Willensbildung der Mehrheit der Kreistagsmitglieder.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2007 - 15 B 634/07 -, NVwZ-RR 2007, 627 (m. w. N.) zur § 42 lit. c) KrO NRW vergleichbaren Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW).
66An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Rheinland-Pfalz vom 1. Juni 2010 (Az.: 2 A 11318/09),
67NVwZ-RR 2011, 31 f.,
68wonach dort den Mitgliedern eines Gemeinderats und den darin vertretenen Fraktionen gegenüber dem Bürgermeister ein – ungeschriebener - Anspruch auf angemessene Unterrichtung über die Gegenstände anstehender Ratsentscheidungen zusteht, für das nordrhein-westfälische Kommunalverfassungsrecht fest.
69Es trifft zwar zu, dass die Fraktionen im Kreistag eines Kreises rechtlich vorausgesetzte und notwendige Teile des Vertretungsorgans Kreistag sind, die dort die Meinungsbildung in gewissem Umfang zu steuern und damit im Interesse des Gesamtorgans zu erleichtern haben (vgl. nur § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KrO NRW). Den Fraktionen kommt vor diesem Hintergrund sowohl rechtlich als auch in der politischen Wirklichkeit eine erhebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Kreistages und die effektive Wahrnehmung von dessen Aufgaben zu. Damit ist aber über die ihnen zugewiesenen Kompetenzen nichts gesagt. Deren Inhalt und Umfang bestimmen sich vielmehr nach den in der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen selbst enthaltenen oder auf deren Grundlagen erlassenen Vorschriften. § 42 lit. c) KrO NRW räumt den Fraktionen - wie dargelegt - die organschaftliche Befugnis, eine angemessene Vorbereitung der Beschlüsse des Kreistags einzufordern, aber nicht ein. Einer Übernahme der vorzitierten Rechtsprechung aus Rheinland-Pfalz steht also die eindeutige - oben näher erläuterte - Regelung des § 42 lit. c) KrO NRW entgegen. Da es im rheinland-pfälzischen Kommunalrecht mit der Regelung in § 47 Abs. 1 Nr. 1 GemO eine der Vorschrift des § 42 lit c) KrO NRW vergleichbare Norm gibt, das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht sich bei der Herleitung des von ihm angenommenen ungeschriebenen Unterrichtungsanspruchs der Ratsfraktionen gegenüber dem Bürgermeister aber nicht mit dem Inhalt und der Bedeutung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 GemO auseinandersetzt, vermag das von der Klägerin herangezogene Urteil aus Rheinland-Pfalz den hier in Rede stehenden Anspruch nach Auffassung des Senats auch inhaltlich nicht zu tragen.
70Des Weiteren scheidet eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 42 lit. c) KrO NRW auf eine Kreistagsfraktion aus. Hierfür bestünde nur dann ein Bedürfnis, wenn die Fraktionen im Vorfeld von den Sitzungen etwa des Kreistags zu einer internen Meinungsbildung über die dort zu behandelnden Angelegenheiten nicht in der Lage wären. Die interne Meinungsbildung ist indessen unproblematisch gewährleistet. Denn die dafür notwendigen tatsächlichen Grundlagen stehen ihnen jedenfalls mittelbar über die in ihnen zusammengeschlossenen Mandatsträger zur Verfügung (vgl. § 26 Abs. 4 Sätze 1 und 2 KrO NRW). Darüber hinaus können sich Fraktionen aber auch über § 26 Abs. 2 Satz 3 KrO NRW ggf. selbst über eines ihrer Mitglieder mittels einer im Einzelfall beantragten Akteneinsicht die erforderlichen Informationen beschaffen.
71Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 1988 -15 A 2207/85 -, NVwZ-RR 1989, 155 f.
72Das Klagebegehren lässt sich auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Vorschriften des 26 Abs. 4 Sätze 1 und 2 KrO NRW stützen. Nach Satz 1 vorzitierter Vorschrift ist der Landrat verpflichtet, einem Kreistagsmitglied auf Verlangen Auskunft zu erteilen oder zu einem Tagesordnungspunkt Stellung zu nehmen. Satz 2 von § 26 Abs. 4 KrO NRW bestimmt, dass jedem Kreistagmitglied vom Landrat auf Verlangen Akteneinsicht zu gewähren ist, soweit die Akten im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder der Kontrolle von Beschlüssen des Kreistags oder des Ausschusses stehen, dem es angehört. Die Klägerin kann sich auf diese Vorschriften nicht berufen, weil sie offensichtlich nicht Inhaberin der dort geregelten Ansprüche ist. Entsprechendes gilt für die Bestimmungen des § 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KrO NRW, wonach der Kreistag durch den Landrat über alle wichtige Angelegenheiten der Kreisverwaltung zu unterrichten ist und der Kreistag Akteneinsicht durch ein von ihm bestimmten Ausschuss oder einzelne von ihm beauftragte Mitglieder fordern kann. Anspruchsinhaber ist hier ersichtlich der Kreistag und nicht eine Fraktion oder ein einzelnes Kreistagsmitglied.
73Schließlich steht der Klägerin die begehrte Feststellung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung eines aus den Bindungen des Gleichheitssatzes folgenden Informationsanspruchs zu. Richtig ist, dass das nordrhein-westfälische Kommunalverfassungsrecht kein Verbot für einen Bürgermeister oder einen Landrat und die diesen nachgeordneten Verwaltungsangehörigen aufstellt, den Fraktionen durch Erteilung von Auskünften, Überlassung von Unterlagen oder durch die Teilnahme an Sitzungen behilflich zu sein. Auch wenn dazu keine Pflicht besteht, liegt es nahe und hält es sich in den Grenzen sachgerechter Ermessensausübung, den Fraktionen ihre Vorbereitung in dieser Weise zu erleichtern. Dies kommt mittelbar den kommunalen Vertretungsorganen zugute, deren Sitzungen der Bürgermeister bzw. der Landrat ohnehin vorzubereiten hat. Bindungen ergeben sich dann aber aus dem Gleichheitssatz: Hilfen, die sie einer Fraktion gewähren, dürfen sie anderen Fraktionen mit demselben Verlangen nicht vorenthalten.
74Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juli 1991 -15 A 2638/88 -, NVwZ-RR 1992, 205 f.
75Gegen diese Pflicht hat der Beklagte vorliegend nicht verstoßen, als er in der hier in Rede stehenden Angelegenheit zwar eine zehn Fragen umfassende Anfrage der A -Fraktion im Kreistag des Kreises L. vom 16. Februar 2011 mit Schreiben vom 21. Februar 2011 beantwortet hat, die in dem Schreiben der Klägerin vom 18. Februar 2011 enthaltenen Fragen aber unbeantwortet ließ. Bei den dortigen Fragen handelte es sich nämlich nicht um „echte" Fragen, hinsichtlich derer die Klägerin eine Antwort des Beklagten zu 2. erwarten durfte. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Klägerin das Schreiben vom 18. Februar 2011 - im Gegensatz zu ihrem nachfolgenden Schreiben in derselben Angelegenheit vom 22. Februar 2011 - nicht als Anfrage entsprechend § 11 der Geschäftsordnung des Beklagten zu 1. formuliert hat. Es findet sich ferner an keiner Stelle des Schreibens vom 18. Februar 2011 - wiederum im Gegensatz zum nachfolgenden Schreiben in derselben Angelegenheit vom 22. Februar 2011 - eine Aufforderung der Klägerin an den Beklagten zu 2., die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.
76Eine solche Antwort auf ihr Schreiben vom 18. Februar 2011 wird die Klägerin auch selbst nicht erwartet haben. Denn letztgenanntes Schreiben stellte keine Anfrage, sondern in seinem maßgeblichen Kern ausschließlich einen Antrag zur Tagesordnung mit dem Inhalt dar, den Tagesordnungspunkt betreffend die Flughafen O. GmbH von den Tagesordnungen der Sitzungen des Kreistags und des Kreisausschusses vom 24. Februar 2011 zu nehmen. Zwar enthält das Schreiben der Klägerin vom 18. Februar 2011 auch eine Reihe von Fragen. Ausgehend vom insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont musste der Beklagte zu 2. aber nicht annehmen, dass von ihm eine Antwort auf diese Fragen erwartet wurde. Denn bei näherer und verständiger Würdigung des hier erörterten Schreibens der Klägerin bediente sich diese der von ihr aufgeworfenen Fragen als rhetorisches Stilmittel zum Zwecke der Beanstandung der Qualität der Verwaltungsvorlage Nr. 389/WP09, um damit die Vertagung der in Rede stehenden Beschlussfassung zu begründen.
77Schließlich kann das Schreiben vom 18. Februar 2011 auch nicht als sinngemäße Anfrage verstanden werden. Für eine solche Auslegung des Schreibens bliebe allenfalls dann Raum, wenn die Klägerin mit den Gepflogenheiten betreffend die dem Kreistag bzw. seinen Mitgliedern und Untergliederungen zur Verfügung stehenden Mittel zur Kontrolle der Verwaltung und Einflussnahme auf den Inhalt von Sitzungen nicht hinreichend vertraut wäre. Das kann aber vorliegend nicht angenommen werden. Die Klägerin weiß vielmehr unter Berücksichtigung ihrer Schreiben vom 18. und 22. Februar 2011 mit dem ihr zur Verfügung stehenden Instrumentarium sicher umzugehen.
78Soweit sie noch geltend macht, sie habe die Beantwortung der von ihr im Schreiben vom 18. Februar 2011 aufgeführten Fragen auch noch einmal über ihr Mitglied I. -B. in der Sitzung des Kreistags vom 24. Februar 2011 eingefordert, findet sich hierfür weder in der Sitzungsniederschrift über die vorgenannte Sitzung noch in dem der Klageschrift beigefügten Manuskript der Rede ihres Mitglieds in dieser Sitzung ein hinreichend belastbarer Anhaltspunkt.
79II.) Die Klage gegen den Beklagten zu 1. ist mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) unzulässig. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu I.) liegt eine Verletzung der Rechte der Klägerin durch den in Rede stehenden Beschluss des Beklagten zu 1. vom 24. Februar 2011 mit dem im Tatbestand wiedergegebenen Wortlaut offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise nicht vor. Der vorgenannte Beschluss ist nicht unter Verletzung der Mitwirkungsrechte der Klägerin zustande gekommen.
80Namentlich kann sich die Klägerin schon vom Ansatz her nicht darauf berufen, der besagte Beschluss des Beklagten zu 1. verstoße gegen Beihilfeverbote und Grundsätze der Wirtschaftlichkeit. Die fraglichen Rechtssätze dienen ersichtlich nicht dem Schutz der der Klägerin als Kreistagsfraktion zugewiesenen Rechtspositionen.
81Auch eine Verletzung der Vorschriften des § 42 lit. c) und des § 26 Abs. 4 Satz 1 und 2 KrO NRW kann die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1. nicht mit Erfolg geltend machen. Denn Anspruchsverpflichteter vorzitierter Normen ist nicht der Beklagte zu 1., sondern der Beklagte zu 2. Im Übrigen ist die Klägerin selbst – als Fraktion – aus den oben unter I.) genannten Gründen nicht Inhaberin der sich aus §§ 42 lit. c), 26 Abs. 4 Sätze 1 und 2 KrO NRW ergebenden Ansprüche.
82Soweit die Klägerin geltend macht, der Beschluss des Beklagten zu 1. vom 24. Februar 2011 sei unter Verletzung der die ausschließliche Zuständigkeit des Kreistags für bestimmte Angelegenheiten regelnden Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW gefasst worden, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die von der Klägerin begehrte Feststellung. Wie das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil bereits zutreffend angenommen hat, ist auch insoweit eine Verletzung einer der Klägerin zugewiesenen, wehrfähigen Innenrechtsposition ausgeschlossen. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass sich neben dem Beklagten zu 1. in seiner Gesamtheit nur noch die einzelnen Mitglieder des Kreistags, nicht aber etwa Fraktionen oder Gruppen auf eine Verletzung der ausschließlichen Zuständigkeit des Beklagten zu 1. aus § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW berufen können. Das einzelne Kreistagsmitglied hat das Recht, an den in die Zuständigkeit des Beklagten zu 1. fallenden Entscheidungen mitzuwirken. Aus diesem Grund verletzt eine mehrheitlich erfolgte Übertragung von (ausschließlichen) Entscheidungskompetenzen des Kreistags auf andere Stellen zentrale Mitwirkungsbefugnisse der insoweit überstimmten Mitglieder. Den Fraktionen – und damit auch der Klägerin – sind diesbezüglich in der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen mitgliedschaftliche Rechte nicht eingeräumt worden.
83Eine im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigende Rechtsverletzung der Klägerin resultiert auch nicht aus dem Umstand, dass der Beschluss des Beklagten zu 1. vom 24. Februar 2011 in nicht-öffentlicher Sitzung gefasst worden ist. Auf einen etwaigen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz kann sich die Klägerin hier nicht berufen. Ihr steht allerdings ein eigenes wehrfähiges subjektives Organrecht auf Wahrung des Grundsatzes der Sitzungsöffentlichkeit gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 KrO NRW durch den Landrat und durch den Kreistag zu. Insoweit ergibt die systematische Auslegung vorzitierter Norm, dass Kreistagsfraktionen in Bezug auf die Sitzungsöffentlichkeit mit eigenen wehrfähigen Organrechten ausgestattet sind. Anerkannt ist nämlich, dass mit der Verpflichtung des Landrats aus § 33 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW, einen durch eine Fraktion vorgeschlagenen Tagesordnungspunkt in die Tagesordnung der Kreistagssitzung aufzunehmen, ein subjektives Organrecht der Fraktion einhergeht. Diese hat einen Anspruch auf Aufnahme ihres Vorschlags in die Tagesordnung des Kreistags, sofern der Vorschlag die formalen Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW erfüllt. Dieser Anspruch umfasst zwar nicht zugleich auch das Recht darauf, dass der Kreistag den vorgeschlagenen Tagesordnungspunkt in öffentlicher Sitzung berät. Aus § 40 Abs. 2 Satz 1 HS 2 KrO NRW ergibt sich jedoch das grundsätzliche Recht der Kreistagsfraktionen, ihre Auffassung öffentlich darzustellen, soweit sie bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung im Kreistag mitwirken. Mit der Befugnis zur kreistagsinternen Öffentlichkeitsarbeit wird den Fraktionen ein eigenes subjektives Organrecht zugewiesen.
84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. April 2001 – 15 A 3021/97 -, NVwZ-RR 2002, 135 ff., zur vergleichbaren Rechtslage betreffend Fraktionen in Gemeinderäten.
85Dieses Organrecht einer Fraktion wäre verletzt, wenn eine bestimmte, nicht geheimhaltungsbedürftige Angelegenheit in nicht-öffentlicher Sitzung beraten würde. Das Verwaltungsgericht hat jedoch richtig festgestellt, dass der Klägerin für die Geltendmachung einer entsprechenden Organrechtsverletzung hier schon das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn ihre Klage verletzt den Grundsatz der Organtreue. Diese verlangt insbesondere die rechtzeitige Rüge des beabsichtigten, für rechtswidrig gehaltenen Verfahrens gegenüber dem Organ selbst. Unterbleibt die rechtzeitige Rüge, kann die vermeintliche Rechtswidrigkeit der fraglichen Verfahrensweise später im Rahmen einer Feststellungsklage nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Denn durch die unterlassene Rüge ist dem Organ die Möglichkeit genommen worden, die Einwände zu prüfen und ggf. für Abhilfe Sorge zu tragen.
86Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2011 – 15 A 1555/11 -, NWVBl. 2012, 116 f.
87An einer solchen Rüge der fehlenden Sitzungsöffentlichkeit bzw. an einem Antrag auf Behandlung der Angelegenheit in öffentlicher Sitzung fehlt es. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat namentlich ihr Mitglied I. -B. eine solche Rüge nicht erhoben bzw. einen Antrag im vorbeschriebenen Sinne nicht gestellt.
88Soweit die Klägerin insoweit auf eine Äußerung ihres vorerwähnten Mitglieds in der Sitzung des Kreisausschusses vom 3. Februar 2011 verweist, vermag der Senat nicht festzustellen, dass mit den in Bezug genommenen Ausführungen des Kreistagsmitglieds I. -B. dem Grundsatz der Organtreue Genüge getan worden wäre. In der Niederschrift über die Kreisausschusssitzung vom 3. Februar 2011 ist im hier interessierenden Zusammenhang folgendes festgehalten worden: „KTM I. -B. stellt fest, dass im Internet die Vorlage dezidiert wiedergegeben wurde, so dass zu vermuten sei, dass die Vorlage bekannt war. Es stelle sich die Frage, ob der Tagesordnungspunkt immer noch nichtöffentlich sei, wenn jeder die Vorlage lesen könne.“
89Mit seinem Redebeitrag spricht das zitierte Kreistagsmitglied die Problematik Öffentlichkeit/Nichtöffentlichkeit der Beratung des Tagesordnungspunktes „Flughafen O. GmbH; Finanzierung“ zwar vom Ansatz her an – dies allerdings nur in Form einer von ihm selbst nicht beantworteten Frage. Eine Rüge im oben gemeinten Sinne liegt hierin ersichtlich nicht. Denn der „Frage“ des Kreistagsmitglieds I. -B. kann ein tadelndes Urteil, eine Missbilligung der Behandlung der Angelegenheit in nicht-öffentlicher Sitzung nicht entnommen werden. Seine Äußerung berührt vielmehr die Problematik, ob in der Sache die Nichtöffentlichkeit der Angelegenheit noch gewahrt werden kann. Dies bejahte der Beklagte zu 2. im Kern noch in derselben Sitzung, ohne insoweit Widerspruch insbesondere seitens der Klägerin oder eines ihrer Mitglieder hervorzurufen, weshalb sowohl der Kreisausschuss als auch der Beklagte zu 2. davon ausgehen durften, dass die nicht-öffentliche Behandlung des Tagesordnungspunktes nicht weiter in Frage gestellt würde.
90Überdies hat die Klägerin die Nichtöffentlichkeit des Tagesordnungspunktes 10 („Flughafen O. GmbH; Finanzierung“) der Kreistagssitzung vom 24. Februar 2011 auch und gerade gegenüber dem Beklagten zu 1. selbst nicht gerügt, obwohl doch dieser das hier diskutierte Organrecht der Klägerin verletzt haben soll. Der Aspekt „Nichtöffentlichkeit/Öffentlichkeit“ ist seitens der Klägerin bzw. eines ihrer Mitglieder „lediglich“ in der Kreisausschusssitzung vom 3. Februar 2011 und dort unter Verzicht auf jede weitere Vertiefung angesprochen worden; insbesondere ist zu keinem Zeitpunkt hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Angelegenheit nach Auffassung der Klägerin in öffentlicher Sitzung behandelt gehört.
91Schließlich ergibt sich eine Rechtsverletzung der Klägerin auch nicht aus ihrem Vorbringen, der Beklagte zu 1. hätte den Beschluss vom 24. Februar 2011 zu dem o. g. Tagesordnungspunkt wegen einer angeblich bestehenden Entscheidungssperre nicht fassen dürfen. Eine solche bestand für den Beklagten zu 1. im vorliegenden Zusammenhang nicht. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin gestellten Vertagungsantrags vom 18. Februar 2011 hätte sich für den Beklagten zu 1. allenfalls dann eine Entscheidungssperre ergeben können, wenn die Klägerin hätte erwarten dürfen, dass die im vorzitierten Schreiben enthaltenen Fragen vom Beklagten zu 2. vor der Beschlussfassung beantwortet werden.
92Vgl. zur Frage einer einen Rat wegen mangelhafter Ratsbeschlussvorbereitung durch den Bürgermeister u. U. treffenden Entscheidungssperre OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 2007 – 15 B 634/07 -, NWVBl. 2008, 65 f.
93Das war indessen nach den obigen Ausführungen zu Ziffer I. nicht der Fall, so dass eine den Beklagten zu 1. treffende Entscheidungssperre offensichtlich nicht eingetreten ist.
94Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO sowie aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
95Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. August 2010 - 2 K 1720/10 - werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
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Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. Januar 2012 - 3 TaBV 7/11 - aufgehoben.
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Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2011 - 22 BV 411/10 - abgeändert:
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Der Antrag der Beteiligten zu 1. bis 3. wird abgewiesen.
Gründe
- 1
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A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerde über die Wirksamkeit der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung.
- 2
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Antragsteller zu 1. bis 3. sind in der Zentrale der Arbeitgeberin in S beschäftigte, als schwerbehinderte Menschen anerkannte Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 3. befindet sich seit dem 1. Oktober 2011 in der Freistellungsphase seiner Altersteilzeit.
- 3
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Am 11. Oktober 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
-
„...
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4. Zu wählen ist die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie drei stellvertretende Mitglieder. Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die drei stellvertretenden Mitglieder werden in getrennten Wahlgängen gewählt.
-
5. Die wahlberechtigten Schwerbehinderten und die gleichgestellten behinderten Menschen werden aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens, spätestens bis zum 25. Oktober 2010, 18:30 Uhr, getrennte Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder schriftlich beim Wahlvorstand einzureichen. Nach diesem Termin eingehende Wahlvorschläge können nicht berücksichtigt werden.
-
Zur Wahl stehen nur die Bewerberinnen und Bewerber, die in einem gültigen Wahlvorschlag vorgeschlagen worden sind.
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Aus den Wahlvorschlägen muss sich eindeutig ergeben, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird; für beide Ämter kann dieselbe Person vorgeschlagen werden. Jede Bewerberin/jeder Bewerber kann nur in einem Wahlvorschlag benannt werden, es sei denn, dass sie/er in einem als Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen und im anderen als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird. Jede/jeder Wahlberechtigte kann nur einen Wahlvorschlag für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und einen Wahlvorschlag für die stellvertretenden Mitglieder unterzeichnen. ... Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung der Bewerberin/des Bewerbers beizufügen.
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6. ...“
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Am 13. Oktober 2010 reichte der Beteiligte zu 3. einen Wahlvorschlag für die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung ein, in dem neben ihm selbst die Arbeitnehmer J und K zur Wahl vorgeschlagen wurden. Dem Wahlvorschlag waren unter anderem schriftliche Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beigefügt. Herr K hatte seine Zustimmung zur Kandidatur jedoch bereits vor Einreichung des Wahlvorschlags am 12. Oktober 2010 gegenüber dem Wahlvorstand per E-Mail zurückgezogen und dem Beteiligten zu 3. eine Kopie zugeleitet. Mit Schreiben vom 2. November 2010 teilte der Wahlvorstand dem Beteiligten zu 3. mit, dass er den Rücktritt von Herrn K akzeptiere; dessen Kandidatur werde nicht bekannt gemacht und erscheine nicht auf den Stimmzetteln. Die weiteren Kandidaturen blieben gültig.
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Die Wahl fand am 22. November 2010 statt. Der Wahlvorstand gab das Wahlergebnis am 30. November 2010 bekannt. Danach wurde Frau K als Vertrauensperson, Frau B als erste Stellvertreterin, Frau L als zweite Stellvertreterin und der Beteiligte zu 3. als dritter Stellvertreter der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt.
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Am 13. Dezember 2010 haben die Beteiligten zu 1. bis 3. beim Arbeitsgericht beantragt, die Wahl „der Schwerbehindertenvertretung“ vom 25. November 2010 für unwirksam zu erklären. Sie haben in der Antragsschrift die Schwerbehindertenvertretung als Beteiligte zu 4. und die Arbeitgeberin als Beteiligte zu 5. bezeichnet. In der Begründung heißt es, der Antrag richte sich gegen die Schwerbehindertenvertretung 2010 sowie gegen das Unternehmen.
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Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben die Wahl der Schwerbehindertenvertretung ursprünglich aus mehreren Gründen angefochten. Sie haben einen angeblichen Verstoß des Wahlvorstandes gegen § 3 Abs. 2 SchwbVWO gerügt, der die Reichweite des Einsichtsrechts der Arbeitnehmer in die Wählerliste verkannt habe. Daneben wurde der Anfechtungsantrag auf eine Verletzung des § 6 Abs. 2 SchwbVWO gestützt, weil ein Wahlvorschlag wegen Nichterreichens der Mindestanzahl an Stützunterschriften zurückgewiesen wurde, ohne dass den Einreichern mitgeteilt worden sei, um welche Stützunterschriften es sich dabei gehandelt habe. Im Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten zu 1. bis 3. den Antrag, soweit sich dieser auf die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson bezogen hat, mit Zustimmung der Beteiligten zu 4. und 5. „zurückgenommen“. Sie haben stattdessen „nur noch“ die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung mit der Begründung angefochten, die Streichung des Kandidaten K vom Wahlvorschlag der Stellvertreter verstoße gegen wesentliche Wahlvorschriften. Da Herr K seine Zustimmung zur Kandidatur wirksam erteilt habe und der Wahlvorschlag mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften eingereicht worden sei, habe er vom Wahlvorstand auf die Liste der Wahlvorschläge gesetzt werden müssen. Ein Rücktritt von der Kandidatur nach schriftlich erteilter Zustimmung sei rechtlich nicht möglich. Außerdem sei der Wahlvorstand nach der Wahlordnung nicht berechtigt gewesen, nur einen Kandidaten von der Liste zu streichen und die übrigen Kandidaten zuzulassen. Entweder habe der Wahlvorschlag insgesamt zugelassen oder insgesamt gestrichen werden müssen. Eine Beeinflussung des Wahlergebnisses habe in beiden Fällen nicht ausgeschlossen werden können.
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Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben beantragt,
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die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der D AG, Zentrale S, vom 22. November 2010 für unwirksam zu erklären.
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Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeberin haben die Auffassung vertreten, das Rechtsschutzbedürfnis für den Anfechtungsantrag sei nachträglich entfallen, nachdem der Beteiligte zu 3. am 1. Oktober 2011 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eingetreten und damit nicht mehr im Betrieb beschäftigt sei. Damit werde der Anfechtungsantrag nicht mehr von den erforderlichen drei Wahlberechtigten getragen. Die Anfechtung sei jedenfalls unbegründet. Herr K sei analog § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO von der Liste der Wahlvorschläge zu streichen gewesen, da dieser seine Kandidatur bereits zurückgezogen habe, bevor der Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht worden sei. Aber selbst wenn der Widerruf der Zustimmung durch den Arbeitnehmer K unwirksam und der Wahlvorstand nicht befugt gewesen wäre, den Vorschlag K zu streichen, habe das Wahlergebnis für die gewählten Stellvertreter jedenfalls nicht schlechter ausfallen können. Eine Wahl aller Personen einschließlich des Arbeitnehmers K hätte sich andererseits nicht ausgewirkt, weil Herr K auf das Amt verzichtet hätte.
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Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Schwerbehindertenvertretung und die Arbeitgeberin ihre Abweisungsanträge weiter. Neben Sachrügen zur Anwendung des Wahlrechts machen sie als absoluten Revisionsgrund eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Landesarbeitsgerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) geltend. Der Vorsitz der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg war nach dem im Internet veröffentlichten Geschäftsverteilungsplan 2012 der Richterin am Arbeitsgericht W übertragen. Auf die im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgte Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Schwerbehindertenvertretung teilte der Präsident des Landesarbeitsgerichts mit E-Mail vom 5. Juni 2012 mit, die Richterin am Arbeitsgericht W sei zum Zwecke der Erprobung für die Dauer von neun Monaten abgeordnet worden. Ebenfalls im Rechtsbeschwerdeverfahren wurden durch Beschluss vom 23. Januar 2014 die weiteren gewählten Stellvertreter B und L als Beteiligte zu 6. und 7. gehört. Die Beteiligte zu 6. hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, sie sei ebenfalls Rechtsbeschwerdeführerin und hat sich dem Rechtsbeschwerdeantrag der Beteiligten zu 4. und 5. angeschlossen. Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Die Beteiligte zu 7. hat während des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Schreiben vom 17. März 2014 mitgeteilt, sie lege ihr Amt mit Wirkung vom 1. April 2014 nieder, und ist zum Anhörungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Die übrigen Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend hinsichtlich der Wahl der Beteiligten zu 7. für erledigt erklärt. Der Vorsitzende hat das Verfahren insoweit gemäß § 95 Satz 4, § 83a Abs. 2 ArbGG eingestellt.
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B. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals in ihrer Funktion als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung Beteiligte zu 6. hat entgegen ihrer eigenen, in der Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung keine Rechtsbeschwerde eingelegt. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. ist begründet. Zwar liegt der absolute Rechtsbeschwerdegrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Landesarbeitsgerichts nicht vor. Die Rechtsbeschwerden haben jedoch Erfolg, weil die Antragsteller entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fristgemäß nur die Wahl der Vertrauensperson und nicht auch die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung angefochten haben. Bei der Wahl der Stellvertreter handelt es sich um eine gegenüber der Wahl der Vertrauensperson eigenständige Wahl. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 BetrVG konnten die Beteiligten zu 1. bis 3. ihren Antrag deshalb nicht mehr zulässig auf die Anfechtung der Stellvertreterwahl umstellen.
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I. Am Verfahren sind neben den Antragstellern, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin alle gewählten Stellvertreter beteiligt, die ihr Amt im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch innehaben.
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1. § 83 Abs. 3 ArbGG regelt nicht selbst, wer Beteiligter des jeweiligen Verfahrens ist. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten Personen und Stellen zu hören sind. Maßgeblich ist, welche Personen oder Stellen durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 ABR 62/06 - Rn. 9 ; 9. Juli 2013 - 1 ABR 17/12 - Rn. 11 ). Die Beteiligtenbefugnis ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz - von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen. Die zu Unrecht unterbliebene Beteiligung eines Verfahrensbeteiligten kann auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz dadurch behoben werden, dass die betreffende Person künftig am Verfahren beteiligt wird. Die rechtsfehlerhafte Nichtbeteiligung von Beteiligten ist als Verfahrensfehler ohne eine darauf gerichtete Rüge für die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses nicht von Bedeutung (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 114, 228).
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2. Danach sind neben den Antragstellern, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin die am 22. November 2010 gewählten stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung an dem Verfahren beteiligt.
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a) Die Beteiligung aller Stellvertreter ergibt sich daraus, dass nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in Betrieben, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt werden und die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson angefochten werden kann. Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX finden die Vorschriften über die Wahlanfechtung des Betriebsrats nach § 19 BetrVG sinngemäß Anwendung.
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aa) Das Wahlanfechtungsrecht sieht zwar eine teilweise Anfechtung der Wahl in der Regel nicht vor. Insbesondere lässt sich die Wahl einzelner Mitglieder oder von Ersatzmitgliedern nicht anfechten. § 19 BetrVG dient der Korrektur eines unter Verletzung von Wahlvorschriften zustande gekommenen Wahlergebnisses. Es zielt darauf ab, die Unwirksamkeit einer Wahl festzustellen, um auf diese Weise eine erneute, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Wahl zu ermöglichen. Wirkt sich der Wahlverstoß auf die Wahl sämtlicher Betriebsratsmitglieder aus, kann ein gesetzmäßiger Zustand nur durch eine Neuwahl aller Betriebsratsmitglieder erreicht werden. Ansonsten blieben die von der Wahlanfechtung ausgenommenen, aber gleichwohl verfahrensfehlerhaft gewählten Betriebsratsmitglieder im Amt oder würden an die Stelle der mit Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Wahl aus dem Betriebsrat ausscheidenden Betriebsratsmitglieder treten (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 14).
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bb) Die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung kann jedoch unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson angefochten werden. Die in Bezug genommenen betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen sind nicht in strikter und ausschließlicher Befolgung ihres Wortlauts anzuwenden, sondern nach § 94 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 SGB IX unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks. Unsachgemäße Gleichsetzungen sind zu vermeiden. Von der Sache her gebotene Differenzierungen dürfen nicht ausgeschlossen werden (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 16). Aus der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen der Vertrauensperson und ihrem stellvertretenden Mitglied sowie der von der Betriebsratswahl abweichenden Ausgestaltung des Wahlverfahrens der Schwerbehindertenvertretung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX folgt, dass es sich nicht um eine einheitliche, sondern um zwei getrennt durchgeführte Wahlen handelt(vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 17 ff.). Das Wahlrecht wird getrennt für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung und des stellvertretenden Mitglieds ausgeübt. Sie werden nicht in einem, sondern in zwei getrennten Wahlgängen gewählt ( § 9 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 1 Nr. 7 SchwbVWO ). Es sind unterschiedliche Vorschlagslisten für die beiden Wahlen einzureichen ( § 6 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 8 SchwbVWO ), wobei die Wahlbewerber sowohl für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung als auch für die Wahl des Stellvertreters vorgeschlagen werden können ( § 6 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO ). Schließlich kann eine gesonderte Nachwahl des stellvertretenden Mitglieds unter den in §§ 17, 21 SchwbVWO bestimmten Voraussetzungen erfolgen. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich alle gewählten Stellvertreter an dem Anfechtungsverfahren zu beteiligen sind (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 20).
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b) Neben dem Beteiligten zu 3., einem der Antragsteller des Verfahrens, waren danach im Verfahren auch die erste Stellvertreterin Frau B als Beteiligte zu 6. sowie - bis zur teilweisen Einstellung des Verfahrens - die weitere Stellvertreterin Frau L als Beteiligte zu 7. zu hören.
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3. Werden die stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren am Verfahren beteiligt, liegt darin ein Rechtsfehler, der auf entsprechende Rüge grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgerichts führt, weil alle Stellvertreter vor einer Sachentscheidung über den Wahlanfechtungsantrag anzuhören sind und sie Gelegenheit zu tatsächlichem Vorbringen erhalten müssen (vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 22). Dieser Verfahrensfehler wurde vorliegend im Rechtsbeschwerdeverfahren von der Beteiligten zu 6. auch gerügt. Dennoch war vorliegend eine Zurückverweisung entsprechend § 563 Abs. 3 ZPO ausnahmsweise entbehrlich. Die Rechte der Beteiligten zu 6. werden dadurch nicht verkürzt. Die Beteiligte zu 6. hat, wie bereits zuvor schriftsätzlich angekündigt, die Abweisung des Antrags der Antragsteller begehrt und dies in der mündlichen Anhörung näher begründet. Die Antragsteller hatten Gelegenheit, hierauf zu erwidern. Der Senat hat dem Begehr der Beteiligten zu 6. in der Sache entsprochen. Durch eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht konnte sich die Rechtsposition der Beteiligten zu 6. nicht verbessern. Weiterer Tatsachenvortrag, der zur Zurückverweisung hätte Anlass geben können, wurde von den Beteiligten nicht gehalten. Die Sache war daher zur Endentscheidung reif.
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II. Die statthafte Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung des Anfechtungsantrags.
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1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht bereits aufgrund der Rüge begründet, das Landesarbeitsgericht sei durch die Richterin am Arbeitsgericht W nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Ein absoluter Rechtsbeschwerdegrund nach § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor.
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a) Das Bundesarbeitsgericht hat ausschließlich auf eine zulässige, insbesondere hinreichend begründete Rüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO hin zu prüfen, ob ein absoluter Revisionsgrund iSv. § 547 Nr. 1 bis Nr. 6 ZPO vorliegt(GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 40 mwN). Wird ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 bis Nr. 5 ZPO geltend gemacht, hat die Revision die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen. Die bloße Benennung des Zulassungsgrundes genügt nicht (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7; 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 10).
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Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts gemäß § 547 Nr. 1 ZPO liegt vor, wenn über die Rechtsstreitigkeit andere Richter entscheiden als die gesetzlich dazu berufenen. Die darauf gestützte Rechtsbeschwerde muss daher aufzeigen, aus welchen konkreten Gründen der herangezogene Richter nicht zur Entscheidung berufen war. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Auch Maßnahmen und Entscheidungen eines Gerichts können gegen dieses Gebot verstoßen. Ziel der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte. Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. nur BVerfG 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09 - Rn. 7, BVerfGK 15, 111).
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b) Hier hat die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg gerügt, die Richterin am Arbeitsgericht W, unter deren Vorsitz die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts am 12. Januar 2012 den angefochtenen Beschluss gefasst hat, habe an der Entscheidung nicht mitwirken dürfen, weil sie nicht iSd. § 35 Abs. 1 Satz 1, § 36 ArbGG auf Lebenszeit zur Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht ernannt gewesen sei.
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aa) Für die Landesarbeitsgerichte schreibt § 35 Abs. 1 ArbGG vor, dass es aus dem Präsidenten und ua. „der erforderlichen Zahl von weiteren Vorsitzenden” besteht. Darunter ist die Schaffung von Planstellen durch die jeweiligen Landesjustizbehörden zu verstehen. § 35 Abs. 1 ArbGG geht davon aus, dass Richter, die die Funktion eines Kammervorsitzenden am Landesarbeitsgericht ausüben, an diesem Gericht planmäßig angestellt und als „Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht” ernannt sind. Nur solchen garantiert Art. 97 Abs. 2 GG die persönliche Unabhängigkeit durch Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit( BGH 13. Juli 1995 - V ZB 6/94 - BGHZ 130, 304, 308 ).
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Die Heranziehung von nicht planmäßig angestellten Richtern (Richtern auf Probe, abgeordneten Richtern) darf nur in den Grenzen erfolgen, die sich nach verständigem Ermessen aus der Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden, oder aus anderen zwingenden Gründen ergeben (so schon BVerfG 9. November 1955 - 1 BvL 13/52 ua. - BVerfGE 4, 331, 345 ). Eine Abordnung muss dabei die Ausnahme sein und darf nicht zur Regel werden. Eine vorübergehende Abordnung eines Richters am Arbeitsgericht an ein Landesarbeitsgericht kann zulässigerweise mit einer nicht vorhersehbaren Überlastung des Landesarbeitsgerichts oder mit dem Zweck seiner Erprobung begründet werden, um bei der Bewerbung um ein Richteramt mit höherem Endgrundgehalt berücksichtigt werden zu können. Auch für den zur Erprobung abgeordneten Richter besteht die zu den sachlichen Voraussetzungen der Unabhängigkeit gehörende Weisungsfreiheit uneingeschränkt (ausführlich BGH Dienstgericht des Bundes 16. März 2005 - RiZ (R) 2/04 - BGHZ 162, 333).
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Eine Abordnung darf von der Justizverwaltung nicht dazu genutzt werden, Einsparungen vorzunehmen. Deshalb führen auch Erprobung, Krankheitsvertretung und Entlastungsabordnung zu einer verfassungswidrigen Gerichtsbesetzung, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen. Dementsprechend muss sich die Abordnung in zeitlichen und sachlichen Grenzen halten. Die sich aus § 27 BBG und § 17 BRRG aF ergebende Wertung einer Abordnung von zwei Jahren und mehr als noch „vorübergehend” ist auf eine Richterabordnung nicht ohne weiteres übertragbar. Hier sind verfassungsrechtlich strengere Maßstäbe anzulegen. Eine feste Grenze gibt es jedoch nicht. Sie ist vielmehr im Einzelfall anhand der jeweils konkreten Gegebenheiten unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertungen zu bestimmen (vgl. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 123, 46 ua. unter Hinweis auf BVerfG 3. Juli 1962 - 2 BvR 628/60 ua. - BVerfGE 14, 156, 164 f.).
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bb) Danach war die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts im Zeitpunkt der Entscheidung am 12. Januar 2012 ordnungsgemäß besetzt. Aus der E-Mail des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts vom 5. Juni 2012, deren Inhalt und Autor von der Rechtsbeschwerde nicht bestritten sind, ergibt sich, dass die Richterin am Arbeitsgericht W für einen Zeitraum von neun Monaten zum Zwecke der Erprobung abgeordnet wurde. Angesichts des Abordnungszeitraums von nicht einmal einem Jahr, der sich für eine Erprobung als angemessen erweist, sind sachfremde Erwägungen bei der Abordnungsentscheidung der Landesjustizverwaltung nicht erkennbar. Der Vortrag der Rechtsbeschwerde, dass die Nichtbesetzung der Stellen auf anderen - möglicherweise fiskalischen - Erwägungen beruhte, erschöpft sich in der Vermutung, die Richterin am Arbeitsgerichts W sei möglicherweise bereits vormals beim Landesarbeitsgericht erprobt worden. Hierzu hat die Rechtsbeschwerde aber nicht einmal dargetan, den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts um entsprechende Auskunft ersucht zu haben.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nicht fristgerecht angefochten wurde.
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a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die angefochtene Entscheidung nicht schon deshalb aufzuheben, weil das Rechtsschutzbedürfnis für den Wahlanfechtungsantrag im Laufe des Verfahrens entfallen wäre.
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aa) Die Wahlberechtigung des die Wahl anfechtenden Arbeitnehmers muss grundsätzlich nur zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein (ständige Rechtsprechung seit BAG 4. Dezember 1986 - 6 ABR 48/85 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 53, 385). Ein Wegfall der Wahlberechtigung durch Ausscheiden aus dem Betrieb nimmt dem Arbeitnehmer die Anfechtungsbefugnis nicht. Nur wenn sämtliche die Wahl anfechtenden Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden, führt dies zur Unzulässigkeit des Antrags, da für die Fortführung des Wahlanfechtungsverfahrens in diesem Fall kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht (BAG 16. November 2005 - 7 ABR 9/05 - Rn. 16 mwN, BAGE 116, 205; DKKW-Homburg 14. Aufl. § 19 Rn. 25; Fitting 27. Aufl. § 19 Rn. 29; HWGNRH-Nicolai 9. Aufl. § 19 Rn. 22; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 19 Rn. 38).
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(1) Die Rechtsbeschwerde vertritt den Standpunkt, für den Anfechtungsantrag bestehe schon dann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, wenn die vom Gesetz in § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vorausgesetzte Mindestzahl der Anfechtenden unterschritten werde. Sinn und Zweck dieses Quorums bestehe darin zu verhindern, dass nicht ein einzelner Arbeitnehmer - ein unterlegener Bewerber oder „Querulant“ - ein aufwendiges und schwieriges Verfahren in Gang setzen und betreiben könne. Die Anfechtung müsse bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz von mindestens drei Anfechtenden getragen sein. Es widerspreche Sinn und Zweck des aus individueller Rechtsposition betriebenen Anfechtungsverfahrens, wenn derjenige, dessen Betriebszugehörigkeit entfalle, jenes weiterführen könne, obwohl er durch die Entscheidung nicht mehr betroffen sei (vgl. Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 66, 69 und Rn. 58 mwN, der die Anfechtungsberechtigung nicht als Voraussetzung der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit ansieht).
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(2) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest. Dem Gesetzeszweck wird durch das bei Stellung eines Anfechtungsantrags erforderliche Quorum von drei Wahlberechtigten ausreichend Rechnung getragen. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 27. April 1983 - 6 P 17.81 -BVerwGE 67, 145) den objektiven Charakter von Wahlanfechtungsverfahren hervorgehoben. Entgegen der Rechtsbeschwerde ist es gerade nicht die individuelle Rechtsposition, die das Anfechtungsrecht entscheidend kennzeichnet. Das gilt insbesondere für das Wahlanfechtungsverfahren, das nicht dem Einzelinteresse, sondern dem Allgemeininteresse dient. Das Anfechtungsrecht der Gewerkschaften zeigt, dass das Rechtsschutzinteresse nicht eine persönliche Beschwer voraussetzt. Im Vordergrund steht vielmehr das Allgemeininteresse an der Ordnungsmäßigkeit der Wahl (vgl. für den Personalrat BVerwG 27. April 1983 - 6 P 17.81 - aaO). Diese Erwägungen gelten auch für die Wahlen der Schwerbehindertenvertretung und deren Stellvertreter.
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bb) Der Ausnahmefall, dass alle Anfechtenden im Verlaufe des Verfahrens aus dem Betrieb ausgeschieden sind und der Anfechtungsantrag deshalb mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden ist, liegt hier nicht vor. Nach der Anfechtung der Wahl ist lediglich die Wahlberechtigung des Antragstellers zu 3. mit dessen Eintritt in die Freistellungsphase am 1. Oktober 2011 entfallen, während die Antragsteller zu 1. und 2. nach wie vor dem Betrieb angehören. Das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl besteht damit für alle Antragsteller fort.
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b) Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, weil die am 22. November 2010 durchgeführte Wahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung nicht innerhalb der entsprechend anzuwendenden zweiwöchigen Anfechtungsfrist des § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten wurde und die Wahl auch nicht nichtig ist.
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aa) Die Stellvertreterwahl ist nicht wirksam angefochten worden.
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(1) § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX erklärt die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats für die Wahl der Vertrauensperson und des stellvertretenden Mitglieds für sinngemäß anwendbar. Für die Betriebsratswahl bestimmt § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, dass die Anfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig ist. Mit dem Ablauf der Anfechtungsfrist erlischt das Anfechtungsrecht des einzelnen Anfechtungsberechtigten. Die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmte Frist für die Anfechtung der Wahl dient der Rechtssicherheit. Dadurch soll gewährleistet werden, dass möglichst rasch nach Abschluss der Wahl Klarheit darüber geschaffen wird, ob die Wahl angefochten wird oder nicht (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 2 a der Gründe, BAGE 114, 228). Bei den getrennt anzufechtenden Wahlen der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung muss den Beteiligten durch den fristgemäßen Anfechtungsantrag unzweifelhaft die Feststellung möglich sein, ob ihre Wahl angefochten werden soll.
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(2) Die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung wurde hier nicht rechtzeitig innerhalb der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzuhaltenden Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe des am 30. November 2010 durch Aushang bekannt gemachten Wahlergebnisses angefochten. Die Antragsschrift zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens ging zwar am 13. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht ein. Der Antrag, die Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 25. November 2010 für unwirksam zu erklären, richtete sich aber ausschließlich gegen die Wahl der Vertrauensperson und nicht auch gegen die Wahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung. Dies wird daran deutlich, dass im Rubrum der Antragsschrift ausdrücklich nur die „Schwerbehindertenvertretung“ bezeichnet ist. Dass hiermit die gewählte Vertrauensperson gemeint war und nicht - zumindest auch - die selbständig gewählten Stellvertreter, ergibt sich daraus, dass die als Beteiligte bezeichnete Schwerbehindertenvertretung durch die „Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen Frau K“ vertreten wird. Auf die Wahl der Stellvertreter bezieht sich demgegenüber weder der Anfechtungsantrag noch sind die Stellvertreter als Beteiligte im Rubrum der Antragsschrift bezeichnet. Deshalb lässt sich der auf „die Schwerbehindertenvertretung“ bezogene Antrag nicht dahin auslegen, dass neben der Wahl der Vertrauensperson auch die Stellvertreterwahl angefochten werden sollte.
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Auch konnte es für die Antragsteller keinem Zweifel unterliegen, dass zwei getrennte Wahlen durchgeführt wurden, die ggf. getrennt anzufechten sind. Nach Punkt 4 Satz 2 des mit der Antragsschrift vorgelegten Wahlausschreibens werden „die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die drei stellvertretenden Mitglieder in getrennten Wahlgängen gewählt“. Mit Punkt 5 des Wahlausschreibens wurden die wahlberechtigten Schwerbehinderten und die gleichgestellten behinderten Menschen nicht nur aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens getrennte Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder schriftlich beim Wahlvorstand einzureichen. Das Wahlausschreiben enthielt dort zusätzlich den Hinweis, dass sich aus den Wahlvorschlägen eindeutig ergeben müsse, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen werde. Aus Gründen der Rechtssicherheit, die besonders im Wahlanfechtungsrecht hervorgehobene Bedeutung beansprucht, ist die Anfechtung der Wahl der Stellvertreter unter diesen Umständen nicht allein dadurch hinreichend deutlich erfolgt, dass die Antragsteller ihre Anfechtung inhaltlich auch auf einen Grund gestützt haben, der nur die Wirksamkeit der Stellvertreterwahl betrifft.
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bb) Die Wahl vom 22. November 2010 ist nicht nichtig.
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(1) Im Unterschied zur Wahlanfechtung kann die Nichtigkeit der Wahl auch außerhalb der in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmten Anfechtungsfrist jederzeit von jedermann geltend gemacht werden, der daran ein berechtigtes Interesse hat. Ebenso wie die Betriebsratswahl ist die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mangel offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“ (st. Rspr., vgl. BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 114, 228; 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 139, 197).
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(2) Unter derart gravierenden Mängeln leidet die Stellvertreterwahl vom 22. November 2010 nicht deshalb, weil der Wahlvorstand den Kandidaten K vom Wahlvorschlag der Stellvertreter gestrichen hat, nachdem dieser seine Zustimmung zur Kandidatur vor der Veröffentlichung des Wahlvorschlags widerrufen hat. Selbst wenn ein Rücktritt von der Kandidatur nach schriftlich erteilter Zustimmung rechtlich nicht möglich oder es dem Wahlvorstand nicht gestattet sein sollte, in einer solchen Situation analog § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO nur einen Kandidaten von der Liste zu streichen und die übrigen Kandidaten zuzulassen, wäre die Wahl aufgrund eines solchen Fehlers nur anfechtbar. Sie wäre aber nicht nichtig.
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Linsenmaier
Linsenmaier
Kiel
Busch
Kley
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.