Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 09. Apr. 2014 - 15 B 234/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Die Antragsteller sind Mieter des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks „I. Straße 255 b“ in N. . (Mit-)Eigentümer des Grundstücks sind die Eheleute L. . Diesen ist als (Mit-)Eigentümern des bebauten Grundstücks „I. 255 b-d, Gemarkung I1. , Flur 17, (vormals) Flurstück 1381“, jetzt Flurstücke 1418 (I. Straße 255 b), 1417 (I. Straße 255 c) und 1416 (I. Straße 255 d), hinsichtlich des Anschlusses ihres Grundstücks an die öffentliche Wasserversorgungsanlage mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden des Antragsgegners vom 20. Juni 2012 aufgegeben worden, den insoweit bestehenden Fehlanschluss „auf ihrem Grundstück I. Straße 255 B-D, Gemarkung I1. , Flur 17, Flurstück 1381, innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft dieses Bescheides zu beseitigen“. Dieser Verpflichtung kamen die Eheleute L. nicht nach.
3Mit Verfügungen vom 16. Dezember 2013 drohte daraufhin der Antragsgegner den Eheleuten L. zum Zwecke der Durchsetzung der Bescheide vom 20. Juni 2012 jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,- Euro an, wenn sie ihrer Pflicht zur Beseitigung des Fehlanschlusses auf ihrem „Grundstück I. Straße 255 B-D, Gemarkung I1. , Flur 17, Flurstück 1381“ nicht bis zum 31. Januar 2014 nachkommen sollten. Über die hiergegen erhobene Klage (11 K 37/14) ist seitens des Verwaltungsgerichts noch nicht entschieden worden. Den ebenfalls gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz begründeten die Eheleute L. u. a. damit, dass für die Häuser ein Eigentümerwechsel anstehe (der notarielle Kaufvertrag sei abgeschlossen, es fehle die Teilungserklärung), so dass sie gehindert seien, der Zwangsgeldandrohung Folge zu leisten. Tatsächlich ist das Grundstück „I. Straße 255 c“ mit Kaufvertrag vom 23. November 2013 verkauft worden. Unter dem 26. Februar 2014 ist insoweit auch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Im Grundbuch werden die Eheleute L. aber auch heute noch als Eigentümer dieses Grundstücks geführt.
4Mit Beschluss vom 22. Januar 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag der Eheleute L. ab (11 L 8/14). Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren 15 B 233/14 insoweit stattgegeben, als den Eheleuten L. in den Verfügungen vom 16. Dezember 2013 auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der in den bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 20. Juni 2012 u. a. getroffenen Anordnung zur Beseitigung des wasserversorgungstechnischen Fehlanschlusses auf ihrem Grundstück „I. Straße 255 c“ angedroht worden ist; im Übrigen hat der Senat die Beschwerde zurückgewiesen.
5Ebenfalls unter dem 16. Dezember 2013 wurden die Antragsteller als Mieter des Grundstücks „I. Straße 255 b“ unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit zwei Bescheiden aufgefordert, die Durchsetzung der gegenüber den Eheleuten L. erlassenen Verfügungen vom 20. Juni 2012 zu dulden. Über die hiergegen gerichtete Klage (11 K 40/14) hat das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden. Den Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 23. Januar 2014 abgelehnt.
6Die daraufhin von den Antragstellern erhobene Beschwerde, mit der sie ihren bereits erstinstanzlich gestellten Antrag weiterverfolgen, begründen sie im Wesentlichen wie folgt:
7Die gegenüber den Eheleuten L. erlassenen Grundverfügungen vom 20. Juni 2012, deren Durchsetzung sie – die Antragsteller – dulden sollen, seien substanzlos geworden. Denn das in den in Rede stehenden Grundverfügungen genannte Grundstück existiere nicht mehr. Es sei in die oben genannten Grundstücke aufgeteilt worden. Die Bescheide vom 20. Juni 2012 seien jeweils ein rechtliches Nullum, sie gingen ins Leere. Ohne wirksame Grundverfügung sei eine rechtmäßige Duldungsverfügung aber nicht denkbar. Da zudem ein Verkauf von Teilflächen erfolgt sei und die Teilflächen an die neuen Eigentümer zum Besitz übergeben worden seien, fehle es den Grundverfügungen auch an der tatsächlichen Durchführbarkeit. Weiterhin sei in den Blick zu nehmen, dass die Grundverfügungen nur unter Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks durchsetzbar seien.
8Mit diesen im Beschwerdeverfahren vorgebrachten, allein zu prüfenden Erwägungen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) hat die Beschwerde keinen Erfolg. Im Einzelnen ist insoweit auszuführen:
9Bei den an die Antragsteller gerichteten Duldungsverfügungen handelt es sich um auf die ordnungsrechtliche Generalklausel (§ 14 OBG) i. V. m. der Wasserversorgungssatzung des Antragsgegners gestützte Ordnungsverfügungen, die ihrerseits vollstreckt werden können.
10OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2011 – 15 A 1824/11 -, unter Bezugnahme auf OVG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 1997 – 2 S 28.96 -, UPR 1998, 75.
11Die Voraussetzungen des § 14 OBG liegen auch vor. Die von § 14 OBG vorausgesetzte Gefahr besteht darin, dass ohne die gegen die Antragsteller ergangenen Duldungsverfügungen die bestandskräftigen und gemäß §§ 55 ff. VwVG NRW grundsätzlich vollziehbaren Verfügungen vom 20. Juni 2012 nicht ausgeführt werden könnten, da deren Ausführung einen Eingriff in die Rechte der Antragsteller beinhalten würde.
12Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang sinngemäß einwenden, ihr Eilantrag müsse deshalb Erfolg haben, weil die in Rede stehenden Grundverfügungen mit Blick auf bestehende Besitzrechte (weiterer) Dritter tatsächlich nicht durchführbar seien, weshalb auch die von ihnen angegriffenen Duldungsverfügungen keinen rechtlichen Bestand haben könnten, rechtfertigt dies ebenso wenig den Erfolg der Beschwerde wie die weitere – sinngemäße - Erwägung der Antragsteller, die Duldungsverfügungen seien auch deshalb rechtwidrig, weil es für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage erforderlich sei, fremde Grundstücke in Anspruch zu nehmen, was den Eheleuten L. nicht ohne Weiteres möglich sei, weshalb diesen die Befolgung der Grundverfügungen unmöglich sei.
13Die Duldungsverfügungen stellen Maßnahmen dar, die der Überwindung der aus dem Mietverhältnis entstandenen Besitz- und Nutzungsrechte der Antragsteller dienen, weil diese durch eine vollstreckungsmäßige Durchsetzung der gegenüber den Eigentümern ergangenen Verfügungen vom 20. Juni 2012 betroffen sind. Aus dieser Rechtsposition ist es den Antragstellern aber verwehrt, sich gegenüber den Duldungsverfügungen auf die Rechtswidrigkeit der an die Eigentümer gerichteten Grundverfügungen zu berufen. Wegen der hierdurch bewirkten Beschränkungen ihrer mietrechtlichen Besitz- und Nutzungsrechte sind die Antragsteller gehalten, die Eigentümer zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen. Gegenüber den Duldungsverfügungen können die Antragsteller lediglich die Rechtswidrigkeit solcher Folgen geltend machen, die sie gerade als Mieter des Grundstücks betreffen.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2011 – 15 A 1824/11 -, unter Bezugnahme auf OVG Berlin, Beschluss vom 28. Februar 1997 – 2 S 28.96 -, UPR 1998, 75.
15Insbesondere ist es den Antragstellern also verwehrt, das Fehlen einer Duldungsverfügung betreffend das Nachbargrundstück „I. Straße 255 c“ zu rügen. Soweit die Antragsteller darüber hinaus einwenden, die Duldungsverfügungen seien rechtswidrig, weil die diesen zugrunde liegenden Grundverfügungen ins Leere gingen und unwirksam seien, mögen sich die Antragsteller hierauf vom Ansatz her berufen können. Entgegen ihrer Auffassung gehen die zu vollstreckenden Grundverfügungen aber nicht ins Leere. Sie sind vielmehr wirksam. Es trifft zwar zu, dass das in den Verfügungen vom 20. Juni 2012 in Bezug genommene Grundstück der Eheleute L. von einem Flurstück in drei Flurstücke aufgeteilt worden ist; die fraglichen Grundstücksflächen sind aber nicht etwa untergangen. Sie existieren unter anderen Flurstücksbezeichnungen fort, so dass das Substrat der Grundverfügungen noch vorhanden ist. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang zusätzlich die Unbestimmtheit der zu vollstreckenden Grundverfügungen rügen wollen, können sie sich darauf aus den oben genannten Gründen vom Ansatz her schon nicht berufen. Dessen ungeachtet sind die Grundverfügungen aber auch nicht unbestimmt (geworden). Die Verfügungen vom 20. Juni 2012 bezogen sich auf das Grundstück mit der Bezeichnung „I. Straße 255 b-d … Flurstück 1381“. Wenn nun aus dem letztgenannten Flurstück infolge einer Grundstücksteilung die Flurstücke 1416, 1417 und 1418 hervorgegangen sind und für diese die ursprüngliche postalische Bezeichnung beibehalten wird, ist auch heute noch hinreichend klar, wo der fragliche Fehlanschluss beseitigt werden muss.
16Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung findet ihre Rechtsgrundlagen in §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
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(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
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