Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Sept. 2014 - 14 A 1872/12
Gericht
Tenor
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Die Bescheide der Beklagten vom 15.12.2009 und 21.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom18.1.2011 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Magisterarbeit der Klägerin durch einen neu zu bestellenden Zweitgutachter begutachten zu lassen, und verpflichtet, sodann die Klägerin über das Ergebnis der Magisterprüfung zu bescheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin studierte bei der Beklagten Romanische Philologie mit dem Schwerpunkt Französisch und den Nebenfächern Deutsche und Englische Philologie. Am 23.3.2009 beantragte sie ihre Zulassung zur Magisterprüfung.
3Ihre Magisterarbeit wurde nach fristgerechter Abgabe am 16.6.2009 zunächst durch Erstgutachten des Privatdozenten Dr. N. vom 9.9.2009 mit "sehr gut (1,0)" und durch Zweitgutachten von Frau Prof. Dr. W. vom 12.12.2009 mit "voll befriedigend (2,7)" bewertet. Mit Bescheid vom 15.12.2009 wurde die Magisterarbeit insgesamt mit "gut (1,85)" benotet und die Gesamtnote der Magisterprüfung sodann mit "gut (2,24)" festgesetzt. Die Klägerin erhielt eine Urkunde mit der Gesamtnote und ein Zeugnis, das die Note der Magisterarbeit, die Noten der hierzu verfassten Gutachten, die Noten des Hauptfachs und der beiden Nebenfächer und die Gesamtnote der Magisterprüfung auswies.
4Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 23.12.2009 Widerspruch, den sie mit Schriftsatz vom 3.2.2010 begründete.
5Im Auftrag des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, Herrn Prof. Dr. Q. , wurde ein Drittgutachter - Herr Prof. Dr. O. - mit der Begutachtung der Magisterarbeit beauftragt. Er erstattete sein Gutachten unter dem 16.4.2010 und bewertete die Magisterarbeit ebenfalls mit "voll befriedigend (2,7)". Der Erstgutachter und die Zweitgutachterin wurden unter Übersendung des Drittgutachtens und der Widerspruchsbegründung unter dem 28.4.2010 um Stellungnahme gebeten. Der Erstgutachter nahm unter dem 10.5.2010 und die Zweitgutachterin unter dem 11.5.2010 Stellung.
6Der Magisterprüfungsausschuss wurde für den 31.5.2010 einberufen. Er hielt den Widerspruch für unbegründet und beschloss, zur Vermeidung einer Verböserung nur eines der beiden Gutachten mit der Bewertung "2,7" bei der Ermittlung der Gesamtnote zu berücksichtigen.
7Mit an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 21.6.2010 wurde die Magisterarbeit erneut insgesamt mit "gut (1,85)" benotet und die Gesamtnote der Magisterprüfung sodann mit "gut (2,24)" festgesetzt.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 29.6.2010 wies der Magisterprüfungsausschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Im Folgenden verständigten sich die Klägerin und der Prüfungsausschuss darauf, den Widerspruchsbescheid aufzuheben und den von der Klägerin gewünschten Zweitgutachter Dr. L. um eine Begutachtung zu bitten. Nach Erstellung dieses Gutachtens sollte die Bewertung der Magisterarbeit und die Gesamtnote der Magisterprüfung entsprechend geändert werden.
9Mit Bescheid vom 30.7.2010 hob die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 29.6.2010 auf. Herr Dr. L. lehnte die Erstattung eines Gutachtens unter dem 5.8.2010 ab. Auf Vorschlag des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, dem die Klägerin zustimmte, benannte der Erstgutachter Dr. N. am 7.10.2010 Frau Privatdozentin Dr. P. als Zweitgutachterin. Auf Wunsch von Prof. Dr. Q. bat das Prüfungsamt die Vorgeschlagene, das Zweitgutachten anzufertigen. Nach deren Einverständnis erhielt sie mit Schreiben des Prüfungsamtes der Beklagten vom 13.10.2010 die Magisterarbeit zur Erstellung des Zweitgutachtens. Unter dem 12.12.2010 bewertete Frau Dr. P. die Arbeit mit "voll befriedigend (2,7)". Das Gutachten wurde der Klägerin am 16.12.2010 übersandt.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 18.1.2011 hob der Magisterprüfungsausschuss die Bewertung der Magisterarbeit durch das Zweitgutachten von Frau Prof. Dr. W. auf, bestellte Frau Dr. P. zur Zweitgutachterin und setzte die Bewertung der Magisterarbeit auf das arithmetische Mittel der Gutachten von Dr. N. und Dr. P. fest. Da sich durch die so errechnete Note keine Abweichungen zu der zuvor ermittelten Benotung ergäben, werde das Magisterzeugnis nicht berichtigt und behalte seine Wirksamkeit.
11Mit ihrer am 16.2.2011 erhobenen Klage hat die Klägerin ursprünglich geltend gemacht, das Prüfungsverfahren sei übermäßig verzögert worden und weise zahlreiche Verfahrensfehler auf. Die Benotung der Magisterarbeit und der Gesamtnote der Magisterprüfung unter Zugrundelegung des Zweitgutachtens von Frau Dr. P. stelle eine neue Prüfungsentscheidung dar, die in einem neuen Bescheid hätte ergehen müssen. Durch den Erlass eines Widerspruchsbescheids könne das neue Zweitgutachten nicht mehr im Überdenkungsverfahren überprüft werden. Die Bestellung von Frau Dr. P. zur Zweitgutachterin hätte vor der Erstellung ihres Gutachtens durch den Prüfungsausschuss erfolgen müssen. Der nachträgliche Beschluss des Prüfungsausschuss sei wegen fehlender Anhörung des studentischen Mitglieds überdies verfahrensfehlerhaft. Die Bewertung der Arbeit mit "voll befriedigend" sei nicht gerechtfertigt. Soweit die Gutachterin kritisiere, dass Kapitel 2 und 3 der Arbeit zum großen Teil aus für die Arbeit irrelevanten Informationen bestünden, sei dies nicht richtig. Denn die dortigen Informationen über die politisch-religiöse Situation in Frankreich im 17. Jahrhundert und das Kloster Port-Royal seien für das Verständnis der Arbeit und die Einordnung in den historischen Kontext wichtig. Die Kritik der Gutachterin, dass vielfach keine stringente Argumentation erkennbar sei und dass Widersprüche und unklare Bezüge bestünden, sei pauschal und wenig nachvollziehbar. Die beanstandete Verwendung deutscher oder lateinischer Abkürzungen entspreche den von der Beklagten herausgegebenen Hinweisen zur formalen Gestaltung von Seminar- und Prüfungsarbeiten.
12Die Klageschrift, die die vorbezeichneten, gegen das Gutachten von Frau Dr. P. gerichteten Einwände enthält, ist der Gutachterin nicht übermittelt worden. Mit E-Mail vom 24.5.2011 hat ihr der Vorsitzende des Prüfungsausschusses lediglich mitgeteilt, dass die Klägerin zu der Kritik an der Verwendung deutscher und lateinischer Abkürzungen eingewandt habe, dass diese Vorgehensweise nach einem Leitfaden der Beklagten gestattet sei. Sodann hat er die Einschätzung abgegeben "Sicherlich ist das etwas, was moniert werden kann, aber doch auch wiederum nichts, was im Rahmen der Beurteilungskriterien ganz oben stehen würde" und hat sie um kurzfristige Mitteilung gebeten, ob sie dem Einwand der Klägerin entgegen treten würde. Hierzu hat er ihr einen Formulierungsvorschlag der Rechtsabteilung übersandt. Frau Dr. P. hat daraufhin unter dem 24.5.2011 eine Stellungnahme verfasst, dass sie die uneinheitliche Verwendung deutscher und lateinischer Abkürzungen zwar kritisiert habe, dieser Aspekt für die Bewertung der Arbeit jedoch nicht relevant geworden sei und daher keine Veranlassung bestehe, ihre Bewertung zu ändern.
13Die Klägerin hat beantragt,
14den Bescheid vom 15.12.2009 über die Beurteilung der Magister-Hausarbeit der Klägerin insoweit aufzuheben, als für das Zweitgutachten die Note "befriedigend (2,7)" vergeben worden ist,
15ferner, den Bescheid vom 15.12.2009 über das Ergebnis der Magisterprüfung insoweit aufzuheben, als für die Magisterarbeit die Note "gut (1,85) und die Gesamtnote "gut (2,24)" vergeben worden sind,
16ferner, den Widerspruchsbescheid vom 18.1.2011 insoweit aufzuheben, als zur Zweitgutachterin der Magisterarbeit Frau Privatdozentin Dr. P. bestellt worden ist und sich die Benotung der Magisterarbeit auch aus dem Gutachten von Frau Privatdozentin Dr. P. ergeben soll,
17ferner, die Beklagte zu verpflichten, die Zweitbewertung der Magisterarbeit erneut unter Bestellung eines anderen Prüfers durchzuführen und auf dieser Grundlage das Gesamtergebnis neu festzusetzen.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen,
20und hat geltend gemacht, die Klägerin hätte ihre Einwände gegen die Bewertung von Frau Dr. P. im Wege einer Gegenvorstellung vorbringen können. Die Zweitgutachterin sei durch den hierzu nach § 5 Abs. 2 der Magisterprüfungsordnung befugten Vorsitzenden des Magisterprüfungsausschusses bestellt worden, und zwar unmittelbar nach dem Vorschlag von Dr. N. . Diese Bestellung sei durch den Prüfungsausschuss nur noch bestätigt worden. Die von Frau Dr. P. vorgenommene Benotung unterliege ihrem Beurteilungsspielraum. Die uneinheitliche Verwendung deutscher und lateinischer Abkürzungen sei nach Mitteilung der Zweitgutachterin für die Bewertung nicht relevant gewesen.
21Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22.6.2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei durch das Zweitgutachten von Frau Dr. P. nicht in eigenen Rechten verletzt, weil sie von ihrer Beauftragung Kenntnis gehabt und der Begutachtung nicht widersprochen habe. Die nachträgliche Ablehnung des Gutachtens verstoße gegen Treu und Glauben. Der Vorsitzende des Magisterprüfungsausschusses sei nach § 17 Abs. 2 S. 5 der Magisterprüfungsordnung in der am 15.7.2009 in Kraft getretenen 16. Änderungsordnung zur Bestellung der Zweitgutachterin befugt gewesen. Anderenfalls wäre dieser Verfahrensfehler durch den Beschluss des Magisterprüfungsausschusses vom 21.12.2010 geheilt worden. Der Erlass eines neuen Prüfungsbescheides sei wegen der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung - Erlass eines neuen Widerspruchsbescheids - nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin könne sich auch nicht auf ein unzureichendes Überdenkungsverfahren berufen. Ihr im Klageverfahren eingereichter Schriftsatz vom 20.4.2011 enthalte fast keine, einen Anspruch auf Überdenken auslösenden substantiierten Einwände. Lediglich ihre Kritik an der Rüge der Zweitgutachterin, die Verwendung deutscher oder lateinischer Abkürzungen sei uneinheitlich, weise die nötige Substanz auf. Die diesbezügliche Rüge der Zweitgutachterin sei jedoch nach ihrer Auskunft für das Ergebnis nicht entscheidend gewesen. Dass die Zweitgutachterin diese Stellungnahme trotz des Formulierungsvorschlags von Prof. Dr. Q. nicht selbst verantworte, sei nicht erkennbar. Ebenso wenig sei eine Absprache der bisher beteiligten Zweitgutachter zum Nachteil der Klägerin ersichtlich.
22Die Klägerin hat gegen das ihr am 16.7.2012 zugestellte Urteil am 9.8.2012 die Zulassung der Berufung beantragt und ihren Antrag mit Schriftsatz vom 14.9.2012 begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 9.4.2014 zugelassen.
23Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin geltend: Ihr Verhalten während des Prüfungsverfahrens stelle keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar, da sie keine Kenntnis von der ordnungswidrigen Bestellung gehabt habe und gegen die Person der Prüferin nichts einzuwenden gehabt hätte. Ihre im Klageverfahren vorgebrachten Einwände gegen das Zweitgutachten seien gemessen an dessen Begründung hinreichend substantiiert. Eines ausdrücklichen Antrags auf Überdenken der Bewertung hätte es nicht bedurft. Wie die Stellungnahme der Zweitgutachterin während des gerichtlichen Verfahrens zeige, habe die Beklagte auch ein Überdenkungsverfahren durchgeführt, allerdings nicht ordnungsgemäß. Der Zweitgutachterin seien die Einwände der Klägerin nicht zu einem unvoreingenommenen Überdenken übersandt worden, sondern sie seien ihr nur auszugsweise mit einem Formulierungsvorschlag übermittelt worden, der eine Aufrechterhaltung der Prüfungsentscheidung ermöglichen sollte.
24Die Klägerin beantragt,
25das angegriffene Urteil zu ändern und die Bescheide vom 15.12.2009 und 21.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2011 aufzuheben,
26die Beklagte zu verurteilen, die Magisterarbeit der Klägerin durch einen neu zu bestellenden Zweitgutachter begutachten zu lassen,
27und die Beklagte zu verpflichten, sodann die Klägerin über das Ergebnis der Magisterprüfung zu bescheiden.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Sie macht geltend, die Klägerin könne sich nicht auf Unkenntnis hinsichtlich der Bestellung der Zweitgutachterin berufen. Denn der Vorsitzende des Magisterprüfungsausschusses habe in seinem Schreiben vom 31.8.2010 darauf hingewiesen, dass eine Bestellung durch ihn erfolgen solle. Jedenfalls sei ein etwaiger Fehler durch den späteren Beschluss des Prüfungsausschusses, der auch eine Bestellung der Zweitgutachterin enthalte, geheilt worden. Die Zweitgutachterin sei durch den Vorsitzenden des Magisterprüfungsausschusses auch nicht unzulässig beeinflusst worden. Die Anfrage des Vorsitzenden habe es der Zweitgutachterin überlassen, wie sie hierauf reagieren wolle. Der Formulierungsvorschlag des Vorsitzenden sei von ihr aus Zeitgründen übernommen worden.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33Die Berufung ist zulässig und begründet.
34Der nunmehr gestellte Antrag auf Aufhebung der Bescheide vom 15.12.2009 und 21.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2011 und auf Neubescheidung nach Neubewertung der Magisterarbeit durch einen neuen Zweitgutachter ist zulässig. Eine Änderung gegenüber der erstinstanzlichen Klage liegt nicht vor, da die erstinstanzlichen Klageanträge von vornherein wie zweitinstanzlich formuliert hätten verstanden werden müssen. Die Prüfungsbescheide enthalten ‑ wie später noch ausgeführt werden wird ‑ lediglich die Festsetzung des Bestehens der Prüfung mit einer bestimmten Note, so dass eine Anfechtung einzelner Teilnoten oder gar Gutachtensnoten nicht in Betracht kommt. Der Widerspruchsbescheid soll ‑ wie ebenfalls noch ausgeführt werden wird ‑ in Verbindung mit einem Teil des Ursprungsprüfungsbescheids eine unteilbare Neuregelung des Ergebnisses der Prüfung darstellen, so dass auch insoweit eine Anfechtung einzelner Teile nicht in Betracht kommt. Der bislang nicht ausdrücklich erfasste Bescheid vom 21.6.2010 ist eine bloße Wiederholung des Bescheides vom 15.12.2009, bei dem es nach Einholung des Drittgutachtens verbleiben sollte. Jener ist damit von der Anfechtung des letzteren mit umfasst. Unabhängig davon wäre eine Klageänderung in der Form der Klageerweiterung gemäß § 91 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren rügelos darauf eingelassen, worin eine stillschweigende Einwilligung zu sehen ist.
35Die Bescheide vom 15.12.2009 und 21.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.1.2011 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubewertung ihrer Magisterarbeit durch einen neuen Zweitgutachter und auf Neubescheidung ihrer Magisterprüfung.
36Der Bescheid vom 15.12.2009, der nach Einholung des Drittgutachtens von Prof. Dr. O. ohne inhaltliche Veränderung mit Bescheid vom 21.6.2010 lediglich wiederholt worden ist, ist rechtswidrig. Die hieran als Zweitgutachterin der Magisterarbeit mitwirkende Frau Prof. Dr. W. ist nicht ordnungsgemäß zur Prüferin bestellt worden. Nach der seit Inkrafttreten der Ordnung für die Akademische Abschlussprüfung - Magisterprüfung - der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms- Universität vom 17. Dezember 1997 (im Folgenden: Magisterprüfungsordnung, MPO) am 9.10.1998 unveränderten Regelung in § 17 Abs. 2 S. 4 MPO, die eine Spezialregelung für die Bewertung der Magisterarbeit im Verhältnis zu § 6 Abs. 1 S. 1 MPO darstellt, wird der Zweitgutachter von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestimmt. Entgegen dieser Bestimmung ist Frau Prof. Dr. W. nicht durch den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zur Zweitgutachterin bestellt worden. Der Vorsitzende hat die Bestellung des Zweitgutachters vielmehr mit Schreiben vom 19.6.2009 dem Erstgutachter überlassen und ihm damit seine eigene Zuständigkeit zur Ausübung in eigenem Namen und eigener Verantwortung übertragen. Eine solche Delegation bedarf einer normativen Ermächtigung,
37vgl. Schmitz in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 4, Rn. 41,
38die in der streitgegenständlichen Prüfungsordnung nicht enthalten ist. Hierin liegt ein Verfahrensfehler, der die Prüfungsentscheidung rechtswidrig macht.
39Vgl. zur fehlerhaften Prüferbestellung: Haase in: Johlen/Oerder, Münchener Anwaltshandbuch Verwaltungsrecht, 3. Aufl., § 16 Rn. 49.
40Der Fehler ist auch entscheidungserheblich, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Beteiligung des zuständigen Prüfers dieser seinen Beurteilungsspielraum bei der Bewertung der Magisterarbeit anders ausgeübt hätte und ein anderes Prüfungsergebnis erzielt worden wäre.
41Vgl. zur Erheblichkeit einer fehlerhaften Prüferbestellung: Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., Rn. 373.
42Dieser Verfahrensfehler ist auch nicht durch den Widerspruchsbescheid vom 18.1.2011 behoben worden. Denn dieser hat die Bescheide vom 15.12.2009 und 21.6.2010 nicht wie erforderlich wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben, sondern aufrecht erhalten und ist bereits aus diesem Grund selbst rechtswidrig. Mit dem Widerspruchsbescheid sollten statt dessen das Zweitgutachten von Frau Prof. Dr. W. durch das Zweitgutachten von Frau Dr. P. ersetzt werden und die bisherige Note - nunmehr berechnet aus dem arithmetischen Mittel des Erstgutachtens und des Zweitgutachtens von Frau Dr. P. - beibehalten werden.
43Diesem Vorgehen der Beklagten liegt das Verständnis zugrunde, den beiden Gutachten über die Magisterarbeit und den weiteren, in die Gesamtnote der Magisterprüfung einfließenden Bewertungen der übrigen Prüfungsleistungen komme ein selbständiger Regelungsgehalt zu. Diese Einschätzung trifft nicht zu.
44Den Benotungen einzelner Prüfungsleistungen kommt regelmäßig keine selbständige rechtliche Bedeutung zu. Sie bilden lediglich eine Grundlage der behördlichen Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung, die ihrerseits eine rechtliche Regelung enthält und daher den Verwaltungsakt darstellt, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden kann. Etwas anderes kann sich aus der jeweiligen Prüfungsordnung ergeben, die der Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung eine selbständige rechtliche Bedeutung beimessen kann. Fehlen dort ausdrückliche Festlegungen, kommen die üblichen Auslegungsmethoden zur Anwendung.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.2012 - 6 C 8.11 -, NJW 2010, 2901.
46Der Magisterprüfungsordnung der Beklagten lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass den Bewertungen der einzelnen Prüfungsleistungen oder gar den Einzelbewertungen einer durch mehrere Prüfer benoteten Leistung Regelungsqualität zukommen soll. Sie dienen lediglich zur Berechnung der Gesamtnote, die gemäß § 19 Abs. 3 MPO aus der Note der Magisterarbeit, der Fachnote des Hauptfaches und den Fachnoten der Nebenfächer im Verhältnis 3 : 1 : 1 : 1 gebildet wird. Die zur Führung des akademischen Grades "Magistra Artium" bzw. "Magister Artium" berechtigende Urkunde (vgl. § 21 Abs. 2 S. 2 MPO) enthält nach § 21 Abs. 1 MPO nur die Gesamtnote. Die Note der Magisterarbeit, die Fachnoten und die Gesamtnote sind lediglich in das nach § 21 Abs. 1 S. 1 MPO auszustellende Zeugnis aufzunehmen. Eine gesonderte Ausweisung der Noten der beiden Gutachten, aus denen nach § 17 Abs. 3 MPO die Note der Magisterarbeit gebildet wird, sieht die Magisterprüfungsordnung nicht vor. Sie wurden auch nicht in die Bescheide der Beklagten vom 15.12.2009 und 21.6.2010 aufgenommen, die lediglich regeln, dass die Magisterprüfung mit der Note "gut (2,24)" bestanden wurde. Ihnen kommt daher und unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie lediglich einen unselbständigen Bestandteil der Bewertung der Prüfungsleistung Magisterarbeit darstellen, erst recht keine Regelungswirkung zu.
47Da die Bewertung durch das Zweitgutachten von Frau Prof. Dr. W. nicht selbständig durch Verwaltungsakt geregelt wurde, konnte sie von der Beklagten mit Bescheid vom 18.1.2011 nicht aufgehoben werden. Rechtswidrig ist auch die Regelung "Die Benotung der Magisterarbeit Ihrer Mandantin ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Gutachten von Dr. N. und Dr. P. ." Es bedarf hier keiner Prüfung, was genau die Beklagte mit diesem ein Rechenverfahren aussprechenden Satz regeln wollte. Die Beklagte wollte jedenfalls dem Widerspruch der Klägerin vom 23.12.2009, der sich inhaltlich gegen die Tätigkeit und das Gutachten von Frau Prof. Dr. W. richtete, abhelfen, und die Bewertung der Magisterarbeit auf eine neue Grundlage - das Erstgutachten von Herrn Dr. N. und das Zweitgutachten von Frau Dr. P. - stellen. Die übrigen Bewertungen, insbesondere die Gesamtnote, sollten bestehen bleiben. Die teilweise Neubewertung durch das Gutachten von Frau Dr. P. , die nach dem Bescheid vom 18.1.2011 neben dem Gutachten von Herrn Dr. N. berücksichtigt werden sollte, stellt jedoch eine Neubewertung der Prüfungsleistung Magisterarbeit dar, die eine neue Prüfungsentscheidung über die Magisterprüfung hätte nach sich ziehen müssen. Die Bewertungen der einzelnen Prüfungsleistungen als unselbständige Bestandteile der Prüfungsentscheidung können mangels Regelungswirkung nicht isoliert ausgetauscht werden. Dies gilt erst recht für eine Teilbewertung wie das streitgegenständliche Zweitgutachten.
48Soweit Frau Dr. P. im Widerspruchsbescheid zur Zweitgutachterin bestellt wurde, ist diese Bestellung im Widerspruchsbescheid schon wegen fehlender Zuständigkeit des über den Widerspruch entscheidenden Magisterprüfungsausschusses rechtswidrig. Der Widerspruchsbescheid kann nur insgesamt aufgehoben werden, da die Beklagte mit ihm und dem aufrecht erhaltenen Prüfungsbescheid vom 15.12.2009 die Magisterprüfung nur insgesamt regeln konnte. Es gibt keine isolierbaren und selbständigen Teilregelungen, nach deren Aufhebung der bestehen bleibende Rest seinen ursprünglichen Regelungsgehalt behielte.
49Vgl. Gärditz in: ders., VwGO, § 42 Rn. 21.
50Der so insgesamt rechtswidrige Widerspruchsbescheid kann schließlich auch nicht ‑ seinem beabsichtigten Ziel entsprechend ‑ in einen Prüfungsbescheid über die Magisterprüfung der Klägerin mit der Zweitprüferin Frau Dr. P. umgedeutet werden (§ 47 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ‑ VwVfG NRW ‑). Das würde nämlich nach dieser Vorschrift voraussetzen, dass ein solcher Bescheid in der geschehenen Verfahrensweise als Widerspruchsbescheid hätte erlassen werden können. Das ist nicht der Fall. Ein berufsrechtlich relevanter Prüfungsbescheid unterliegt mit Rücksicht auf den spezifischen Bewertungsspielraum der Prüfer dem Widerspruch als Rechtsbehelf (§ 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen). Durch den Erlass eines Prüfungsbescheides im Widerspruchsverfahren als Widerspruchsbescheid würde dieser Rechtschutz beschnitten, da unmittelbar Klage zu erheben wäre.
51Eine solche Umdeutung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil die Klägerin mit dieser Verfahrensweise einverstanden gewesen wäre. Denn der Vorschlag der Beklagten zur weiteren Vorgehensweise vom 22.7.2010, mit dem sich die Klägerin mit Schreiben vom 28.7.2010 einverstanden erklärte, sah zwar den Erlass eines neuen Widerspruchsbescheids vor. Die Klägerin musste den Vorschlag der Beklagten jedoch nicht so verstehen, dass die infolge des ‑ zum damaligen Zeitpunkt noch einzuholenden ‑ neuen Zweitgutachtens erforderlichen Änderungen durch einen Widerspruchsbescheid erfolgen sollten. Vielmehr durfte sie den Vorschlag so verstehen, dass mit Erlass eines neuen Prüfungsbescheids ihr noch offener Widerspruch gegen die Bescheide vom 15.12.2009 und 21.6.2010 ‑ stattgebend ‑ beschieden würde und diese Bescheide aufgehoben werden würden. Dass die Klägerin auf eine Überprüfung des neuen Zweitgutachtens in einem Widerspruchsverfahren verzichten wollte, kann man ihrem Schreiben vom 28.7.2010 nicht entnehmen.
52Der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch der Klägerin auf Überdenken der Prüfungsentscheidung wurde auch nicht während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfüllt. Das ist schon deshalb der Fall, weil ‑ wie oben ausgeführt ‑ bis heute kein Prüfungsbescheid über die Magisterprüfung unter Beteiligung der Zweitprüferin Frau Dr. P. in der Welt ist. Ohne Prüfungsbescheid gibt es kein durch Widerspruch auszulösendes Überdenkungsverfahren.
53Im Übrigen ist auch der Sache nach das Überdenkungsverfahren erstinstanzlich nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Damit das Verfahren des Überdenkens der Prüfungsentscheidung seinen Zweck, das Grundrecht der Berufsfreiheit des Prüflings effektiv zu schützen, konkret erfüllen kann, muss u. a. gewährleistet sein, dass die vom Prüfling erhobenen substantiierten Einwände den beteiligten Prüfern zugeleitet werden und dass die Prüfer sich mit den Einwänden des Prüflings auseinandersetzen und, soweit diese berechtigt sind, ihre Bewertung der betroffenen Prüfungsleistung korrigieren.
54Vgl. BVerwG, Urteile vom 24.02.1993 - 6 C 35.92 ‑, BVerwGE 92, 132 (137) und vom 30.06.1994 - 6 C 4.93 ‑, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 334.
55Eine Auseinandersetzung mit den Einwänden des Prüflings setzt voraus, dass der Prüfer die substantiierten Einwände des Prüflings zur Kenntnis nimmt. Sodann hat der Prüfer sich mit den Einwänden umfassend und ernsthaft zu befassen und das Ergebnis dieser Auseinandersetzung schriftlich niederzulegen. Die Auseinandersetzung mit den Einwänden und die schriftliche Niederlegung ist dabei von der Art der Einwände und von den Umständen des Einzelfalles abhängig.
56Vgl. zu alldem OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2012 ‑ 14 A 2048/11 ‑, S. 8 f. des amtlichen Umdrucks; Urteile vom 18.04.2012 ‑ 14 A 2687/09 ‑, NRWE, Rn. 74 ff. und vom 06.09.1995 ‑ 22 A 1844/94 ‑, DVBl 1996, 446; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., Rn. 791.
57Eine solche Auseinandersetzung mit den Einwänden der Klägerin hat während des Klageverfahrens nicht stattgefunden. Die in der Klageschrift enthaltenen Einwände sind der Zweitgutachterin von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses nur auszugsweise - bezogen auf die Verwendung deutscher und lateinischer Abkürzungen - übermittelt worden. Die Zweitgutachterin hätte die Einwände jedoch vollständig und im Originaltext erhalten müssen. Zwar besteht ein Anspruch auf Überdenken nur bei substantiierten Einwänden, so dass die Prüfungsbehörde im Rahmen ihrer Kompetenz zur Organisation des Überdenkungsverfahrens befugt ist, die Substanz der Einwände zu überprüfen.
58Das heißt allerdings nicht, dass sie befugt wäre, vom Prüfling in größerem Umfang vorgebrachte Einwendungen, die nur in Teilen substantiiert sind, in dem Sinne "vorzustrukturieren", dass die substantiierten Einwände herausgefiltert und den betroffenen Prüfern isoliert zur Kenntnis gebracht werden. Erhebt der Prüfling nur vereinzelt substantiierte Einwände, so ist die Prüfungsbehörde dennoch gehalten, die Einwendungen dem betroffenen Prüfer vollumfänglich zuzuleiten, damit dieser auf der Grundlage aller erhobenen Einwände innerhalb des ihm zustehenden Bewertungsspielraums seine frühere Bewertung überdenkt. Denn allein der Prüfer hat darüber zu befinden, ob er an den Gründen der angegriffenen Leistungsbewertung und an deren Ergebnis festhält, ob er das Ergebnis trotz Änderung einzelner Wertungen aufrechterhält oder ob er in Anbetracht veränderter Wertungen das Ergebnis verbessert.
59Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.2.2009 - 4 S 1071/08 -, juris Rn. 40.
60Ein Prüfungsbescheid über die Prüfung mit Frau Dr. P. kann verfahrensfehlerfrei nicht mehr ergehen. Denn durch den Versuch des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses im erstinstanzlichen Verfahren, eine bestimmte, ihm genehme Überdenkensentscheidung von Frau Dr. P. herbeizuführen, und dadurch, dass diese dem Ansinnen widerspruchslos nachgekommen ist, ist die Zweitprüferin Frau Dr. P. von der weiteren Mitwirkung am Prüfungsverfahren ausgeschlossen, weil die Klägerin sie zu Recht für befangen hält.
61Nach § 21 Abs. 1 VwVfG NRW, der gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG NRW auch für die Tätigkeit der Beklagten gilt, ist die Besorgnis der Befangenheit berechtigt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Es müssen Tatsachen vorliegen, die ohne Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluss rechtfertigen, dass dieser Prüfer speziell gegenüber diesem Prüfling nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufbringen wird und nicht (mehr) offen ist für eine nur an der wirklichen Leistung des Prüflings orientierte Bewertung.
62Vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 338.
63Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Besorgnis der Klägerin berechtigt. Anstatt die Einflussnahme des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses auf ihre Überdenkensentscheidung zurückzuweisen und die schriftlichen Einwendungen der Klägerin als Grundlage für ihr Überdenken anzufordern, hat Frau Dr. P. den Formulierungsvorschlag der Rechtsabteilung der Beklagten noch am gleichen Tag übernommen und dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses eine seinen Erwartungen entsprechende Stellungnahme übersandt. So entsteht der Eindruck, die Zweitgutachterin habe sich der unzulässigen Beeinflussung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses gebeugt und sich zur Helferin einer Partei in dem Prüfungsrechtsstreit zwischen der Klägerin und der Beklagten machen lassen. Dies wiederum gibt Anlass zu der Besorgnis, dass die Zweitgutachterin auch in einem noch durchzuführenden Überdenkungsverfahren nicht an einer ergebnisoffenen Überprüfung ihrer Bewertung, sondern an einer Aufrechterhaltung des bisherigen Prüfungsergebnisses interessiert sein könnte.
64Das Prüfungsverfahren kann folglich nicht mehr ordnungsgemäß zu Ende geführt werden, so dass dieser Prüfungsteil durch einen neu zu bestellenden Zweitprüfer zu wiederholen ist. Der geltende gemachte Anspruch der Klägerin auf Neubewertung ihrer Magisterarbeit durch einen neuen Zweitgutachter und sodann auf Erlass eines neuen Prüfungsbescheids erweist sich damit als begründet.
65Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
66Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Annotations
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde, so trifft diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich der Behördenleiter nicht selbst einer Mitwirkung enthält.
(2) Für Mitglieder eines Ausschusses (§ 88) gilt § 20 Abs. 4 entsprechend.
(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen.
(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für
- 1.
Verfahren der Bundes- oder Landesfinanzbehörden nach der Abgabenordnung, - 2.
die Strafverfolgung, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die Rechtshilfe für das Ausland in Straf- und Zivilsachen und, unbeschadet des § 80 Abs. 4, für Maßnahmen des Richterdienstrechts, - 3.
Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und den bei diesem errichteten Schiedsstellen, - 4.
Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch, - 5.
das Recht des Lastenausgleichs, - 6.
das Recht der Wiedergutmachung.
(3) Für die Tätigkeit
- 1.
der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder durch die in verwaltungsrechtlichen Anwalts-, Patentanwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt; - 2.
der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen gelten nur die §§ 3a bis 13, 20 bis 27, 29 bis 38, 40 bis 52, 79, 80 und 96; - 3.
der Vertretungen des Bundes im Ausland gilt dieses Gesetz nicht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.