Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 10. Sept. 2014 - 13 A 1271/13.A
Gericht
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 8. April 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) noch derjenige der Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG genannten Gerichte liegen vor.
2Die Darlegung der Grundsatzbedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG setzt voraus, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte und für die Berufungsentscheidung erhebliche Frage rechtlicher oder tatsächlicher Art herausgearbeitet und formuliert wird; zudem muss angegeben werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Darzulegen sind die konkrete Frage, ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung.
3Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Januar 2013 - 13 A 727/10.A -, vom 10. August 2012 - 13 A 151/12.A -, juris, Rn. 2 und vom 24. Februar 2011 - 13 A 2839/10.A -.
4Diese Anforderungen erfüllt die vom Kläger aufgeworfene Frage,
5„ob in dem Fall, dass in der Provinz Logar ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt anzunehmen ist, die Gefahr für den Kläger als allgemeine Gefahr für eine Vielzahl von Zivilpersonen zu einer erheblichen Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 15 lit. c) der Richtlinie 2004/83 verdichtet ist, weil praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist“
6nicht. Sie ist inzwischen im verneinenden Sinne geklärt.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. August 2014 - 13 A 2998/11 -.
8In dem zitierten Urteil hat der Senat festgestellt, dass in der afghanischen Provinz Logar keine besonders exponierte allgemeine Gefahrenlage besteht, die unabhängig von gefahrerhöhenden persönlichen Umständen eine ernsthafte individuelle Gefahr für Leib und Leben begründet.
9Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf einer Abweichung von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG genannten Gerichte.
10Die Darlegung einer solchen Abweichung setzt voraus, dass der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat.
11Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2007 - 1 B 271.06 -, juris, Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. März 2008 - 13 A 2643/07.A -, juris, und vom 11. Januar 2013 - 13 A 1829/09.A -.
12Daran fehlt es hier. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weicht nicht im vorgenannten Sinn von den in der Antragsschrift genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2009 - 10 C 9.08 -, vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07- und vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - ab. Das folgt bezogen auf den klägerischen Einwand, das Verwaltungsgericht habe es versäumt, hinsichtlich der Provinz Logar die Dichte bzw. den Grad der Gefährdung konkret festzustellen, bereits daraus, dass das Urteil darauf nicht beruht. Denn das Verwaltungsgericht hat selbstständig tragend festgestellt, dass es dem Kläger zumutbar sei, sich bei Rückkehr nach Afghanistan im Raum Kabul aufzuhalten. Abgesehen davon bemängelt der Kläger damit im Kern eine - gemessen an den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 14. Juli 2009 -10 C 9.08 - unzureichende Tatsachenermittlung und damit nicht die Aufstellung eines - im Übrigen auch nicht benannten - abweichenden Rechtssatzes, sondern die fehlerhafte Anwendung eines Rechtssatzes im Einzelfall. Daraus ergibt sich indes keine Divergenz im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG.
13Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 -, juris, und vom 10. Juli 1995 - 9 B 18.95 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 11. November 2013 - 11 A 646/13. A -; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 124 Rn. 159.
14Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung abweichend von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass es bei der Frage, ob für einen Ausländer in seinem Heimatland eine ausreichende Lebensgrundlage bestehe, primär und ausschlaggebend auf dessen persönliche Umstände ankomme, hinter denen die allgemeinen Gegebenheiten im Zufluchtsgebiet zurückträten, führt auch dieser Einwand nicht zum Erfolg der Divergenzrüge. Er ist sachlich unzutreffend. Ein derartiger Rechtssatz ist dem angegriffenen Urteil offenkundig weder ausdrücklich noch konkludent zu entnehmen.
15Entsprechendes gilt für den - nach Ablauf der Frist zur Begründung des Zulassungsantrages (§ 124 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG) - vorgebrachten sinngemäßen Einwand, das Verwaltungsgericht habe seine Annahme, dass der Kläger auf Kabul als interne Schutzalternative verwiesen werden könne, auf einen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -) abweichenden Zumutbarkeitsmaßstab gestützt. Abgesehen davon, dass die Entscheidung darauf nicht beruht, weil das Verwaltungsgericht selbstständig tragend festgestellt hat, dass für den Kläger in Logar keine ernsthafte individuelle Bedrohung besteht, ist dies unrichtig. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung weder ausdrücklich noch konkludent den Rechtssatz aufgestellt, dass eine interne Schutzalternative bereits dann bestehe, wenn die Sicherung des bloßen Existenzminimums gewährleistet sei. Dies ist insbesondere nicht aus dem in dem Urteil enthaltenen Hinweis zu schließen, dass in den letzten Jahren keine Todesfälle aufgrund von Hunger oder Unterernährung zu verzeichnen gewesen seien. Diese Feststellung steht im Kontext der Darstellung der allgemeinen Lage in Kabul und ist nur eines von mehreren Kriterien für deren Bewertung. Daraus geht nicht hervor, dass das Verwaltungsgericht von einer auf das Existenzminimum herabgesetzten Zumutbarkeitsschwelle für die Inanspruchnahme internen Schutzes ausgeht. Vielmehr liegt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Annahme zugrunde, dass der Kläger durch Einsatz seiner Arbeitskraft seine Existenzgrundlage sichern können wird. Abgesehen davon geht aus dem weiteren hierauf bezogenen Zulassungsvorbringen hervor, dass es - zulassungsrechtlich unerheblich - ebenfalls darauf abzielt, eine nach Ansicht des Klägers fehlerhafte Rechtsanwendung aufzuzeigen.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
17Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.