Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Sept. 2014 - 13 A 1019/14.A
Gericht
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. März 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Keiner der in § 78 Abs. 3 AsylVfG abschließend aufgeführten Gründe für eine Zulassung der Berufung liegt vor.
31. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG). Die Darlegung der Grundsatzbedeutung setzt voraus, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte und für die Berufungsentscheidung erhebliche Frage rechtlicher oder tatsächlicher Art herausgearbeitet und formuliert wird; zudem muss angegeben werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Darzulegen sind die konkrete Frage, ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Januar 2013 - 13 A 727/10.A -, vom 10. August 2012 - 13 A 151/12.A ‑, juris, Rn. 2 und vom 24. Februar 2011 ‑ 13 A 2839/10.A -.
5Die vom Kläger aufgeworfene Frage,
6„ob Mitglieder monarchistischer Organisationen bzw. der monarchistischen Bewegung mit schwerer Bestrafung rechnen müssen, wenn man ihnen konkrete regimefeindliche Aktivitäten nachweisen kann“
7ist nicht entscheidungserheblich und deswegen auch nicht klärungsbedürftig. Denn das Verwaltungsgericht hat es bereits als unglaubhaft angesehen, dass der Kläger sich im Iran politisch betätigt und regimefeindliche Aktivitäten, namentlich mit dem Ziel der Verbreitung des Buches „Die satanischen Verse“ von Salman Rushdie, entfaltet hat. Es ist deswegen nicht von Bedeutung, welche Sanktionen Personen erwarten, die sich in dieser Form betätigen. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, das Verwaltungsgericht habe sein Vorbringen insoweit zu Unrecht als unglaubhaft gewürdigt, und versucht, dessen getroffene Bewertung im Stil einer Berufungsschrift zu entkräften, wendet er sich - zur Begründung der Grundsatzbedeutung ohne Aussicht auf Erfolg - gegen eine Sachverhalts- und Beweiswürdigung im konkreten Einzelfall.
82. Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten Gehörsrüge zuzulassen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können, und verpflichtet das Gericht, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in seine Entscheidungserwägungen einzustellen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat. Das Gericht ist nicht verpflichtet, den Ausführungen eines Beteiligten in der Sache zu folgen.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 722/06 -, juris, Rn. 23; BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 1999 - 6 B 65.98 -, juris, Rn. 9.
10Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist dabei von vornherein nicht geeignet, eine - vermeintlich - fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden.
11Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. August 2004- 1 BvR 1557/01 -, juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2013 - 13 A 412/12.A -, juris, Rn. 3 und vom 7. Februar 2013 - 13 A 2871/12.A -, juris, Rn. 14.
12Entgegen der Auffassung des Klägers folgt ein Gehörsverstoß nicht aus der Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu den Ziffern 2 und 3. Die Ablehnung von Beweisanträgen führt nur dann zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO, § 244 StPO). Das ist hier nicht der Fall, weil die Ablehnung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu den Ziffern 2 und 3 durch das Prozessrecht gedeckt ist.
13Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, zum Beweis der Tatsache, dass er von seiner monarchistischen Organisation beauftragt war, das englischsprachige Manuskript des Buches „Die satanischen Verse“ von Salman Rushdie einem Übersetzer/Dolmetscher zu überbringen, zwei von ihm benannte Zeugen zu vernehmen, hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag prozessordnungsrechtlich beanstandungsfrei mit der Begründung abgelehnt, der dem Antrag zugrunde liegende Tatsachenvortrag sei unsubstantiiert und widersprüchlich. Hierin liegt kein Verstoß gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung. Es ist anerkannt, dass das Verwaltungsgericht auch einem substantiierten Beweisantrag zum Verfolgungsgeschehen nicht nachgehen muss, wenn die Schilderung, die der Asylkläger hierzu gibt, in wesentlichen Punkten unzutreffend oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich ist.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 1989 - 9 B 405.89 -, juris, Rn. 8 und Beschluss vom 20. Juni 1998 - 9 B 10.98 -, juris, Rn. 6.
15In ihrer Gesamtschau erlaubten die Angaben des Klägers - auch ohne, dass hierin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung liegt - die Bewertung, dass
16die für die Ablehnung eines Beweisantrages in dieser Hinsicht erforderliche Schwelle überschritten war. Dass das Verwaltungsgericht seinen Beweisantrag abgelehnt hat, begegnet auch deswegen keinen Bedenken, weil er unsubstantiiert war. Denn es fehlt an der Darlegung, welche Wahrnehmungen die in Deutschland lebenden benannten Zeugen in Bezug auf das Beweisthema selbst gemacht haben sollen. Der pauschale Hinweis darauf, dass sie über „die Tätigkeit des Klägers im Iran“ informiert gewesen seien, reicht insoweit ohne nähere Erläuterungen nicht aus. Daraus ergibt sich schon nicht, dass die Zeugen über die hier in Rede stehende Einzelaktion informiert waren. Angesichts dessen, dass die Zeugen ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, und der jedenfalls nicht auf der Hand liegenden besonderen Bedeutsamkeit der letztlich nur als Botenleistung einzustufenden behaupteten Tätigkeit des Klägers ist dies auch lebensfremd.
17Den unter Ziffer 3 gestellten Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass Mitglieder monarchistischer Organisationen bzw. der monarchistischen Bewegung mit schwerer Bestrafung rechnen müssen, wenn man ihnen konkrete regierungsfeindliche Aktivitäten - wie die Verbreitung des Buches von Salman Rushdie „Die satanische Verse“ - nachweisen kann, eine sachverständige Auskunft einzuholen, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls im Einklang mit dem Prozessrecht abgelehnt. Denn eine Beweiserhebung dazu wäre, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, für die Entscheidung ohne Bedeutung, weil der Kläger derartige Aktivitäten nach dessen Überzeugung bereits nicht glaubhaft dargelegt hat.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylVfG.
19Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.