Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 13. Nov. 2014 - 12 B 1249/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich dagegen richtet, dass dem Antragsteller mit dem angefochtenen Beschluss etwas anderes zugesprochen worden sei, als dieser beantragt habe.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist nach Maßgabe des Tenors unzulässig. Die beanstandete Abweichung des erstinstanzlichen Ausspruchs („… wird verpflichtet, … Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung … zu bewilligen“) von dem in der Antragsschrift formulierten Antrag („… wird … verpflichtet, antragsgemäß eine Schulbegleitung durch eine Fachkraft … zu bewilligen“) vermittelt dem Antragsgegner kein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Beschlusses vom 10. Oktober 2014 im Beschwerdewege. Das Abstellen auf die Bewilligung der Kostenübernahme für eine Schulbegleitung - anstelle der Bewilligung der Maßnahme selbst - erweist sich als bloßes Formulierungsversehen des Verwaltungsgerichts, das, da es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt, gemäß §§ 121 Abs. 1, 118 Abs. 1 VwGO jederzeit vom Gericht korrigiert werden kann.
3Vgl. zum Formulierungsversehen als möglicher Fall einer offenbaren Unrichtigkeit: OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 23. März 2005 - 24 W 21/05 -, juris, und vom 28. Mai 2002 - 1 WF 71/02 -, juris; OLG München, Urteil vom 14. Oktober 1999 - 29 U 2352/99 -, juris; Kilian, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 118 Rn. 1; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 319 Rn. 12.
4Aus dem angefochtenen Beschluss selbst ergibt sich, dass der Antragsgegner zu einer vorläufigen Gewährung der im Streit stehenden jugendhilferechtlichen Leistung (hier: Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in Gestalt einer Schulbegleitung) verpflichtet werden sollte und die angesprochene Übernahme der Kosten insofern nur im Sinne einer mit der Leistungsgewährung einhergehenden Finanzierungsverantwortlichkeit des Jugendhilfeträgers gemeint war, dem Antragsgegner also nicht etwa aufgegeben werden sollte, künftige Aufwendungen für eine vom Antragsteller (bzw. von dessen Eltern) erst noch selbst zu beschaffende Maßnahme zu ersetzen. Diese Würdigung drängt sich schon wegen des Fehlens jeglicher Ausführungen in den Beschlussgründen zur Problematik des Aufwendungsersatzes bei Selbstbeschaffung auf, um die in der Sache auch ersichtlich nicht geht.
5Soweit der Antragsgegner ferner einwendet, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Schulbegleitung angesichts des durch § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII angeordneten Vorrangs der Verpflichtungen der Schule nicht vorlägen, ist seine Beschwerde zulässig, aber unbegründet, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Lichte der vom Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht zu beanstanden ist. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass der Verweis auf eine Beschulung an einer öffentlichen Förderschule nur in Betracht kommt, wenn eine diesbezügliche wirksame schulrechtliche Entscheidung über einen sonderpädagogischen Förderbedarf und den Förderort bereits vorliegt. Damit setzt sich die Beschwerde ebenso wenig auseinander wie mit dem weiteren Argument, ein Verfahren zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs könne nach Abschluss der Klasse 6 - der Antragsteller besucht derzeit die 7. Klasse - auch nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt werden (vgl. § 12 Abs. 4 AO-SF n. F.). Schon in Anbetracht der Stellungnahme des Klassenlehrers des Antragstellers zu der vom Antragsgegner aufgeworfenen Frage der „Notwendigkeit nach sonderpädagogischer Förderung“ dürfte das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles auszuschließen sein (vgl. die E-Mail des Klassenlehrers D. vom 14. Mai 2014: „Die Schule sieht bis Dato keinen sonderpädagogischen Förderbedarf für K. vor.“). Allein dass ein AO-SF-Verfahren bis zum Ende der 6. Klasse hätte eingeleitet werden können, ist für das gegenwärtige Bestehen eines Leistungsanspruchs des Antragstellers offensichtlich belanglos. Der in § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII verankerte Vorrang einer Beschulung im Rahmen des öffentlichen Schulwesens gilt nicht in Ansehung rein hypothetisch bestehender Fördermöglichkeiten, die sich nur - und auch nur möglicherweise - bei anderen Weichenstellungen in der Vergangenheit eröffnet hätten.
6Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
7Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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- 1.
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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:
- 1.
die Stätte der Geschäftsleitung, - 2.
Zweigniederlassungen, - 3.
Geschäftsstellen, - 4.
Fabrikations- oder Werkstätten, - 5.
Warenlager, - 6.
Ein- oder Verkaufsstellen, - 7.
Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen, - 8.
Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende oder schwimmende, wenn - a)
die einzelne Bauausführung oder Montage oder - b)
eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen oder Montagen oder - c)
mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.