Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 24. Mai 2016 - 12 A 157/15
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Mutter des am 2013 geborenen Kindes D. , mit dem sie seit dessen Geburt gemeinsam in einem Haushalt in H. unter der Anschrift I.---straße 28 A wohnt. Der Vater von D. wohnt in einer Entfernung von ca. 700 m zur Wohnung der Klägerin in der T.--straße 36 in H. bei seiner Großmutter.
3Auf Anfrage der Klägerin, initiiert vom Jobcenter, bestätigte der Beklagte der Klägerin unter dem 30. Juli 2013, dass Unterhaltsvorschuss für D. nicht gewährt werden könne, da die Klägerin zwar nicht mit dem Kindesvater in Haushaltsgemeinschaft lebe, die Erziehung des Kindes aber zu beiden Teilen vom Vater und ihr selbst geleistet werde. Die Klägerin sei daher nicht alleinerziehend im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes - UVG -.
4Ende August 2013 beantragte die Klägerin beim Beklagten förmlich Unterhaltsleistungen für D. nach dem UVG. Im Formular gab sie an, dass sich der Kindesvater in Ausbildung befinde und ein monatliches Gehalt von 401,85 € netto beziehe. Ferner merkte sie auf die Frage, warum sie sich nicht um Unterhaltsleistungen des Kindesvaters bemüht habe, an: „Da Partnerschaft besteht, nur getrennte Haushalte wegen Ausbildung“. Im Anschreiben heißt es hierzu ergänzend: „...der Vater von D. und ich (führen) eine Beziehung ... Der Vater von D. und ich betreuen und pflegen das Kind zu gleichen Teilen“.
5Mit Bescheid vom 13. September 2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Unterhaltsvorschusszahlungen für D. ab. Es sei faktisch von einer vollständigen Familie auszugehen. Damit liege ein „Zusammenleben“ i. S. d. UVG vor.
6Am 15. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, ihr für das Kind D. Unterhaltsleistungen nach dem UVG zu gewähren. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie sei für die Versorgung und Ernährung von D. allein zuständig. Der Kindesvater könne keinen Unterhalt leisten, da er in Ausbildung sei. Er besuche sie regelmäßig und betreue auch das Kind. Das gestalte sich allerdings schwierig, weil er beruflich bedingt ganztags außer Haus sei und nicht mit ihnen in einem Haushalt lebe. Aus seiner Berufstätigkeit und den getrennten Haushalten ergebe sich, dass die Kindesbetreuung nicht von beiden Eltern zu gleichem Anteil getragen werde. Die regelmäßigen Besuche wirkten in keiner Weise auf die Erziehung und Versorgung des Kindes ein, so dass sie faktisch alleinerziehend sei.
7Die Klägerin hat beantragt,
8den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. September 2013 zu verpflichten, auf ihren Antrag vom 26. August 2013 Unterhaltsvorschussleistungen zu leisten.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Er hat zur Begründung angeführt, Unterhaltsvorschussleistungen dienten primär dazu, die prekäre Lage einer Alleinerziehenden abzumildern und nicht dazu, ausbleibenden Unterhalt des Barunterhaltsverpflichteten, der nicht mit dem Kind zusammenlebe, auszugleichen. Daher seien UVG-Leistungen für faktisch vollständige Familien ausgeschlossen.
12Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den Vater des Kindes als Zeugen zu der Frage vernommen, ob und wie er an der Betreuung des Kindes D. mitgewirkt hat bzw. mitwirkt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 5. Dezember 2014 verwiesen.
13Mit dem angefochtenen Urteil vom 5. Dezember 2014, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von monatlich 133 € ab dem 4. Juli 2013 zu bewilligen.
14Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht habe den väterlichen Betreuungsanteil unzureichend gewürdigt. Die gemeinsame Verantwortung werde im vorliegenden Fall von beiden Elternteilen getragen. Das Jobcenter habe die Klageschrift für die Klägerin vorformuliert und ihr zur Unterschrift vorgelegt; so erkläre sich auch, dass die Klägerin die Auffassung von der dort wiedergegebenen Familiensituation nicht teile. Auf ein Zusammenwohnen im Sinne einer Wohn- und Wirtschafts-gemeinschaft oder einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft komme es nicht an. Vielmehr sei entscheidend, ob von einer faktisch vollständigen Familie ausgegan-gen werden könne, auch wenn sie nicht idealtypisch sei. Hier lebe der Kindesva-ter in einer Beziehung mit der Kindesmutter. Er wohne in geringer Entfernung von der Wohnung der Klägerin im Hause seiner Großmutter. Der emotionale Lebens-mittelpunkt liege bei der Klägerin und dem gemeinsamen Kind. Am Wochenende sei der Vater stets bei seinem Kind, in der Woche hänge dies von der Ausbil-dungsbelastung ab. Halte er sich in der Wohnung der Klägerin auf, so überneh-me er dort alle Aufgaben, die mit der Versorgung und Betreuung des Kindes zusammenhingen, wie etwa Füttern, Spielen, Windeln wechseln, Spazieren-gehen. Er nehme folglich an der Entwicklung des Kindes teil. Während seiner Urlaubstage sei er bereit, die Vorsorgeuntersuchungen mit dem Kind wahrzunehmen und etwa auch Spielgruppen mit dem Kind zu besuchen. Diese Entlastungen für die Kindesmutter hätten beide Elternteile übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung angegeben. Dass der Vater nicht die alltägliche existentielle Bedürfnisbefriedigung des Kindes wie Ernährung, Hygiene, Gesundheitsversorgung, ärztliche Vorsorgeuntersuchungen, Vorhaltung jahreszeitlicher Bekleidung, Erziehung und Betreuung tags und nachts leiste, schließe den Gesamteindruck einer vollständigen Familie nicht aus. Auch bei gemeinsamem Wohnen stehe der berufstätige Elternteil nicht gleichermaßen für die alltägliche Versorgung eines Kindes zur Verfügung. Hier liege die Entlastung in zeitlicher Hinsicht in den Abendstunden und an Wochenenden sowie im Übrigen in der Beteiligung an Entscheidungen, die das Kind und die Familie beträfen. Hier komme hinzu, dass der Vater von D. in seiner Ausbildungssituation zeitlich noch eingegrenzter sei als ein Berufstätiger. Gemessen an den vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Kriterien der Rechtsprechung werde die gemeinsame Verantwortung im vorliegenden Fall von beiden Elternteilen getragen. Das ergebe sich auch schon aus den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren.
15Der Beklagte beantragt,
16das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
17Die Klägerin stellt keinen Antrag. Auf schriftliche Anfrage des Senats hat sie mitgeteilt, dass der Vater von D. seine Ausbildung Ende Januar 2016 beendet habe und seit 1. Februar 2016 Unterhalt für das gemeinsame Kind zahle; sie beabsichtigten, in Kürze zusammenzuziehen.
18In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Klägerin zur Frage der Betreuung des Kindes ab Geburt persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift vom 24. Mai 2016 verwiesen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Be-zug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
22Die Verpflichtungsklage der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für ihren Sohn D. . Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 13. September 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23Voraussetzung eines Anspruchs auf Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist u. a., dass das Kind, für welches die Leistung gewährt werden soll, im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG).
24Ein Kind lebt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei einem seiner Elternteile, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhält, in der es auch betreut wird. Dem Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes entsprechend ist das Merkmal bei einem alleinstehenden leiblichen Elternteil nur dann erfüllt, wenn dieser wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung in seiner Person zu tragen hat. Abgrenzungsprobleme entstehen, wenn das Kind regelmäßig einen Teil des Monats auch bei dem anderen Elternteil verbringt. Für die Beantwortung der Frage, ob das Kind in derartigen Fällen nur bei einem seiner Elternteile lebt, ist entscheidend auf die persönliche Betreuung und Versorgung, die das Kind bei dem anderen Elternteil erfährt, und die damit einhergehende Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes abzuheben. Trägt der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil trotz der Betreuungsleistungen des anderen Elternteils tatsächlich die alleinige Verantwortung für die Sorge und Erziehung des Kindes, weil der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge des Kindes ganz überwiegend bei ihm liegt, so erfordert es die Zielrichtung des Unterhaltsvorschussgesetzes, das Merkmal „bei einem seiner Elternteile lebt" als erfüllt anzusehen und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren. Wird das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat, ist das Merkmal zu verneinen. Dazu bedarf es einer umfassenden Würdigung des Einzelfalles.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012
26- 5 C 20.11 -, juris Rn. 20 f. m. w. N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung.
27Spiegelbildlich zu der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG geregelten Anspruchsvoraussetzung des Lebens „bei einem seiner Elternteile“ schließt § 1 Abs. 3 UVG einen Anspruch auf Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz ausdrücklich u. a. für den Fall aus, dass der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenlebt. Leben beide Elternteile nämlich zusammen, lebt das Kind nicht bei „einem“ seiner Elternteile, wie es § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG verlangt.
28Vgl. Grube, UVG, 2009, § 1 Rn. 54.
29Ausgehend von dem Gesetzeszweck setzt der Begriff des Zusammenlebens im Sinne des § 1 Abs. 3 UVG bei unverheirateten Eltern nicht zwingend voraus, dass diese eine eheähnliche Lebensgemeinschaft oder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 und Abs. 3a SGB II bilden. Vielmehr ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Eltern des Kindes nur in einer Weise Kontakt haben, die eher der Situation eines alleinstehenden Elternteils entspricht oder ob unter Berücksichtigung der vielfältig möglichen - und nicht nur idealtypischen - Formen familiären Zusammenlebens eher von einer faktisch vollständigen Familie auszugehen ist.
30Zur Maßgeblichkeit des faktischen Vorhandenseins einer „vollständigen Familie“ vgl. BT-Drucks. 8/2774, S. 12.
31Hierzu genügt, dass in der Wohnung, in der das Kind mit einem Elternteil lebt, der andere Elternteil einen, wenn auch nicht notwendig seinen einzigen Lebensmittelpunkt hat. Haben die Eltern eines Kindes hingegen allenfalls in einer Weise Kontakt, die der Situation eines alleinerziehenden Elternteils entspricht, so fehlt es an einem Zusammenleben im Sinne des § 1 Abs. 3 UVG. Auch hinsichtlich des Begriffs des Zusammenlebens kommt es entscheidend darauf an, inwieweit eine wechselseitige Unterstützung der Eltern bei der Bewältigung der familiären Alltagssituation erfolgt.
32Vgl. dazu Bay. VGH, Beschluss vom 18. Februar 2013 - 12 C 12.2105 -, juris Rn. 6 f.; Sächs. OVG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 5 D 74/12 -, juris Rn. 8; OVG Saarl., Beschluss vom 6. Januar 2011 - 3 D 137/10 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 8. September 2009 - 4 PA 51/09 -, juris Rn. 6.
33Ausgehend von diesen Maßgaben war und ist die Klägerin seit Geburt des Kindes nicht alleinerziehend; vielmehr ist von einer faktisch vollständigen Familie auszugehen.
34Die Klägerin lebte bereits vor Geburt des Kindes in einer intakten Partnerschaft mit dem Kindesvater, die auch heute noch besteht. Das Kind wird von beiden Elternteilen gemeinsam versorgt und betreut, auch wenn der zeitliche Anteil, den die Klägerin mit D. verbringt, in der Woche höher anzusetzen ist als beim jetzt berufstätigen und zuvor in der beruflichen Ausbildung stehenden Kindesvater.
35Dieser Gesamteindruck einer vollständigen Familie, den schon die Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren nahe legen, hat sich durch die Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats verfestigt. Danach bewohnt der Kindesvater zwar ein Zimmer im Hause seiner Großmutter in etwa 700 m Fußweg-Entfernung von der Klägerin. Sein Lebensmittelpunkt lag und liegt aber seit der Geburt von D. in der Wohnung der Klägerin und des Kindes. Dort hat er sich nicht nur mindestens jeden zweiten Tag nach Rückkehr vom Ausbildungsplatz aufgehalten, geduscht und am Abendessen teilgenommen, sondern regelmäßig auch jedes Wochenende und jeden Feiertag. Ebenso hat er seine Ur-laubstage mit der Klägerin und seinem Sohn gemeinsam geplant und verbracht. In der Wohnung nutzen beide Eltern - wie die Klägerin sinngemäß anführt - schon immer den Kleiderschrank gemeinsam, wo der Kindesvater Kleidungsstücke, insbesondere auch Sportkleidung untergebracht hat. Demgegenüber bewohnt der Kindesvater im Hause seiner Großmutter keine vollständig abgeschlossene Wohneinheit, sondern lediglich ein Zimmer und teilt sich mit der Großmutter - und seit 2015 auch mit seiner Tante - die Nebenräume des Hauses. Dass dort - jedenfalls seit der Geburt von D. - nicht der Lebensmittelpunkt des Kindesvaters gelegen hat, belegen nicht nur die Zeiten, die dieser bei der Klägerin zugebracht hat, sondern dessen gesamte Lebensumstände. So war der Kindesvater etwa auch insoweit in den Haushalt der Klägerin einbezogen, als beide gelegentlich abends die Einkäufe gemeinsam erledigt haben.
36Neben diesem Aspekt der Zeit, die die Familie seit Geburt des Kindes gemeinsam verbringt und verbracht hat, ist der Vater von Geburt des Kindes an auch in die Erziehung und Versorgung von D. mit einbezogen gewesen. So hat die Klägerin ihren Wunsch, mit dem Kind etwa ab dem 4. Lebensmonat an einer Pekip-Gruppe teilzunehmen, mit dem Kindesvater erörtert, ehe sie ihn umgesetzt hat. Ebenso ist der Entschluss, das Kind ab 2015 in einer Kindertagesstätte anzumelden, von beiden Elternteilen getroffen worden. Die aus Elternsicht sehr wichtige Entscheidung, ob das Kind an einer Helmtherapie in Köln teilnimmt, um die Kopfform auszugleichen und etwaigen späteren Rückenschäden vorzubeugen, haben die Eltern nicht nur gemeinsam getroffen, sondern der Kindesvater ist - wie die Klägerin geschildert hat - zur Vorbereitung dieser Entscheidung, die medizinisch nicht eindeutig zu treffen war, einen hohen Fahrtaufwand für Mutter und Kind bedeutet hat und nicht zuletzt eine finanzielle Eigenbeteiligung der Eltern erforderte, mit zum Kinderarzt gegangen. Auch im Übrigen hat die Klägerin den Kindesvater über Besonderheiten, die im Alltag mit dem Kind anfielen, abends in Kenntnis gesetzt. Diese Teilhabe an der Erziehung und Entwicklung des Kindes prägt ebenfalls den Gesamteindruck einer faktisch vollständigen Familie.
37Der Kindesvater hat bei seiner Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht die Angaben der Klägerin im Kern bestätigt: Dort hat er ausgeführt, in der Woche zwei- bis dreimal „bei der Klägerin“ zu sein, meistens am Wochenende. Das hänge auch davon ab, wie er Arbeiten zu schreiben habe. Er habe während seines Aufenthaltes in der Wohnung der Klägerin seinen Sohn auch selbständig versorgt, an freien Tagen auch Arztbesuche mit diesem erledigt.
38Das Bild einer vollständigen Familiensituation entspricht auch der subjektiven Einschätzung der Klägerin: Diese hat sich bereits bei Antragstellung gegenüber dem Beklagten als in einer „Partnerschaft“ mit dem Kindesvater stehend angesehen. Sie hat im Verwaltungsverfahren beschrieben, die Betreuung erfolge zu gleichen Teilen (Vermerk des Beklagten über ein Telefongespräch mit der Klägerin vom 30. Juli 2013), der Kindesvater übernachte mehrmals in der Woche bei ihr, um bei seinem Kind zu sein und sie - die Klägerin - zu entlasten (Gesprächsvermerk des Beklagten vom 26. August 2013). Die Klägerin hat weiter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschildert, dass der Kindesvater jetzt, nachdem er seine Ausbildung am 31. Januar beendet habe und seit 1. Februar 2016 berufstätig sei, so bald wie möglich in ihre Wohnung einziehen werde; die Umschreibung des Mietvertrages auch auf seine Person sei bei der Vermieterin schon angefragt worden. Es habe ihrer gemeinsamen Planung seit Geburt des Kindes entsprochen, dass der Kindesvater nach Ablegung der Gesellenprüfung in ihren Haushalt einziehe. Diese Planung steht in Übereinstimmung mit den schriftlichen Angaben der Klägerin im Antragsformular, wo sie sinngemäß angegeben hat, getrennte Haushalte bestünden nur wegen der Ausbildung des Kindesvaters.
39Die schriftliche Klagebegründung, mit der die Klägerin zusammenfassend geltend gemacht hat, faktisch alleinerziehend zu sein, der Kindesvater wirke mit seinen Besuchen in keiner Weise auf die Erziehung und Versorgung des Kindes ein, steht zu ihren übrigen Angaben nur scheinbar im Widerspruch. Die Klägerin hat vor dem Senat bestätigt, dass sie die Klage auf Drängen des Sozialamts eingereicht habe und der Klageschriftsatz dort vorformuliert worden sei, wie dies auch von der Beklagten zuvor geltend gemacht worden war. Sie hat sich damit vom Inhalt der Klageschrift distanziert. Wie sich durch die (erneute) Anhörung der Klägerin vor dem Senat ergeben hat, nimmt der Kindesvater an allen wesentlichen Fragen der Kindeserziehung und Versorgung teil und entlastet die Klägerin auch seit der Geburt des Kindes bei der Betreuung in nicht unerheblichem Umfang. Dies ergibt den Gesamteindruck einer faktisch vollständigen Familie.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
41Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
42Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
- 1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, - 2.
erwerbsfähig sind, - 3.
hilfebedürftig sind und - 4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
- 1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
Ausländerinnen und Ausländer, - a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder - b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
- 3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
- 1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, - 2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, - 3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
- 4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
- 1.
länger als ein Jahr zusammenleben, - 2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, - 3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder - 4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,
- 1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder - 2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(4a) (weggefallen)
(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.
(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,
- 1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, - 2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder - b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
- 3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.