Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 19. Aug. 2009 - 1 L 131/08

bei uns veröffentlicht am19.08.2009

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 30. April 2009 - 3 A 281/07 - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 1.553,76 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks A.-straße 3 in F., das mit Straßenfrontlängen von jeweils ca. 24 m zwischen der A.-straße und der B.-Straße liegt. Ihre nach erfolgloser Durchführung von Widerspruchsverfahren erhobenen, zum Aktenzeichen 3 A 281/07 verbundenen Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 14. August 2006 (Änderungsbescheid wegen Einbeziehung der Veranlagung auch der B.-Straße) und 02. Januar 2007, mit denen die Klägerin zu Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2005 und die Folgejahre in Höhe von jährlich 195,60 EUR bzw. für das Jahr 2007 und die Folgejahre in Höhe von 332,16 EUR herangezogen wurde, wies das Verwaltungsgericht Greifswald mit Urteil vom 30. April 2008 ab. Die angefochtenen Gebührenbescheide seien rechtmäßig und fänden in der Straßenreinigungsgebührensatzung der Universitäts- und Hansestadt F. vom 09.März 1999 i.d.F. der 5. Änderung vom 20. Dezember 2004 (Bescheid vom 14.08.2006) sowie i.d.F. der 6. Änderung vom 20. Dezember 2006 i.V.m. der rückwirkend zum 01. Januar 2007 in Kraft getretenen 7. Änderung vom 27. August 2007 (Bescheid vom 02.01.2007) - GS - ihre wirksame Rechtsgrundlage, wie die Kammer bereits in Parallelverfahren festgestellt habe (z.B. Urt. v. 23.04.2008 - 3 A 543/07 -; v. 15.01.2008 - 3 A 222/07 -). Insbesondere sei entgegen der Auffassung der Klägerin die Kalkulation für die Kosten des Winterdienstes in der 6. und 7. Änderungssatzung zur Gebührensatzung nicht zu beanstanden. Es habe in der Gebührenkalkulation für den Winterdienst zwischen dem Stadtgebiet und den peripher gelegenen Ortsteilen Insel S. und E. unterschieden werden dürfen, indem wegen unterschiedlicher tatsächlicher Voraussetzungen jeweils unterschiedliche Kostenmassen auf die betreffende Anzahl der Kehrkilometer verteilt worden seien. Der einheitliche Gebührensatz von 3,16 EUR pro Meter Straßenfrontlänge für alle Straßen im Stadtgebiet begegne keinen Bedenken, weil eine Unterscheidung wie bei der Sommerreinigung nach der Reinigungshäufigkeit nicht geboten sei. Es fehle bei der Winterreinigung an dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Verkehrsfunktion und Verschmutzung, auf dem die unterschiedliche Reinigungshäufigkeit im Sommer beruhe. Der Niederschlag - Schneemenge und Glatteis - falle unabhängig von der Verkehrsfunktion der Straße an; dies rechtfertige eine Gleichbehandlung aller Straßenanlagen. Daran änderten Prioritätsregeln solange nichts, wie eine hinreichende Versorgung aller in den Winterdienst einbezogenen Straßen gewährleistet sei. Die Klägerin sei als Eigentümerin des fraglichen Grundstücks Gebührenschuldnerin auch für die B.-Straße, weil es sich auch in Bezug auf diese Straße um ein Anliegergrundstück handele. Es grenze unmittelbar an den Gehweg der B.-Straße an. Die zwischen Fahrbahn und Flurstück liegenden Grundstücke bildeten den Grünstreifen bzw. Gehweg der B.-Straße. Der Gehweg sei nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrWG M-V Straßenbestandteil; der zwischen Gehweg und Fahrbahn liegende, mit Kastanienbäumen bestandene Grünstreifen wirke sich auf die Anliegereigenschaft nicht aus.

2

Mit am 04. Juni 2008 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz beantragte die Klägerin die Zulassung der Berufung gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 09. Mai 2008 zugestellte Urteil. Sie hält - so der am 09. Juli 2008 Oberverwaltungsgericht eingegangene Begründungsschriftsatz - die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezüglich des Winterdienstes für fehlerhaft, weil dieses nur auf den Räumungsbedarf, nicht aber auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Einrichtung "Winterdienst" abstelle; dies begründe ernstliche Zweifel an der Entscheidung. Auch bei normalen Wintern sei davon auszugehen, dass aufgrund der Prioritätsregelung im Winterdiensteinsatzplan Straßen mit höherer Verkehrsbedeutung eher und vor allem häufiger vom Schnee befreit würden als Straßen mit untergeordneter Verkehrsfunktion, die häufig überhaupt nicht beräumt werden könnten. Somit hätten die Anlieger der Straßen mit höherer Verkehrsfunktion einen größeren Vorteil. Dies finde sich auch in der Rechtsprechung bestätigt (etwa OVG Nordrhein-Westfalen, 27.05.2003 - 9 A 4716/00 -, OVG Schleswig-Holstein, 17.06.1998 - 2 L 88/07 -). Das Verwaltungsgericht habe nicht auf den konkreten Einzelfall abgestellt - den es zudem noch unzureichend ermittelt habe, was gegen die Aufklärungspflicht verstoße -, sondern eine allgemein gültige Aussage treffen wollen. Tatsächlich komme es aufgrund des Winterdiensteinsatzplans zu einer unterschiedlichen Behandlung der Straßen je nach Verkehrsfunktion. Gleichzeitig sei damit der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gegeben. Auch weiche das Verwaltungsgericht von Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen - u.a. auch der bereits genannten - und des OVG Schleswig-Holstein ab.

3

Der Beklagte tritt dem entgegen. Einwendungen gegen die Straßenreinigungsgebühren trage die Klägerin nicht vor. Ihre Ausführungen zu den Winterdienstgebühren gingen sowohl an der Tatsachen- als auch an der Rechtslage vorbei. Die kalkulierten Winterdienstgebühren für 2007/2008 trügen der gebotenen Abstufung im gebotenen Maße Rechnung, wenn für S. und E. deutlich geringere Winterdienstgebühren zu zahlen seien als für den Stadtbereich. Die vorgenommene Kostenquotelung beruhe auf den Erfahrungswerten der Winterdiensteinsätze der letzten Jahre für diese Ortsteile; Beräumungsleistungen seien in diesen grundsätzlich nachrangig bedienten Ortsteilen nach der vorrangigen Räumung im Stadtbereich aufgrund zwischenzeitlich geänderter Witterungsverhältnisse häufig nicht mehr notwendig gewesen. Eine weitere Abstufung der Gebühren für den Winterdienst in Anlehnung an die Straßenreinigungsklassen 1 und 3 - die noch 2005/2006 bestehende Klasse 2 sei abgeschafft - würde die Straßenreinigungsklasse 3 unzulässig begünstigen. Der Winterdienst erfolge auch in der Straßenreinigungsklasse 1 - die bei dreimaliger Reinigung nur Straßen im Innenstadtbereich umfasse - in allen Fällen nur nach Notwendigkeit. Es dürfe aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität pauschaliert werden. Die Grundsätze des Winterdienstes seien im Rahmen von Tourenplänen und Bewertungen besonders gefährdeter Fahrbahnen, Kreuzungen und Brücken sowie Dringlichkeitsstufen festgelegt; diese Festlegungen könnten allenfalls Anhaltspunkte für die Häufigkeit der winterdienstlichen Beräumung sein. Im Regelfall werde im gesamten Stadtgebiet eine Winterdienstversorgung von Straßen der verschiedensten Verkehrsbedeutung zeitgleich durch mehrere Räumfahrzeuge vorgenommen. Nur in Fällen völlig außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse leiteten "Dringlichkeitsstufen" und "Bewertungsstufen besonders gefährdeter Fahrbahnen, Kreuzungen und Brücken" die Mitarbeiter des Bauhofes bei ihren jeweiligen Entscheidungen hinsichtlich des Vorrangs einzelner Straßen an. Umgekehrt könne es sogar Situationen geben, in denen überwiegend "Nebenstraßen" beräumt würden, während Hauptverkehrsstraßen gar keiner Räumung bedürften. Solche Ausnahmesituationen könnten durch eine ausdifferenzierte Gebührenregelung gar nicht erfasst werden. Im Übrigen würde eine Gebührenstaffel wie von der Klägerin gefordert sich lediglich zu deren Nachteil auswirken, weil die B.-Straße als Hauptverkehrsstraße einzustufen sei. Auch habe die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Den angeführten obergerichtlichen Entscheidungen liege ein abweichender Sachverhalt zugrunde.

II.

4

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist zwar frist- und formgerecht eingegangen und begründet worden (§ 124a Abs. 4 VwGO); er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe liegen nicht vor.

5

1. Dies gilt zunächst für den zur Begründung angeführten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

6

Ein auf diesen Zulassungsgrund gestützter Antrag muss sich im Hinblick auf das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernsthaften Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Erforderlich dafür ist, dass sich unmittelbar aus der Antragsbegründung sowie der angegriffenen Entscheidung selbst schlüssig Gesichtspunkte ergeben, die ohne Aufarbeitung und Durchdringung des gesamten bisherigen Prozessstoffes - vorbehaltlich späterer Erkenntnisse - eine hinreichend verlässliche Aussage dahingehend ermöglichen, das noch zuzulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Ist eine Entscheidung in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet, so muss im Hinblick auf jeden der Begründungsteile ein Zulassungsgrund dargelegt werden und gegeben sein (vgl. BVerwG, 01.02.1990 - 7 B 19.90 -, Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22; 10.05.1990 - 5 B 31.90 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 284 m.w.N.).

7

In der Sache sieht der Senat diesen Zulassungsgrund als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift - gegebenenfalls in Verbindung mit einem weiteren innerhalb der Antragsfrist eingegangenen Schriftsatz - Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. So liegen etwa in den Fällen, in denen zwar die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung ersichtlich unzutreffend ist, eine andere tragfähige Begründung sich dem Senat aber ohne Weiteres aufdrängt, ernstliche Zweifel im Sinne des Zulassungsrechts nicht vor. Ernstliche Zweifel können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend überschauen lassen, die Zulassungsschrift aber dem Senat die Einsicht vermittelt, dem Rechtsmittel seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen (ständige Rspr. des Senats, vgl. etwa 15.10.2008 - 1 L 104/05 -; 11.08.2009 - 1 L 34/06 -).

8

Da sich die Begründung des Zulassungsantrages ausschließlich mit der Regelung in der Gebührensatzung in der Fassung der 6. und 7. Änderung befasst, wonach ab dem Jahr 2007 im gesamten Stadtgebiet (mit Ausnahme S. und E.) für die Leistung "Winterdienst" ein gesondert ermittelter, für alle noch bestehenden Straßenreinigungsklassen (1 und 3) einheitlicher Gebührensatz in Höhe von 3,16 EUR pro Meter Straßenfrontlänge gilt (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a GS), fehlt es hinsichtlich des Gebührenbescheids vom 14. August 2006 bereits an der hinreichenden Darlegung von Zulassungsgründen i.S.d. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Denn die diesem Bescheid zugrundeliegende, im Ergebnis für die Jahre 2005 und 2006 Geltung beanspruchende Gebührensatzung vom 29. Dezember 2004 enthielt insoweit nicht nur andere Gebührensätze für den Winterdienst, sondern auch eine von der Systematik her grundlegend abweichende Gebührenkalkulation für diese Leistung; hieraus ergaben sich dann Gebührensätze für den Winterdienst je Meter Frontlänge in Höhe von 1,06 EUR (Reinigungsklasse 1), 0,91 EUR (Reinigungsklasse 2) und 0,51 EUR (Reinigungsklasse 3). Ebensowenig ist die vom Verwaltungsgericht bestätigte Annahme des Beklagten angegriffen, die Klägerin unterliege sowohl hinsichtlich der A.-straße als auch hinsichtlich der B.-Straße wegen der Lage ihres Grundstücks zwischen diesen beiden Straßen der Straßenreinigungsgebührenpflicht; ausschließlich dieser Umstand aber hatte die Erhöhung der Straßenreinigungsgebühren für das klägerische Grundstück im Bescheid vom 14. August 2006 im Vergleich zum Vorgängerbescheid verursacht.

9

Hinsichtlich des Angriffs gegen den Gebührenbescheid vom 02. Januar 2007 betreffend die Gebührenerhebung für 2007 und Folgejahre kann sich die Klägerin gemessen an dem vorstehend genannten Prüfungsmaßstab nicht mit Erfolg auf den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel berufen.

10

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V ist die Benutzungsgebühr - und um eine solche handelt es sich bei der Gebühr, die für die Nutzung der öffentlichen Einrichtung "Straßenreinigung" von der reinigungspflichtigen Gemeinde erhoben werden kann (§ 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG - MV) - "nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen". Damit ist die Geltung des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG und des bundesrechtlichen Äquivalenzprinzips (Grundsatz der Leistungsproportionalität bzw. Angemessenheitsgrundsatz) als spezielle Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit postuliert. Diesen Anforderungen trägt - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt - die von der Klägerin angegriffene Winterdienstgebührenregelung in der Satzung vom 20. Dezember 2006 hinreichend Rechnung.

11

Die Anforderungen des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit können grundsätzlich sowohl bei einer Einbeziehung der Winterdienstkosten in eine einheitliche Straßenreinigungsgebühr als auch mit Einführung eines gesonderten Winterdienstmaßstabes erfüllt werden; entscheidend dafür, ob die Verteilung der Kostenmassen, die Maßstabsbildung und die Ermittlung des jeweiligen Gebührensatzes anhand dieses Maßstabs diesen rechtlichen Anforderungen standhalten, sind die Ausgestaltung des Winterdienstes und die Art und Weise der Kalkulation im konkreten Fall (vgl. Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juli 2009, Anm. 10.9.3 bzw. 10.9.4). Nichts anderes ergibt sich auch aus den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen und des OVG Schleswig (in diesem Sinne auch OVG Berlin-Brandenburg, 10.10.2007 - 9 A 72.05 -, juris; VG Gelsenkirchen, 17.10.2007 - 13 K 795/06 -, juris).

12

Der Senat teilt nach Prüfung der speziell den Winterdienst betreffenden Festlegungen anhand der Unterlagen aus dem Satzungsverfahren die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass hier ein einheitlicher Gebührensatz von 3,16 EUR je Straßenfrontmeter für alle im Stadtgebiet (mit Ausnahme S. und E.) liegenden, zu Straßenreinigungsgebühren heranzuziehenden Grundstücke nicht zu beanstanden und insoweit eine Differenzierung nicht - insbesondere nicht eine solche in Abhängigkeit von der Häufigkeit der wöchentlichen Straßenreinigung (Sommerreinigung) oder der Verkehrsbedeutung der Straße - geboten ist, um dem Gleichheitsgrundsatz Rechnung zu tragen. Das bei der Sommerreinigung gegebene Abhängigkeitsverhältnis zwischen Verkehrsfunktion und Verschmutzungsgrad, aus dem ein unterschiedlicher Reinigungsbedarf und damit eine gebührenrechtlich relevante unterschiedliche Reinigungshäufigkeit resultiert, ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - auf den Winterdienst schon im Ansatz nicht übertragbar. Als Folge von Schneefall und Eisbildung entsteht in der Regel witterungsbedingt zunächst einmal überall im Stadtgebiet der gleiche Räumungsbedarf.

13

Erforderlich ist dann lediglich, dass hinreichend Vorsorge getroffen ist, dass im Normalfall, also abgesehen von extremen Wetterlagen, auch eine annähernd gleichmäßige Versorgung der fraglichen Straßen mit Winterdienstleistungen angestrebt ist und diese tatsächlich einigermaßen gewährleistet werden kann. Dies sieht der Senat hier - angesichts der Zahl der vorgehaltenen bzw. eingesetzten Fahrzeuge und Personen, der Arbeitsanweisungen und der Tourenpläne, in denen sich insbesondere auch die beiden Straßen finden, an die das Grundstück der Klägerin angrenzt - mit dem Verwaltungsgericht und dem Beklagten als hinreichend gegeben. Dem steht auch nicht entgegen, dass eine an bestimmten Kriterien orientierte Prioritätensetzung vorgenommen ist. Diese als "Dringlichkeitsstufen des Straßennetzes" bezeichnete Regelung orientiert sich vorrangig nicht abstrakt an der bloßen Verkehrsfunktion einer Straße als solche, sondern am jeweiligen Gefährdungspotential (z.B. Hauptbuslinien) und Nutzungsnotwendigkeiten (z.B. Klinikzufahrten). Vorgesehen ist, die Straßen der Dringlichkeitsstufe C zwar nach denen der Dringlichkeitsstufen A und B, aber nach Möglichkeit eben auch im Regelfall zu beräumen; im Bedarfsfall (Notfälle) mögen Straßen der Stufe C sogar vor solchen der Stufe A oder B beräumt werden. Damit unterscheidet sich der Sachverhalt von einer Regelung, die vornherein eine Winterwartung von Nebenstraßen überhaupt nur bei extremen winterlichen Witterungslagen anordnet und auch nur insoweit Vorsorge betreibt (vgl. Aussprung, a.a.O., § 6 Anm. 10.9.4). Hinzu kommt, dass eine Gebührenkalkulation für den Winterdienst in besonderem Maße prognostische Aspekte aufweist, weil sich der tatsächliche Räumungsbedarf in der Wintersaison wegen der Witterungsabhängigkeit weder nach Häufigkeit noch nach Intensität oder örtlicher Verteilung verlässlich voraussagen lässt. Lediglich die Vorhaltekosten lassen sich vorab konkreter ermitteln.

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Weder hat die Klägerin konkret vorgetragen oder gar belegt noch sind sonst Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass schon im Regelfall mangels hinreichender Personal- und Sachmittel eine beachtliche Zahl von winterdienstgebührenpflichtigen Straßen - und zwar immer die gleichen - in einem solchen Umfang tatsächlich nie von Winterdienstleistungen profitiert, dass der Rahmen einer aus Gründen der Praktikabilität oder Typengerechtigkeit hinzunehmende Pauschalierung (vgl. hierzu Aussprung, a.a.O., § 6 Anm. 7.1.3.1. m.w.N.) verlassen würde. Das Verwaltungsgericht war daher auch nicht verpflichtet, insoweit ohne hinreichend konkrete Anhaltspunkte im Vortrag der Klägerin der Frage nachzugehen, ob das Beräumungskonzept für die Winterreinigung in der Vergangenheit in einer so nennenswerten Zahl von Fällen tatsächlich regelmäßig zur Vernachlässigung bestimmter Straßen in einem Ausmaß geführt hat, das die Annahme rechtfertigt, diese Straßen wären unter Gleichheitsgesichtspunkten unangemessen mit Gebühren des Winterdienstes belastet. Eine solche Anforderung würde den Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO überspannen.

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2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht gegeben.

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Dieser Zulassungsgrund erfordert Ausführungen dazu, dass die Rechtssache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist. Erforderlich ist, dass die klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnet und dargestellt wird, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung dieser speziellen Rechtsfrage ergibt (ständige Rspr. des Senats, vgl. zuletzt etwa OVG Mecklenburg-Vorpommern, 08.07.2009 - 1 L 415/05 -, 29.06.2009 - 1 L 178/08 -).

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Abgesehen davon, dass das klägerische Vorbringen mit seiner Bezugnahme auf die genannte Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen und des OVG Schleswig-Holstein, mit der die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht in Einklang stehe, eher nach Art einer Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) argumentiert - wobei eine solche (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erforderte, dass eine Abweichung von der Rechtsprechung des zuständigen Obergerichts geltend gemacht würde -, entzieht sich die als klärungsbedürftig formulierte Frage, ob es

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"mit Blick auf § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V erforderlich ist, in einer Straßenreinigungsgebührensatzung hinsichtlich des für den Winterdienst festgesetzten Gebührensatzes eine Differenzierung nach den in dem Gebiet einer Gemeinde bestehenden Prioritätsregelungen hinsichtlich des Wintereinsatzdienstes danach vorzunehmen, welcher Prioritätsklasse die einzelnen Straßen zugehören"

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einer einheitlichen und verallgemeinerungsfähigen Beantwortung für das Land Mecklenburg-Vorpommern.

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Die Ausgestaltung des Winterdienstes in einer Gemeinde ist - schon wegen der mit dem Einfluss der Natur verbundenen Unwägbarkeiten und den jeweiligen topographischen Besonderheiten - stärker noch als die Organisation der allgemeinen Straßenreinigung eine Frage des Einzelfalls, bei dem nicht zuletzt auch die tatsächliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden und Zumutbarkeitsgesichtspunkte berücksichtig werden dürfen (vgl. Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juli 2009, § 6 Anm. 10.9.2). Deswegen hängt die Zulässigkeit des gewählten Gebührenmaßstabes gerade von der Ausgestaltung der in der Fragestellung angesprochenen "Prioritätsregelungen" im konkreten Einzelfall und der vorgenommenen Kalkulation ab. Die Anforderungen des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit können - wie oben ausgeführt - sowohl bei einer Einbeziehung der Winterdienstkosten in eine einheitliche Straßenreinigungsgebühr als auch mit Einführung eines gesonderten Winterdienstmaßstabes erfüllt werden.

21

3. Die in dem angefochtenen Urteil getroffene Kostenentscheidung begegnet nach all dem keinen rechtlichen Bedenken.

22

Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

23

Die Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG i.V.m. § 9 ZPO entsprechend. Da die Klägerin ihren Zulassungsantrag seinem eindeutigen Wortlaut nach gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts insgesamt gerichtet hat und er damit das ursprüngliche Klagebegehren in voller Höhe erfasst, sieht der Senat keinen Anlass für eine Verminderung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren im Hinblick darauf, dass sich die Begründung ausschließlich mit der Regelung in der Gebührensatzung in der Fassung der 6. und 7. Änderung befasst, wonach ab dem Jahr 2007 im Stadtgebiet für die Leistung "Winterdienst" ein einheitlicher Gebührensatz in Höhe von 3,16 EUR pro Meter Straßenfrontlänge gilt.

24

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz3 GKG).

25

Hinweis:

26

Mit der Ablehnung des Antrages wird das Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 19. Aug. 2009 - 1 L 131/08

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 19. Aug. 2009 - 1 L 131/08

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 19. Aug. 2009 - 1 L 131/08 zitiert 12 §§.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

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(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden. (2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öff

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 23. Juni 2010 - 1 L 34/06

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25. November 2005 - 8 A 1951/01 - teilweise abgeändert: Der Bescheid des Beklagten vom 20.11.2000 (Bescheid-Nr.: ###) und der Widerspruchsbescheid vom 03. J

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach den Vorschriften des Vierten Buchs der Zivilprozeßordnung wiederaufgenommen werden.

(2) Die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage und der Restitutionsklage steht auch dem Vertreter des öffentlichen Interesses, im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug auch dem Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zu.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25. November 2005 - 8 A 1951/01 - teilweise abgeändert:

Der Bescheid des Beklagten vom 20.11.2000 (Bescheid-Nr.: ###) und der Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2001 werden insoweit aufgehoben, als der darin festgesetzte Straßenbaubeitrag für die Baumaßnahme Ausbau der X-Straße einen Betrag von 18.492,82 DM übersteigt.

Der Kläger trägt unter Einbeziehung der bisherigen Kostenentscheidungen beider Instanzen die Kosten des gesamten Verfahrens zu drei Vierteln, der Beklagte zu einem Viertel.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des jeweiligen Kostengläubigers abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Kostenschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Straßenbaubeitragsbescheid des Beklagten für den Ausbau der X-Straße in Rostock.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines Hausgrundstücks in der X-Straße ... in Rostock (Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ...) mit einer Größe von 3.981 qm. Eine Teilfläche des Grundstücks von

3

ca. 530 qm mit rechteckigem Zuschnitt liegt direkt an der X-Straße. Darauf befindet sich das Wohnhaus des Klägers nebst einem Garagenkomplex. Daran schließt sich ein etwa 45 m langes und ca. 3 m breites Verbindungsstück zum hinteren, als Garten genutzten Grundstücksteil an. Dieser Garten verläuft bei einer Breite von ca. 26 m bis 10,5 m keilförmig und auf seiner gesamten Länge von etwa 195 m parallel zur - von der X-Straße rechtwinklig abzweigenden - Y-Straße und Z-Straße in Richtung der Warnow. Das Grundstück endet der X-Straße gegenüberliegend am zwischen der Z-Straße und der Y-Straße verlaufenden A-Weg. Der A-Weg zwischen Z-Straße und Y-Straße ist dem öffentlichen Verkehr gewidmet, stellt sich als sonstige öffentliche Straße im Sinne von § 4 Nr. 3 Straßen- und Wegegesetz MV dar und befindet sich in Straßenbaulastträgerschaft der Hansestadt Rostock. Der A-Weg hat eine durchschnittliche Breite von 1,80 m bis 2,20 m. Er ist befestigt (Pflaster bzw. Gehwegplatten) und beleuchtet. Der hintere Teil des Grundstücks des Klägers mit einer Fläche von ca. 750 qm ist an einen Dritten verpachtet. Für die weiteren Einzelheiten der Grundstückssituation wird auf die erst- und zweitinstanzlich vom Gericht gefertigten Lichtbilder und die zur Gerichtsakte gereichten Flurkarten verwiesen.

4

Der Beklagte ließ im Jahre 1998/1999 die X-Straße mit ihren Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Straßenentwässerung, Bushaltebuchten, Straßenbegleitgrün, Beleuchtung, Parkflächen und kombiniertem Geh- und Radweg ausbauen. Die Bauarbeiten wurden im Frühjahr 1999 beendet, Schlussrechnungen der am Bau beteiligten Unternehmen gingen bis Juli 1999 beim Beklagten ein. Am 20. Juni 2000 beschloss der Hauptausschuss der Bürgerschaft der Hansestadt Rostock zur Abrechnung der Ausbaumaßnahmen eine Abschnittsbildung, nach der die X-Straße im Abschnitt zwischen der G.-Straße und der K.-Straße gesondert abzurechnen sei.

5

Mit Bescheid Nr. ... vom 20. November 2000 zog der Beklagte den Kläger für die Ausbaumaßnahmen zu einem Beitrag von DM 22.785,47 heran. Ein Nachlass wegen Mehrfacherschließung wurde dabei nicht berücksichtigt.

6

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2001, dem Kläger am 09. Juli 2001 zugestellt, zurück. Nach § 6 Abs. 3 der Satzung der Hansestadt Rostock über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung - SBS) vom 24. Juli 2000 sei bei Grundstücken, die - wie das klägerische Grundstück - mit ihrer gesamten Fläche im unbeplanten Innenbereich lägen, die tatsächliche Fläche des Buchgrundstückes anzusetzen.

7

Dagegen hat der Kläger am 09. August 2001 Klage erhoben.

8

Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe seine Beitragsberechnung nicht auf § 6 Abs. 3 SBS 2000, sondern auf § 6 Abs. 4 Satz 1, 5 SBS 2000 stützen müssen, da nicht die gesamte Fläche seines Grundstücks im Innenbereich liege, sondern lediglich eine Teilfläche von 820 qm, während die Restfläche von 3.161 qm als Außenbereich im Innenbereich zu qualifizieren sei. Daraus resultiere ein Ausbaubeitrag von lediglich DM 5.389,17.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 20.11.2000 - Bescheid-Nr. ... - und den Widerspruchsbescheid vom 03.07.2001 aufzuheben, soweit damit ein Beitrag von mehr als DM 5.389,17 festgesetzt wurde.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Auffassung vertreten, das Grundstück des Klägers bilde keine Außenbereichsinsel im unbeplanten Innenbereich.

14

Mit dem angegriffenen Urteil vom 25. November 2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Heranziehungsbescheid finde seine Rechtsgrundlage in den §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 KAG (a.F.) i.V.m. § 1 Satz 1 SBS 2000. Entgegen der Auffassung des Klägers habe der Beklagte bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands der Ausbaumaßnahme die Fläche des klägerischen Grundstücks zutreffend gewichtet. Soweit er dafür die Regelung des § 6 Abs. 3 SBS 2000 angewandt habe, stoße dies nicht auf rechtliche Bedenken. Anders als der Kläger meine, liege sein Grundstück mit der gesamten Fläche innerhalb des unbeplanten Innenbereichs. Das Urteil ist dem Kläger am 20. Dezember 2005 zugestellt worden.

15

Am 20. Januar 2006 hat der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. November 2005 beantragt. Den Zulassungsantrag hat er mit am 20. Februar 2006 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz näher begründet und dabei seinen Zulassungsantrag dahingehend beschränkt, dass er den Straßenbaubeitragsbescheid nur insoweit anfechte, als er zu Unrecht auch für eine 750 qm große Teilfläche einen Straßenbaubeitrag in Höhe von DM 4.292,65 (EURO 2.194,80) enthalte. Mit Beschluss vom 11. August 2009 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25. November 2005 - 8 A 1951/01 - zugelassen, soweit mit dem Urteil die Klage gegen den Beitragsbescheid vom 20. November 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2001 hinsichtlich eines darin festgesetzten Straßenbaubeitrags von mehr als DM 18.492,82 (entspricht 9.455,23 EURO) abgewiesen worden sei, und hat im Übrigen das Zulassungsverfahren eingestellt. Der Zulassungsbeschluss wurde dem Kläger am 18. August 2009 zugestellt.

16

Mit am 17. September 2009 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger seine Berufung begründet. Er trägt im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die besondere Form des veranlagten Buchgrundstückes, d. h. die besondere Größe und Länge sowie die atypisch geschnittene Fläche, den Ausnahmecharakter dieses Buchgrundstückes gegenüber den Nachbargrundstücken, d. h. dessen relative Atypik, die Gartennutzung des hinteren Grundstücks teils im Umfang von 750 qm durch einen Dritten sowie die weitere Erschließung am hinteren Grundstücksende durch den A-Weg, nicht berücksichtigt.

17

Hinsichtlich des A-Weges beruft sich der Kläger auf die Regelung des § 6 Abs. 10 SBS 2000. Er macht insoweit geltend, sein Grundstück liege in einem Ortsgebiet mit der in von dieser Vorschrift geforderten Qualität. Es sei nicht nur von der ausgebauten X-Straße aus erschlossen, sondern zusätzlich auch von dem am hinteren Grundstücksende angrenzenden A-Weg. Bei diesem handele es sich um einen Weg im Sinne des § 6 Abs. 10 SBS 2000, insbesondere um einen öffentlichen, befahrbaren Weg, der insoweit eine selbständige Erschließungsanlage darstelle. Damit lägen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 10 SBS 2000 vor. Der erhobene Straßenbaubeitrag hätte um ein Drittel reduziert werden müssen.

18

Der Kläger beantragt,

19

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25.11.2005 den Beitragsbescheid vom 20.11.2000, Bescheid-Nr. ..., und den Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2001 insoweit aufzuheben, als darin ein Straßenbaubeitrag von mehr als 18.492,82 DM festgesetzt worden ist.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Der Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und führt insbesondere aus, das betroffene Grundstück verfüge nicht über eine Zweiterschließung über den A-Weg, sondern sei lediglich über die X-Straße erschlossen. Der A-Weg bewirke keine insoweit gleichartige baurechtliche Erschließung des Grundstückes. Die im Zusammenhang mit der Bebaubarkeit eines Grundstücks gemäß §§ 30 ff. BauGB notwendige verkehrliche Erschließung erfordere, dass es über eine öffentliche Straße für Kraftfahrzeuge erreichbar sei, indem an das Grundstück herangefahren werden könne. Das sei in der Regel dann der Fall, wenn auf der Fahrbahn einer öffentlichen Straße bis zur Höhe des Grundstücks mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen gefahren und von da ab, gegebenenfalls über einen Gehweg, das Grundstück betreten werden könne. Das Heranfahren an ein Grundstück sei bei einer Straßenbreite von 1,80 m bis 2,20 m, wie sie der A-Weg aufweise, nicht möglich. Auch die ungenügende Befestigung des A-Weges mache ein Befahren mit Versorgungs- und Rettungsfahrzeugen unmöglich. Eine Erschließung durch den A-Weg sei vorliegend ausgeschlossen, da dieser hierfür nicht ausgelegt und in seiner Funktion nicht darauf ausgerichtet sei, eine Sekundärerschließung zu bewirken. Das führe dazu, dass dem Kläger auch die Vergünstigung einer Mehrfacherschließung nicht gewährt werden könne.

23

Der Senat hat durch den Berichterstatter am 01. Juni 2010 einen Ortstermin durchgeführt.

24

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge, die Gerichtsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg; das Verwaltungsgericht hat seine Klage jedenfalls im Umfang des Berufungsantrages zu Unrecht abgewiesen.

26

Die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 20. November 2000 - Bescheid-Nr. ... - und den Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2001 ist jedenfalls hinsichtlich eines darin festgesetzten Straßenbaubeitrages von mehr als 18.492,82 DM (entspricht 9.455,23 EURO) begründet; der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entsprechend abzuändern.

27

Rechtsgrundlage des angefochtenen Straßenbaubeitragsbescheides ist die Satzung der Hansestadt Rostock über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 24. Juli 2000 (nachfolgend: SBS 2000).

28

Hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Rechtsgrundlage bestehen zwar keine Bedenken. Die Rechtsanwendung in Gestalt des angefochtenen Bescheides ist jedoch rechtswidrig, weil bei der Berechnung des vom Kläger zu zahlenden Beitrages die Regelung des § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 nicht zur Anwendung gelangt ist.

29

Gemäß § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 wird bei Grundstücken in Wohngebieten im Sinne von §§ 2 bis 5 und 10 BauNVO sowie bei Wohngrundstücken in Gebieten nach § 6 BauNVO (Mischgebiete), die durch mehrere Straßen, Wege und Plätze erschlossen sind, der sich nach § 6 Abs. 1 bis 9 SBS 2000 ergebende Betrag nur zu zwei Dritteln (66,67 %) erhoben. Der verbleibende Anteil von einem Drittel (oder 33,33 %) wird nach § 6 Abs. 10 Satz 2 SBS 2000 von der Stadt getragen.

30

Bei dem Grundstück des Klägers handelt es sich um ein Grundstück im Sinne des § 6 Abs. 10 Satz1 SBS 2000. Es erweist sich zunächst ohne weiteres als ein Grundstück in Wohngebieten im Sinne von §§ 2 bis 5 und 10 BauNVO, hier jedenfalls § 4 BauNVO. Es ist zudem im Sinne von § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS durch mehrere Straßen, Wege und Plätze erschlossen.

31

Eine solche - erste - Erschließung stellt zunächst zweifellos die von der abgerechneten Maßnahme betroffene X-Straße dar. Der an der der X-Straße gegenüberliegenden Seite des klägerischen Grundstücks zwischen der Z-Straße und der Y-Straße verlaufende A-Weg stellt zudem die erforderliche Mehrfacherschließung bzw. weitere Erschließung im Sinne der Bestimmung dar. Bei dem A-Weg handelt es sich zunächst unter Zugrundelegung der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 10.02.2009 - 1 M 117/08 -; Urt. v. 30.06.2004 - 1 L 189/01 -, juris) um eine selbständige Verkehrs- bzw. Erschließungsanlage und zugleich um eine Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, also eine öffentliche, aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare Verkehrsanlage innerhalb der Baugebiete in Gestalt eines Fußweges.

32

Entgegen der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung ist für die Qualifizierung des A-Weges als weitere Erschließungsanlage im Sinne von § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 nicht erforderlich, dass der A-Weg eine - im Verhältnis zur X-Straße gleichartige - baurechtliche Erschließung des Grundstückes des Klägers bewirkte bzw. - in diese Richtung ist das Vorbringen des Beklagten zu verstehen - als eine Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zu bewerten sein müsste, also als ein zum Anbau bestimmter öffentlicher Weg, der die an ihn angrenzenden Grundstücke nach Maßgabe der §§ 30 ff. BauGB bebaubar machte.

33

Dies ergibt sich maßgeblich aus einer systematischen Betrachtung des konkret anzuwendenden Ortsrechts in Gestalt der Straßenbaubeitragssatzung der Hansestadt Rostock. Diese bestimmt nämlich in ihrem § 1 Satz 1, dass zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, auch wenn sie nicht zum Anbau bestimmt sind, die Hansestadt Rostock nach Maßgabe dieser Satzung Beiträge von den Beitragspflichtigen gemäß § 2 erhebt, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen Vorteile erwachsen. In dieser für ihr Verständnis grundlegenden Bestimmung macht folglich die Satzung keinen Unterschied zwischen den zum Anbau bestimmten und den nicht zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen. Aus § 4 Abs. 5 SBS 2000 ergibt sich nichts Abweichendes, da diese Bestimmung lediglich eine Klassifizierung verschiedener Arten von Außenbereichsstraßen vornimmt.

34

Diese Sichtweise wird durch § 1 Satz 2 SBS 2000 unterstrichen: Diese Regelung bestimmt, dass zu den Einrichtungen auch Wohnwege gehören, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mit Kraftfahrzeugen befahren werden können, sowie Wirtschaftswege.

35

Die Regelungen in § 1 SBS 2000 stehen der Sichtweise des Beklagten entgegen, der zufolge eine Zweiterschließung über den A-Weg nur dann bejaht werden könnte, wenn diese eine baurechtliche Erschließung des Grundstückes bewirkte. Dass § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 ein anderer Begriff der Straßen, Wege oder Plätze als in § 1 der Satzung zugrunde liegen könnte, ist nicht ersichtlich.

36

Auch wenn in § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 ein "Erschlossensein" durch mehrere Straßen, Wege oder Plätze gefordert wird, folgt daraus keine andere Sichtweise, da es sich bei den Anlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ebenfalls um Erschließungsanlagen handelt. Das Hineinlesen eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der Gleichartigkeit der weiteren Anlage im Verhältnis zur abgerechneten Anlage in dem Sinne, dass beide Anlagen gleichermaßen die Bebaubarkeit des betreffenden Grundstücks gewährleisten müssten, kommt auf der Grundlage des Ortsrechts folglich nicht in Betracht. Zudem ist zu bedenken, dass der straßenbaubeitragsrechtliche Vorteilsbegriff keine Anbaufunktion der in den Blick zu nehmenden Anlage voraussetzt; ausreichend ist vielmehr die einem Grundstück durch die Ausbaumaßnahme vermittelte verbesserte Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2010, § 8 Anm. 1.5.4.2). Hiervon ausgehend bezieht das Straßenbaubeitragsrecht jede rechtmäßige Grundstücksnutzung in den Vorteilsausgleich ein, also etwa auch Außenbereichsnutzungen bzw. Außenbereichsgrundstücke werden erfasst bzw. bevorteilt (OVG Greifswald, Beschl. v. 12.11.1999 - 1 M 103/99 -, NordÖR 2000, 310; Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98 -, NordÖR 1999, 299 - jeweils zitiert nach juris; vgl. Holz, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 35 Rn. 16). Das Straßenbaubeitragsrecht differenziert anders als das Erschließungsbeitragsrecht für die Beteiligung eines Grundstücks an der Aufwandsverteilung vom Ansatz her nicht zwischen baulicher (und gewerblicher) Nutzbarkeit einerseits und sonstiger, z. B. landwirtschaftlicher (oder forstwirtschaftlicher) Nutzbarkeit andererseits (OVG Greifswald, Beschl. v. 12.11.1999 - 1 M 103/99 -, a.a.O.; Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98 -, a.a.O.; vgl. zum Ganzen Beschl. v. 10.02.2009 - 1 M 117/08 -). Auch unter diesem Blickwinkel ergibt sich demnach nicht die Notwendigkeit, in § 6 Abs. 10 SBS 2000 ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im vorstehenden Sinne hineinzulesen. Sollte die Hansestadt Rostock bei Regelung ihrer Straßenbaubeitragssatzung die Vorstellung gehabt haben, dass die Mehrfacherschließungsvergünstigung nur denjenigen Grundstücken vorbehalten bleiben solle, die mehrfach durch zum Anbau bestimmte - in diesem Sinne gleichartige - Erschließungsanlagen erschlossen werden, hat dies jedenfalls keinen hinreichenden Niederschlag im Wortlaut der Straßenbaubeitragssatzung gefunden.

37

Sinn und Zweck der Vergünstigung in Fällen der Mehrfacherschließung nach Maßgabe von § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 stehen ebenfalls nicht dem Verständnis entgegen, beim A-Weg handele es sich um einen Weg im Sinne dieser Vorschrift, der - neben der X-Straße - zu einer Mehrfacherschließung des klägerischen Grundstücks führt. Der Regelung des § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass diejenigen Grundstückseigentümer, die wegen der mehrfachen Erschließung ihres Grundstücks entsprechend mehrfach zu Straßenbaubeiträgen herangezogen werden können, teilweise - zulasten der Stadt - entlastet werden sollen. Da § 1 SBS 2000 ausdrücklich vorsieht, dass gerade auch für Straßen, Wege und Plätze, die nicht zum Anbau bestimmt sind, zur teilweisen Deckung des beitragsfähigen Aufwandes Beiträge erhoben werden können, ist nicht ersichtlich, warum diese Zwecksetzung für eine Mehrfacherschließung durch solche Verkehrsanlagen nicht zur Anwendung der Regelung des § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 führen können sollte. Denn grundsätzlich können die betroffenen Grundstückseigentümer auch für ihren Ausbau zu Ausbaubeiträgen herangezogen werden und insoweit "doppelt" belastet werden, wobei das Ausmaß der Belastung von den Umständen des Einzelfalles abhängt und nicht unbedingt niedriger wäre als bei einer Anbaustraße; eine Verwaltungspraxis dahingehend, dass Grundstückseigentümer für nicht zum Anbau bestimmte Anlagen nicht zu Ausbaubeiträgen herangezogen worden sind, vermag hieran nichts zu ändern.

38

In Anwendung des § 6 Abs. 10 Satz 1 SBS 2000 wäre folglich der mit dem streitgegenständlichen Beitragsbescheid erhobene Straßenbaubeitrag in Höhe von 22.785,47 DM um ein Drittel zu ermäßigen gewesen. Da der Senat an den vom Kläger gestellten Berufungsantrag gebunden ist (§129 VwGO) bzw. das klageabweisende Urteil im Umfang der Rücknahme des Zulassungsantrages rechtkräftig geworden ist, kommt jedoch nur eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Umfang der Antragstellung in Betracht; entsprechend sind der angefochtene Beitragsbescheid sowie der Widerspruchsbescheid lediglich hinsichtlich eines darin festgesetzten Straßenbaubeitrags von mehr als 18.492,82 DM (entspricht 9.455,23 EURO) aufzuheben.

39

Auf die weiteren vom Kläger erstinstanzlich und im Berufungsverfahren angesprochenen Gesichtspunkte kommt es mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen nicht mehr an.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, Abs. 1 (analog) VwGO und berücksichtigt im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens insbesondere, dass der streitgegenständliche Bescheid schon erstinstanzlich von Beginn des Verfahrens an der Beitragshöhe nach nicht vollständig angegriffen worden ist.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.