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- Ohne Tatbestand gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. -
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die - mittlerweile unstreitige - Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin i. H. v. EUR 15.401,21 ist durch die am 02.10.2003 erklärte Aufrechnung der Beklagten mit Forderungen aus der früheren Baumaßnahme „Ausbau der ..., 2. Bauabschnitt“ erloschen (§ 389 BGB). Die Aufrechnung der Beklagten ist nicht gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 129 ff. InsO, insbesondere § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig.
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§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO schränkt § 94 InsO, wonach eine bei Verfahrenseröffnung kraft Gesetzes oder Vereinbarung bestehende Aufrechnungslage unberührt bleibt, ein.
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Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig - ohne dass es noch der Anfechtung der zugrunde liegenden Rechtshandlung bedarf (vgl. z. B. BGH ZIP 2003, 2370) -, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung i. S. v. §§ 129 ff. InsO erlangt hat.
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Wie sich aus dem Wortlaut von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ergibt, ist anfechtbar schon die Herstellung der Aufrechnungslage (§§ 389, 387 BGB), nicht erst die Aufrechnungserklärung (vgl. z. B. MüKo-Kirchhoff, Bd. II, § 140 Rn. 11). Die Aufrechnungslage muss also in einer von §§ 130 ff. InsO beschriebenen Weise anfechtbar erworben worden sein (BGH vom 29.06.2004,IX ZR 195/03, NJW 2004, 3118).
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Eine Aufrechnungslage ist gegeben, wenn sich gleichartige und gegenseitige Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung voll wirksam und fällig (einredefreie Durchsetzbarkeit), die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird (hier also die Forderung des Klägers), erfüllbar sein muss (vgl. Palandt, BGB, §§ 387 Rn. 11 ff.).
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Anfechtbare Rechtshandlung i. S. v. §§ 129 ff. InsO ist damit die Verknüpfung der eigenen Gläubigerstellung mit einer schuldrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Gemeinschuldner, die eine Aufrechnungslage begründet, ohne dass es darauf ankommt, welche der beiden Forderungen zuerst entstanden ist (BGH vom 29.06.2004, a.a.O.).
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Der für die Vornahme der Rechtshandlung, durch die die Aufrechnungslage hergestellt wird, maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich nach § 140 InsO. Danach kommt es darauf an, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde, also zu welchem Zeitpunkt die spätere Forderung entstanden ist (BGH v. 29.06.2004, a.a.O., BGH v. 11.11.2004, IX ZR 237/03, WM 2005, 178).
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Danach ist hier auf die Forderung der Gemeinschuldnerin abzustellen.
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Die Beklagte hat ihre Rückforderung zwar erst mit Schreiben vom 29.09.2003 (B 2) nach Antragstellung beziffert, dies ändert aber nichts daran, dass die Forderung bereits nach Prüfung der Schlussrechnung vom 24.07.2002 innerhalb angemessener Frist hätte beziffert und durchgesetzt werden können.
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Die Hauptforderung der Gemeinschuldnerin entstand demgegenüber frühestens mit Abschluss des Werkvertrages vom 19.05.2003.
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Eine Werklohnforderung des Insolvenzschuldners wird nicht erst mit Fälligkeit (§ 641 BGB), sondern bereits mit Vertragsschluss begründet, da gemäß § 631 Abs. 1 BGB der Vergütungsanspruch des Unternehmers bereits mit Vertragsschluss entsteht (vgl. BGH v. 04.10.2001, IX ZR 207/00, ZIP 2001, 2055; Kübler/Prütting, InsO, Bd. I, § 96 Rn. 18).
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In seiner Entscheidung vom 04.05.1995 (IX ZR 256/93, NJW 1995, 1966) hat der 9. Zivilsenat des BGH noch ausdrücklich festgehalten, die Aufrechnungslage sei bereits mit Abschluss des Werkvertrages entstanden, ohne dass es darauf ankomme, dass die Werklohnforderung betagt war (d. h. die Forderung besteht schon, ist aber noch nicht fällig, vgl. Palandt, § 163 Rn. 2). Auch der Umstand, dass diese Forderung zunächst noch nicht werthaltig sei, stehe einer Aufrechnung nicht entgegen.
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In anderen Entscheidungen wird demgegenüber darauf abgehoben, wann die Gemeinschuldnerin ihre Arbeiten erbracht und die Forderung damit werthaltig gemacht hat.
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So stellt der BGH in einer allerdings zu § 2 Abs. 4 Gesamtvollstreckungsordnung am 04.10.2001 (IX ZR 207/00, ZIP 2001, 2055) ergangenen Entscheidung, aber auch in Entscheidungen zur Konkursordnung auf eine erst durch Wertschöpfung der Gemeinschuldnerin nach dem Eröffnungsantrag geschaffene Aufrechnungslage ab (BGH v. 22.02..2001, IX ZR 191/98, ZIP 2001, 1380; BGH v. 28.09.2000, VII ZR 372/99, ZIP 2000, 2207).
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Ob die Aufrechnungslage mit Abschluss des Werkvertrages am 19.05.2003 hergestellt wurde oder ob es darauf ankommt, wann die Gemeinschuldnerin die Werkleistung erbracht und die Werklohnforderung damit werthaltig gemacht hat, kann offen bleiben. Im Ergebnis ist dies ohne Belang, da in beiden Fällen die Aufrechnungslage nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung hergestellt wurde und die Aufrechnung damit zulässig bleibt:
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Zwar verschafft die durch Abschluss des Werkvertrages mit der Gemeinschuldnerin entstandene Aufrechnungslage der Beklagten eine inkongruente, die übrigen Gläubiger benachteiligende Sicherung, dies geschah aber außerhalb des von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO geschützten Monatszeitraums.
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Stellt man demgegenüber auf die Vornahme der Bauarbeiten ab, wird die Aufrechnungslage in kongruenter Weise hergestellt, weil die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf Erbringung der Werkleistung hatte. Eine Anfechtung scheitert in diesem Fall daran, dass die übrigen Voraussetzungen des § 130 InsO nicht vorliegen.
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1. Geht man davon aus, dass die Aufrechnungslage mit Abschluss des Werkvertrages im Mai 2003 entstand, hat die Beklagte die Möglichkeit der Aufrechnung nicht durch eine nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung erlangt.
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Dem steht nicht entgegen, dass die Aufrechnungslage in inkongruenter Weise hergestellt wurde, weil die Beklagte darauf keinen Anspruch hatte. Weder war die Gemeinschuldnerin zum Abschluss eines Werkvertrages mit der Beklagten verpflichtet noch dazu, den Rückforderungsanspruch der Beklagten durch Herstellung einer Aufrechnungsmöglichkeit zu tilgen (vgl. z. B. BGH v. 05.04.2001, IX ZR 216/98, MDR 2001, 1013, BGH v. 09.10.2003, IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370; BGH v. 22.04.2004, IX ZR 370/00, ZIP 2004, 1160; OLG Karlsruhe, Urteil v. 17.04.2004, 7 U 111/03).
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Auch liegt eine Gläubigerbenachteiligung vor, da die Beklagte ohne Aufrechnungsmöglichkeit der Masse den vollen Werklohn bezahlen müsste, selbst aber auf die Insolvenzquote beschränkt wäre. Der Insolvenzmasse entgeht also der Unterschied zwischen dem Nennwert der gegen die Beklagte gerichteten Werklohnforderung und der bloßen Quote auf deren Gegenforderungen mit der Folge, dass auf die übrigen Insolvenzgläubiger dann rechnerisch eine entsprechend verringerte Insolvenzquote entfällt und sie insgesamt geschädigt sind (BGH IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370). Nichts anderes ergibt sich aus den vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des BGH vom 22.04.2004 a.a.O. und 02.06.2005, IX ZR 263/03.
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Trotzdem wurde die Aufrechnungslage nicht in anfechtbarer Weise hergestellt. Denn der für die Begründung der Aufrechnungslage maßgebliche Zeitpunkt der Rechtshandlung liegt außerhalb des von § 131 Abs. 1 InsO geschützten Zeitraums. Eine Anfechtungsmöglichkeit nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO besteht nur, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Dies ist nicht der Fall, da der Vertrag am 19.05.2003 geschlossen, der Insolvenzantrag aber erst am 21.08.2003 gestellt wurde.
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Eine Anfechtung nach anderen Vorschriften scheidet aus und wird von den Parteien auch nicht geltend gemacht: Der Dreimonatszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO ist ebenfalls knapp nicht eingehalten, auch die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind nicht dargelegt.
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2. Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis, wenn man wie das LG und der Berufungskläger auf die Erfüllungshandlung abstellt und davon ausgeht, dass die Aufrechnungslage erst entstanden ist, nachdem die Gemeinschuldnerin die Werkleistungen erbracht und ihre Werklohnforderung damit werthaltig gemacht hatte.
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Dies war in der Zeit von 19.08.2003 bis 19.09.2003 und damit vor und nach dem Eröffnungsantrag vom 21.08.2003 der Fall.
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In diesem Fall entstand die Aufrechnungslage innerhalb der von §§ 130, 131 InsO geschützten Fristen, auch an der Voraussetzung der Gläubigerbenachteiligung fehlt es wie unter 1. ausgeführt nicht.
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Eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheitert aber daran, dass die Beklagte die Aufrechnungslage nicht in inkongruenter Weise erlangt hat. Zu Recht geht das Landgericht davon aus , dass die Beklagte aus dem - unanfechtbaren - Werkvertrag vom 19.05.2003 einen Anspruch auf Erbringung der Werkleistungen durch die Gemeinschuldnerin hatte.
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Solange die der Erbringung der Werkleistung zugrunde liegenden Verträge Bestand haben, wird die Erfüllungshandlung kongruent erbracht (z. B. BGH WM 2001, 1041, MüKo-Kirchhoff, § 129 Rn. 59, 63).
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Wie unter 1. ausgeführt, ist der am 19.05.2003 geschlossene Werkvertrag unanfechtbar. Aus diesem Vertrag hatte die Beklagte einen Anspruch auf Erbringung der Werkleistungen. Geht man also davon aus, dass die Aufrechnungslage erst hergestellt wurde, als die Gemeinschuldnerin durch Erbringung der Werkleistungen ihre Werklohnforderung werthaltig gemacht hat, wurde die Aufrechnungslage in kongruenter Weise hergestellt. Denn die Beklagte hatte einen Anspruch auf Erbringung eben dieser Werkleistungen und damit auf die Rechtshandlung, die die Aufrechnungslage entstehen ließ.
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Eine danach denkbare Anfechtbarkeit nach § 130 InsO, der kongruente Deckungen betrifft, scheitert demgegenüber daran, dass die Beklagte zu der Zeit, als die Gemeinschuldnerin die Werkleistungen erbrachte, keine Kenntnis von deren Zahlungsunfähigkeit oder vom Eröffnungsantrag hatte. Die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger nicht beweisen konnte, dass die Beklagte vom Eröffnungsantrag nicht vor dem 10.10.2003 - und damit nach Abschluss der Werkleistungen - erfahren hatte, greift der Kläger mit der Berufung zu Recht nicht an.
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3. Die Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ist mit EUR 20.310,63 als unstreitig anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Der Kläger hat den Bereicherungsanspruch der Beklagten, den sie noch substantiiert dargelegt hat, nicht in erheblicher Weise bestritten. Er beschränkt sich auf ein einfaches Bestreiten, ohne dass sein Vortrag erkennen lässt, welche Aufmaß- und Rechnungskorrekturen der Beklagten er konkret für unberechtigt hält.
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Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Insbesondere weicht der Senat nicht von der gesicherten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab.
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