Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 26. Juni 2015 - 5 U 659/14

published on 26/06/2015 00:00
Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 26. Juni 2015 - 5 U 659/14
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Landgericht Nürnberg-Fürth, 11 O 6995/12, 13/02/2014
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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13.02.2014 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 255.024,66 Euro festgesetzt.

Tatbestand

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen des Ersturteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Die Klägerin hat gegen dieses ihr am 19.02.2014 zugestellte Urteil mit am 18.03.2014 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.

Sie macht geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wie der Sachverständige Dr. B. die Einhaltung des Facharztstandards beurteilen könne. Soweit er sich auf einen Operationsbericht vom 16.04.2008 stütze, sei ihr ein solcher nicht bekannt. Die Kammer habe das Gutachten von Dr. B unkritisch übernommen, insbesondere erfolge keine Auseinandersetzung mit der Stellungnahme von Dr. M., der die Schmerzintensität als Folge der Operation ansehe. Schließlich sei das Erstgericht der Aufklärungsrüge nicht ausreichend nachgegangen, weil es trotz entsprechenden Beweisantritts den als Zeugen benannten Ehemann der Klägerin nicht angehört habe.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 04.02.2014, verkündet am 13.02.2014, wird samt den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

Hilfsweise

Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin und Berufungsklägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch einen Betrag i. H. v. 75.000,00 €, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 09.08.2008.

Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin und Berufungsklägerin 25.492,00 € für entgangenen Verdienst zu bezahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB, ab Zustellung des Klageschriftsatzes.

Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin und Berufungsklägerin eine Rente in Höhe von monatlich netto 438,50 € wegen entgangenen Verdienstes zu bezahlen, zahlbar vierteljährlich im voraus, jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07 und 01.10. eines jeden Jahres, beginnend ab 10/2011 bis zur Erreichung der Regelaltersrente.

Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin und Berufungsklägerin 45.016,66 € für entstandenen Haushaltsführungsschaden zu bezahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB, ab Zustellung des Klageschriftsatzes.

Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin und Berufungsklägerin eine Rente in Höhe von monatlich netto € wegen Haushaltsführungsschadens zu bezahlen, zahlbar vierteljährlich im Voraus, jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. eines jeden Jahres, beginnend ab Oktober 2011.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten und Berufungsbeklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin und Berufungsklägerin alle ihr aus der nicht lege artis durchgeführten ärztlichen Behandlung vom 02.01. bis 19.03.2008 resultierenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Ersturteil, verweisen insbesondere darauf, dass Dr. B ein gerichtsbekannt zuverlässiger und kompetenter Gutachter sei. Im Übrigen rügen sie die gesamten Einwendungen der Klägerseite als verspätet.

Der Senat hat den Sachverständigen Dr. B ergänzend angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 28.05.2015 Bezug genommen. Die Krankenunterlagen, insbesondere der Operationsbericht mit Datum 16.04.2008 wurde in Augenschein genommen und mit dem als Anlage vorgelegten undatierten Operationsbericht (Anlage K bzw. Anlage B 2) verglichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Gründe:

Die Berufung ist zulässig aber unbegründet. Das Erstgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, insbesondere mit der Begründung, es sei nicht überzeugt, dass die nach der Operation aufgetretenen Beschwerden der Klägerin gerade auf die Operation zurückzuführen seien.

Allerdings rügt die Klägerin zu Recht, dass eine Vernehmung ihres Ehemannes als Zeugen zu Inhalt und Umfang der Aufklärung unterblieben ist. Ein Nachholen der Zeugeneinvernahme war aber nicht erforderlich, da ein eventueller Aufklärungsfehler nicht entscheidungserheblich ist. Der Senat ist nach ergänzender Anhörung des Sachverständigen Dr. B ebenso wenig wie das Erstgericht davon überzeugt, dass die Beschwerden der Klägerin Folge des operativen Eingriffs sind (vgl. unten).

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht gestützt auf den Sachverständigen Dr. B sowohl die Operationsindikation bejaht hat, als auch Behandlungsfehler verneint hat. Auf die fehlende Operationsindikation hat sich die Klägerin im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr berufen. Soweit sie die Verwertung eines ihr vermeintlich unbekannten Operationsberichts rügt, hat der Senat festgestellt, dass der vorgelegte Operationsbericht und der in den Patientenunterlagen befindliche Operationsbericht mit Datum 16.04.2008 inhaltlich übereinstimmen. Anhaltspunkte für einen Manipulation des Operationsberichtes liegen nicht vor. Der Sachverständige durfte diesen daher seiner Beurteilung zugrunde legen. Auch die Annahme, der Facharztstandard sei eingehalten ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte die Einhaltung des Facharztstandards erstinstanzlich zwar bezweifelt. Die Beklagten haben aber mit Schriftsatz vom 25.10.2013 (Bl. 129 d. A.) konkret die Facharztqualifikation des Beklagten zu 3) und auch den Ausbildungsstand des mitoperierenden Zeugen Dr. G vorgetragen. Eine Reaktion seitens der Klägerin hierauf ist nicht erfolgt. Der Sachvortrag ist insoweit daher mangels Bestreitens zugestanden.

Ein Behandlungsfehler kann den Beklagten daher ohnehin nicht vorgeworfen werden. Ein möglicher Aufklärungsfehler hat sich nicht ausgewirkt. Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis, dass die Schultersteife und die damit zusammenhängenden Beschwerden auf die streitgegenständliche Operation zurückzuführen sind, nicht geführt.

Der Sachverständige Dr. B hat es in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als zwar wahrscheinlich bezeichnet, dass die Schultersteife Folge der Operation sei, er könne aber nicht ausschließen, dass ein neurologisches Geschehen unabhängig von der Operation die Entstehung des Schmerzes und das Eintreten der Schultersteife ausgelöst haben könnte. Im Oktober 2010 sei durch einen Neurologen ein komplexes Schmerzsyndrom unklarer Ursache diagnostiziert worden. Es spreche viel dafür, dass bei der Klägerin bereits vor der Operation ein Schulterengpass vorgelegen habe. Das erscheint trotz des zeitlichen Zusammenhangs mit der Operation plausibel, denn die Schulter der Klägerin war offensichtlich vorgeschädigt. Ihre Schulterschmerzen bestanden mindestens seit August 2007 und konnten durch zunächst konservative Behandlung nicht beseitigt werden. Die Klägerin hat selbst angegeben, sie habe am Ende der Bewegungstherapie den Arm ohne Schmerzen nicht mehr bewegen können - und das trotz Einnahme von Schmerzmitteln. Es erscheint daher durchaus möglich, dass die vorbestehende Schmerzsituation sich unabhängig von der Operation verschlimmert hat, also trotz, nicht wegen der Operation.

Der Senat hat keine Zweifel an der fachlichen Richtigkeit der insgesamt widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. B. Er ist durch seine berufliche Stellung als ausreichend fachkundig ausgewiesen und soweit die Klägerin sich auf das Attest von Dr. M vom 06.08.2008 stützt, kann dies nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Dieser stellt lediglich fest, dass es infolge der Arthroskopie zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung gekommen sei, ohne jedoch überhaupt zu erwägen, ob die Möglichkeit besteht, dass es auch ohne Operation zu entsprechenden Einsteifungen hätte kommen können. Im Übrigen war Dr. M bei Abfassen seiner Stellungnahme naturgemäß nicht bekannt, dass die neurologische Diagnose „Schmerzsyndrom unklarer Ursache“ lautete.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Kosten: § 97 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Annotations

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.