Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 17. Jan. 2017 - 8 U 3965/16
Gericht
Tenor
I. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 30.08.2016 (Az.: 31 O 159/13) durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
II. Die Klägerin erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 06.02.2017 Stellung zu nehmen.
III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf € 36.630,00 festzusetzen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz wegen des Erwerbes einer ihrer Meinung nach sittenwidrig überteuerten Eigentumswohnung geltend.
Mit notarieller Urkunde vom 23.04.2007 (Anlage K 1) unterbreitete die Klägerin der „M. I.- und P. GmbH & Co KG“ (M.) ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags über die in Bl. 7 der Anlage K 1 näher bezeichnete Immobilie zum Kaufpreis von 70.000,00 €. Dieses Angebot nahm der Beklagte mit notarieller Urkunde vom 16.05.2007 (Anlage K 4) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementärin der M. an. Auf den finanzierten Kaufpreis sowie an Zahlungen an die Hausverwaltung, auf Vermittlungs- und Verwaltungsentgelte, auf Grundsteuer und auf Jahreskurbeiträge hat die Klägerin insgesamt 59.559,52 € geleistet, im Gegenzug hat sie 26.205,00 € an Mieteinnahmen aus der Immobilie erzielt.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte hafte ihr wegen vorsätzlicher arglistiger Täuschung über den tatsächlichen Wert der Immobilie. Die Immobilie sei sittenwidrig überteuert verkauft worden, der Verkehrswert habe höchstens 32.000,00 € betragen. Der Beklagte habe der Klägerin daher Schadensersatz in Höhe von 33.300,00 € zu leisten.
Mit Endurteil vom 30.08.206 (Az.: 31 O 159/13) hat das Landgericht Deggendorf die Klage abgewiesen. Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der wirksam zustande gekommene Kaufvertrag zwischen den Parteien weder nach § 138 Abs. 1 noch nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist, noch die Klägerin nach § 826 BGB Schadensersatz in Gestalt der Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen einer vorsätzlich arglistigen Täuschung fordern kann. Zu dieser Feststellung kam das Landgericht auf Grundlage des gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Jürgen S. (vgl. Hauptgutachten Bl. 68/83 d.A., Ergänzungsgutachten Bl. 114/117 d.A., mündliche Erläuterungen Bl. 143/146 d.A.), welcher den Wert der streitgegenständlichen Wohnung zum Verkaufszeitpunkt auf 40.000,00 € bestimmte.
Gegen das Endurteil des Landgerichts Deggendorf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.10.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag (Bl. 165/166 d.A.), form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 05.12.2016, eingegangen bei Gericht am 07.12.2016, form- und fristgerecht begründet (Bl. 171/176 d.A.). Die Klägerin rügt, das Landgericht habe einen Verfahrensfehler begangen, weil es den von der Klägerin angebotenen Zeugen Robert P. nicht vernommen habe. Zudem habe das Landgericht materielles Recht verletzt, da es nicht auf den vom Sachverständigen ermittelten (niedrigeren und damit zu einem besonders groben Missverhältnis führenden) Vergleichswert, sondern - wie auch der Sachverständige - auf den höheren Ertragswert abgestellt hat. Selbst unter Zugrundlegung des Ertragswertverfahrens hätte sich der Ertragswert auf höchstens 36.000,00 € belaufen dürfen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Das Endurteil des Landgerichts Deggendorf beruht weder auf einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) noch auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO).
1. Das Landgericht Deggendorf hat materielles Recht nicht verletzt, in dem es auf den vom Sachverständigen ermittelten Ertragswert in Höhe von 40.000,00 € und nicht auf den niedrigeren Vergleichswert in Höhe von 36.000,00 € abgestellt hat. Von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (der Kaufpreis betrug 70.000,00 €) mit der Folge, dass dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zuließe (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2014, V ZR 249/12 = NJW 2014, 1652), liegt damit nicht vor.
1.1. Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, lässt dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (BGH, Urteil vom 24.01.2014, V ZR 249/12 = NJW 2014, 1652 mit weiteren Nachweisen). Von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kann bei Grundstücksgeschäften erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben sich bei Grundstücksgeschäften für die Bestimmung eines besonders groben Missverhältnisses prozentuale Richtwerte durchgesetzt. Ausgehend von dem für die Annahme eines besonders groben Äquivalenzmissverhältnisses bestehenden Erfordernisses, dass der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung, ist diese Voraussetzung grundsätzlich erst ab einer Verkehrswertüber-oder -unterschreitung von 90% erfüllt (BGH a.a.O.).
1.2. Das Landgericht hat den Verkehrswert der streitgegenständlichen Immobilie zum Verkaufszeitpunkt auf 40.000,00 € festgelegt. Es folgt damit den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen S., der diesen Wert auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens ermittelt hat (vgl. Bl. 83 d.A.). Das Berufungsgericht ist an diese Feststellungen gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), da keine Anhaltspunkte für Zweifel oder Widersprüchlichkeiten bei der Tatsachenfeststellung durch das Landgericht bestehen. Dem Landgericht ist der Sachverständige seit Jahrzehnten als mit den regionalen Verhältnissen überaus vertrauter und kompetenter Gutachter gerichtsbekannt. Die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen zu den Einwendungen der Klägerseite im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.07.2016 haben nach Auffassung des Landgerichts die Richtigkeit des Gutachtens und des Ergänzungsgutachtens bestätigt. Auch für das Berufungsverfahren bestehen keine Gründe, von den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen abzuweichen. Vielmehr überzeugen die Ausführungen des Sachverständigen auch den Senat.
1.2.1. Entgegen der Ansicht der Berufung hätte das Landgericht nicht den Vergleichswert (statt dem Ertragswert) zu Grunde legen müssen. Die Auswahl des Wertermittlungsverfahrens steht, wenn das Gesetz, wie hier, keine bestimmte Methode vorschreibt, im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH, Urteil vom 25.10.1996, V ZR 212/95). Der Bundesgerichtshof hat die Tatsacheninstanzen nicht auf eine bestimmte Wertermittlungsmethode festgelegt (BGH, Urteil vom 02.07.2004, V ZR 213/03 = NJW 2004, 2671). Voraussetzung ist, dass das gewählte Verfahren nach den Besonderheiten des konkreten Falles geeignet ist, den vollen Gegenwert für den zu bewertenden Gegenstand zu erfassen, ohne das Wertbild zu verzerren (BGH, Urteil vom 12.01.2001, V ZR 420/99 = WM 2001, 997 = NJW-RR 2001, 732). Das Ertragswertverfahren ist für Grundstücke, die zur Ertragserzielung bestimmt sind, wie Mietwohn- und Geschäftsgrundstücke, grundsätzlich geeignet (BGH, Urteil vom 25.10.1996, V ZR 212/95). Allerdings wird die Vergleichswertmethode unter der Voraussetzung, dass sich eine aussagekräftige Menge von Vergleichspreisen verlässlich ermitteln lässt, in der Literatur nicht nur als die „einfachste“, sondern auch als die „zuverlässigste“ Methode der Wertermittlung angesehen. Steht für den zutreffend ermittelten Markt hinreichendes und aussagekräftiges Vergleichsmaterial zur Verfügung und ist den Verhältnissen des bewerteten Objekts Rechnung getragen, kann dem auf dieser Grundlage ermittelten Wert nicht deshalb die Eignung abgesprochen werden, weil ein anderer ermittelter Wert hinter ihm zurückbleibt (BGH, Urteil vom 02.07.2004, V ZR 213/03 = NJW 2004, 2671).
1.2.2. Danach ist es vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Verkehrswert - wie auch der Sachverständige - nach dem Ertragswertverfahren bestimmt hat.
Aus den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen in seinem Hauptgutachten auf Seite 13 (Bl. 80 d.A.) ergibt sich, dass aus dem Zeitraum vor dem Wertermittlungsstichtag nur drei Vergleichspreise bekannt waren. Auch im Rahmen seiner mündlichen Ausführungen hat der Sachverständige dargelegt, dass für die Vergleichswerte die Datenlage äußerst gering gewesen sei und dass er für das Vergleichswertverfahren nur drei Wohnungsverkäufe zur Verfügung hatte (Bl. 146 8 u 3965/16 - Seite 5 d.A.). Die geringe Datenmenge für die Vergleichspreise und auch die geringe Datenmenge für die Richtwerte (Bl. 79 unten / Bl. 80 oben d.A.) bieten nach Auffassung des Sachverständigen keine ausdrückliche Wertaussage. Folglich war nach Auffassung des Sachverständigen das Wertergebnis aus dem Ertragswert dominierend (Bl. 83 d.A.). Für die Geeignetheit des Ertragswertverfahrens spricht zudem, dass nach Auffassung des Sachverständigen aufgrund der Art, Beschaffenheit und Ausstattung des Sondereigentums dieses nur bedingt für die Eigennutzung geeignet ist und eine Eigennutzungsabsicht hinter einer Vermietungsabsicht zurückstehen wird (Bl. 79 d.A.).
Die Ausführungen des Sachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar und überzeugen auch den Senat. Es liegt somit innerhalb der zulässigen Ausübung tatrichterlichen Ermessens, dass das Landgericht sich die Ausführungen des Sachverständigen zu eigen gemacht hat und bei seiner Entscheidung ebenfalls auf den Ertragswert abgestellt hat. Ein Sachverhalt, wie dem vom BGH in seinem Urteil vom 02.07.2004 - V ZR 213/03 entschiedenen Fall zugrunde gelegen hat, liegt gerade nicht vor. Dort standen dem Sachverständigen zur Ermittlung des Verkehrswertes ein Vergleichsmaterial von 238 Fällen zur Verfügung, wobei die Wohnfläche bei 176 Fällen und die Lage des Gebäudes in 43 Fällen im vergleichbaren Bereich lag. In einem solchen Fall besteht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Grund, von einem auf Grundlage des Vergleichswertverfahrens ermittelten Wert abzuweichen. Auch im hiesigen Verfahren hätte sich der Sachverständige nach seinen mündlichen Ausführungen auf das Vergleichswertverfahren gestützt, wenn eine ausreichende Datenmenge vorgelegen hätte (Bl. 146 d.A.). Da aber nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen kein hinreichendes und aussagekräftiges Vergleichsmaterial zur Verfügung stand, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht, wie auch der Sachverständige, auf den Ertragswert abgestellt hat.
1.2.3. Bei Zugrundelegung eines Verkehrswertes in Höhe von 40.000,00 € ist von einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht auszugehen. Bei einem Kaufpreis von 70.000,00 € ist eine Verkehrswertüberschreitung von 90% nicht gegeben. Das wäre selbst bei der -allerdings im Einzelnen nicht unumstrittenen - Methode, mehrere Verfahren zu kombinieren (BGH, Urteil vom 02.07.2004, V ZR 213/03 = NJW 2004, 2671), nicht der Fall. Dann wäre bei einer Kombination von Vergleichswert- und Ertragswertverfahren von einem Mittelwert in Höhe von 38.000,00 € auszugehen. Auch dieser Mittelwert hätte ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht begründet, da bei einem Kaufpreis von 70.000,00 € auch insoweit eine Verkehrswertüberschreitung von 90% nicht gegeben wäre.
1.2.4. Die Berufung hat auch insoweit offensichtlich keinen Erfolg, als einzelne Wertansätze im Sachverständigengutachten gerügt werden.
1.2.4.1. Entgegen der Ansicht der Berufung hätte der Sachverständige für den Minderungsbetrag für die Mängelbeseitigung am Sondereigentum nicht als Mittelwert einen Betrag in Höhe von 2.000,00 € ansetzen müssen. Der Sachverständige hat den Minderungsbetrag nach seinen Ausführungen im Termin vom 14.07.2016 pauschal mit 1.500,00 € veranschlagt. Hierbei handelt es sich um eine sachverständige Schätzung des angemessenen Betrags (Bl. 143 d.A.). Aus der Aussage des Sachverständigen, dass 1.000,00 € zu wenig, 3.000,00 € aber zu viel gewesen wäre, lässt sich nicht zwingend der Schluss ableiten, dass nur der Mittelwert in Höhe von 2.000,00 € angemessen gewesen wäre. Vielmehr lässt diese Aussage die sachkundige Schätzung aller Werte zwischen 1.000,00 € und 3.000,00 € zu. Für den Senat liegen keine Anhaltspunkte vor, an der Richtigkeit der Schätzung in Höhe von 1.500,00 € zu zweifeln. Solche Anhaltspunkte werden auch in der Berufung nicht vorgetragen.
1.2.4.2. Entgegen der Ansicht der Berufung hat der Sachverständige auch nicht „Abänderungen“ an den Angaben in den Hausgeldabrechnungen vorgenommen. Vielmehr hat der Sachverständige nach seinen eigenen mündlichen Erläuterungen (Bl. 145 d.A.), weil ihm eine konkrete Zuordnung einzelner Positionen nicht möglich war, Instandhaltungskosten in Höhe von 8,50 € pro qm Wohnfläche veranschlagt. Dieser Wert ergibt sich nach den Ausführungen des Sachverständigen aus der II. Berechnungsverordnung, beruht also gerade nicht auf einer individuellen Berechnung, sondern auf Erfahrungswerten. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass nicht auf die Aufwendungen für das konkrete einzelne Jahr oder konkrete Zahlen abzustellen ist. Die veranschlagten 8,50 € wurden vielmehr für die gesamte Restnutzungsdauer angesetzt. Die Rüge in der Berufung, dass einzelne Beträge in den Hausgeldabrechnungen und einzelne nicht umlagefähige Kosten vom Sachverständigen nicht berücksichtigt wurden, geht daher fehl, da der Sachverständige nicht auf konkrete Aufwendungen abgestellt hat, sondern einen objektiven Maßstab angelegt hat. Dass dieses Verfahren fehlerhaft oder gegen geltendes Recht verstoßen würde, ist weder ersichtlich, noch trägt die Berufung derartiges vor.
1.2.4.3. Bei dem Vortrag, dass eine Vermietung eines zweiten Stellplatzes kaum anzunehmen sei, da jeder Mieter bereits über zwei eigene Stellplätze verfügt, handelt es sich - worauf auch die Berufungserwiderung zutreffend hinweist - nur um eine Behauptung in das Blaue hinein. Völlig zu Recht hat der Sachverständige daher jedem Stellplatz einen Ertragswert zukommen lassen. Der Sachverständige hat hierzu in seinem Ergänzungsgutachten ausgeführt, dass die Tatsache, dass ein Wohnungseigentümer über ein oder mehrere Sondernutzungsrechte an Stellplätzen verfügt, nicht bedeutet, dass in der Ertragswertermittlung deshalb nur ein Stellplatz zu berücksichtigen sei. Die Vermietung sei möglich und insoweit im Ertragswert in Ansatz zu bringen (Bl. 117 d.A.).
1.2.4.4. Weitere im Gutachten aufgeführte Einzelpositionen greift die Berufung nicht an. Auch der Senat hat keine Anhaltspunkte, an den Ausführungen des Sachverständigen, die sich das Landgericht zu eigen gemacht hat, zu zweifeln.
2. Entgegen der Ansicht der Berufung liegt auch ein Verfahrensfehler nicht vor. Der von Klägerseite angebotene Zeuge P. musste vom Landgericht nicht vernommen werden, da seine Aussagen selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags nicht entscheidungserheblich waren (vgl. § 513 ZPO).
Da, wie unter 1. ausgeführt, vorliegend eine Verkehrswertüberschreitung von 90% nicht gegeben ist, liegt ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht vor. Allein aus dem Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung kann damit kein Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten gezogen werden (BGH, Urteil vom 24.01.2014, V ZR 249/12 = NJW 2014, 1652). Allerdings besteht im vorliegenden Fall ein auffälliges Missverhältnis, das im Zusammenhang mit weiteren Umständen die Sittenwidrigkeit begründen kann. Dafür bedarf es über das Wertverhältnis hinausgehender, für den Käufer nachteiliger rechtlicher Bedingungen des Geschäfts (BGH a.a.0.). Hinzutreten müssen weitere sittenwidrige Umstände, etwa eine verwerfliche Gesinnung. Dafür trägt derjenige, der sich auf die sittenwidrigen Umstände beruft, hier also die Klägerin, die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Palandt, BGB, 75. Auflage, § 138, Rdnr. 34).
Hierzu führt die Klägerin nichts Entscheidungserhebliches aus. Die Klägerin trägt hier weder vor, dass der Beklagte eine unübersichtliche Marktposition ausgenutzt hätte, noch, dass der Beklagte wirtschaftlich oder intellektuell überlegen gewesen sei und eine schwächere Lage der Klägerin bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt habe.
Zum Nachweis der verwerflichen Gesinnung der Beklagten hat die Klägerin erstinstanzlich den Geschäftsführer der R . B. & I. GmbH („R . “), Robert P., als Zeugen angeboten. Die Firma „R. “ hatte mit Kaufvertrag vom 18.01.2007 das gesamte Anwesen (acht Wohnungen und 16 Stellplätze) für 230.000,00 € an die Firma „M. “ veräußert. Mit der Vernehmung des Zeugen will die Klägerin darlegen und beweisen, dass bei dem Ankauf beide Vertragsparteien von einem marktgerechten und dem Verkehrswert entsprechenden Kaufpreis ausgegangen sind, die Firma „M. “ also keineswegs "relativ günstig" erworben habe. Der Beklage habe also beim Weiterverkauf der streitgegenständlichen Wohnung an die Klägerin drei Monate später gewusst, dass der Kaufpreis in Höhe von 70.000,00 € für die streitgegenständliche Immobilie fast um das Dreifache höher lag.
Eine Vernehmung des Zeuge durch das Landgericht war nicht erforderlich. Selbst wenn der Beklagte und der Zeuge P. von einem marktgerechten und dem Verkehrswert entsprechenden Kaufpreis für das gesamte Anwesen ausgegangen sein sollten, würde dies nicht das Vorliegen weiterer sittenwidriger Umstände, etwa eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten beim Verkauf der Immobilie an die Klägerin, begründen. Maßgeblich für die Feststellung eines besonders groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ist vorliegend der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert, nicht, wie die Berufung meint, die Wertvorstellungen des Beklagten und des Zeugen P. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen der „R. “ und der „M. “. Selbst wenn der Beklagte Kenntnis von dem hier nach den Feststellungen des Sachverständigen vorliegenden - zwar nicht groben, aber doch auffälligen -Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gehabt haben sollte, rechtfertigt dies allein nicht den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung. Erforderlich sind vielmehr weitere Umstände, zu denen die Klägerin, wie bereits ausführt, nichts Entscheidungserhebliches vorträgt. Darauf hat auch das Landgericht, sowohl im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.07.2016 (Bl. 147 d.A.) als auch in seinen Entscheidungsgründen (Bl. 157 d.A.), im Ergebnis zutreffend hingewiesen.
Der Hinweis auf § 43 GmbHG geht fehl, da diese Norm nur Innenansprüche der Gesellschaft gegen ihre Geschäftsführer begründet.
III.
Die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind ebenfalls gegeben: Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO) und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil aufgrund einer mündlichen Verhandlung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 ZPO).
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren bemisst sich nach §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO.
Der Senat regt an, die Berufung zur Reduzierung der Kosten (Wegfall von zwei Gerichtsgebühren) zurückzunehmen. Auf Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG wird hingewiesen.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.