Oberlandesgericht München Hinweisbeschluss, 15. Dez. 2014 - 13 U 3742/14
Gericht
Gründe
Oberlandesgericht München
Az.: 13 U 3742/14
35 O 25883/13 LG München I
In dem Rechtsstreit
...
- Kläger und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
1) ...
- Beklagte und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
2) ...
- Beklagte und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
wegen Auskunft und Schadensersatz
erlässt das Oberlandesgericht München - 13. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
am 15.12.2014
folgenden
Hinweis-Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO:
I.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I
II.
Der Senat empfiehlt dem Kläger, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
III.
Es ist beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 64.375,00 EUR festzusetzen.
IV.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.01.2015.
Gründe:
I.
Die Berufung des Klägers konnte weder aufzeigen, dass die angefochtene Entscheidung des Landgerichts München I auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO) beruht, noch dass nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte zu 1) keinen Auskunftsanspruch aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag (MVKV) herleiten kann.
Zutreffend ist zunächst, dass der Kläger nicht Partei dieses Vertrages ist und schon deshalb keine direkten vertraglichen Ansprüche bestehen. Auch aus dem Treuhandvertrag zwischen dem Kläger und der Treuhänderin, die zugleich Mittelverwendungskontrolleurin ist, ergeben sich nach der vertraglichen Vereinbarung für den Kläger ausdrücklich keine derartigen Ansprüche. Die damit einzig denkbaren Ansprüche ließen sich nur aus den Grundsätzen des Vertrages zugunsten Dritter bzw. aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter herleiten. Im vorliegenden Fall stehen dem Kläger derartige Ansprüche aber nicht zu.
Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass es eine Frage des konkreten Einzelfalls ist, ob der MVKV drittschützende Wirkung entfalten kann. Des Weiteren ist zutreffend, dass bewusst nicht die vertragliche Konstruktion gewählt wurde, dass die Anleger Vertragspartner der Mittelverwendungskontrolleurin in dieser Eigenschaft werden. Da dies so ist, kann auch nicht in den Vertrag eine drittschützende Wirkung hineininterpretiert werden, denn das würde nicht dem übereinstimmenden Willen der Parteien entsprechen.
Würde man mit der Doppelfunktion als Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhänderin der Anleger argumentieren, würde das bedeuten, dass man im Ergebnis zwischen den Anlegern, die sich direkt beteiligen und den Anlegern, die sich über die Treuhänderin beteiligen, differenzieren müsste. Das würde dann - konsequent zu Ende gedacht - nach Überzeugung des Senats dazu führen, dass diejenigen Anleger, die sich direkt beteiligen, keinen Auskunftsanspruch haben, denjenigen, die sich über die Treuhänderin und Mittelverwendungskontrolleurin beteiligen, jedoch ein solcher Anspruch zustünde. Es kann aber nicht von der Art der Beteiligung
(direkt/indirekt) abhängen, ob der Vertrag zwischen der Mittelverwendungskontrolleurin und der Beklagten zu 1) einmal drittschützende Wirkung für den Anleger hat und das andere Mal nicht. Die Doppelfunktion als Treuhänderin und Mittelverwendungskontrolleurin ist mithin kein entscheidendes Argument.
Grundsätzlich mag es zwar Konstellationen geben, in denen ein Mittelverwendungskontrollvertrag drittschützende Wirkung entfaltet bzw. einen Auskunftsanspruch für die Anleger gewährt, hier ist es jedoch nicht der Fall. Voraussetzung wäre nämlich auch, dass der Vertrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass der Vertragsschutz in Anerkennung des besonderen Einbeziehungsinteresses des Gläubigers auf den Dritten ausgedehnt werden soll (vgl. Palandt-Grüneberg, 74. Auflage 2015, § 328 Rn. 17 a m. w. N.). Wie der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München in einem Urteil vom 09.06.2010 (Az. 20 U 2125/10, zitiert nach Beck online) in einem vergleichbaren Fall zutreffend ausgeführt hat, könne dahinstehen, ob eine solche Auslegung des Mittelverwendungskontrollvertrages mit der daraus folgenden - angesichts der Vielzahl der Anleger weitgehenden - Haftung möglich ist. Denn selbst wenn ein Vertrag grundsätzlich als solcher mit Schutzwirkung für Dritte qualifiziert werden kann, kann der Dritte eine Haftung des Schuldners daraus nur dann herleiten, wenn diejenige Pflicht, deren Verletzung behauptet wird, überhaupt besteht und auch gegenüber dem Dritten besteht, ihr also drittschützende Wirkung zukommt. Wie sich aus dem Wortlaut des Mittelverwendungskontrollvertrages (Seite 117 ff. der Anlage K 5) ergibt, hat die Mittelverwendungskontrolleurin jedoch nur formelle Prüfungspflichten, nicht aber materielle (vgl. § 2 Abs. 1, § 3 MVKV). Nur auf eine Verletzung einer materiellen Prüfungspflicht könnte aber der Kläger letztlich sein Auskunftsbegehren und die weiteren Ansprüche stützen. Diese materielle Prüfungspflicht der Mittelverwendungskontrolleurin ist jedoch vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Die Mittelverwendungskontrolleurin erteilt ihre Zustimmung zur Verwendung der Mittel dann, wenn gewisse formelle Voraussetzungen erfüllt sind. Nicht aber prüft die Mittelverwendungskontrolleurin, ob die Verwendung der Mittel bzw. das Investment zweckmäßig und wirtschaftlich vielversprechend ist. Das ist aber gerade das Entscheidende. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, den Pflichtenkreis des Mittelverwendungskontrolleurs gegenüber Dritten und die vom Kläger behaupteten Aufklärungspflichten zu erweitern.
Im Übrigen hat das Landgericht auch zu Recht das Vorliegen eines Prospekt- bzw. Aufklärungsfehlers verneint. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
Gleiches gilt für die Frage einer etwaigen Falschberatung durch die Beklagte zu 2).
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, empfiehlt der Senat dem Kläger, sie aus Kostengründen zurückzunehmen. Bei einer Rücknahme der Berufung sind gemäß Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz nur zwei Gerichtsgebühren statt vier Gebühren gemäß Nr. 1220 KV-GKG zu bezahlen.
III.
Der Streitwert von 64.375,00 EUR wurde schon vom Landgericht Berlin mit Beschluss vom 20.06.2013 (Blatt 39 der Akten) zutreffend vorläufig in dieser Höhe festgesetzt. Er entspricht in der Höhe der Streitwertangabe des Klägers; die Beklagten sind dem nicht entgegengetreten, wie sich insbesondere aus dem Kostenfestsetzungsantrag vom 16.09.2014 (Blatt 147 der Akten) ergibt.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.