Oberlandesgericht München Endurteil, 20. Dez. 2017 - 7 U 260/17

published on 20/12/2017 00:00
Oberlandesgericht München Endurteil, 20. Dez. 2017 - 7 U 260/17
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Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23.12.2016 (10 O 16326/14) in Ziffer 2 aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Beklagte wird auf Klagantrag 3 a hin verurteilt, dem Kläger in kontrollfähiger Form Auskunft zu erteilen über diejenigen dem Kläger zugeflossenen Provisionen, die im letzten Vertragsjahr mit Mehrfachkunden erzielt wurden. Der weitergehende Klagantrag 3 a wird abgewiesen.

5. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- € abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

A.

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit einem beendeten Vertriebsverhältnis.

Der Kläger betrieb auf der Grundlage jeweils gesonderter Verträge für die Beklagte insgesamt sieben Geschäfte, in denen Mode der Marke der Beklagten veräußert wurde, in den sieben aus dem Tenor des landgerichtlichen Urteils ersichtlichen Outlet Centern. Der erste dieser Verträge (Anlage K 1) betreffend den Laden im Outlet Center I. Village datiert vom Oktober 2010; die nachfolgenden Verträge (Anlagenkonvolut K 10) sind im wesentlichen gleichlautend.

Hiernach sollte der Kläger als rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Unternehmer, jedoch auf Rechnung der Beklagten die Ladenflächen betreiben, die von der Beklagten angemietet worden waren; der Kläger sollte insoweit auch nicht Untervermieter der Beklagten sein.

Als Vergütung für den Kläger waren eine Fixvergütung von 1.000,- € monatlich je Laden sowie eine 17prozentige Umsatzbeteiligung vorgesehen; außerdem erhielt der Kläger eine Pauschale von 60,- € je Monat und Laden für Büro- und Lagerkosten.

Im Gegenzug hatte der Kläger das Personal zu stellen und den Laden zu den vom jeweiligen Outlet Center vorgegebenen Öffnungszeiten offen zu halten. Die von der Beklagten vorgegebenen Kaufpreise durfte er nur mit Zustimmung der Beklagten ändern. Er hatte das Kassensystem der Beklagten und deren Warenwirtschaftssystem zu benutzen. Die Bareinnahmen hatte er auf ein Konto der Beklagten einzuzahlen. Die Kartenzahlungen liefen direkt auf ein Konto der Beklagten.

Hinsichtlich der Details der vertraglichen Regelungen wird auf die Anlagen K 1 und K 10 Bezug genommen.

Die Beklagte kündigte die genannten Betreiberverträge ordentlich; zwei der Verträge endeten hiernach zum 28.2.2014, die übrigen zum 31.5.2014.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Erteilung eines Buchauszugs und nachfolgend weitere Provisionszahlung (Stufenklage), die Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten. Die Beklagte begehrt widerklagend die Erstattung vorgerichtlicher Kosten.

Der Kläger hat beantragt,

  • 1.Als Hauptantrag: a) Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Buchauszug für alle vom dem Kläger für die Beklagten vermittelten Geschäfte im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2014, sowie über eventuell danach fällig werdende Provisionen zu erteilen; b) über die sich aus dem Buchauszug ergebenden und bislang nicht abgerechneten Provisionen eine Provisionsabrechnung zu erteilen; c) an die Klägerin den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag samt Fälligkeitszins in Höhe von 5 Prozent sowie Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf zu zahlen.

  • 2.Als Hauptantrag: Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB in der Größenordnung von 1.414.201,63 € nebst 5 Prozentpunkten Fälligkeitszinsen hierauf seit dem 31. Mai 2014 sowie Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 19. Juni 2014 zu zahlen.

  • 3.Als Hilfsantrag für den Fall, dass das Gericht die Darlegungen des Klägers zur Ausgleichshöhe für unzureichend halten sollte, im Verhältnis zum Klagantrag zu 2: a) die Beklagte auf der ersten Stufe des Antrags zu Ziffer 3 zu verurteilen, dem Kläger in kontrollfähiger Form sämtliche bei ihr vorhandenen und für die Berechnung seines Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB erforderlichen Informationen zu erteilen, insbesondere welche Provisionen im letzten Vertragsjahr mit Mehrfachkunden erzielt wurden; b) auf der zweiten Stufe nach Erteilung der Auskunft gemäß Ziffer 3 lit a: die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Ausgleichsanspruch in zu beziffernder Größenordnung nebst 5 Prozent Fälligkeitszinsen hierauf seit dem 31. Mai 2014 sowie Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juni 2014 zu zahlen.

  • 4.Als Hauptantrag: Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 15.552,50 € zu zahlen.

  • 5.Hilfsweise zum Antrag auf 1.a): die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen vollständigen Buchauszug über die Geschäfte, die die Beklagte mit vom Kläger in den Outletgeschäften Wertheim, Ingolstadt, Soltau, Zweibrücken, Parndorf, Wustermark und Roermund vermittelten Kunden im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2014 abgeschlossen, ausgeführt oder storniert hat sowie über nachvertragliche Geschäfte und dabei insbesondere folgende Angaben zu machen: a) Name und Anschrift des Kunden, soweit vorhanden; b) Datum des Verkaufs; c) Rechnungsbeträge; d) Datum der Zahlungen und Zahlungsmittel; e) Höhe der gezahlten Beträge; f) Angabe der Annullierungen, Retouren mit Angabe der jeweiligen Gründe hierfür; g) Mitteilung der Abzüge und geltend gemachten Mindermengen sowie Inventurdifferenzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat widerklagend beantragt, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 15.552,50 € zu bezahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht hat der auf Erteilung eines Buchauszugs gerichteten Klage unter Abweisung im übrigen im Hilfsantrag (Klagantrag 5) stattgegeben. Den Anspruch des Klägers auf Handelsvertreterausgleich (Klagantrag 2) hat es dem Grunde nach für berechtigt erklärt. Die mit Klage (Klagantrag 4) und Widerklage wechselseitig geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten hat es abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angegriffenen Teil- und Grundurteils wird Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit welcher sie die Aufhebung des angegriffenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, hilfsweise die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt.

Gründe

B.

Die Berufung hat teilweise Erfolg und war im übrigen als unbegründet zurückzuweisen. Die Klage ist zulässig (I.). Der Kläger war als Kommissionsagent für die Beklagte tätig (II.). Der vom Landgericht zuerkannte Buchauszug steht dem Kläger zu (III.). Dem Kläger als Kommissionsagenten steht grundsätzlich auch ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich zu; allerdings tragen die bisherigen Feststellungen des Landgerichts nicht den Erlass eines Grundurteils, so dass dieses aufzuheben und die Sache insoweit an das Landgericht zurück zu verweisen war (IV.). Diesbezüglich steht dem Kläger aber der hilfsweise für diesen Fall geltend gemachte Auskunftsanspruch jedenfalls teilweise zu (V.). Über die klage- und widerklageweise geltend gemachten wechselseitigen Ansprüche auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten war nicht mehr zu entscheiden (VI.).

I. Zweifel an der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht. Die erst in der Berufungsinstanz erhobene Rüge der örtlichen Unzuständigkeit ist unbeachtlich (§ 513 Abs. 2 ZPO).

II. Die vertragliche Beziehung zwischen den Parteien ist als Kommissionsagenturverhältnis im Sinne von § 383 ff. HGB zu beurteilen.

1. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 23.7.2016 (I ZR 229/13) ein Kommissionsagenturverhältnis in einem Sachverhalt angenommen, der bis Nuancen dem vorliegenden entspricht. Der dortige Kläger betrieb einen Sonderpostenmarkt als selbständiger Kaufmann in von der dortigen Beklagten angemieteten Räumen auf deren Rechnung; er erhielt Provision, hatte aber davon die Löhne zu tragen; Kasseneinnahmen waren täglich abzurechnen und auf ein Konto der dortigen Beklagten einzuzahlen.

Nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs lag keine reine Kommission vor wegen der Dauerhaftigkeit der Geschäftsbeziehung. Eine Handelsvertreterbeziehung war nicht anzunehmen, weil der dortige Kläger als Ladenbetreiber im eigenen Namen aufzutreten hatte. Er war auch nicht als Franchisenehmer zu behandeln, da er auf fremde Rechnung handelte und keine Gebühr für die Einbindung in das System zu entrichten hatte.

2. Diese überzeugenden Erwägungen des Bundesgerichtshofs können auf den vorliegenden Fall übertragen werden und belegen die Annahme eines Kommissionsagenturverhältnisses zwischen den Parteien. Die hiergegen gerichteten Erwägungen der Parteien greifen nicht durch.

a) Der Kläger sollte nach den vertraglichen Regelungen die Läden der Beklagten zwar auf deren Rechnung, aber im eigenen Namen führen (vgl. etwa Anlage K 1, Ziffer 2.). Damit war er nicht als Handelsvertreter im Sinne von § 84 HGB damit betraut, Geschäfte für die Beklagte zu vermitteln oder in deren Namen abzuschließen.

Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Klagepartei nicht darauf an, wie der Kläger nach außen gegenüber den Kunden aufgetreten ist. Denn das Innenverhältnis zwischen den Parteien beurteilt sich allein nach der vertraglichen Regelung und nicht nach dem Auftreten des Klägers im Außenverhältnis und dem Verständnis der Kunden (BGH, a.a.O. Rz. 22, 24). Insofern greifen auch die Erwägungen der Klagepartei nicht durch, dass der Vertrag diesbezüglich anders „gelebt“ worden sei als vereinbart; denn diese Argumentation würde gerade wieder auf das nicht maßgebliche Auftreten des Klägers im Außenverhältnis abstellen.

b) Damit erübrigt sich auch der Einwand der Beklagten, dass der Kläger kein selbständiger Gewerbetreibender war und damit weder Handelsvertreter noch Kommissionär sein könne. In den insoweit allein maßgeblichen Vertragsbestimmungen kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger im Rahmen der Vertragsbeziehung als rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Unternehmer tätig wird (vgl. neben Ziffer 2. insbesondere Ziffer 4. Abs. 4). An dieser Regelung muss sich die Beklagte festhalten lassen.

Unhaltbar sind hiernach die Spekulationen der Beklagten, der Kläger - der nach dem Vertrag als selbständiger Unternehmer im eigenen Namen handeln sollte - sei nur technischer Dienstleister oder gar nur Bote gewesen.

c) Unzutreffend ist der Einwand der Beklagten, dass der Kläger nicht in ihr Vertriebssystem eingebunden gewesen sei. Die Vorgabe der Preise, das vorinstallierte Kassensystem und die Einbindung in das Warenwirtschaftssystem belegen das Gegenteil.

Damit erübrigt sich der Einwand, dass der Kläger nicht mit der Vermittlung von Geschäften betraut gewesen sei. Da er nach dem Vertrag im eigenen Namen handeln musste, war er nicht nur mit der Vermittlung, sondern (sogar) mit dem Abschluss von Geschäften (auf Rechnung der Beklagten) betraut, was der intensivst denkbaren Form des Vertriebs entspricht. Dass es sich um Selbstbedienungsläden handelte, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle; der Kläger erfüllte seine Vertriebsfunktion - nicht anders als der Tankstellenhalter - allein schon durch das Offenhalten der Geschäfte.

d) Soweit die Beklagte einwendet, dass der Kläger keine Provision, sondern eine „variable Vergütung“ bekomme, geht diese Argumentation an Art. 6 Abs. 2 der Handelsvertreterrichtlinie vorbei. Hiernach ist Provision jeder Teil der Vergütung, der nach Zahl und Wert der Geschäfte schwankt; dass eine 17prozentige Umsatzbeteiligung hiernach als Provision zu werten ist, muss sich aufdrängen. Einer Einstufung als Handelsvertreter oder Kommissionsagent steht nicht entgegen, wenn wie vorliegend daneben eine fixe Vergütung gezahlt wird; letzteres ist nach der Kenntnis des ständig mit Handelsvertretersachen befassten Senats auch und gerade beim „reinen“ Handelsvertreter nicht unüblich (z.B. Bürokostenzuschüsse und ähnliches).

e) Unzutreffend ist der Einwand der Beklagten, der Kläger könne nicht Handelsvertreter (oder Kommissionsagent) sein, weil er kein Unternehmerrisiko getragen habe. Dass er keine Miete gezahlt hat, besagt für diese Fragestellung nichts. Nach dem Vertrag hatte der Kläger nämlich das Personal für die Läden zu stellen und zu bezahlen; also hatte er das Personalrisiko zu tragen. Ob er insoweit eigene Arbeitnehmer oder (auf welcher Rechtsgrundlage auch immer) Arbeitnehmer einer anderen Rechtspersönlichkeit (z.B. der Firma P.AG) heranzog, spielt für seine Einstufung als Handelsvertreter oder Kommissionsagent keine Rolle. Auch ein Handelsvertreter könnte nach seinem unternehmerischen Belieben selbständige oder unselbständige Untervertreter einsetzen; dies gilt erst recht für den Kommissionsagenten. Selbst wenn man die Verträge zwischen den Parteien - was fern liegt - so auslegen würde, dass der Kläger nur eigene Arbeitnehmer einsetzen durfte, würde ein Verstoß hiergegen nichts an der Einstufung des Klägers im Verhältnis zur Beklagten als Handelsvertreter bzw. Kommissionsagent ändern. In diesem Zusammenhang ist auch irrelevant, ob im Verhältnis zwischen dem Kläger und der P. AG die die Arbeitnehmerüberlassung betreffenden Rechtsvorschriften beachtet wurden.

f) Fehl geht der Einwand der Beklagten, der Kläger könne deswegen nicht Handelsvertreter (bzw. Kommissionsagent) sein, weil die Beklagte selbst Handelsvertreterin sei. Einem Handelsvertreter ist es wie dargestellt unbenommen, Untervertreter einzusetzen. Dass die Beklagte gegenüber einem (oberen) Geschäftsherrn selbst Handelsvertreterin sein mag, besagt daher für das Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter nichts.

III. Dem Kläger steht der vom Landgericht zuerkannte Buchauszug in dem vom Landgericht auf Hilfsantrag tenorierten Umfang zu. Die diesbezügliche Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

1. Nicht mehr zu entscheiden war über den diesbezüglichen erstinstanzlichen Hauptantrag des Klägers (Klagantrag 1 a). Das Landgericht hat diesen abgewiesen. Der Kläger hat Rechtsmittel hiergegen nicht eingelegt.

2. Einem Kommissionsagenten steht jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden in entsprechender Anwendung des § 87 c Abs, 2 HGB im Grundsatz ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs zu. Diese Frage ist vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden. Insbesondere hatte das Urteil vom 23.7.2016 keinen Anlass, sich hiermit auseinander zu setzen. Der Senat bejaht jedoch die entsprechende Anwendungen aus folgenden Überlegungen.

Für den Tankstellenhalter ist anerkannt, dass ihm bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Buchauszug zustehen kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 29.10.2008 - VIII ZR 205/05). Die rechtliche und wirtschaftliche Stellung eines Kommissionsagenten, der Waren des Geschäftsherrn in den Räumen des Geschäftsherrn auf dessen Rechnung, nach dessen Vorgaben und unter Benutzung von dessen Kassensystem veräußert, ist derjenigen eines Tankstellenhalters vergleichbar. Ein Buchauszug dient dem Berechtigten zur Überprüfung der Abrechnungen des Geschäftsherrn. Dieses Bedürfnis nach Überprüfung besteht für den auf Provisionsbasis arbeitenden Ladenbetreiber gleichermaßen, unabhängig davon, ob er Kraftstoffe oder Modeartikel vertreibt.

3. Der hiernach dem Kläger grundsätzlich zustehende Anspruch ist nicht erfüllt.

a) Zwar ist nach dem zitierten Urteil des BGH vom 29.10.2008 der Anspruch des Tankstellenpächters erfüllt, wenn ihm von ihm selbst erstellte Kassenjournale vorliegen, aus denen sich chronologisch geordnet alle Angaben ergeben, die für die Provisionsberechnung erforderlich sind. Nicht anderes kann für den Kläger als Betreiber eines Outlet Stores gelten.

Nach diesen Grundsätzen ist aber Erfüllung nicht eingetreten. Das Kassensystem stammte vorliegend von der Beklagten, so dass die daraus ersichtlichen Informationen zunächst ihr vorliegen. Zwar hat die Zeugin V. im Termin von 19.5.2016 bekundet (vgl. Sitzungsniederschrift, Bl. 435 ff, der Akten, dort S. 11), dass - jedenfalls im Laden in Ingolstadt - ein Kassenbuch geführt wurde und sie dies täglich an den Kläger und an die Beklagte übermittelt habe. Der Kläger persönlich hat aber bei seiner Anhörung vor dem Landgericht vorgetragen (vgl. Sitzungsniederschrift vom 25.8.2015, Bl. 152 ff. der Akten, dort S. 2), dass ihm die Tagesabschlüsse nur teilweise vorliegen. Dem hat die Beklagte vor Schluss der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Damit ist davon auszugehen, dass dem Kläger nicht alle zur Überprüfung der Provisionsabrechnung erforderlichen Unterlagen in der einem Buchauszug entsprechenden Form vorliegen.

Soweit die Beklagte nunmehr im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.10.2017 (Bl. 849 ff. der Akten, dort S. 9) offenbar bestreiten will, dass dem Kläger die entsprechenden Belege nicht vorliegen, ist dies schon aus prozessualen Gründen irrelevant (§§ 296 a, 525 ZPO). Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestand insoweit nicht, da die Argumentation der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast verkennt. Die Beklagte hat die Erfüllung des klägerischen Anspruchs darzulegen und zu beweisen; sie kann sich daher nicht darauf beschränken, die tatsächlichen Voraussetzungen für dessen Nichterfüllung zu bestreiten.

b) Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs ist nicht durch die dem Kläger von der Beklagten erteilten Provisionsabrechnungen eingetreten. Der Buchauszug dient gerade zur Überprüfung der Provisionsabrechnungen. Damit kann durch die Erteilung der Abrechnungen denklogisch nicht Erfüllung des Anspruchs auf einen Buchauszug eingetreten sein.

4. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs ist nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet (§ 275 BGB). Nicht logisch nachvollziehbar ist zunächst, dass zugleich Erfüllung und Unmöglichkeit des geltend gemachten Anspruchs vorliegen sollen. Dass die Erfüllung des Anspruchs mit hohem Aufwand verbunden sein mag, macht ihn nicht unmöglich. Der Tatsache, dass der Beklagten wegen der konkreten Durchführung des Geschäfts die allermeisten Kundennamen nicht vorliegen werden, trägt die Tenorierung des Landgerichts dadurch Rechnung, dass die Namen der Kunden nur „soweit vorhanden“ im Buchauszug aufzuführen sind.

Bedenken gegen diese Tenorierung bestehen nicht. Zwar wird üblicherweise in einem Buchauszug auch die Angabe des Namens des jeweiligen Kunden verlangt. Zwingende Wesensvoraussetzung eines Buchauszugs ist dies jedoch nicht. Der Buchauszug hat vielmehr alles (aber auch nur das) zu enthalten, was zur Überprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlich ist. Bei dem anonymen Massengeschäft, welches der Kläger für Rechnung der Beklagten betrieb, erscheinen die Kundennamen hierfür nicht zwingend erforderlich (zumal der Buchauszug nur der Überprüfung von Provisionsabrechnungen und nicht der Vorbereitung eines Handelsvertreterausgleichs dient). Damit ist der Ausspruch des Landgerichts insoweit auch hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig. Soweit sich die Beklagte im Vollstreckungsverfahren mit Blick auf den Tenor des Landgerichts darauf berufen sollte, dass ihr Kundennamen nicht vorliegen, wird der Kläger im Hinblick auf die nach der Art der Geschäfte gegebenen Plausibilität des Einwandes (jedenfalls soweit die Kunden nicht mit EC- oder Kreditkarte bezahlt haben, vgl. unten V.) dann zu beweisen haben, dass dies im jeweiligen Einzelfall nicht zutrifft.

5. Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszuges ist weder verwirkt noch stehen ihm sonstige Einwände unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen.

a) Die Geltendmachung des Anspruchs ist nicht deshalb treuwidrig, weil der Kläger kein entsprechendes Informationsinteresse habe. Das Interesse des Handelsvertreters bzw. Kommissionsagenten zur Überprüfung der ihm erteilten Provisionsabrechnungen ergibt sich aus der Natur der Sache und wird vom Gesetzgeber in § 87 c Abs. 2 HGB vorausgesetzt. Aus der Tatsache, dass der Kläger die Provisionsabrechnungen in der Vergangenheit nicht beanstandet hat, folgt jedenfalls nicht ein fehlendes Informationsinteresse (vgl. OLG München, Urteil vom 14.7.2016 - 23 U 3521/15, Rz. 26; vgl. auch Senatsurteil vom 19.7.2017 - 7 U 3387/16, unter B.I.5.).

b) Nicht durchgreifend ist der Einwand der Beklagten, die Geltendmachung des Anspruchs sei deshalb treuwidrig, weil er lediglich als Druckmittel für den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich eingesetzt werde. Die enge zeitliche Verknüpfung der Geltendmachung des Anspruchs auf einen Buchauszug mit der Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs begründet jedoch für sich allein keine Rechtsmissbräuchlichkeit, solange noch Provisionsansprüche des Klägers im Raum stehen und deshalb die Hilfsansprüche nach § 87 c HGB nicht gegenstandslos geworden sind. Dass weitere Provisionsansprüche des Klägers schlechterdings ausscheiden, hat die für den Einwand der Verwirkung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht plausibel dargetan.

c) Die Geltendmachung des Anspruchs ist auch nicht deshalb treuwidrig, weil der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, ein eigenes Kassensystem zu installieren, aus welchem er die für die Kontrolle der Provisionsabrechnungen relevanten Informationen gegebenenfalls hätte gewinnen können. Nach Ziffer 4 Abs. 8 der Verträge zwischen den Parteien hatte die Übermittlung der Daten über sämtliche Verkäufe online im Rahmen des Warenwirtschaftssystems der Beklagten zu erfolgen. Dem Kläger kann in Nachhinein nicht die Obliegenheit angesonnen werden, parallel dazu daneben ein eigenes Kassensystem zu betreiben.

6. Der geltend gemachte Anspruch auf einen Buchauszug ist nicht verjährt. Der Anspruch bezieht sich auf Zeiträume ab dem 1.1.2011. Die zeitlich frühesten Teile des Anspruchs wären daher frühestens am 31.12.2014 verjährt (§§ 195, 199 BGB). Die Verjährung wurde allerdings durch Zustellung der gegenständlichen Klage am 6.10.2014 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

7. Bedenken gegen den Umfang des vom Landgericht tenorierten Buchauszugs bestehen nicht und werden auch nicht geltend gemacht. - Der Senat hält an dieser Stelle den Hinweis für angebracht, dass nach seinem Verständnis die „Geschäfte, die die Beklagte mit vom Kläger … vermittelten Kunden … abgeschlossen … hat“, die in den streitgegenständlichen Läden abgeschlossenen Geschäfte sind, unabhängig von der Frage, ob Vertragspartner der Kunden insoweit der Kläger oder die Beklagte wurde.

IV. Die bisherigen Feststellungen des Landgerichts tragen nicht die Zuerkennung eines Handelsvertreterausgleichs dem Grunde nach. Insoweit war das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

1. Zwar kann dem Kläger als Kommissionsagenten grundsätzlich ein Handelsvertreterausgleich entsprechend § 89 b HGB zustehen. Die entsprechende Anwendung der Vorschrift rechtfertigt sich beim Kommissionsagenturvertrag (anders als beim Franchisevertrag und ähnlich wie beim Vertragshändler) vor allem dadurch, dass der Kommissionär in die Absatzorganisation eingebunden ist, auf fremde Rechnung tätig wird und von daher einem Handelsvertreter vergleichbar erscheint (BGH, Urteil vom 23.7.2016, a.a.O. Rz. 26 ff.).

Soweit die Beklagte gegen diese Vergleichbarkeit im konkreten Fall einwendet, dass den Kläger keine Pflicht zur Überlassung des Kundenstammes traf und er der Beklagten auch diesbezüglich nichts überlassen habe, greift dies nicht durch. Die Pflicht zur Überlassung des Kundenstammes musste nicht vertraglich geregelt werden; sie ergibt sich schon aus § 384 Abs. 2 HGB (BGH, a.a.O. Rz. 36, 37). Für die tatsächliche Überlassung des Kundenstammes reicht es aus, wenn die Beklagte während der Vertragslaufzeit die Daten erhalten hat, die sie für eine Übernahme des Kundenstammes benötigt. Zwar muss dies so geschehen, dass die Vorteile des Kundenstammes sofort und ohne weiteres nutzbar sind. Das Geschäft wurde in von der Beklagten angemieteten Räumen betrieben. Die Beklagte, die die Geschäfte nach Vertragsende in diesen Räumen fortgeführt hat, oder dies jedenfalls konnte, konnte daher auf die Stammkunden (zu diesem Begriff näher unten) weiterhin zugreifen; soweit Kundendaten vorhanden waren, lagen diese der Beklagten aufgrund des vom Kläger zu verwendenden Kassensystems der Beklagten ohnehin vor (vgl. dazu auch BGH, a.a.O., Rz. 43, 44).

2. Aber auch ausgehend von diesen Erkenntnissen konnte im derzeitigen Verfahrensstadium kein Grundurteil über den Handelsvertreterausgleich ergehen.

a) Ein Grundurteil kann ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist (§ 304 Abs. 1 ZPO) und die Sache zum Grund, nicht aber zur Höhe entscheidungsreif ist (vgl. Zöller / Vollkommer, ZPO, 30. Auf., § 304 Rz. 6 mit weiteren Nachweisen). Dies wird von der Rechtsprechung für den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich dahin konkretisiert, dass ein Grundurteil dann ergehen darf, wenn sämtliche Voraussetzungen eines Handelsvertreterausgleichs positiv festgestellt sind, insbesondere wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Unternehmer nach Vertragsende erhebliche Vorteile aus der Handelsvertretertätigkeit verbleiben und wenn feststeht, dass ein Anspruch auch der Billigkeit entspricht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29.5.1967 - VII ZR 297/64, Rz. 16 ff; Urteil vom 4.6.1986 - I ZR 161/84, Rz. 11; Urteil vom 13.8.2015 - VII ZR 90/14, Rz. 40).

b) Hiernach konnte vorliegend ein Grundurteil nicht ergehen. Denn es fehlt an hinreichenden Feststellungen des Landgerichts zu der Frage, ob die Klägerin überhaupt Stammkunden hatte.

Maßgebliches Kriterium für die Bemessung des Handelsvertreterausgleichs sind (neben Billigkeitskriterien, § 89 b Abs. 1 Nr. 2 HGB) die dem Unternehmer nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit der Vertriebsperson verbleibenden Vorteile „aus der Geschäftsbeziehung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat“ (§ 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB), also den sogenannten „Stammkunden“ Logischer und auch rechnerischer Ausgangspunkt für die Bemessung des Handelsvertreterausgleichs ist daher derjenige Umsatz, den der Handelsvertreter (oder vorliegend der Kommissionär) mit solchen Stammkunden im letzten Vertragsjahr erzielt hat (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 6.8.1997 - VIII ZR 150/96, Rz. 24 ff.). Damit ist Voraussetzung für die Feststellung erheblicher Unternehmervorteile, die ein Grundurteil rechtfertigen kann, zunächst die Feststellung, dass der Kläger in relevantem Umfang Stammkunden hatte. Hieran fehlt es in dem angegriffenen Urteil.

Nicht hinreichend ist schon die Erwägung des Landgerichts, dass die Beklagte „aller Voraussicht nach“ weitere Vorteile aus der beendeten Geschäftsbeziehung haben werde (LGU S. 30) und diese „wahrscheinlich auch erheblich“ sein werden (LGU S. 31); für den Erlass eines Grundurteils müssten diese Punkte feststehen. Sie stehen allerdings nur fest, wenn man eine erhebliche Stammkundenquote feststellt. Auch insoweit genügen die Feststellungen des Landgerichts nicht, da sie sich nur auf die Schätzung einer (von vielen benannten) Zeugin stützen, die zudem nur Angaben zu einem vom sieben Geschäften (dem in Ingolstadt) machen konnte. Insoweit hängen die Erwägungen des Landgerichts ohne hinreichende Tatsachengrundlage in der Luft.

c) Umgekehrt ist die Sache aber auch nicht entscheidungsreif im Sinne einer Klagabweisung insgesamt.

aa) Es kann nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagten keine (bzw. keine erheblichen) Unternehmervorteile nach der beendeten Geschäftsbeziehung verblieben sind.

(1) Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger keine Stammkunden hatte (die für die Beklagte weiter nutzbar sind).

Stammkunden sind alle Mehrfachkunden, also diejenigen Kunden, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 6.8.1997 - VIII ZR 150/96, Rz. 26). Wann ein Kunde hiernach als Stammkunde einzustufen ist, hängt vom Gegenstand des Geschäfts und den branchenüblichen Besonderheiten ab (BGH, Urteil vom 12.9.2007 - VIII ZR 194/06, Rz.37). Die Beklagte hat unwidersprochen vorgebracht, dass sie jährlich vier jahreszeitabhängige Kollektionen vertreibt. Der Senat ist daher der Ansicht, dass als Stammkunde anzusehen ist, wer einmal im Quartal, das heißt viermal jährlich einkauft.

Der Kläger hat eine Stammkundenquote von 60 Prozent behauptet und unter Sachverständigenbeweis gestellt. Damit ist er zunächst seiner Darlegungslast nachgekommen. Ferner hat er sich auf die Auswertung der mit ECbzw. Kreditkarte erfolgten Zahlungen bezogen. Dies kann eine zulässige Methode zur Schätzung des Stammkundenanteils sein und ein Sachverständigengutachten (wie vom Landgericht angekündigt) möglicherweise sogar entbehrlich machen. Im Urteil vom 12.9.2007 (a.a.O., Rz. 28 ff.) hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass durch Auswertung der Kartenzahlungsbelege, welche die Kartennummer ausweisen, der Stammkundenanteil unter den Kartenzahlern ermittelt werden kann. Vom Stammkundenanteil der Kartenzahler kann dann mangels Anhaltspunkten dafür, dass Barzahler eine andere Einkaufsfrequenz als Kartenzahler aufweisen, auf den Stammkundenanteil im Bezug auf alle Kunden geschlossen werden. Dies stellt eine zulässige Schätzmethode nach § 287 ZPO dar. Da dem Kläger diese Daten nicht vorliegen, kann er insoweit Auskunft von der Beklagten verlangen (dazu unten V.).

Auf der Basis einer so ermittelten Stammkundenquote (von der nach derzeitigem Verfahrensstand weder davon ausgegangen werden kann, dass sie erheblich ist, noch dass sie bei Null liegt), kann als Ausgangspunkt für die Berechnung des Rohausgleichsbetrages auf die im letzten Vertragsjahr auf Stammkunden entfallende Provisionsanteile geschlossen werden (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom12.9.2007, a.a.O. Rz. 22).

(2) Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass für diese Berechnung nur Stammkunden anzusetzen sind, die vom Kläger geworben wurden, also nicht bereits zuvor Kunden der Beklagten waren (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 6.8.1997, a.a.O. Rz. 34 ff.). Der Kläger hat jedoch unwidersprochen vorgebracht, dass erst mit seiner Tätigkeit der Vertrieb von Waren der Beklagten in eigenen Läden in Outlet Centern begann. Für dieses Marktsegment sind daher alle Stammkunden des Klägers als Neukunden der Beklagten anzusehen.

(3) Die Beklagte weist ferner im Ansatz zu Recht darauf hin, dass für die Berechnung des Rohausgleichs Provisionsanteile nicht herangezogen werden können, die sich als Vergütung für reine verwaltende Tätigkeiten darstellen (BGH, Urteil vom 6.8.1997, a.a.O. Rz. 37 ff; Urteil vom 12.9.2007, a.a.O. Rz. 49). Verwaltende Tätigkeiten sind solche, die für den Begriff des Handelsvertreters nicht wesentlich sind und für die Werbung des Kundenstammes keine Rolle spielen (BGH, Urteil vom 6.8.1997, a.a.O. Rz. 41). Aufwendungen für Lagerhaltung kommt allerdings werbende Funktion zu, weil ein Kunde erwartet, sofort beliefert zu werden (a.a.O. Rz. 42); dasselbe muss bei Selbstbedienungs-Modegeschäften wie denjenigen des Klägers für die Ausstellung und Dekoration der Ware gelten. Werbenden Charakter haben ebenfalls alle Tätigkeiten, die sich vor den Augen der Kunden abspielen und sich dem Kunden in Gestalt des Zustandes, der Ordnung und der Sauberkeit des Ladens darstellen (a.a.O. Rz. 44).

Vor diesem Hintergrund ist entgegen der Auffassung der Beklagten der allergrößte Teil der Tätigkeit (des Personals) des Klägers als werbend bzw. vertriebsbezogen anzusehen. Berücksichtigt man ferner, dass der Kläger insgesamt 1.060,- € je Monat und Laden an Fixvergütung erhalten hat, erscheint ein Abzug von der variablen Vergütung für rein verwaltende Tätigkeit nicht oder allenfalls in minimalem Umfang geboten. Zu einer Reduzierung des Rohausgleichs auf Null kommt man hierüber jedenfalls nicht.

(4) Im nächsten Schritt für die Ermittlung des Rohausgleichs sind die der Beklagten voraussichtlich aus der Tätigkeit des Klägers verbleibenden Unternehmervorteile für einen mehrjährigen Prognosezeitraum unter Berücksichtigung einer zu schätzenden Abwanderungsquote hochzurechnen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 6.8.1997, a.a.O. Rz. 54; Urteil vom 12.9.2007, a.a.O. Rz. 52). Diskutiert werden insoweit Prognosezeiträume von zwei bis fünf Jahren (vgl. Baumbach / Hopt, HGB, 37. Aufl. § 89 b Rz. 12). Angesichts der schnelllebigen Modebranche dürfte eine Abwanderungsquote von 33% pro Jahr und damit ein Prognosezeitraum von 3 Jahren in etwa zutreffen (§ 287 ZPO). Auch unter Zugrundlegung dieser Werte verbleiben (sofern man überhaupt Stammkunden festgestellt hat) der Beklagten erhebliche Vorteile aus der Tätigkeit des Klägers.

(5) Der so ermittelte Betrag ist sodann zur Ermittlung des endgültigen Rohausgleichsbetrages noch über den Prognosezeitraum abzuzinsen (zu diesem Erfordernis und zu den in Betracht kommenden mathematischen Methoden vgl. BGH, Urteil vom 6.8.1997, a.a.O. Rz. 56 f.; Urteil vom 12.9.2007, a.a.O. Rz. 51). Auch dieser Vorgang kann jedoch nicht zur Reduzierung des Rohausgleichsbetrages auf Null oder eine unerhebliche Größenordnung führen, sofern man nach obigen Grundsätzen eine hinreichende Stammkundenquote festgestellt hat.

bb) Kommt man hiernach zu einem Rohausgleichsbetrag, ist dieser aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Nr. 2 HGB) jedenfalls nicht auf Null zu reduzieren.

(1) Zwar wird man unter Billigkeitsgesichtspunkten einen gewissen Abschlag für nach Vertragsende ersparte Aufwendungen, insbesondere ersparte Personalkosten des Klägers in Betracht ziehen können. Im erwähnten Urteil vom 21.7.2016 (a.a.O. Rz. 60 ff.) hat der Bundesgerichtshof insoweit einen Abschlag von 20% gebilligt. Er hat dazu ausgeführt, dass ein solcher Abschlag nur ausnahmsweise in Betracht komme, wenn die Tätigkeit der Vertriebsperson besonders personalintensiv gewesen sei (was man auch vorliegend wird annehmen können); der Abschlag dürfe aber nicht dazu führen, dass der Handelsvertreterausgleich nur aus dem Reingewinn berechnet werde. Nach diesen Grundsätzen wird auch vorliegend ein Abschlag von maximal 20 Prozent für ersparte Aufwendungen in Betracht kommen.

(2) Weiter wird ein Billigkeitsabschlag für die Sogwirkung der Marke in Betracht kommen. Insoweit werden Abschläge zwischen 10 und 33 Prozent diskutiert (vgl. Baumbach / Hopt, HGB, 37. Aufl., § 89 b Rz. 35). Auch unter Berücksichtigung einer „doppelten“ Sogwirkung, nämlich für die Marke B. und für das Outlet Center als solches, hält der Senat einen Abschlag von 20 Prozent für angemessen. Ein von der Beklagten erwogener Abschlag für die Sogwirkung der Marke von 70 - 100 Prozent ist jedenfalls utopisch.

(3) Ein weiterer Abschlag dafür, dass der Anteil des Klägers am Vermittlungserfolg relativ gering gewesen sei, weil er nur habe den Laden offen halten müssen, erscheint aus Billigkeitsgründen nicht veranlasst, wenn man zuvor schon die Sogwirkung des Outlet Centers berücksichtigt hat.

(4) Ein Abschlag für die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger überwiegend Einmalkunden hatte, kommt nicht in Betracht. Einmalkunden fließen schon in die Berechnung des Rohausgleichs nicht ein. Daher ist ein weiterer Billigkeitsabschlag unter diesem Gesichtspunkt nicht begründbar, weil ansonsten die Kundenstruktur doppelt zu Lasten des Klägers berücksichtigt würde.

(5) Dasselbe gilt letztlich für die Argumentation der Beklagten, wonach ein weiterer Billigkeitsabschlag dafür erforderlich sei, dass dem Kläger besonders günstige Vertragsbedingungen eingeräumt worden waren. Damit meint die Beklagte offenbar, dass sie und nicht der Kläger die Miete für die Läden bezahlte. Insoweit ist die Argumentation der Beklagten allerdings widersprüchlich. Der Kläger hatte jedenfalls die Kosten des Personals zu tragen. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass ein Großteil der Provisionen für die Bezahlung des Personals habe verwendet werden müssen. Legt man dies zugrunde, waren die Vertragsbedingungen für den Kläger nicht so außergewöhnlich günstig, dass hierfür ein Billigkeitsabschlag vom Rohausgleich zu machen wäre, zumal ohnehin ein Abschlag für ersparte Aufwendungen vorzunehmen ist (vgl. oben (1)).

d) Vor diesem Hintergrund macht der Senat von der Möglichkeit des § 538 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Gebrauch und verweist den Anspruch auf Handelsvertreterausgleich zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in die erste Instanz zurück. Ein Grundurteil hätte auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht ergehen dürfen. Die Sache ist aber auch nicht entscheidungsreif im Sinne einer Klagabweisung. Ein Zurückverweisungsantrag der Beklagtenseite liegt vor. Eine eigene Entscheidung des Berufungsgerichts zu Grund und Höhe des Anspruchs erscheint nach dem Rechtsgedanken des § 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht sachgerecht, da noch umfangreiche Feststellungen zu treffen sein werden; außerdem war zu bedenken, dass die weiteren Stufen der Stufenklage betreffend weitere Provisionszahlungen ohnehin noch in erster Instanz anhängig sind.

V. Auf den erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag (Klagantrag 3. a) war die Beklagte zur Auskunft wie in Ziffer 4. des Tenors geschehen zu verurteilen. Der weitergehende Hilfsantrag 3 a war abzuweisen.

1. Die Bedingung, unter die der Hilfsantrag gestellt wurde, nämlich dass das Gericht die Darlegungen des Klägers zur Ausgleichshöhe für unzureichend hält, ist eingetreten. Wie dargestellt, kann auf der Basis des Klagevortrages eine Stammkundenquote als Basis für die Berechnung des Rohausgleichs nicht festgestellt werden.

2. Das Landgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - über den Hilfsantrag auf Auskunft nicht entschieden. Dieser Antrag ist daher an sich in erster Instanz anhängig. Der Senat macht jedoch im Interesse einer Beschleunigung des umfangreichen Verfahrens von der im Falle eines landgerichtlichen Teilurteils bestehenden Möglichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 12.1.1994 - XII ZR 167/92, Rz. 25) Gebrauch, den Antrag an sich zu ziehen und zu verbescheiden.

3. Dem Kläger steht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB ein Anspruch auf Auskunft in dem ausgeurteilten Umfang zu.

a) Nach § 242 BGB besteht ein Anspruch auf Auskunft, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann (vgl. Palandt / Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 260 Rz. 4 m.w.Nachw.). Ein derartiger Anspruch kann auch für den Handelsvertreter (bzw. entsprechend den Kommissionsagenten) zur Vorbereitung eines Anspruchs auf Handelsvertreterausgleich bestehen (vgl. Senatsurteile vom 14.9.2011 - 7 U 1348/11, Rz. 14; vom 28.9.2011 - 7 U 2019/11, Rz. 55).

b) Eine derartige Konstellation ist vorliegend anzunehmen.

Wie dargestellt ist zur Berechnung des Rohausgleichs als erste Stufe für die Ermittlung des Handelsvertreterausgleichs die Feststellung der Stammkundenquote, die der Kläger im letzten Geschäftsjahr hatte, erforderlich. Diese hat der Kläger nicht nur zu behaupten (was er tut), sondern auch schlüssig darzulegen. Hierzu ist er aufgrund der Eigenart der vertraglichen Beziehungen, insbesondere des anonymen Massengeschäftes und der Tatsache, dass er nach den Verträgen zwischen den Parteien das Kassensystem der Beklagten zu benutzen hatte, nicht in der Lage. Dieses Unvermögen einer schlüssigen Darlegung der Stammkundenquote hat der Kläger auch nicht zu vertreten; insbesondere war er nicht gehalten, ein eigenes Kassensystem zu installieren (dazu oben III.5.c)), aus welchem er eventuell (über die Kartenzahler, vgl. oben IV,2,c,aa,(1)) eine Stammkundenquote hätte schätzen können.

Die Beklagte ist dem gegenüber in der Lage, die Stammkundenquote des Klägers zu ermitteln. Da sie über das Kassensystem verfügte und insbesondere Zahlungen mit EC- oder Kreditkarte unmittelbar auf eines ihrer Konten erfolgten, kann sie durch Auswertung der Kartenzahlungen in der dargestellten Weise (oben IV.2.c.aa.(1)) eine Hochrechnung auf diejenigen Provisionsanteile vornehmen, die der Kläger mit Stamm- / Mehrfachkunden erzielte.

4. Dem weitergehende Hilfsantrag war abzuweisen. Soweit er sich allgemein auf „sämtliche … für die Berechnung [des] Ausgleichsanspruchs erforderlichen Informationen“ bezieht, ist er zu unbestimmt, da nicht vollstreckungsfähig und damit unzulässig. Soweit er sich konkret auf Mehrfachkunden bezieht und damit zulässig ist, sind eventuelle bei der Beklagten vorliegende Informationen, die über die tenorierte Auskunft hinausgehen, für die Berechnung des Handelsvertreterausgleich nicht erforderlich und Auskunft darüber daher nicht geschuldet.

VI. Das Urteil des Landgerichts ist rechtskräftig, soweit es Klage und Widerklage bezüglich der geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten abgewiesen hat. Der Kläger hat kein Rechtsmittel eingelegt. Die Berufungsanträge der Beklagten beziehen sich nicht auf die Widerklage.

C.

Eine Kostenentscheidung ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht möglich und war daher dem Landgericht vorzubehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Bemessung der Sicherheitsleistung war neben dem beträchtlichen Aufwand für die Erstellung des geschuldeten Buchauszugs auch die zusätzlich tenorierte Auskunft zu berücksichtigen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzlicher Natur sind durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.7.2016 (a.a.O.) geklärt.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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published on 12/09/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 194/06 Verkündet am: 12. September 2007 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
published on 29/10/2008 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 205/05 Verkündet am: 29. Oktober 2008 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG
published on 13/08/2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 90/14 Verkündet am: 13. August 2015 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
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Annotations

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Der Kommissionär ist verpflichtet, das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen.

(2) Er hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere von der Ausführung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen; er ist verpflichtet, dem Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.

(3) Der Kommissionär haftet dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Dritten namhaft macht, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.