Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Nov. 2017 - 8 U 3643/17

published on 28/11/2017 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Nov. 2017 - 8 U 3643/17
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Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Kläger gegen das Teilurteil des Landgerichts München II vom 28.09.2017, Az.: 1 O 2379/12, wird als unzulässig verworfen.

III. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten, die dem Beklagten durch die Berufung der Kläger entstanden sind.

IV. Der Streitwert für die Berufung der Kläger wird auf € 20.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger fordern von dem Beklagten, ihrem Nachbarn, den Rückschnitt von Ästen und Zweigen, die auf ihr Grundstück ragen, sowie den Rückschnitt bzw. die Beseitigung einer Thujenhecke wegen Beeinträchtigung ihres Gehund Fahrtrechts.

Mit Teilurteil vom 28.09.2017 (Az.: 1 O 2379/12) hat das Landgericht München II der Klage hinsichtlich des begehrten Rückschnitts der Äste und Zweige teilweise stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Das Teilurteil des Landgerichts München II wurde dem Klägervertreter am 09.10.2017 zugestellt. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.11.2017 (Bl. 336/337 d.A.) legten die Kläger gegen das Urteil Berufung ein. Die Berufung war im Briefkopf an das Landgericht München II adressiert und ging dort per Fax am 09.11.2017 und im Original am 13.11.2017 ein. Mit Verfügung vom 13.11.2017 wurde die Berufungsschrift samt Akten dem Oberlandesgericht München zugeleitet. Dort ging die Berufungsschrift mit Akten am 14.11.2017 ein (Bl. 336/337 d. A.).

Mit an das Oberlandesgericht München adressiertem anwaltlichem Schriftsatz vom 14.11 .2017 (Bl. 338/340 d.A.) beantragten die Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legten erneut Berufung gegen das Teilurteil des Landgerichts München II ein. Der Klägervertreter führte aus, dass die langjährige, gut geschulte und ansonsten äußerst zuverlässige Mitarbeiterin des Klägervertreters versehentlich einen vorherigen irrtümlich an das Landgericht München II adressierten Schriftsatz an das Landgericht gefaxt habe und entgegen der Weisung des Klägervertreters nicht den für das OLG München vorbereiteten Schriftsatz an das OLG München.

II.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO ist zulässig, aber unbegründet. Der Antrag war daher zurückzuweisen, § 238 ZPO.

Die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beruht auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Kläger, das ihnen nach § 85 Abs. ZPO zuzurechnen ist.

Der Klägervertreter hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass er durch eine ordnungsgemäße Organisation der Ausgangskontrolle in seiner Kanzlei dafür Sorge getragen hat, dass Rechtsmittelfristen nicht versäumt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügt ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (BGH NJW-RR 2017, 1139, beckonline). Der Klägervertreter trägt nicht vor, dass er entsprechende organisatorische Anweisungen in seiner Kanzlei getroffen hat. Er macht vielmehr geltend, dass die langjährige, gut geschulte und ansonsten äußerst zuverlässige Mitarbeiterin des Klägervertreters versehentlich einen irrtümlich an das Landgericht München II adressierten Schriftsatz an das Landgericht gefaxt habe und nicht den für das OLG München vorbereiteten Schriftsatz an das OLG München.

Auch insoweit ist höchstrichterlich entschieden, dass eine Verzögerung des Eingangs einer Rechtsmittelschrift, die auf eine falsche Adressierung zurückzuführen ist, der Prozessbevollmächtigte grundsätzlich selbst zu vertreten hat (vgl. BGH NJW-RR 1987, 319). Dem Prozessbevollmächtigten der Kläger ist es zudem als eigenes Verschulden anzulasten, dass er es versäumt hat, die ursprünglich an das Landgericht München II adressierte und von ihm unterschriebene Berufungsschrift zu vernichten und damit zu vermeiden, dass diese mit seiner Unterschrift versehene Berufungsschrift in den Verkehr gebracht wird. Damit ist der Klägervertreter seiner Verpflichtung, für eine sorgsame Ausgangskontrolle zu sorgen und alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, nicht nachgekommen. Der Klägervertreter hätte die mit seiner Unterschrift versehene Berufungsschrift, die versehentlich an das Landgericht München II adressiert war, aus dem Verkehr ziehen müssen oder zumindest auf dem Schriftstück eindeutig erkennbar machen müssen, dass es sich bei diesem Schriftsatz um einen überholten, nicht mehr existenten, da fehlerhaften Entwurf handelt. Der Klägervertreter hat jedoch derartiges nicht vorgetragen.

2. Die Berufung der Kläger ist wegen Versäumnis der Berufungsfrist als unzulässig zu verwerfen, §§ 522 Abs. 1, 517 ZPO. Das erstinstanzliche Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 09.10.2017 zugestellt. Die Berufungsfrist endete damit gemäß §§ 517, 222 Abs. 1. 2 ZPO in Verbindung mit § 188 Abs. 2 BGB am 09.11.2017 um 24 Uhr.

Gemäß § 519 Abs. 1 ZPO wird die Berufung durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. Die Berufungsschrift ist vorliegend nach Weiterleitung durch das Landgericht München II am 14.11.2017 und damit verspätet beim zuständigen Oberlandesgericht München eingegangen. Die Verzögerung des Eingangs ist darauf zurückzuführen, dass die Berufungsschrift entgegen § 519 Abs. 1 ZPO nicht an das Oberlandesgericht München, sondern an das Landgericht München II adressiert und versendet worden war. Vom vorbefassten Landgericht konnte auf Grund der einem Verfahren nachwirkenden Fürsorgepflicht (vgl. BVerfG NJW 2005, 2137) auch nicht erwartet werden, die Berufungsschrift noch innerhalb der Berufungsfrist an das zuständige Oberlandesgericht weiter zu leiten, da die Schrift erst am letzten Tag der Berufungsfrist beim Landgericht München II eingegangen ist.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO; §§ 47,48 GKG, § 3 ZPO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten bleibt der Endentscheidung in diesem Verfahren vorbehalten.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Annotations

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.