I.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger im Wesentlichen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € nebst Zinsen wegen behauptet fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seinem Erwerb von Namensvorzugsaktien der B. AG. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Traunstein vom 18. Juli 2014, Az. 5 O 5030/12, Bezug genommen. In diesem Urteil, das dem Klägervertreter am 22. Juli 2014 zugestellt wurde, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger mit am 22. August 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 212 f.) Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ging trotz des Vermerks „vorab per Fax“ bei Gericht lediglich im Original (Bl. 217 ff.) am 23. September 2014, einem Dienstag, ein.
Mit Verfügung vom 24. September 2014 (Bl. 231), die dem Klägervertreter am 2. Oktober 2014 zugestellt wurde, hat der Senat darauf hingewiesen (Bl. 231), dass er beabsichtige, die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom selben Tag (Bl. 232 ff.) Wiedereinsetzung in die versäumte Frist beantragt und unter Glaubhaftmachung ausgeführt, die Aufgabe, den fristgebundenen Schriftsatz per Fax zu übersenden, sei dem bislang stets zuverlässigen Auszubildenden der Kanzlei, der sich im dritten Lehrjahr befinde, übertragen worden. Dieser sei aufgrund seines beruflichen Werdegangs generell zuverlässiger als Auszubildende sonst, seit längerem regelmäßig mit der Faxübermittlung von Schriftsätzen betraut und angewiesen, das ausgedruckte Faxprotokoll auf die richtige Zielnummer, die Übereinstimmung der Anzahl der gefaxten Seiten mit dem Umfang des jeweiligen Schriftsatzes sowie das Sendeergebnis „Ok“ zu überprüfen. Weder die anfängliche lückenlose Kontrolle dieser Tätigkeit des Auszubildenden noch die nunmehr durchgeführten stichprobenartigen Kontrollen hätten jemals Beanstandungen ergeben. Dem Auszubildenden sei nicht erklärlich, weshalb er im vorliegenden Fall den fettgedruckten Vermerk „Fehler aufgetreten“ und die Mitteilung des Sendeergebnisses „Belegt“ auf dem fraglichen Sendeprotokoll überlesen habe. Es seien am fraglichen Tag - wie häufig - mehrere Dokumente zu faxen gewesen, dies habe ca. 20 Minuten in Anspruch genommen. Die mit der Kontrolle der Fristen beauftragten, seit mehreren Jahren in der Kanzlei tätigen und äußerst zuverlässigen Fachangestellten seien allgemein angewiesen, Fristen erst nach Kontrolle des Faxprotokolls zu streichen oder nachdem sie sich durch Nachfrage bei demjenigen, der den Faxversand durchgeführt hat, davon überzeugt haben, dass dieser das Faxprotokoll kontrolliert hat. Ausschließlich Fachangestellte seien mit der Streichung der Fristen betraut. Am fraglichen Tag habe die Fachangestellte, die vor ihrem Feierabend (Büroschluss ca. 18 Uhr) die Erledigung der Fristen kontrolliert habe, bereits beobachtet gehabt, dass der Auszubildende gegen 16:30 Uhr Schriftsätze - auch die Fristsache - gefaxt und Protokolle kontrolliert hat. Sie habe sich später bei der Fristenkontrolle bei ihm erkundigt, ob die fragliche Berufungsbegründungsschrift gefaxt worden sei, was der Auszubildende bejaht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vorbringens zum Wiedereinsetzungsantrag wird Bezug auf den Schriftsatz vom 2. Oktober 2014 (Bl. 232 ff.) genommen.
II.
Der zulässige Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist (§§ 233, 234 ZPO) ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Der Kläger, dem das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet wird, war nicht ohne sein Verschulden an der fristgerechten Begründung seiner Berufung gehindert, § 233 ZPO. Wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist war die Berufung daher zu verwerfen.
1. Zwar erscheint es vordergründig allein auf das Verschulden des mit dem Faxversand der Berufungsbegründungsschrift betrauten Auszubildenden der Kanzlei des Klägervertreters zurückzuführen zu sein, dass das fristgebundene Schriftstück nicht fristgerecht übermittelt wurde. Denn der Auszubildende hat den unterbliebenen Versand des Schriftstücks trotz der auffälligen Fehlermeldung auf dem Faxprotokoll nicht bemerkt und eine erneute, unschwer fristgerecht mögliche Versendung unterlassen. Dieses Verschulden des Angestellten aber ist dem Prozessbevollmächtigten und der Partei als Verschulden Dritter generell nicht zuzurechnen (vgl. Zöller, ZPO, § 233 Rn. 11, 23 „Angestellte“).
2. Allerdings liegt dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch eigenes Verschulden zur Last, denn die kanzleiinterne Organisation der Fristenkontrolle genügte entgegen dem Dafürhalten des Klägervertreters nicht den Anforderungen der Rechtsprechung.
a) Der Klägervertreter weist noch zutreffend darauf hin, dass ein Auszubildender unter bestimmten, hier wohl gegebenen Voraussetzungen mit der Faxübermittlung fristwahrender Schriftsätze betraut werden darf (BGH, Beschluss vom 12. September 2013, III ZB 7/13, NJW 2014, 225 m. w. N.). Er übersieht jedoch, dass die konkreten Abläufe in der Kanzlei nicht so organisiert waren, dass - wie von der Rechtsprechung gefordert - zusätzlich eine Fristenkontrolle stattfand, bei der die für die Kontrolle zuständige Angestellte angewiesen war, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (BGH, Beschluss vom 11. September 2007, XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 Rn. 13 m. w. N.). Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern auch die Weisung erteilt, die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006, I ZB 64/05, NJW 2006, 1519 Rn. 9 m. w. N.). Zudem erfordert die wirksame Ausgangskontrolle eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird. Diese Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbstständige Prüfung voraus (BGH, Beschluss vom 13. September 2007, III ZB 26/07, BeckRS 2007, 16080 Rn. 15 m. w. N.). Sie dient nicht nur dazu, Fehler bei der Übermittlung auszuschließen, vielmehr soll damit ebenso die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittelt worden ist (BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 2010, XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 14 und vom 17. Juli 2013, XII ZB 115/13, juris Rn. 6). Mit der Überwachung der Fristen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur voll ausgebildetes und sorgfältig überwachtes Personal zu betrauen, keinesfalls hingegen noch auszubildende Kräfte (BGH, Beschluss vom 11. September 2007, XII ZB 109/04, a. a. O. Rn. 15 m. w. N.).
b) Dass in der Kanzlei des Klägervertreters die Weisung besteht, Fristen erst nach (eigener) Kontrolle des Sendeberichts durch eine Fachangestellte zu streichen und dass dies im konkreten Fall so gehandhabt worden ist, lässt sich indes weder dem Wiedereinsetzungsantrag noch der eidesstattlichen Versicherung der vom Klägervertreter als mit der Fristenkontrolle betraut bezeichneten Fachangestellten entnehmen. Die Angestellte hat lediglich geschildert, sie habe kurz vor ihrem Verlassen der Kanzlei kontrolliert, ob sämtliche Fristen gestrichen seien.
Die abendliche Fristenkontrolle jedenfalls genügt schon nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht den Anforderungen der Rechtsprechung, dass die mit dieser Tätigkeit betraute Fachangestellte nochmals und eigenständig die Erledigung der Frist anhand der Akte oder des Sendeberichts zu prüfen hat (BGH, Beschluss vom 13. September 2007, III ZB 26/07, a. a. O.). Vielmehr lässt die in der Kanzlei bestehende Weisung nach eigenem Vorbringen eine mündliche Nachfrage bei demjenigen genügen, der den Faxversand unternommen hat - im Regelfall somit beim Auszubildenden. Entsprechend hat sich die Fachangestellte vorliegend auch mit der mündlichen Auskunft des Auszubildenden, die Fristsache sei hinausgegangen, begnügt.
c) Dies reicht nicht aus, um eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen. Denn die Kontrolle durch den Auszubildenden und seine mündlichen Angaben konnten eine eigene, selbstständige Fristenkontrolle der Fachangestellten anhand Akte oder Sendeprotokoll nicht ersetzen. Die Kontrolle, ob der Faxversand des fristgebundenen Schriftsatzes erfolgreich war, die dem Auszubildenden wohl übertragen werden durfte, ist von der Frage der Fristenkontrolle, die zum Streichen der Frist und der Prüfung der Fristerledigung führt, und die ausschließlich Fachangestellten vorbehalten bleibt, strikt zu trennen. Ließe man die durch einen Auszubildenden erfolgte Versendungskontrolle und die mündliche Auskunft darüber für die Streichung und Prüfung der Fristerledigung genügen, würde man im Ergebnis entgegen der ständigen Rechtsprechung eine wesentliche Komponente der Fristenkontrolle faktisch in die Hände von Auszubildenden legen (zu einem ähnlich gelagerten Fall BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006, I ZB 64/05, a. a. O. Rn. 11; vgl. auch Strunz, LMK 2008, I, 9 f.).
Hinzu kommt, dass zwischen der vermeintlichen Absendung der Berufungsbegründungsschrift per Telefax am Nachmittag und der Fristenkontrolle vor Büroschluss eine nicht unerhebliche Zeitspanne lag. Hieraus ergeben sich zusätzliche Risiken, die bei einer im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorgang durchgeführten Fristenkontrolle nicht bestanden hätten und die eine genügende Ausgangskontrolle nicht gewährleisteten, weil die gesamte Ausgangskontrolle auf dem Erinnerungsbild beruhte, das der Auszubildende von dem von ihm ausgeführten, bereits einige Zeit zurückliegenden Vorgang der Telefaxversendung hatte (vgl. BGH, Beschluss v. 26. Januar 2006, I ZB 64/05, NJW 2006, 1519 Rn. 13).
Damit bestand aufgrund der Weisungslage in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die keine eigenständige Prüfung des Sendeberichts durch Fachangestellte vorsah, die Gefahr, die sich hier auch realisiert hat, dass die Frist hinsichtlich eines per Fax zu übersendenden Schriftsatzes im Kalender gestrichen wird, ohne dass das Schriftstück tatsächlich in der entsprechenden Weise abgesandt worden ist.