Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Apr. 2017 - 25 U 843/17

published on 24/04/2017 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 24. Apr. 2017 - 25 U 843/17
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Landgericht Traunstein, 1 O 3711/14, 09/02/2017

Gericht

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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.02.2017, Az. 1 O 3711/14, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die von der Berufung aufgezeigten Gesichtspunkte rechtfertigen eine hiervon abweichende Beurteilung nicht.

1. Nicht ein (versicherter) Erdrutsch hat zum Zusammenbruch der Stützmauer geführt, sondern die Instabilität der Stützmauer, die extrem unterbemessen und nicht einmal in der Lage war, den Mindesterddruck aufzunehmen, geschweige denn den Wasserdruck, der wahrscheinlich bei den Starkregenfällen am 05./06.01.2013 aufgetreten ist.

1.1. Es fehlt schon an der Voraussetzung eines Erdrutsches. Der (versicherte) Erdrutsch ist in Nr. 7 der vorliegend vereinbarten Bedingungen BEW 2008 (Anlage K 3) als naturbedingtes Ab-gleiten oder Abstürzen von Gesteins - oder Erdmassen definiert. Zum Haftpflichtrecht hat das OLG Düsseldorf entschieden, dass Erdrutschungen und Grundstückssenkungen sinnlich wahrnehmbare Vorgänge sein müssen; bodenmechanische Veränderungen, die zur Verminderung des Bodengegendruckes und zum Reißen von Mauerwerk führen, sind weder Erdrutschungen noch Grundstückssenkungen. Wenn ein auf diese Weise seines Zusammenhalts mit dem Bau verlustig gegangenes Mauerwerk mit dem Erdreich absackt, liegt nicht ein durch Erdrutsche oder Grundstückssenkung entstandener Schaden vor (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.07.1966 -Az. 4 U 168/65, VersR 1968,161, so auch Wussow, VersR 2008,1292). Gleiches gilt für die - vorliegend vereinbarte - Elementarschadensversicherung.

Zutreffend zitiert der Kläger zwar den Bundesgerichtshof dahingehend, dass eine Erdrutschung auch dann vorliegt, wenn sich das Erdreich unter Tage aus dem natürlichen Zusammenhang mit seiner Umgebung löst und in Bewegung übergeht (BGH, Urteil vom 08. April 1970 - Az. IV ZR 26/69); allerdings ist nicht jede (unterirdische) Erdbewegung ein Erdrutsch; erforderlich ist vielmehr ein Wegrutschen, also die Bewegung des Erdreichs über eine gewisse deutlich wahrnehmbare Distanz. Im vom BGH entschiedenen Fall war das Gestein unter den Fundamenten locker geworden und seitlich in den Graben gerutscht. Diese Erdrutschung hat dann alle weiteren Schäden ausgelöst (BGH, Urteil vom 08. April 1970 - Az. IV ZR 26/69). Vorliegend liegt danach kein Erdrutsch vor. Erde/ Gestein ist nicht weggerutscht; vielmehr hat der Starkregen dazu geführt, dass sich die Lage und Zusammensetzung der Hinterfüllung verändert hat und wohl teilweise zwischen Hohlräume der Mauer gespült wurde.

1.2. Zudem hat nicht das zum Einsturz der Mauer geführt, sondern ihre völlig unzureichende Dimensionierung; die Stützmauer hätte vorliegend 1,25 Meter breit sein müssen; tatsächlich maß sie nur 0,5 Meter. Sie war damit bereits nicht in der Lage, dem normalen Erddruck standzuhalten und so beschaffen, dass sie bereits ohne Wasserdruck kippen konnte (vgl. S. 3, 4 des Gutachtens vom 12.06.2016 - Bl. 109 d.A.); dass die Stützwand über lange Zeit nicht zusammengebrochen ist, beruht lediglich darauf, dass durch (zufällig vorhandene) Verbackungen und Verzahnungen der Hinterfüllung Kohäsionen entstanden waren, die einen Zusammenbruch verhinderten. Die Stützwand ist daher nicht durch das Starkregenereignis, sondern nur anlässlich des Starkregenereignisses zusammengebrochen; nicht ein - einen Versicherungsfall auslösendes -naturbedingtes Abgleiten oder Abrutschen von Gesteins - oder Erdmassen hat zum Zusammenbruch der Mauer geführt, sondern ihre sehr mangelhafte Dimensionierung und ihre fehlende Eignung, dem (normalen) Erddruck standzuhalten.

2. Dass eine Überschwemmung schadensursächlich war, hat das Landgericht ebenfalls zutreffend verneint.

Es fehlt schon am Vorliegen einer Überschwemmung. Die (versicherte) Überschwemmung ist in Nr. 3.1 der vorliegend vereinbarten Bedingungen BEW 2008 (Anlage K3) als eine Überflutung des Versicherungsgrundstücks (auch) durch Witterungsniederschläge definiert.

Eine Überflutung eines Grundstücks setzt nach allgemeinem Verständnis voraus, dass sich erhebliche Mengen Wasser auf der Grundstücksoberfläche angesammelt haben; eine nur punktuelle Wasseransammlung beispielsweise in Lichtschächten, einem Kellerniedergang oder Ähnlichem oder auch in Pfützen genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 20.4. 2005 - Az. IV ZR 252/03, NZM 2005, 798; OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.09.2011 - Az. 12 U 92/11; OLG Bamberg, Urteil vom 30.04.2015 - Az. 1 U 87/14; LG Kiel, Beschluss vom 24.04.2008, Az. 10 S 40/07). Das entspricht auch der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers (vgl. z.B. die Definition des Begriffes in der freien ins Internet gestellten Enzyklopädie Wikipedia: Als Überschwemmung bezeichnet man einen Zustand, bei dem eine normalerweise trockenliegende Bodenfläche vollständig von Wasser bedeckt ist). Damit genügt es für die Annahme einer Überschwemmung nicht, wenn nur der Erdboden bis zur Sättigungsgrenze mit Wasser angereichert ist (OLG Hamm, Beschluss vom 28.09.2005 - Az. 20 U 103/05; OLG Bamberg, Urteil vom 30.04.2015 -Az. 1 U 87/14) Bei einem Hanggrundstück liegt nur dann eine Überschwemmung vor, wenn erhebliche Wassermengen sturzbachartig über das Grundstück fließen (vgl. BGH, Urteil vom 26. 04.2006 - Az. IV ZR 154/05 zu § 12 AKB). Vorliegend handelt es sich - im hier entscheidungserheblichen Bereich - um ein Hanggrundstück. Die Stützmauer, deren Ersatz der Kläger begehrt, sollte gerade die Hangsicherung bewirken. Dass das Wasser dort ungeordnet und sturzbachartig über das Grundstück geflossen wäre, hat weder die Zeugin … angegeben, noch ergibt sich das aus den vom Kläger vorgelegten Lichtbildern (Anlage K 9). Die Anlage K 9 enthält Bilder von Pfützen auf einer ebenen Fläche in einem hier nicht streitgegenständlichen Bereich des Grundstücks. Zutreffend hat der Kläger in seiner Klageschrift hierzu auch vorgetragen: Da das Erdreich so stark mit Wasser angesättigt war, dass es die weiteren Niederschläge nicht mehr aufnehmen konnte, bildeten sich auf dem klägerischen Grundstück größere Pfützen, das Wasser blieb stehen (S. 4, Bl. 4 d.A.). Anderes lässt sich auch aus der - im Widerspruch zur Angabe des Klägers - stehenden Aussage der Zeugin … nicht entnehmen. Diese hat zwar angegeben, das Wasser sei auf dem Grundstück 2- 3 cm hoch gestanden. Zu Recht hat das Landgericht auf den Vortrag des Klägers abgestellt und diesem keine Überschwemmung entnommen. Die Angabe der Zeugin …, das Wasser sei auf dem Grundstück 2- 3 cm hoch gestanden, bezieht sich ersichtlich nicht auf den vorliegend streitgegenständlichen Bereich (in dem der durch die Mauer abgestützte Hang liegt) und ist daher nicht entscheidungserheblich. Das Grundstück des Klägers weist dort eine erhebliche Steigung auf (vgl. Bilder des Gutachters Anlagen 3,4,5, 6, 7 zum Gutachten Bl 109 d.A., sowie selbst vom Kläger vorgelegte Bilder Anlage K 10). Dass das Wasser an diesem Hang stand, ist nicht vorstellbar und widerspricht jeglichen Naturgesetzen, da Wasser nach unten abfließt. Ein sturzbachartiges Fließen des Wassers hat die Zeugin nicht beschrieben, sondern vielmehr ein Nichtablaufen und Stehenbleiben, so dass sich bereits aus dieser Angabe ergibt, dass die Zeugin damit einen anderen Bereich des Grundstücks (vgl. z.B. Bilder 1 -3 der Anlage K 9) beschrieben hatte.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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Annotations

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.