Oberlandesgericht München Beschluss, 16. Nov. 2017 - 25 U 3439/17

published on 16/11/2017 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 16. Nov. 2017 - 25 U 3439/17
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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 08.09.2017 Az. 25 O 5978/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mundlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die von der Berufung aufgezeigten Gesichtspunkte rechtfertigen eine hiervon abweichende Beurteilung nicht

1. Die Widerspruchsbelehrung ist ordnungsgemäß § 5a VVG in der vom 29.07.1994 31.07.2001 geltenden Fassung erfordert eine schriftliche, in drucktechnisch deutlicher Form gestaltete Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer. Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und die weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation) vollständig vorliegen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.

Die vorliegend erteilte Widerspruchsbelehrung genügt sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Zweck einer „Belehrung“ Die Belehrungspflicht bezweckt, dass der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt wird, sein Widerspruchsrecht form- und fristgerecht ausüben zu können. Diesem Sinn und Zweck des Gesetzes ist vorliegend Genüge getan.

1.1 Die Form der Beiehrung entspricht der maßgeblichen gesetzlichen Regelung Die Belehrung erfolgte schriftlich, war drucktechnisch deutlich gestaltet und enthält den Hinweis auf das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer (vgl Anlage K 3).

Die Widerspruchsbelehrung auf Seite 2 des nur 2 seitigen Anschreibens vom 07.02.2000 ist formell und inhaltlich ordnungsgemäß Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen hierzu (unter Ziffer 1. d, aa.) Bezug. An der hinreichenden drucktechnischen Hervorhebung hat der Senat bei der vorliegenden Gestaltung überhaupt keine Bedenken Der Absatz mit der Widerspruchsbelehrung befindet sich in einem kurzen Dokument und ist als einziger Abschnitt durch eine Umrahmung hervorgehoben Die Belehrung fällt einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch bei nur flüchtigem Lesen sofort ins Auge.

1.2 Der Inhalt der Belehrung ist ausreichend und ordnungsgemäß § 5a VVG a F verlangt insoweit nur eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Fnstbeginn, die Dauer des Widerspruchsrechtes und die Form der Widerspruchseinlegung. Hierüber wurde vorliegend zutreffend informiert Die Belehrung dahingehend, dass die Frist ab Erhalt bzw. Zugang der Unterlagen zu laufen beginnt genügt (ständige Rechtsprechung des Senats z.B. Beschluss vom 23.04.2012 Az. 25 U 3887/11, die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde vom BGH mit Beschluss vom 22.07.2015 Az. IV ZR 173/12 zurückgewiesen, Beschluss vom 20.02.2014 Az. 25 U 1522/13 die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde vom BGH mit Beschluss vom 21.07.2015 Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen, Beschlüsse vom 16.07.2O15 Az. 25 U1593/15, 25 U 3245/14 und 25 U 3266/14, OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2014 Az. 20 U 6/14, OLG Köln Urteil vom 16 05.2014 Az. 20 U 31/14 Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16.10.2013 Az. 5 U 364/12) Für den Beginn der Widerspruchsfrist stellt die vorliegende Belehrung auf den Erhalt der Unterlagen ab Der maßgebliche Text lautet Insoweit wie folgt "… ab Erhalt dieser Untertagen" Als Unterlagen sind im Anschreiben vorher genannt der Versicherungsschein, die Allgemeinen und Besonderen Bedingungen und die weiteren Informationen (vgl im einzelnen Anlage K3)

Unerheblich ist, dass die Verbraucherinformationen nicht als solche bezeichnet sind So ist es schon gar nicht erforderlich die Unterlagen im Einzelnen in der Belehrung selbst aufzuzählen, eine Bezugnahme auf vorgenannte oder beigefügte Unterlagen kann beispielsweise durch Vewendung der Formulierung die "oben genannten Unterlagen“ bzw „diese Unterlagen“ erfolgen. Das OLG Köln hält in den Urteilen vom 06.12.2013 Az. I-20 U144/13, vom 26.09.2015 Az. 20 U 97/15, vom 29.04.2016 Az. 20 U 184/15 und vom 03.05.2016 Az. 20 U 18/16 eine Widerspruchsbelehrung, die nicht ausdrücklich erwähnt, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt, für wirksam, da sich das aus der Formulierung „Überlassung dei Unterlagen“ und den uberlassenen Unterlagen ergebe Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung mit Beschlüssen vom 30.Juni 2015 - Az. IV ZR 16/14, vom 29.06.2016 - Az. IV ZR 492/15, vom 21.03.2017  Az. IV ZR 138/16 und vom 08.12.2016 Az. IV ZR 144/16 gebilligt. Der Senat schließt sich dem in ständiger Rechtsprechung - vom Bundesgerichtshof gebilligt - an (vgl z.B. Beschluss vom 20.04.2015  Az. 25 U 4040/14 die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11.2015 Az. IV ZR 264/15 zurückgewiesen, in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 26.04.2015 wurde die Problematik der ordnungsgemäßen Belehrung über den Beginn der Widerspruchsfrist ausdrücklich angesprochen und gerügt und daraufhingewiesen, dass das Policenbegleitschreiben nur vom Erhalt diese Unterlagen spricht und dass insoweit im behaupteten Widerspruch dazu) erst in der Belehrung auf S. 21 des Versicherungsscheins auf die Überlassung denm Gesetz genannten Unterlagen abgestellt wurde Beschluss vom 20.04.2015  Az. 25 U 237/15, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11.2015 Az. IV ZR 267/15 zurückgewiesen: Beschluss vom 20.04.2015  Az. 25 U 4235/14, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11.2015 Az. IV ZR 263/15 zurückgewiesen. Urteil vom 24.01.2014 -Az. 25 U 2705/13 die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.07.2015 - Az. IV ZR 75/U zurückgewiesen, Beschluss vom 23.04.2012 -Az. 25 U 3687/11, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22.07.2015 -Az. IV ZR 173/12 zurückgewiesen, Beschluss vom 20.02.2014 -Az. 25 U 1522/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.07.2015 -Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 -Az. 25 U 1522/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 21.07.2015 unter Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen, Beschluss vom 06.03.2013 -Az. 25 U 4780/12, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 28.11.2013 unter Az. IV ZR 144/13 zurückgewiesen, Beschluss vom 02.11.2017 -Az. 25 U 4262/16, Beschluss vom 18.07.2017 -Az. 25 U 1934/17, Beschluss vom 30.06.2017 - Az. 25 U 1996/17, Beschluss vom 11.05.2016 - Az. 25 U 1821/16). Auch das OLG Hamm ist dieser Auffassung: Eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F ist auch dann wirksam, wenn sie die notwendigen Bestandteile der Verbraucherinformation nicht auflistet (OLG Hamm, Beschlusse vom 26.06.2015 und 30.07.2015 - Az. 20 U 46/15 VersR 2016, 777).

Die Verbraucherinformationen müssen nicht als solche bezeichnet sein (BGH. Beschluss vom 12.Juli 2016 -Az. IV ZR 558/15). Vorliegend sind auf S. 1 des Anschreibens die maßgeblichen Unterlagen im Einzelnen - wenn auch ohne Verwendung des Begriffs „maßgebliche Verbraucherinformationen“ - bezeichnet. Zudem ist auf Seite 2 des Versicherungsscheins unter „Wichtige Hinweise“ und sodann nochmal unter § 2 der Allgemeinen Bedingungen klargestellt, dass die Widerspruchsfrist erst mit vollständigem Vorliegen von Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen zu laufen beginnt (vergleichbar dem oben zitierten Fall des Bundesgerichtshofes IV ZR 264/15). Die Belehrung genügt daher sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Zweck einer „Belehrung". Es wurden auch alle erforderlichen Unterlagen übersandt.

Die Übersendung der vorliegenden Verbraucherinformationen war ausreichend, um die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Soweit der Kläger rügt die Verbraucherinformationen seien nicht vollständig - die Angabe des insgesamt zu bezahlenden Betrages würde fehlen und eine Frist, während welcher der Versicherungsnehmer an seinen Antrag gebunden ist, sei nicht angegebener greift diese Rüge nicht durch.

Die insoweit maßgeblichen Regelungen in den damals geltenden Vorschriften über Verbraucherinformationen (Anlage D zum VAG) lauten:

– Angaben über die Prämienhöhe, wobei die Prämien einzeln auszuweisen sind, wenn das Versicherungsverhältnis mehrere selbständige Versicherungsverträge umfassen soll, und über die Pramienzahlungsweise sowie Angaben über etwaige Nebengebühren und -kosten und Angabe des insgesamt zu zahlenden Betrages,

– Angaben über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll.

Die Pramienhöhe ist mit 200,00 DM ordnungsgemäß angegeben. Die Klägerin hat weder in erster Instanz noch. In der Berufungsinstanz dargelegt, dass das Versicherungsverhältnis mehrere selbständige Versicherungsverträge umfassen sollte, ebensowenig, dass die Prämie Nebengebühren oder Nebenkosten enthält. Die zitierte Regelung erfordert nicht, einen Gesamtbetrag anzugeben, der sich aus allen Prämien zusammensetzt, die über die Laufzeit des Vertrages gezahlt werden Solches lässt sich schon ihrem Wortlaut nicht entnehmen Zweck der Regelung ist es, den potentiellen Versicherungsnehmer über die Höhe der für die Versicherung zu zahlende Prämie zu informieren und ihm aufzuzeigen ob Nebengebühren oder Nebenkosten enthalten sind, nicht dem Versicherungsnehmer mitzuteilen welchen Gesamtbetrag er in der gesamten Vertragslaufzeit (voraussichtlich) zahlen wird Hinzukommt, dass ein solcher Betrag über die lange Laufzeit nicht prognostizierbar ist, da zur Zeil der Belehrung in keiner Weise feststeht, ob und gegebenenfalls wann Kündigungsrechte oder auch Rechte auf Beitragsfreistellung ausgeübt werden, und ob und gegebenenfalls wann der Versicherungsnehmer der dynamischen Erhöhung widersprechen wird.

Die Angabe der Antragsbindungsfrist wird ersetzt durch die Belehrung über das Widerspruchsrecht, daraus ergibt sich, dass die Klagepartei in der genannten Frist widersprechen konnte und dass sie bis zum Ablauf dieser Frist an ihren Antrag nicht gebunden war. Das ist einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres verständlich, so dass die Belehrung ordnungsgemäß erfolgt ist.

Abgesehen davon steht eine unvollständige Verbraucherinformation einer fehlenden Verbraucherinformation nicht gleich, so ist allgemein anerkannt, dass eine etwaige Intransparenz der Verbraucherinformation zur Überschussbeteiligung kein Widerspruchsrecht auslöst (vgl BGH, Urteil vom 26.O9.2007 - Az. IV ZR 321/05, VersR 2007, 1547 Rn. 9 - 11, OLG Hamburg. Beschluss vom 10.08.2015 - Az. 9 U 57/15, Senat Beschluss vom 20.10.2016 - Az. 25 U 3853/16, Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz 27 Auflage 2004, § 5 WG Rn.. 38 m.w.N.). Sowohl die fehlende Angabe der Aufsichtsbehörde (Senat, Beschluss vom 12.09.2017 - Az. 25 U 1934/17, Senat - Beschluss vom 02.11.2016 - Az. 25 u 4229/16) als auch die fehlende Angabe über die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche des Versicherten (OLG Köln, Urten vom 02.08.2016 - Az. 20 U 102/14, OLG Köln. Urteil vom 29.04.2016 - Az. 1-20 U 4/16, Senat, Beschluss vom 18.07.2017 Az. 25 u 1934/17) führt nicht zu einem Widerspruchsrecht, bei diesen Angaben handelt es sich um sog „reine" Informationen, deren Unterbleiben ein Widerspruchsrecht nicht auslöst, weil keine Aussagen über die Qualität der Konditionen getroffen werden (vgl. auch Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage 2004, § 5 a VVG, Rn.. 21, 35) sondern lediglich eine gesetzliche Verpflichtung des Versicherers erfüllt wird (OLG Köln Urteil vom 02.08.2016 - Az. 20 U 102/14, OLG Köln, Urteil vom 29.04.2016 - Az. 1-20 U 4/16, Senat, Beschluss vom 12.09.2017 - Az. 25 U 1934/17)

2. Der Senat schließt sich in ständigen Rechtsprechung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (z.B. Urteil vom 16.07.2014 -Az. IV ZR 73/13, VersR 2014, 1065, Entscheidungen vom 06.03.2017 -Az. IV ZR 98/16, 10.06.2015 - Az. IV ZR 105/13, VersR 2015, 876, vom 17.08.2015 - Az. IV ZR 310/14 und vom 16.09.2015 - Az. IV ZR 142/13, BeckRS 2015, 16559) bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht (Entscheidung vom 02.02.2015 - Az. 2 BvR 2437/14, VersR 2015, 693, Beschluss vom 04.03.2015 - Az. 1 BvR 3280/14, Beschluss vom 23.05.2016 - Az. 1 BvR 2230/15 und 1 BvR 2231/15) an, dass ein Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers - bei ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung und längerer Durchführung des Vertrages - schon wegen widersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 18.07.2017 - Az. 25 U 1934/17, 20.04.2015 - Az. 25 U 237/15, vom 01.06.2015 - Az. 25 U 3379/14, vom 15.06.2015 - Az. 25 U 812/15, Endurteile vom 28.08.2015 - Az. 25 U1671/14 und 25 U 1931/14)

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben Der Vertrag wurde im Jahr 2000 abgeschlossen die Klägerin hat eine Einzugsermächtigung für die Beklagte in Hinblick auf die vereinbarten Prämien erteilt und für die Zeit vom 01.12.1999 bis 31.08.2008 solche Prämien in Höhe von Insgesamt 13.871,73 € abbuchen lassen, im Jahr 2008 hat die Klägerin den Vertrag gekündigt und sich den vertraglich vereinbarten Rückkaufswert auszahlen lassen; den Widerspruch hat sie erst 2016 erklärt (Anlage K 7) Da die Beklagte die Prämien entgegennahm und erkennbar von einem bestehenden Versicherungsvertrag ausging, konnte die Klagepartei bis zur Kündigung erwarten, Versicherungsschutz zu genießen, der zweifelsfrei bei Eintritt eines Versicherungsfalls in Anspruch genommen worden wäre Durch das Verhalten der Klagepartei wurde bei der Beklagten auch schutzwürdiges Vertrauen auf die Beständigkeit der vertraglichen Bindung begründet. Die Beklagte muss sich grundsätzlich für ihre gesamte Kalkulation - insbesondere in Hinblick auf Rückstellungen für die Uberschussbeteiligung - darauf verlassen können, dass langfristig angelegte Vertragsbeziehungen nicht plötzlich nach vielen Jahren rückabgewickelt werden müssen. Daneben ist außerdem das Vertrauen der Beklagten in den grundsätzlichen Bestand des vom deutschen Gesetzgeber gesetzten Rechts - auch bei etwaigen Zweifeln an der Europarechtskonformität - schutzwürdig und entsprechend zu berücksichtigen (vgl Allgemein zum Vertrauensschutz in Hinblick auf das Urteil des BGH vom 07.05.2014 - Az. IV ZR 76/11 - auch Bürkle in VersR 2015, 398)

Auch das Argument der Klagepartei, dass die Verwirkung neben einem Zeit auch immer ein Umstandsmoment erfordere, überzeugt nicht. Die Verwirkung stellt nur einen typischen Unterfall der unzulässigen Rechtsausubung wegen widersprüchlichen früheren Verhaltens dar (vgl. Palandt BGB, 74 Auf, 2015. Rn. 55 und Rn. 67 zu § 242 BGB, eingehende Roth/Schubert in Münchner Kommentar zum BGB 6 Aull.,  Rn.. 319 ff und Rn. 329, 330 zu § 242. Sutschet in Beckscher Qnline-Kommentat BGB, Stand 01.02.2015, Rn.. 106 ff. und Rn.. 131 zu § 242), schließt aber eine eigenständige Beurteilung anderer Fallgruppen bei der Einordnung in die ubergeordnete Kategorie nicht aus Der Bundesgerichtshof hat in seiner zitierten Entscheidung den Begriff der Verwirkung - offenbar bewusst - gerade nicht verwendet. Er hat vielmehr umfassender vom „Einwand von Treu und Glauben“, „unzulässiger Rechtsausubung“, „widersprüchlichem Verhalten" und vergleichbaren Begrifflichkeiten gesprochen und hierfür an mehreren Stellen des Urteils der jahrelangen Durchführung des Vertrages maßgebliche Bedeutung zugemessen. Dem folgt der Senat.

Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen Nach der gesetzlichen Regelung, deren Wertung auch in die Beurteilung der Frage, ob treuwidriges Verhalten vorliegt, miteinzubeziehen ist, kann selbst bei arglistigem Verhalten eines Vertragspartners nach Ablauf von 10 Jahren eine Anfechtung nicht mehr erfolgen (§ 124 Abs. 3 BGB)

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.