Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Jan. 2017 - 1 U 3074/16

published on 18/01/2017 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Jan. 2017 - 1 U 3074/16
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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.6.2016, Az. 0 O 18711/13, wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Der Senatsbeschluss und das in Ziffer I genannte landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn diese nicht Sicherheit in gleicher Höhe leisten

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 565.932,04 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen angeblich fehlerhafter Behandlung einer Fußfehlstellung geltend; er sieht auch Mängel in der Aufklärung seitens der Behandler.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Sachverständig beraten konnte es keine Verstöße gegen den fachärztlichen Standard erkennen. Die Operation vom 20.5.2009 sei wegen der beim Kläger bestehenden Beschwerden indiziert gewesen; die präoperative Diagnostik sei ausreichend gewesen; der Eingriff sei fachgerecht ausgeführt worden. Auch die Nachbehandlung begegne keinen Bedenken, sondern entspreche dem üblichen Vorgehen.

Einen Aufklärungsmangel vermochte das Landgericht gleichfalls nicht zu erkennen. Es habe sich nicht um eine Neulandmethode gehandelt und der Kläger habe alles Notwendige über die Risiken des geplanten Vorgehens und die Alternativen dazu zeitgerecht erfahren. Das Landgericht begründet dies mit der durchgeführten Beweisaufnahme, in welcher es hierzu die Parteien und die benannten Zeugen hierzu vernommen hatte.

Das Urteil wurde den Klägervertretern am 21.6.2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Mit Schriftsatz vom 21.7.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Berufung einlegen, die innerhalb der verlängerten Begründungsfrist mit Schriftsatz vom 24.10.2016 begründet wurde.

Der Kläger greift mit der Berufungsbegründung das Urteil des Landgerichts (nur noch) hinsichtlich der aus seiner Sicht unzureichenden präoperativen Diagnostik und unter dem Gesichtspunkt der Aufklärung an. Für Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 24.10.2016 verwiesen (Blatt 209/219).

Der Kläger beantragt nun, in Abänderung des angefochtenen Urteils zu erkennen:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 73.912,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

2. Die Beklagten werden wegen der bisherigen vermehrten Haushaltsführungsbedürfnisse im Zeitraum Juni 2009 bis einschließlich Mai 2013 gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 30.702,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

3. Für die Folgen der vermehrten Haushaltsführungsbedürfnisse werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ab Juni 2013 bis längstens 28.01.2039 (Eintritt ins 75. Lebensjahr) eine angemessene, monatliche Geldrente, welche in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 639,63 € pro Monat zu zahlen.

4. Die Beklagten werden wegen der bisherigen Erwerbsminderung im Zeitraum 2009 bis einschließlich Mai 2013 gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 173.240,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5. Für die Folgen der geminderten Erwerbsfähigkeit werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ab Juni 2013 bis längstens 28.01.2039 (Eintritt ins 75. Lebensjahr) eine angemessene, monatliche Geldrente, welche in das Ermessen des Gerichts gestellt wird mindestens jedoch in Höhe von 3.605,00 € pro Monat zu zahlen.

6. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren, materiellen und - im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbaren - immateriellen Schäden zu ersetzen, welche diesem aus der ärztlichen Behandlung im Hause der Beklagten im Zeitraum vom Februar 2009 bis Mai 2009 entstanden sind und noch entstehen werden soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

7. Nebenforderung: Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerpartei (zwecks Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung A. Rechtsschutzservice GmbH) für bereits entstandene, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten eine Nebenforderung von 8.716,90 € (= 2,5 RVG-Geschäftsgebühr zzgl. 20,- € Auslagen zzgl. 19% USt) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie treten den Ausführungen des Klägers entgegen und verteidigen das angegriffene Urteil, vgl. Schriftsatz vom 3.1.2017, vgl. 235/240.

Der Senat hat mit Beschluss vom 28.10.2016 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Hierzu ging eine Stellungnahme des Klägers vom 16.1.2017 ein, mit welcher er sich nur gegen das beabsichtigte Vorgehen durch Beschluss wendet.

Insgesamt wird wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und zur weiteren Ergänzung des Tatbestandes auf sämtliche Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die Voraussetzungen für die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben, weil das Rechtsmittel nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Wie im Senatsbeschluss vom 28.10.2016 aufgezeigt, begegnet die Verurteilung weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Bedenken. Der Senat hält an den Ausführungen im Senatsbeschluss fest.

Trotz der Argumente in der anwaltlichen Gegenerklärung sieht der Senat die mündliche Verhandlung nicht für geboten an. Die zitierte Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 522 II ZPO ist eben eine solche geblieben und nicht zum Gesetz geworden. Der Senat verschließt nicht die Augen vor dem Leid des Klägers. Zugleich ist sein Schicksal innerhalb des Spektrums der hier behandelten Verfahren sicher nicht dem oberen Bereich zuzurechnen. Dazu gehören Fälle schwerer Geburtsschäden oder von Querschnittslähmungen. Und schließlich ist der Kläger bereits vor dem Landgericht ausführlich persönlich angehört worden. Die - in der Tat bemerkenswerte - Höhe des Streitwertes ist für die Frage, ob eine mündliche Verhandlung geboten ist, nur ein Indikator.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.