Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 17. Juni 2015 - 15 W 210/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.
1
Gründe
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
3Das Amtsgericht hat den Beteiligten die beantragte Grundbucheinsicht im Ergebnis zu Recht verweigert. Gemäß § 12 Abs. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt; es müssen sachliche Gründe vorgetragen werden, welche die Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen (so schon Senat OLGZ 1985, 148; KG, Beschluss vom 03. April 2014 – 1 W 83/14 –, Rn. 2, juris; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 12 Rdn. 7).
4Dieser allgemeine Grundsatz findet auch auf Sondereigentümer innerhalb einer Gemeinschaft nach dem WEG Anwendung, soweit diese Einsicht in die Grundbücher anderer Sondereigentumseinheiten begehren. Zu prüfen ist daher stets, ob ein solches sachliches Interesse schlüssig dargelegt ist.
5Hieraus erklärt sich, dass in der älteren Rechtsprechung (insbes. OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 842) ein Einsichtsrecht im Hinblick auf die enge wirtschaftliche Verbundenheit der Miteigentümer -jedenfalls teilweise- als Grundsatz angesehen wurde. Von einem solchen Grundsatz kann man jedenfalls heute im Hinblick darauf, dass seit der WEG-Reform die wirtschaftlichen Beziehung nach § 10 Abs.7 WEG nicht mehr unmittelbar zwischen den Wohnungseigentümern bestehen, sondern im Verhältnis zu der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, nicht mehr ausgehen (so zutreffend KG a.a.O.; Hügel/Wilsch, GBO, Stand 2015, § 12 Rdn.75; noch enger Bauer/v.Oefele/Maaß, GBO, 3 Aufl., § 12 Rdn.54). Allein die Stellung als Miteigentümer kann daher -bei entsprechendem Informationsbedarf- allenfalls einen Anspruch auf die Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I des Grundbuchs begründen.
6Die Auffassung der Beteiligten, dass sich unabhängig von der Verwaltung der Gemeinschaft ein Einsichtsrecht bereits aus der Stellung als Miteigentümer ergebe, da sie insoweit ihr Eigentumsrecht wahrnähmen, wie z.B. durch das Agieren in der Wohnungseigentümerversammlung, teilt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht. Zunächst besagt die Stellung als Miteigentümer nichts über ein konkretes Informationsbedürfnis. Soweit ein solches hinsichtlich des sog. sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Gemeinschaft im Einzelfall besteht, kann dem durch eine beschränkte Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I regelmäßig Rechnung getragen werden.
7Die Einsicht in die Abteilungen II und III des Grundbuchs offenbart hingegen die Nutzungs- und Haftungsverhältnisse des fremden Sondereigentums und in Grenzen die wirtschaftlichen Verhältnisse des entsprechenden Eigentümers. Dabei ist den Beteiligten zuzugeben, dass die Kenntnis der Eintragungen in Abteilung II und III bei Wohngeldrückständen, mag deren Verfolgung auch bei der Gemeinschaft liegen, für den einzelnen Eigentümer als Grundlage seines Verhaltens in der Wohnungseigentümerversammlung von Interesse sein kann. Im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen diesem Informationsbedürfnis und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Schuldners ist jedoch auch zu fragen, ob der einzelne Miteigentümer zur Erlangung der relevanten Informationen auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist. Dies ist aus Sicht des Senats im Regelfall zu verneinen.
8Wenn Hausgeldrückstände bestehen, zählt es zu den Aufgaben des Verwalters, für eine effektive Durchsetzung der Ansprüche der Gemeinschaft Sorge zu tragen (BGHZ 188, 157ff). Er muss daher, wenn Rückstände auflaufen und er durch die Gemeinschaftsordnung nicht allgemein ermächtigt ist, derartige Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, auf eine Entscheidung der Eigentümer über die gerichtliche Geltendmachung dringen. In beiden Alternativen stellt sich unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Anspruchsverfolgung auch die Frage nach den (Vor-)Belastungen der Sondereigentumseinheit(en) des Schuldners. Dementsprechend ist dem Verwalter in einer solchen Situation ein Einsichtsrecht nach § 12 Abs.1 GBO zuzubilligen, da er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft dann auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist.
9Auf der Grundlage der Auffassung des Senats können die einzelnen Wohnungseigentümer, so sie denn vor einer gerichtlichen Geltendmachung zu einer Beschlussfassung aufgerufen sind, über den Verwalter die notwendigen Informationen betr. den Grundbuchinhalt erhalten. Ein individuelles Einsichtsrecht des einzelnen Miteigentümers würde, soweit es um die Verfolgung von Hausgeldansprüchen geht, dementsprechend die Darlegung eines besonderen Sachverhalts erfordern, aufgrund dessen feststellbar ist, dass der vorbeschriebene mittelbare Informationsfluss nicht umsetzbar oder unzumutbar ist, etwa weil der Verwalter sich hartnäckig weigert, hieran mitzuwirken. Die gerichtliche Erzwingung seiner Mitwirkung wäre hier, schon im Hinblick auf die Verjährbarkeit der Gemeinschaftsansprüche, regelmäßig unzumutbar.
10Einen solchen Ausnahmesachverhalt haben die Beteiligten vorliegend jedoch nicht dargelegt.Vielmehr ergibt sich aus der Tatsache, dass die Verwalterin ihn (später) zur Grundbucheinsicht in ihrem Namen bevollmächtigt hat, dass diese durchaus zur Kooperation bereit ist. Soweit das Grundbuchamt nach den Darlegungen der Beteiligten auch diese Grundbucheinsicht nur eingeschränkt erteilt hat, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.
11Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf den §§ 61 Abs.1, 36 Abs.1 GNotKG.
12Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs.2 GBO) liegen nicht vor. Insbesondere steht die vorliegende Entscheidung nicht im Widerspruch zum Beschluss des OLG Hamburg vom 24.04.2008 (=ZMR 2008, 814f). Das dortige obiter dictum betrifft nicht die Vorbereitung der Geltendmachung von Gemeinschaftsansprüchen gegen einen einzelnen Eigentümer, sondern der Geltendmachung eines Individualanspruchs aus § 21 Abs.4 WEG gegen die anderen Miteigentümer im Falle einer baulich unvollendeten Wohnungseigentumsanlage ( zu dieser Problematik vgl. OLG Karlsruhe NJW 1981, 466; MK-BGB/Engelhardt, § 22 WEG Rdn.57).
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(1) Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.
(2) Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Absatz 1 bezeichneten Urkunden und der noch nicht erledigten Eintragungsanträge gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass
- 1.
über die Absätze 1 und 2 hinaus die Einsicht in sonstige sich auf das Grundbuch beziehende Dokumente gestattet ist und Abschriften hiervon gefordert werden können; - 2.
bei Behörden von der Darlegung des berechtigten Interesses abgesehen werden kann, ebenso bei solchen Personen, bei denen es auf Grund ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit gerechtfertigt ist.
(4) Über Einsichten in Grundbücher und Grundakten sowie über die Erteilung von Abschriften aus Grundbüchern und Grundakten ist ein Protokoll zu führen. Dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder dem Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts ist auf Verlangen Auskunft aus diesem Protokoll zu geben, es sei denn, die Bekanntgabe würde den Erfolg strafrechtlicher Ermittlungen oder die Aufgabenwahrnehmung einer Verfassungsschutzbehörde, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes, der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung oder die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gefährden. Das Protokoll kann nach Ablauf von zwei Jahren vernichtet werden. Einer Protokollierung bedarf es nicht, wenn die Einsicht oder Abschrift dem Auskunftsberechtigten nach Satz 2 gewährt wird.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.
(1) Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.
(2) Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Absatz 1 bezeichneten Urkunden und der noch nicht erledigten Eintragungsanträge gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass
- 1.
über die Absätze 1 und 2 hinaus die Einsicht in sonstige sich auf das Grundbuch beziehende Dokumente gestattet ist und Abschriften hiervon gefordert werden können; - 2.
bei Behörden von der Darlegung des berechtigten Interesses abgesehen werden kann, ebenso bei solchen Personen, bei denen es auf Grund ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit gerechtfertigt ist.
(4) Über Einsichten in Grundbücher und Grundakten sowie über die Erteilung von Abschriften aus Grundbüchern und Grundakten ist ein Protokoll zu führen. Dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder dem Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts ist auf Verlangen Auskunft aus diesem Protokoll zu geben, es sei denn, die Bekanntgabe würde den Erfolg strafrechtlicher Ermittlungen oder die Aufgabenwahrnehmung einer Verfassungsschutzbehörde, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes, der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung oder die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gefährden. Das Protokoll kann nach Ablauf von zwei Jahren vernichtet werden. Einer Protokollierung bedarf es nicht, wenn die Einsicht oder Abschrift dem Auskunftsberechtigten nach Satz 2 gewährt wird.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
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die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder - 2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.
Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.