Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 18. Juni 2014 - 1 VAs 21/14
Gericht
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Betroffene wurde durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11.12.2007 (17 KLs – 100 Js 8423/06 – 20/06) wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 12.10.2006 – 106 Ls 100 Js 2815/06 (8931/06) – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen fasste der Betroffene, nachdem sein damaliger Mittäter F das diesem persönlich bekannte spätere Tatopfer G auf einem Waldweg in E am 24.07.2006 angehalten und angesprochen hatte, den Entschluss, den Bekannten seines Mittäters mit einer von ihm mitgeführten und aus Metall bestehenden Spielzeugpistole zu bedrohen, um ihm dessen Wertsachen wegzunehmen und diese für sich und/oder den Mittäter F zu behalten oder zu verwerten, und hielt in Ausführung dieses Entschlusses dem Tatopfer die Spielzeugpistole in den Rücken. Der Mittäter F, der die Absicht des Betroffenen erkannt hatte, fasste seinerseits einen entsprechenden Tatentschluss, nahm die Spielzeugpistole aus der Hand des Betroffenen und hielt sie - einen Finger auf den Abzug gelegt – mit nach von gerichteter Mündung gegen die Schläfe des Geschädigten G und forderte diesen mit der Erklärung, er wolle ihn ausrauben, auf, alles, was er mit sich führe, herauszugeben. Der Betroffene entnahm aus den Taschen des Geschädigten dessen Portmonee, in dem sich 150 € befanden, sowie dessen Mobiltelefon und Schlüsselbund und nahm die Sachen an sich, was der Geschädigte, der die Spielzeugpistole für eine echte Waffe hielt und Todesangst hatte, duldete.
4Bei der einbezogenen Strafe handelte es sich um eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 12.10.2006 gegen den Betroffenen wegen gemeinschaftlichen Raubes verhängt worden war. Nach den Feststellungen dieses Urteils baute sich der Betroffene, der körperlich wesentlich kräftiger als spätere Tatopfer war, am 13.03.2006 in E, nachdem er, sein damaliger Mittäter F sowie das spätere Tatopfer C2 aus einem Bus ausgestiegen waren, drohend vor dem Geschädigten C2 auf, forderte die Herausgabe von dessen Tasche, in dem sich ein Laptop befand, und gab die von dem eingeschüchterten Tatopfer herausgegebene Tasche an seinen Mittäter F weiter. Zwei Tage später gaben der Betroffene und der Mittäter F den Geschädigten das Notebook zurück und versuchten, ihn zu einer Zurückziehung seiner Anzeige bei der Polizei zu veranlassen.
5Der Betroffene befindet sich seit August 2006 in Strafhaft und wurde am 01.12.2009 der Justizvollzugsanstalt X zugeführt, wo er erstmals im April 2010 in die Abteilung für Drogenaussteiger aufgenommen wurde. Auf den Antrag des Betroffenen vom 02.12.2010 wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 15.02.2011 nach erfolgter Zustimmung der 17. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom 07.02.2011 die Vollstreckung des Strafrestes aus dem Urteil der Kammer vom 11.12.2007 zum Zwecke der Durchführung einer stationären Langzeittherapie in der Therapieeinrichtung Q in L gemäß § 35 Abs. 1 BtMG zurückgestellt.
6Die Therapieeinrichtung teilte mit Schreiben vom 07.06.2011 der Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit, dass der Betroffene sich dort vom 30.03.2011 bis zum 30.05.2011 befunden habe. Er sei aufgrund seines Verhaltens, das mit den Rahmenbedingungen der Klinik nicht vereinbar gewesen sei, entlassen worden. Der Betroffene hatte am einem 30.05.2011 die Staatsanwalt Düsseldorf telefonisch über seine Entlassung aus der Therapieeinrichtung informiert und gebeten, ihm die Möglichkeit zu geben, nach einem neuen Therapieplatz zu suchen. Nachdem dahingehende Bemühungen des Betroffenen letztlich erfolglos geblieben waren, wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 29.09.2011 die Zurückstellung der Strafvollstreckung widerrufen und der Betroffene zum erneuten Strafantritt in die Justizvollzugsanstalt X geladen.
7Mit Beschluss vom 13.10.2011 erteilte die 17. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf erneut die Zustimmung zu der Zurückstellung der Vollstreckung des Strafrestes aus dem Urteil der Kammer vom 11.12.2007 zur Durchführung einer stationären Drogentherapie, nachdem der Betroffene einen Aufnahmetermin für den 24.10.2011 in der T-Klinik in S sowie eine Kostenzusage des zuständigen Rentenversicherers nachgewiesen hatte. Gleichzeitig wies die Strafkammer in ihren Beschluss darauf hin, dass im Falle eines vorzeitigen Therapieabbruchs eine erneute Zustimmung nicht in Betracht komme.
8Die erneute Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 Abs. 1 BtMG erfolgte durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 18.10.2011.
9Der Betroffene wurde am 24.11.2011 aus der T-Klinik in S aus disziplinarischen Gründen entlassen und setze sich noch am selben Tage mit der für ihn zuständigen Drogenberatung in Verbindung, um sich um einen neuen Therapieplatz zu bemühen. Nach dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 02.12.2011 hatte eine Rückfrage bei der Suchtklinik ergeben, dass der Betroffene die Therapie nicht von sich aus abgebrochen hatte, sondern dass er sie hatte fortführen wollen. Er sei dort aber wegen seines Verhaltens (dauernde Beschwerden sowie Regelverstöße) nicht tragbar gewesen, so dass die Maßnahme von der Klinik beendet worden sei. Nachdem der Verurteilte einen neuen Therapieplatz in der W Fachklinik N einen neuen Therapieplatz gefunden hatte, der zuletzt anvisierte Aufnahmetermin am 05.06.2012 aber nicht hatte wahrgenommen werden können, da es zu einem Drogenrückfall bei dem Betroffenen gekommen war und er sich aus diesem Grunde einer erneuten Entgiftung hätte unterziehen müssen, wurde durch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit Verfügung vom 06.06.2012 die Zurückstellung der Strafvollstreckung widerrufen und der Betroffene erneut zum Strafantritt geladen.
10Am 17.06.2013 beantragte der Betroffene erneut die Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 Abs. 1 BtMG zum Zwecke der Durchführung einer Therapie in der T-Klinik in S ab dem 22.08.2013.
11Mit Beschluss vom 24.07.2013 verweigerte die 17. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf ihre Zustimmung zu der beantragten Zurückstellung der Strafvollstreckung. Zur Begründung führte sie aus, die Kammer habe bereits in ihrem Beschluss vom 13.10.2011 darauf hingewiesen, dass im Fall eines vorzeitigen Therapieabbruches eine erneute Zustimmung nicht in Betracht komme. Zu einem solchen Therapieabbruch sei es indes bereits am 24.11.2011 gekommen. Neue Gesichtspunkte, aufgrund derer eine erneute Zustimmung zu erteilen wäre, seien nicht ersichtlich. Bezüglich dieses Beschlusses wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 05.08.2013 Rechtsmittelverzicht erklärt. Mit weiterer Verfügung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 21.08.2013 wurde die Zurückstellung der Strafvollstreckung abgelehnt, da das Gericht die erforderliche Zustimmung hierzu verweigert habe.
12Nachdem der Betroffene mit einem am 29.08.2013 bei der Staatsanwaltschaft Dortmund eingegangenen Schreiben vom 23.08.2013 Widerspruch gegen den „Ablehnungsbescheid“ vom 24.07.2013 eingelegt hatte, der von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf auch als Rechtsmittel gegen die staatsanwaltliche Entscheidung vom 21.08.2013 gewertet wurde, hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 24.07.2013 zugunsten des Betroffenen Beschwerde eingelegt, der die Strafkammer durch Verfügung vom 28.11.2013 nicht abgeholfen hat. Der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf ist der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter dem 27.01. 2014 beigetreten und hat die Akten dem Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegt, das durch Beschluss vom 31.01.2014 die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des erklärten Rechtsmittelverzichts als unzulässig verworfen hat.
13Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf wies mit Bescheid vom 07.02.2014 die Beschwerde des Betroffenen vom 23.08.2013 gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 21.08.2013 unter Hinweis auf die verweigerte Zustimmung des Landgerichts Düsseldorf zur Zurückstellung der Strafvollstreckung mit Beschluss vom 24.07.2013 zurück.
14Gegen diesen Bescheid richtet sich der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 13.03.2014.
15II.
16Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß den §§ 23 ff EGGVG zulässig, denn die Verweigerung der Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 Abs. 1 BtMG durch die Strafvollstreckungsbehörde stellt ein Justizverwaltungsakt im Sinne vom § 23 Abs. 1 EGGVG dar. Das gilt auch, wenn die Zurückstellung deshalb abgelehnt wird, weil das Gericht des ersten Rechtszuges die erforderliche Zustimmung nicht erteilt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 21.03.2006 – 1 VAs 8/06 –). Die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der gerichtlichen Zustimmung wird im Rahmen dieses Rechtsbehelfs dann ebenfalls überprüft (§ 35 Abs. 2 S. 3 BtMG).
17Der Antrag hatte in der Sache jedoch keinen Erfolg.
18Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf sowie der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf haben mit ihrem Bescheiden vom 21.08.2013 und vom 07.02.2014 zu Recht die Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 Abs. 1 BtMG abgelehnt, da es an der dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzung der Zustimmung des Landgerichts Düsseldorf als erstinstanzliches Gericht fehlte.
19Die Verweigerung der Zustimmung des Landgerichts Düsseldorf zu der Zurückstellung der Strafvollstreckung mit Beschluss vom 24.07.2013 erweist sich im Ergebnis ebenfalls nicht als rechtsfehlerhaft.
20Ebenso wie die Entschließung der Vollstreckungsbehörde ist auch die Versagung der Zustimmung zu der Zurückstellung der Strafvollstreckung durch das Gericht des ersten Rechtszuges lediglich auf Ermessensfehler sowie dahingehend überprüfen, ob ihnen ein zutreffend und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde gelegt worden ist sowie ob die Grenzen des hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 35 BtMG bestehenden Beurteilungsspielraumes eingehalten worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 10.12.2013 - III-1 VAs 128/13 - ).
21Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes erweist sich allerdings die konkrete Begründung, mit der die Strafkammer ihre Zustimmung verweigert hat, als ermessensfehlerhaft, da in dem Beschluss vom 24.07.2013 ausschließlich auf den sofortigen Abbruch der Therapie in der T-Klinik S abgestellt worden ist, ohne sich mit dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 02.12.2011 sowie damit auseinander zu setzen, dass sich der Betroffene noch am Tage des Abbruchs der Therapie mit der für ihn zuständigen Drogenberatungsstelle in Verbindung gesetzt und sich in der Folgezeit intensiv und letztlich auch mit Erfolg um einen neuen Therapieplatz bemüht hatte. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass auch ein vorheriger Therapieabbruch nicht immer Ausdruck von Therapieresistenz sein muss, sondern vielmehr häufig ein Symptom der Sucht darstellt. Die Zurückstellung der Strafvollstreckung soll deshalb nicht nur Musterpatienten, sondern auch Risikopatienten in die Therapie führen. Dabei ist die Therapie ein langes prozesshaftes Geschehen, in dem es auch darum geht, Rückfälle therapeutisch zu verarbeiten, drogenfreie Intervalle zu vergrößern und Erfolge in kleinen Schritten anzustreben, so dass in der Regel auch mehrfache Therapieversuche erforderlich sind, um einen Therapieerfolg zu erzielen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26.08.2008 – 1 VAs 70-72/08 – und vom 20.08.2009 - 1 VAs 66/09 und 100/09 - ). Danach kann die wiederholte Zurückstellung nach § 35 BtMG auch dann erneut gewährt werden, wenn sich der Betroffene therapiewillig zeigt und die übrigen erforderlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. Senatsbeschluss vom 20.04.2010 – 1 VAs 136 und 137/09).
22Gleichwohl kam eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie des Beschlusses der 17. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24.07.2013 und eine Ersetzung der Zustimmung des Gerichtes des ersten Rechtszuges mit der Zurückstellung der Strafvollstreckung durch den Senat nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 35 BtMG für eine Zurückstellung der Strafvollstreckung nicht vorliegen. Denn es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen und den dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11.12.2007 zugrundeliegenden Straftaten.
23Gemäß § 35 Abs. 1 BtMG kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren zum Zwecke einer Therapie zurückgestellt werden, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt oder sonst feststeht, dass die Tat, die Gegenstand des Urteils ist, nicht nur anlässlich, sondern aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen wurde. Es muss deshalb ein unmittelbarer Kausalzusammenhang im Sinne einer „conditio sine qua non“ zwischen Tat und Abhängigkeit bestehen, denn die Sonderbehandlung eines drogenabhängigen Straftäters mit „Therapie statt Strafe“ ist im Vergleich zum Regelstrafvollzug dann gerechtfertigt, wenn die Tat abhängigkeitsbedingt war und der Verurteilte diese ohne die Abhängigkeit nicht begangen hätte. Die Drogensucht muss mithin Bedingung und nicht lediglich Begleiterscheinung der Straftat sein (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2010 – III - 1 VAs 113/10 – m.w.N.). Eine solche enge Verknüpfung wäre etwa dann anzunehmen, wenn die Straftat unmittelbar oder mittelbar der Beschaffung von Betäubungsmitteln zur Befriedigung der eigenen Drogensucht gedient hat. Da der Gesetzgeber den Vorzug der Teilnahme an einer Rehabilitationsbehandlung statt der Vollstreckung nur solchen Verurteilten bietet, die Straftaten begangen haben, bei denen sie unter Entzugserscheinungen oder unter Angst vor Entzugserscheinungen standen, kommt eine Zurückstellung der Strafvollstreckung nicht schon bei jedem betäubungsmittelabhängigen Straftäter in Betracht, da diese sonst – gerade bei Gewaltdelikten – ungerechtfertigt privilegiert würden (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Auflage § 35 Rdnr. 95). Allein die pauschale Behauptung einer solchen Kausalität genügt nicht; vielmehr muss diese bewiesen werden und feststehen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschluss vom 23.05.2013 – III - 1 VAs 27/13 m.w.N.). Nicht ausreichend ist selbst eine mit gewichtigen Anhaltspunkten begründete Vermutung, dass die Tat ihre Ursache in der Sucht hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 18.11.2010 – III- 1 VAs 102/10), wobei die Beweislast bei dem Betroffenen liegt.
24Für den Fall, dass einer Gesamtfreiheitsstrafe Taten zugrunde liegen, die nicht alle auf einer Betäubungsmittelabhängigkeit beruhen, kommt es auf das Gewicht der Taten an. Dabei ist die Höhe der verhängten Einzelstrafen ein wichtiges Indiz; miteinzubeziehen sind in die Würdigung dabei auch Anzahl, Art, Begehungsweise, Umfang und Auswirkungen, mithin der Unrechts- und Schuldgehalt der Taten (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.02.2012, 2 VAs 1/12, zitiert nach juris, Rdnr. 9; Weber, BtMG, 4. Auflage 2013, § 35 Rdnr. 214 m.w.N.). Kommt dabei denjenigen Taten, die auf eine Betäubungsmittelabhängigkeit zurückzuführen sind, überwiegende Bedeutung zu, kann die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zurückgestellt werden, andernfalls nicht (vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.; Senatsbeschluss 14.01.2014, III-1 VAs 149/13).
25In den Gründen des Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 12.10.2006 wird eine Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen nicht festgestellt. Wiedergegeben wird lediglich die – in den Urteilsgründen auf ihre Richtigkeit hin nicht weiter überprüfte – Einlassung des Betroffenen, er und sein Begleiter F hätten gewusst, dass der Zeuge mit Betäubungsmitteln handle und sie hätten ihn „abziehen“ wollen, da sie gedacht hätten, in seiner Tasche seien Betäubungsmittel. Er – der Betroffene – sehr drogensüchtig und habe die Drogen für sich selbst gewollt. Außerdem habe er sich einer finanziellen Notlage befunden. Gegen einen auf eine Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen zurückzuführenden Suchtdruck bei der Tatbegehung spricht allerdings der Umstand, dass der Betroffene nach den Angaben des Mittäters F diesem die Tatbeute übergeben und nicht etwa versucht hatte, den in der Tasche des Geschädigten vorgefundenen Laptop zu verkaufen, um sich mit dem Verkaufserlös die benötigten Drogen zu verschaffen, und zudem dem Geschädigten die entwendete Tasche mit dem Laptop zwei Tage später zurückgegeben hat.
26Das Landgericht Düsseldorf hat - offensichtlich aufgrund von Angaben des Betroffenen, der sich im Übrigen nach den Urteilsgründen zur Sache nicht eingelassen hatte - in seinem Urteil vom 11.12.2007 festgestellt, dass der Betroffene nach Verbüßung einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe nach seiner Haftentlassung im Jahre 1999 „weiche Drogen“ und Alkohol konsumiert habe und deshalb immer wieder seine Arbeitsstelle verloren habe. Nach Verbüßung einer weiteren einjährigen Freiheitsstrafe habe er den Jahren 2003 und 2004 regelmäßig Kokain und weiche Drogen, danach nur noch weiche Drogen konsumiert. Von einer Drogenabhängigkeit des Betroffenen ist auch in den Gründen dieses Urteils keine Rede. Sie lässt sich auch nicht allein aus den oben wiedergegebenen Feststellungen herleiten. Denn regelmäßiger Betäubungsmittelkonsum ergibt in der Regel noch keine Betäubungsmittelabhängigkeit und auch keine Behandlungsbedürftigkeit (vgl. Patzak, in Körner/Patzak/Volkmar, BtMG, 7. Auflage, § 35 Rn. 65 m.w.N.). Damit steht in Einklang, dass die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessungserwägungen für die Straftat vom 24.07.2013 zu Gunsten des Betroffenen lediglich dessen „Drogenprobleme“ berücksichtigt hat. Die weiteren Ausführungen der Strafkammer, im Rahmen der Gesamtstrafenabwägung, „ferner habe die Kammer auch mildernd berücksichtigt, dass der Betroffene bei der dem Urteil des Amtsgerichts vom 12.10.2006 zugrunde liegenden Tat zunächst vorgehabt habe, dem dortigen Geschädigten Betäubungsmittel „abzuziehen“, weil er Drogen benötigt und sich in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe“, betrafen lediglich den Raub vom 13.03.2006. Darüber hinaus lässt sich aus dem Urteil vom 11.12.2007 auch nicht entnehmen, dass der schwere Raub zu Lasten des Geschädigten G aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen begangen worden ist. In den Urteilsgründen wird insoweit lediglich festgestellt, dass der Betroffene dem Plan gefasst habe, dem Geschädigten dessen Wertsachen wegzunehmen, um diese für sich und/oder für den damaligen Mitangeklagten F zu behalten oder verwerten. Dass der Betroffene die Tatbeute zur Beschaffung von Drogen verwenden wollte – hinsichtlich des entwendeten Schlüsselbundes scheidet diese Möglichkeit ohnehin aus – lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Berücksichtigt man außerdem, dass der Betroffene ausweislich des in den Akten befindlichen Bundeszentralregisterauszuges durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 29. 08.2000 wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung, Nötigung, Raubes, vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen gemeinschaftlichen Diebstahls (Datum der letzten Tat: 17.02.2000) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 22.12.2003 wegen gemeinschaftlichen Raubes (Tatzeit: 10.09.2003) zur einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden ist, ohne dass in dem Bundeszentralregisterauszug vermerkt worden ist, dass diese Taten aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen begangen worden sind, obwohl der Betroffene nach den - ersichtlich auf seinen Angaben beruhenden - Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf in seinem Urteil vom 11.12.2007 nach seiner Haftentlassung im Jahre 1999 weiche Drogen und Alkohol sowie im Jahre 2003 regelmäßig Kokain und weiche Drogen konsumiert hatte, rechtfertigt auch die Art der Tat vom 24.07.2006 für sich allein nicht den Rückschluss, dass sie durch eine Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen bedingt war. Auch der Betroffene selbst hat mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht konkret behauptet, die Tat vom 24.07.2006 aufgrund einer Drogenabhängigkeit von „weichen Drogen“ begangen zu haben. Abgesehen davon wird in der Antragsbegründung abweichend von den Urteilsfeststellungen auch kein Konsum des Betroffenen von Kokain erwähnt, sondern vielmehr von Heroin, allerdings erst ab dem Jahre 2010 und damit nach Begehung der hier in Rede stehenden Straftat.
27Da im vorliegenden Verfahren unzweifelhaft dem schweren Raub vom 24.07.2006 aufgrund seines deutlich größeren Unrechtsgehalts im Verhältnis zu dem gemeinschaftlichen Raub vom 13.03.2006, der sich auch in der für die Tat vom 24.07.2006 verhängten erheblichen Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten niedergeschlagen hat, die mehr als das Doppelte der für die Tat vom 13.03.2006 ausgeurteilten Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten beträgt, hat bereits der Umstand der fehlenden Kausalität zwischen dem Raub vom 24.07.2013 und einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen, selbst wenn man eine Betäubungsmittelabhängigkeit des Betroffenen zu beiden Tatzeiten unterstellen würde, zur Folge, dass eine Zurückstellung der der durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11.12.2007 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nicht erfolgen kann.
28Angesichts dessen konnte es dahingestellt bleiben, ob eine Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG auch deshalb nicht in Betracht kommt, weil der der letzte für die Aufnahme in der T-Klinik in S vorgesehene Termin vom 11.02.2014 bereits verstrichen ist und die Kostenzusage des Landschaftsverbandes Rheinland nur bis zum 13.02.2014 Gültigkeit hatte und aus diesem Grunde der Beginn der Rehabilitationsbehandlung derzeit möglicherweise nicht gewährleistet ist.
29III.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 22 Abs. 1 GNotKG i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 19 GNotKG die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 36 Abs. 3, 1 Abs. 2 Nr. 19 GNotKG.
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(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.
(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.
(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn
- 1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder - 2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.
(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.
(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn
- 1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder - 2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.
(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Soweit bundesrechtlich nichts anderes bestimmt ist, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Gerichte in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und durch die Notare für ihre Amtstätigkeit nur nach diesem Gesetz erhoben.
(2) Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 1 sind auch
- 1.
Verfahren nach den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes, - 2.
Verfahren nach § 51b des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, - 3.
Verfahren nach § 26 des SE-Ausführungsgesetzes, - 4.
Verfahren nach § 10 des Umwandlungsgesetzes, - 5.
Verfahren nach dem Spruchverfahrensgesetz, - 6.
Verfahren nach den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes über den Ausschluss von Aktionären, - 7.
Verfahren nach § 8 Absatz 3 Satz 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, - 8.
Angelegenheiten des Registers für Pfandrechte an Luftfahrzeugen, - 9.
Verfahren nach der Verfahrensordnung für Höfesachen, - 10.
Pachtkreditsachen nach dem Pachtkreditgesetz, - 11.
Verfahren nach dem Verschollenheitsgesetz, - 12.
Verfahren nach dem Transsexuellengesetz, - 13.
Verfahren nach § 84 Absatz 2 und § 189 des Versicherungsvertragsgesetzes, - 14.
Verfahren nach dem Personenstandsgesetz, - 15.
Verfahren nach § 7 Absatz 3 des Erbbaurechtsgesetzes, - 16.
Verteilungsverfahren, soweit sich die Kosten nicht nach dem Gerichtskostengesetz bestimmen, - 17.
Verfahren über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Willenserklärung und die Bewilligung der Kraftloserklärung von Vollmachten (§ 132 Absatz 2 und § 176 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), - 18.
Verfahren über Anordnungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten, - 19.
Verfahren nach den §§ 23 bis 29 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, - 20.
Verfahren nach § 138 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes und - 21.
gerichtliche Verfahren nach § 335a des Handelsgesetzbuchs.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind. In Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen werden Kosten nach dem Gerichtskostengesetz erhoben.
(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.
(5) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die landesrechtlichen Kostenvorschriften unberührt für
- 1.
in Landesgesetzen geregelte Verfahren und Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie - 2.
solche Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden oder Notare zuständig sind.
(6) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.