Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 03. Nov. 2016 - 1 VAs 151/16
Gericht
Tenor
Für den gestellten Antrag ist die sachliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Hamm nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht gegeben.
Die Sache wird in entsprechender Anwendung des § 17 a Abs. 2 GVG zuständigkeitshalber an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Paderborn verwiesen.
1
Gründe:
2I.
3Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 05. Juli 2016 hat sich der Betroffene an das Verwaltungsgericht Münster mit dem Antrag gewendet, den Antragsgegner zu verpflichten, den Betroffenen für Mandantenbesuche und gerichtliche Anhörungen Zugang zu den entsprechenden Besuchs- bzw. Anhörungsräumlichkeiten auf dem Gelände des LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie M zu gewähren und hierbei eine Durchsuchung der Person und der mitgeführten Sachen des Betroffenen zu unterlassen.
4Mit Beschluss vom 13. Juli 2016 hat das Verwaltungsgericht Münster den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren unter Berufung auf eine Senatsentscheidung vom 04. Oktober 2011 (III-1 VAs 42/11) an das Oberlandesgericht in Hamm verwiesen, da angesichts des Umstandes, dass seitens des Betroffenen keine Einzelfallregelung angegriffen, sondern vielmehr die generelle Handhabung der Durchsuchung von Verteidigern im LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie M beanstandet werde, der Rechtsweg gemäß der §§ 23 ff. EGGVG eröffnet sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen hat das Oberverwaltungsgericht in Münster am 29. September 2016 zurückgewiesen.
5II.
6Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 17 a Abs. 2 GVG an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn zu verweisen, weil für das vorliegende Begehren das Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG nach der Subsidiaritätsregelung des § 23 Abs. 3 EGGVG nicht eröffnet und mithin der Senat für die erstinstanzliche Bescheidung des Begehrens des Betroffenen nicht zuständig ist.
7Streitgegenstand ist vorliegend kein Justizverwaltungsakt, sondern eine einzelfallbezogene Regelung der LWL-Klinik M bzw. des Antragsgegners im Rahmen des Maßregelvollzuges, und zwar namentlich die Frage der Rechtfertigung einer Durchsuchung des Betroffenen im Rahmen seiner Mandantenbesuche in der LWL-Klinik M. Die allgemein gültigen Durchsuchungsregelungen der Klinik werden vom Betroffenen nicht als solche angegriffen, er begehrt auch nicht deren Aufhebung, sondern macht vielmehr geltend, dass ihm gegenüber – zumal als Rechtsanwalt – eine Rechtsgrundlage für etwaige Durchsuchungsmaßnahmen nicht bestehe.
8Dieser Bewertung steht auch nicht die seitens des Verwaltungsgerichts Münster in Bezug genommene Entscheidung des Senats vom 04. Oktober 2011 entgegen; dort hat der Senat lediglich ausgeführt, dass der Rechtsweg gemäß der §§ 23 ff. EGGVG eröffnet wäre, wenn der seinerzeit Betroffene sich gegen den Bestand einer abstrakt-generellen Besuchsbeschränkung für Verteidiger als solche gewendet hätte. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Der Betroffene begehrt ausschließlich eine einzelfallbezogene Maßnahme betreffend seine Person, für welche das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung gemäß der §§ 109 ff., 138 Abs. 3 StVollzG mit der Folge eröffnet ist, dass dieser Rechtsweg gemäß § 23 Abs. 3 EGGVG vorliegend als der allein zulässige anzusehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass das Begehren nicht die Rechtsstellung eines Untergebrachten, sondern des Betroffenen als Strafverteidiger betrifft, da auch Dritte in eigener Sache in Verfahren auf gerichtliche Entscheidung antragsbefugt sein können, soweit sie in eigenen Rechten verletzt sind bzw. eigene Rechte geltend machen (vgl. Bachmann in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 33 m.w.N.).
9Der Umstand dass der Senat gleichzeitig landesweit für die Entscheidung über Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung gemäß der §§ 109 ff. StVollzG zuständig ist, rechtfertigt keine andere Bewertung. Insoweit wird allerdings vorsorglich darauf hingewiesen, dass gemäß § 114 Abs. 2 S. 3 StVollzG die Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einer Anfechtung entzogen sind.
10Der erfolgten Weiterverweisung der Sache an das Landgericht Paderborn steht die Vorschrift des § 17 a Abs. 2 S. 3 GVG nicht entgegen, da sich die Bindungswirkung im Rahmen eines Verweisungsbeschlusses allein auf die Bestimmung des zulässigen Rechtsweges, hier mithin der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit, erstreckt (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 2 VAs 9/14, - 6 OBL 6/14 –, juris). Im Hinblick auf eine eventuelle Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Hamm im Rahmen der durch die ordentlichen Gerichte ausgeübten Strafgerichtsbarkeit entfaltet der Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 13. Juli 2016 demgegenüber keine bindende Wirkung.
11Von einer vorherigen Anhörung der Beteiligten hat der Senat im Interesse einer Beschleunigung des weiteren Verfahrens abgesehen, da die nunmehr erfolgte Verweisung an das Landgericht Paderborn der im bisherigen Verfahren seitens des Antragsgegners vertretenen Rechtsauffassung und ebenso dem seitens des Betroffenen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Münster hilfsweise vertretenen Standpunkt entspricht.
12Die insoweit hilfsweise vertretene Auffassung ist nach Auffassung des Senats als Verweisungsantrag zu werten, auf welchen die Sache in entsprechender Anwendung des § 17 a Abs. 2 GVG an das zuständige Landgericht Paderborn zu verweisen war. Diesem bleibt auch analog § 17 b Abs. 2 GVG eine Kostenentscheidung vorbehalten.
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(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.
(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.