Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 24. Okt. 2016 - VII-Verg 51/15
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenbeschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 19. Oktober 2015 (VK 1-2/15) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 6.000 Euro
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G r ü n d e:
2I. Im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren hat die Antragstellerin auf rechtlichen Hinweis der Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgenommen, woraufhin ihr die Vergabekammer mit dem angefochtenen Beschluss die Verfahrenskosten sowie die Aufwendungen der Antragsgegnerin auferlegt und die Gebühr auf 5.325 Euro festgesetzt hat.
3Mit der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde meint die Antragstellerin, dass von einer Erhebung von Kosten habe abgesehen werden müssen, zumal der Nachprüfungsantrag an und für sich zulässig und begründet gewesen sei. Außerdem habe die Vergabekammer der Kostenfestsetzung einen übersetzten Gegenstandswert zugrunde gelegt.
4II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
5Da sich die Antragstellerin mit dem Nachprüfungsantrag gegen ihren Ausschluss vom Teilnahmewettbewerb gewandt hat und Angebote, insbesondere ein solches der Antragstellerin, noch nicht vorgelegen haben, ist der Gegenstandswert des Nachprüfungsverfahrens nach ständiger Rechtsprechung des Senats von der Vergabekammer inzident analog der Auftragswertschätzung des öffentlichen Auftraggebers festzulegen (vgl. Senat, Beschl. v. 17. Januar 2006 - VII-Verg 29/05).
6Ausweislich des der Antragstellerin zur Kenntnis gebrachten Vergabevermerks vom 28. August 2014 hat die Antragsgegnerin den Auftragswert für vier Vertragsjahre auf 96.800.000 Euro netto geschätzt (Los 1: 40.800.000 Euro und Los 2: 56.000.000 Euro). Darüber hinaus ist die mögliche Vertragsverlängerung um zwei Jahre zu berücksichtigen, dies freilich nur zu 50 % (vgl. BGH, Beschl. v. 18. März 2014 - X ZB 12/13). Dies führt zu einem Gesamtwert von 121.000.000 Euro netto (96.800.000 Euro zuzüglich 24.200.000 Euro), der zu Unrecht von der Antragstellerin in Abrede gestellt wird. Die Antragstellerin will lediglich einen Jahresauftragswert von 844.800 oder von 926.000 Euro netto zugrunde gelegt sehen, was zu einem bedeutend geringeren Gegenstandswert führt.
7Jahresauftragswerte von 844.800 oder von 926.000 Euro können jedoch nicht zur Grundlage der Auftragsermittlung gemacht werden. Sie werden von der Antragstellerin lediglich pauschal mit den in den vergangenen Jahren bei der Antragsgegnerin erzielten Geschäftsumsätzen begründet. Davon abgesehen sind die Angaben widersprüchlich (844.800 oder 926.000 Euro?). Der Vortrag der Antragstellerin setzt sich darüber hinaus in keiner Weise mit der detaillierten Auftragswertschätzung der Antragsgegnerin auseinander, die aufgeteilt auf zwei Lose, nach Funktionen der einzusetzenden Mitarbeiter und nach verschiedenen Stunden-Vergütungssätzen den Auftragswert - eingehend und dement- sprechend mit einem hohen Genauigkeitsfaktor versehen - ermittelt hat. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass die von der Antragstellerin in der Vergangenheit entfalteten Geschäftstätigkeiten, die Richtigkeit ihres Vortrags unterstellt, dann einen anderen, geringeren Umfang und Zuschnitt gehabt haben als der ausgeschriebene Auftrag.
8Dem Gesamtnettowert von 121.000.000 Euro ist die Umsatzsteuer von 19 % hinzuzurechnen, was einen Gesamtgegenstandswert von 143.990.000 Euro ergibt. Diesen Wert hat die Vergabekammer mit Recht auf ein Fünftel, mithin auf 28.798.000 Euro zurückgeführt, weil die abzuschließende Rahmenvereinbarung mit fünf Vertragspartnern eingegangen werden sollte. Die Antragstellerin kritisiert das ohne Erfolg. Denn erstens wirkt sich dies ausschließlich zu ihren Gunsten aus. Und zweitens sind generalisierende Erwägungen der von der Vergabekammer angestellten Art bei Auftragswertschätzungen zugelassen. Ausgehend von einem Auftragswert von 28.798.000 Euro ist die Antragstellerin durch die Festsetzung einer Gebühr von 5.325 Euro nicht beschwert.
9Die übrigen gedanklichen und Rechenschritte der Vergabekammer sind nicht zu beanstanden (Herabsetzung der Gebühr nach § 128 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. GWB, Erhebung nur der Hälfte der Gebühr nach § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB). Mit Recht hat die Vergabekammer auch abgelehnt, aus Gründen der Billigkeit von der Erhebung von Gebühren abzusehen (§ 128 Abs. 3 Satz 6 GWB). Dafür liegen keine Gründe vor. Dass der Nachprüfungsantrag an und für sich zulässig und begründet gewesen sein soll, ist an dieser Stelle nicht zu berücksichtigen. Ungeachtet dessen kann aufgrund des unsubstantiierten Vortrags der Antragstellerinn die Erfolgsaussicht des Nachprüfungsantrags ebenso wenig beurteilt werden.
10Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78, 120 Abs. 2 GWB.
11Dicks Dr. Maimann Barbian
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(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.
(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.
(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
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(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.
(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.
(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.
(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.
(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.