Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 14. Jan. 2014 - 4 U 112/13

published on 14/01/2014 00:00
Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 14. Jan. 2014 - 4 U 112/13
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Gründe

I.

Die klagende Rechtsanwältin mit den Tätigkeitsschwerpunkten „Ausländer- und Asylrecht“ macht aus abgetretenem Recht einer ausländischen Staatsangehörigen (im folgenden: Betroffene oder Mandantin) gegen den verklagten Freistaat einen Schadensersatzanspruch nach Art. 5 V EMRK geltend.

Die Betroffene, über deren Herkunft und Identität nach wie vor keine zuverlässigen Erkenntnisse vorliegen und die sich selbst als nigerianische Staatsangehörige „T. L.“ mit dem Geburtsort .../Jamaika bezeichnet hatte, war nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet im bzw. vor August 2009 vom Amtsgericht S. am 18.03.2010 wegen unerlaubter Einreise und vorsätzlichem unerlaubten Aufenthalt sowie wegen Ausweismissbrauchs zu einer mehrmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Der von ihr aus der anschließenden Strafhaft heraus gestellte Asylantrag wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Dieser Bescheid ist ebenso wie die nachfolgende Abschiebungsverfügung des Regierungspräsidiums S. bestandskräftig. Die nach ihrer Haftentlassung untergetauchte Betroffene wurde am 16.06.2012 im W. aufgegriffen und dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der gegen sie am 17.06.2012 die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens zum 17.09.2012 anordnete. Die Sicherungshaft wurde in der JVA N. vollzogen, wo die Betroffene - entsprechend ihrer bei der Aufnahme schriftlich erklärten Einwilligung - nicht getrennt von weiblichen Untersuchungs- bzw. Strafgefangenen untergebracht war. Auf die Beschwerde der Betroffenen hob das Landgericht W. mit Beschluss vom 19.07.2012 die Anordnung der Sicherungshaft vom 16.06.2012 auf und stellte antragsgemäß fest, dass „der Beschluss des Amtsgerichts W. vom 17.06.2012 die Betroffene in ihren Rechten verletzt (habe)“. Die am 20.07.2012 aus der Abschiebungshaft entlassene Betroffene ist am 17.09.2012 ausgereist.

Die Klägerin macht gegen den verklagten Freistaat einen auf Art. 5 V EMRK gestützten Schmerzensgeldanspruch geltend, wobei sie in erster Instanz pro Hafttag 250,00 Euro und somit insgesamt 8.750,00 Euro verlangt hatte.

Das Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld von 525,00 Euro (= 35 Tage zu je 15,00 Euro) zugebilligt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie nunmehr eine Heraufsetzung des Schmerzensgeldes auf insgesamt 3.500,00 Euro, also entsprechend einem Tagessatz von (nur noch) 100,00 Euro erreichen möchte.

Dem Hinweisbeschluss des Senats vom 26.10.2013 ist die Klägerin mit einer Stellungnahme vom 18.11.2013 sowie einem Ablehnungsgesuch gegen die Mitglieder des erkennenden Senats vom gleichen Tag entgegengetreten. Der Ablehnungsantrag wurde mit Beschluss vom 10.12.2013 als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

II.

Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung offensichtlich unbegründet mit der Folge, dass das Rechtsmittel keinerlei hinreichende Erfolgsaussicht i. S. d. § 522 II, 1 Nr. 1 ZPO bietet. Die Berufung ist von vornherein aussichtslos, weil das Bestehen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs schon dem Grunde nach nicht dargetan ist. Abgesehen davon, dass die klägerische Aktivlegitimation nicht nachgewiesen ist, war die Klage auch deshalb abweisungsreif, weil es zugleich an einem schlüssigen Sachvortrag der Klägerseite zur Einstandspflicht des Beklagten fehlt. Hiernach kommt es bereits nicht mehr darauf an, dass auch das Berufungsvorbringen zur angestrebten Entschädigungshöhe in keinem Punkt überzeugt.

Die klägerische Stellungnahme gibt dem Senat auch nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung, von seinen Darlegungen im Hinweisbeschluss auch nur in einem Punkt abzuweichen. Im Gegenteil: Was die Gegenerklärung an den ausführlichen Senatshinweisen auszusetzen hat, lässt erkennen, dass die Bedenken der Klägerseite noch in weiteren Punkten nicht auf der Höhe der maßgebenden Einordnungs- bzw. Bewertungskriterien sind. Der Senat wiederholt daher seine bisherigen Darlegungen und ergänzt sie im einzelnen wie folgt:

1. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des eingeklagten Entschädigungsanspruchs aus Art. 5 V EMRK sind bereits nicht schlüssig vorgetragen.

Die Garantie des Art. 5 V EMRK bezieht sich nämlich grundsätzlich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzugs der Haft; daher ergeben sich aus ihr keine Rechte inhaftierter Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft (so nunmehr ausdrücklich das Grundsatzurteil des BGH NJW 2013, 3176 = VersR 13, 1580, dort Rn. 30ff.). Nur in dem Ausnahmefall, dass es aufgrund ganz besonderer Umstände zugleich um die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung selbst geht, stellen die Umstände des Vollzugs zugleich die Rechtmäßigkeit der Haft i. S. d. Art. 5 V EMRK in Frage (BGH a. a. O., Rn. 31: „persönliche Vollzugsuntauglichkeit“ des Häftlings wegen „schwerwiegender Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahren“; ähnlich schon - allerdings ohne griffigen Abgrenzungsmaßstab - LG Passau, Beschluss vom 20.4.12 - 2 T 56/12 -, zit. bei Renner-Winkelmann, AusländerR, 10. Aufl., Rn. 12 zu § 62a AufenthG).

In diesem Zusammenhang wird zudem zu berücksichtigen sein, dass es im Geltungsbereich der StPO seit jeher herrschende Meinung ist, dass Haftunfähigkeit allein dem Erlass eines Haftbefehls nicht entgegensteht, sondern nur seinen Vollzug hindert (vgl. nur Meyer-Goßner, 56. Auflage, Rn. 3 zu § 112 StPO; Graf-Krauß, 2. Aufl., Rn. 33 zu § 112 StPO; KK-Graf, 6. Aufl., Rn. 54 zu § 112 StPO; differenzierend Löwe-Rosenberg-Hilger, 26. Aufl., Rn. 68 zu § 112 StPO).

Nach alledem betrifft auch die Problematik einer konventionswidrigen Unterbringung, wie die Klägerseite nach wie vor verkennt, ausschließlich die Modalitäten des Haftvollzugs. Denn selbst bei unzumutbaren oder gar menschenunwürdigen Haftbedingungen - für deren Vorliegen hier nichts ersichtlich ist - wird der Anwendungsbereich des Art. 5 EMRK nicht berührt (BGH a. a. O., Rn. 32).

Dass im Streitfall eine vom Anwendungsbereich des Art 5 V EMRK mitumfasste Ausnahmekonstellation vorliegt, erschließt sich auch aus der das Abschiebungsverfahren abschließenden Entscheidung des Landgerichts W. vom 19.07.2012 nicht, in der das Vorliegen eines Haftgrundes nach § 62 II, 1 Nr.5 AufenthG ausdrücklich bejaht und die Rechtmäßigkeit der (weiteren) Inhaftierung ausschließlich im Hinblick darauf verneint wird, dass eine „richtlinienkonforme“ Unterbringung der Betroffenen nicht gewährleistet sei. Zudem steht wegen ihrer schriftlichen Einwilligungserklärung ein Verzicht der Betroffenen auf das Trennungsgebot im Raum (vgl. dazu lit. d/bb). Hiernach bleibt es eine nach wie vor erörterungsbedürftige Einordnungsfrage, ob die im Beschluss vom 19.07.2012 festgestellte Verletzung des Trennungsgebots überhaupt geeignet ist, i. S. d. Art. 5 V EMRK auf die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung an sich durchzuschlagen.

c) Auch auf der Grundlage der vom Landgericht offenbar für bindend erachteten Feststellungen der Beschwerdekammer muss diese Einordnungsfrage klar vereint werden. Im Einzelnen:

aa) Selbst in dem anders gelagerten Modellfall eines (Untersuchungs-)Haftbefehls nach den §§ 112ff. StPO beschränkt sich der Gegenstand einer solchen Anordnung auf die Inhaftierung eines genau bezeichneten Beschuldigten wegen eines präzis umschriebenen Tatvorwurfs in Verknüpfung mit einem bestimmten Haftgrund (§ 114 StPO). Die Auswahl der Anstalt, in der der betreffende Untersuchungsgefangene im konkreten Fall untergebracht werden soll, beruht demgegenüber auf einer gesonderten Entscheidung des Ermittlungsrichters. Es geht insoweit um eine rein vollzugsrechtliche Maßnahme (hier: das sog. Aufnahmeersuchen i. S. d. Art. 8 I BayUVollzG), welche - in den Kategorien der Amtshaftung ausgedrückt - einem eigenen Pflichtenkreis zugeordnet bleibt, der keine Überschneidungen mit der die eigentliche Haftfrage betreffenden Beurteilungsmaterie erkennen lässt.

bb) Bei Freiheitsentziehungen nach dem AufenthaltsG ist für den Vollzug einer Haftanordnung ausschließlich die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde (fortan: Ausländerbehörde) zuständig (§ 422 III FamFG und Ziff. 62.0.4. der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum AufenthaltsG). Die Ausländerbehörde ist also die Herrin des Haftverfahrens (OLG München, Urteil vom 22.08.2013 - 1 U 1488/13 -, dort Rn. 58, 59). Ihr allein obliegt daher zugleich die Bestimmung der Vollzugsanstalt sowie die hierbei zu beachtende Auswahl einer „richtlinienkonformen“ Hafteinrichtung i. S. d. § 62a AufenthaltsG. Der an der Vollstreckung nicht beteiligte Haftrichter stellt deshalb auch kein Aufnahmeersuchen, weil ihm insoweit schon die Prüfungskompetenz fehlt (Wiesneth, Der amtsgerichtliche Bereitschaftsdienst, 2. Aufl., Rn. 132c und 145). Dementsprechend schweigt sich auch der vorliegende Haftbefehl vom 17.06.2012 (Anlage K 2) zu dieser Thematik aus.

cc) Schon vor diesem Hintergrund einer strikten Trennung der funktionellen Zuständigkeiten (und der sich daraus ergebenden Prüfungskompetenzen) von Haftrichter und Ausländerbehörde fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass im Streitfall die eigentliche Haftanordnung an der Verhältnismäßigkeitsprüfung hätte scheitern müssen, weil in der JVA N. - möglicherweise von vornherein absehbar - eine strikte Trennung von Abschiebungshäftlingen nicht lückenlos durchgeführt werden konnte. Denn es ist weder ersichtlich noch im Beschluss der Beschwerdekammer vom 19.07.2012 festgestellt (noch von der Klägerseite vorgetragen), dass im beurteilungserheblichen Zeitraum keine Möglichkeit bestanden hätte, die Betroffene in einer anderen JVA mit einer „richtlinienkonformen“ Ausgestaltung der Haftbedingungen unterzubringen. Erst recht nicht gibt es einen greifbaren Hinweis darauf, dass der Ermittlungsrichter Anlass gehabt haben könnte, die Auswahl einer nicht geeigneten Hafteinrichtung durch die Verwaltungsbehörde von vornherein in Erwägung zu ziehen (vgl. zu diesem Fragenkreis (erst) jetzt BGH, Beschluss vom 11.07.2013 - V ZB 40/11 -, Rn. 20).

Auch die Gegenerklärung zeigt hierzu in tatsächlicher Hinsicht keinen neuen Aspekt auf. Das Bemühen, in Anknüpfung an die Senatshinweise die Umstände des Streitfalls an die bei Renner-Winkelmann a. a. O., Rn. 13 zu § 62a AufenthaltsG erörterte Konstellation anzunähern, geht nicht über eine Erläuterung der dortigen Kommentarstelle hinaus. Davon abgesehen wäre ein nachgeschobenes Vorbringen mit der Qualität eines beurteilungserheblichen Sachvortrags - selbst jenseits der Zulassungsschranke des § 531 II, 1 Nr. 3 ZPO - längst verspätet, weil es sich nur um eine unzulässige Ergänzung der Berufungsangriffe handeln könnte (vgl. BGH NJW-RR 2007, 414, Rn. 13).

Wenn aber im Rahmen der Entscheidung über die Haftfrage kein Anlass bestanden hatte, die gebotene Prüfung der Verhältnismäßigkeit auch auf die voraussichtliche Ausgestaltung der Haftbedingungen zu erstrecken, so kann die Rechtmäßigkeit des Haftbefehls nicht dadurch - nachträglich und rückwirkend - in Frage gestellt werden, dass die Ausländerbehörde eine für den Vollzug der angeordneten Sicherungshaft ungeeignete Einrichtung ausgewählt hat .

dd) Entgegen der Ansicht der Klägerseite steht dieses Einordnungsergebnis auch vollauf im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des V. Zivilsenats des BGH.

In der Rechtsbeschwerdesache V ZB 40/11 war in dem die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss vom 30.06.2011 noch ausdrücklich die Frage offen gelassen worden, ob „mit der Beschwerde gegen die Haftanordnung“ eine konventionswidrige Unterbringung der Betroffenen überhaupt „geltend gemacht werden konnte“ (a. a. O., dort Rn. 11).

Auf der gleichen Linie liegt der Beschluss des BGH vom 17.11.2011 - V ZB 212/11 -, in dem die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung ausschließlich deshalb verneint wird, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte; der vom Beschwerdegericht - LG Stade (Beschluss vom 08.09.2011 - 9 T 92/11 -, dort Rn. 17) - ausdrücklich erörterte Umstand, dass der Betroffene eine Woche lang gemeinsam mit einem Strafgefangenen untergebracht war, blieb unerwähnt. Erst in dem Vorlagebeschluss des BGH vom 11.07.2013 - V ZB 40/11 - wurde die Statthaftigkeit einer Haftbeschwerde auch auf die Rüge erweitert, es sei für den Haftrichter erkennbar gewesen, dass der Betroffene konventionswidrig untergebracht werden würde (a. a. O. Rn. 20 und 23). Die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung folgt auch in einem solchen Fall nicht, wie die Klägerseite meint, aus einer irgendwie gearteten „Rückwirkung“ der mit einer konventionswidrigen Unterbringung einhergehenden Rechtsbeeinträchtigung, sondern soll offenbar in einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) begründet sein (so nunmehr der Beschluss des BGH vom 30.10.2013 - V ZB 69/13 -, Rn. 7ff.). Selbst auf der Grundlage der aktuellen Linie der Rechtsprechung des BGH geht es also insoweit um die der eigentlichen Haftanordnung zugrundeliegende Pflichtenlage des Haftrichters. Eine diesbezügliche Pflichtverletzung des Ermittlungsrichters im Streitfall aber zeigt die Klägerseite, wie bereits dargelegt, auch nicht ansatzweise auf; es kann deshalb dahinstehen, ob der Ermittlungsrichter, wozu der Senat neigt, nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung die maßgebenden Aussagen des erwähnten Beschlusses vom 30.06.2011 - V ZB 40/11 -, dort Rn. 11, ohne weiteres - also nicht unvertretbar (vgl. BGHZ 187, 286, Rn. 14) - dahin verstehen durfte, dass bezüglich der Haftbedingungen von vornherein keine Sachaufklärung veranlasst war.

ee) Daraus folgt, dass der Feststellungsausspruch in Ziff. 2. des Beschlusses vom 19.07.2012 im Abschiebungsverfahren bereits von den zugrundeliegenden Feststellungen der Beschwerdekammer nicht getragen wird. Was die Darlegungen der Beschwerdegerichts allenfalls hergeben, ist die Bewertung, dass die Betroffene durch die Ausgestaltung der Abschiebungshaft in der JVA N. in ihrem Recht auf eine strikte Trennung i. S. d. § 62a I /2. HS AufenthG verletzt worden war. Allein in diesem eng begrenzten Umfang ist eine die Zivilgerichte bindende Wirkung der dortigen Entscheidung überhaupt diskutabel (vgl. zu dieser Problematik grundlegend Senat VersR 2013, 1263, dort Rn. 19ff.). Selbst wenn sie aber mit dieser Einschränkung bejaht wird, reichen die maßgebenden Feststellungen der Beschwerdekammer jedenfalls nicht aus, die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs aus Art. 5 V EMRK auszufüllen.

Es bedarf nämlich keiner abschließenden Erörterung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 62a I AufenthaltsG überhaupt das Gewicht besitzt, die Verhältnismäßigkeit der Inhaftierung an sich in Frage zu stellen. Denn allein der Umstand, dass der Abschiebungshäftling wie hier die Betroffene in einem überschaubaren Zeitraum von nur wenigen Wochen gemeinsam mit Straf- bzw. Untersuchungsgefangenen untergebracht war, reicht - auch in Relation zu den Haftfristen nach § 62 III, 4 und IV, 1 AufenthG - für sich genommen nicht aus, den schwerwiegenden Vorwurf einer (auf die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung selbst durchschlagenden) Unverhältnismäßigkeit der bis dahin vollzogenen Abschiebungs- bzw. Sicherungshaft zu tragen (vgl. hierzu auch LG Stade a. a. O.).

d) Auch die Ansichten der Stellungnahme zur Vorfragenkompetenz der Zivilgerichte sind nicht frei von Rechtsirrtum.

aa) Die gebotene Einschränkung der Bindungswirkung des Feststellungsausspruchs der Entscheidung der Beschwerdekammer vom 19.07.2012 entspricht exakt den einschlägigen Vorgaben der Rechtsprechung zur Beachtlichkeit der Feststellungen der Fachgerichte in Bezug auf die Art und den Gegenstand der beurteilten Maßnahme (vgl. hierzu BGH NJW 1994, 992; OLG München NJW 2007, 1005, dort Rn. 75). Wenn und soweit sich nämlich die vom Fachgericht festgestellte Rechtswidrigkeit erst anhand der Entscheidungsgründe einem bestimmten Fehlverhalten zuordnen lässt, so darf im Streitfall (erst recht) nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Tenor und die diesbezüglichen Feststellungen der fachgerichtlichen Entscheidung auseinanderfallen. Denn nur in dem durch die Feststellungen des Fachgerichts individualisierten Umfang lässt sich die dort als rechtswidrig beurteilte Maßnahme in die zum Anwendungsbereich des Art. 5 V EMRK entwickelten Abgrenzungskriterien einpassen. Hinsichtlich dieses für die Beantwortung der Haftungsfrage selbst maßgebenden Einordnungsmaßstabes kommt eine Vorgreiflichkeit der Auffassung der Beschwerdekammer ohnehin nicht in Betracht (vgl. BGHZ 20, 379, Rn. 8ff.).

bb) Darüber hinaus scheidet eine Vorgreiflichkeit von vornherein aus, wenn das Fachgericht den ihm vorgegebenen Beurteilungsmaßstab in einem entscheidenden Punkt nicht ausgeschöpft hat mit der Folge, dass unter demselben Blickwinkel auch bei der Klärung der sonstigen Haftungsvoraussetzungen (dem Grunde nach) ergänzender Prüfungs- und Feststellungsbedarf besteht (Senat a. a. O., Rn. 25ff.). So aber liegen die Dinge hier. Dem von ihr ausdrücklich erwähnten Umstand, dass die Betroffene in einer schriftlichen Einverständniserklärung in eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen eingewilligt hatte, hat die Beschwerdekammer keine Bedeutung beigemessen. Darin liegt eine grundlegende Verkennung der Sach- und Rechtslage. Denn eine solche Einwilligung wirft die Frage auf, ob der Abschiebungsgefangene auf das Trennungsgebot wirksam verzichten kann. Diese Möglichkeit wird inzwischen auch vom BGH bejaht (FGPrax 2013, 231, Rn. 10). Infolgedessen hat die Beschwerdekammer den maßgebenden (fachgerichtlichen) Prüfungsmaßstab in einem kardinalen Punkt schon deshalb nicht ausgeschöpft, weil die Frage eines rechtswirksamen Verzichts auf das Trennungsgebot unerörtert blieb. Darüber hinaus muss bereits die Möglichkeit eines solchen Verzichts an die Erörterung der konkreten Pflichtenlage des Haftrichters rückgekoppelt werden: Denn sofern das Trennungsgebot zur Disposition des Abschiebungsgefangenen steht, sind schon im Hinblick auf die an eine dahingehende Einwilligungsmöglichkeit anknüpfende Ausgestaltung der Aufnahmepraxis in den meisten Vollzugsanstalten nur wenige Fallgestaltungen denkbar, in denen der Haftrichter „sehenden Auges den Betroffenen in eine rechtswidrige Vollzugspraxis übergibt“ (so die Formulierung bei Renner/Winkelmann a. a. O., Rn. 13).

e) Hiernach kommt es schon nicht mehr darauf an, dass es selbst bei Annahme einer Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Haftfortdauer im vorliegenden Fall genügt hätte, lediglich die Vollziehung der Sicherungshaft einstweilen auszusetzen (vgl. hierzu auch den Beschluss des BGH vom 19.09.2011 - V ZB 212/11 -). Schließlich braucht es auch nicht mehr vertieft zu werden, ob eine Bindungswirkung des Feststellungsausspruchs der Beschwerdekammer zur (angeblichen) Rechtswidrigkeit des Haftbefehls vom 17.06.2012 von vornherein deshalb ausscheidet, weil für Rechtsbehelfe gegen den Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßnahme grundsätzlich nur der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (vgl. MK-Wendtland, 3. Auflage, Rn. 7, 9 zu § 422 FamFG; Prütting/Helms-Jenissen, 2. Auflage, Rn. 14 zu § 422 FamFG; Renner-Winkelmann a. a. O., Rn. 38 zu § 62 und Rn. 12 zu § 62a AufenthaltsG; Keidel-Budde, 17. Aufl., Rn. 9 zu § 422 FamFG und Rn. 9 zu § 428 FamFG; Wiesneth a. a. O. Rn. 128a).

2. Hinsichtlich der Voraussetzungen eines etwaigen Schadenersatzanspruchs nach den Grundsätzen der Amtshaftung gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG (vgl. hierzu auch BGH NJW 2013, 3176 = VersR 13, 1580, dort Rn. 9ff.) fehlt schon ansatzweise jeder Sachvortrag der Klägerseite.

3. Bei dieser Sachlage ist es auch nicht mehr ausschlaggebend, dass es nach wie vor am Nachweis der bereits in der Klageantwort bestrittenen Aktivlegimitation fehlt, was der Senat im Rahmen seiner Sachprüfung (§ 529 II, 2 ZPO) von Amts wegen zu berücksichtigen hat.

Denn die als Anlage K 1 vorgelegte „Abtretungsvereinbarung“ weist unter dem maschinenschriftlichen Sachtext (mit dem typischen Erscheinungsbild vorformulierter Vertragsbedingungen i. S. d. § 305 I, 1 BGB) in der für die Unterzeichnung der Zedentenseite vorgesehene Unterschriftsleiste lediglich den Schriftzug „T. und daneben die handschriftlichen Orts- bzw. Datumsangabe „Shomolu 4/2/2013 aus. Die von der Beklagtenseite schon in der Klageerwiderung angemeldeten Zweifel an der Echtheit dieser Unterschrift leuchten bereits im Hinblick darauf ein, dass die Betroffene unstreitig bereits am 17.09.2012 ausgereist war. Zudem findet sich in dem die angebliche Unterschrift konstituierenden Schriftzug „Tracf nur der (vermeintliche) Vornamen der Betroffenen wieder (vgl. nur S. 3 der Klage: „Frau L. ...“). Schließlich stehen die angeblichen Eintragungen der „Zedentin“ zu den Rahmenumständen ihrer Unterschriftsleistung, was ebenfalls in der Klageantwort beanstandet wurde, in einem erklärungsbedürftigen Widerspruch dazu, dass die darunter stehende Unterschrift der Klägerin in München und ebenfalls unter dem 04.02.2013 geleistet worden sein soll. Vor dem Hintergrund, dass sich die Betroffene jeder Mitwirkung bei der Feststellung ihrer wahren Identität entzogen hatte, sind auch die ausweichenden Ausführungen in der klägerischen Replik (dort S.2 = Bl.36) von vornherein nicht geeignet, die Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Betroffenen auszuräumen. Was die Klägerin hierzu in der Sache anbietet, ist eine Art „anwaltlicher Versicherung“, die jedoch wegen ihrer mangelnden Substanz noch nicht einmal die Qualität einer Glaubhaftmachung besitzt und erst recht nicht den hier einschlägigen Anforderungen eines Vollbeweises (§ 440 I ZPO) genügt.

Was die Stellungnahme dem entgegenzusetzen versucht, lässt jegliches Bemühen vermissen, die Senatshinweise in rechtlicher oder/und tatsächlicher Hinsicht ernsthaft abzuarbeiten. Sofern sich die Darlegung, die Klägerin habe „das Dokument von der Zedentin in Empfang (genommen) und die Vereinbarung ebenfalls unterzeichnet als ergänzender Sachvortrag versteht, wirft dieser jeder konkreten Festlegung ausweichende Nachbesserungsversuch zusätzliche Fragen auf: So lässt sich beispielsweise die auf eine persönliche Übergabe „des Dokuments“ durch die Mandantin deutende Formulierung schon nicht ohne weiteres in Einklang bringen mit dem Vorbringen auf S. 4 des Ablehnungsgesuchs (= Bl. 135), wonach die Betroffene „längst wieder in Afrika weilen (soll)“.

Nach alledem bleibt es auch dabei, dass es in jeder Hinsicht an einem aus sich heraus nachvollziehbaren Sachvortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerseite dazu fehlt, unter welchen - einer beweismäßigen Klärung zugänglichen - Umständen die vorgelegte Abtretungsurkunde an den Aufenthaltsort der Mandantin übersandt, dort von ihr unterzeichnet sowie wieder an die Klägerin zurückgesandt worden sein soll.

4. Schließlich überzeugt auch das Berufungsvorbringen zur Entschädigungshöhe weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht.

a) Zu Recht hat das Landgericht im rechtlichen Ausgangspunkt darauf abgestellt, dass ein Haftgrund vorlag und - vom Standpunkt der Kammer konsequent - die (angebliche) Rechtswidrigkeit der Haftanordnung ausschließlich mit der Ausgestaltung des nachfolgenden Vollzugs der Abschiebungshaft zusammenhing. Schon aus diesem Grund scheidet, weil es im entscheidenden Punkt an einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, der Entschädigungssatz des § 7 III StrEG als Orientierungsmarke von vornherein aus.

Was die Berufung im Übrigen an den Ausführungen der Kammer beanstandet, lässt bereits die gebotene konkrete Auseinandersetzung in der Sache mit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts vermissen. So blendet auch das Berufungsvorbringen den Umstand aus, dass die Betroffene, weil die Voraussetzungen für eine Abschiebungshaft klar zu Tage lagen, den Grund für ihre Inhaftierung selbst gesetzt hatte. Im Lichte der dargelegten Einordnung kommt entscheidend hinzu, dass die Haftanordnung an sich vollauf der Sach- und Rechtslage entsprach. Die Umstände im Vorfeld der Inhaftierung erlangen noch zusätzlich dadurch Gewicht, dass sich die Betroffene nach ihrer Entlassung aus der Strafhaft erneut illegal im Bundesgebiet aufgehalten hatte und somit im Fall ihrer erneuten strafrechtlichen Verurteilung wieder mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe hätte rechnen müssen. Denn die an sich unumgängliche erneute Strafverfolgung hatte sich lediglich aufgrund der sofort in die Wege geleiteten Ausweisung und Abschiebung erübrigt (§ 154b III StPO). Unter diesem Blickwinkel muss sich also die Klägerseite als weiteren - allein für sich genommen - deutlich anspruchsmindernden Bemessungsfaktor entgegenhalten lassen, dass die hier vollzogene Sicherungshaft - bei wertender Betrachtung - zugleich einen gewissen strafersetzenden Sanktionscharakter hatte.

Die Einwände der Gegenerklärung stehen auch hier nicht in einem (noch) fassbaren Zusammenhang mit anerkannten Einordnungsstandards.

Es geht nicht um eine Prüfung der „haftungsausfüllenden Kausalität“, sondern vielmehr um Feststellungen zur Anspruchshöhe, vorliegend zu bemessungserheblichen Umständen im Vorverhalten der Betroffenen, die geeignet sind, den geltend gemachten Kompensationsbedarf nachhaltig einzuschränken. Inwieweit dieses Bewertungsmoment in die Kategorie des Mitverschuldens fällt, kann offenbleiben; denn ein Rechtssatz des Inhalts, dass im Rahmen des hier geltend gemachten Anspruchs aus Art. 5 V EMRK „kein Raum für ein Mitverschulden ist“, wie die Klägerseite meint, existiert nicht. Dass bei der Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft grundsätzlich Umstände außer Betracht zu bleiben haben, denen Sanktionscharakter zukommt, begründet kein dahingehendes „Verwertungsverbot“ im Rahmen der Feststellungen zur Anspruchshöhe. Mit anderen Worten: Die von der Klägerseite angemahnte Verwertungssperre vermengt in unzulässiger Weise die Rechtmäßigkeitsprüfung einer freiheitsentziehenden Maßnahme (als haftungsbegründender Tatbestand) mit dem in jeder Hinsicht anders strukturierten Feststellungsbedarf auf der Rechtsfolgenseite.

Es bleibt somit festzuhalten: Wer Schmerzensgeld beansprucht, weil er als Abschiebungsgefangener konventionswidrig zusammen mit Strafgefangen untergebracht worden war, muss sich als anspruchsverkürzenden Umstand entgegenhalten lassen, dass seine Inhaftierung - was für die Betroffene seit jeher unstreitig ist - im äußerlichen Zusammenhang mit einer sofort aufgedeckten laufenden Straftat (hier: illegaler Aufenthalt nach dem Untertauchen im Anschluss an eine mehrmonatige Strafhaft) erfolgt war, welche ohne die Abschiebungshaft zwingend eine erneute Strafverfolgung mit Untersuchungs- und anschließender Strafhaft hätte nach sich ziehen müssen.

b) Sodann und insbesondere weicht die Berufung jeder näheren Befassung mit dem hier gebotenen und vom Landgericht auch zutreffend dargelegten Einordnungsmaßstab aus, wonach es wegen der geltend gemachten Nachteile einer konventionswidrigen Unterbringung vorrangig auf diejenigen - konkreten - Beeinträchtigungen anzukommen hat, die der Betroffenen in erster Linie dadurch erwachsen sein können, dass sie nicht von weiblichen Untersuchungs- und Strafgefangenen strikt getrennt

untergebracht worden war. Selbst zu den dazu bemessungserheblichen Umständen lässt jedoch auch die Berufung näheren Sachvortrag vermissen.

In diesem Zusammenhang erschließt sich ein weiteres der geltend gemachten Anspruchshöhe gegenläufiges Bewertungsmoment aus der schriftlich erklärten Einwilligung der Betroffenen in eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen: Unabhängig davon, welche rechtliche Qualität ein solcher Verzicht auf das Trennungsgebot hat, weist die erklärte Einwilligung jedenfalls darauf hin, dass die Mandantin selbst die Ausgestaltung ihrer Haftsituation nicht als unzumutbar empfunden hatte.

Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Durchsetzung einer Forderung aus dem abgetretenen Recht einer im Abtretungszeitpunkt angeblich längst wieder in Afrika wohnenden Betroffenen die einer Schmerzensgeldzahlung zugedachte Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion offenkundig nicht oder nur in einem sehr begrenzten Umfang erfüllen kann, zumal als Rechtsgrund („causa“) einer etwaigen Abtretungsvereinbarung nach Lage der Dinge nur die noch offene Gebührenforderung der Klägerin gegen die Betroffene (vgl. den Kostenausspruch in Ziff. 3 des Beschlusses der Beschwerdekammer vom 19.7.12) in Betracht kommt.

Unter diesen Umständen ist es bereits nicht mehr beurteilungserheblich, dass die Vorstellungen der Klägerseite von einer angemessenen Schmerzensgeldhöhe (nach wie vor) selbst von derjenigen Größenordnung weit entfernt sind, auf die sich inzwischen der monatliche Entschädigungssatz von bis zu 500,00 Euro in den nicht vergleichbaren, weil weitaus gravierendere Grundrechtseingriffe betreffenden Fällen einer überlangen Sicherungsverwahrung „eingependelt“ hat (vgl. etwa OLG Karlsruhe VersR 2013, 316 und hierzu jetzt das Urteil des 3. ZS des BGH vom 13.09.2013 -III ZR 406/12 -).

Nach alledem bewegt sich das vom Landgericht zugebilligte Schmerzensgeld eher an der oberen Grenze des im Streitfall vertretbaren Bemessungsrahmens, der bei Gesamtschau der beurteilungserheblichen Umstände ohne weiteres auch nur einen „Tagessatz“ von (deutlich) unter 10,00 Euro gerechtfertigt hätte.

Kosten: § 97 I ZPO.

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published on 20/09/2017 00:00

Tenor 1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger € 810,00 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Von den Gerichtskosten haben der Kläger 85 % und der Beklagte zu 1) 15 % zu tragen. Der Kläger
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Annotations

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl des Richters angeordnet.

(2) In dem Haftbefehl sind anzuführen

1.
der Beschuldigte,
2.
die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften,
3.
der Haftgrund sowie
4.
die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und der Haftgrund ergibt, soweit nicht dadurch die Staatssicherheit gefährdet wird.

(3) Wenn die Anwendung des § 112 Abs. 1 Satz 2 naheliegt oder der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft, sind die Gründe dafür anzugeben, daß sie nicht angewandt wurde.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, wird mit Rechtskraft wirksam.

(2) Das Gericht kann die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. In diesem Fall wird er wirksam, wenn der Beschluss und die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit

1.
dem Betroffenen, der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem Verfahrenspfleger bekannt gegeben werden oder
2.
der Geschäftsstelle des Gerichts zum Zweck der Bekanntgabe übergeben werden.
Der Zeitpunkt der sofortigen Wirksamkeit ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(3) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, wird von der zuständigen Verwaltungsbehörde vollzogen.

(4) Wird Zurückweisungshaft (§ 15 des Aufenthaltsgesetzes) oder Abschiebungshaft (§ 62 des Aufenthaltsgesetzes) im Wege der Amtshilfe in Justizvollzugsanstalten vollzogen, gelten die §§ 171, 173 bis 175 und 178 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend, soweit in § 62a des Aufenthaltsgesetzes für die Abschiebungshaft nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Bei jeder Verwaltungsmaßnahme, die eine Freiheitsentziehung darstellt und nicht auf richterlicher Anordnung beruht, hat die zuständige Verwaltungsbehörde die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen. Ist die Freiheitsentziehung nicht bis zum Ablauf des ihr folgenden Tages durch richterliche Entscheidung angeordnet, ist der Betroffene freizulassen.

(2) Wird eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 Satz 1 angefochten, ist auch hierüber im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften dieses Buches zu entscheiden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.