Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 08. Juni 2018 - L 1 R 21/16 B

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2018:0608.L1R21.16B.00
bei uns veröffentlicht am08.06.2018

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 28. Oktober 2015 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

2

Der Kläger bezieht eine Rente für Bergleute sowie ergänzend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II). Er lebt mit seinem Sohn in einem Eigenheim. Die Ehefrau des Klägers lebt nicht mit im Haushalt. Sie schloss mit der Allianz einen Vertrag über eine Lebensversicherung ohne Verwertungsausschluss.

3

Der Kläger hat für ein Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Halle (S 8 R 458/12) über Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) am 25. Juni 2012 PKH beantragt. Dabei hat er angegeben, dass er verheiratet ist und seit 2003 getrennt von seiner Ehefrau lebt. Nicht mitgeteilt hat er, dass seine Ehefrau eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte.

4

Auf seinen Antrag hin hat das Sozialgericht ihm zunächst mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 ratenfreie PKH unter Beiordnung von Rechtsanwältin H. bewilligt.

5

Mit Urteil vom 9. Mai 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Am 27. Mai 2015 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenfestsetzung in Höhe von 677,59 EUR beantragt. Das Sozialgericht hat mit Schreiben vom 1. Juli 2015 mitgeteilt, dass es die Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen beabsichtige, und aktuelle Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers abgefordert. Mit Schreiben vom 4. August 2015 hat es darauf hingewiesen, dass sämtliche Angaben zur Ehefrau fehlten. Dabei hat das Sozialgericht aufgrund der Vorlage aktueller Kontoauszüge Kenntnis von der Lebensversicherung der getrennt lebenden Ehefrau erlangt. Mit Schreiben vom 21. September 2015 hat das Sozialgericht weitere Unterlagen über die Lebensversicherung der Ehefrau angefordert. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung hat zum 1. September 2015 6.290,40 Euro betragen.

6

Ohne weitere Anhörung des Klägers hat das Sozialgericht die Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 28. Oktober 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten nicht vorgelegen. Der Kläger habe einen Unterhaltsanspruch gegen seine getrennt lebende Ehefrau. Der Rückkaufswert der Lebensversicherung liege über dem Schonvermögen.

7

Dagegen hat der Kläger am 20. November 2015 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Er beziehe SGB II-Leistungen. Von der Lebensversicherung seiner getrennt lebenden Ehefrau habe er keine Kenntnis gehabt.

8

Der Kläger beantragt,

9

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 28. Oktober 2015 aufzuheben.

10

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens zum Aktenzeichen S 8 R 458/12 und des Prozesskostenhilfeheftes, welche sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

12

Die Beschwerde ist nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden, § 173 SGG.

1.

13

Die Beschwerde ist auch nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2a SGG ausgeschlossen.

14

Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die nachträgliche Aufhebung einer bewilligenden PKH-Entscheidung nach § 73a SGG in Verbindung mit § 124 Zivilprozessordnung (ZPO), die vom Gesetzeswortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2a SGG nicht umfasst wird. Eine entsprechende Anwendung einer den Rechtsschutz ausschließenden Ausnahmeverfahrensvorschrift ist nicht möglich (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2016, L 4 AS 52/16 B; Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B; Bayerisches LSG, Beschluss vom 19. August 2015, L 11 AS 533/15 B PKH). Gegen eine analoge Anwendung dieser Norm spricht bereits, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12 S. 65; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2016, L 4 AS 52/16 B; Bayerisches LSG, Beschluss vom 12. April 2017, L 11 AS 248/17 B PKH). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Beschwerde nur nach dem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen werden. Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber neben der Ablehnung auch die Aufhebung einer PKH-Entscheidung von der Beschwerde ausschließen wollte, sind aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten. Während die Ablehnung lediglich die Nichtgewährung einer erstrebten Rechtsposition bedeutet, führt die Aufhebung zu einem Entzug einer bereits erlangten Rechtsposition und stellt damit den deutlich gravierenderen Eingriff dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, L 3 AL 159/13 B PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2016, L 4 AS 52/16 B).

2.

15

Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat die Bewilligung von PKH zu Unrecht aufgehoben.

a.

16

Das Sozialgericht hat einen Verfahrensverstoß begangen. Es hat den Kläger vor der belastenden Aufhebungsentscheidung nicht angehört. Die gerichtlichen Schreiben vom 1. Juli 2015, 4. August 2015 und vom 21. September 2015 genügen den Anforderungen an eine Anhörung nicht. Aus den Aufforderungen, weitere Unterlagen vorzulegen, hat der Kläger nicht schließen können und müssen, dass das Gericht die Aufhebung der Bewilligung von PKH beabsichtige. Die fehlende Anhörung verstößt gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz sowie § 62 SGG und rechtfertigt grundsätzlich die Aufhebung des Beschlusses (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 62, Rn. 11; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2016, L 4 AS 52/16 B). Ob mit Durchführen des Beschwerdeverfahrens und aufgrund des Vorbringens des Klägers bereits eine Heilung eingetreten ist, kann hier offen bleiben, denn der Beschluss ist bereits aus anderen Gründen aufzuheben.

b.

17

Das Sozialgericht hat bei seiner Aufhebungsentscheidung vom ... 2015 das ihm gebotene Ermessen nicht ausgeübt. Es ist zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung im Sinne der Neufassung des Gesetzes ausgegangen.

18

Dabei kann dahinstehen, ob die Neuregelung des § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in der Fassung ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (BGBl. I, S. 3533) oder § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (so jedenfalls LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2016, L 4 AS 52/16 B) anzuwenden ist.

19

Nach beiden Rechtslagen war Ermessen auszuüben. Nach der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung ergab sich das Ermessen aus dem Wortlaut "kann". In der ab 1. Januar 2014 geltenden Fassung hat der Gesetzgeber den Begriff "kann" durch "soll" ersetzt. Dabei handelt es sich um ein intendiertes Ermessen, welches nur bei Vorliegen besonderer Umstände auszuüben ist (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. November 2017, L 15 AS 322/16). Von einem solchen atypischen Fall ist hier auszugehen. Der Kläger hatte bereits auf seinem Erstantrag auf Bewilligung von PKH am 25. Juni 2012 angegeben, dass er verheiratet ist und von seiner Ehefrau getrennt lebt. Für diesen Fall hätte das Sozialgericht bereits zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 die Vorschrift des § 1361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht ziehen und weitere Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens und Vermögens der Ehefrau durchführen müssen. Nach § 1361 BGB kann bei getrennt lebenden Ehegatten ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. In diesem Unterlassen weiterer Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens und Vermögens der Ehefrau ist ein besonderer Umstand zu sehen. Auf das Nichtheranziehen des Einkommens oder Vermögens der Ehefrau bei der Berechnung seiner Hilfebedürftigkeit wie in der PKH-Bewilligungsentscheidung mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 konnte der Kläger zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung mit Beschluss vom 28. Oktober 2015 vertrauen. Die Frage, wem die unterbliebene Anrechnung der Lebensversicherung zuzurechnen ist - unrichtige Angaben des Klägers oder Unterlassen der gebotenen Ermittlungen durch das Gericht -, hätte im Rahmen der Ermessensausübung durch das Sozialgericht geprüft und die Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Dabei wäre auch die Frage zu klären gewesen, ob § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Fälle erfasst, in denen der Kläger die Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse richtig und vollständig gemacht hat und ob ein solcher Fall hier anzunehmen war. Schließlich hat das Sozialgericht auch nicht ermittelt, ob weitere Freibeträge und Unterhaltsverpflichtungen der Ehefrau (Selbstbehalt) bestanden haben.

20

Das hier gebotene aber unterbliebene Ermessen kann nicht nachgeholt werden. Der Beschluss vom 28. Oktober 2015 war aufzuheben.

3.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

4.

22

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 08. Juni 2018 - L 1 R 21/16 B

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 62


Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 124 Aufhebung der Bewilligung


(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn 1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;2. die Partei ab

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 173


Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1361 Unterhalt bei Getrenntleben


(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheit

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bei uns veröffentlicht am 29.08.2014

Tenor Auf die Beschwerden des Klägers werden die beiden Beschlüsse des Sozialgerichts Halle vom 29. April 2014 (L 2 AS 226/14 B und L 2 AS 227/14 B) und die drei Beschlüsse vom 30. April 2014 (L 2 AS 228/14 B, L 2 AS 229/14 B und L 2 AS 230/14 B)

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Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Beschlusses mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

2

Am 2. Oktober 2012 hat der Kläger in einem Verfahren auf höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (S 4 AS 2400/12). Auf seinen Antrag hin hat das SG ihm mit Beschluss vom 2. Januar 2013 ratenfreie PKH bewilligt.

3

Mit Urteil vom 15. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Am 14. September 2015 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenfestsetzung in Höhe von 610,59 EUR beim SG beantragt. Die zuständige Urkundsbeamtin des SG hat in einem Vermerk vom 4. Dezember 2015 festgestellt, dass der Kläger über Vermögen verfüge und daher die PKH-Bewilligung aufzuheben sei. Ohne Anhörung des Klägers hat das SG die Bewilligung von PKH mit richterlichem Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufgehoben und zur Begründung auf die Sollvorschrift des § 124 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen.

4

Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Das SG hätte § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aF (bis zum 31. Dezember 2013) anwenden müssen. Darin ergebe sich schon aus dem Wortlaut ("kann") die Pflicht, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die damit verbundene Abwägung habe das SG nicht vorgenommen. Die PKH-Unterlagen seien bereits mit Klageerhebung eingereicht worden. Von daher hätte dem SG zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt sein müssen, dass der Kläger über eine Rentenversicherung mit Guthaben verfügt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht gerechtfertigt, da das Gericht offenbar die unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu verschiedenen Zeitpunkten nur unterschiedlich bewerte.

5

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

6

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

7

Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß ebenfalls,

8

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

9

Der Beschwerdegegner hat ausgeführt: Gemäß § 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (ZPOEG) unterliege die Prüfung der Aufhebung der PKH der Gesetzeslage vor dem 31. Dezember 2013. Daher sei § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 – 127 ZPO a.F. anzuwenden. Das SG habe es versäumt, den Kläger anzuhören. Überdies sei nicht von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Geändert habe sich lediglich die Bewertung des Schonvermögens durch das Gericht. Es lägen daher keine unrichtigen Angaben der Partei vor, die eine Aufhebung rechtfertigen könnte. Entgegen der Rechtsauffassung des 2. Senats des LSG im Beschluss vom 29. August 2014, L 4 AS 226/14 B (juris) komme es zudem auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung von Alt- oder Neuverfahren nicht an, so dass trotz eines sog. Altfalles im konkreten Fall § 73a SGG n.F. anzuwenden sei. Hiernach hätte zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und nicht allein der Richter eine Entscheidung in dieser Sache treffen müssen. Die Beschwerdemöglichkeit sei daher in jedem Fall gegeben.

II.

10

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die nachträgliche Aufhebung einer bewilligten PKH-Entscheidung, die vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst wird. Eine entsprechende Anwendung einer den Rechtsschutz ausschließenden Ausnahmeverfahrensvorschrift ist nicht möglich (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. August 2015, L 11 AS 533/15 B PKH, juris). Gegen eine analoge Anwendung dieser Norm spricht bereits, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12 S. 65; so Bayerisches Landessozialgericht a.a.O.). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Beschwerde nur nach dem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen werden. Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber neben der Ablehnung auch die Aufhebung einer PKH-Entscheidung von der Beschwerde ausschließen wollte, sind aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241)). Dem Gesetzgeber ist der der wesentliche Unterschied zwischen Ablehnung und Aufhebung von PKH sicherlich bewusst gewesen. Während die Ablehnung lediglich die Nichtgewährung einer erstrebten Rechtsposition bedeutet, führt die Aufhebung zu einem Entzug einer bereits erlangten Rechtsposition und stellt damit den deutlich gravierenden Eingriff dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, L 3 AL 159/13 B PKH, juris).

11

Die Beschwerde ist auch nicht nach § 73a Abs. 8 SGG unstatthaft. Danach kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, welches endgültig entscheidet. § 73a SGG ist bei der Prüfung von PKH-Verfahren die speziellere Norm, was § 172 Abs. 1 SGG mit der Formulierung "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist" auch ausdrücklich klarstellt.

12

Entnimmt man aus dem Wortlaut "endgültig" im Sinne des § 73a Abs. 8 SGG eine generelle Ausschlussnorm weiterer Rechtsmittel (so grundsätzlich Sächsisches Landessozialgericht im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris), entstünde gerade mit Blick auf die Aufhebung von PKH-Entscheidungen im Vergleich zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine problematische Rechtsschutzlücke. Nach § 73a Abs. 8 SGG entscheidet das Gericht endgültig über die Erinnerung. Hat der Urkundsbeamte daher eine Entscheidung nach § 73a Abs. 4, 5 SGG getroffen, die auch die Aufhebung einer PKH nach § 124 ZPO betreffen kann, müsste eine Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung des Sozialgerichtes "an sich" unstatthaft sein. Diese notwendige Konsequenz zieht das Sächsische LSG (a.a.O) bei PKH-Aufhebungen jedoch nicht, sondern verweist auf die beschränkte Prüfungskompetenz des Urkundsbeamten in diesen Fällen. Überzeugender ist es jedoch, eine teleologische Reduktion des § 73a Abs. 8 SGG vorzunehmen, um gesetzgeberisch ungewollte Wertungswidersprüche zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auszuschließen. Der Beschwerdeausschluss des § 73a Abs. 8 SGG darf nicht weiter gehen als in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241) unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drs. 17/11472, S. 48). Dem folgt im Ergebnis zu Recht auch die sozialrechtliche Literatur (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 12 b; Littmann in Lüdtke, SGG 4, Auflage 2012, zu § 73a Rdn 24 sowie Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 zu § 73a Rdn 90) und hält die Beschwerde bei PKH-Aufhebungen generell für statthaft.

13

Diese Frage hat der 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B (juris), noch offengelassen, aber die Ansicht vertreten, dass für Altverfahren (bis 31. Dezember 2013) sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich stets das alte Recht anzuwenden sei. Gemäß § 40 ZPOEG finde auf laufende Verfahren noch das alte (bis zum 31. Dezember 2013 geltende) materielle Recht der §§ 114-127 ZPO Anwendung. Damit gälten nach dem gesetzgeberischen Willen auch die veränderten verfahrensrechtlichen Regelungen des § 73a Abs. 4 bis 9 SGG erst für Neuverfahren (so auch Straßfeld, SGb 2014 176 (177)). Die geänderten materiell-rechtlichen Regelungen und auch die neuen verfahrensrechtlichen Regelungen seien nur auf PKH-Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 im jeweiligen Rechtszug gestellt worden seien.

14

Diese Auffassung führt verfahrensrechtlich zu erheblichen Verunsicherungen und unterläuft den gesetzgeberischen Zweck der geschaffenen Neureglungen in § 73a SGG. Der Kostenbeamte der Geschäftsstelle muss schließlich bei Altverfahren – entgegen der an sich geltenden neuen Regelungen in § 73a SGG – keine eigene, mit der Erinnerung angreifbare Entscheidung treffen. Dies zeigt exemplarisch gerade der vorliegende Fall. Das gesetzgeberische Ziel war es, mit der Neuregelung des § 73a SGG gerade in den Fällen der Absätze 4 bis 9 den Richter zu entlasten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 6i). Dieses Ziel würde für sog. Altfälle unterlaufen. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt kann daher nicht gefolgt werden.

15

Die Übergangsregelung des § 40 ZPOEG hat im sozialgerichtlichen Verfahren keine verfahrensrechtliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber hat zwischen den materiell-rechtlichen, in den §§ 114 bis 127 ZPO verankerten Regelungen (wohl nur hierauf bezieht sich der in der o. g. Entscheidung herangezogene Hinweis bei Straßfeld, SGb 2014, 176) und den verfahrensrechtlichen Neuerungen (hier vor allem die Übertragung bestimmter Entscheidungen auf den Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG) sehr wohl unterschieden. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der eigenen Regelung über das Inkrafttreten der Änderungen in Art. 20 PKH/BerHÄndG, die zudem ursprünglich ein abweichendes Inkrafttreten u.a. der Änderungen des SGG in Art. 20 Satz 2 PKH/BerHÄndG (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012, BT-Drs. 17/11472, Seiten 15, 52) vorsah und erst auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages (vgl. den Bericht vom 15.05.2013, BT-Drs. 17/13538, Seiten 23, 29) vereinheitlicht wurde. Für einen Gleichlauf der materiell-rechtlichen und prozessualen Änderungen besteht daher weder in systematischer Hinsicht noch aus der den Gesetzesmaterialien abgeleiteten Intention des Gesetzgebers ein Bedürfnis (so auch Sächsisches Landessozialgerichts im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris).

16

Der Ansicht des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. ist weiter entgegenzuhalten, dass – wie er selbst ausführt – sich eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf alle anhängigen Verfahren auswirkt. Wird das Prozessrecht im laufenden gerichtlichen Verfahren geändert, so richtet sich das anzuwendende Recht nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Danach ist eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf anhängige Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzgebers festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011, B 8 SO 18/09 R, juris). Nur in Fällen eines konkreten Rechtsnachteils der betroffenen Prozessbeteiligten darf aus Gründen der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes von diesem verfahrensrechtlichen Grundsatz abgewichen werden. Es ist hier nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit für eine Differenzierung von Alt- und Neufällen gesehen hat. Auch hat der 2. Senat des LSG Sachsen-Anhalt (a.a.O.) nicht nachvollziehbar begründet, worin der verfahrensrechtliche Rechtsnachteil bei Anwendung des § 73a SGG n.F. für Altfälle bestehen soll. Ein schutzwürdiger Nachteil der Prozessbeteiligten ist bei einer PKH-Aufhebung in sog. Altfällen auch nicht festzustellen. Die Neuregelung der §§ 73a Abs. 4 bis 9 SGG n.F. führt im Gegenteil sogar zu einer verfahrensrechtlich verbesserten Position, da jetzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle eine eigenständige Entscheidung treffen muss. Der von einer PKH-Aufhebung Betroffene hat dann nicht nur das eigenständige Erinnerungsrecht, sondern gegen die richterliche Entscheidung auch das weitere Beschwerderecht. Die Neuregelung des § 73a SGG begründet daher verfahrensrechtlich bei PKH-Aufhebungen keinen Rechtsnachteil der Prozessbeteiligten bei Altfällen, so dass kein Grund besteht, von der verfahrensrechtlichen Grundregel abzuweichen. § 73a SGG n.F. ist daher auch auf sog. Altfälle anzuwenden. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt ist daher nicht zu folgen.

17

Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

18

Das SG hat einen beachtlichen und entscheidungserheblichen Verfahrensverstoß dadurch gegangen, dass es den Kläger vor der belastenden Aufhebungsentscheidung nicht angehört hat. Dies verstößt gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und rechtfertigt bereits allein die Aufhebung des Beschlusses.

19

Auch sonst lagen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG darf nicht die Neuregelung des § 124 Nr. 3 ZPO n.F. ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 angewandt werden (§ 40 EGZPO). Nach dem vielmehr anzuwendenden § 124 Nr. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ab dem 1. Januar 2014 § 124 Nr. 3 ZPO n.F.) "kann" das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben. In seiner Begründung ist das SG daher zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung im Sinne der Neufassung des Gesetzes ausgegangen und hat folgerichtig, jedoch fehlerhaft, keine Ermessenserwägungen angestellt. Auch dies rechtfertigt die Aufhebung des Beschlusses. Fraglich ist auch, ob ein bloßer Rechtsirrtum bzw. eine später abweichende Beurteilung des Gerichts bei unveränderten Tatsachen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen allein genügen kann, um eine PKH-Aufhebung zu rechtfertigen. Dagegen könnten gewichtige Vertrauensschutzinteressen sprechen, die einer denkbaren Aufhebungsentscheidung entgegenstehen.

20

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


Tenor

Auf die Beschwerden des Klägers werden die beiden Beschlüsse des Sozialgerichts Halle vom 29. April 2014 (L 2 AS 226/14 B und L 2 AS 227/14 B) und die drei Beschlüsse vom 30. April 2014 (L 2 AS 228/14 B, L 2 AS 229/14 B und L 2 AS 230/14 B) aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich in fünf Verfahren gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung.

2

Für fünf Verfahren wegen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bewilligte das Sozialgericht Halle (SG) dem Kläger mit Beschlüssen vom 4. Dezember 2013 Prozesskostenhilfe mit einer monatlichen Ratenzahlungsverpflichtung. Die monatliche Ratenzahlungsverpflichtung betrug im Verfahren L 2 AS 226/14 B 135 EUR. In den anderen Verfahren wurden die jeweiligen Ratenzahlungen der anderen Verfahren als Belastungen zusätzlich berücksichtigt. Hieraus ergab sich im Verfahren L 2 AS 227/14 B eine Ratenhöhe von 75 EUR, im Verfahren L 2 AS 228/14 B von 60 EUR, im Verfahren L 2 AS 229/14 B von 30 EUR und im Verfahren L 2 AS 230/14 B ebenfalls von 30 EUR. Der am ... 1986 geborene Kläger, der bei seiner Mutter wohnt, hatte eine pauschale Miete ohne Mietvertrag in Höhe von 200 EUR angegeben. Der Kläger erzielte ein monatliches Einkommen in Höhe von 350 EUR (ohne Abzüge) und erhielt Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 663 EUR. Einen Nachweis für die Mietkosten erbrachte er auf Aufforderung des SG nicht. Bei der Berechnung der Ratenhöhe berücksichtigte die Kammervorsitzende keine Wohnkosten.

3

Jeweils mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 teilte die Kostenbeamtin dem Kläger die Kontoverbindung mit, auf welche er die fälligen Raten ab 1. Januar 2014 zu zahlen habe. Mit Schreiben ebenfalls vom 13. Dezember 2013 stellte der Kläger einen Antrag, die Raten herabzusetzen. Er legte eine eidesstattliche Versicherung vom 25. September 2013 vor, wonach er seit ca. sechs Monaten monatlich 200,00 EUR als Miete in bar an seine Mutter zahle. Die Kammervorsitzende des SG forderte den Kläger ohne Fristsetzung dazu auf, die behaupteten Mietkosten in geeigneter Form nachzuweisen. Er möge mitteilen, wann er die Miete jeweils gezahlt habe und ggf. Quittungen über die Zahlungen vorlegen. Zudem solle er Kontoauszüge der letzten sechs Monate vorlegen. Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 wurde der Kläger vom SG darauf hingewiesen, dass er die jeweilige zum 1. Januar 2014 fällige Rate für die Prozesskostenhilfe nicht gezahlt habe. Die Raten seien bis zu einer Entscheidung über die Abänderung zum jeweiligen Fälligkeitstermin zu zahlen. Mit Schreiben vom 9. April 2014 teilte das SG mit, dass beabsichtigt sei, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung aufzuheben, da der Kläger länger als drei Monate mit der Zahlung seiner Monatsraten in Verzug sei. Der Kläger verwies in der Stellungnahme seiner Prozessbevollmächtigten darauf, dass ein Antrag auf Herabsetzung der Ratenzahlung noch nicht beschieden sei. Solange über diesen Antrag noch nicht entschieden sei, gehe er davon aus, dass jedenfalls die Raten nicht zu zahlen seien, zumal die Wohnkosten nachgewiesen worden seien.

4

Mit Beschlüssen vom 29. April 2014 bzw. 30. April 2014 hat das SG die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für den Kläger durch die Beschlüsse vom 4. Dezember 2013 jeweils aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger sei trotz einer Aufforderung zur Zahlung und eines Hinweises über die Rechtsfolgen länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Verzug (§ 124 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung - ZPO). Hieran ändere der Antrag des Klägers auf Herabsetzung seiner Raten nichts. Zum einen sei der Kläger bis zur Entscheidung über diesen Antrag weiterhin verpflichtet, seine Raten zu zahlen, zum anderen habe der Kläger eine wesentliche Änderung nicht glaubhaft gemacht. So sei er der gerichtlichen Aufforderung vom 19. Dezember 2013 nicht nachgekommen.

5

Gegen die am 5. Mai 2014 an seine Prozessbevollmächtigte zugestellten Beschlüsse hat der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 19. Mai 2014 jeweils Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus: Er habe rechtzeitig einen Antrag auf Herabsetzung der Raten gestellt. Wenn ein Anspruch auf eine Herabsetzung der Raten bestehe, könne die Bewilligung nicht mit der Begründung aufgehoben werden, es seien keine Raten bezahlt worden. Außerdem habe das Gericht in allen Verfahren Raten angeordnet und nicht berücksichtigt, dass diese Raten für die Folgesachen berücksichtigt werden müssten.

6

Der Beschwerdegegner hat ausgeführt, dass die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nach der alten hier anwendbaren Fassung der ZPO vor dem 1. Januar 2014 nicht zu beanstanden sei. Im Übrigen wäre der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gem. § 73a Abs. 5 SGG zuständig und die Kammervorsitzende habe nach § 73a Abs. 8 SGG endgültig zu entscheiden gehabt.

7

Für weitere Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

8

Die Beschwerden sind form- und fristgerecht eingelegt. Sie sind auch statthaft.

9

Gem. § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Ein solcher gesetzlich geregelte Ausnahmefall liegt nicht vor. Insbesondere greift nicht der Ausnahmefall nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 a) SGG. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Aufhebung der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe wird von dem Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst. Eine erweiternde Auslegung der Ausnahmeregelung dahingehend, dass auch die Aufhebung der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe erfasst werden soll, ist nicht gerechtfertigt (ebenso LSG NRW, Beschluss vom 12. Mai 2014 – L 9 AL 123/14 B – zitiert nach juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 172 Rn. 6h m. w. N.). Der Entzug der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe ist nicht vergleichbar mit der Ablehnung der Prozesskostenhilfe (insofern scheidet auch der Ausnahmefall nach § 172 Abs. 3 Nr. 2b SGG aus). Eine analoge Anwendung einer solchen Ausnahmevorschrift, die den Rechtsschutz des Antragstellers beschränkt, scheidet aus.

10

Es greift auch nicht ein etwaiger Beschwerdeausschluss nach § 73a Abs. 8 SGG i. d. Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskosten- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (PKH/BerHÄndG) ab dem 1. Januar 2014. Danach kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, welches endgültig entscheidet. Es braucht hier nicht diskutiert zu werden, ob § 73a Abs. 8 SGG einen Beschwerdeausschluss begründet und wenn dies bejaht wird, ob eventuell bei einer direkten Entscheidung des Richters nach § 73a Abs. 6 SGG (Rückholrecht) ein solcher nicht greift. Denn die betreffende Gesetzesfassung ab dem 1. Januar 2014 ist für das vorliegende Verfahren schon nicht anwendbar. Eine gesonderte Übergangsregelung gibt es für die Neuregelung des § 73a SGG nicht. Nach Art. 20 des PKH/BerHÄndG tritt das Gesetz am 1. Januar 2014 in Kraft. Eine Übergangsregelung im PKH/BerHÄndG, dass die Neufassung von § 73a SGG nur für Neuanträge ab dem 1. Januar 2014 gilt, findet sich nicht. Die gesonderte Übergangsregelung in Art. 5 PKH/BerHÄndG (§ 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der ZivilprozessordnungZPOEG) bestimmt nur, dass die Bestimmungen der §§ 114-127 ZPO in der Fassung bis zum 31. Dezember 2013 anwendbar sind, wenn ein Beteiligter vor dem 1. Januar 2014 für einen Rechtszug Prozesskostenhilfe beantragt hat. Sie betrifft nicht die verfahrensrechtlichen Vorschriften in § 73a SGG. Wird ein Gesetz mit prozessverfahrensrechtlichem Inhalt während des gerichtlichen Verfahrens geändert, so richtet sich der zeitliche Anwendungsbereich des Gesetzes nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Danach ist eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf anhängige Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzes festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011 – B 8 SO 18/09 R – Rn. 13, zitiert nach juris). Enthält das Verfahrensrecht nicht nur bloße ordnungsrechtliche technische Prozessführungsregelungen, sondern wirkt es auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage ein, in der sich der Beteiligte befindet, so sind die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Prüfungsmaßstab (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 37/00 R – zitiert nach juris). Hier lässt sich aus dem Gesetz durch die Verweisungstechnik des Gesetzgebers ableiten, dass auch die verfahrensrechtlichen Regelungen in § 73a SGG erst für Neuverfahren (PKH-Antrag nach dem 1. Januar 2014) gelten sollen. Die veränderte Entscheidungszuständigkeit in § 73a Abs. 5 SGG bezieht sich auf die Vorschriften der ZPO in der ab dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung. So wird in Abs. 5 auf die Neuregelung in § 120a ZPO bzw. die geänderte Fassung im § 124 ZPO Bezug genommen. D. h. für die Prüfung dieser neuen materiell-rechtlichen Voraussetzungen hat der Gesetzgeber veränderte Verfahrensregelungen getroffen. Da – wie dargestellt – nach § 40 ZPOEG auf laufende Verfahren noch das alte (bis zum 31. Dezember 2013 geltende) materielle Recht der §§ 114-127 ZPO Anwendung findet, gelten im Ergebnis auch die veränderten verfahrensrechtlichen Regelungen des § 73a Abs. 4 bis 9 SGG erst für Neuverfahren (so auch Straßfeld, SGb 2014, 176). Es finden daher sowohl die geänderten materiell-rechtlichen Regelungen als auch die verfahrensrechtlichen Regelungen erst auf PKH-Anträge Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 im jeweiligen Rechtszug gestellt worden sind.

11

Die Beschwerden sind auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung lagen nicht vor. Anwendung findet § 124 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ab dem 1. Januar 2014 § 124 Nr. 5 ZPO). Entgegen der Ansicht des SG kann – wie bereits dargestellt – nicht die Neuregelung des § 124 ZPO ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 angewandt werden (§ 40 ZPOEG). Nach der maßgeblichen Fassung des § 124 Nr. 4 ZPO a. F. kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand ist. Der Kläger ist mit der Zahlung der am 1. Januar 2014 fälligen Raten für länger als drei Monate in Rückstand. Er hat die betreffenden Raten bis heute nicht bezahlt. Ihm ist auch mitgeteilt worden, auf welches Konto er die Raten zu zahlen hat und er ist auf die Rückstände sowie die Rechtsfolge der Aufhebung der Bewilligung hingewiesen worden.

12

Die Aufhebungsvoraussetzungen lagen jedoch gleichwohl nicht vor, weil noch nicht abschließend beurteilt werden konnte, ob der Kläger den Rückstand auch zu vertreten hat, oder ob er zur Zahlung nicht in der Lage war, bzw. weil ein Abänderungsantrag auf Aufhebung der Ratenzahlungsverpflichtung noch nicht verbeschieden war. Hat die Partei den Rückstand nicht zu vertreten, weil sie im fraglichen Zeitraum zur Ratenzahlung nicht in der Lage war oder ihr PKH ohne Ratenzahlung hätte bewilligt werden müssen, wenn sie diese zu diesem Zeitpunkt beantragt hätte, dann darf die PKH-Bewilligung nicht aufgehoben werden (Zöller-Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 124 Rn. 18 m. w. N.). Der Kläger hatte bereits im Dezember 2013, also bereits vor der Fälligkeit der Rate im Januar 2014, einen Abänderungsantrag gestellt. Würde seinem Abänderungsantrag stattgegeben und die Mietzahlung in Höhe von 200 EUR berücksichtigt, würde die Ratenzahlungsverpflichtung bereits ab dem Antragsdatum (Dezember 2013) entfallen. Dann wäre der Kläger auch nicht in Rückstand mit den Raten gekommen. Dadurch dass das SG bereits vor der Entscheidung über den Abänderungsantrag die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben hat, geht der Antrag nach § 120 Abs. 4 ZPO ins Leere. Die Möglichkeit, berechtigt die Herabsetzung der Raten zu verlangen, ist dem Kläger damit genommen worden.

13

Die Aufhebungsentscheidung des SG ist auch deshalb rechtswidrig, weil das SG kein Ermessen ausgeübt hat – aus seiner Sicht war das konsequent, da es die Fassung der Vorschrift ab dem 1. Januar 2014 zugrunde gelegt hat, wonach kein Ermessenspielraum mehr besteht. Nach der Regelung bis zum 31. Dezember 2013 handelte es sich um eine Ermessensentscheidung "kann aufheben". Im vorliegenden Fall hätte besonderer Anlass zu Ermessenserwägungen bestanden, weil noch ein Abänderungsantrag zu prüfen war.

14

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind in entsprechender Anwendung von § 127 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 73a SGG nicht zu erstatten.

15

Dieser Beschluss kann nicht mit einer Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).


Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Beschlusses mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

2

Am 2. Oktober 2012 hat der Kläger in einem Verfahren auf höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (S 4 AS 2400/12). Auf seinen Antrag hin hat das SG ihm mit Beschluss vom 2. Januar 2013 ratenfreie PKH bewilligt.

3

Mit Urteil vom 15. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Am 14. September 2015 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenfestsetzung in Höhe von 610,59 EUR beim SG beantragt. Die zuständige Urkundsbeamtin des SG hat in einem Vermerk vom 4. Dezember 2015 festgestellt, dass der Kläger über Vermögen verfüge und daher die PKH-Bewilligung aufzuheben sei. Ohne Anhörung des Klägers hat das SG die Bewilligung von PKH mit richterlichem Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufgehoben und zur Begründung auf die Sollvorschrift des § 124 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen.

4

Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Das SG hätte § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aF (bis zum 31. Dezember 2013) anwenden müssen. Darin ergebe sich schon aus dem Wortlaut ("kann") die Pflicht, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die damit verbundene Abwägung habe das SG nicht vorgenommen. Die PKH-Unterlagen seien bereits mit Klageerhebung eingereicht worden. Von daher hätte dem SG zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt sein müssen, dass der Kläger über eine Rentenversicherung mit Guthaben verfügt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht gerechtfertigt, da das Gericht offenbar die unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu verschiedenen Zeitpunkten nur unterschiedlich bewerte.

5

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

6

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

7

Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß ebenfalls,

8

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

9

Der Beschwerdegegner hat ausgeführt: Gemäß § 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (ZPOEG) unterliege die Prüfung der Aufhebung der PKH der Gesetzeslage vor dem 31. Dezember 2013. Daher sei § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 – 127 ZPO a.F. anzuwenden. Das SG habe es versäumt, den Kläger anzuhören. Überdies sei nicht von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Geändert habe sich lediglich die Bewertung des Schonvermögens durch das Gericht. Es lägen daher keine unrichtigen Angaben der Partei vor, die eine Aufhebung rechtfertigen könnte. Entgegen der Rechtsauffassung des 2. Senats des LSG im Beschluss vom 29. August 2014, L 4 AS 226/14 B (juris) komme es zudem auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung von Alt- oder Neuverfahren nicht an, so dass trotz eines sog. Altfalles im konkreten Fall § 73a SGG n.F. anzuwenden sei. Hiernach hätte zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und nicht allein der Richter eine Entscheidung in dieser Sache treffen müssen. Die Beschwerdemöglichkeit sei daher in jedem Fall gegeben.

II.

10

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die nachträgliche Aufhebung einer bewilligten PKH-Entscheidung, die vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst wird. Eine entsprechende Anwendung einer den Rechtsschutz ausschließenden Ausnahmeverfahrensvorschrift ist nicht möglich (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. August 2015, L 11 AS 533/15 B PKH, juris). Gegen eine analoge Anwendung dieser Norm spricht bereits, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12 S. 65; so Bayerisches Landessozialgericht a.a.O.). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Beschwerde nur nach dem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen werden. Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber neben der Ablehnung auch die Aufhebung einer PKH-Entscheidung von der Beschwerde ausschließen wollte, sind aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241)). Dem Gesetzgeber ist der der wesentliche Unterschied zwischen Ablehnung und Aufhebung von PKH sicherlich bewusst gewesen. Während die Ablehnung lediglich die Nichtgewährung einer erstrebten Rechtsposition bedeutet, führt die Aufhebung zu einem Entzug einer bereits erlangten Rechtsposition und stellt damit den deutlich gravierenden Eingriff dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, L 3 AL 159/13 B PKH, juris).

11

Die Beschwerde ist auch nicht nach § 73a Abs. 8 SGG unstatthaft. Danach kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, welches endgültig entscheidet. § 73a SGG ist bei der Prüfung von PKH-Verfahren die speziellere Norm, was § 172 Abs. 1 SGG mit der Formulierung "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist" auch ausdrücklich klarstellt.

12

Entnimmt man aus dem Wortlaut "endgültig" im Sinne des § 73a Abs. 8 SGG eine generelle Ausschlussnorm weiterer Rechtsmittel (so grundsätzlich Sächsisches Landessozialgericht im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris), entstünde gerade mit Blick auf die Aufhebung von PKH-Entscheidungen im Vergleich zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine problematische Rechtsschutzlücke. Nach § 73a Abs. 8 SGG entscheidet das Gericht endgültig über die Erinnerung. Hat der Urkundsbeamte daher eine Entscheidung nach § 73a Abs. 4, 5 SGG getroffen, die auch die Aufhebung einer PKH nach § 124 ZPO betreffen kann, müsste eine Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung des Sozialgerichtes "an sich" unstatthaft sein. Diese notwendige Konsequenz zieht das Sächsische LSG (a.a.O) bei PKH-Aufhebungen jedoch nicht, sondern verweist auf die beschränkte Prüfungskompetenz des Urkundsbeamten in diesen Fällen. Überzeugender ist es jedoch, eine teleologische Reduktion des § 73a Abs. 8 SGG vorzunehmen, um gesetzgeberisch ungewollte Wertungswidersprüche zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auszuschließen. Der Beschwerdeausschluss des § 73a Abs. 8 SGG darf nicht weiter gehen als in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241) unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drs. 17/11472, S. 48). Dem folgt im Ergebnis zu Recht auch die sozialrechtliche Literatur (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 12 b; Littmann in Lüdtke, SGG 4, Auflage 2012, zu § 73a Rdn 24 sowie Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 zu § 73a Rdn 90) und hält die Beschwerde bei PKH-Aufhebungen generell für statthaft.

13

Diese Frage hat der 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B (juris), noch offengelassen, aber die Ansicht vertreten, dass für Altverfahren (bis 31. Dezember 2013) sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich stets das alte Recht anzuwenden sei. Gemäß § 40 ZPOEG finde auf laufende Verfahren noch das alte (bis zum 31. Dezember 2013 geltende) materielle Recht der §§ 114-127 ZPO Anwendung. Damit gälten nach dem gesetzgeberischen Willen auch die veränderten verfahrensrechtlichen Regelungen des § 73a Abs. 4 bis 9 SGG erst für Neuverfahren (so auch Straßfeld, SGb 2014 176 (177)). Die geänderten materiell-rechtlichen Regelungen und auch die neuen verfahrensrechtlichen Regelungen seien nur auf PKH-Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 im jeweiligen Rechtszug gestellt worden seien.

14

Diese Auffassung führt verfahrensrechtlich zu erheblichen Verunsicherungen und unterläuft den gesetzgeberischen Zweck der geschaffenen Neureglungen in § 73a SGG. Der Kostenbeamte der Geschäftsstelle muss schließlich bei Altverfahren – entgegen der an sich geltenden neuen Regelungen in § 73a SGG – keine eigene, mit der Erinnerung angreifbare Entscheidung treffen. Dies zeigt exemplarisch gerade der vorliegende Fall. Das gesetzgeberische Ziel war es, mit der Neuregelung des § 73a SGG gerade in den Fällen der Absätze 4 bis 9 den Richter zu entlasten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 6i). Dieses Ziel würde für sog. Altfälle unterlaufen. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt kann daher nicht gefolgt werden.

15

Die Übergangsregelung des § 40 ZPOEG hat im sozialgerichtlichen Verfahren keine verfahrensrechtliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber hat zwischen den materiell-rechtlichen, in den §§ 114 bis 127 ZPO verankerten Regelungen (wohl nur hierauf bezieht sich der in der o. g. Entscheidung herangezogene Hinweis bei Straßfeld, SGb 2014, 176) und den verfahrensrechtlichen Neuerungen (hier vor allem die Übertragung bestimmter Entscheidungen auf den Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG) sehr wohl unterschieden. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der eigenen Regelung über das Inkrafttreten der Änderungen in Art. 20 PKH/BerHÄndG, die zudem ursprünglich ein abweichendes Inkrafttreten u.a. der Änderungen des SGG in Art. 20 Satz 2 PKH/BerHÄndG (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012, BT-Drs. 17/11472, Seiten 15, 52) vorsah und erst auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages (vgl. den Bericht vom 15.05.2013, BT-Drs. 17/13538, Seiten 23, 29) vereinheitlicht wurde. Für einen Gleichlauf der materiell-rechtlichen und prozessualen Änderungen besteht daher weder in systematischer Hinsicht noch aus der den Gesetzesmaterialien abgeleiteten Intention des Gesetzgebers ein Bedürfnis (so auch Sächsisches Landessozialgerichts im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris).

16

Der Ansicht des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. ist weiter entgegenzuhalten, dass – wie er selbst ausführt – sich eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf alle anhängigen Verfahren auswirkt. Wird das Prozessrecht im laufenden gerichtlichen Verfahren geändert, so richtet sich das anzuwendende Recht nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Danach ist eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf anhängige Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzgebers festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011, B 8 SO 18/09 R, juris). Nur in Fällen eines konkreten Rechtsnachteils der betroffenen Prozessbeteiligten darf aus Gründen der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes von diesem verfahrensrechtlichen Grundsatz abgewichen werden. Es ist hier nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit für eine Differenzierung von Alt- und Neufällen gesehen hat. Auch hat der 2. Senat des LSG Sachsen-Anhalt (a.a.O.) nicht nachvollziehbar begründet, worin der verfahrensrechtliche Rechtsnachteil bei Anwendung des § 73a SGG n.F. für Altfälle bestehen soll. Ein schutzwürdiger Nachteil der Prozessbeteiligten ist bei einer PKH-Aufhebung in sog. Altfällen auch nicht festzustellen. Die Neuregelung der §§ 73a Abs. 4 bis 9 SGG n.F. führt im Gegenteil sogar zu einer verfahrensrechtlich verbesserten Position, da jetzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle eine eigenständige Entscheidung treffen muss. Der von einer PKH-Aufhebung Betroffene hat dann nicht nur das eigenständige Erinnerungsrecht, sondern gegen die richterliche Entscheidung auch das weitere Beschwerderecht. Die Neuregelung des § 73a SGG begründet daher verfahrensrechtlich bei PKH-Aufhebungen keinen Rechtsnachteil der Prozessbeteiligten bei Altfällen, so dass kein Grund besteht, von der verfahrensrechtlichen Grundregel abzuweichen. § 73a SGG n.F. ist daher auch auf sog. Altfälle anzuwenden. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt ist daher nicht zu folgen.

17

Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

18

Das SG hat einen beachtlichen und entscheidungserheblichen Verfahrensverstoß dadurch gegangen, dass es den Kläger vor der belastenden Aufhebungsentscheidung nicht angehört hat. Dies verstößt gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und rechtfertigt bereits allein die Aufhebung des Beschlusses.

19

Auch sonst lagen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG darf nicht die Neuregelung des § 124 Nr. 3 ZPO n.F. ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 angewandt werden (§ 40 EGZPO). Nach dem vielmehr anzuwendenden § 124 Nr. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ab dem 1. Januar 2014 § 124 Nr. 3 ZPO n.F.) "kann" das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben. In seiner Begründung ist das SG daher zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung im Sinne der Neufassung des Gesetzes ausgegangen und hat folgerichtig, jedoch fehlerhaft, keine Ermessenserwägungen angestellt. Auch dies rechtfertigt die Aufhebung des Beschlusses. Fraglich ist auch, ob ein bloßer Rechtsirrtum bzw. eine später abweichende Beurteilung des Gerichts bei unveränderten Tatsachen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen allein genügen kann, um eine PKH-Aufhebung zu rechtfertigen. Dagegen könnten gewichtige Vertrauensschutzinteressen sprechen, die einer denkbaren Aufhebungsentscheidung entgegenstehen.

20

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Beschlusses mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

2

Am 2. Oktober 2012 hat der Kläger in einem Verfahren auf höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (S 4 AS 2400/12). Auf seinen Antrag hin hat das SG ihm mit Beschluss vom 2. Januar 2013 ratenfreie PKH bewilligt.

3

Mit Urteil vom 15. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Am 14. September 2015 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenfestsetzung in Höhe von 610,59 EUR beim SG beantragt. Die zuständige Urkundsbeamtin des SG hat in einem Vermerk vom 4. Dezember 2015 festgestellt, dass der Kläger über Vermögen verfüge und daher die PKH-Bewilligung aufzuheben sei. Ohne Anhörung des Klägers hat das SG die Bewilligung von PKH mit richterlichem Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufgehoben und zur Begründung auf die Sollvorschrift des § 124 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen.

4

Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Das SG hätte § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aF (bis zum 31. Dezember 2013) anwenden müssen. Darin ergebe sich schon aus dem Wortlaut ("kann") die Pflicht, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die damit verbundene Abwägung habe das SG nicht vorgenommen. Die PKH-Unterlagen seien bereits mit Klageerhebung eingereicht worden. Von daher hätte dem SG zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt sein müssen, dass der Kläger über eine Rentenversicherung mit Guthaben verfügt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht gerechtfertigt, da das Gericht offenbar die unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu verschiedenen Zeitpunkten nur unterschiedlich bewerte.

5

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

6

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

7

Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß ebenfalls,

8

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

9

Der Beschwerdegegner hat ausgeführt: Gemäß § 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (ZPOEG) unterliege die Prüfung der Aufhebung der PKH der Gesetzeslage vor dem 31. Dezember 2013. Daher sei § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 – 127 ZPO a.F. anzuwenden. Das SG habe es versäumt, den Kläger anzuhören. Überdies sei nicht von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Geändert habe sich lediglich die Bewertung des Schonvermögens durch das Gericht. Es lägen daher keine unrichtigen Angaben der Partei vor, die eine Aufhebung rechtfertigen könnte. Entgegen der Rechtsauffassung des 2. Senats des LSG im Beschluss vom 29. August 2014, L 4 AS 226/14 B (juris) komme es zudem auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung von Alt- oder Neuverfahren nicht an, so dass trotz eines sog. Altfalles im konkreten Fall § 73a SGG n.F. anzuwenden sei. Hiernach hätte zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und nicht allein der Richter eine Entscheidung in dieser Sache treffen müssen. Die Beschwerdemöglichkeit sei daher in jedem Fall gegeben.

II.

10

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die nachträgliche Aufhebung einer bewilligten PKH-Entscheidung, die vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst wird. Eine entsprechende Anwendung einer den Rechtsschutz ausschließenden Ausnahmeverfahrensvorschrift ist nicht möglich (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. August 2015, L 11 AS 533/15 B PKH, juris). Gegen eine analoge Anwendung dieser Norm spricht bereits, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12 S. 65; so Bayerisches Landessozialgericht a.a.O.). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Beschwerde nur nach dem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen werden. Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber neben der Ablehnung auch die Aufhebung einer PKH-Entscheidung von der Beschwerde ausschließen wollte, sind aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241)). Dem Gesetzgeber ist der der wesentliche Unterschied zwischen Ablehnung und Aufhebung von PKH sicherlich bewusst gewesen. Während die Ablehnung lediglich die Nichtgewährung einer erstrebten Rechtsposition bedeutet, führt die Aufhebung zu einem Entzug einer bereits erlangten Rechtsposition und stellt damit den deutlich gravierenden Eingriff dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, L 3 AL 159/13 B PKH, juris).

11

Die Beschwerde ist auch nicht nach § 73a Abs. 8 SGG unstatthaft. Danach kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, welches endgültig entscheidet. § 73a SGG ist bei der Prüfung von PKH-Verfahren die speziellere Norm, was § 172 Abs. 1 SGG mit der Formulierung "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist" auch ausdrücklich klarstellt.

12

Entnimmt man aus dem Wortlaut "endgültig" im Sinne des § 73a Abs. 8 SGG eine generelle Ausschlussnorm weiterer Rechtsmittel (so grundsätzlich Sächsisches Landessozialgericht im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris), entstünde gerade mit Blick auf die Aufhebung von PKH-Entscheidungen im Vergleich zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine problematische Rechtsschutzlücke. Nach § 73a Abs. 8 SGG entscheidet das Gericht endgültig über die Erinnerung. Hat der Urkundsbeamte daher eine Entscheidung nach § 73a Abs. 4, 5 SGG getroffen, die auch die Aufhebung einer PKH nach § 124 ZPO betreffen kann, müsste eine Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung des Sozialgerichtes "an sich" unstatthaft sein. Diese notwendige Konsequenz zieht das Sächsische LSG (a.a.O) bei PKH-Aufhebungen jedoch nicht, sondern verweist auf die beschränkte Prüfungskompetenz des Urkundsbeamten in diesen Fällen. Überzeugender ist es jedoch, eine teleologische Reduktion des § 73a Abs. 8 SGG vorzunehmen, um gesetzgeberisch ungewollte Wertungswidersprüche zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auszuschließen. Der Beschwerdeausschluss des § 73a Abs. 8 SGG darf nicht weiter gehen als in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241) unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drs. 17/11472, S. 48). Dem folgt im Ergebnis zu Recht auch die sozialrechtliche Literatur (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 12 b; Littmann in Lüdtke, SGG 4, Auflage 2012, zu § 73a Rdn 24 sowie Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 zu § 73a Rdn 90) und hält die Beschwerde bei PKH-Aufhebungen generell für statthaft.

13

Diese Frage hat der 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B (juris), noch offengelassen, aber die Ansicht vertreten, dass für Altverfahren (bis 31. Dezember 2013) sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich stets das alte Recht anzuwenden sei. Gemäß § 40 ZPOEG finde auf laufende Verfahren noch das alte (bis zum 31. Dezember 2013 geltende) materielle Recht der §§ 114-127 ZPO Anwendung. Damit gälten nach dem gesetzgeberischen Willen auch die veränderten verfahrensrechtlichen Regelungen des § 73a Abs. 4 bis 9 SGG erst für Neuverfahren (so auch Straßfeld, SGb 2014 176 (177)). Die geänderten materiell-rechtlichen Regelungen und auch die neuen verfahrensrechtlichen Regelungen seien nur auf PKH-Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 im jeweiligen Rechtszug gestellt worden seien.

14

Diese Auffassung führt verfahrensrechtlich zu erheblichen Verunsicherungen und unterläuft den gesetzgeberischen Zweck der geschaffenen Neureglungen in § 73a SGG. Der Kostenbeamte der Geschäftsstelle muss schließlich bei Altverfahren – entgegen der an sich geltenden neuen Regelungen in § 73a SGG – keine eigene, mit der Erinnerung angreifbare Entscheidung treffen. Dies zeigt exemplarisch gerade der vorliegende Fall. Das gesetzgeberische Ziel war es, mit der Neuregelung des § 73a SGG gerade in den Fällen der Absätze 4 bis 9 den Richter zu entlasten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 6i). Dieses Ziel würde für sog. Altfälle unterlaufen. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt kann daher nicht gefolgt werden.

15

Die Übergangsregelung des § 40 ZPOEG hat im sozialgerichtlichen Verfahren keine verfahrensrechtliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber hat zwischen den materiell-rechtlichen, in den §§ 114 bis 127 ZPO verankerten Regelungen (wohl nur hierauf bezieht sich der in der o. g. Entscheidung herangezogene Hinweis bei Straßfeld, SGb 2014, 176) und den verfahrensrechtlichen Neuerungen (hier vor allem die Übertragung bestimmter Entscheidungen auf den Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG) sehr wohl unterschieden. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der eigenen Regelung über das Inkrafttreten der Änderungen in Art. 20 PKH/BerHÄndG, die zudem ursprünglich ein abweichendes Inkrafttreten u.a. der Änderungen des SGG in Art. 20 Satz 2 PKH/BerHÄndG (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012, BT-Drs. 17/11472, Seiten 15, 52) vorsah und erst auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages (vgl. den Bericht vom 15.05.2013, BT-Drs. 17/13538, Seiten 23, 29) vereinheitlicht wurde. Für einen Gleichlauf der materiell-rechtlichen und prozessualen Änderungen besteht daher weder in systematischer Hinsicht noch aus der den Gesetzesmaterialien abgeleiteten Intention des Gesetzgebers ein Bedürfnis (so auch Sächsisches Landessozialgerichts im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris).

16

Der Ansicht des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. ist weiter entgegenzuhalten, dass – wie er selbst ausführt – sich eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf alle anhängigen Verfahren auswirkt. Wird das Prozessrecht im laufenden gerichtlichen Verfahren geändert, so richtet sich das anzuwendende Recht nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Danach ist eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf anhängige Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzgebers festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011, B 8 SO 18/09 R, juris). Nur in Fällen eines konkreten Rechtsnachteils der betroffenen Prozessbeteiligten darf aus Gründen der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes von diesem verfahrensrechtlichen Grundsatz abgewichen werden. Es ist hier nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit für eine Differenzierung von Alt- und Neufällen gesehen hat. Auch hat der 2. Senat des LSG Sachsen-Anhalt (a.a.O.) nicht nachvollziehbar begründet, worin der verfahrensrechtliche Rechtsnachteil bei Anwendung des § 73a SGG n.F. für Altfälle bestehen soll. Ein schutzwürdiger Nachteil der Prozessbeteiligten ist bei einer PKH-Aufhebung in sog. Altfällen auch nicht festzustellen. Die Neuregelung der §§ 73a Abs. 4 bis 9 SGG n.F. führt im Gegenteil sogar zu einer verfahrensrechtlich verbesserten Position, da jetzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle eine eigenständige Entscheidung treffen muss. Der von einer PKH-Aufhebung Betroffene hat dann nicht nur das eigenständige Erinnerungsrecht, sondern gegen die richterliche Entscheidung auch das weitere Beschwerderecht. Die Neuregelung des § 73a SGG begründet daher verfahrensrechtlich bei PKH-Aufhebungen keinen Rechtsnachteil der Prozessbeteiligten bei Altfällen, so dass kein Grund besteht, von der verfahrensrechtlichen Grundregel abzuweichen. § 73a SGG n.F. ist daher auch auf sog. Altfälle anzuwenden. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt ist daher nicht zu folgen.

17

Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

18

Das SG hat einen beachtlichen und entscheidungserheblichen Verfahrensverstoß dadurch gegangen, dass es den Kläger vor der belastenden Aufhebungsentscheidung nicht angehört hat. Dies verstößt gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und rechtfertigt bereits allein die Aufhebung des Beschlusses.

19

Auch sonst lagen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG darf nicht die Neuregelung des § 124 Nr. 3 ZPO n.F. ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 angewandt werden (§ 40 EGZPO). Nach dem vielmehr anzuwendenden § 124 Nr. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ab dem 1. Januar 2014 § 124 Nr. 3 ZPO n.F.) "kann" das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben. In seiner Begründung ist das SG daher zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung im Sinne der Neufassung des Gesetzes ausgegangen und hat folgerichtig, jedoch fehlerhaft, keine Ermessenserwägungen angestellt. Auch dies rechtfertigt die Aufhebung des Beschlusses. Fraglich ist auch, ob ein bloßer Rechtsirrtum bzw. eine später abweichende Beurteilung des Gerichts bei unveränderten Tatsachen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen allein genügen kann, um eine PKH-Aufhebung zu rechtfertigen. Dagegen könnten gewichtige Vertrauensschutzinteressen sprechen, die einer denkbaren Aufhebungsentscheidung entgegenstehen.

20

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Beschlusses mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

2

Am 2. Oktober 2012 hat der Kläger in einem Verfahren auf höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (S 4 AS 2400/12). Auf seinen Antrag hin hat das SG ihm mit Beschluss vom 2. Januar 2013 ratenfreie PKH bewilligt.

3

Mit Urteil vom 15. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Am 14. September 2015 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenfestsetzung in Höhe von 610,59 EUR beim SG beantragt. Die zuständige Urkundsbeamtin des SG hat in einem Vermerk vom 4. Dezember 2015 festgestellt, dass der Kläger über Vermögen verfüge und daher die PKH-Bewilligung aufzuheben sei. Ohne Anhörung des Klägers hat das SG die Bewilligung von PKH mit richterlichem Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufgehoben und zur Begründung auf die Sollvorschrift des § 124 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen.

4

Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Das SG hätte § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aF (bis zum 31. Dezember 2013) anwenden müssen. Darin ergebe sich schon aus dem Wortlaut ("kann") die Pflicht, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die damit verbundene Abwägung habe das SG nicht vorgenommen. Die PKH-Unterlagen seien bereits mit Klageerhebung eingereicht worden. Von daher hätte dem SG zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt sein müssen, dass der Kläger über eine Rentenversicherung mit Guthaben verfügt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht gerechtfertigt, da das Gericht offenbar die unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu verschiedenen Zeitpunkten nur unterschiedlich bewerte.

5

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

6

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

7

Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß ebenfalls,

8

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

9

Der Beschwerdegegner hat ausgeführt: Gemäß § 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (ZPOEG) unterliege die Prüfung der Aufhebung der PKH der Gesetzeslage vor dem 31. Dezember 2013. Daher sei § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 – 127 ZPO a.F. anzuwenden. Das SG habe es versäumt, den Kläger anzuhören. Überdies sei nicht von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Geändert habe sich lediglich die Bewertung des Schonvermögens durch das Gericht. Es lägen daher keine unrichtigen Angaben der Partei vor, die eine Aufhebung rechtfertigen könnte. Entgegen der Rechtsauffassung des 2. Senats des LSG im Beschluss vom 29. August 2014, L 4 AS 226/14 B (juris) komme es zudem auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung von Alt- oder Neuverfahren nicht an, so dass trotz eines sog. Altfalles im konkreten Fall § 73a SGG n.F. anzuwenden sei. Hiernach hätte zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und nicht allein der Richter eine Entscheidung in dieser Sache treffen müssen. Die Beschwerdemöglichkeit sei daher in jedem Fall gegeben.

II.

10

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die nachträgliche Aufhebung einer bewilligten PKH-Entscheidung, die vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst wird. Eine entsprechende Anwendung einer den Rechtsschutz ausschließenden Ausnahmeverfahrensvorschrift ist nicht möglich (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. August 2015, L 11 AS 533/15 B PKH, juris). Gegen eine analoge Anwendung dieser Norm spricht bereits, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12 S. 65; so Bayerisches Landessozialgericht a.a.O.). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Beschwerde nur nach dem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen werden. Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber neben der Ablehnung auch die Aufhebung einer PKH-Entscheidung von der Beschwerde ausschließen wollte, sind aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241)). Dem Gesetzgeber ist der der wesentliche Unterschied zwischen Ablehnung und Aufhebung von PKH sicherlich bewusst gewesen. Während die Ablehnung lediglich die Nichtgewährung einer erstrebten Rechtsposition bedeutet, führt die Aufhebung zu einem Entzug einer bereits erlangten Rechtsposition und stellt damit den deutlich gravierenden Eingriff dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, L 3 AL 159/13 B PKH, juris).

11

Die Beschwerde ist auch nicht nach § 73a Abs. 8 SGG unstatthaft. Danach kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, welches endgültig entscheidet. § 73a SGG ist bei der Prüfung von PKH-Verfahren die speziellere Norm, was § 172 Abs. 1 SGG mit der Formulierung "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist" auch ausdrücklich klarstellt.

12

Entnimmt man aus dem Wortlaut "endgültig" im Sinne des § 73a Abs. 8 SGG eine generelle Ausschlussnorm weiterer Rechtsmittel (so grundsätzlich Sächsisches Landessozialgericht im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris), entstünde gerade mit Blick auf die Aufhebung von PKH-Entscheidungen im Vergleich zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine problematische Rechtsschutzlücke. Nach § 73a Abs. 8 SGG entscheidet das Gericht endgültig über die Erinnerung. Hat der Urkundsbeamte daher eine Entscheidung nach § 73a Abs. 4, 5 SGG getroffen, die auch die Aufhebung einer PKH nach § 124 ZPO betreffen kann, müsste eine Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung des Sozialgerichtes "an sich" unstatthaft sein. Diese notwendige Konsequenz zieht das Sächsische LSG (a.a.O) bei PKH-Aufhebungen jedoch nicht, sondern verweist auf die beschränkte Prüfungskompetenz des Urkundsbeamten in diesen Fällen. Überzeugender ist es jedoch, eine teleologische Reduktion des § 73a Abs. 8 SGG vorzunehmen, um gesetzgeberisch ungewollte Wertungswidersprüche zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auszuschließen. Der Beschwerdeausschluss des § 73a Abs. 8 SGG darf nicht weiter gehen als in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241) unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drs. 17/11472, S. 48). Dem folgt im Ergebnis zu Recht auch die sozialrechtliche Literatur (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 12 b; Littmann in Lüdtke, SGG 4, Auflage 2012, zu § 73a Rdn 24 sowie Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 zu § 73a Rdn 90) und hält die Beschwerde bei PKH-Aufhebungen generell für statthaft.

13

Diese Frage hat der 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B (juris), noch offengelassen, aber die Ansicht vertreten, dass für Altverfahren (bis 31. Dezember 2013) sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich stets das alte Recht anzuwenden sei. Gemäß § 40 ZPOEG finde auf laufende Verfahren noch das alte (bis zum 31. Dezember 2013 geltende) materielle Recht der §§ 114-127 ZPO Anwendung. Damit gälten nach dem gesetzgeberischen Willen auch die veränderten verfahrensrechtlichen Regelungen des § 73a Abs. 4 bis 9 SGG erst für Neuverfahren (so auch Straßfeld, SGb 2014 176 (177)). Die geänderten materiell-rechtlichen Regelungen und auch die neuen verfahrensrechtlichen Regelungen seien nur auf PKH-Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 im jeweiligen Rechtszug gestellt worden seien.

14

Diese Auffassung führt verfahrensrechtlich zu erheblichen Verunsicherungen und unterläuft den gesetzgeberischen Zweck der geschaffenen Neureglungen in § 73a SGG. Der Kostenbeamte der Geschäftsstelle muss schließlich bei Altverfahren – entgegen der an sich geltenden neuen Regelungen in § 73a SGG – keine eigene, mit der Erinnerung angreifbare Entscheidung treffen. Dies zeigt exemplarisch gerade der vorliegende Fall. Das gesetzgeberische Ziel war es, mit der Neuregelung des § 73a SGG gerade in den Fällen der Absätze 4 bis 9 den Richter zu entlasten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 6i). Dieses Ziel würde für sog. Altfälle unterlaufen. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt kann daher nicht gefolgt werden.

15

Die Übergangsregelung des § 40 ZPOEG hat im sozialgerichtlichen Verfahren keine verfahrensrechtliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber hat zwischen den materiell-rechtlichen, in den §§ 114 bis 127 ZPO verankerten Regelungen (wohl nur hierauf bezieht sich der in der o. g. Entscheidung herangezogene Hinweis bei Straßfeld, SGb 2014, 176) und den verfahrensrechtlichen Neuerungen (hier vor allem die Übertragung bestimmter Entscheidungen auf den Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG) sehr wohl unterschieden. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der eigenen Regelung über das Inkrafttreten der Änderungen in Art. 20 PKH/BerHÄndG, die zudem ursprünglich ein abweichendes Inkrafttreten u.a. der Änderungen des SGG in Art. 20 Satz 2 PKH/BerHÄndG (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012, BT-Drs. 17/11472, Seiten 15, 52) vorsah und erst auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages (vgl. den Bericht vom 15.05.2013, BT-Drs. 17/13538, Seiten 23, 29) vereinheitlicht wurde. Für einen Gleichlauf der materiell-rechtlichen und prozessualen Änderungen besteht daher weder in systematischer Hinsicht noch aus der den Gesetzesmaterialien abgeleiteten Intention des Gesetzgebers ein Bedürfnis (so auch Sächsisches Landessozialgerichts im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris).

16

Der Ansicht des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. ist weiter entgegenzuhalten, dass – wie er selbst ausführt – sich eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf alle anhängigen Verfahren auswirkt. Wird das Prozessrecht im laufenden gerichtlichen Verfahren geändert, so richtet sich das anzuwendende Recht nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Danach ist eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf anhängige Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzgebers festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011, B 8 SO 18/09 R, juris). Nur in Fällen eines konkreten Rechtsnachteils der betroffenen Prozessbeteiligten darf aus Gründen der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes von diesem verfahrensrechtlichen Grundsatz abgewichen werden. Es ist hier nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit für eine Differenzierung von Alt- und Neufällen gesehen hat. Auch hat der 2. Senat des LSG Sachsen-Anhalt (a.a.O.) nicht nachvollziehbar begründet, worin der verfahrensrechtliche Rechtsnachteil bei Anwendung des § 73a SGG n.F. für Altfälle bestehen soll. Ein schutzwürdiger Nachteil der Prozessbeteiligten ist bei einer PKH-Aufhebung in sog. Altfällen auch nicht festzustellen. Die Neuregelung der §§ 73a Abs. 4 bis 9 SGG n.F. führt im Gegenteil sogar zu einer verfahrensrechtlich verbesserten Position, da jetzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle eine eigenständige Entscheidung treffen muss. Der von einer PKH-Aufhebung Betroffene hat dann nicht nur das eigenständige Erinnerungsrecht, sondern gegen die richterliche Entscheidung auch das weitere Beschwerderecht. Die Neuregelung des § 73a SGG begründet daher verfahrensrechtlich bei PKH-Aufhebungen keinen Rechtsnachteil der Prozessbeteiligten bei Altfällen, so dass kein Grund besteht, von der verfahrensrechtlichen Grundregel abzuweichen. § 73a SGG n.F. ist daher auch auf sog. Altfälle anzuwenden. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt ist daher nicht zu folgen.

17

Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

18

Das SG hat einen beachtlichen und entscheidungserheblichen Verfahrensverstoß dadurch gegangen, dass es den Kläger vor der belastenden Aufhebungsentscheidung nicht angehört hat. Dies verstößt gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und rechtfertigt bereits allein die Aufhebung des Beschlusses.

19

Auch sonst lagen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG darf nicht die Neuregelung des § 124 Nr. 3 ZPO n.F. ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 angewandt werden (§ 40 EGZPO). Nach dem vielmehr anzuwendenden § 124 Nr. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ab dem 1. Januar 2014 § 124 Nr. 3 ZPO n.F.) "kann" das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben. In seiner Begründung ist das SG daher zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung im Sinne der Neufassung des Gesetzes ausgegangen und hat folgerichtig, jedoch fehlerhaft, keine Ermessenserwägungen angestellt. Auch dies rechtfertigt die Aufhebung des Beschlusses. Fraglich ist auch, ob ein bloßer Rechtsirrtum bzw. eine später abweichende Beurteilung des Gerichts bei unveränderten Tatsachen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen allein genügen kann, um eine PKH-Aufhebung zu rechtfertigen. Dagegen könnten gewichtige Vertrauensschutzinteressen sprechen, die einer denkbaren Aufhebungsentscheidung entgegenstehen.

20

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2015 wird aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung eines Beschlusses mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

2

Am 2. Oktober 2012 hat der Kläger in einem Verfahren auf höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben (S 4 AS 2400/12). Auf seinen Antrag hin hat das SG ihm mit Beschluss vom 2. Januar 2013 ratenfreie PKH bewilligt.

3

Mit Urteil vom 15. Juli 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Am 14. September 2015 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenfestsetzung in Höhe von 610,59 EUR beim SG beantragt. Die zuständige Urkundsbeamtin des SG hat in einem Vermerk vom 4. Dezember 2015 festgestellt, dass der Kläger über Vermögen verfüge und daher die PKH-Bewilligung aufzuheben sei. Ohne Anhörung des Klägers hat das SG die Bewilligung von PKH mit richterlichem Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufgehoben und zur Begründung auf die Sollvorschrift des § 124 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen.

4

Gegen den am 21. Dezember 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20. Januar 2016 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Das SG hätte § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aF (bis zum 31. Dezember 2013) anwenden müssen. Darin ergebe sich schon aus dem Wortlaut ("kann") die Pflicht, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die damit verbundene Abwägung habe das SG nicht vorgenommen. Die PKH-Unterlagen seien bereits mit Klageerhebung eingereicht worden. Von daher hätte dem SG zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt sein müssen, dass der Kläger über eine Rentenversicherung mit Guthaben verfügt habe. Vor diesem Hintergrund sei die Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht gerechtfertigt, da das Gericht offenbar die unveränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu verschiedenen Zeitpunkten nur unterschiedlich bewerte.

5

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

6

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

7

Der Beschwerdegegner beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß ebenfalls,

8

den Beschluss vom 10. Dezember 2015 aufzuheben.

9

Der Beschwerdegegner hat ausgeführt: Gemäß § 40 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (ZPOEG) unterliege die Prüfung der Aufhebung der PKH der Gesetzeslage vor dem 31. Dezember 2013. Daher sei § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 – 127 ZPO a.F. anzuwenden. Das SG habe es versäumt, den Kläger anzuhören. Überdies sei nicht von veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Geändert habe sich lediglich die Bewertung des Schonvermögens durch das Gericht. Es lägen daher keine unrichtigen Angaben der Partei vor, die eine Aufhebung rechtfertigen könnte. Entgegen der Rechtsauffassung des 2. Senats des LSG im Beschluss vom 29. August 2014, L 4 AS 226/14 B (juris) komme es zudem auf die verfahrensrechtliche Unterscheidung von Alt- oder Neuverfahren nicht an, so dass trotz eines sog. Altfalles im konkreten Fall § 73a SGG n.F. anzuwenden sei. Hiernach hätte zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und nicht allein der Richter eine Entscheidung in dieser Sache treffen müssen. Die Beschwerdemöglichkeit sei daher in jedem Fall gegeben.

II.

10

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die nachträgliche Aufhebung einer bewilligten PKH-Entscheidung, die vom Gesetzeswortlaut nicht umfasst wird. Eine entsprechende Anwendung einer den Rechtsschutz ausschließenden Ausnahmeverfahrensvorschrift ist nicht möglich (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. August 2015, L 11 AS 533/15 B PKH, juris). Gegen eine analoge Anwendung dieser Norm spricht bereits, dass keine planwidrige Regelungslücke vorliegt (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12 S. 65; so Bayerisches Landessozialgericht a.a.O.). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Beschwerde nur nach dem § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen werden. Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber neben der Ablehnung auch die Aufhebung einer PKH-Entscheidung von der Beschwerde ausschließen wollte, sind aus den Gesetzesmaterialien nicht abzuleiten (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241)). Dem Gesetzgeber ist der der wesentliche Unterschied zwischen Ablehnung und Aufhebung von PKH sicherlich bewusst gewesen. Während die Ablehnung lediglich die Nichtgewährung einer erstrebten Rechtsposition bedeutet, führt die Aufhebung zu einem Entzug einer bereits erlangten Rechtsposition und stellt damit den deutlich gravierenden Eingriff dar (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. Februar 2014, L 3 AL 159/13 B PKH, juris).

11

Die Beschwerde ist auch nicht nach § 73a Abs. 8 SGG unstatthaft. Danach kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG binnen einen Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, welches endgültig entscheidet. § 73a SGG ist bei der Prüfung von PKH-Verfahren die speziellere Norm, was § 172 Abs. 1 SGG mit der Formulierung "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist" auch ausdrücklich klarstellt.

12

Entnimmt man aus dem Wortlaut "endgültig" im Sinne des § 73a Abs. 8 SGG eine generelle Ausschlussnorm weiterer Rechtsmittel (so grundsätzlich Sächsisches Landessozialgericht im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris), entstünde gerade mit Blick auf die Aufhebung von PKH-Entscheidungen im Vergleich zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG eine problematische Rechtsschutzlücke. Nach § 73a Abs. 8 SGG entscheidet das Gericht endgültig über die Erinnerung. Hat der Urkundsbeamte daher eine Entscheidung nach § 73a Abs. 4, 5 SGG getroffen, die auch die Aufhebung einer PKH nach § 124 ZPO betreffen kann, müsste eine Beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung des Sozialgerichtes "an sich" unstatthaft sein. Diese notwendige Konsequenz zieht das Sächsische LSG (a.a.O) bei PKH-Aufhebungen jedoch nicht, sondern verweist auf die beschränkte Prüfungskompetenz des Urkundsbeamten in diesen Fällen. Überzeugender ist es jedoch, eine teleologische Reduktion des § 73a Abs. 8 SGG vorzunehmen, um gesetzgeberisch ungewollte Wertungswidersprüche zu § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auszuschließen. Der Beschwerdeausschluss des § 73a Abs. 8 SGG darf nicht weiter gehen als in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Dies ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien (Straßfeld, SGb 2014, 236 (241) unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien in BT-Drs. 17/11472, S. 48). Dem folgt im Ergebnis zu Recht auch die sozialrechtliche Literatur (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 12 b; Littmann in Lüdtke, SGG 4, Auflage 2012, zu § 73a Rdn 24 sowie Leopold in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014 zu § 73a Rdn 90) und hält die Beschwerde bei PKH-Aufhebungen generell für statthaft.

13

Diese Frage hat der 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 29. August 2014, L 2 AS 226/14 B (juris), noch offengelassen, aber die Ansicht vertreten, dass für Altverfahren (bis 31. Dezember 2013) sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich stets das alte Recht anzuwenden sei. Gemäß § 40 ZPOEG finde auf laufende Verfahren noch das alte (bis zum 31. Dezember 2013 geltende) materielle Recht der §§ 114-127 ZPO Anwendung. Damit gälten nach dem gesetzgeberischen Willen auch die veränderten verfahrensrechtlichen Regelungen des § 73a Abs. 4 bis 9 SGG erst für Neuverfahren (so auch Straßfeld, SGb 2014 176 (177)). Die geänderten materiell-rechtlichen Regelungen und auch die neuen verfahrensrechtlichen Regelungen seien nur auf PKH-Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 im jeweiligen Rechtszug gestellt worden seien.

14

Diese Auffassung führt verfahrensrechtlich zu erheblichen Verunsicherungen und unterläuft den gesetzgeberischen Zweck der geschaffenen Neureglungen in § 73a SGG. Der Kostenbeamte der Geschäftsstelle muss schließlich bei Altverfahren – entgegen der an sich geltenden neuen Regelungen in § 73a SGG – keine eigene, mit der Erinnerung angreifbare Entscheidung treffen. Dies zeigt exemplarisch gerade der vorliegende Fall. Das gesetzgeberische Ziel war es, mit der Neuregelung des § 73a SGG gerade in den Fällen der Absätze 4 bis 9 den Richter zu entlasten (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer 11. Auflage, 2014 zu § 73a Rdn 6i). Dieses Ziel würde für sog. Altfälle unterlaufen. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt kann daher nicht gefolgt werden.

15

Die Übergangsregelung des § 40 ZPOEG hat im sozialgerichtlichen Verfahren keine verfahrensrechtliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber hat zwischen den materiell-rechtlichen, in den §§ 114 bis 127 ZPO verankerten Regelungen (wohl nur hierauf bezieht sich der in der o. g. Entscheidung herangezogene Hinweis bei Straßfeld, SGb 2014, 176) und den verfahrensrechtlichen Neuerungen (hier vor allem die Übertragung bestimmter Entscheidungen auf den Urkundsbeamten nach § 73a Abs. 4 und 5 SGG) sehr wohl unterschieden. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der eigenen Regelung über das Inkrafttreten der Änderungen in Art. 20 PKH/BerHÄndG, die zudem ursprünglich ein abweichendes Inkrafttreten u.a. der Änderungen des SGG in Art. 20 Satz 2 PKH/BerHÄndG (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.11.2012, BT-Drs. 17/11472, Seiten 15, 52) vorsah und erst auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages (vgl. den Bericht vom 15.05.2013, BT-Drs. 17/13538, Seiten 23, 29) vereinheitlicht wurde. Für einen Gleichlauf der materiell-rechtlichen und prozessualen Änderungen besteht daher weder in systematischer Hinsicht noch aus der den Gesetzesmaterialien abgeleiteten Intention des Gesetzgebers ein Bedürfnis (so auch Sächsisches Landessozialgerichts im Beschluss vom 4. Februar 2015, L 8 AS 78/15 B PKH, juris).

16

Der Ansicht des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. ist weiter entgegenzuhalten, dass – wie er selbst ausführt – sich eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf alle anhängigen Verfahren auswirkt. Wird das Prozessrecht im laufenden gerichtlichen Verfahren geändert, so richtet sich das anzuwendende Recht nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts. Danach ist eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch auf anhängige Rechtsstreitigkeiten anzuwenden, sofern nicht ein verfassungskonform abweichender Geltungswille des Gesetzgebers festzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. April 2011, B 8 SO 18/09 R, juris). Nur in Fällen eines konkreten Rechtsnachteils der betroffenen Prozessbeteiligten darf aus Gründen der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes von diesem verfahrensrechtlichen Grundsatz abgewichen werden. Es ist hier nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit für eine Differenzierung von Alt- und Neufällen gesehen hat. Auch hat der 2. Senat des LSG Sachsen-Anhalt (a.a.O.) nicht nachvollziehbar begründet, worin der verfahrensrechtliche Rechtsnachteil bei Anwendung des § 73a SGG n.F. für Altfälle bestehen soll. Ein schutzwürdiger Nachteil der Prozessbeteiligten ist bei einer PKH-Aufhebung in sog. Altfällen auch nicht festzustellen. Die Neuregelung der §§ 73a Abs. 4 bis 9 SGG n.F. führt im Gegenteil sogar zu einer verfahrensrechtlich verbesserten Position, da jetzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle eine eigenständige Entscheidung treffen muss. Der von einer PKH-Aufhebung Betroffene hat dann nicht nur das eigenständige Erinnerungsrecht, sondern gegen die richterliche Entscheidung auch das weitere Beschwerderecht. Die Neuregelung des § 73a SGG begründet daher verfahrensrechtlich bei PKH-Aufhebungen keinen Rechtsnachteil der Prozessbeteiligten bei Altfällen, so dass kein Grund besteht, von der verfahrensrechtlichen Grundregel abzuweichen. § 73a SGG n.F. ist daher auch auf sog. Altfälle anzuwenden. Der Rechtsprechung des 2. Senats des LSG Sachsen-Anhalt ist daher nicht zu folgen.

17

Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben.

18

Das SG hat einen beachtlichen und entscheidungserheblichen Verfahrensverstoß dadurch gegangen, dass es den Kläger vor der belastenden Aufhebungsentscheidung nicht angehört hat. Dies verstößt gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und rechtfertigt bereits allein die Aufhebung des Beschlusses.

19

Auch sonst lagen die Voraussetzungen für eine Aufhebung nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG darf nicht die Neuregelung des § 124 Nr. 3 ZPO n.F. ab dem 1. Januar 2014 durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 angewandt werden (§ 40 EGZPO). Nach dem vielmehr anzuwendenden § 124 Nr. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (ab dem 1. Januar 2014 § 124 Nr. 3 ZPO n.F.) "kann" das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben. In seiner Begründung ist das SG daher zu Unrecht von einer gebundenen Entscheidung im Sinne der Neufassung des Gesetzes ausgegangen und hat folgerichtig, jedoch fehlerhaft, keine Ermessenserwägungen angestellt. Auch dies rechtfertigt die Aufhebung des Beschlusses. Fraglich ist auch, ob ein bloßer Rechtsirrtum bzw. eine später abweichende Beurteilung des Gerichts bei unveränderten Tatsachen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen allein genügen kann, um eine PKH-Aufhebung zu rechtfertigen. Dagegen könnten gewichtige Vertrauensschutzinteressen sprechen, die einer denkbaren Aufhebungsentscheidung entgegenstehen.

20

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.

(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.