Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 19. Juni 2012 - L 6 AS 48/11

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2012:0619.L6AS48.11.0A
bei uns veröffentlicht am19.06.2012

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung im Monat Dezember 2007 in Höhe von 85,31 EUR hat. In diesem Rahmen ist insbesondere der grundsätzliche Regelungsgehalt und die Reichweite von Änderungsbescheiden nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zwischen den Beteiligten umstritten.

2

Die am ... 1963 geborene Klägerin lebte zunächst gemeinsam mit ihrer am ... 2006 verstorbenen Mutter und anschließend allein in einer 53,71 qm großen 2 1/2-Zimmer-Wohnung in P... Die Bruttokaltmiete betrug ab dem 1. März 2006 monatlich 273,41 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 76,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 59,00 EUR. Die Klägerin bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II, die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden zunächst – nach Abzug der Warmwasserpauschale – in vollem Umfang vom Beklagten übernommen. Seit dem 1. September 2006 übte die Klägerin eine Aushilfstätigkeit im Schuhhaus H..., S..., mit schwankenden monatlichen Einkünften im geringfügigen Bereich aus. Das Einkommen, zu dessen genauer Höhe die Klägerin vorab keine Angaben machen konnte, wurde von dem Beklagten auf der Grundlage einer Arbeitgeberbescheinigung zunächst mit 390,00 EUR geschätzt und mit (endgültigem) Bescheid vom 15. September 2006 bewilligt. Es handelte sich nicht um eine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II alte Fassung in Verbindung mit § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Nach Vorlage der Verdienstbescheinigungen wurde die Höhe der monatlich zustehenden Leistungen unter Umständen auch monatsbezogen neu berechnet und der Beklagte erließ Änderungsbescheide (vgl. zuerst Änderungsbescheid vom 28. September 2006).

3

Mit Schreiben vom 28. September 2006 forderte der Beklagte die Klägerin zur Senkung ihrer Kosten der Unterkunft auf, da ihre Miete inklusive der Nebenkosten um 90,31 EUR über der anzuerkennenden Höchstgrenze liege. Die Aufforderung zur Kostensenkung in Form der „Einleitung eines Mietminderungsverfahrens“ wurde vom Beklagten im Rahmen des Änderungsbescheides vom 18. Dezember 2006 bis zum 31. März 2007 verlängert.

4

Im Mai 2007 bat die Klägerin darum, das fiktive Einkommen auf 300,00 EUR zu reduzieren, da sie monatlich nicht mehr verdiene, konnte jedoch dafür keine Bescheinigung ihres Arbeitgebers einreichen. Der Beklagte lehnte eine niedrigere Einkommensfestsetzung ab, da sie in den Monaten Januar, März und April 2007 Einkommen von mehr als 300,00 EUR erzielt habe.

5

Im Mai 2007 erzielte die Klägerin ein Nettoeinkommen von 397,25 EUR und im Juni 2007 von 313,25 EUR. Im Fortzahlungsantrag vom 16. Juli 2007 gab sie an, dass sich hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse keine Änderungen ergeben haben.

6

Mit Bescheid vom 24. Juli 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum 1. September 2007 bis 29. Februar 2008 in Höhe von 425,10 EUR monatlich. Er legte der Leistungsgewährung einen Bedarf für die Regelleistung in Höhe von 347,00 EUR für Alleinstehende und für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 318,10 EUR monatlich zugrunde. Darauf rechnete er ausgehend von einem fiktiven monatlichen Erwerbseinkommen in Höhe von 400,00 EUR einen anrechenbaren Betrag von 240,00 EUR an, was dazu führte, dass die Regelleistung nur noch in Höhe eines Betrages von 107,00 EUR bewilligt wurde, wohingegen die Kosten für Unterkunft und Heizung von der Einkommensanrechnung unberührt blieben. Der Bescheid ist weder vorläufig noch wurde ein Vorschuss im Hinblick auf weitere Leistungsfeststellungen festgesetzt. Die Klägerin erzielte im September 2007 ein Nettoerwerbseinkommen von 283,50 EUR und im Oktober 2007 von 288,75 EUR. Aufgrund dieses niedrigeren Einkommens erließ der Beklagte unter dem 1. November 2007 einen Änderungsbescheid, mit dem für September 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 203,00 EUR (statt bisher 107,00 EUR) und für Oktober 2007 196,00 EUR (statt bisher 107,00 EUR) bewilligt wurden. Insgesamt errechnete sich eine Nachzahlung in Höhe von 185,00 EUR. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen insoweit aufgehoben werden.

7

Nachdem die Klägerin nachweislich im November 2007 ein Einkommen von 341,25 EUR erzielt hatte, erließ der Beklagte unter dem Datum 28. Dezember 2007 einen Änderungsbescheid für den Monat November 2007, mit dem nunmehr aufgrund der Neuberechnung des Einkommens eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 157,15 EUR und einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 50,15 EUR errechnet wurde.

8

In dem hier relevanten Zeitraum Dezember 2007 erzielte die Klägerin ein Einkommen von 390,25 EUR. Mit dem im vorliegenden Verfahren noch streitigen Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 berücksichtigte der Beklagte für diesen Monat das niedrigere Einkommen und errechnete eine Nachzahlung zugunsten der Klägerin in Höhe von 7,80 EUR. Der Bescheid ist mit „Änderung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)“ überschrieben und enthält zunächst eine tabellarische Darstellung der Leistungsbewilligung für Dezember 2007. Vorangestellt ist der monatliche Gesamtbetrag im Dezember 2007 in Höhe von 432,90 EUR. Alsdann wird zwischen der Regelleistung (Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts) in Höhe von 114,80 EUR und den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 318,10 EUR unterschieden. Weiter wird ausgeführt:

9

Folgende Änderungen sind eingetreten:

10

Sie haben Ihr Einkommen für den Monat Dezember 2007 nachgewiesen. Das Einkommen ist Ihnen im jeweiligen Monat zugeflossen, so ist es auch dann zu berücksichtigen (Zuflussprinzip). Ihr Anspruch wurde neu berechnet.

11

Da Ihnen für den Monat Dezember 2007 mehr Einkommen angerechnet wurde als Sie tatsächlich erzielt hat, ergibt sich eine Nachzahlung zu Ihren Gunsten in Höhe von 7,80 Euro.

12

Der Betrag wird in Kürze zur Zahlung angewiesen.

13

... Im beigefügten Berechnungsbogen finden Sie Einzelheiten zur Berechnung und Änderung der Leistungshöhe.

14

Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden insoweit aufgehoben. Ist die zustehende Leistung insgesamt erhöht worden, wird auch der festgestellte Nachzahlungsbetrag in Kürze an die nachstehende Überweisungsanschrift ausgezahlt. Sind Leistungen dagegen zu Unrecht erbracht worden, wird noch geprüft, inwieweit diese zurückzuzahlen sind. Darüber erhalten Sie einen entsprechenden Bescheid.“

15

Beigefügt war - wie auch bei den beiden vorangegangenen Änderungsbescheiden - eine tabellarische Übersicht zur Berechnung und Änderung der Leistungshöhe. Auf Seite 4 der tabellarischen Übersicht wird die Berechnung des zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens von 232,20 EUR dahingehend erläutert, dass von dem Nettoerwerbseinkommen von 390,25 EUR ein Freibetrag von 158,05 EUR abzuziehen sei. Es ergibt sich weiter, dass sich das Nettoerwerbseinkommen nur auf die Leistungshöhe hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts auswirkt und das Einkommen nicht auf die Kosten der Unterkunft und Heizung, die von dem Beklagten in Höhe von 318,10 EUR schon mit dem ursprünglichen Bescheid für diesen Leistungszeitraum vom 24. Juli 2007 festgesetzt wurde, auswirkte.

16

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2008 Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von nunmehr 368,50 EUR unter Hinweis auf die ab dem 1. Januar 2008 geltende Unterkunftsrichtlinie im Kreis Plön.

17

Gegen beide Änderungsbescheide vom 29. Januar 2008 legte die Klägerin am 3. März 2008 Widerspruch ein, den sie trotz Aufforderung des Beklagten nicht begründete.

18

Nachdem der Beklagte mit weiterem Änderungsbescheid vom 12. März 2008 die tatsächlich erzielten (niedrigeren) Einkünfte für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 29. Februar 2008 berücksichtigt und der Klägerin 294,90 EUR nachgezahlt hatte, wies er mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2008 den Widerspruch gegen die Änderungsbescheide vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12. März 2008 zurück.

19

Mit ihrer dagegen am 16. Juni 2008 beim Sozialgericht Schleswig eingegangenen Klage hat die Klägerin höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Beklagte im maßgeblichen Zeitraum nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung nachgekommen sei. Er habe kein den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechendes schlüssiges Konzept vorgelegt.

20

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 28. Mai 2011 für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 29. Februar 2008 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 403,41 EUR anerkannt und sich zur Zahlung der monatlichen Differenz in Höhe von 34,91 EUR, insgesamt 69,82 EUR bereit erklärt. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Mai 2008 angenommen.

21

Die Klägerin hat noch beantragt,

22

den Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Dezember 2007 Leistungen unter Berücksichtigung der angemessenen Kosten der Unterkunft zu gewähren.

23

Der Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Klage hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Dezember 2007 bereits unzulässig sei. Änderungsbescheide könnten stets nur in dem Umfange angefochten werden, als die Änderung reiche. Soweit sie gegenüber dem Ausgangsbescheid keine weitere Beschwer enthielten, fehle es an einer angreifbaren Regelung. Der Änderungsbescheid für den Monat Dezember 2007 enthalte als alleinige Regelung eine Neuberechnung der Einkommensanrechnung aus der Aushilfstätigkeit der Klägerin. Die gerügten Kosten der Unterkunft seien nicht Gegenstand des Änderungsbescheides gewesen.

26

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 9. Juni 2011 die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage im Hinblick auf die begehrten höheren Kosten der Unterkunft im Monat Dezember 2007 bereits unzulässig sei. Richte sich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen einen Änderungsbescheid, könne, falls der Ursprungsverwaltungsakt bindend sei (§ 77 Sozialgerichtsgesetz – SGG), nur der Änderungsbescheid und dieser nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reiche (inhaltlich begrenzter Zweitbescheid). Im Übrigen sei die Klage unzulässig. Denn der Rechtsbehelf gegen den Änderungsbescheid könne keinen über die Reichweite dieses Verwaltungsaktes hinausgehenden Erfolg haben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) handele es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um abtrennbare Verfügungssätze, die eine eigene Bindungswirkung entfalte. Diese Bindungswirkung unterläge danach feststellenden Aussagen im Leistungsbescheid, die Grundlage weiterer Ansprüche bildeten. Die Festsetzung der Kosten der Unterkunft und Heizung stellten mithin einen abtrennbaren Verfügungssatz des Ausgangsbescheides dar, der den Beklagten nach §§ 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und § 77 SGG mit seinem Wirksamwerden materiell binde. Bei einem Ausgangsbescheid im Rahmen der Grundsicherung nach dem SGB II könnten spätere Änderungs- bzw. Anpassungsbescheide, die keine Regelung bezüglich der Unterkunftskosten träfen und die auf den Ausgangsbescheid aufbauten, nicht im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft geändert werden, solange der Ausgangsbescheid nicht aufgehoben worden sei. Eine Korrektur nach den §§ 45 oder 48 SGB X bemesse sich bezüglich derartiger Änderungs- und Anpassungsbescheide an § 48 SGB X, soweit nicht deren (beschränkter) Regelungsgehalt selbst betroffen sei, weil der Änderungsbescheid erst mit der Aufhebung des Ausgangsbescheides, auf dem er ansonsten aufbaue, als hierdurch eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X rechtswidrig werde.

27

Der angefochtene Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 habe bezogen auf den Monat Dezember 2007 hinsichtlich der Kosten der Unterkunft keine Neuregelung getroffen. Auch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bezogen auf die Unterkunftskosten habe im Monate Dezember 2007 nicht vorgelegen. Insofern wirke der Bewilligungsbescheid vom 24. Juli 2007 fort. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 habe den Bescheid vom 24. Juli 2007 lediglich insoweit abgeändert, als die tatsächlichen Einkünfte auf der Einkommensseite berücksichtigt worden seien. Eine eigenständige Regelung zu den Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat Dezember 2007 enthalte der Änderungsbescheid hingegen nicht. Vielmehr sei dort ausdrücklich ausgeführt, dass insoweit lediglich eine Änderung der Einkommensanrechnung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einkünfte erfolgen sollte. Die Regelungen zu den Leistungen zur Sicherung der Kosten der Unterkunft und Heizung seien hiervon bezogen auf den Monat Dezember 2007 nicht berührt worden. Dies komme auch in der Formulierung „die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden insoweit aufgehoben“ deutlich zum Ausdruck. Ungeachtet des Umstandes, dass ein möglicher Überprüfungsantrag nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei, könne der gegen den Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 gerichtete Widerspruch vom 3. März 2008 auch nicht als Antrag nach § 44 SGB X in Bezug auf den Bescheid vom 24. Juli 2007 gewertet werden. Denn nur ein klar auf die Nichtberücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten gerichteter Widerspruch gegen den Änderungsbescheid hätte bei verständiger Würdigung des Begehrens auch als Antrag nach § 44 SGB X gewertet werden können. Vorliegend sei aber erst mit Schriftsatz vom 19. Mai 2010 eine Klagbegründung eingereicht worden, aus der erstmals das Begehren der Klägerin zu entnehmen gewesen sei. Ein Überprüfungsantrag sei von der anwaltlich vertretenen Klägerin insoweit nicht gestellt worden.

28

Gegen dieses am 17. Juni 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Juni 2011 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung, die die Klägerin nicht schriftlich begründet hat.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Juni 2011 aufzuheben und den Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Dezember 2007 weitere 85,31 EUR für die Kosten der Unterkunft zu gewähren.

31

Der Beklagte beantragt,

32

die Berufung zurückzuweisen.

33

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

34

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten. Diese sind Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

35

Die zulässige Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

36

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008, mit dem der Beklagte der Klägerin wegen der Neuberechnung ihres im Dezember 2007 erzielten Nebeneinkommens eine um 7,50 EUR höhere Regelleistung gewährte. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG), mit der sie den Bescheid nur hinsichtlich der Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung angreift. Die hierauf beschränkte Anfechtungsklage ist aber unzulässig. Der angefochtene Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008 enthält zu den Kosten der Unterkunft und Heizung keine eigenständige (neue) Regelung oder Sachprüfung, die Gegenstand der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage sein könnte.

37

Bei einem Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich grundsätzlich um einen selbständigen Regelungsgegenstand, der einen abtrennbaren Verfügungssatz und im gerichtlichen Verfahren einen abtrennbaren Streitgegenstand bildet (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 2011 – B 8 SO 18/10 R -, vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - und vom 6. Oktober 2011 – B 14 AS 131/10 R - zitiert nach juris). Als abtrennbare Verfügung entfaltet er eine eigene Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14 AS 23/07 R, Rz. 18, zitiert nach juris) und damit Bestandskraft (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2010 – L 23 SO 10/10 B ER, L 23 SO 48/10 B PKH -, zitiert nach juris). Der Bescheid vom 24. Juli 2007, mit dem die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung festgestellt wurde, ist bindend und damit bestandskräftig geworden. Er war nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist nicht mehr mit dem Widerspruch oder der Klage anfechtbar. Der angefochtene Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008 enthält demgegenüber zu den Kosten für Unterkunft und Heizung keine erneute inhaltliche Sachprüfung oder Neufeststellung und damit keine (abtrennbare) mit der vorliegenden Klage anfechtbare Regelung, mit der der Beklagte mögliche frühere Fehler wiederholt und durch den die Klägerin möglicherweise erneut beschwert sein könnte. Er regelt ausschließlich eine Begünstigung der Klägerin und enthält darüber hinaus keine weiteren die Klägerin belastenden Verfügungen.

38

Der als Änderungsbescheid bezeichnete Bescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008 betrifft ausschließlich die Anrechnung von Nebeneinkommen der Klägerin aus ihrer Tätigkeit im Schuhhaus H... Nur insoweit hat der Beklagte mit dem angefochtenen Änderungsbescheid durch eine Aufhebung der vorangegangenen bestandskräftigen Leistungsbewilligung eine eigenständige Regelung treffen wollen und tatsächlich getroffen („Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden insoweit aufgehoben“), ohne die übrigen Berechnungselemente der Leistungsbewilligung, wie sie im Bescheid vom 24. Juli 2007 festgestellt worden sind, zu verändern. Der Beklagte hat zwar in dem hier angefochtenen Bescheid die Kosten der Unterkunft und Heizung erneut aufgeführt. Die reine Wiederholung eines bereits unanfechtbar gewordenen Verwaltungsaktes oder der lediglich wiederholende Hinweis auf eine frühere Verfügung ist aber kein neuer anfechtbarer Verwaltungsakt (so BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1961 – VI C 123.59 -; im Ergebnis ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 1. März 2012 – L 5 AS 339/09 – und Beschluss vom 5. März 2012 – L 5 AS 323/11 B -; LSG Hessen, Beschluss 19. März 2010 – L 6 AS 5/09 B; LSG Bayern, Beschluss vom 23. März 2011 – L 7 AS 161/11 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17. November 2010 – L 11 AS 926/10 B -, jeweils zitiert nach juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2011, § 54 Rn. 7a).

39

Grundsätzlich gilt, dass der Regelungsgehalt eines Änderungsbescheides sich danach richtet, wie der Empfänger diese Erklärung aus Sicht eines subjektiven Dritten und bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles zu deuten hat (BSG, Urteil vom 29. Oktober 1992 - 10 RKg 4/92 -, SozR 3-1300 § 50 Nr. 13 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juni 2006 – L 2 U 4059/10 - m.w.N., zitiert nach juris). Die Tragweite der getroffenen Regelung entscheidet sich also nicht nach der Sicht der Behörde, sondern aus dem Empfängerhorizont. Bei verständiger Würdigung aus der Sicht der Klägerin stellt sich der Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2008 weder der äußeren Form nach noch inhaltlich als Neuregelung über die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat Dezember 2007 dar. Der angefochtene Bescheid ist zur Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung eine lediglich wiederholende Verfügung, die keine eigene Rechtsfolge setzt. Es handelt sich auch aus Sicht des verständigen Empfängers (BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 24/98 R -, zitiert nach juris) nicht um einen so genannten Zweitbescheid, der ungeachtet zuvor über denselben Gegenstand getroffener bestandskräftiger Regelungen erneut den Rechtsweg eröffnet (vgl. im Überblick Engelmann in: von Wulffen SGB X, 7. Auflage 2010, § 31 Rn. 32 m.w.N.; siehe auch BSG, Urteil vom 17. April 1991 – 1 RR 2/89 -, zitiert nach juris). Etwas anderes folgt auch nicht aus der tabellarische Auflistung im Bescheid und der tabellarischen Berechnung, die dem Bescheid beigefügt war. Sie dienen vielmehr der größeren Übersichtlichkeit; dies gilt insbesondere für die erneute Darstellung des Bedarfs (einerseits Regelbedarf, andererseits Kosten der Unterkunft), der Leistungsberechnung und der Einkommensberechnung in der Anlage zum Bescheid. Daraus war für die Klägerin ohne weiteres zu ersehen, dass nur bezüglich der Regelleistung, hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung aber gerade keine Änderungen eingetreten war und der Bescheid diesbezüglich keine neue Regelung enthielt. Darüber hinaus hat der Beklagte schon im Einleitungssatz auf die im Hinblick auf die Ursprungsbewilligung gleichgebliebenen Kosten für Unterkunft und Heizung hingewiesen und im nachfolgenden Absatz die eingetretene Änderung, d. h. die Anrechnung von nunmehr niedrigerem Erwerbseinkommen als im Ursprungsbescheid zugrunde gelegt, besonders kenntlich gemacht. Dies zeigte der Klägerin, der diese Art der Änderungsbescheide bereits durch diverse vorherige Bescheide u. a. vom 1. November 2007 und 28. Dezember 2007 bekannt war, dass keine weitere inhaltliche Sachprüfung als die der Einkommensneuberechnung erfolgt ist.

40

Der angefochtene Bescheid enthält auch keine negative Zugunstenentscheidung, mit der eine Rücknahme bzw. Abänderung des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 24. Juli 2007 nach § 44 SGB X abgelehnt worden wäre. Ein eventueller Irrtum der Klägerin über den Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheides ersetzt kein derartiges Zugunstenverfahren (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 23. März 2011 –

41

L 7 AS 161/11 B ER -). Darüber hinaus sind hier im Rahmen des Widerspruchsverfahrens auch keine Einwände der Klägerin gegen die Kosten für Unterkunft und Heizung, und zwar weder in Bezug auf den Bescheid vom 24. Juli 2007 noch den hier streitigen Bescheid geltend gemacht worden, die als Antrag nach § 44 SGB X angesehen werden könnten. Die Klägerin hat erst im Laufe des Klagverfahrens nach mehrfacher Erinnerung, zuletzt mit wiederholter Fristsetzung bis Ende April 2010 am 19. Mai 2010, eingegangen bei Gericht am 27. Mai 2010, erstmals höhere Kosten der Unterkunft und Heizung begehrt. Selbst wenn man trotz der fehlenden Bezugnahme auf den Bescheid vom 24. Juli 2007 und trotz Berücksichtigung der anwaltlichen Vertretung dieses Schreiben zugunsten der Klägerin als Überprüfungsantrag bezogen auf die ursprünglich mit Bescheid vom 24. Juli 2007 bindend gewährten Leistungen für die Kosten der Unterkunft bewerten würde, hätte die Berufung keinen Erfolg, da es insoweit an einer Verwaltungsentscheidung fehlt. Die Klägerin hat im Übrigen ihre Klage und ihren Berufungsantrag allein auf den Änderungsbescheid vom 29. Januar 2008 bezogen.

42

Der Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheides beschränkt sich allein auf eine Änderung zugunsten der Klägerin im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Nach dieser Vorschrift ist ein Dauerverwaltungsakt mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Diese Voraussetzungen sind hier bezogen auf die Einkommensanrechnung wegen des im Monat Dezember 2007 geringeren Einkommens erfüllt. Der Bescheid eröffnet nicht die Möglichkeit einer erneuten Leistungsüberprüfung hinsichtlich anderer Inhalte oder Verfügungssätze, die bereits bindend festgestellt sind (hier: Kosten der Unterkunft). Es kommt daher nicht darauf an, ob der Klägerin materiell-rechtlich im Dezember 2007 höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung zustanden. Aus diesem Grunde kann offenbleiben, ob die Klägerin auch für Dezember 2007 Leistungen in Höhe ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 403,41 EUR beanspruchen konnte.

43

Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das volle Unterliegen der Klägerin.

45

Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da der Regelungsgehalt von Änderungsbescheiden und die Abgrenzung eines anfechtbaren Verwaltungsaktes von der wiederholten Verfügung für Leistungsbewilligungen und Änderungsbescheide nach dem SGB II noch nicht in vollem Umfang geklärt sind.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 19. Juni 2012 - L 6 AS 48/11

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(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 19. Juni 2012 - L 6 AS 48/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 19. Juni 2012 - L 6 AS 48/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 10. Nov. 2011 - B 8 SO 18/10 R

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. April 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ger

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Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 15. Juli 2010 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niede
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Sozialgericht Dortmund Beschluss, 13. Juni 2014 - S 32 AS 1173/14 ER

bei uns veröffentlicht am 13.06.2014

Tenor Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren, weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach

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(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. April 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Zahlung zusätzlicher 220,70 Euro an Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat März 2007 wegen einer Betriebs- und Heizkostennachforderung für das Kalenderjahr 2006.

2

Die 1982 geborene Klägerin bezieht seit dem 1.7.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), wobei an Kosten der Unterkunft 225 Euro für Kaltmiete, 65 Euro für einen Betriebskostenvorschuss und 45 Euro für einen Heizkostenvorschuss erbracht wurden (Bescheid vom 27.8.2007 für die Zeit vom 1.1. bis 31.10.2007, mit dem Heizkosten zunächst nur in Höhe von 32,50 Euro übernommen wurden; Bescheid vom 8.10.2008, mit dem rückwirkend der Heizkostenvorschuss in voller Höhe übernommen wurde). Mit dem ersten Antrag auf Grundsicherungsleistungen hatte die Betreuerin der Klägerin am 15.6.2005 eine Erklärung mit ua folgendem Inhalt unterschrieben: "Soweit sich aus meinem Mietvertrag jährliche Nebenkostenabrechnungen ergeben, werde ich auch diese umgehend, d.h. spätestens bis zur Fälligkeit bzw. 4 Wochen nach Erhalt der Rechnung, dem Sozialamt zur Überprüfung vorlegen. Ansonsten besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme dieser einmaligen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe."

3

Am 20.3.2007 erhielt die Klägerin eine Heiz- und Betriebskostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2006 mit einer Nachforderung für Heizkosten in Höhe von 129,82 Euro und von Nebenkosten in Höhe von 90,88 Euro. Erst am 25.9.2007 reichte die Betreuerin der Klägerin die Rechnung mit der Bitte um Erstattung der von der Klägerin mittlerweile verauslagten Kosten in Höhe von 220,70 Euro ein. Die Beklagte lehnt dies ab, weil ihr die Rechnung verspätet vorgelegt worden sei (Bescheid vom 26.9.2007; Widerspruchsbescheid vom 10.7.2008).

4

Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Beklagte verurteilt, "den Nachzahlungsbetrag der Klägerin aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2006 in Höhe von 220,70 € zu übernehmen" (Urteil vom 11.3.2009); das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 19.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dass es sich bei der Heiz- und Betriebskostenabrechnung um einen Bedarf an Unterkunfts- und Heizkosten handele, der im Monat März 2007 entstanden und sofort fällig geworden sei. Dieser Bedarf sei nicht dadurch entfallen, dass die Rechnung beglichen worden sei, bevor ein Erstattungsantrag bei der Beklagten eingereicht worden sei. Insoweit stehe einer Leistung der Beklagten § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII, wonach der Bewilligungszeitraum der Grundsicherung bei einer Änderung der Leistung zugunsten des Berechtigten am Ersten des Monats beginne, in dem die Voraussetzung für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sei, schon deshalb nicht entgegen, weil die Vorschrift keine einmaligen Bedarfe erfasse. Ein Ausschluss der geltend gemachten Leistungen ergebe sich auch nicht aus der von der Betreuerin unterzeichneten Erklärung über die rechtzeitige Vorlage von Nebenkostenabrechnungen.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 18 Abs 1 SGB XII iVm § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII. Die Klägerin habe nicht zeitnah die Nebenkostenabrechnung vorgelegt, sodass ihr weder für den Monat März 2007 noch für die Zeit danach eine höhere Leistung zustehe.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Ob und in welcher Höhe die Klägerin für März 2007 einen Anspruch auf höhere Leistungen (220,70 Euro) hat, kann nicht abschließend entschieden werden. Hierzu fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG, die es dem Senat ermöglichen würden, Grund und Höhe des Anspruchs zu überprüfen. Allerdings hat das LSG zu Recht entschieden, dass die Vorschrift des § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) für einmalige Bedarfsänderungen wie eine Heiz- und Betriebskostennachforderung keine Anwendung findet.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.7.2008 (§ 95 SGG), soweit darin für den Monat März 2007 eine höhere Leistung - beschränkt auf Kosten der Unterkunft und Heizung - abgelehnt wurde (zur Beschränkung in diesem Sinn später). Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG), weil sich das Klagebegehren an § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) misst(dazu später). Bei Anwendung dieser Vorschrift genügt wie in Fällen des § 44 SGB X nicht die reine Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl nur das Senatsurteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R - RdNr 12 mwN). Dies gilt auch dann, wenn - wie vorliegend - der Bescheid vom 27.8.2007 schon ein solcher nach § 48 SGB X ist(dazu später) und höhere Leistungen als im ändernden und als im abgeänderten Bescheid verlangt werden.

11

Entgegen der Ansicht des LSG ist zwar der Bescheid vom 8.10.2008, soweit die Beklagte rückwirkend für den Monat März 2007 die noch fehlenden 12,50 Euro zum von der Klägerin tatsächlich gezahlten monatlichen Heizkostenvorschuss bewilligt hat, gemäß § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden, weil dieser Bescheid unmittelbar den vorliegenden Streitgegenstand erfasst(dazu später); jedoch ist der Senat mangels Verfahrensrüge daran gehindert, diesen Bescheid materiellrechtlich in seine Prüfung einzubeziehen (vgl nur das Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - RdNr 10 mwN). Da die Sache ohnedies aus anderen Gründen an das LSG zurückzuverweisen ist und das LSG dann den Änderungsbescheid vom 8.10.2008 einzubeziehen hat, bedarf es keiner Entscheidung darüber, welche prozessualen und materiellrechtlichen Auswirkungen das Verbot der Nichtberücksichtigung im Revisionsverfahren für den Senat - evtl Teilerledigung des Klageantrags in Höhe von 12,50 Euro (vgl zu einer vergleichbaren Problematik das Senatsurteil vom 25.8.2011, aaO) - bei einer abschließenden Entscheidung des Senats besäße.

12

Bei dem Bescheid vom 26.9.2007, mit dem die Beklagte ausdrücklich die beantragte Übernahme der Kosten für die Heiz- und Betriebskostenabrechnung des Jahres 2006 abgelehnt hat, handelt es sich demgegenüber um einen wiederholenden Bescheid ohne eigenen Regelungscharakter (vgl dazu nur Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 32); seines Erlasses hätte es nicht mehr bedurft, weil der am 25.9.2007, also innerhalb der für den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.8.2007 geltenden Monatsfrist (§ 84 Abs 1 SGG), bei der Beklagten eingegangene Antrag auf Erstattung gemäß § 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) als Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.8.2007 zu werten ist, allerdings beschränkt auf den Monat März 2007 und den Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Insoweit handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand (Senatsurteil vom 14.4.2011 - B 8 SO 18/09 R - RdNr 10 mwN). Dies gilt auch, wenn sich - wie hier - der Leistungsempfänger gegen einen Änderungsbescheid (§ 48 SGB X) wendet, mit dem die Gesamtleistung der Hilfe für den Lebensunterhalt bei gleichbleibender Leistung für Unterkunft und Heizung neu bewilligt wurde. Die verfahrensrechtliche Ausgangslage ist dann nicht anders als bei einem Erstbescheid bzw einem Neubescheid nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums. Eine streitgegenständliche Beschränkung allein auf die Heiz- und Nebenkostennachforderung ist allerdings unzulässig; eine Beschränkung ergibt sich deshalb nur hinsichtlich der Leistungshöhe der Unterkunftskosten insgesamt (vgl Bundessozialgericht , Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - RdNr 13) auf weitere 220,70 Euro.

13

Die Auslegung des Erstattungsantrags als Widerspruch folgt der Rechtsprechung des BSG zum sog Meistbegünstigungsprinzip. Danach sind nicht nur im sozialgerichtlichen Verfahren, sondern auch im Verwaltungsverfahren gestellte Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen. Insbesondere ist derjenige Rechtsbehelf gegen denjenigen Verwaltungsakt als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt und Erfolg versprechen kann (BSGE 74, 77, 79 = SozR 3-4100 § 104 Nr 11 S 47 mwN; SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 22; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 21 ff mwN); auf diese Weise wird iS des § 2 Abs 2 SGB I sichergestellt, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden(vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005).

14

Erkennbar ging es der Klägerin lediglich um Überprüfung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung für den Monat März, weil im Monat März vom Vermieter die Nachforderung geltend gemacht worden ist. Folge davon ist, dass der Bescheid vom 27.8.2007 für die Monate Januar und Februar sowie für die Zeit ab April insgesamt und für März 2007 bezüglich der sonstigen Sozialhilfeleistungen (etwa Regelsatzleistung) bestandskräftig geworden ist und die (nach Aktenlage) geringfügige Leistungsminderung ab 1.1.2007 aufgrund eines erhöhten Einkommens der Klägerin gegenüber dem früheren Bewilligungsbescheid (vom 24.10.2006 für die Zeit bis 31.10.2007) keiner Überprüfung bedarf. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung sind jedenfalls durchgehend in gleicher Höhe erbracht worden. Nach Aktenlage wird sich nicht das Problem ergeben, auf welche Leistung nach Beschränkung des Streitgegenstands ggf höheres Einkommen anzurechnen ist, wenn es fehlerhaft berücksichtigt worden wäre (vgl dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 34 mwN).

15

Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 27.8.2007 über die Ablehnung höherer einmaliger Leistungen der Kosten für Unterkunft und Heizung (220,70 Euro) misst sich - entgegen anderer Ansichten in der sozialhilferechtlichen Literatur (H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 44 SGB XII RdNr 10; Schoch in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 8. Aufl 2008, § 44 SGB XII RdNr 7; Gröschel-Gundermann in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 44 SGB XII RdNr 5, Stand April 2005; Steimer in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 44 SGB XII RdNr 13, Stand September 2008; Wenzel in Fichtner/Wenzel, SGB XII mit AsylbLG, 4. Aufl 2009, § 44 SGB XII RdNr 7) - an § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 1 SGB X(BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12; BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - RdNr 13); denn spätestens seit Inkrafttreten des SGB XII finden die Vorschriften der §§ 39 ff SGB X für die Wirksamkeit und Aufhebung von Verwaltungsakten grundsätzlich auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung(BSGE 99, 137 ff RdNr 14 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 44 RdNr 9, Stand März 2009). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie vorliegend - vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, zugunsten des Betroffenen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Ob dies der Fall ist, kann vom Senat mangels tatsächlicher Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach nicht geprüft werden, weil sich das LSG ausschließlich mit der Frage befasst hat, ob § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII einschlägig ist.

16

Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Änderung iS des § 48 Abs 1 SGB X (gegenüber dem Bescheid vom 24.10.2006) ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG lediglich darauf abzustellen, ob der Bescheid aufgrund der objektiven Verhältnisse unter den geänderten Bedingungen so nicht hätte erlassen werden dürfen (vgl nur: Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 48 RdNr 12 mwN; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 48 RdNr 27 mwN). Soweit in der sozialhilferechtlichen Literatur ein eigenständiger Begriff der Wesentlichkeit (mindestens 15 % höhere Leistungen) vertreten wird (vgl hierzu nur: Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 44 SGB XII RdNr 11 mwN, Stand März 2009; Kreiner in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 11, Stand Juni 2006), entbehrt dies einer gesetzlichen Grundlage (vgl auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 21). § 44 Satz 2 und Satz 3 SGB XII normieren nämlich keine gegenüber § 48 SGB X völlig eigenständige Regelung, sondern modifizieren diese nur, soweit es den Leistungsbeginn betrifft(Kreikebohm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 44 SGB XII RdNr 3).

17

Gemäß § 42 Abs 1 Nr 2 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) iVm § 29 Abs 1 und Abs 3 SGB XII(ebenfalls idF, die die Norm durch dieses Gesetz erhalten hat) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Zwar unterfallen auch einmalige Kosten dieser Vorschrift und stellen einen Bedarf im Monat der Fälligkeit dar (BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - RdNr 15); jedoch beurteilt sich im Rahmen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X die wesentliche Änderung gegenüber der früheren Sach- und Rechtslage nach dem Zeitpunkt der tatsächlichen Verursachung der Kosten(BSG, aaO, RdNr 13), also hier den Verhältnissen des Jahres 2006. Mangels anderweitiger Regelungen ist die Nachforderung des Vermieters der Klägerin mit ihrer Geltendmachung fällig geworden; nicht zu prüfen ist, ob diese Forderung des Vermieters gerechtfertigt war. Es genügt, dass die Zahlung der Klägerin auf der Grundlage einer Vereinbarung gezahlt worden ist, es sich also um eine ernsthafte Forderung handelte (BSGE 104, 179 ff Nr 16 mwN = SozR 4-4200 § 22 Nr 24). Inwieweit dies vorliegend der Fall ist, hat das LSG nicht festgestellt. Nicht festgestellt ist außerdem die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung für das Jahr 2006 unter Berücksichtigung der Nachforderung des Vermieters.

18

Einer Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X und einer daraus resultierenden möglichen höheren Leistung für März 2007 steht nicht die Regelung des § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII entgegen. Danach beginnt der Bewilligungszeitraum bei einer Änderung der Leistung (zugunsten des Empfängers) am Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sind. Unabhängig davon, ob der Regelung überhaupt zu entnehmen ist, dass der Bewilligungszeitraum bei späterer Mitteilung erst am Tage dieser Mitteilung bzw mit dem Monatsanfang oder erst mit dem auf die Mitteilung folgenden Monat beginnt, gilt § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII jedenfalls nicht für eine aus einem einmalig erhöhten Bedarf resultierende Veränderung(so auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 25.2). Dafür sprechen sowohl Wortlaut, Historie und Systematik der Vorschrift als auch Sinn und Zweck der Regelung.

19

§ 44 Abs 1 SGB XII macht insgesamt deutlich, dass die Vorschrift nur einen mehr als einmonatigen Bewilligungszeitraum (in der Regel nach Satz 1 zwölf Monate) regelt. Insoweit wird in Satz 2 ausdrücklich auf einen solchen Bewilligungszeitraum Bezug genommen, dessen Beginn aus Praktikabilitätsgründen (Geltung des Monatsprinzips) zugunsten des Leistungsempfängers auf den Monatsanfang vorverlegt wird; Ziel dieser Regelung ist es, eine taggenaue Berechnung möglichst zu vermeiden (Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 25). Deshalb beginnt der neue Bewilligungszeitraum bei einer Änderung der Verhältnisse zu Lasten des Berechtigten nach Satz 3 auch erst mit dem Beginn des Folgemonats. § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII kann sich dann aber nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht auf einmalige Bedarfserhöhungen in einem einzelnen Monat beziehen. Weil der zusätzliche (einmalige) Bedarf an einem bestimmten Tag des Monats eintritt und weder auf den Monatsgesamtbedarf aufzuteilen ist noch sich auf den Bedarf der Folgemonate bezieht, geht es weder um die Vermeidung einer taggenauen Berechnung der Monatsleistung, noch kann, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat, zu einem späteren Zeitpunkt ein neuer Bewilligungszeitraum in Gang gesetzt werden.

20

Die Richtigkeit dieser Auslegung belegen die Gesetzesmaterialien. Zwar existieren keine Gesetzesbegründungen zu § 44 SGB XII selbst; jedoch kann auf die Gesetzesmaterialien zum Grundsicherungsgesetz (GSiG) zurückgegriffen werden (so auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 44 SGB XII RdNr 3). Darin ist zur inhaltlich gleichen Regelung des § 6 GSiG ausgeführt(BT-Drucks 14/5150, S 51 zu § 6), die Leistungen würden in Monatsbeträgen festgesetzt und zeitabschnittsweise bewilligt. Träten Veränderungen in den Verhältnissen ein, die für die Gewährung bzw Höhe der Leistung erheblich seien, müsse dies unverzüglich mitgeteilt werden. Eine hieraus resultierende Veränderung des Anspruches zugunsten der Berechtigten solle dann dazu führen, dass mit dem Ersten des Monats ein neuer Bewilligungszeitraum beginne, in dem die Veränderung eingetreten und mitgeteilt worden sei. Anderenfalls beginne der neue Bewilligungszeitraum mit dem Ersten des Folgemonats nach Eintritt der Veränderung. Wenngleich diese Aussage der Gesetzesbegründung, falls sie sich nicht lediglich auf eine Änderung zu Lasten des Berechtigten bezieht, keine Grundlage in einer gesetzlichen Regelung gefunden hat - sie beruht sonst möglicherweise auf dem vom Senat nicht geteilten Verständnis, die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts fänden überhaupt keine Anwendung (vgl zu dieser Problematik: BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 14 ff; BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R - RdNr 32) -, so zeigt sie doch, dass der Gesetzgeber Änderungen vor Augen hatte, die über die Dauer eines Monats hinaus fortwirken, bezogen auf zusätzliche Bedarfe also in der Folgezeit immer wieder neu entstehen, nicht lediglich als einmaliger Bedarf ungedeckt bleiben.

21

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einer nachträglichen Leistung an die Klägerin § 18 Abs 1 SGB XII nicht entgegen. Danach setzt die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder der von ihm beauftragten Stelle bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistungen vorliegen. Abgesehen davon, dass bei den Grundsicherungsleistungen nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung ohnedies der sogenannte Kenntnisgrundsatz durch das Antragsprinzip ersetzt ist und weder die Fortzahlung von Grundsicherungsleistungen nach Ablauf eines Bewilligungszeitraumes (vgl dazu BSGE 104, 207 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1) noch eine Änderung des Bedarfs während des Bewilligungszeitraums einen neuen Antrag voraussetzt (vgl zur vergleichbaren Situation im Rahmen des SGB II BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38), soll § 18 SGB XII nur einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilferecht sicherstellen(BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 20; Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 18 SGB XII RdNr 13 ff mwN; vgl auch BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 24). Es ist nicht vorrangige Aufgabe des § 18 SGB XII, Leistungen für die Vergangenheit auszuschließen, sondern ein rechtzeitiges Eingreifen des Sozialhilfeträgers auch ohne Antrag zu gewährleisten(BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 24). Die Kenntnis braucht sich deshalb nicht auf die Höhe der zu erbringenden Leistung, sondern allein auf den Bedarf und die Hilfebedürftigkeit beziehen; der Sozialhilfeträger muss also lediglich Kenntnis vom Bedarfsfall als solchem haben (Coseriu, aaO, RdNr 15). Dies war vorliegend der Fall, weil die Klägerin durchgehend im Leistungsbezug stand; ein Antrag auf Leistungen der Grundsicherung war ebenfalls gestellt.

22

Dass die fällige Betriebs- und Heizkostenabrechnung von der Klägerin selbst - ohne die finanzielle Hilfe Dritter - bereits vor der Geltendmachung bei der Beklagten beglichen worden ist, lässt ihren Bedarf und den Anspruch auf höhere Leistungen nicht entfallen. Es gilt insoweit nichts anderes als bei Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 44 SGB X(vgl dazu BSGE 104, 213 ff RdNr 13 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20). Keiner Entscheidung bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob mit Rücksicht auf die in § 48 Abs 4 SGB X angeordnete entsprechende Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X die vom Senat für die rückwirkende Leistungsgewährung im Rahmen des § 44 Abs 4 SGB X aufgestellten Kriterien(vgl BSG aaO) im vollen Umfang gelten. Die von der Betreuerin der Klägerin unterschriebene Erklärung über Nebenkostenabrechnungen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Für das Revisionsgericht bindend hat das LSG hierzu ausgeführt, dass die Klägerin keine vertragliche Willenserklärung abgegeben, sondern lediglich bestätigt habe, die (unzutreffende) Rechtsansicht der Beklagten zur Kenntnis genommen zu haben. Es kann damit dahinstehen, ob ein solcher Vertrag - etwa gemäß § 58 Abs 1 SGB X iVm § 134 Bürgerliches Gesetzbuch wegen eines Verstoßes gegen § 53 Abs 2 SGB X - überhaupt rechtswirksam wäre.

23

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 15. Juli 2010 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ab 1.9.2008.

2

Die Klägerin zu 1 und ihr Sohn, der Kläger zu 2, beziehen seit September 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnen ein im Jahre 1992 gebautes und im Eigentum der Klägerin zu 1 stehendes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 121 qm und einem Grundstück von 978 qm. Im Erdgeschoss des Hauses befinden sich neben Küche und Bad ein Raum, den der Kläger zu 2 bewohnt, sowie ein weiterer Raum, der laufend untervermietet wird. Im Obergeschoss sind ein Bad und zwei Wohnräume gelegen, in denen die Klägerin zu 1 lebt. Das Grundstück ist nach Angaben der Klägerin zu 1 derzeit noch mit 110 000 Euro belastet (ursprüngliche Belastung 291 000 DM, entspricht 148 785,93 Euro).

3

Die tatsächlichen Kosten für Unterkunft (KdU) und Heizung betrugen in der streitigen Zeit 556,43 Euro. Darin enthalten waren 427,82 Euro Unterkunftskosten inklusive Darlehenszinsen in Höhe von 326,94 Euro. Nach Abzug des Warmwasseranteils von den Heizkosten in Höhe von 140 Euro verblieben insoweit 128,61 Euro.

4

Mit Schreiben vom 12.5.2006 wies der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals darauf hin, dass die Unterkunft unangemessen groß und teuer sei. Für einen Zwei-Personen-Haushalt sei eine Wohnfläche von bis zu 60 qm zu einer Kaltmiete inklusive Nebenkosten in Höhe von 340 Euro angemessen, zuzüglich 72 Euro an Heizkosten. Es errechne sich insgesamt ein angemessener Betrag von 412 Euro für monatliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.

5

Auf der Grundlage eines Bescheids vom 20.8.2008 in Gestalt eines Änderungsbescheids vom 3.12.2008 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum ab 1.9.2008 bis Februar 2009 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in Höhe von 412 Euro. Den Widerspruch der Kläger gegen die Absenkung der KdU und Heizung auf das nach Auffassung des Beklagten angemessene Maß wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9.12.2008 zurück.

6

Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage tragen die Kläger vor, trotz der fortlaufenden Aufnahme von Untermietern sei es nicht gelungen, die tatsächlichen KdU und Heizung zu decken. Sie hätten das Haus auch Maklern angeboten, es habe jedoch keiner einen Verkaufsauftrag bezüglich des Objekts annehmen wollen.

7

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und zunächst festgestellt, dass es sich bei dem Eigenheim mit einer Größe von 121 qm für zwei Personen auf einem Grundstück von 978 qm nicht um geschütztes Vermögen iS von § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II handele. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei bei einem Zwei-Personen-Haushalt ein selbstgenutztes Hauseigentum von bis zu 90 qm als angemessen anzusehen, bei einem Drei-Personen-Haushalt - soweit ein Untermieter miteinbezogen würde - von bis zu 110 qm. Grundsätzlich müssten die Kläger daher das Grundstück verwerten. Dies spiele vorliegend aber keine Rolle, weil der Beklagte erklärt habe, dass Immobilieneigentum bis zu einer Wohnfläche von 120 qm bei der Leistungsberechnung generell nicht als verwertbares Vermögen behandelt werde und auch in diesen Fällen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss erbracht würden.

8

Den grundsätzlichen Anspruch der Kläger auf Leistungen für Unterkunft und Heizung habe der Beklagte für den Wohnort der Kläger in nicht zu beanstandender Weise bestimmt. Zutreffend sei er von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm ausgegangen. Den vom Beklagten entwickelten Richtlinien zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten liege ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG zugrunde. Wohnungen in der besagten Größe zu dem als angemessen angesehenen Preis hätten auch tatsächlich im örtlichen Bezugsraum zur Verfügung gestanden. Die Kläger hätten demgegenüber nicht dargelegt, dass sie aktiv nach einer anderen Unterkunft gesucht und keine den Angemessenheitsgrenzen entsprechende Wohnung gefunden hätten.

9

Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und machen geltend, die vom Beklagten herangezogenen Richtlinien entsprächen nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung des BSG an ein schlüssiges Konzept stelle.

10

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 15. Juli 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 20. August 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 3. Dezember 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2008 zu verpflichten, ihnen ab dem 1. September 2008 bis 28. Februar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (derzeit 556,43 Euro) zu gewähren.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Der Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 Sozialgerichtsgesetz) der Kläger ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung an das Landessozialgericht (LSG) begründet (§ 170 Abs 4 SGG). Es kann aufgrund der Feststellungen des SG nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern ein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) für den Zeitraum vom 1.9.2008 bis 28.2.2009 zusteht.

14

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II ebenfalls idF des Gesetzes vom 3.8.2010), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes entstanden ist und im Laufe des gerichtlichen Verfahrens als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (; vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II)tritt. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

15

2. Streitgegenstand des Verfahrens sind allein Ansprüche der Kläger auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.9.2008 bis zum 28.2.2009. Dies ergibt sich aus dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid des Beklagten vom 20.8.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 3.12.2008, mit dem Leistungen für den genannten Zeitraum bewilligt wurden. Diese Bescheide haben die Kläger mit ihrem Widerspruch angegriffen und auf sie bezieht sich auch der Widerspruchsbescheid vom 9.12.2008. Eine Verwaltungsentscheidung über weitere Leistungszeiträume ist nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden. Insofern handelt es sich entgegen der Annahme des SG nicht um einen zeitlich unbegrenzten Antrag, der Streitgegenstand wird vielmehr durch die zugrunde liegenden Bescheide eingegrenzt.

16

An der Zulässigkeit eines nur auf die Überprüfung von Leistungen zu Unterkunft und Heizung gerichteten Rechtsmittels (vgl nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über einen vorher abgeschlossenen Bewilligungsabschnitt nichts geändert.

17

3. Die Begrenzung des Streitgegenstands auf die angemessenen KdU und Heizung enthebt das Tatsachengericht nicht von der Verpflichtung, die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II im Einzelnen festzustellen. Das SG hat weder Feststellungen über das Alter der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 2, noch über deren Erwerbsfähigkeit getroffen. Auch ist die Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft im Hinblick auf das Untermietverhältnis ungeklärt geblieben. Die Hilfebedürftigkeit der Kläger hätte zudem im Hinblick darauf ausdrücklich festgestellt werden müssen, dass die Klägerin zu 1 über Wohneigentum verfügt, das nach den Feststellungen des SG nicht unter die Schutzvorschrift des § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II fällt. Verwertungsmöglichkeiten sind bislang nicht geprüft worden, wobei auch andere Ertragsquellen als der Verkauf in Betracht zu ziehen sind (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 32 bis 34). Dieser Aspekt der Bedarfsprüfung wird durch eine Verwaltungspraxis des Beklagten, wonach Wohnungs- bzw Hauseigentum bis zu 120 qm Wohnfläche bei der Leistungsberechnung generell nicht als verwertbares Vermögen behandelt werden, nicht unbeachtlich. Grundsicherungsträger sind vielmehr auch insoweit an die sich aus § 12 SGB II einerseits und § 22 SGB II andererseits ergebenden gesetzlichen Vorgaben gebunden(vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R -). Danach kommt die Übernahme angemessener KdU nur in Betracht, wenn Betroffene grundsätzlich leistungsberechtigt sind. Dies setzt wiederum voraus, dass der Bedarf auch durch zu berücksichtigendes Vermögen nicht gedeckt werden kann.

18

4. Sollte die weitere Aufklärung des Sachverhalts ergeben, dass die Leistungsvoraussetzungen bei den Klägern vorliegen, sind im Rahmen des Arbeitslosengeldes II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, der insofern bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde). Da innerhalb des Komplexes der Unterkunftskosten nicht eine weitere Begrenzung des Streitgegenstands auf einzelne Elemente des Bedarfs bzw der Angemessenheitsprüfung stattfinden kann (vgl insoweit Urteil des Senats vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen), ist noch die Höhe der angemessenen Heizkosten festzustellen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

19

Zur Ermittlung der Angemessenheit von Unterkunftskosten ist in mehreren Schritten vorzugehen. Zunächst bedarf es zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit der Wohnkosten der Feststellung, welche Größe die von der Bedarfsgemeinschaft bewohnte Wohnung hat (dazu unter a), sodann ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist (dazu unter b).

20

a) Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG seit Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben. Mit Bezug auf die genannte Norm hat das SG eine angemessene Wohnungsgröße für zwei Personen von 60 qm festgestellt. Allerdings ist dabei nicht die maßgebliche Richtlinie über die soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderungsbestimmungen ) vom 27.6.2003 idF vom 1.8.2008 (Niedersächsisches Ministerialblatt 2003, 580) benannt worden, sodass die vom SG angenommene Quadratmeter-Zahl nicht unmittelbar nachvollziehbar ist. Allerdings ergibt sich aus Ziff 11.2 der WFB, dass eine Wohnfläche von 60 qm für zwei Haushaltsmitglieder als angemessen festgelegt ist.

21

b) Es fehlt aber an Feststellungen zu den übrigen Parametern für die Ermittlung der abstrakten Angemessenheit der Unterkunftskosten. Die vom Beklagten entwickelten "Richtlinien zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten" entsprechen trotz des Bemühens, den Anforderungen gerecht zu werden, die die Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten gestellt hat, in einem wesentlichen Punkt nicht den Vorgaben des BSG (vgl zB Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27). Der Beklagte geht nämlich von einer unzureichenden Datengrundlage aus bzw zieht aus den herangezogenen Daten nicht die sachlich gebotenen Schlüsse.

22

Zwar hat der Beklagte eine Datenbasis von 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Wohnungsbestands für die Ermittlung der angemessenen Mietwerte herangezogen (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R), der ausgewählte Wohnungsbestand von 9788 Wohnungen setzt sich allerdings nur aus Wohnungen von Leistungsempfängern nach dem SGB II (zu 78 %), dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (zu 10 %) und Empfängern von Wohngeld (zu 12 %) zusammen. Damit können nur in der Rubrik der Wohngeldempfänger Wohnungen enthalten sein, die auch teurer sind als eine nach SGB II oder SGB XII angemessene Wohnung. Werden aber nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, kann ein Leistungsträger auf alle Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand abstellen, also neben Wohnungen einfachen Standards auch auf solche mittleren und gehobenen Standards und dann aus den so gewonnenen Mietpreisen einen angemessenen Wert ermitteln (BSGE 104, 192, 197 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 21). Der Leistungsträger kann auch - wie vorliegend - bei der Datenerhebung nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde legen, muss als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments wählen. Das vom Beklagten gewählte Verfahren, die errechneten Durchschnittswerte um einen Sicherheitsaufschlag X zu erhöhen, stellt dagegen kein planmäßiges Vorgehen dar. Weder ist die Erhöhung für alle Wohnungsgrößen gleichmäßig erfolgt, noch ist überhaupt erkennbar und ggf mathematisch nachvollziehbar, wie sich die jeweilige Erhöhung errechnet.

23

Bei der Neujustierung der Angemessenheitsgrenze wird auch zu berücksichtigen sein, dass für die Datenerhebung nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht kommen, sondern auch von bereits vermieteten (Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Im Rahmen der Leistung für die Unterkunft ist sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird, so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist (dazu näher und zu Ausnahmen von diesem Grundsatz BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30).

24

5. Im Verfahren vor dem LSG wird daher erneut zu klären sein, wo die Angemessenheitsgrenze für Unterkunftskosten im vorliegenden Fall liegt und ob die Kläger bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Anspruch auf höhere Leistungen der Unterkunft haben. Dabei wird zu beachten sein, dass die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten ist, dh die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10).

25

Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.