Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 20. Feb. 2018 - L 4 KA 8/15
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. September 2014 und der Bescheid vom 19. Mai 2011 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 849.039,72 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen der Arzneimittelverordnungen der Klägerin im Jahr 2007, den der Beklagte im Wege der Richtgrößenprüfung festgesetzt hatte.
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Die Klägerin ist eine seit dem Quartal I/2007 bestehende überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft zweier Orthopäden. Ihr Mitglied Dr. Z... war von 2002 bis September 2007 im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung für orthopädische Rheumatologie mit der Zusatzbezeichnung für Osteologie tätig, vor Gründung der Klägerin in einer Einzelpraxis.
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Die Prüfungsstelle der Vertragsärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein (Prüfungsstelle) teilte der Klägerin mit Schreiben vom 8. September 2009 mit, dass ihre Verordnungen von Arznei- und Verbandmitteln im Jahr 2007 das Richtgrößenvolumen um 603,86 % überschritten habe. Sie bat hierzu um Stellungnahme. Die Klägerin rügte den Umfang des Verordnungsvolumens, das Auswahlverfahren für die Richtgrößenprüfung, die verspätete Festlegung der Richtgrößen, die Zuordnung der Verordnungsdaten und angesichts erfolgter Einzelfallprüfungen für das Jahr 2007 die Durchführung von Doppelprüfungen. Ferner machte sie die Behandlungen von Rheuma- und Osteoporosepatienten als Praxisbesonderheiten geltend. Die Prüfungsstelle bot der Klägerin am 16. November 2009 eine individuelle Richtgrößenvereinbarung für Arznei- und Verbandmittel an (Mitglieder: 10,22 €, Familienangehörige: 3,92 €, Rentner: 19,11 €). Das Angebot nahm die Klägerin nicht an. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2009 setzte die Prüfungsstelle für den Mehraufwand an Verordnungen einen Regress in Höhe von 1.117.102,58 € netto fest. Für die Quartale des Jahres 2007 wurden daneben Einzelfallprüfungen wegen der Arzneimittelverordnungen durchgeführt.
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Dagegen legte die Klägerin am 17. Dezember 2009 Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass die Richtgrößenprüfung für das Jahr 2006 gegenüber Dr. Z... keine Unwirtschaftlichkeit der Arzneimittelverordnungen ergeben habe. Die mehrfache Überprüfung derselben Quartale auf unwirtschaftliche Verordnungen sei unzulässig. Sie machte die Behandlung von Rheumapatienten mit TNF-Alpha-Inhibitoren und die Behandlung von Osteoporosepatienten mit dem Medikament Forsteo als Praxisbesonderheiten geltend. Hierzu machte sie Ausführungen zu der Anwendung der Medikamente. Insbesondere bei den TNF-alpha-Inhibitoren handle es sich um eine neue Arzneimittelgruppe, die auf molekularbiologischer Grundlage unter Nutzung der Gentechnologie hergestellt werde. Sie stellten seither eine wichtige Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten bei chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen dar.
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Mit Bescheid vom 19. Mai 2011 reduzierte der Beklagte den Regress auf 849.039,72 €. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Aufgreifkriterien für eine Richtgrößenprüfung seien erfüllt. Der Praxisschwerpunkt Rheumatologie der Klägerin könne nur bedingt als Praxisbesonderheit anerkannt werden. Dr. Z... habe Patienten mit rheumatischen Erkrankungen regelmäßig mit den Medikamenten Humira (Wirkstoff Adalimimab) und Enbrel (Wirkstoff Etanercept) behandelt. Dies seien außergewöhnlich teure TNF-alpha-Inhibitoren, deren wirtschaftlicher Einsatz nach den Therapieempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) oder nach den Therapiehinweisen gemäß den Arzneimittel-Richtlinien an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft sei. Gemäß Anlage 3 zur Richtgrößenvereinbarung 2006 dürften sie nur fallbezogen und indikationsabhängig und nur unter der Voraussetzung als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden, dass zuvor die bei der Prüfungsstelle eingerichtete paritätisch besetzte Zweitmeinungskommission den zulassungskonformen und indikationsgerechten Einsatz dieser Wirkstoffe geprüft und bestätigt habe. Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Prüfung sei für keinen der 2007 mit den Medikamenten behandelten Patienten ein Zweitmeinungsverfahren beantragt worden. Nachträglich habe die Klägerin Anträge für 30 Patienten gestellt, hiervon habe die Kommission in 23 Fällen eine positive Bewertung abgegeben. Von diesen 23 Fällen seien 2007 nur 18 durch Dr. Z... medikamentös behandelt worden, davon wiederum 15 im Rahmen einer TNF-alpha-Therapie. Die Kosten hierfür seien bei dem Regress berücksichtigt worden. Ferner seien die Kosten für das Medikament Enbrel für 2 Patienten herausgerechnet worden, für die zwar kein Zweitmeinungsverfahren beantragt worden sei, bei denen jedoch auf Antrag der Krankenkasse eine Einzelfallprüfung eine wirtschaftliche Verordnungsweise ergeben habe. Unter Berücksichtigung dieser Kosten reduziere sich der Regress auf die festgesetzte Summe. Zu Unrecht verweise Dr. Z... darauf, dass er selbst Zweitmeinungsarzt sei. Dies entbinde ihn nicht von der Durchführung des Zweitmeinungsverfahrens. Andere Antirheumatika seien bereits gemäß Anlage 2 der Richtgrößenvereinbarung oder in deren analoger Anwendung aus dem Verordnungsvolumen herausgerechnet worden. Auch die osteologische Tätigkeit von Dr. Z... könne nur eingeschränkt als Praxisbesonderheit anerkannt werden. Die Behandlung von Osteoporose sei grundsätzlich eine originäre orthopädische Behandlung, jedoch sei ein Mehrbedarf der Praxis der Klägerin für 91 Patienten anzuerkennen. Weitere 59 Patienten, für die ein Mehrbedarf zu berücksichtigen gewesen wäre, seien bereits als außergewöhnlich kostenintensive Fälle in vollem Umfang anerkannt worden. Über diese Mehrbedarfsberechnung hinaus könnten weitere Verordnungskosten nicht als Praxisbesonderheiten anerkannt werden. Für Mittel der Osteoporosebehandlung habe die Klägerin 2007 Gesamtkosten von 383.987,69 € aufgewendet, von denen etwa 90 % auf den relativ teuren Wirkstoff Teriparatid (Forsteo) entfalle. Hierzu habe der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) mit Wirkung vom 24. März 2007 einen Therapiehinweis beschlossen. Danach sei Teriparatid nur ein Mittel der zweiten Wahl für die Behandlung der manifesten Osteoporose, das lediglich definierten Ausnahmefällen vorbehalten bleiben solle. Die Kosten einer Tagestherapie hierfür überschritten die Kosten herkömmlicher Bisphosphonate um das 35 -fache. Ein Großteil der Verordnungen sei daher unwirtschaftlich. Die parallel vorgenommenen Einzelfallprüfungen für Forsteo und TNF-alpha- Inhibitoren bestätigten das Bild der Unwirtschaftlichkeit. Die Richtgrößensumme sei zutreffend berechnet worden. Für die Rabatte sei der pauschale Prozentsatz nach den Rabattverträgen abgezogen worden.
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Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 23. Mai 2011 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Sie hat gerügt, für 2007 seien Richtgrößen nicht rechtzeitig bekannt gegeben worden. Vielmehr hätten die Richtgrößen für das Jahr 2006 fortgegolten, obwohl diese um 9,1 % hätten angepasst werden müssen. Für spezialisierte Bereiche seien Richtgrößen überhaupt kaum darstellbar. Bundesweite Erhebungen hätten hierbei Abweichungen in den maßgeblichen Größen bis zu 100 % ergeben. Die Definition von Praxisbesonderheiten sei durch die unterschiedlichen Abweichungen gar nicht möglich. Die Klägerin hat das Verordnungsvolumen bestritten. Die Rabattverträge mit den Apotheken seien nicht offen gelegt worden. Ferner seien die Zuzahlungen und die Abzüge nach § 130 a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht herausgerechnet worden. In zahlreichen Fällen habe sie die aut-idem-Regelung angewandt. Die tatsächlichen Abzugsbeträge der Apotheken seien nicht bekannt. Die Beklagte habe die Praxisbesonderheiten, die sie selbst hätte feststellen müssen, nicht hinreichend quantifiziert und berücksichtigt. Dabei sei es fehlerhaft, die Verordnung von Medikamenten zwingend von einem Zweitmeinungsverfahren abhängig zu machen. Ein solches sei nur landesrechtlich, nicht aber bundesrechtlich vorgesehen, da auf Bundesebene rechtliche Bedenken gegen ein obligatorisches Zweitmeinungsverfahren bestanden habe. Die Anlage 3 zur Richtgrößenvereinbarung besage im Übrigen lediglich, dass Erkenntnisse aus Zweitmeinungsverfahren zu berücksichtigen seien, diese Verfahren seien jedoch nicht obligatorisch durchzuführen. Im Übrigen seien ihre Ärzte selbst Spezialisten; daher sei die Durchführung eines Zweitmeinungsverfahrens überflüssig. Da ihr die Patienten überwiesen würden, hätten sich bereits zwei Ärzte über die Arzneimittelbehandlung abgestimmt. Tatsächlich seien Zweitmeinungsverfahren durchgeführt worden, deren Ergebnisse der Beklagte jedoch nicht berücksichtigt habe. Sie behandle zwar nur wenige Fälle mit Forsteo und TNF-alpha-Inhibitoren. Diese verursachten jedoch einen sehr großen Kostenaufwand. Sogenannte Verdünnerscheine fehlten bei ihr, da sie chronische Erkrankungen behandle. 50 Patienten verursachten Kosten von über 1 Million €. Bezeichnenderweise sei die Richtgröße für Arzneimittel der internistischen Rheumatologen um ein Vielfaches höher als die der orthopädischen Rheumatologen. Insofern werde sie der falschen Prüfungsgruppe zugerechnet, die nicht homogen sei. Sie behandle viele chronische Patienten. In Schleswig-Holstein gebe es nur vier rheumatologisch tätige Ärzte. Es sei dabei fraglich, ob diese anderen auch Osteoporose-Patienten behandelten. Unter Anwendung der Richtgröße für die internistischen Rheumatologen ergäbe sich für sie ein Verordnungsvolumen von 1.075.038,81 €, tatsächlich seien nur 108.420,85 € als Richtgröße zu Grunde gelegt worden. In anderen KV-Bezirken seien eigene Gruppen für Rheumatologen gebildet worden. Zu Unrecht habe der Beklagte 91 Osteoporose-Patienten zwar als Praxisbesonderheit anerkannt, jedoch nur mit einem Mehranteil herausgerechnet; richtigerweise hätten diese vollständig berücksichtigt werden müssen. Sie behandele die Patienten mit Bisphosphonaten, die sehr kostenintensiv seien. Daher würden sie in anderen KV-Bezirken vollständig als Besonderheit berücksichtigt. Zu Unrecht habe der Beklagte das Medikament Forsteo nicht ebenfalls als Besonderheit anerkannt. In anderen KV-Bezirken würden TNF-alpha-Inhibitoren als Medikamente für die Behandlung rheumatischer Patienten grundsätzlich aus den Arzneimittelverordnungen herausgerechnet. Die Klägerin hat darüber hinaus gerügt, dass über eine individuelle Richtgröße nicht verhandelt worden sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2011 aufzuheben, soweit aufgrund der Richtgrößen-Prüfung für Arznei- und Verbandmittel für das Jahr 2007 ein Regress festgesetzt worden ist.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat ausgeführt, für 2007 hätten die Richtgrößen des Jahres 2006 fortgegolten. Richtgrößen gälten nach der Rechtsprechung des BSG, bis eine neue Vereinbarung in Kraft trete. Im Übrigen sei für 2007 eine Best-Regelung zugunsten der Klägerin angewandt worden. Wenn sich bei retrospektiver Betrachtung höhere Richtgrößen-Beträge als bei der prospektiven Ermittlung ergeben habe, seien die höheren Beträge für die Richtgrößenprüfung 2007 herangezogen worden. Spezialpraxen seien durch die Bildung der Richtgrößen nicht benachteiligt. Die Klägerin habe 2007 Verordnungskosten von insgesamt 2.011.972,11 € gehabt, von denen 1.474.166,20 € auf die TNF-alpha-Inhibitoren entfallen seien. Wären diese Medikamente indikationsgerecht und vereinbarungskonform verordnet worden und läge eine positive Zweitmeinung vor, wären ihre Verordnungen kostenneutral und würden als Praxisbesonderheit berücksichtigt. Dies gelte auch für eine weitere Reihe von Medikamenten, die die Klägerin verordnet habe, wie Ciclosporin, Methotrexat, Oxycodon u.a. Es verbiete sich ein Ländervergleich der Richtgrößen, da in den unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Modalitäten zur Bestimmung der Richtgrößen beständen. Praxisbesonderheiten ergäben sich nicht aus einem bestimmten Behandlungsverhalten, sondern aus den Erkrankungen der Patienten. Die Durchführung des Zweitmeinungsverfahrens beruhe auf einer Bundesempfehlung der kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zu Richtgrößen vom 21. Februar 2000. Nach der Prüfvereinbarung (PrüfV) sei es obligatorisch. Grundsätzlich sei die Teilnahme am Zweitmeinungsverfahren zwar freiwillig. Jedoch müsse jeder Vertragsarzt, der TNF-alpha-Inhibitoren verordne, wissen, dass im Fall einer Richtgrößenprüfung die Kosten für die Arzneimittel nur unter den konkret dargelegten Voraussetzungen für die Durchführung eines Zweitmeinungsverfahren anerkannt werden könnten. Angesichts einer Richtgrößensumme von 283.732,96 € und einem Verordnungsvolumen von 2.011.972,11 € habe die Klägerin erkennen können, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Richtgrößenprüfung durchgeführt werde. Das Zweitmeinungsverfahren sei auch für spezialisierte Ärzte zwingend. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Kommission für das Zweitmeinungsverfahren paritätisch besetzt sei. Das Verordnungsvolumen und der Nettoregress seien zutreffend berechnet worden. Die Abzüge nach § 106 Absatz 5c SGB V seien berücksichtigt worden. Die aut-idem-Regelung sei einem Vertragsbeitritt nach § 130 a Abs. 8 SGB V nicht gleichzusetzen. Die Datengrundlage für die Richtgrößenprüfung sei normgerecht erhoben worden. Es sei zu berücksichtigen, dass die verordneten Arzneimittel gegen Osteoporose nahezu vollständig berücksichtigt worden seien, unabhängig davon, ob ihre Verordnung wirtschaftlich sei. Dabei seien Kosten in Höhe von 383.987,69 € entstanden. Die besonders kostenintensiven Behandlungsfälle seien mit einem Volumen von 366.368,99 € pauschal berücksichtigt worden. Die Verordnungsweise von Dr. Z... werde seit 2003 überprüft. Er habe am 27. November 2007 für 2003 eine individuelle Richtgrößen-Vereinbarung unterzeichnet, die in den Folgejahren mehrfach verlängert worden sei, zuletzt bis zum Quartal IV/2012. Mit Schreiben vom 16. November 2009 sei der Mehraufwand für 2007 mitgeteilt worden und der Klägerin sei zur Aussetzung der Regressfestsetzung die Verlängerung der bestehenden Richtgrößen-Vereinbarung angeboten worden. Es sei somit keine neue individuelle Richtgrößen-Vereinbarung auszuhandeln gewesen, sondern der Klägerin sei die Verlängerung der bereits bestehenden Richtgrößen-Vereinbarung vom November 2007 mit dem Ziel einer weiteren Aussetzung eines Regresses angeboten worden.
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Das Sozialgericht Kiel hat mit Urteil vom 10. September 2014 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Richtgrößenvereinbarung sei wirksam zustande gekommen. Die Richtgrößen für das Jahr 2006 seien für das Jahr 2007 fortgeführt worden. Im Zuge der Neuberechnung der Richtgrößen für 2008 seien diejenigen für 2006 bzw. 2007 überprüft worden. Soweit sich bei der retrospektiven Korrektur der Richtgrößen für 2006/2007 höhere Beträge ergeben hätten, seien diese für die Richtgrößenprüfung 2007 zugunsten der Klägerin herangezogen worden. Die Anwendung der Richtgrößenvereinbarung sei nach den Darlegungen der Beklagten nicht zu beanstanden. Trotz der Spezialisierung ihrer Ärzte sei auch für die Klägerin das Zweitmeinungsverfahren durchzuführen, es sei nicht nur für Hausärzte verbindlich. Denn die Therapien mit den TNF-alpha-Inhibitoren dürften ausschließlich von entsprechend spezialisierten Fachärzten mit hinreichender Erfahrung durchgeführt werden, auf die sich folglich das Zweitmeinungsverfahren beziehe. Da Dr. Z... selbst im Zweitmeinungsverfahren tätig sei, müsse ihm die Bedeutung des Verfahrens bekannt sein. Es sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nicht für alle Patienten, denen TN F-alpha-Inhibitoren verordnet worden seien, Zweitmeinungsverfahren habe durchführen lassen.
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Gegen die ihren Prozessbevollmächtigten am 12. Februar 2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 11. März 2015 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. In Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags rügt die Klägerin erneut die mehrfache Überprüfung der Arzneimittelverordnung in unterschiedlichen Prüfverfahren. Ein mehrfacher Regress sei nicht zulässig. Tatsächlich sei eine individuelle Richtgröße für das Jahr 2007 nicht ausgehandelt worden. Es sei ihr zwar der Entwurf vom 16. November 2009 übersandt worden, der sich aber nur die vorbestehende Richtgröße bezogen habe. Mit Schreiben vom 24. November 2009 sei um einen Erörterungstermin für die Richtgröße gebeten worden, die Verhandlung habe aber nicht stattgefunden. Tatsächlich sei ihr nur eine Fortführung der früheren individuellen Richtgrößenvereinbarung angeboten worden. Jedoch wäre eine echte Verhandlung hierüber erforderlich gewesen. Von Internisten würden keine Zweitmeinungsverfahren verlangt. In allen nachträglich durchgeführten Verfahren seien ihre Therapien als plausibel anerkannt und Zustimmungen für die Zukunft erteilt worden. Die Arzneimittelverordnungen für 2007 beträfen dieselben Patienten wie die der Folgejahre. Darüber hinaus seien Zweitmeinungsverfahren nicht obligatorisch, sondern lediglich optional. Der Beklagte müsse Praxisbesonderheiten eigenständig prüfen.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. September 2014 und den Bescheid vom 19. Mai 2011 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er führt aus, doppelt festgesetzte Regresse seien zu berücksichtigen; das sei ständige Verfahrenspraxis. § 106 Absatz 5d Satz 1 SGB V erlaube keine individuelle Reduzierung des sich eigentlich errechnenden Regresses. Der Klägerin sei das Verfahren aus der Vergangenheit bekannt. Sie sei der richtigen Vergleichsgruppe zuordnet worden. Faktisch seien nahezu alle Arzneimittel für die Behandlung rheumatologischer Erkrankungen über die Anlagen der Richtgrößenvereinbarung entlastend berücksichtigt worden. Dadurch, dass spezifische Kosten aus dem Verordnungsvolumen herausgerechnet worden seien, sei die Vergleichbarkeit einer rheumatologisch ausgerichteten mit einer konservativ oder operativ ausgerichteten orthopädischen Praxis hergestellt. Die Einteilung der Richtgrößen beruhe auf vertraglichen Vereinbarungen und unterliege nicht dem Ermessen der Prüfgremien. Es sei daher richtig, Praxisbesonderheiten anzuerkennen, aus dem Verordnungsvolumen heraus zu rechnen und somit die Vereinbarkeit von Praxen mit unterschiedlichen Schwerpunkten herzustellen. Die Bewertung der individuellen Besonderheiten der Praxis erfolge in einem zweiten Schritt. Die Klägerin könne auch nicht mit einer internistischen rheumatologischen Praxis verglichen werden, denn die höheren Richtgrößen der Internisten seien nicht durch die kostenintensiven Rheumamedikamente, sondern durch die Kosten der grundsätzlichen internistischen Ausrichtung der Praxen begründet. Der Regress gegenüber der Klägerin beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Verordnung von TNF-alpha-Inhibitoren an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft sei, die hier nicht erfüllt seien. Die Prüfvereinbarung und die Richtgrößenvereinbarung sähen die Durchführung von Zweitmeinungsverfahren verbindlich vor. Die Verordnung mehrerer rheumatologischer Wirkstoffe sei durch verbindliche Regelungen an eine positive Zweitmeinung geknüpft. Im Falle positiver Bewertungen im Zweitmeinungsverfahren seien die entsprechenden Verordnungen von der Verordnungssumme abgezogen worden. Über die Vertragsvereinbarungen hinaus seien dabei auch die Ergebnisse nachträglicher Zweitmeinungsverfahren berücksichtigt worden.
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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten, die Verfahrensakte und die Akte L 4 KA 9/15 ER verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz statthaft und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingegangen.
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Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte als Ergebnis einer Richtgrößenprüfung für das Jahr 2007 einen Regress in Höhe von 849.039,72 € gegen die Klägerin festgesetzt. Der Bescheid vom 19. Mai 2011 ist rechtswidrig. Der Berufung war daher stattzugeben und das die Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. September 2014 sowie der angefochtene Bescheid waren aufzuheben.
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Rechtsgrundlage für die Richtgrößenprüfung sind § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 7 der zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein geschlossenen Prüfvereinbarung (PrüfV) 2006 sowie die zwischen ihnen geschlossenen Richtgrößenvereinbarungen vom 6. Juli 2006 und 21. November 2007. § 106 Abs. 2 Nummer 1 SGB V sieht die Prüfung der Wirtschaftlichkeit durch eine arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreiten der Richtgrößenvolumina nach § 84 SGB V (Auffälligkeitsprüfung) vor. Gemäß § 84 Abs. 1 SGB V schließen die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit der Kassenärztlichen Vereinigung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Arzneimitteln zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Gemäß § 84 Abs. 6 SGB V vereinbaren die vorgenannten Vertragspartner zum 15. November für das jeweils folgende Kalenderjahr zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Leistungen nach § 31 SGB V arztgruppenspezifische fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Berücksichtigung der nach Abs. 1 getroffenen Arzneimittelvereinbarung. Zusätzlich sollen die Vertragspartner die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen. Die Richtgrößen leiten den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arzneimitteln nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Überschreitung des Richtgrößenvolumens löst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Absatz 5a SGB V unter den dort genannten Voraussetzungen aus.
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Für das Jahr 2007 haben die Vertragspartner in Schleswig-Holstein keine Richtgrößenvereinbarung abgeschlossen. Für das Jahr 2006 galt die Richtgrößenvereinbarung vom 6. Juli 2006, für das Jahr 2008 die vom 21. November 2007. Die Anlage 4 der Richtgrößenvereinbarung vom 6. Juli 2006 sah für die Fachgruppe der Orthopäden, der die Klägerin zuzuordnen ist, für Mitglieder eine Richtgröße i.H.v. 8,46 €, für Familienversicherte eine Richtgröße i.H.v. 4,02 € und für Rentner eine Richtgröße i.H.v. 17,20 € vor. Die Anlage 5 der Richtgrößenvereinbarung vom 21. November 2007 sah für die Fachgruppe für Mitglieder eine Richtgröße i.H.v. 8,68 €, für Familienangehörigen eine Richtgröße i.H.v. 4,22 € und für Rentner eine Richtgröße i.H.v. 17,68 € vor. Die Werte der Ergänzungsvereinbarung zur Richtgrößenvereinbarung 2008 vom 21. April 2008 kommen hier nicht zur Anwendung, denn sie galten erst für das 2. Halbjahr 2008. Die Beklagte hat ausgeführt, dass sie in Ermangelung einer Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2007 eine Günstigkeitsregelung angewandt hat, d.h. dass die jeweiligen höheren Werte aus den Vereinbarungen 2006 und 2008 herangezogen worden sind. An dieser Vorgehensweise, die von der Klägerin nicht bestritten wird, ist aus Sicht der Klägerin nichts zu beanstanden, da sie zu ihren Gunsten erfolgte.
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Gemäß § 106 Abs. 5 SGB V entscheidet die Prüfungsstelle, welche Maßnahmen bei einem Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu treffen sind. Dabei sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle können sowohl die Ärzte als auch die Verbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung den Beklagten anrufen. Die Regelungen des sozialgerichtlichen Vorverfahrens sind insoweit anzuwenden. Gemäß § 106 Absatz 5a SGB V werden Beratungen durchgeführt, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes das maßgebliche Richtgrößenvolumen in einem Kalenderjahr um mehr als 15 % übersteigt. Bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % hat der Vertragsarzt nach Feststellung durch die Prüfungsstelle den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die Prüfungsstelle soll vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu 1/5 zum Inhalt haben kann. Gemäß § 106 Absatz 5c SGB V setzt die Prüfungsstelle den den Krankenkassen zustehenden Betrag nach § 106 Absatz 5a SGB V fest. Die nach Maßgabe der Gesamtverträge zu entrichtende Vergütung verringert sich um diesen Betrag. Die Kassenärztliche Vereinigung hat in der jeweiligen Höhe Rückforderungsansprüche gegen den Vertragsarzt, die der an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtenden Vergütung zugerechnet werden. Gemäß § 106 Absatz 5b SGB V wird ein zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit die Prüfungsstelle mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung der Praxisbesonderheiten gewährleistet. Die individuelle Richtgröße ist für den Zeitraum von 4 Quartalen zu vereinbaren und für den folgenden Zeitraum zu überprüfen. Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 7, 2. Halbsatz SGB V muss die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden Mehraufwandes nach Absatz 5a innerhalb von 2 Jahren nach Ende des geprüften Verordnungszeitraums erfolgen.
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Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Regresses wegen der Arzneimittelverordnungen der Klägerin im Jahr 2007 sind dem Grunde nach erfüllt.
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Die Verordnungen der Klägerin überschritten 2007 den Fachgruppendurchschnitt um mehr als 25 %. Die Klägerin ist zu Recht der Fachgruppe der Orthopäden zugerechnet worden. Die Fachgruppeneinteilung ergibt sich jeweils aus den Anlagen 1 der Richtgrößenvereinbarungen für die Jahre 2006 und 2008. Darin ist eine Unterscheidung der Fachgruppe der Orthopäden nicht vorgenommen worden und insbesondere keine Gruppe der rheumatologisch tätigen Orthopäden vorgesehen. Eine Differenzierung und eine spezielle Fachgruppe für Rheumatologen sehen die Fachgruppeneinteilungen lediglich bei den Internisten vor. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Einteilungen in den Anlagen 1 ist diese Differenzierung für die Fachgruppe der Internisten auf Orthopäden nicht entsprechend anzuwenden. Die Fachgruppeneinteilung ist für die Klägerin verbindlich; dies ergibt sich aus § 95 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Danach sind für die Vertragsärzte die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung verbindlich. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, dass infolge ihrer vornehmlich rheumatologischen und osteologischen Behandlung der Patientinnen und Patienten eine Vergleichbarkeit mit der Gruppe der übrigen Orthopäden nicht gegeben sei. Bei der Festsetzung der Fachgruppen in den Anlagen 1 zu den Prüfvereinbarungen steht den Vertragspartnern ein Ermessensspielraum zu. Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragspartner diesen Spielraum überschritten haben, sieht der Senat nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass die verschiedenartig tätigen Vertragsärzte zu gemeinsamen Arztgruppen zusammengefasst werden und dass die Unterschiede der Behandlungsspektren im Rahmen von Praxisbesonderheiten berücksichtigt werden (vergleiche dazu BSG vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 45/14 R – SozR4-2500 § 106 Nr. 53). Entsprechend wurde auch im Fall des Klägers verfahren, indem die rheumatologische Tätigkeit als Praxisbesonderheit anerkannt wurde und die dafür erfolgten Arzneiverordnungen aus dem Gesamt-Verordnungs-volumen herausgerechnet wurden. Dass es dabei zu keiner weitergehenden Berücksichtigung der Verordnungen der Arzneimittel Forsteo und TNF-alpha-Inhibitoren kam, hat nur zum Teil seine Begründung im Wirtschaftlichkeitsgebot, sondern überwiegend darin, dass nach Auffassung des Beklagten die Voraussetzungen für die Verordnungen nicht erfüllt waren. Der Beklagte oder die Prüfungsstelle haben es auch nicht fehlerhaft unterlassen, mit der Klägerin eine Vereinbarung gemäß § 106 Absatz 5a Satz 4 SGB V abzuschließen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Klägerin vorträgt – entsprechend geführte Gespräche lediglich eine Verlängerung der vorher bereits bestehenden entsprechenden Vereinbarungen zum Gegenstand hatten. Denn § 106 Absatz 5a Satz 4 SGB V sieht lediglich eine Reduzierung des Regressbetrages um höchstens 1/5 vor. Indem der Beklagte der Klägerin eine entsprechende Reduzierung anbot, war sein gesetzlicher Entscheidungsspielraum ausgeschöpft. Weiterer Verhandlungsgespräche bedurfte es daher nicht mehr. Die Regressfestsetzung ist auch nicht nach § 106 Absatz 5a SGB V verfristet, denn die Frist von 2 Jahren des § 106 Abs. 2 Satz 7 SGB V ist eingehalten. Die Entscheidung der erstinstanzlichen Prüfungsstelle ist fristwahrend, es kommt nicht auf die Entscheidung des Beklagten innerhalb der gesetzlichen Frist an (BSG vom 16. Juni 1993 - B 6 RKa 37/91 - juris zur vorher geltenden richterlich entwickelten 4 Jahresfrist). Für den Beginn der Ausschlussfrist hat das BSG unter Geltung der richterrechtlich entwickelten 4 Jahresfrist auf das Ende des geprüften Verordnungszeitraums abgestellt, wobei der Verordnungszeitraum im allgemeinen ein Quartal betrifft, in Sonderfällen aber mehrere Quartale umfassen kann (BSG vom 18. August 2010 - B 6 KA 14/09 - und vom 14. April 2014 - B 6 KA 13/13 R - jeweils juris). Bei Richtgrößenprüfungen ist auf ein volles Kalenderjahr als Verordnungszeitraum abzustellen, denn § 106 Abs. 2 Satz 5 SGB V sieht vor, dass die Prüfung der Richtgrößenvolumina für den Zeitraum eines Jahres durchzuführen ist. Dies ist in § 7 Absatz 3 PrüfV dahingehend spezifiziert, dass auf alle 4 Quartale eines Kalenderjahres abzustellen ist. War somit eine kalenderjährliche Prüfung vorgesehen, endete der maßgebliche Zeitraum am 31. Dezember 2007 (vergleiche Urteil des Senats vom 14. Juni 2016 – L 4 KA 3/14). Der Bescheid der Prüfungsstelle vom 14. Dezember 2009 erging daher fristgerecht.
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Indem der Senat trotz der gegebenen Voraussetzungen für einen Regress wegen der Verordnungen von Arznei- und Heilmitteln im Jahr 2007 die Regressfestsetzung des Beklagten als rechtswidrig ansieht, berücksichtigt er, dass der Beklagte wegen der Arzneimittelverordnungen derselben Quartale Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Form von Einzelprüfungen vorgenommen und dabei Regresse festgesetzt hat, die sich jedenfalls zum Teil mit dem Regress im Rahmen der Richtgrößenprüfung überschneidet, ohne dass gewährleistet ist, dass die Klägerin nicht wegen der doppelten Regressfestsetzung doppelt in Anspruch genommen wird.
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Dem Regress in dem Bescheid vom 19. Mai 2011 liegen die gesamten Arzneimittelverordnungen der Klägerin der Quartale des Jahres 2007 zu Grunde. Wegen derselben Quartale führte der Beklagte ferner Einzelfallprüfungen im Sinne des § 10 PrüfV 2006 durch. Die Beigeladenen hatten diese für die 4 Quartale am 7. Dezember 2007 sowie 14. März, 7. Juli und 16. September 2008 beantragt. Die Prüfungsstelle setzte mit Bescheid vom 12. September 2008 wegen der Verordnung des Arzneimittels Forsteo zulasten der AOK u.a. in den Quartalen I bis IV/2007 einen Regress fest, der Gegenstand des bei dem Senat anhängigen und am selben Tag entschiedenen Berufungsverfahrens L 4 KA 11/15 ist. Mit weiteren Bescheiden vom 12. September 2008, 21. September 2009 und 25. August 2010 setzte die Prüfungsstelle für die Verordnung von TNF-alpha-Inhibitoren u.a. in den Quartalen I bis IV/2007 zulasten der AOK einen Regress fest, der Gegenstand des beim Senat anhängigen und ebenfalls am selben Tag entschiedenen Berufungsverfahrens L 4 KA 10/15 ist. Da diese Medikamente auch Gegenstand der gesamten Verordnungsmenge der Klägerin im Jahr 2007 sind, entfällt der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Regress auch auf sie; es liegt damit eine doppelte Regressfestsetzung für denselben eingetretenen Schaden vor.
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Das BSG hat bislang offen gelassen, ob eine doppelte Regressfestsetzung im Wege der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Arzneimittelverordnungen überhaupt zulässig ist (vergleiche BSG vom 13. Mai 2015 – B 6 KA 18/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 51, Rn. 45). Es hat jedoch die Forderung aufgestellt, dass im Falle konkurrierender Prüfverfahren jedenfalls sichergestellt sein müsse, dass nicht eine doppelte Vollstreckung von Prüfbescheiden zu einer mehrfachen Durchsetzung von Forderungen wegen desselben Schadens führen dürfe (BSG vom 28. September 2016 – B 6 KA 44/15 R – juris, Rn. 24). Diese Sicherheit ist für die Klägerin nicht gegeben. In Form des angefochtenen Bescheides und der Bescheide in den vorgenannten Verfahren der Einzelfallprüfungen liegen Titel für die jeweiligen gesamten, sich betragsmäßig überschneiden Regressforderungen vor, ohne dass sie eine Einschränkung oder eine anrechnungsbeschränkende Aussage enthielten. Damit ist die Klägerin der Vollziehung dieser mehrfachen Regressforderung ausgesetzt. Die Prüfvereinbarung vom 5. Januar 2006 enthält keine Regelung, nach der Regressfestsetzungen wegen desselben Schadensbetrages aufeinander angerechnet werden müssten. § 14 enthält entsprechend § 106 Abs. 5c Satz 3 SGB V vielmehr die Regelung, dass die Beigeladene zu 6) den vollziehbar festgesetzten Regressbetrag aus verordneten Leistungen bzw. aus Schadensersatz mit den beteiligten Krankenkassen unmittelbar nach der Mitteilung durch die Geschäftsstelle verrechnet. Die Beigeladene zu 6) hat in der jeweiligen Höhe Rückforderungsansprüche gegen den Vertragsarzt. Daraus folgt, dass die Festsetzungen der Entscheidungen des Beklagten für die Beigeladene zu 6) verbindlich sind. Demgemäß hat diese mit Schriftsatz vom 14. Februar 2018 erklärt, sie sehe sich nicht für eine Verrechnung der Regresse zur Vermeidung einer etwaigen doppelten Regressierung verantwortlich. Somit steht die Klägerin einer doppelten Inanspruchnahme wegen desselben Schadens gegenüber.
- 30
Allerdings hat das BSG im Urteil vom 28. September 2016 (aaO, Rn. 23) ausgeführt, dass die Richtgrößenprüfung als statistische Vergleichsprüfung inhaltlich weitergehend ist als andere Prüfungsarten, insbesondere die Einzelfallprüfung, weil sie über das gesamte Behandlungsverhalten eine umfassendere Aussage ermöglicht. Daher sei sie vorrangig gegenüber anderen Prüfverfahren durchzuführen. Dieser Gesichtspunkt führt im Fall der Klägerin jedoch nicht dazu, dass die Richtgrößenprüfung auf der vorliegenden Grundlage des angefochtenen Bescheides durchzuführen wäre und die Einzelfallprüfungen nachrangig wären. Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Einzelfallprüfungen gemäß § 10 Absatz 2 PrüfV 2006 auf Antrag der Beigeladenen zu 1) bis 5) erfolgten und die Festsetzungen der Prüfungsstelle vor der ersten Festsetzung im Rahmen der Richtgrößenprüfung erfolgten. Der Bescheid der Prüfungsstelle hierüber erging am 14. Dezember 2009. Zu diesem Zeitpunkt waren die Einzelfallregresse bereits von der Prüfungsstelle festgesetzt. Dabei ist es ferner unerheblich, dass die (Widerspruchs-) Entscheidung des Beklagten für alle Verfahren einheitlich am 19. Mai 2011 erging. Denn bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen war es dem Beklagten nicht möglich, die Festsetzungsbescheide der Prüfungsstelle in den Einzelfallüberprüfungen angesichts der nach Auffassung des Beklagten materiell rechtmäßigen Regresse und angesichts der verfahrenseinleitenden Anträge der Beigeladenen zu 1) bis 5) aufzuheben. Es fehlte daher dem angefochtenen Bescheid eine einschränkende Regelung über die Anrechnung der bereits zuvor erfolgten Einzelfallregresse im Rahmen der Entscheidung in der Richtgrößenprüfung. Das Vorranggebot der statistisch angelegten Richtgrößenprüfung gegenüber der Einzelfallprüfung griff daher im Fall des Klägers nicht ein.
- 31
Da nicht gewährleistet ist, dass der Kläger wegen desselben Regresses doppelt in Anspruch genommen wird, war die Entscheidung des Beklagten aufzuheben.
- 32
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
- 33
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, da die Frage, ob grundsätzlich mehrfache Regressverfahren wegen derselben unwirtschaftlichen Arzneiverordnungen zulässig sind, durch das BSG nicht geklärt ist.
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(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.
(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch
- 1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a, - 2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.
(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.
(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch
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arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a, - 2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.
(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.
(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst
- 1.
ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen, - 2.
Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und - 3.
Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
(2) Bei der Anpassung des Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 sind insbesondere zu berücksichtigen
- 1.
Veränderungen der Zahl und Altersstruktur der Versicherten, - 2.
Veränderungen der Preise der Leistungen nach § 31, - 3.
Veränderungen der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkassen, - 4.
Änderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 6, - 5.
der wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Einsatz innovativer Arzneimittel, - 6.
Veränderungen der sonstigen indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität bei der Arzneimittelverordnung auf Grund von getroffenen Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2, - 7.
Veränderungen des Verordnungsumfangs von Leistungen nach § 31 auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen und - 8.
Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven entsprechend den Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2.
(3) Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden.
(4) Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, entrichten die beteiligten Krankenkassen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen vereinbarten Bonus an die Kassenärztliche Vereinigung.
(4a) Die Vorstände der Krankenkassenverbände sowie der Ersatzkassen, soweit sie Vertragspartei nach Absatz 1 sind und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungsgemäße Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen.
(5) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführt und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermittelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Leistungen nach § 31, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind. Zudem erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jede Kassenärztliche Vereinigung monatliche Berichte über die Entwicklung der Ausgaben von Leistungen nach § 31 und übermitteln diese Berichte als Schnellinformationen den Vertragspartnern nach Absatz 1 insbesondere für Abschluss und Durchführung der Arzneimittelvereinbarung sowie für die Informationen nach § 73 Abs. 8. Für diese Berichte gelten Satz 1 und 2 entsprechend; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Angaben vor Durchführung der Abrechnungsprüfung zu übermitteln sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhält für die Vereinbarung der Rahmenvorgaben nach Absatz 7 und für die Informationen nach § 73 Abs. 8 eine Auswertung dieser Berichte. Die Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können eine Arbeitsgemeinschaft nach § 219 mit der Durchführung der vorgenannten Aufgaben beauftragen. § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend.
(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. September für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen nach Absatz 1 sowie für die Inhalte der Informationen und Hinweise nach § 73 Abs. 8. Die Rahmenvorgaben haben die Arzneimittelverordnungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu vergleichen und zu bewerten; dabei ist auf Unterschiede in der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Von den Rahmenvorgaben dürfen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist.
(7) Die Absätze 1 bis 6 sind für Heilmittel unter Berücksichtigung der besonderen Versorgungs- und Abrechnungsbedingungen im Heilmittelbereich entsprechend anzuwenden. Veranlasste Ausgaben im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 betreffen die während der Geltungsdauer der Heilmittelvereinbarung mit den Krankenkassen abgerechneten Leistungen. Die in Absatz 5 geregelte Datenübermittlung erfolgt für die Heilmittel in arztbezogener Form sowie versichertenbezogen in pseudonymisierter Form. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann bei Ereignissen mit erheblicher Folgewirkung für die medizinische Versorgung zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Leistungen nach § 31 die Ausgabenvolumen nach Absatz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erhöhen.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.
(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.
(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.
(2a) (weggefallen)
(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.
(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.
(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.
(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
- 1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung - a)
nicht zur Verfügung steht oder - b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
- 2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.
(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.
(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch
- 1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a, - 2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.
(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.
(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).
(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.
(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:
- 1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet, - 2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag
- 1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten, - 2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
(2a) (weggefallen)
(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.
(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.
(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.
(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.
(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.
(8) (weggefallen)
(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.
(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.
(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.
(10) (weggefallen)
(11) (weggefallen)
(11a) (weggefallen)
(11b) (weggefallen)
(12) (weggefallen)
(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.
(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.
(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch
- 1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a, - 2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.
(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.
(1) Der Prüfer hat insbesondere darzustellen und zu beurteilen, ob die organisatorischen, personellen und technischen Vorkehrungen zur Sicherstellung der Integrität, Authentizität und Verfügbarkeit der aufsichtlich relevanten Daten angemessen sind und wirksam umgesetzt werden.
(2) Werden externe IT-Ressourcen eingesetzt, so erstrecken sich die Berichtspflichten nach Absatz 1 auch auf diese IT-Ressourcen sowie deren Einbindung im berichtspflichtigen Unternehmen.
Macht das Unternehmen von der Erleichterung gemäß Artikel 9 Absatz 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 Gebrauch, muss der Prüfungsbericht Ausführungen dazu enthalten,
- 1.
ob und warum die Bewertungsmethode mit § 74 des Versicherungsaufsichtsgesetzes im Einklang steht, - 2.
ob und warum die Bewertungsmethode nach Art, Umfang und Komplexität der mit den Geschäften des Unternehmens oder der Gruppe verbundenen Risiken angemessen ist, - 3.
dass die Vermögenswerte oder die Verbindlichkeiten im Jahresabschluss oder im konsolidierten Abschluss nicht gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards bewertet werden, die die Europäische Kommission durch die Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 320 vom 29.11.2008, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung übernommen hat, und - 4.
ob und warum eine Bewertung der Vermögenswerte oder der Verbindlichkeiten nach internationalen Rechnungslegungsstandards für das Unternehmen oder die Gruppe mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre.
(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.
(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch
- 1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a, - 2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.
(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.
Macht das Unternehmen von der Erleichterung gemäß Artikel 9 Absatz 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 Gebrauch, muss der Prüfungsbericht Ausführungen dazu enthalten,
- 1.
ob und warum die Bewertungsmethode mit § 74 des Versicherungsaufsichtsgesetzes im Einklang steht, - 2.
ob und warum die Bewertungsmethode nach Art, Umfang und Komplexität der mit den Geschäften des Unternehmens oder der Gruppe verbundenen Risiken angemessen ist, - 3.
dass die Vermögenswerte oder die Verbindlichkeiten im Jahresabschluss oder im konsolidierten Abschluss nicht gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards bewertet werden, die die Europäische Kommission durch die Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 320 vom 29.11.2008, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung zur Anwendung übernommen hat, und - 4.
ob und warum eine Bewertung der Vermögenswerte oder der Verbindlichkeiten nach internationalen Rechnungslegungsstandards für das Unternehmen oder die Gruppe mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.