Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Aug. 2015 - L 4 VG 5/13
Gericht
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 11.04.2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
- 2
Die im Jahr 1974 geborene Klägerin beantragte im März 2009 die Gewährung von Versorgung nach dem OEG. Sie gab an, sie sei von ihrem 6. bis zum 16. Lebensjahr von ihrem Stiefvater M B B sexuell missbraucht und geschlagen worden. Daher beständen bei ihr eine emotionale instabile Persönlichkeitsstörung (Borderline), Angststörung, Angst vor Männern, die wie ihr Stiefvater aussehen würden, Essstörung und Depressionen.
- 3
Der Beklagte zog die Unterlagen eines Schwerbehindertenverfahrens der Klägerin bei. Nach dem Schwerbehindertenrecht ist durch Bescheid des Amts für soziale Angelegenheiten Koblenz vom 15.08.2005 ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 wegen einer seelischen Behinderung (GdB 40) und degenerativer Wirbelsäulenveränderung (GdB 10) festgestellt. Sodann zog der Beklagte Unterlagen eines Rentenverfahrens von der Deutschen Rentenversicherung Bund bei, holte Auskünfte der Mutter der Klägerin sowie einer ehemaligen Lehrerin, Frau E R , ein. Die Mutter der Klägerin, S B , teilt mit, sie bestätige den Missbrauch ihrer Tochter durch ihren geschiedenen Mann, B B . Direkte Einzelheiten könne sie aber nicht nennen, da er es immer in ihrer Abwesenheit getan haben müsse. Details könne daher nur die Klägerin schildern. Frau R teilte mit, die Klägerin habe ihr während der Schulzeit erzählt, sie habe Angst vor ihrem Stiefvater. Erst Jahre später habe die Klägerin sich ihr offenbart. Ein Ermittlungsverfahren gegen den Schädiger wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Dresden nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Taten verjährt seien.
- 4
Mit Bescheid vom 20.10.2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die von der Klägerin geschilderten Gewalttaten hätten sich zwischen 1980 bis 1990 ereignet, so dass § 10a OEG anzuwenden sei. Trotz umfangreicher Sachaufklärung habe der Nachweis nicht erbracht werden können, dass die Klägerin Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sei. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2011 zurück.
- 5
Im vor dem Sozialgericht Koblenz durchgeführten Klageverfahren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H . Der Sachverständige hat die Klägerin im Oktober 2011 untersucht und ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin beständen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, komplexe posttraumatische Belastungsstörung mit traumaassoziierter Borderline-Persönlichkeitsstörung und sonstige somatoforme Störung. Es bestehe eine Identitätsstörung mit einer andauernden und ausgeprägten Instabilität des Selbstbildes. Der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung lägen nicht nur lange Zeit einwirkende Traumatisierungen, sondern auch ein Beziehungstrauma zugrunde. Die posttraumatische Belastungsstörung mit den dazu gehörigen traumaassoziierten Störungen sei wahrscheinlich auf den im Zeitraum 1979 bis 1990 erfolgten sexuellen Missbrauch zurückzuführen. Die Krankheitsbilder führten zu einer mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeit, da es zwar eheliche Probleme gebe, nicht jedoch Kontaktverlust oder affektive Nivellierung oder Isolierung oder sozialen Rückzug. Die Gesundheitsstörung sei mit einem GdS von 40 zu bewerten.
- 6
Mit Gerichtsbescheid vom 11.04.2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem OEG zu. Es sei in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dr. H davon auszugehen, dass ein sexueller Missbrauch an der Klägerin zumindest glaubhaft sei. Das könne allerdings dahinstehen. Nach den überzeugenden Darstellungen des Dr. H sei der GdS für die Folgen der Gewalttat mit 40 anzuerkennen. Dies sei überzeugend. Die Klägerin leide an einer depressiven Störung, die im Wesentlichen auf schädigungsunabhängige Faktoren zurückzuführen sei, etwa die Eheproblematik und die finanzielle Situation. Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung bedinge isoliert einen GdS von 40. Ein GdS von 50, wie er nach § 10a Abs. 1 S. 2 OEG im Fall der Härteversorgung erforderlich sei, werde nicht erreicht.
- 7
Am 22.04.2013 hat die Klägerin gegen den ihr am 15.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung eingelegt.
- 8
Die Klägerin trägt vor,
für die komplexe posttraumatische Belastungsstörung sei ein GdS von mindestens 50 gerechtfertigt. Es bestehe eine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einer Zwangskrankheit vergleichbar sei. Die rezidivierende Depression sei mittelgradig bis schwer, wie sich auch aus der bisherigen Behandlungsdauer mit stationärer Behandlungsbedürftigkeit zeige. Im Mittelpunkt stehe nicht ein reaktives Geschehen aufgrund der ehelichen Situation, sondern die Lebens- und Missbrauchsgeschichte.
- 9
Die Klägerin beantragt,
- 10
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 11.04.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, als Schädigungsfolgen nach dem OEG eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung mit einem GdS von mindestens 50 anzuerkennen.
- 11
Der Beklagte beantragt,
- 12
die Berufung zurückzuweisen
und nimmt zur Begründung Bezug auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
- 13
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts der Psychiatrischen Institutsambulanz K sowie eines Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Neurologie, Forensische Psychiatrie Dr. B nebst aussagepsychologischem Gutachten der Dipl. Psych. B D .
- 14
Dr. B hat die Klägerin im Januar und Februar 2014 untersucht und ist in seinem Gutachten im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, aktuell bestehe bei der Klägerin eine Dysthymia, eine depressive Stimmungslage ohne Konzentrationsstörungen. Eine Depression im Sinne einer Major Depression sei nicht aufweisbar, ebenso keine schwere depressive Störung oder eine rezidivierende depressive Störung. Es beständen bei der Klägerin dissoziative Probleme und histrionische Elemente, wobei noch nicht die Qualität einer Persönlichkeitsstörung im Sinne einer histrionischen Persönlichkeitsstörung erreicht werde. Ob oder wieweit eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe, könne erst nach Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens beantwortet werden.
- 15
Dem Gutachten des Dr. H könne nicht gefolgt werden, da sich Dr. H auf ältere aussagepsychologische Literatur stütze, die mittlerweile methodisch für forensische Beurteilungen in keiner Weise mehr als haltbar anzusehen sei. Die Begründung dafür liege darin, dass nach diesem Ansatz gleichsam die fragmentierten Erinnerungen vollkommen ungeprüft schlussendlich zusammengesetzt würden mit der Konsequenz, dass ohne Erwägung alternativer Hypothesen oder ohne Erwägung anderer Möglichkeiten für die Aussageentstehung dies ungeprüft als hochspezifisches Kriterium für einen sexuellen Missbrauch oder Erlebnistrauma angewandt werde. Dr. H habe in keiner Weise Aspekte wie mögliche Fremdbeeinflussungen, Autosuggestionen oder sonstige Wahrnehmungen beachtet. Er sei vollkommen unwissenschaftlich, d. h. intuitiv ohne alternative Erklärungsmöglichkeiten vorgegangen und habe auch nicht dargelegt, dass gerade Probanden mit einer Borderline-Störung dazu tendieren könnten, einen nicht erlebten sexuellen Missbrauch zu schildern. Dr. H habe keine Validitätsprüfung im Rahmen einer Sozialanalyse vorgenommen. Auch die Suggestionshypothese sei unberücksichtigt geblieben. Die in der Literatur verwendeten Merkmale im Rahmen einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung habe Dr. H in keiner Weise ausgelotet.
- 16
Frau D hat die Klägerin im August 2014 untersucht und in ihrem Gutachten zusammenfassend ausgeführt, eine spezielle tatbezogene Aussagetüchtigkeit sei bei der Klägerin noch gewährleistet. Die Aussagestruktur erscheine bei den Angaben zur Sache aus aussagepsychologischer Sicht überdetailliert, erwartbare Gedächtnisunsicherheiten oder -lücken seien so gut wie nicht zu erkennen. Die Analyse der Aussagezuverlässigkeit fördere interne, in der Persönlichkeit, im Erleben und Verhalten der Klägerin gelegene Fehlerquellen zu Tage, wie eine Empfänglichkeit für Suggestionen und Autosuggestionen, ein mit auf demonstrative Tendenzen ausgerichteter Interaktions- und Kommunikationsstil, ein magisch-mystischer Wahrnehmungs- und Kognitionsmodus. Zudem hätten sich Hinweise auf manipulative Tendenzen ergeben; weder Simulation noch Aggravation oder Dissimulation ließen sich ausschließen. Die Aussagezuverlässigkeit scheine beeinträchtigt. Aus der Analyse des Erinnerungsverlaufs, der Aussageentstehung und der weiteren Aussageentwicklung würden sich Hinweise auf externe Störfaktoren ergeben, die ebenfalls auf die nicht ausreichend gewährleistete Zuverlässigkeit der Bekundungen verweisen würden. Die in ihrem Umfang kontinuierlich zunehmenden „Erinnerungen“ an die dargelegten sexuellen missbräuchlichen Handlungen in der Kindheit seien zum überwiegenden Teil auf nach Angaben der Klägerin wiederentdeckte Erinnerungen im Zusammenhang mit therapeutischen Gesprächen, Maltherapie, Flashbacks sowie Albträume zurückzuführen. Es fänden sich hier Hinweise auf die Wirksamkeit einer Quellenkonfusionsproblematik, wobei Inhalte von Flashbacks und Albtrauminhalte für eine Eins-zu-Eins-Abbildung der Realität gehalten würden, was wissenschaftlich in keiner Weise gedeckt erscheine. Eine Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Klägerin könne mit aussagepsychologischen Mitteln nicht positiv belegt werden. Es könne mit aussagepsychologischen Mitteln nicht festgestellt werden, dass die Möglichkeit der Erlebnisfundierung des Vorgetragenen im Vergleich zu den im Gutachten genannten Alternativhypothesen relativ am wahrscheinlichsten sei.
- 17
Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
- 18
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet, da der Klägerin kein Anspruch auf Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Gewalttag und Gewährung von Versorgung nach dem OEG zusteht.
- 19
Voraussetzung für die Anerkennung von Schädigungsfolgen gemäß § 1 OEG ist, dass die Klägerin an Gesundheitsstörungen leidet, die rechtlich wesentlich durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriff verursacht worden sind. Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. SozR 3-3800 § 1 Nr. 23) eine unmittelbare Schädigung des Opfers voraus, was grundsätzlich einen engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zwischen dem Schädigungstatbestand und der schädigenden Einwirkung ohne örtliche und zeitliche Zwischenglieder voraussetzt. Als Schädigungsfolgen sind dabei nur solche nachgewiesenen Gesundheitsstörungen anzuerkennen, die wenigstens mit Wahrscheinlichkeit durch das schädigende Ereignis verursacht worden sind. Wahrscheinlichkeit in dem genannten Sinn liegt vor, wenn nach geltender medizinischer Lehrmeinung mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht. Ursache einer Gesundheitsstörung sind in dem hier erheblichen Sinn diejenigen Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Haben zu dem Eintritt einer Gesundheitsstörung mehrere Bedingungen beigetragen, so sind nur diejenigen Ursache im Rechtssinn, die von ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Schadens wenigstens den anderen Bedingungen gleichwertig sind. Kommt dagegen einem der Umstände gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist er allein Ursache im Rechtssinn (Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung, vgl. Rohr/Strässer/Dahm, Kommentar zum BVG, Anm. 10 zu § 1). Bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs ist die Wahrscheinlichkeit nach der herrschenden wissenschaftlichen medizinischen Lehrmeinung zu ermitteln. Als Grundlage für die Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte dienten der Praxis die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, SozR 4-3800, § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen. Nach ihrem § 1 regelt diese unter anderem die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung ihres Schweregrades im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG. Nach § 2 VersMedV sind die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" festgelegt. Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des GdB bzw. GdS bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Anders als die Anhaltspunkte 1983 bis 2008 enthält die VersMedV keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern, so dass insoweit entweder auf die letzte Fassung der Anhaltspunkte (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VJ 1/10 R -, juris; Urteil des Senats vom 12.12.2012, Az.: L 4 VG 5/10).
- 20
Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für eine soziale Entschädigung nach dem OEG, zu denen das Vorliegen eines rechtswidrigen Angriffs zählt, müssen nachgewiesen, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bzw. mit einem so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit festgestellt worden sein, dass kein vernünftiger Mensch hieran noch zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R m.w.N., in SozR 3-3900 § 15 Nr. 3). Fehlt es daran, geht dies zu Lasten der Klägerin (objektive Beweis- oder Feststellungslast). Die im Verfahren nach dem OEG häufig auftretenden Beweisschwierigkeiten rechtfertigen keine generelle Beweiserleichterung oder gar eine Beweislastumkehr. Vielmehr gelten auch hier die allgemein anerkannten Beweisgrundsätze. Zu diesen zählen freilich auch die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins sowie die für Kriegsopfer geschaffene besondere Beweiserleichterung nach § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung – KOV-VfG -, die auch für Gewaltopfer gilt (BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R; Urteil des Senats vom 18.05.2011, Az.: L 4 VG 14/09 mwN)
- 21
Die von der Klägerin geschilderten Gewalttaten sind nicht nachgewiesen, da keinerlei Beweismittel vorliegen, die die Angaben der Klägerin stützen. Die Mutter der Klägerin hat ebenso wie die ehemalige Lehrerin der Klägerin aus eigenem Wissen keine Angaben zu den behaupteten Gewalttaten tätigen können, wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren ergibt. Weitere Zeugen können hierzu nicht befragt werden, da der Schädiger und die Schwester der Klägerin insoweit Angaben nicht gemacht haben.
- 22
Schließlich geht der Senat davon aus, dass allein aus den bei der Klägerin gestellten Diagnosen keine Ableitungen auf das Vorliegen einer sexuellen Missbrauchserfahrung in der Kindheit möglich sind. Es mag zwar sein, dass ein sexueller Missbrauch als Kind in einer großen Anzahl von Fällen zu speziellen psychischen Erkrankungen führt. Die Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Kausalzusammenhangs vermag jedoch nicht die Notwendigkeit einer vollen richterlichen Überzeugung von der Erfüllung des objektiven Tatbestandsmerkmals „eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs“ gerade im Falle der Klägerin zu ersetzen. Denn es gibt auch Fälle von emotionalen Störungen bzw. Bindungsstörungen im Kindesalter sowie Entwicklungsstörungen, die nicht mit einem sexuellen Missbrauch in Zusammenhang stehen. Allein die Möglichkeit, dass ein frühkindlicher Missbrauch zu derartigen Krankheitsbildern und Verhaltensweisen wie bei der Klägerin führen kann, reicht nicht aus, den Beweis als geführt anzusehen, der angeschuldigte Angriff habe so tatsächlich stattgefunden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 05.06.2008, Az. L 13 VG 1/05; Urteil vom 29.01.2015 – L 10 VE 28/11 –, Rn. 33, juris), wie auch die vom Senat gehörte Sachverständige überzeigend dargelegt hat.
- 23
Das Vorliegen eines sexuellen Missbrauchs der Klägerin durch den Stiefvater der Klägerin lässt sich auch nicht unter Zugrundelegung der Beweiserleichterung nach § 6 Abs. 3 OEG i.V.m. § 15 KOV-VfG annehmen. Nach § 15 S. 1 KOV-VfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S. 1 KOV-VfG ist auch anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind (vgl. BSG, SozR 1500 § 128 Nr. 39 S 46). Dabei genügt es, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit sprich (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 3/12 R –, juris)
- 24
Die Behauptung der Klägerin, sie sei in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden, ist für den Senat jedoch nicht glaubhaft. Er stützt sich dabei insbesondere auf das von ihm veranlasste Gutachten der Sachverständigen Dr. B und Frau D . Den Maßgaben in dem Urteil des BSG vom 17.04.2013 (Az. B 9 V 3/12 R) folgend hat der Senat Beweis erhoben auch durch Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens über die Klägerin unter besonderer Berücksichtigung von § 15 KOV-VfG durch diese Sachverständigen.
- 25
Danach ist vor dem Hintergrund des besonders großen Zeitfensters davon auszugehen, dass auch natürliche Erinnerungsverluste anzunehmen sind. Aus gedächtnispsychologischer Sicht wäre zu erwarten, dass bei derart lang zurückliegenden Vorfällen im normalen Umfang Vergessensprozesse am Werk gewesen sein dürften, aus gedächtnispsychologischer Sicht wäre zu erwarten, dass die wesentlichen, das Kerngeschehen bestimmenden Handlungselemente sowie auch die damit einhergehenden Affekte erinnerlich sein dürften, auch vor dem Hintergrund der guten Begabungsstruktur der Klägerin, dass aber im Hinblick auf Details, die im Sinne der differenzierten Konstanz zu Inhalten gehören, welche auch von erlebnisbasiert Aussagenden leichter vergessen werden, Erinnerungsunsicherheiten oder -lücken auftreten. Denn insoweit sind auch die das Verfahren betreffenden großen Zeiträume zu berücksichtigen: zwischen dem angegebenem Beginn der sexualbezogenen Handlungen im sechsten Lebensjahr und den dokumentierten Aussagen im Rahmen dieses Verfahrens, insbesondere auch der aussagepsychologischen Begutachtung, liegen 34 bis 35 Jahre. Es wäre somit eine Aussage zu erwarten, welche auch Lücken und Unsicherheiten aufweist, was Rahmengeschehnisse anbetrifft, was verbale Interaktionen anbetrifft, was die Zuordnung von Nebenhandlungen zu Haupthandlungen anbetrifft, z.B. was Datierungen anbetrifft.
- 26
Dagegen erscheinen Aussagen der Klägerin überdetailliert. Einerseits macht sie sehr genaue Angaben, auch zu Körperpositionen, zum Ablauf von Teilhandlungen und Haupthandlungen, zu verbalen Interaktionen und benennt kaum Erinnerungsunsicherheiten oder Lücken, was allerdings vorwiegend ein Ereignis mit ihrem roten Nachthemd betrifft. Anderseits wäre vor dem Hintergrund der großen Zeitfenster aus gedächtnispsychologischer Sicht nicht erwartbar, dass eine Aussage eine solche Konkretheit und Detaillierung aufweist und dass es so gut wie keine Hinweise auf Erinnerungsunsicherheiten und Erinnerungslücken im Bericht der Klägerin gibt. Auf der anderen Seite gibt die Klägerin in der biografischen Anamnese an, an ihre Biografie wenige Erinnerungen zu haben. In manchen Bereichen habe sie Lücken, anderes könne sie erinnern. Sehr wenig könne sie sich an die Zeit vor der Einschulung erinnern. Dann sei sie in der Unterstufe gewesen, Klasse 1 bis 4. An die Zeit der Unterstufe könne sie sich sehr wenig erinnern, mehr an die Zeit der Oberstufe, vom fünften bis zum zehnten Schuljahr. Diese entspricht nach den überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen auch weitgehend dem Erwartbaren, denn aus gedächtnispsychologischer Sicht erscheint es nachvollziehbar, dass sie an Ereignisse vor 1978, der Zeit des Zusammenlebens mit dem leiblichen Vater, der Kindergartenzeit, kaum Erinnerungen hat und dass die Erinnerungen mit dem Lebensalter ansteigen, so dass sie für die Zeit der Oberstufe mehr Erinnerungen zur Verfügung hat. Vor dem Hintergrund dieser Untersuchungsergebnisse ist aus aussagepsychologischer Sicht von einer leistungsbedingt intakten allgemeinen und insbesondere vor dem Hintergrund der das Verfahren betreffenden sehr großen Zeitfenster von einer noch ausreichenden speziellen, tatzeitbezogenen Aussagetüchtigkeit auszugehen, was auch Dr. B angenommen hat, während die Aussage zur Sache aus aussagepsychologischer Sicht mit ihrer Überdetaillierung dabei nicht dem im Hinblick auf die spezielle, tatzeitbezogene Aussagetüchtigkeit Erwarteten entspricht.
- 27
Hinsichtlich der Aussagezuverlässigkeit ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Frau D dargelegt hat, zu beachten, dass wenn falsche Kindheitserinnerungen konstruiert werden, es neben autosuggestiven Prozessen häufig äußere Einflüsse sind; oft seien an der Genese von komplexen autobiografischen Scheinerinnerungen heterosuggestive Anregungen oder Verstärkungen durch Dritte beteiligt, beispielsweise im Rahmen einer Therapie. Dabei gehe es auch um die Aufnahmebereitschaft für vermeintliche Ursachenerklärungen. Deutungsangebote in Psychotherapien stellen dabei die aktive Komponente der Suggestion dar. Insoweit fällt auf, dass die Klägerin erstmals einen sexuellen Missbrauch erwähnt hat, als sie 1994 von der Gynäkologin Frau Dr. G behandelt worden ist, die den Verdacht des sexuellen Missbrauchs geäußert und den die Klägerin bestätigt habe, ohne Weiteres dazu zu sagen. Therapien hat sich die Klägerin in der Vergangenheit zahlreich unterzogen, wobei sich insbesondere aus dem psychologischen Bericht der Frau Dipl. Psych. d l R vom 21.05.2005 ergibt, dass die kindlichen Verhaltensmuster der Klägerin „in einer geleiteten Reflexion“ als Schutzmechanismen erklärt wurden aufgrund von Erlebnissen in der Kindheit wie Herabsetzung, Demütigung bis zum sexuellen Missbrauch. Erst in der Folgezeit finden sich Angaben der Klägerin in Arztbriefen, wonach die Klägerin sich nun an sexuelle Übergriffe durch den Stiefvater erinnerte.
- 28
Betrachtet man nun die Art und Weise, wie die „Erinnerungen“ der Klägerin entstanden sind, so ist der Erinnerungsverlauf dadurch charakterisiert, dass die Erinnerungen kontinuierlich zugenommen haben und, so wie die Klägerin der Sachverständigen D mitgeteilt hat, auch immer noch mehr würden. Ausgelöst worden seien neue „Erinnerungen“ unter anderem durch Außenreize sowie Gerüche, dann durch therapeutische Gespräche und durch Albträume. Allerdings besteht bei der Klägerin eine hohe Autosuggestibilität. Dabei besteht das Bedürfnis, die massiven psychischen und körperlichen Beschwerden, welche über die Jahre hinweg aufgetreten sind, erklären zu können. Über die Missbräuche hat die Klägerin nach ihren Angaben das erste Mal im April 1996 erzählt, die Sache mit dem roten Nachthemd, aber nicht genau alle Einzelheiten, da sie zurzeit einiges davon verdrängt und vergessen gehabt habe; nur durch Flashbacks seien die Erinnerungen daran wieder zum Vorschein gekommen. Ein direkter Rückschluss von Trauminhalten auf eine tatsächlich erlebte Realität ist aber nach den überzeugenden Erläuterungen der Sachverständigen unter aussagepsychologischen Aspekten nicht zulässig, da dieser an mindestens drei nicht erfüllte Voraussetzungen geknüpft ist: Zum einen ist keineswegs gesichert, dass Träume immer auch tatsächlich Erfahrenes darstellen, sie können auch Wünsche, Ängste oder anderweitige Vorstellungen repräsentieren. Zum anderen bestünde, selbst wenn diese erste Voraussetzung erfüllt wäre, keine Gewähr dafür, dass diese Erfahrungen in ihrem tatsächlichen Ablauf und nicht in verzerrter oder bearbeiteter Form geträumt werden. Darüber hinaus ist der Transfer von einer im Traum vorgenommenen Personenzuordnung auf die Realitätsebene nicht zwangsläufig gegeben. Es gibt keine empirischen und nur sehr wenige klinische Anzeichen dafür, dass bestimmte traumatische Erfahrungen unverändert in den Trauminhalt übergehen. Deshalb ist die Vorstellung, dass ein Traum mit einem traumatischen Erlebnis identisch oder isomorph sein kann, aus wissenschaftlicher Sicht höchst fragwürdig. Der von der Klägerin geschilderte Prozess (Traumwirklichkeit als Ausgangspunkt für weitere Erinnerungen) begünstigt im Gegenteil gerade die Entstehung von Pseudoerinnerungen. Gleiches gilt, wenn sogenannte Wiedererinnerungen nach therapeutischen Gesprächen, im Rahmen der Maltherapie oder während des Schreibens in einem dissoziativen Zustand auftreten, wie ihn die Klägerin geschildert hat.
- 29
Aus wissenschaftlicher Sicht ist damit von einer Korrektheit und Zuverlässigkeit längerfristig nicht bewusst zugänglicher Erinnerungsinhalte auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Befunde nicht auszugehen. Damit ist von einer Aussagezuverlässigkeit der Angaben der Klägerin nicht auszugehen, vielmehr stellen die tatbezogenen Angaben der Klägerin irrtümliche Falschaussagen, sei es in der Form der Suggestion, sei es in der Form der Autosuggestion, sei es in der Kombination beider, dar.
- 30
Dem Gutachten des Dr. H vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da dieser, worauf Dr. B und Frau D in ihren Gutachten eingehend und zutreffend hinweisen, die an eine Glaubhaftigkeitsbeurteilung zu richtende Kriterien hat unberücksichtigt gelassen. Insbesondere hat Dr. H nach überholten wissenschaftlichen Kriterien geurteilt und in keiner Weise die Entstehungsgeschichte der Angaben der Klägerin hinterfragt. Deshalb sind von ihm auch die Problematik der Autosuggestion nicht geprüft und Realkennzeichen nicht kategorisiert worden. Zudem hat Dr. H seine Beurteilung, es bestehe kein Zweifel an den Angaben der Klägerin über den sexuellen Missbrauch insbesondere auf das Verhalten während der Schilderung der Missbrauchsereignisse der Klägerin gestützt. Bei der Besprechung der Missbrauchserlebnisse fixiere die Klägerin mit einem Tunnelblick die von einem Baumstamm ausgehende Verzweigung der Äste, der Blickkontakt zum Gutachter sei weitestgehend aufgegeben worden, sie habe motorisch unruhig gewirkt, es sei zu ruckartigen Kopfbewegungen, auch zu einem Wackeln des Kopfes und zu einem Zucken der Gesichtsmuskulatur gekommen, wobei sie maximal angespannt gewirkt habe und auch ihre Hände krampfhaft zusammengehalten habe. Die Schilderung der Missbrauchsereignisse sei mit starrem Blick und wie aus der Perspektive eines Zuschauers ohne sichtbare affektive Beteiligung erfolgt, was für das Vorliegen einer Dissoziation spreche.
- 31
Dabei hat Dr. H aber nicht berücksichtigt, dass die Verhaltensbeobachtung zum gleichen Ergebnis bei Scheinerinnerungen führt. Denn beim Vorliegen einer Scheinerinnerung geht der Berichtende selbst davon aus, von tatsächlich in der Wachwirklichkeit Erlebtem zu berichten, wiewohl sich das Berichtete wie in diesem Fall im Wesentlichen aus Trauminhalten, Flashbacks, das heißt auch Worst-Fear-Visionen speist und zum Teil im Rahmen von therapeutischen Sitzungen generiert wurde. Da die Aussageperson in einem solchen Falle nicht lügt, sondern davon ausgeht, dass Berichtete erlebt zu haben, können sich in gleicher Weise wie wenn eine Aussageperson erlebnisbasiert berichtet, Verhaltensauffälligkeiten und Symptome zeigen, welche auf eine innere Anspannung und eine intensive emotionale Beteiligung schließen lassen, so dass es auch zu motorischen Entäußerungen wie z.B. ruckartigen Kopfbewegungen, unruhigen Händen etc. kommen kann. Die Abwendung von der äußeren Realität und das Horchen nach innen, was zu einem akommunikativ erscheinenden Verhalten bis hin zu einem dissoziativ erscheinenden Verhalten führen kann, kann sich somit zum einen dann einstellen, wenn erlebnisbasiert über eine tatsächliche traumatische Erfahrung berichtet wird, sowie auch dann, wenn eine Pseudoerinnerung generiert und verbalisiert wird. Dies hat Frau D in ihrem Gutachten überzeugend dargelegt.
- 32
Daher kann sich der Senat, gestützt auf die Gutachten des Dr. B und der Dipl. Psych. D nicht davon überzeugen, dass die gute Möglichkeit besteht, dass die Angaben der Klägerin über einen sexuellen Missbrauch in der Kindheit zutreffen. Die in ihrem Umfang kontinuierlich zunehmenden „Erinnerungen“ an die angegebenen sexuell missbräuchlichen Handlungen in der Kindheit sind zum überwiegenden Teil sogenannte wiederentdeckte Erinnerungen, die im Zusammenhang mit therapeutischen Gesprächen, Maltherapie, Flashbacks sowie Albträumen entstanden sein sollen. Es finden sich Hinweise auf die Wirksamkeit der Quellenkonfusionsproblematik, wobei Inhalte von Flashbacks und Albtrauminhalte für eine Eins-zu-eins-Abbildung der Realität gehalten wurden, was wissenschaftlich in keiner Weise gedeckt erscheint. Es ergeben sich auch Hinweise auf die Wirksamkeit von Suggestionen und Autosuggestionen, so dass der Senat die Angaben der Klägerin nicht für am wahrscheinlichsten halten kann.
- 33
Aber selbst wenn man dem dennoch folgen wollte, stände der Klägerin keine Versorgung nach dem OEG zu, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, da die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet nicht mit einem GdS von wenigstens 50 zu bewerten sind, wovon auch Dr. H ausgegangen ist. Nach den von Dr. B erhobenen Befunden ist sogar daran zu zweifeln, ob ein solcher GdS erreicht wird.
- 34
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
- 36
Die Revision wird nicht zugelassen, da Revisionszulassungsgründe (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) nicht vorliegen.
moreResultsText
Annotations
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Personen, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis 15. Mai 1976 geschädigt worden sind, erhalten auf Antrag Versorgung, solange sie
- 1.
allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt sind und - 2.
bedürftig sind und - 3.
im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
(2) Bedürftig ist ein Anspruchsteller, wenn sein Einkommen im Sinne des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes den Betrag, von dem an die nach der Anrechnungsverordnung (§ 33 Abs. 6 Bundesversorgungsgesetz) zu berechnenden Leistungen nicht mehr zustehen, zuzüglich des Betrages der jeweiligen Grundrente, der Schwerstbeschädigtenzulage sowie der Pflegezulage nicht übersteigt.
(3) Übersteigt das Einkommen den Betrag, von dem an die vom Einkommen beeinflußten Versorgungsleistungen nicht mehr zustehen, so sind die Versorgungsbezüge in der Reihenfolge Grundrente, Schwerstbeschädigtenzulage und Pflegezulage um den übersteigenden Betrag zu mindern. Bei der Berechnung des übersteigenden Betrages sind die Einkünfte aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit vor den übrigen Einkünften zu berücksichtigen. § 33 Abs. 4, § 33a Abs. 2 und § 33b Abs. 6 des Bundesversorgungsgesetzes gelten nicht.
(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der §§ 38 bis 52 des Bundesversorgungsgesetzes, solange sie bedürftig sind und im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Unabhängig vom Zeitpunkt des Todes des Beschädigten sind für die Witwenbeihilfe die Anspruchsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1, 5 und 6 des Bundesversorgungsgesetzes in der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung maßgebend.
(5) Die Versorgung umfaßt alle nach dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistungen mit Ausnahme von Berufsschadens- und Schadensausgleich.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Die Versorgung nach diesem Gesetz obliegt den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden. Ist der Bund Kostenträger, so sind zuständig
- 1.
wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land hat, die Behörden dieses Landes; es finden die Übergangsregelungen gemäß § 4 Absatz 2 und 3 beschränkt auf die Zuständigkeit der Behörde entsprechend Anwendung, davon ausgenommen sind Versorgungen bei Schädigungen an einem Ort im Ausland, - 2.
wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat, die Behörden des Landes, das die Versorgung von Kriegsopfern in dem Wohnsitz- oder Aufenthaltsland durchführt.
(2) Die örtliche Zuständigkeit der Behörden bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung.
(3) Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, mit Ausnahme der §§ 3 bis5,sowie die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über das Vorverfahren sind anzuwenden.
(4) Absatz 3 gilt nicht, soweit die Versorgung in der Gewährung von Leistungen besteht, die den Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach den §§ 25 bis 27h des Bundesversorgungsgesetzes entsprechen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.