Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Okt. 2010 - L 1 AL 49/09
Gericht
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 12.02.2009 - S 1 AL 40/08 - sowie die Bescheide der Beklagten vom 16.04.2008 und 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2008 aufgehoben.
2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) und die Rückforderung von Leistungen.
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Der am … 1989 geborene ledige Kläger hat nach dem Schulbesuch zum 01.09.2006 eine Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) zum Industriemechaniker bei der G GmbH & Co KG in G aufgenommen, die er wie vorgesehen im Jahr 2010 abschloss. Im ersten Ausbildungsjahr war er an drei Wochentagen in einer Ausbildungswerkstatt in P und an zwei Wochentagen in der Berufsschule in G und ab dem zweiten Ausbildungsjahr vier Wochentage im Betrieb des Arbeitgebers in G und einen Wochentag in der Berufsschule tätig.
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Der Kläger wohnte bis zur Aufnahme der Ausbildung bei seinen Eltern in U und mietete zum 28.08.2006 eine Wohnung (Miete einschließlich Nebenkosten 200,00 € monatlich) in P an. Die Entfernung von U nach G beträgt nach seinen Angaben 35 km, von P nach G 22 km und von P nach U nach den Ermittlungen der Beklagten 45,8 km. Der Kläger gab an, er habe sich eine Wohnung in P genommen, da die Busverbindungen von U nach P und nach G unzureichend seien. Nach den in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Fahrplanauskünften war dies zutreffend. Von dem Arbeitgeber erhielt er einen monatlichen Zuschuss von 80,00 € für die Fahrt zwischen Ausbildungsstätte und Berufsschule.
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In dem Antrag auf Gewährung von BAB (Eingang bei der Beklagten am 23.08.2006; mündliche Antragstellung am 10.07.2006) war u.a. folgender Hinweis enthalten:
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"Ich nehme zur Kenntnis, dass ich verpflichtet bin, der Agentur für Arbeit ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung mitzuteilen, die für den Anspruch auf die Berufsausbildungsbeihilfe oder für deren Höhe von Bedeutung ist (z.B. vorzeitiges Ausscheiden aus meiner Ausbildung, vorzeitiger Abschluss oder Unterbrechung meiner Ausbildung, Wechsel der Ausbildungsstätte - auch durch Betriebsstilllegung oder durch Betriebsübernahme - Erkrankung, Wiederaufnahme der Ausbildung nach einer Erkrankung oder Schwangerschaft, Änderung meiner Anschrift und Unterbringung)."
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Der Kläger und seine Mutter J M bestätigten im Antragsformular durch Unterschrift, die "Hinweise zum Ausfüllen des Antrages auf Berufsausbildungsbeihilfe" erhalten und von dem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Dort war zu der Frage, ob der Kläger während seiner Ausbildung im Haushalt seiner Eltern oder seines Elternteils wohne, als Hinweis ausgeführt:
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"Sie haben in der Regel keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe, wenn Sie bei den Eltern oder einem Elternteil wohnen. Wenden Sie sich im Zweifelsfalle an die Berufsberatung / das Ausbildungsmarkt-Partnerteam."
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Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 28.09.2006 BAB für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 31.08.2007 in Höhe von (i.H.v.) monatlich 91,00 € und vom 01.09.2007 bis 28.02.2008 i.H.v. monatlich 205,00 €. Sie legte der Berechnung ein anzurechnendes Einkommen von monatlich 434,63 € bei einem Gesamtbetrag von monatlich 525,32 € bis 31.08.2007 und ab 01.09.2007 von 639,72 € zugrunde. In den Anlagen zum Bescheid war darauf hingewiesen, dass die Fahrtkosten ab dem 01.09.2007 für drei Tage zwischen P und G berücksichtigt worden seien. Die Fahrten zur Berufsschule bekomme er von seinem Arbeitgeber erstattet. Sollten sich die Fahrtkosten ändern, werde um entsprechende Mitteilung gebeten. Außerdem war u.a. folgender Hinweis enthalten:
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"Sie sind nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verpflichtet, der Agentur für Arbeit ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung mitzuteilen, die für den Anspruch auf die BAB oder für deren Höhe von Bedeutung ist (z.B. vorzeitiges Ausscheiden aus der Ausbildung, vorzeitiger Abschluss oder Unterbrechung der Ausbildung, Wechsel der Ausbildungsstätte - auch durch Betriebsstilllegung oder durch Betriebsübernahme - Erkrankung, Wiederaufnahme der Ausbildung nach einer Erkrankung, Schwangerschaft, Änderung der Anschrift und der Unterbringung des Auszubildenden). Für ihre schriftliche Mitteilung benutzen Sie bitte möglichst die beiliegende Veränderungsmitteilung. Sie können die Agentur für Arbeit selbstverständlich auch in anderer geeigneter Weise informieren."
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Seit 01.08.2007 wohnte der Kläger wieder bei seinen Eltern in U und legte die Wege zum Ausbildungsbetrieb und zur Berufsschule mit einem eigenen Pkw zurück.
- 11
Mit einem an den Vater des Klägers gerichteten Schreiben vom 20.12.2007 übersandte die Beklagte Antragsvordrucke zur Weiterbewilligung. In dem Antrag vom 28.01.2008 gab der Kläger an, im Haushalt seiner Eltern zu wohnen. Mit Bescheid vom 16.04.2008 lehnte die Beklagte eine Weitergewährung der BAB ab, da er nicht außerhalb des Haushalts der Eltern untergebracht sei.
- 12
Nach Anhörung hob die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 16.04.2008 die Entscheidung über die Bewilligung der BAB ab dem 01.08.2007 auf und forderte die Erstattung von 1.230,00 €. Mit Teilabhilfebescheid vom 05.05.2008 reduzierte die Beklagte die Erstattungsforderung auf 1.116,00 € (91,00 € für August 2007 und jeweils 205,00 € für September 2007 bis Januar 2008). Der Widerspruch wurde im Übrigen am 05.05.2008 zurückgewiesen. Die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von BAB seien ab dem 01.08.2007 nicht mehr gegeben gewesen. Der Kläger habe wissen müssen oder zumindest leicht erkennen können, dass der Leistungsanspruch weggefallen sei. Im Antrag habe er sich unterschriftlich verpflichtet, der Agentur für Arbeit ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung mitzuteilen, die für den Anspruch auf BAB von Bedeutung sei. Bei der beispielhaften Aufzählung von Änderungen sei auch die Änderung der Anschrift und der Unterbringung genannt.
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Seit 15.08.2008 wohnt der Kläger in einer eigenen Wohnung in D . Auf seinen Antrag vom 15.12.2008 gewährte ihm die Beklagte ab dem 01.12.2008 BAB i.H.v. monatlich 135,00 € (Bescheid von März 2009).
- 14
Der Kläger hat am Montag, den 09.06.2008 Klage bei dem Sozialgericht Trier (SG) erhoben und eine von seiner Mutter unterschriebene und an die Beklagte gerichtete Kopie einer Veränderungsmitteilung vom 08.08.2007 vorgelegt, in welcher der Umzug in das Elternhaus zum 01.08.2007 angegeben war. Dieses Schreiben wurde mit einfachem Brief an die Beklagte versandt.
- 15
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 12.02.2009 abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der BAB gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nrn. 2 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit (i.V.m.) § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) lägen vor. Die Voraussetzungen für die Gewährung von BAB seien seit dem Umzug in das Elternhaus am 01.08.2007 nicht mehr gegeben gewesen. Der Kläger habe seiner Mitteilungspflicht nicht genügt, da ein Zugang der Veränderungsmitteilung bei der Beklagten nicht nachgewiesen werden könne. Es sei grob fahrlässig, diese Mitteilung mit einfachem Brief zu versenden. Die fehlende Reaktion der Beklagten hätte für den Kläger bzw. seine gesetzlichen Vertreter Anlass sein müssen, den Zugang des Schreibens zu überprüfen. Auch habe er aus dem Antragsformular entnehmen können, dass die BAB nur gewährt werde, solange er nicht im Haushalt seiner Eltern lebe.
- 16
Gegen das ihm am 06.03.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.03.2009 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht dadurch in besonders schwerem Maße verletzt habe, dass er die Veränderungsmitteilung nur mit einfachem Brief versandt habe. Vielmehr habe er alles aus seiner Sicht Erforderliche getan. Auch habe es sich ihm nicht aus sonstigen Gründen aufdrängen müssen, dass seine Anzeige nicht bei der Beklagten eingegangen sei. Nachdem die Kosten für die Mietwohnung in etwa den Kosten der Kraftstoffe für die Fahrten zwischen dem Wohnort in U und der Ausbildungsstätte entsprochen hätten, sei er davon ausgegangen, dass er eine Förderung in gleicher Höhe zu beanspruchen habe. Außerdem sei er geschäftlich unerfahren.
- 17
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 12.02.2009 - S 1 AL 40/08 - sowie die Bescheide der Beklagten vom 16.04.2008 und 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2008 aufzuheben.
- 19
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
- 21
Sie erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
- 22
Der Senat hat durch den Berichterstatter im Termin vom 08.09.2010 den Kläger gehört und als Zeugin J M vernommen.
- 23
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
- 24
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Bewilligung der BAB ab dem 01.08.2007 aufzuheben und die Erstattung von 1.116,00 € zu verlangen. Die Bescheide der Beklagten vom 16.04.2008 und 05.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
- 26
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 28.09.2006 mit Wirkung ab dem 01.08.2007 nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 48 Abs. 1 SGB X lagen nicht vor. Zwar ist eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die der Leistungsbewilligung zugrunde gelegen haben, nach Erlass des Bewilligungsbescheides als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dadurch eingetreten, dass der Kläger seit dem 01.08.2007 (wieder) im Haushalt seiner Eltern wohnte und dass dadurch ein Anspruch auf BAB wegen des Wegfalls der sonstigen persönlichen Voraussetzungen (§ 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung
des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997, BGBl I 594; dieser Leistungsausschluss ist verfassungsgemäß: vgl. Bundessozialgericht , Urteil vom 28.11.2007 - B 11a AL 39/06 R -, SozR 4-4300 § 64 Nr. 3) nicht mehr gegeben war (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
- 27
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit einer der in den Nrn. 1 bis 4 genannten Tatbestände erfüllt ist. Die Tatbestände nach Nrn. 1 und 3 kommen von vornherein nicht in Betracht.
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Die Voraussetzungen des Aufhebungstatbestands des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, wonach der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, liegen nicht vor. Zwar hat der Kläger seine sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) ergebende Obliegenheit, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen, nicht erfüllt, obwohl er bei der Antragstellung und im Bescheid vom 28.09.2006 auf die Pflicht zur Angabe von Änderungen der Anschrift und Unterbringung hingewiesen worden ist. Allerdings hat sich der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht grob fahrlässig - Vorsatz ist nicht gegeben - verhalten.
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Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt ist, d.h. wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Das Maß der Fahrlässigkeit ist insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen und Verhalten des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff: vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R -, SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Persönlich kommt es darauf an, dass die grobe Fahrlässigkeit bei dem "Betroffenen" vorliegt. Bei dem Kläger, der das 15. Lebensjahr vollendet hatte und damit die sozialrechtliche Handlungsfähigkeit (§ 36 SGB I) erlangt hatte, werden dadurch die Befugnisse des gesetzlichen Vertreters - seiner Eltern - nicht verdrängt (vgl. BSG, Urteil vom 28.04.2005 - B 9a/9 VG 1/04 R - SozR 4-3800 § 1 Nr. 8). Insoweit ist bei der gesetzlichen Vertretung auch auf die grobe Fahrlässigkeit der Eltern abzustellen, die sich der Kläger ggfs. zurechnen lassen muss (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.1984 - 9a RV 40/83 -, SozR 1300 § 48 Nr. 11). Ob der Kläger als Minderjähriger überhaupt zur Mitwirkung verpflichtet war (vgl. Krauskopf-Waschull, SozKV, Vor § 60 SGB I RdNr. 14) kann offen bleiben, da jedenfalls ein grob fahrlässiges Handeln von ihm oder von seinen Eltern nicht gegeben war.
- 30
Der Kläger ging davon aus, dass er seiner Mitteilungspflicht dadurch nachgekommen war, dass seine Mutter der Agentur für Arbeit am 08.08.2007 unter Verwendung des dem Bescheid vom 28.09.2006 beigefügten Vordrucks die Änderung seiner Anschrift und die Art der Unterbringung (Elternhaus) mitgeteilt hatte. Die Mutter des Klägers hat bei ihrer Vernehmung am 08.09.2010 bekundet, dass sie diese Mitteilung bei der Post in G in den Briefkasten eingeworfen und sich eine Kopie für die Unterlagen gemacht habe. Der Kläger war von dem Inhalt des Schreibens und der Absendung informiert. Der Senat ist aufgrund der Angaben des Klägers und der glaubhaften Aussage der Mutter davon überzeugt, dass das Schreiben am 08.08.2007 verfasst und an einem nicht feststellbaren Zeitpunkt zur Post gegeben worden ist. Allerdings hat der Brief die Beklagte nicht erreicht. Für den Zugang dieses Schreibens besteht keine Vermutung. Postsendungen können verloren gehen (vgl. Bundesverfassungsgericht
, Beschluss vom 09.10.1973 - 2 BvR 482/72 -, BVerfGE 36, 85).
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Entgegen der Auffassung des SG erachtet es der Senat nicht als grob fahrlässig, Mitteilungen über Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse mit einfachem Brief zu versenden. Eine Verpflichtung zur Wahl einer anderen Versendungsform (z.B. Einschreiben mit oder ohne Rückschein) besteht grundsätzlich nicht. Vielmehr darf ein Leistungsempfänger - jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung - davon ausgehen, mit einer Übersendung per einfachem Brief seiner Mitteilungspflicht Genüge getan zu haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beklagte ihm den Bewilligungsbescheid - wie hier - selbst mit einfachem Brief übermittelt hat und dem Kläger kein Hinweis darauf gegeben worden ist, dass er durch gesteigerte Anforderungen an den Übermittlungsvorgang sicherstellen müsse, dass Mitteilungen die Beklagte auch tatsächlich erreichten. Zudem können auch Einschreibsendungen verloren gehen (vgl. z.B. Bundesgerichtshof
, Urteil vom 26.04.2007 - I ZR 70/04 -, Juris). Im Übrigen ist der Verantwortungsbereich des Bürgers bei der Übermittlung von Briefen darauf begrenzt, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß - zutreffend adressiert und ausreichend frankiert - zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreichen kann (vgl. zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: BVerfG, Beschluss vom 25.09.2000 - 1 BvR 2104/99 -, SozR 3-1100 Art. 103 Nr. 8; Bundesverwaltungsgericht , Urteil vom 27.04.1990 - 4 C 10/87 -, NJW 1990, 2639). Diesen Anforderungen haben der Kläger und seine Mutter vorliegend entsprochen. Die Annahme, damit der Mitteilungspflicht nachgekommen zu sein, ist zur Überzeugung des Senats nicht grob fahrlässig. Eine Pflicht, sich bei der Beklagten nach dem Eingang der Mitteilung zu erkundigen, war jedenfalls im vorliegenden Fall nicht vorhanden. Eine Grundlage für eine solche Erkundigungspflicht besteht nicht und kann sich nur aus - hier nicht gegebenen - Umständen des Einzelfalls ergeben. Anhaltspunkte, dass der Brief bei der Beklagten nicht eingegangen sein könnte, bestanden nicht. Im Übrigen wäre ein Irrtum des Klägers sowie seiner Mutter, durch die Versendung mit einfachem Brief der Mitteilungspflicht entsprochen zu haben, selbst nicht grob fahrlässig.
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Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sind nicht erfüllt. Hiernach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Diese Bösgläubigkeit liegt entweder bei einem positiven "Wissen" oder dann vor, wenn der zum Wegfall führende Umstand eingetreten ist und der Betroffene die Auswirkungen auf die Leistungsberechtigung wegen grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.1986 - 7 RAr 55/84 -, SozR 1300 § 48 Nr. 22). Ein bloßes "Wissenmüssen" genügt nicht, weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Betroffene ernsthaft annehmen (damit rechnen) konnte, dass der Anspruch weggefallen war (vgl. BSG, Urteil vom 26.02.2003 - B 8 KN 6/02 R -, SozR 4-2600 § 101 Nr. 1). Dabei ist auf die Abschätzung der Rechtsfolgen durch den Betroffenen nach dessen individuellem Verständnishorizont und insoweit auf eine "Parallelwertung in der Laiensphäre" abzustellen (vgl. zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X: BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 11 AL 10/08 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 19).
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Eine Kenntnis vom Wegfall der Anspruchsvoraussetzung war weder bei dem Kläger noch bei seiner Mutter gegeben. Entgegen der Auffassung des SG war im Antragsformular auf BAB nicht dargelegt, dass die Leistung nur gewährt werden kann, solange der Auszubildende während der Ausbildung nicht im Haushalt seiner Eltern oder eines Elternteils lebt. Unter 4) war zu beantworten, ob der Kläger während seiner Ausbildung im Haushalt seiner Eltern oder eines Elternteils wohnt, ohne dass sich aus dem Antragsformular ergab, dass dann ein Anspruch auf BAB nicht bestand. Im Gegensatz zu Frage 3) war dies bei der Frage 4) gerade nicht ausgeführt. Aus dem Ausfüllhinweis ergab sich lediglich, dass "in der Regel kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe" besteht, wenn der Auszubildende bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt und ergänzend ausgeführt, dass dieser sich im Zweifelsfalle an die Agentur für Arbeit wenden solle. Das positive Wissen über einen Wegfall des Anspruchs des Klägers ab dem 01.08.2007, dem Zuzug in den Haushalt seiner Eltern, lässt sich aus diesen Antragsunterlagen nicht entnehmen. Die Ausfüllhinweise legen vielmehr nahe, dass es gerade nicht in jedem Fall zu einem Wegfall des Anspruchs kommt, sondern dass die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind. Der Bewilligungsbescheid vom 28.09.2006 vermittelte ebenfalls keine derartige Kenntnis. Auch hätten der Kläger bzw. seine Mutter nicht aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen erkennen können, dass der Anspruch entfallen war. Die etwaige Annahme einer Änderung in der Leistungshöhe genügte hierfür nicht, da nur ein Wegfall des "Anspruchs" maßgebend ist. Der Kläger und seine Mutter gingen vielmehr davon aus, dass die "ersparten" Mietkosten durch die höheren Fahrtkosten kompensiert wurden. Diese Bewertung war im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats nicht grob fahrlässig.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Bei einer Berufsausbildung wird als Bedarf für sonstige Aufwendungen eine Pauschale für Kosten der Arbeitskleidung in Höhe von 15 Euro monatlich zugrunde gelegt.
(2) Bei einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden als Bedarf für sonstige Aufwendungen bei Auszubildenden, deren Schutz im Krankheits- oder Pflegefall nicht anderweitig sichergestellt ist, die Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld und die Beiträge zur Pflegepflichtversicherung bei einem Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung oder, wenn dort im Einzelfall ein Schutz nicht gewährleistet ist, bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zugrunde gelegt.
(3) Bei einer Berufsausbildung und einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden als Bedarf für sonstige Aufwendungen die Kosten für die Betreuung der aufsichtsbedürftigen Kinder der oder des Auszubildenden in Höhe von 160 Euro monatlich je Kind zugrunde gelegt. Darüber hinaus können sonstige Kosten anerkannt werden,
- 1.
soweit sie durch die Berufsausbildung oder die Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme unvermeidbar entstehen, - 2.
soweit die Berufsausbildung oder die Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme andernfalls gefährdet ist und - 3.
wenn die Aufwendungen von der oder dem Auszubildenden oder ihren oder seinen Erziehungsberechtigten zu tragen sind.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Wer das fünfzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann Anträge auf Sozialleistungen stellen und verfolgen sowie Sozialleistungen entgegennehmen. Der Leistungsträger soll den gesetzlichen Vertreter über die Antragstellung und die erbrachten Sozialleistungen unterrichten.
(2) Die Handlungsfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 kann vom gesetzlichen Vertreter durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger eingeschränkt werden. Die Rücknahme von Anträgen, der Verzicht auf Sozialleistungen und die Entgegennahme von Darlehen bedürfen der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
- 1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen, - 2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen, - 3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.