Landessozialgericht NRW Beschluss, 11. Aug. 2014 - L 19 AS 1105/14 NZB
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 13.05.2014 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger bezog in Bedarfsgemeinschaft mit seiner eine bedarfsdeckende Rente beziehenden Ehefrau ("gemischte Bedarfsgemeinschaft") ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die mit vorläufigem Bescheid vom 22.10.2013 für den Zeitraum vom 01.11.2013 bis zum 30.04.2014 i. H. v. 359,85 Euro bewilligt wurden. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
4Auf die Mitteilung des Klägers vom 28.10.2013, er stelle die bisher ausgeübte Beschäftigung am 31.08.2013 ein, forderte der Beklagte den Kläger auf, die Kündigung und die letzte Verdienstabrechnung vorzulegen. Mit "Änderungsbescheid" vom 23.11.2013 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 30.04.2014 Leistungen in Höhe von monatlich 368,03 Euro (gegenüber zuvor 359,85 Euro nach dem Bescheid vom 22.10.2010) unter Berücksichtigung der Erhöhung des Regelbedarfssatzes zum 01.01.2014 von 382,00 Euro auf 391,00 Euro monatlich. Auch diese Entscheidung erging vorläufig. Der Bescheid enthielt u.a. folgende Formulierungen: "Der Berechnung der Leistungen liegen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu Grunde, wie sie bei der Antragstellung beziehungsweise im laufenden Leistungsbezug angegeben und nachgewiesen wurden. Wie sich die Leistungen im Einzelnen zusammensetzen, können Sie dem Berechnungsbogen entnehmen." Ein Berechnungsbogen war dem Bescheid beigefügt. Mit Schreiben vom 19.12.2013 legte der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 23.11.2013 Widerspruch ein. Er wandte sich gegen die Einkommensanrechnung nach Beendigung der Beschäftigung. Am 07.01.2014 teilte der Kläger eine Arbeitsaufnahme ab dem 02.01.2014 mit. Der Beklagte bewilligte mit Änderungsbescheid vom 14.01.2014 für die Monate Februar 2014 bis April 2014 vorläufig Leistungen i. H. v. monatlich 280,03 Euro unter Berücksichtigung eines "fiktiven Einkommens" aus der nunmehr mitgeteilten neuen Beschäftigung.
5Mit Schreiben vom 23.01.2014 legte der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 14.01.2014 Widerspruch ein.
6Mit Bescheid vom 28.01.2014 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.11.2013 als unzulässig. Mit diesem Bescheid sei allein die Höhe der Regelbedarfe angepasst worden. Der Kläger habe seinen Widerspruch jedoch nicht gegen die Höhe des Regelbedarfs, sondern gegen die Anrechnung von Einkommen gerichtet. Soweit er sich gegen die im Bescheid vom 23.11.2013 (erneut) ausgewiesene Anrechnung des Einkommens wende, richte der Widerspruch sich nicht gegen einen Verwaltungsakt. Der Bescheid vom 23.11.2013 stelle insoweit lediglich eine wiederholende Verfügung der Regelung im Bewilligungsbescheid vom 22.10.2013 dar.
7Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 14.02.2014 Klage erhoben mit dem Antrag,
8die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2014 über den Widerspruch des Klägers vom 19.12.2013 hinsichtlich des Leistungsmonats Januar 2014 sachinhaltlich zu entscheiden.
9Mit Urteil vom 13.05.2014 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2014 über den Widerspruch des Klägers vom 19.12.2013 gegen den Bescheid vom 23.11.2013 hinsichtlich des Leistungsmonats Januar 2014 sachinhaltlich zu entscheiden. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen. Der Beklagte habe den Widerspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen. Bei dem Bescheid vom 23.11.2013 handele es sich hinsichtlich der gesamten Leistungshöhe um einen Verwaltungsakt.
10Gegen das dem Beklagten am 27.05.2014 zugestellte Urteil richtet sich dessen Nichtzulassungsbeschwerde vom 30.05.2014. Der Beklagte misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob der Bescheid vom 23.11.2013 abgesehen von der vom Kläger nicht angegriffenen Erhöhung des Regelbedarfs einen Verwaltungsakt darstelle oder lediglich eine wiederholende Verfügung zum Bewilligungsbescheid vom 22.10.2013 enthalte. Er meint, die Berechnungselemente zur Einkommensanrechnung seien mit dem Bescheid vom 22.10.2013 bestandskräftig geworden und nicht mehr anfechtbar.
11Der Kläger ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid enthalte hinsichtlich der gesamten Höhe der Regelleistung eine Regelung. Eine Beschränkung der Regelungswirkung auf einzelne Berechnungselemente sei nicht zulässig.
12II.
13Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) ist statthaft. Die im Ergebnis allein die Höhe der Einkommensanrechnung für Januar 2014 betreffende Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung, weil der streitige Betrag nicht den Wert von mehr als 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) erreicht und die streitige Forderung auch nicht Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
14Der Senat lässt offen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig ist, insbesondere dem Beklagten ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht. Denn nach Mitteilung des Beklagten hat er mit Bescheid vom 27.01.2014 in Anwendung von § 44 SGB X eine neue Entscheidung für Januar 2014 getroffen. Sollte es sich bei dieser Entscheidung um einen endgültigen Bewilligungsbescheid handeln, hätte sich der isoliert angefochtene Widerspruchsbescheid vom 28.01.2014 erledigt (§ 39 Abs. 2 SGG) und seine Aufhebung durch das Sozialgericht würde den Beklagten nicht beschweren.
15Jedenfalls ist die Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet. Ein Zulassungsgrund liegt nicht vor.
16Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
171) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 144 Rn. 28; siehe auch BSG Beschluss vom 24.09.2012 - B 14 AS 36/12 B zu § 160 SGG; Beschluss des Senats vom 07.10.2013 - L 19 AS 1101/13 NZB). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. BSG Beschluss vom 15.09.1997 - 9 BVg 6/97 zu § 160 SGG). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein. Die bloße Klärung von Tatsachen- oder Auslegungsfragen begründet keine grundsätzliche Bedeutung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 144 Rn. 29).
18Die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage weist keine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne auf. Abgesehen davon, dass die Beurteilung der Frage, ob ein Schreiben ein Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X ist, eine Auslegungsfrage darstellt, die in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung hat, ist die Rechtsfrage anhand der Rechtsprechung des BSG ohne Weiteres zu beantworten.
19Die Auffassung des Beklagten, die Regelungswirkung des Bescheides beschränke sich auf die Anpassung der Regelleistung, ist mit der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Streitgegenstand bei Höhenstreitigkeiten nach dem Recht des SGB II unvereinbar. Danach wird mit jedem Rechtsbehelf oder Rechtsmittel gegen die konkret bewilligte Regelleistung ihre Richtigkeit unter Berücksichtigung aller Berechnungselemente unter allen denkbaren rechtlichen Aspekten zur Prüfung gestellt. Berechnungsfaktoren bilden keinen eigenen materiell-rechtlichen Streitgegenstand (z.B. BSG Urteil vom 19.06.2012 - B 4 AS 163/11 R Rn.13). Diese Rechtsgrundsätze gelten auch für die Regelungsmöglichkeiten in einem Verwaltungsakt. Es ist dem Beklagten verwehrt, in einem Bescheid die Regelungswirkung auf einzelne Berechnungselemente der Regelleistung zu beschränken (zur Unzulässigkeit, eine Regelung in einem Bescheid über die Bewilligung des Regelbedarfs weiter aufzuspalten BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R Rn. 11).
202) Es liegt kein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Eine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift kommt nur dann in Betracht, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die die obersten Gerichte aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (einheitliche Rechtsprechung der Gerichtshöfe des Bundes, z. B. BAG Beschluss vom 15.10.2012 - 5 AZN 1958/12; BGH Beschlüsse vom 27.03.2003 - V ZB 291/02 und 23.06.2012 - AnwZ (Brfg) 58/11; BFH Beschlüsse vom 12.10.2011 - III B 56/11 und 01.06.2012 - III B 3/11; BVerwG Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 42/12 und 25.10.2012 - 10 B 16/12; BSG Beschluss vom 19.07.2012 - B 1 KR 65/11 B, jeweils m. w. N.; aus der Kommentierung zum SGG: Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 4. Aufl., § 144 Rn. 18; Düring, a.a.O., § 160 Rn. 13 f; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auf., Rn. 30, § 160 Rn. 10 f.; Littmann in Hk-SGG, 4. Aufl. § 144 Rn. 17; Lüdtke, a. a. O. § 160 Rn. 12 f. jeweils m.w.N.). Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (BFH Beschlüsse vom 21.10. 2010 - VIII B 107/09 = BFH/NV 2011, 282 und 12.10.2011-III B 56/11). Die angegriffene Entscheidung weicht nicht in diesem Sinne von Rechtsprechung der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab.
213) Schließlich ist auch der Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht gegeben. Insbesondere ist das Sozialgericht befugt gewesen, den Antrag des Klägers entsprechend dem Widerspruchsbescheid vom 28.01.2014 isoliert aufzuheben. Die prozessualen Voraussetzungen für eine solche isolierte Aufhebung lagen vor. Nach § 79 Abs. 2 S. 1 und 2 VwGO kann der Widerspruchsbescheid alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. Diese Vorschrift ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (BSG Urteil vom 15.08.1996 - 9 RV 10/95; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 05.07.2012 - L 11 AS 759/11). Durch die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig hat der Beklagte - wie dargelegt - einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen. Der Kläger verfügte auch über das für die isolierte Anfechtung eines Widerspruchsbescheides erforderliche Rechtsschutzinteresse. Bei - wie hier vorliegend - gebundenen Verwaltungsentscheidungen liegt das erforderliche Rechtsschutzinteresse jedenfalls dann vor, wenn der für den Betroffenen negative Widerspruchsbescheid auf dem Verfahrensfehler zumindest beruhen kann, also in der Sache eine andere Entscheidung zumindest möglich erscheint (ausführlich zum Rechtsschutzinteresse bei der isolierten Aufhebung eines Widerspruchsbescheides LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 05.07.2012 - L 11 AS 759/11 mit Darstellung des Meinungsstreits). Dies ist hier der Fall, wie sich aus den Bescheiden vom 14.07.2014 und 27.01.2014 ergibt.
22Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 S. 4 SGG).
23Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
24Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.
(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.
(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Das Bundessozialgericht entscheidet über das Rechtsmittel der Revision.
(2) Das Bundessozialgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern sowie zwischen verschiedenen Ländern in Angelegenheiten des § 51. Hält das Bundessozialgericht in diesen Fällen eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet mit bindender Wirkung.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist
- 1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, - 2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.
(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.
(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.
(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.