Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10
Gericht
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts D-Stadt vom 27. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung einer zwischenzeitlich in Eigenregie finanzierten Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin.
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Die am 03. Dezember 1969 geborene Klägerin schloss am 30. Juni 1986 die Polytechnische Oberschule in A-Stadt mit Realschulabschluss ab. In der Folgezeit absolvierte sie eine Berufsausbildung zum Facharbeiter für Schreibtechnik im VEB Elektromotorenwerk Eggesin. Nach dem Abschluss am 15. Juli 1988 arbeitete die Klägerin zunächst für ein weiteres Jahr in dem Ausbildungsbetrieb. Anschließend war die Klägerin im „VEB Kombinat Großhandel Waren des täglichen Bedarfes" bis zum 31. Dezember 1991 in ihrem Beruf als Schreibtechnikerin tätig.
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Nach der Geburt ihres Sohnes und eines sich anschließenden Erziehungsurlaubes war die Klägerin für den Zeitraum Februar 1993 bis September 1994 arbeitslos. Während dieser Zeit war sie auf 120,00 DM - Basis als Gebäudereinigerin bei der „Hyper-Clean-GmbH A-Stadt als Gebäudereinigerin tätig. Vom 01. September 1994 bis 29. Mai 1995 nahm sie an einer Integrationsmaßnahme für Langzeitarbeitslose beim Berufsförderungswerk Ueckermünde teil. Vom 30. Mai 1995 bis 31. März 1997 war sie als Schreibkraft/Bürokraft im Immobilien-/ und Finanzmaklerbüro Frank Westphal in A-Stadt beschäftigt. Vom 01. April 1997 bis 31. Januar 1998 war sie erneut arbeitslos, wobei sie während dieser Zeit eine Tätigkeit als Verkäuferin auf 120,00 DM - Basis in 2 „Früh und Spät" Verkaufsstellen in Ferdinandshof und A-Stadt ausübte. Vom 01. Februar 1998 bis 1. November 2004 war sie als Sachbearbeiterin bzw. Bürokraft bei der „Interessensgemeinschaft Fjordpferd (IGF) e.V. in Leopoldshagen tätig. Während der sich anschließenden Arbeitslosigkeit war sie bis März 2006 als Sachbearbeiterin auf dem Haffwiesenhoff Leopoldshagen in Nebentätigkeit beschäftigt. Im März 2006 übte sie diese Tätigkeit in Vollzeit - 40 Std./Wo - aus. Ab Oktober 2008 bis einschließlich Februar 2010 wurde die Tätigkeit in Teilzeit - 25 Std./Wo - ausgeübt.
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Die Klägerin meldete sich anschließend zum 01. März 2010 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld I ab dem 01. März 2010, welches die Beklagte bewilligte.
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In einer bereits am 22. Dezember 2009 abgeschlossen Eingliederungsvereinbarung formulierten die Beklagte und die Klägerin als Ziel die Aufnahme einer Tätigkeit als Call Center Agentin nach vorgeschalteter Qualifizierung.
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In der Folgezeit beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Förderung einer Umschulungsmaßnahme mit dem Ziel den Berufsabschluss der „staatlich anerkannten Erzieherin“ zu erwerben.
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Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. April 2010 ab. Die Umschulung zur Erzieherin sei nicht notwendig. Im Falle der Arbeitslosigkeit sei es das Ziel der Beklagten Arbeitnehmer mit den kostengünstigsten Mitteln unter Beachtung der Arbeitsmarktsituation in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Der Klägerin werde ein Bildungsgutschein für eine Weiterbildung zur Call Center Agentin angeboten. Hierdurch habe sie die Chance innerhalb von kurzer Zeit ein beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis einzugehen.
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Hiergegen legte die Klägerin am 04. Mai 2010 Widerspruch ein. Nach Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit habe sie in diversen Medien - Internet, Presse - versucht Stellenangebote zu finden, die ihrem Berufsbild - Bürohilfe, Sachbearbeiterin, Schreibkraft, etc. - entsprechen. Dies sei ohne Erfolg geblieben. Sie schätze daher ihre Chancen in diesem Bereich eine neue Tätigkeit zu finden, als aussichtslos ein. Da sie aber gut mit Kindern umgehen könne und ihr von mehreren Arbeitgebern bestätigt worden sei, dass Erzieherinnen gesucht würden, sehe sie in der Umschulung eine reelle Chance eines Neueinstieges. Darüber hinaus habe sie von der Volkssolidarität eine Einstellungszusage erhalten, falls sie die beantragte Umschulungsmaßnahme erfolgreich abschließen sollte. Darüber hinaus sei ihr eine Arbeit im Call Center nicht möglich, da sie dort in Schichten tätig sein müsste, was in der Kombination mit der Arbeitsstelle ihres Ehemannes - auf dem Bau - dazu führe, dass die Betreuung ihrer siebenjährigen Tochter nicht sicherzustellen sei. Zudem halte sie sich für ungeeignet im Call Center zu arbeiten. Seit sie wisse, dass die Beklagte beabsichtige sie als Call Center Agentin zu vermitteln, leide sie unter Schlafstörungen. Sie habe schlicht Angst vor dieser Tätigkeit. Sie fühle sich von der Beklagten im Stich gelassen, da sie sich die Umschulungsmaßnahme zur Erzieherin bei der TFA D-Stadt in Eigenregie gesucht habe und sich auch im Übrigen selbst um ihr berufliches Schicksal gekümmert habe. Sie habe sich gerade deshalb zu der Umschulung entschlossen, weil sie nicht die letzten 27 Jahre ihres Berufslebens auf staatliche Hilfen angewiesen sein möchte. Darüber hinaus sehe sie in ihrem erlernten Beruf nach der langjährigen einseitigen Tätigkeit und der vermehrten Nutzung von Spracherkennungssoftware keine Chance mehr eine Anstellung zu finden. Letztlich habe sie keinen verwertbaren Berufsabschluss und sei daher förderfähig. Schließlich existiere der Beruf als „Facharbeiter für Schreibtechnik“ mittlerweile nicht mehr. Darüber hinaus wäre die dauerhafte Unterbringung das Ziel der beruflichen Wiedereingliederung. Dies sei durch die angebotene Weiterbildung zur Call Center Agentin nicht gewährleistet, da diese Beschäftigung zumeist in Teilzeit ausgeübt werde, weshalb die Gefahr bestünde, dass sie zusätzlich auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen wäre.
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Dem Widerspruch fügte sie eine Ablichtung ihres Bewerbungsschreibens an die TFA- Bildungswerk D-Stadt GmbH für die Umschulungsmaßnahme, deren Antwortschreiben in Kopie sowie eine Ablichtung eines Schreibens der Volkssolidarität Kreisverband Uecker Randow e.V. bei. Aus dem Antwortschreiben der TFA-GmbH ergibt sich, dass nach Auswertung der Bewerbungsunterlagen und des Eignungstestes aus Sicht der TFA eine Aufnahme in die Umschulungsmaßnahme möglich sei. Aus dem mit „Einstellungszusage“ unterschriebenen Schreiben des Volkssolidarität e.V. ist zu entnehmen, dass der Verein bereit ist der Klägerin, vorbehaltlich der betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten und dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin, einen Arbeitsplatz anzubieten.
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Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2010 als unbegründet zurück. Gemäß § 77 Abs. 1 SGB III sei Voraussetzung der Förderung der begehrten Umschulung, dass diese notwendig sei, wobei dies bedeute, dass die Erwartung bestehen müsse, dass die berufliche Wiedereingliederung der Klägerin nur durch die Weiterbildung realisiert werden könne. Zudem würde die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt, wenn ein Berufsabschluss fehle. Dies sei u.a. auch dann gegeben, wenn jemand über einen solchen verfüge, aber aufgrund einer mehr als vier Jahre dauernden Tätigkeit in einer an- bzw. ungelernten Tätigkeit eine seinem Abschluss entsprechende Tätigkeit voraussichtlich nicht mehr ausüben könne. Diese Voraussetzungen lägen bei der Klägerin aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeiten nicht vor. Zudem könnten nur Ausbildungen gefördert werden, die gegenüber der Regelzeit einer solchen Ausbildung um ein Drittel verkürzt wären. Bei der angestrebten Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher handele es sich um eine schulische Ausbildung, die an und für sich nicht verkürzt angeboten werden könne. Lediglich für Gruppenumschulungen habe es eine Sondervereinbarung zwischen dem Land-MV und dem Bildungsträger TFA D-Stadt gegeben. Hieraus könne die Klägerin keinen Rechtsanspruch für die Einzelumschulung ableiten. Es bliebe dabei, dass die Ausbildung nur dann gefördert werden könne, wenn ein Arbeitgeber die Ausbildung unterstütze und für das dritte Lehrjahr die vollständigen Kosten der Klägerin übernehme. Dies sei nicht der Fall. Die Volkssolidarität habe der Klägerin ausschließlich für den Fall des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung und vorbehaltlich betrieblicher Umstände eine Arbeitsstelle in Aussicht gestellt. Im Übrigen bestünde auch kein Rechtsanspruch auf Förderung. Vielmehr stehe die Förderung im Ermessen der Beklagten. Maßgeblich für die Ermessensausübung sei eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der Klägerin mit denjenigen der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte. Diese falle hier nicht zugunsten der Klägerin aus. Im Rahmen der Prüfung seien die in § 7 SGB III und § 71b SGB IV Grundsätze zu beachten, wonach auf die Fähigkeiten der Person, die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes, den Anhand der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten Handlungsbedarf und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte abzustellen sei. Diesen Kriterien genüge die von der Beklagten angebotene Weiterbildungsmaßnahme zur Call Center Agentin.
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Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Telefax vom 11. Juni 2010 Klage vor dem D. erhoben. Es sei bereits nicht erkennbar, dass die begehrte Umschulungsmaßnahme nicht erforderlich sei. Schließlich ergebe sich bereits aus ihrem Lebenslauf, dass derzeit eine reelle Chance auf dem Arbeitsmarkt nicht bestünde. Insbesondere habe sie in dem Finanzdienstleistungsbüro wenige buchhalterische Tätigkeiten auszuführen gehabt. Schließlich habe der dortige Unternehmer seine Kunden betrogen, was zu einem Ermittlungsverfahren geführt hätte, weshalb eine Referenz aus dieser Tätigkeit zweifelhaft sei. Zudem sei auch die Weiterbildung im Rechnungswesen aus dem Jahre 2006 nur eingeschränkt brauchbar, um eine Anstellung als Bürokauffrau zu finden. Es sei zudem fehlerhaft, wenn die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einzelumschulung verneine, weil sich kein Arbeitgeber gefunden habe, der die Kosten der Klägerin im dritten Ausbildungsjahr übernimmt. Schließlich habe die TFA-GmbH eine Ausnahmegenehmigung die sonst dreijährige Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin in 2 Jahren durchzuführen. Zudem sei der Rechtsanwältin eine Umschülerin bekannt, die die Ausbildung bei der TFA durch die Beklagte gefördert absolviere. Daher müsse der Klägerin aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ebenfalls eine solche Möglichkeit eröffnet werden. Die Umschulung könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr bei der TFA durchgeführt werden, da die dortige Maßnahme bereits begonnen hätte. Die Klägerin habe nunmehr ausschließlich die Möglichkeit die begehrte Umschulung beim Landkreis Uecker-Randow zu beginnen. Dortiger Ausbildungsbeginn sei der 06. September 2010, weshalb um eine schnelle Entscheidung gebeten werde.
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Die Beklagte hat zunächst auf Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen, woraufhin die Klägerin nochmals darauf hingewiesen hat, dass sie die Fördervoraussetzungen erfülle. Insbesondere komme sie in in ihrem bisherigen Beruf nicht weiter. Sie habe schon Glück gehabt bisher als Schreibkraft beschäftigt zu sein. Aufgrund der aktuellen Krisensituation könnten sich nur noch wenige Unternehmen eine solche Arbeitskraft leisten. Hinsichtlich der begehrten Umschulung sei der Beklagten insoweit ein erheblicher Fehler unterlaufen, als dass die Beklagte nicht zur Kenntnis nehme, dass die Umschulung bei der TFA nur zwei Jahre andauere und nicht wie die Beklagte unterstelle drei Jahre.
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Das Sozialgericht hat die Klägerin mit Verfügung vom 26. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass sie wohl nunmehr eine Umschulung beim Landkreis Uecker-Randow anstrebe. Diese Umschulung dauere wohl entgegen der Umschulung bei der TFA drei Jahre. Zudem ginge das Gericht davon aus, dass - unabhängig vom Vorliegen der Fördervoraussetzungen - die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch auf die begehrte Maßnahme habe. Schließlich sei der Beklagten insbesondere hinsichtlich des Maßnahmezieles ein Ermessensspielraum eingeräumt. Vorliegend sei nicht erkennbar, dass das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert sei, da auch andere Weiterbildungsmaßnahmen für die Klägerin vorstellbar seien. Ein Anspruch auf die begehrte Umschulung bestünde daher nicht.
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Hieraufhin hat die Klägerin unter teilweiser Wiederholung ihres Vortrages zum Vorliegen der Fördervoraussetzungen erklärt, dass auch die Umschulung beim Landkreis nur zwei Jahre dauere. Weitere Maßnahmen existierten derzeit nicht, weshalb der Hinweis des Gerichtes nicht nachvollziehbar sei. Zum Beleg hat sie ein Informationsblatt des Berufsförderungszentrum Ueckermünde e.V. zur Akte gereicht. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass sie die in diesem Informationsblatt genannten Voraussetzungen zum Beginn der Umschulung erfülle. Zum Beleg hat sie später ein Schreiben des Berufsförderzentrum Ueckermünde e.V. beigereicht aus dem sich ergibt, dass sie zur Teilnahme an der Fortbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin vorgesehen sei, welche am 01. November 2010 beginne. Die Beklagte könne sich nicht darauf zurückziehen, dass die Klägerin über eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung verfüge. Nach Auskunft der IHK käme eine Gleichstellung einer Bürogehilfin mit einer Bürofachkraft nur in Betracht, wenn Weiterbildungsmaßnahmen nachgewiesen würden. Die Klägerin habe eine solche Facharbeiteranerkennung nicht erhalten. Zudem erfülle die begehrte Umschulung die in § 85 SGB III genannten Kriterien. Es existiere ein hoher Bedarf an Erziehern, die Umschulungskosten in Höhe von 7.500,00 € seien angemessen, es sei zu erwarten das sie aufgrund ihrer hohen Motivation die Umschulung erfolgreich abschließe und zudem seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllt.
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Die Beklagte hat hierzu erklärt, dass entgegen der klägerseits zitierten Auskunft der IHK, der Facharbeiter für Schreibtechnik eine auf dem Gebiet der ehemaligen DDR abweichende Berufsbezeichnung für die heutige Berufsbezeichnung Bürokaufmann für Bürokommunikation. Die frühere Bezeichnung Bürogehilfe sei nur bis 1991 gültig. Dies ergäbe sich aus den berufskundlichen Informationen der Beklagten. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin damit über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, sei die begehrte Umschulung nicht erforderlich, zumal sich aus der Datenbank der Beklagten ergäbe, dass zum dort gespeicherten Bewerberprofil der Klägerin insgesamt 60 offene Stellen verfügbar wären. Eine Liste der offenen Stellen und das dort gespeicherte Bewerberprofil hat die Beklagte beigefügt.
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Hieraufhin hat die Klägerin mitgeteilt, dass der Großteil der beklagtenseits dargelegten offenen Stellen nicht ihren Qualifikationen entspreche. Sie erfülle nicht die dort genannten Einstellungsvoraussetzungen - Finanzbuchhalter, Bilanzbuchhalter, strategischer Einkäufer, Vertriebsmitarbeiter, Lohngehaltsrechner, etc.. Sie habe keine kaufmännischen Kenntnisse. Zudem handele es sich bei den von der Beklagten benannten offenen Stellen in der Hauptsache um Arbeitsvermittlungen, die darauf aus seien einen Vermittlungsauftrag zu erhalten. Darüber hinaus sei ihr durch ihre Arbeitsvermittlerin bei der Beklagten zuletzt mitgeteilt worden, dass gerade im regionalen Bereich - 50 km - schon seit langem keine Arbeitsangebote in ihrem Ausbildungsberuf vorhanden seien. Zudem existierten im regionalen Bereich - ihren eigenen Recherchen zur Folge (Zum Beleg fügte sie einen Ausdruck aus dem Jobsuche Programm der Beklagten bei) - etwa 200 Bewerber auf solche Stellen. Zudem habe die Arbeitsvermittlerin darauf hingewiesen, dass im regionalen Bereich ausschließlich eine Beschäftigung im Call-Center möglich sei. Dies aber nur auf Anfrage und nach Bedarf. Darüber hinaus kämen für sie viele der von der Beklagten übersandten offenen Stellen, schon deshalb nicht in Betracht, da sie aufgrund ihrer familiären Situation auf eine Anstellung im regionalen Bereich - 50 km Umkreis - angewiesen sei. In diesem örtlichen Bereich sei durch die Beklagte nicht eine einzige ihrer Ausbildung entsprechende Stelle nachgewiesen worden. Im Ergebnis bleibe es dabei, dass die begehrte Umschulung ihr die Chance biete dauerhaft ihren Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Im Übrigen weise sie nochmals darauf hin, dass ihr eine Person bekannt sei, bei der die Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin beklagtenseits gefördert worden sei, wobei diese Person als Rechtsanwaltsfachangestellte tätig gewesen sei. Die Klage werde daher auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt.
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Schriftsätzlich hatte die Klägerin beantragt,
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in Abänderung des Bescheides vom 14. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2010 die Beklagte zu verurteilen, ihr die Förderung für die berufliche Umschulung zur „staatlich anerkannten Erzieherin“ zu bewilligen und die hieraus entstehenden Kosten zu tragen.
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Die Beklagte hatte ebenfalls schriftsätzlich beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Sozialgericht hat, nach Anhörung der Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid - beiden Beteiligten am 28. Oktober 2010 zugegangen -, die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Oktober 2010 abgewiesen. Die Klage sei bereits unbegründet, weil bei der Klägerin schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 SGB III nicht vorlägen. So sei die begehrte Umschulung nicht notwendig. Schließlich verfüge die Klägerin über einen Berufsabschluss. Angesichts des jungen Alters der Klägerin und der durch die Beklagte mitgeteilten offenen Stellen, sei nicht erkennbar weshalb bei der Klägerin eine Weiterbildung notwendig - iSv unverzichtbar - sei. Zudem bestünde selbst bei Anerkennung der Umschulung als notwendig jedenfalls kein Anspruch der Klägerin. Eine dahingehende Ermessensreduzierung auf Null läge offensichtlich nicht vor. Zudem sei nicht zu erkennen, dass die angebotene Eingliederung als Call Center Agentin für die Klägerin nicht in Betracht komme. Jedenfalls hinsichtlich der Arbeitszeiten, sei ein deutlicher Vorteil einer Tätigkeit als Erzieherin nicht erkennbar. Zudem sei es nicht fehlerhaft wenn die Beklagte darauf abstelle, dass eine Weiterbildung zur Call Center Agentin wesentlich kostengünstiger zu erreichen sei als die begehrte Umschulungsmaßnahme.
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Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Telefax vom 24. November 2010 unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrages Berufung eingelegt. Darüber hinaus hat sie mitgeteilt, dass sie zwischenzeitlich die Umschulung - Förderung durch „Meister-BAföG" - beim Landkreis Uecker-Randow begonnen habe. Allerdings sei die Förderung durch sie zurückzuzahlen, weshalb ihr erhebliche finanzielle Belastungen entstünden. Nach Abschluss ihrer Ausbildung werde sie daher mit erheblichen Schulden zurückgelassen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts D-Stadt vom 27. Oktober 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin für die durchgeführte Maßnahme entstandenen Kosten der Ausbildungseinrichtung in Höhe von 7.500,- Euro zu übernehmen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, dass die begehrte Umschulung nicht notwendig ist. Schließlich bedinge die Voraussetzung der Notwendigkeit, dass gerade die konkrete Maßnahme notwendig sein müsse, um die Wiedereingliederung zu erreichen. Nach einer zum AFG ergangenen Entscheidung des BSG - B 11 B RaRr 5/86 - liege Notwendigkeit in diesem Sinne nur dann vor, wenn die Maßnahme die einzige Möglichkeit sei, die Wiedereingliederung zu erreichen. Das Sozialgericht habe das Fehlen dieser Voraussetzung rechtsfehlerfrei festgestellt. So verfüge die Klägerin über einen Berufsabschluss, was der begehrten Umschulung entgegenstünde, da die Klägerin zuletzt - bis Februar 2010 - entsprechend beschäftigt gewesen sei. Auch könne aufgrund des kurzen Zeitraumes zwischen Eintritt der Arbeitslosigkeit und dem Beginn der Umschulung im November 2010 nicht abgeleitet werden, dass Vermittlungsbemühungen erfolglos geblieben wären. Vielmehr hätte zu diesem Zeitpunkt noch die Erwartung bestanden die Klägerin entsprechend der mit ihr geschlossenen Eingliederungsvereinbarung vom 22. Dezember 2009 als Bürokraft zu vermitteln bzw. sie zur Call Center Agentin weiterzubilden. Zudem werde der Vortrag der Klägerin zur Arbeitsmarktsituation faktisch durch die bei der Beklagten tagesaktuellen Stellenangebote widerlegt. Es finde sich lediglich ein Stellenangebot für eine Erzieherin gesucht, wobei zusätzliche Sprachkenntnisse verlangt würden und die Arbeitszeiten 05.30 Uhr bis 22.00 Uhr in Randzeiten lägen. Demgegenüber würden allein durch einen Arbeitgeber 22 Call Center Agents gesucht.
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Im weiteren Verfahrensverlauf hat die Klägerin konkrete Personen benannt denen eine Umschulung finanziert wurde und darauf hingewiesen, dass aus ihrer Sicht ein erheblicher Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gegeben sei, wenn ihr nunmehr die Förderung verweigert werde. Unter Vorlage ihres Abschlusszeugnisses - datiert auf den 16. Juni 2015 - hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie die Prüfung zum Erzieher erfolgreich abgeschlossen habe und ab 15. Juli 2015 - Arbeitsvertrag wurde ebenfalls vorgelegt - eine Anstellung als Erzieherin habe. Von Oktober 2014 bis zum Beginn dieser Tätigkeit war die Klägerin als Call Center Agentin tätig.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gerichtsakte und die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Der Senat brauchte im Weiteren nicht zu problematisieren, ob die Berufung mit dem gestellten Antrag überhaupt zulässig ist - diesbezügliche Zweifel ergeben sich daraus, dass die Klägerin ein sogenanntes Meisterbafög erhalten hat, weshalb möglicherweise auf Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung zu klagen gewesen wäre -, da die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung hat.
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Ein solcher Anspruch scheidet nicht bereits aus, weil die Beklagte vorliegend keinen Bildungsgutschein iSd. § 77 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches 4. Buch in der zum 14. April 2010 gültigen Fassung (SGB III aF) erteilt hat. Zwar soll vor Beginn einer Weiterbildungsmaßnahme ein Bildungsgutschein erteilt werden und dieser dem T räger der Maßnahme vorgelegt werden, so dass zweifelhaft ist, ob ein Anspruch auf Kostenerstattung einer selbstfinanzierten Umschulungsmaßnahme unmittelbar auf § 77 Abs. 1 SGB III aF gestützt werden kann. Allerdings ist es ein allgemein anerkannter Grundsatz im Sozialrecht, dass im Falle der rechtswidrigen Leistungsablehnung die Kosten für die Selbstbeschaffung einer Leistung verlangt werden können (vgl. § 13 Abs. 3 SGB V und § 15 SGB IX als gesetzliche Grundlagen sowie BSG, Urteil vom 06. August 2014 - B 4 AS 37/13 R -, Rn. 11, juris zur Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, wenn eine ausdrückliche Regelung nicht vorhanden ist). Anerkannt ist, dass die Leistung rechtswidrig abgelehnt worden sein muss, also ein Primäranspruch auf die begehrte Leistung bestanden haben muss.
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Dies ist gerade nicht der Fall. Vorliegend kommt als Anspruchsgrundlage für einen solchen Primäranspruch ausschließlich § 77 Abs. 1 SGB III aF in Betracht.
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Nach dieser Vorschrift können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn
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1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,
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2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und
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3. die Maßnahme und der Träge der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
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Es kann dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
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Bei der Vorschrift handelt es sich erkennbar um eine Ermessensleistung. Für selbstbeschaffte Ermessensleistungen ist im Rahmen des Anspruches auf Kostenerstattung zu verlangen, dass eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist. (vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2015 - L 2 AL 37/12 -, juris) Dies ist sachgerecht, da anderenfalls der Leistungsberechtigte durch die Selbstbeschaffung das der Behörde gesetzlich eingeräumte Ermessen beschränken und die Behörde vor vollendete Tatsachen stellen könnte.
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Die demnach zu fordernde Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor, weshalb der Klägerin kein Primäranspruch zur Seite steht. Eine solche Ermessensreduzierung wäre dann gegeben, wenn es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zuließen. (BSG, Urteil vom 04. Februar 1988 - 11 RAr 26/87 -, SozR 1300 § 45 Nr 34, BSGE 63, 37-43)
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Für vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die begehrte Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin die einzig rechtlich mögliche Entscheidung gewesen wäre. Da der Behörde erkennbar ein (im zu beachtenden § 7 Satz 1 SGB III aF normiertes) Auswahlermessen unter verschiedenen geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung steht, ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen nur hätte dahingehend ausüben können der Klägerin die begehrte Umschulung zu finanzieren und jede andere Entscheidung rechtsfehlerhaft gewesen wäre. Vielmehr dürften die Erwägungen der Behörde, dass zunächst eine weitaus günstigere und auch kürzere Weiterbildungsmaßnahme zur Call Center Agentin vorrangig war, nicht von vornherein von der Hand zu weisen sein. Dies gilt auch unter Berücksichtigung für die klägerseitig behaupteten „Angstzustände“. Eine ärztliche Bescheinigung ist insoweit nicht vorgelegt worden. Hinzutritt, dass auch andere Weiterbildungsmaßnahmen vorstellbar waren. Eine dahingehende Beratung mit der Beklagten hat nicht stattgefunden. Vielmehr hat die Klägerin dadurch, dass sie derart auf die Umschulung zur Erzieherin fixiert war - erkennbar an dem Eigenengagement und den durchgeführten Praktika - durch das Erheben der Rechtsbehelfe und der Anstrengung des Klagverfahrens einen dahingehenden Dialog mit der Beklagten unmöglich gemacht, ob nicht noch andere - bisher noch gar nicht erörterten - Möglichkeiten bestünden.
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Insoweit hat die Klägerin mit der Entscheidung die Umschulung auf eigene Kosten durchzuführen zwar eine in ihrer Situation sinnvolle Entscheidung getroffen, die letztlich auch zu ihrer Eingliederung in den Arbeitsmarkt geführt hat. Allerdings ist die Beklagte aus den dargelegten Gründen nicht verpflichtet jede zielführende Wunschausbildung zu finanzieren. Vielmehr ist ihr im Hinblick auf die Interessen der Versichertengemeinschaft ein erhebliches Mitspracherecht bei der Auswahl der zu fördernden Maßnahmen zuzugestehen, welches sie nach der Entscheidung der Klägerin die Umschulung in Eigenregie durchzuführen nicht mehr ausüben konnte.
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Soweit die Klägerin sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützt, liegt eine Ungleichbehandlung erkennbar nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG würde es übertragen auf den vorliegenden Fall allenfalls gebieten, dass die Beklagte eine Umschulung der Klägerin zumindest in Betracht zieht und der Klägerin nicht aus willkürlichen Gründen eine solche vorenthält. Dies wäre ausschließlich dann der Fall, wenn sich die Behandlung der Klägerin durch die Beklagte als willkürlich darstellen würde. Eine willkürliche Entscheidung zeichnet sich indessen dadurch aus, dass sie aufgrund sachfremder Erwägungen getroffen wird. Dies war hier gerade nicht der Fall. Vielmehr hat sich die Beklagte mit dem Einzelfall auseinandergesetzt und ist dabei zu der nicht zu beanstandenden Entscheidung gelangt, dass eine Weiterbildung der Klägerin zur Call Center Agentin aus Sicht der Versichertengemeinschaft - aufgrund des wesentlich geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwandes - vorzugswürdig ist. Diese Entscheidung entspricht den in § 7 SGB III aF festgeschriebenen Gesetzeszwecken und ist erkennbar nicht willkürlich.
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Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass andere Personen im Gegensatz zu ihr gefördert wurden, begründet allein diese Tatsache keinen Anspruch der Klägerin ebenfalls gefördert werden. Sollten insoweit andere Personen zu Unrecht gefördert worden sein, bedeutet dies nicht, dass die Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls eine an sich nicht zustehende Leistung beanspruchen könnte. Gleiches gilt selbst dann wenn ein Fall existierte in welchem derselbe Sachverhalt zu Grunde - persönliche Voraussetzungen und die sonstigen Umstände sind identisch mit den bei der Klägerin vorliegenden - liegt. Schließlich kann ein Anspruch im Rahmen der Leistungsverwaltung schon deshalb nicht unbeschränkt bestehen, da der Beklagten keine unerschöpflichen Mittel zur Verfügung stehen.
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Gründe die Revision zuzulassen sind nicht erkennbar.
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Annotations
Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf
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die Fähigkeiten der zu fördernden Personen, - 2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und - 3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
(1) Die für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung veranschlagten Mittel mit Ausnahme der Mittel für
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die Erstattung von Maßnahmekosten nach § 54 des Dritten Buches, - 2.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach § 57 Absatz 2 Satz 2 des Dritten Buches, - 3.
die allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 113 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches, - 4.
den Zuschuss zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 des Dritten Buches und den Eingliederungszuschuss nach § 90 Absatz 2 bis 4 des Dritten Buches und - 5.
Leistungen der Trägerförderung nach § 440 Absatz 5 des Dritten Buches - 6.
(weggefallen) - 7.
(weggefallen)
(2) Die in dem Eingliederungstitel veranschlagten Mittel sind den Agenturen für Arbeit zur Bewirtschaftung zuzuweisen, soweit nicht andere Dienststellen die Aufgaben wahrnehmen. Bei der Zuweisung der Mittel sind insbesondere die regionale Entwicklung der Beschäftigung, die Nachfrage nach Arbeitskräften, Art und Umfang der Arbeitslosigkeit sowie die jeweilige Ausgabenentwicklung im abgelaufenen Haushaltsjahr zu berücksichtigen. Agenturen für Arbeit, die im Vergleich zu anderen Agenturen für Arbeit schneller und wirtschaftlicher Arbeitslose eingliedern, sind bei der Mittelzuweisung nicht ungünstiger zu stellen.
(3) Die Agenturen für Arbeit stellen für jede Art dieser Ermessensleistungen der Arbeitsförderung Mittel unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Lage und Entwicklung des regionalen Arbeitsmarktes bereit. Dabei ist ein angemessener Anteil für die Förderung der Anbahnung und Aufnahme einer nach dem Dritten Buch versicherungspflichtigen Beschäftigung sicherzustellen (Vermittlungsbudget).
(4) Die zugewiesenen Mittel sind so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.
(5) Die Ausgabemittel des Eingliederungstitels sind nur in das nächste Haushaltsjahr übertragbar. Die jeweiligen nicht verausgabten Mittel der Agenturen für Arbeit werden diesen im nächsten Haushaltsjahr zusätzlich zu den auf sie entfallenden Mitteln zugewiesen. Verpflichtungsermächtigungen für folgende Jahre sind im gleichen Verhältnis anzuheben.
Für Übernahme und Höhe der Fahrkosten gilt § 63 Absatz 1 und 3 entsprechend.
(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.
(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.
(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet er den Antrag insoweit unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Dieser entscheidet über die weiteren Leistungen nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen in eigener Zuständigkeit und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(2) Hält der leistende Rehabilitationsträger für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs nach § 14 Absatz 2 die Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall nach Absatz 1 vor, fordert er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan nach § 19 erforderlichen Feststellungen unverzüglich an und berät diese nach § 19 trägerübergreifend. Die Feststellungen binden den leistenden Rehabilitationsträger bei seiner Entscheidung über den Antrag, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall der Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind. Anderenfalls stellt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen umfassend fest.
(3) Die Rehabilitationsträger bewilligen und erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen im eigenen Namen, wenn im Teilhabeplan nach § 19 dokumentiert wurde, dass
- 1.
die erforderlichen Feststellungen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen von den zuständigen Rehabilitationsträgern getroffen wurden, - 2.
auf Grundlage des Teilhabeplans eine Leistungserbringung durch die nach den jeweiligen Leistungsgesetzen zuständigen Rehabilitationsträger sichergestellt ist und - 3.
die Leistungsberechtigten einer nach Zuständigkeiten getrennten Leistungsbewilligung und Leistungserbringung nicht aus wichtigem Grund widersprechen.
(4) In den Fällen der Beteiligung von Rehabilitationsträgern nach den Absätzen 1 bis 3 ist abweichend von § 14 Absatz 2 innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wird eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 durchgeführt, ist innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang zu entscheiden. Die Antragsteller werden von dem leistenden Rehabilitationsträger über die Beteiligung von Rehabilitationsträgern sowie über die für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Zuständigkeiten und Fristen unverzüglich unterrichtet.
Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf
- 1.
die Fähigkeiten der zu fördernden Personen, - 2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und - 3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf
- 1.
die Fähigkeiten der zu fördernden Personen, - 2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und - 3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.