Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 31. Mai 2018 - L 14 AS 136/17 NZB
Gericht
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wird zurückgewiesen.
Der Antrag, der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren, wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
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Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts A-Stadt vom 31.01.2017, mit dem ihre Klage gegen die endgültige Festsetzung und Erstattung sowie Ablehnung des Leistungsanspruchs für September 2012 abgewiesen wurde. Sie wendet sich insbesondere gegen die Berücksichtigung einer vom Vermieter teilweise verrechneten Betriebskostengutschrift.
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Die 1980 geborene Klägerin stand seit 2005 im Sozialgesetzbuch (SGB) II Leitungsbezug des Beklagten Mit dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 12.07.2012 und dem Änderungsbescheid vom 13.11.2012 (ebenfalls vorläufig) gewährte der Beklagte der Klägerin und ihrem mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn u.a. für September 2012 SGB II Leistungen in Höhe von 290,42 €. Mit der Betriebskostenabrechnung vom 02.08.2012 wies der Vermieter für den Abrechnungszeitraum 2011 ein Betriebskostenguthaben in Höhe von insgesamt 368,76 € aus. Von diesem Gesamtbetrag verrechnete der Vermieter 248,15 € aufgrund von Rückständen aus dem Vorjahr und zahlte der Klägerin den verbleibenden Gutschriftenbetrag in Höhe von 120,61 € aus. Gegen diese Betriebskostenabrechnung des Vermieters wandte sich die Klägerin nach eigenem Bekunden anwaltlich vertreten. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 07.07.2014 – einem Ablehnungsbescheid und einem Festsetzungs- und Erstattungsbescheid - stellte der Beklagte in Anrechnung des vollen Betriebskostenguthabens fest, dass für den Monat September 2012 kein Leistungsanspruch mehr bestehe und verlangte die Erstattung der vorläufig gewährten Leistungen. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass auch ein verrechnetes Betriebskostenguthaben grundsätzlich berücksichtigungsfähig sei und nur dann unberücksichtigt bleiben könne, wenn die Auszahlung des Guthabens aus rechtlichen Gründen nicht realisierbar sei. Eine Aufrechnung der Betriebskostengutschrift mit Mietschulden durch den Vermieter sei gem. § 394 BGB unter Bezugnahme auf das BSG Urteil vom 16.10.2012 Az. B 14 AS 188/11 und des BGH Urteils vom 20.06.2013 Az. IX ZR 310/12 unzulässig, weshalb die Klägerin den Betrag herausverlangen könne. Die Klägerin möge einen Nachweis dahingehend vorlegen, dass sie gegen die Aufrechnungserklärung des Vermieters vorgegangen sei. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 12.11.2014 bestätigte der Beklagte die angefochtene Entscheidung.
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Nach Auffassung des Sozialgerichts sei die Betriebskostengutschrift im Folgemonat und damit im September 2012 in voller Höhe bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Die Klägerin sei ausreichend darauf hingewiesen gewesen, dass die Aufrechnung des Vermieters nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung unwirksam sei und die Klägerin habe trotz Hinweis, Aufforderung und Erinnerung keine Bemühungen nachgewiesen, die Betriebskostengutschrift vom Vermieter heraus zu verlangen. Dieses zu erwartende Bemühen könne nicht davon abhängig gemacht werden, ob das Jobcenter die Anwaltskosten trage.
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Gegen das am 09.02.2017 zugestellte Urteil wandte sich die Klägerin am 09.03.2017 mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie vortrug, dass die bedarfsmindernde Berücksichtigung des verrechneten und tatsächlich nicht vorhandenen Betriebskostenguthabens der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung entgegenstehe, wonach sich nur tatsächlich zur Verfügung stehendes Einkommen bedarfsmindernd auswirken könne.
II.
- 5
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen.
- 6
Die Berufung bedarf der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert von 750 € nicht erreicht ist. Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
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Zulassungsgründe in diesem Sinne liegen nicht vor.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Gericht bedürftig und fähig ist (BSG, Beschluss vom 07.10 2015, B 14 AS 255/15 B, Rn. 2). Dafür ist hier nichts ersichtlich.
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Auch die behauptete Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben. Eine solche ist dann anzunehmen, wenn das Sozialgericht einen von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, vgl. BSG vom 30. März 2015 - B 12 KR 102/13 B, Rn. 15. Das Sozialgericht hat jedoch keinen Rechtssatz aufgestellt, welcher von der ober- oder höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht. Es hat vielmehr unter zutreffender Wiedergabe der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 16.05.2012 Az. B 4 AS 132/11 R) ausgeführt, dass die bedarfsmindernde Berücksichtigung eines Betriebskostenguthabens dann ausgeschlossen ist, wenn der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Auszahlung des einbehaltenen Betriebskostenguthabens aus Rechtsgründen nicht realisierbar ist. Bezogen auf den konkreten Fall hat das Sozialgericht sodann ausgeführt, dass eine fehlende Realisierbarkeit des Auszahlungsanspruchs nicht anzunehmen sei, nachdem die vom Vermieter erklärte Aufrechnung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als unwirksam anzusehen und die Klägerin von der Beklagten hierauf ausdrücklich hingewiesen worden sei. Sie habe deshalb das Guthaben von dem Vermieter herausverlangen können. Indem die Klägerin die Verrechnung des Betriebskostenguthabens hingenommen habe, sei seine als Einkommen zu bewertende freiwillige Schuldentilgung eingetreten.
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Diese einzelfallbezogenen Erwägungen stellen gerade keine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG, sondern deren konkrete Übertragung auf den vorliegenden Fall dar. Ob die vom Sozialgericht vorgenommene Bewertung zutreffend war, ist im Rahmen der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu prüfen.
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Ein Verfahrensfehler wurde bereits nicht geltend gemacht.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mangels hinreichender Erfolgsaussichten abzulehnen, vgl. § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO.
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Mit dieser Entscheidung wird das Urteil rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
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Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.
(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.
(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.
(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.
(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.
(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.