Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Jan. 2007 - L 8 AS 5755/06 ER-B

published on 30/01/2007 00:00
Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Jan. 2007 - L 8 AS 5755/06 ER-B
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Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 abgeändert und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig und unter Anrechnung bereits erfolgter Zahlungen für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 Leistungen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von monatlich insgesamt 559,83 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Antrags- und Beschwerdeverfahren.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in tatsächlicher Höhe weiter zu gewähren.
Der 1953 geborene Antragsteller zu 1 bewohnt zusammen mit seinem am ....1988 geborenen Sohn P. (Antragsteller zu 2) sowie einem weiteren 1986 geborenen Sohn S. (S) eine Mietwohnung mit einer Nutzfläche von 165 m² (5 Zimmer, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Dusche mit WC). Mit der Wohnung wurden zusätzlich 2 TG-Stellplätze vermietet. Die Gesamtmiete beträgt 1145,56 EUR (Kaltmiete 889,66 EUR, Garage/Stellplatz 40,90 EUR, Nebenkostenvorauszahlung 215 EUR). Nach einer zu den Akten gelangten Mietbescheinigung wurden ca. 50 m² der Wohnfläche am 03.01.2005 vom Antragsteller an S gegen die Verpflichtung zur Übernahme der Hälfte der Mietkosten untervermietet. Dieser Bescheinigung entsprechen ausweislich eines Aktenvermerkes des Antragsgegners vom 04.02.2005 (Blatt 45) die vom Antragsteller und S bei einer Vorsprache am 04.02.2005 gemachten Angaben. S erhielt mit Bescheid vom 28.04.2005 vom Studentenwerk M. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).
Mit Bescheiden vom 08.03.2006 (Blatt 117) und 30.06.2006 (Blatt 239) bewilligte der Antragsgegner Leistungen für Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 und 01.07.2006 bis 31.08.2006 in Höhe von jeweils monatlich 724,21 EUR. In diesen Bescheiden wurde u. a. darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 1099,66 EUR den angemessenen Betrag für einen 3-Personen-Haushalt in Höhe von 517,00 EUR überschritten und dass die unangemessenen Kosten der Unterkunft längstens für 6 Monate (bis 31.08.2006) berücksichtigt würden. Die Antragsteller wurden aufgefordert, sich intensiv um eine günstigere Wohnung zu bemühen oder anderweitige geeignete Maßnahmen mit dem Ziel der Senkung der derzeitigen Unterkunftskosten auf einen angemessenen Umfang einzuleiten und eingeleitete Bemühungen nachzuweisen. Gegen diese Bescheide erhob der Antragsteller zu 1 jeweils Widerspruch (Blatt 137/301), mit dem er sich in der Sache gegen die Aufforderung zu Bemühungen um eine günstigere Wohnung wandte. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.03.2006 blieb durch Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 23.10.2006 erfolglos (Blatt 359). Gegen diesen Widerspruchsbescheid wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 25.10.2006 (Blatt 373).
Inzwischen hatte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 11.08.2006 (Blatt 307) gekürzte Leistungen für angemessene Unterkunftskosten für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.12.2006 in Höhe von monatlich 344,66 EUR bewilligt. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller zu 1 am 21.08.2006 Widerspruch (Blatt 351), über den vom Antragsgegner nach Aktenlage bislang noch nicht entschieden wurde. Mit weiterem Bescheid vom 11.12.2006 wurde den Antragstellern für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.06.2007 Leistungen für angemessene Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 356,66 EUR bewilligt.
Auf eine Anfrage des Antragstellers zu 1 vom 06.12.2006 wegen der Angemessenheit der Kosten eines Mietobjektes (74 m², 450 EUR Miete + 160 EUR Nebenkosten) stimmte der Antragsgegner der Anmietung dieser Wohnung unter Verweis auf die angemessenen Unterkunftskosten für einen 2 Personenhaushalt nicht zu (Schreiben vom 11.12.2006).
Bereits am 06.10.2006 hatte der Antragsteller zu 1 beim Sozialgericht Mannheim (SG) den vorliegenden streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er hat sich zur Begründung auf einen seit Anfang 2002 andauernden Kündigungsschutzprozess berufen. Er sei derzeit nicht in der Lage, die Miete in voller Höhe zu bezahlen. Sein Vermieter drohe bereits mit Mahnungen und rechtlichen Schritten. Im Falle des Obsiegens im Kündigungsschutzprozess könne er kaum noch in seine jetzige Wohnung zurückkehren und müsse sich wieder eine vergleichbare Wohnung mit erneutem Umzug suchen. Es ergebe sich letztlich eine unzumutbare Benachteiligung seinerseits.
Der Antragsgegner ist dem Eilantrag entgegengetreten. Er hat eingehend ausgeführt dass die geltend gemachten Unterkunftskosten der Antragsteller zu hoch seien. Für einen 3-Personen-Haushalt ergebe sich eine angemessene Warmmiete in Höhe von 517 EUR und seit 01.10.2006 in Höhe von 535 EUR (437 EUR Miete zuzüglich einer angemessenen Heizkostenpauschale von 80 EUR, seit 01.10.2006 von 98 EUR). Hiervon seien 2/3 zu berücksichtigen (344,66 EUR bzw. seit 01.10.2006 356,66 EUR). Ein Anspruch auf die Übernahme der Garagenmiete in Höhe von 40,90 EUR bestehe nicht. Der Antragsteller sei seiner Verpflichtung, sich intensiv um eine Kostensenkung zu bemühen, nicht nachgekommen. Eine Vorleistungspflicht des Antragsgegners wegen der Kosten einer Wohnungssuche bestehe nicht. Außerdem bestehe kein Anordnungsgrund für die begehrte vorläufige Regelung. Er befinde sich nicht in einer akuten Notlage. Der Antragsteller zu 1 könne sich jederzeit selbst dadurch helfen, dass er sich intensiv bemühe, die Kosten der Unterkunft auf ein angemessenes Maß zu senken. Soweit er dies bislang versäumt habe, gehe dies zu seinen Lasten.
Mit Beschluss vom 23.10.2006 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller zu 1 habe weder das Vorliegen eines Anordnungsanspruches noch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hinreichend glaubhaft gemacht.
Gegen den am 25.10.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller zu 1 am 22.11.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Er hat zur Begründung seiner Beschwerde ausgeführt, der angegriffene Beschluss des SG stütze sich im Wesentlichen auf die Angaben des Antragsgegners. In seinem Fall sei von zwei völlig unabhängigen Bedarfsgemeinschaften auszugehen, für die andere Kriterien für eine angemessene Wohnung gelten würden. Diese Kriterien habe der Antragsgegner bislang nie konkret genannt. Der Antragsgegner habe auch nie substantiiert erklärt, wie eine nachhaltige und ernsthafte Suche nach einer Wohnung auszusehen habe. Das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft könne vom Antragsgegner nicht unterstellt werden. Er habe dem Antragsgegner mehrfach mitgeteilt, dass eine bedarfsgerechte kostengünstigere Wohnung weder konkret verfügbar noch zugänglich gewesen sei. Damit habe sich der Antragsgegner nie auseinandergesetzt. Die Behauptung, er habe bislang keinerlei Bemühungen um eine Senkung der Unterkunftskosten nachgewiesen und sei hierzu nicht gewillt, entspreche nicht der Wahrheit. Kostenlose Zeitungen mit Wohnungsinseraten stünden ihm nicht zur Verfügung. Das Vorgehen des Antragsgegners ihm gegenüber habe zur Klage geführt.
10 
Der Antragsgegner hält den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend. Das Vorbringen des Antragstellers zu 1 im Schreiben vom 18.06.2006 sowie zur Begründung seines Antrages auf einstweiligen Rechtschutz mache deutlich, dass er tatsächlich nicht aus der bisherigen Wohnung ausziehen wolle. Die Antragsteller und S bildeten eine Haushaltsgemeinschaft, für die ein Wohnraumbedarf von bis zu 75 m² zugrunde zu legen sei. Die Kosten für den Erwerb einer regionalen Tageszeitung oder für den Besuch eines Internetcafes seien aus dem Regelsatz zu bestreiten.
11 
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie ein Band Akten des Antragsgegners verwiesen.
II.
12 
Die gemäß den §§ 172ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet. Sie haben einen Anordnungsanspruch auf vorläufige Leistungen von Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 559,83 EUR sowie einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch nicht begründet.
13 
Beteiligte des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens sind die Antragsteller zu 1 und 2. Sie bilden gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB II in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) des Gesetzes vom 24.03.2006 (BGBl I 558) eine Bedarfsgemeinschaft. Nur die Antragsteller – und nicht die Bedarfsgemeinschaft – sind berechtigt (aktiv legitimiert), Ansprüche auf höhere Leistungen nach dem SGB II für sich geltend zu machen. Denn diese Ansprüche stehen nicht der Bedarfsgemeinschaft zu, sondern nur den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft (LSG Baden-Württemberg 21.07.2006 - L 7 AS 2129/06 ER-B - juris; LSG Brandenburg 09.05.2006 - L 10 AS 272/06 - juris). Der Sohn S des Antragstellers zu 1 gehört zwar, da er das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Jahrgang 1986), ebenfalls der Bedarfsgemeinschaft an, hat aber als Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB III grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
14 
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
15 
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928).
16 
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236; BVerfG, NVwZ 2004, 95,96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt (BVerfG, NVwZ 2004, 95, 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen (BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928).
17 
Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).
18 
Hiervon ausgehend vermag sich der Senat der Ansicht des SG im angefochtenen Beschluss nicht anzuschließen.
19 
Allerdings steht auch nach Ansicht des Senats fest, dass die Wohnung, in der die Antragsteller und S wohnen, nicht angemessen ist. Dies bedarf bereits im Hinblick auf die Gesamtwohnfläche von 165 m² keiner näheren Darlegung. Die Antragsteller waren und sind daher verpflichtet, sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung zu bemühen (vgl HessLSG 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER - juris). Denn § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II normiert eine Verpflichtung des Hilfebedürftigen zu Bemühungen um eine Kostensenkung (LSG Rheinland-Pfalz 19.09.2006 - L 3 ER 161/06 AS - juris). Für die Antragsteller nachteilige Konsequenzen aus der Verletzung ihrer Obliegenheit, sich um kostengünstigeren Wohnraum zu bemühen, dürfen aber nur gezogen werden, wenn sie zuvor vom Leistungsträger darauf hingewiesen worden sind, welche Anforderungen hinsichtlich der Wohnungsgröße (in m 2 ) bezogen auf die Anzahl der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sowie den Kaltmietpreis pro m 2 Wohnfläche zu erfüllen sind.
20 
Daran fehlt es hier. Der Antragsgegner hat in den Bescheiden vom 08.03.2006 und 30.06.2006 die angemessenen Unterkunftskosten für einen 3-Personen-Haushalt wie folgt berechnet: Für eine Wohnung mit Ölheizung ergäben sich die angemessenen Unterkunftskosten aus einer angemessenen Grundmiete mit kalten Nebenkosten in Höhe von 437,00 EUR und angemessenen Heizkosten mit 65,00 EUR und für eine Wohnung mit Beheizung durch Strom (Nachtspeicher) oder Gas aus einer Grundmiete mit kalten Nebenkosten von 437,00 EUR und Heizkosten mit 80,00 EUR. Mit der Festlegung einer pauschalen Obergrenze für Heizkosten, der Einbeziehung der sonstigen (kalten) Nebenkosten in die Kaltmiete und den fehlenden Angaben zur als angemessenen betrachteten Wohnfläche und des als angemessen zugebilligten Mietzinses ist der Antragsgegner seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen. In welcher Höhe Heizkosten und sonstige Nebenkosten als angemessen angesehen werden müssen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (z.B. Isolierung der Wohnung, Beschaffenheit der Heizanlage usw). Die hierfür ggf. aufzuwendenden Kosten können nicht von vornherein auf die Zahlung von Pauschalbeträgen begrenzt werden. Außerdem muss ein Hilfebedürftiger wissen, nach welcher Wohnungsgröße er suchen muss und wie teuer die (reine) Kaltmiete sein darf. Fehlt es - wie hier - an diesen Angaben, kann er nicht gezielt nach angemessenem Wohnraum suchen. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den Antragsteller zu 1 im Schreiben vom 11.12.2006 wegen der Anmietung einer Wohnung auf angemessene Unterkunftskosten für einen 2-Personen-Haushalt verwiesen und aus diesem Grund der Anmietung einer Wohnung durch den Antragsteller zu 1 nicht zugestimmt hat. Dies zeigt, dass auch für den Antragsgegner Unklarheiten hinsichtlich der für die Antragsteller angemessenen Wohnungsgröße bestehen.
21 
Der Senat geht im vorliegenden Eilverfahren davon aus, dass den Antragstellern Leistungen zu Unterkunftskosten auf der Grundlage der Berechnungen in den Bescheiden des Antragsgegners vom 08.03.2006 und 30.06.2006, die die Antragsteller der Höhe nach nicht substantiiert angegriffen haben, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes weiter zu zahlen sind; sie betragen monatlich 1119,66 EUR (Miete 889,66 EUR, Nebenkosten 132,00 EUR, Heizungskosten ab 01.10.2006 nach Angaben des Antragsgegners beim SG 98,00 EUR). Nach dem Vorbringen des Antragstellers zu 1 wie auch des S am 04.02.2005 (ausweislich des hierzu gefertigten Aktenvermerks) hat S als Untermieter für die Hälfte der Unterkunftskosten aufzukommen. Dem entsprechen auch die in der Mietbescheinigung vom 03.01.2005 getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Antragsteller zu 1 und S. Hieran muss sich der Antragsteller zu 1 jedenfalls im vorliegenden Verfahren festhalten lassen. Zwar bleibt - insbesondere im Hinblick auf den mit Wirkung ab 01.01.2007 durch Art. 1 Nr. 21 Buchst. e) Fortentwicklungsgesetz vom 20.07.2006 (BGBl I 1706) eingefügten § 22 Abs. 7 SGB II - zu prüfen, ob es sich bei der Untervermietung um ein nichtiges Scheingeschäft handelt (vgl. Senatsurteil vom 15.09.2006 - L 8 AS 5071/05 -), wofür nach der Rechtsprechung des Senats die familiären Verhältnisse sprechen könnten (vgl. Senatsurteil vom 17.03.2006 - L 8 AS 4364/05 -). Nähere Feststellungen hierzu sind nach Aktenlage bislang nicht getroffen worden. Der Senat sieht auch kein Anlass, im vorliegenden Eilverfahren hierzu nähere Feststellungen zu treffen. Abgesehen davon, dass dadurch im vorliegenden Verfahren zu Gunsten des Antragsgegners die Unterkunftskosten der Antragsteller vermindert werden, steht die Eilbedürftigkeit des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Eilverfahrens dem entgegen. Die weitere Sachverhaltsaufklärung muss daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Damit haben die Antragsteller aber einen eigenen Bedarf für Unterkunftskosten in Höhe von - lediglich - monatlich 559,83 EUR glaubhaft gemacht.
22 
Ein Anordnungsgrund ist gegeben. Der abweichenden Ansicht des SG und des Antragsgegners folgt der Senat nicht. Die Auffassung des Antragsgegners liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass den Antragstellern die Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes weitgehend versagt bliebe, was gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstieße. Ein Anordnungsgrund ist auch entgegen der Ansicht des SG nicht deswegen zu verneinen, weil den Antragstellern derzeit wohl Obdachlosigkeit nicht droht bzw. nicht unmittelbar bevorsteht. Denn die unstreitig im Sinne des SGB II hilfebedürftigen Antragsteller sind nach deren unwidersprochenen Vorbringen nicht mehr in der Lage, den Unterschiedsbetrag der von ihnen zu tragenden monatlichen Anteile der tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten und den vom Antragsgegner ab 01.09.2006 bewilligten gekürzten Leistungen für Unterkunftskosten und Heizung aus eigenen Mitteln aufzubringen und damit den Fortbestand des Wohnungsmietverhältnisses zu sichern. Ein weiteres Zuwarten ist den Antragstellern nicht zuzumuten. Denn Zahlungen des Antragsgegners nach Abschluss eines erst bei unmittelbar drohendem Wohnungsverlust eingeleiteten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens wären in tatsächlicher Hinsicht voraussichtlich nicht mehr geeignet, eine Obdachlosigkeit den Antragsteller nachträglich zu verhindern. Die Antragsteller können auch nicht darauf verwiesen werden, Mietschulden auflaufen zu lassen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz a.a.O. Rdnr. 18).
23 
Der Senat betrachtet es im vorliegenden Fall als angemessen, die einstweilige Anordnung auf den Zeitraum vom 01.10.2006 bis 31.03.2007 zu begrenzen. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Leistungen vor dem Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht (06.10.2006) kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Dies beruht auf dem auch für das Recht des SGB II geltenden Grundsatz, dass Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - und Beschluss des Senats vom 28.10.2005 - L 8 AS 3783/05 ER-B), was bei den Antragstellern nicht zutrifft. Die Begrenzung auf den 31.03.2007 beruht darauf, dass nicht auszuschließen ist, dass die Antragsteller bis dahin eine andere angemessene Wohnung gefunden haben.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
25 
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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Annotations

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf

1.
die Fähigkeiten der zu fördernden Personen,
2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und
3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
abzustellen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.