Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Juni 2016 - L 6 VG 5048/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Gründe
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Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Juni 2016 - L 6 VG 5048/15
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. Juni 2016 - L 6 VG 5048/15 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.
(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Tenor
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Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Oktober 2011 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 aus den Verwaltungsakten zu entfernen. Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.
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Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Löschung beratungsärztlicher Stellungnahmen und eines Schriftsatzes aus den Verwaltungsakten der Beklagten, sowie ob sie nach § 44 SGB X einen Anspruch auf Rücknahme der Entscheidung über die Ablehnung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 hat.
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Am 24.10.2001 erlitt die Klägerin einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als ihr Fahrzeug auf der Autobahn in einer Linkskurve einen Defekt an der Servolenkung hatte. Sie konnte das Fahrzeug nicht mehr lenken, es jedoch auf einem zufällig in gerader Fahrtrichtung gelegenen Parkplatz anhalten. Die Klägerin zeigte der Beklagten das Ereignis als Arbeitsunfall an. Die Beklagte stellte durch Verwaltungsakt im Bescheid vom 11.6.2004 das Ereignis als Arbeitsunfall fest. Durch weiteren Verwaltungsakt in diesem Bescheid lehnte sie die Gewährung einer Verletztenrente ab. Der Widerspruch blieb im Widerspruchsbescheid vom 13.8.2004 ohne Erfolg.
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In dem deswegen angestrengten Rechtsstreit sprach das SG Karlsruhe der Klägerin unter Anerkennung einer Panikstörung als Unfallfolge mit Urteil vom 10.2.2006 (S 4 U 3809/04) eine Rente nach einer MdE um 20 vH zu und wies die weitergehende Klage ab. Beide Beteiligten legten Berufung ein. Das LSG hob mit Urteil vom 21.2.2008 das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Klagen insgesamt ab. Das LSG stützte sich auf das von ihm eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Fo. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hob das BSG mit Beschluss vom 18.11.2008 (B 2 U 101/08 B) das Urteil des LSG auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück. Das Gutachten Prof. Dr. Fo. sei nicht verwertbar, da es in wesentlichen Teilen nicht durch den Sachverständigen selbst, sondern durch den mitunterzeichnenden Arzt erstellt worden sei (Verletzung des § 407a Abs 2 Satz 1 ZPO). In dem wiedereröffneten Berufungsverfahren verblieb das LSG mit Urteil vom 14.5.2009 (L 10 U 5978/08) bei seiner ursprünglichen Entscheidung. Auch gegen dieses Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die durch Beschluss des Senats vom 4.8.2009 (B 2 U 164/09 B) als unzulässig verworfen wurde.
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Noch vor Beendigung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beantragte die Klägerin am 19.6.2009 bei der Beklagten, alle gutachterlichen Stellungnahmen in den Verwaltungsakten zu löschen, namentlich die ihr bekannten Stellungnahmen der Dres. W., H. und F. Sie beantragte auch, den Bescheid vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 "aufzuheben". Auf diesen Antrag hin entfernte die Beklagte die Stellungnahmen des Dr. F. vom 13.10.2003 und des Dr. W. vom 9.4.2005 aus den Verwaltungsakten.
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Durch Verwaltungsakt im Bescheid vom 28.8.2009 lehnte die Beklagte es ab, den Bescheid vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 zurückzunehmen und ein neues Verwaltungsverfahren einzuleiten. Trotz Löschung der beiden ärztlichen Gutachten bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der genannten Bescheide. Die Beklagte lehnte es durch weiteren Verwaltungsakt in demselben Bescheid aber ab, weitere ärztliche Stellungnahmen zu löschen. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 5.2.2010).
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Die Klägerin hat Klage zum SG Karlsruhe erhoben, mit der sie unter Anfechtung dieser Bescheide die Zurücknahme der Rentenablehnung (Verwaltungsakt vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004), Zahlung einer Rente sowie die Löschung aller beratungsärztlichen Stellungnahmen, insbesondere derjenigen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004, des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 sowie der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 begehrte. Das SG hat die Klagen durch Gerichtsbescheid vom 11.11.2010 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, die zu löschenden ärztlichen Stellungnahmen seien unter Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII zustande gekommen. Nach Löschung der ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich eine neue Tatsachenlage, sodass die Beklagte in die Überprüfung der ursprünglichen Verwaltungsakte eintreten müsse. Dieser Anspruch sei auch deshalb gegeben, weil für das vom LSG im früheren Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Fo. ein Beweisverwertungsverbot bestehe, wie das BSG mit Beschluss vom 18.11.2008 entschieden habe. Das LSG hat mit Urteil vom 28.10.2011 den Bescheid der Beklagten vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 geändert und die Beklagte verpflichtet, auch die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 aus der Verwaltungsakte zu entfernen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
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Die Klägerin und die Beklagte haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.
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Die Klägerin macht geltend, sie habe Anspruch auf Löschung der Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 und eines Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005, weil ein Verstoß gegen § 200 Abs 2 SGB VII vorliege. Außerdem beansprucht sie die Aufhebung der Rentenablehnung im Bescheid vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 auf der Grundlage des § 44 Abs 1 SGB X und Zahlung einer Rente wegen des fraglichen Arbeitsunfalls. Das Urteil des LSG beruhe auch auf einer Verletzung des § 44 SGB X. Das LSG lehne einen Anspruch auf Zurücknahme der ablehnenden Entscheidung über eine Rente ab, obwohl aufgrund der zu löschenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten eine hinreichende Tatsachengrundlage zur Beurteilung des Rentenanspruchs der Klägerin nicht mehr vorliege. Insbesondere sei das Gutachten des Prof. Dr. Fo. unverwertbar, weil dieses unter Verstoß gegen § 118 Abs 1 SGG iVm § 407a Abs 2 ZPO zustande gekommen sei und deshalb einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Die Beklagte müsse den Anspruch erneut prüfen und eine Rente zahlen.
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Die Klägerin beantragt:
1.
Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28.10.2011 wird abgeändert.
2.
Der Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 11.11.2010 wird aufgehoben.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, den Schriftsatz der Beklagten vom 18.4.2005 sowie die gutachterliche Stellungnahme des Herrn Dr. H. vom 27.3.2006 aus den Verwaltungsakten zu entfernen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheids vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 sowie des Bescheids vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 der Klägerin aufgrund des Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
- 10
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Die Klägerin beantragt weiterhin,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.10.2011 insoweit aufzuheben, als die Beklagte darin verpflichtet wird, die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4.2004 und 28.5.2004 aus der Verwaltungsakte zu entfernen und die Berufung insoweit zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt weiterhin,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Das Urteil des LSG beruhe auf einer Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII, soweit das LSG ein Beweisverwertungsverbot mit Fernwirkung für die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 angenommen habe. Diese könnten in der Verwaltungsakte verbleiben, verwertet und der Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Entscheidungsgründe
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Die nach Zulassung der Revision durch das LSG jeweils form- und fristgerecht eingelegten Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind zulässig.
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Die Klägerin begehrt die Änderung des Urteils des LSG, weil sie mit der Anfechtungs- und Leistungsklage die Entfernung des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 sowie der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 aus den Verwaltungsakten beanspruchen könne (1.). Sie beantragt auch, das Urteil des LSG im Hinblick auf die Entscheidung über das zweite, in objektiver Klagehäufung (§ 56 SGG) verbundene Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsbegehren zu ändern. Die Beklagte sei zu verurteilen, unter Aufhebung der Ablehnung einer Rücknahme und unter Verpflichtung zur Zurücknahme des die Rente ablehnenden Bescheids vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004, der Klägerin aufgrund des Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (2.). Schließlich begehrt die Beklagte mit ihrer Revision die Aufhebung der vom LSG ausgesprochenen Verpflichtung zur Löschung der ärztlichen Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 aus den Verwaltungsakten (3.).
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet, diejenige der Beklagten ist begründet.
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1. Das wegen des Löschungsanspruchs zuletzt noch verfolgte Anfechtungs- und Leistungsbegehren der Klägerin ist hinreichend bestimmt und auch sonst zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Klägerin verfolgt in der Revision nur noch einen Anspruch auf Löschung der Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 (hierzu unter b) und eines Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 (hierzu sogleich unter a).
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Die Anträge sind insoweit auch hinreichend bestimmt. Zwar bezieht sich der Antrag der Klägerin nicht auf einzelne Passagen mit Sozialdaten in den streitigen Dokumenten (vgl zu dieser Frage BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 17/09 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 2 RdNr 23). Der geltend gemachte Löschungsanspruch nach § 84 SGB X würde aber leer laufen, wenn aus einem Dokument - quasi Zeile für Zeile - die beanstandeten Sozialdaten benannt und deren Löschung, Entfernung usw jeweils einzeln beantragt werden müsste. Das verbleibende Dokument wäre zudem ohne Bezug zu einer konkreten Person oder einem konkreten Lebenssachverhalt und deshalb unbrauchbar.
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Die Klägerin hat aber keinen Löschungsanspruch. Nach § 84 Abs 2 Satz 1 SGB X sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Die Beklagte war zuständig und befugt, über den Löschungsanspruch der Klägerin zu entscheiden. Die "Speicherung" des Gutachtens war zulässig. Die Beklagte hat nach den Maßstäben des Sozialdatenschutzes zulässig gehandelt (§ 67c Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB X), als sie den Schriftsatz vom 18.4.2005 und die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 zur Erfüllung ihrer Aufgaben in die Verwaltungsakte einfügte, denn sie hatte auf Antrag der Klägerin über das Bestehen eines Anspruchs auf Feststellung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 56 SGB VII) zu entscheiden (vgl auch BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 17/09 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 2 RdNr 23).
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Der Senat hat bereits mit Urteil vom 20.7.2010 (aaO) infrage gestellt, ob § 200 Abs 2 SGB VII trotz seines Wortlauts, der eine solche Rechtsfolge nicht ausdrücklich vorsieht, so ausgelegt werden kann, dass die Vorschrift die Unzulässigkeit der Speicherung eines Gutachtens hinreichend bestimmt anordnet(BSG aaO RdNr 27 f). Diese Frage muss weiterhin nicht beantwortet werden, denn im vorliegenden Fall lagen schon jeweils die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 200 Abs 2 SGB VII für eine Unzulässigkeit der Speicherung nicht vor.
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a) Ein Anspruch auf Löschung des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 besteht nicht.
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Eine Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII durch Erstellung oder Einreichung des Schriftsatzes eines Beteiligten bei Gericht scheidet schon im Ansatz aus. Die Regelung statuiert für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Rechtspflichten lediglich bei der Einholung von Gutachten. Ein solches liegt aber nicht in dem Schriftsatz der Beklagten vom 18.4.2005. Der damalige Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beklagten hat im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens auf Veranlassung des LSG den Schriftsatz vom 18.4.2005 - ua zu medizinischen Fragen - beim LSG eingereicht. Stellungnahmen eines Beteiligten - auch wenn sie wie hier durch ein gesetzlich zuständiges Organ, im Rahmen von Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren abgegeben werden - sind keine Gutachten. Dies gilt auch dann, wenn ein solcher Schriftsatz teilweise Sozialdaten enthält und enthalten muss.
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Der Schriftsatz ist auch nicht aufgrund einer denkbaren Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots zu entfernen, denn die mögliche Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots betrifft nur (weitere) Beweismittel ("weiteres Beweismittel", so BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 63), nicht aber das bloße Vorbringen eines Beteiligten im Prozess.
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b) Auch ein Anspruch auf Löschung der ärztlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 besteht nicht, weil auch diese kein Gutachten iS des § 200 Abs 2 SGB VII ist.
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Das LSG hat - insoweit für den Senat bindend (§ 163 SGG) - festgestellt, dass die Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 zwölf Seiten umfasst und sich im Einzelnen mit dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr. He. vom 11.3.2005 auseinandersetzt. Inhaltlich stellt sich die Stellungnahme von Dr. H. danach als fachärztliche, kritische Bewertung des Gutachtens des Dr. He. dar, die nicht überwiegend von eigenen Auswertungen der Akten und eigenen Schlussfolgerungen geprägt ist. Auf der Grundlage dieser vom LSG getroffenen und nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen hat das LSG zu Recht den rechtlichen Schluss gezogen, dass die streitige beratungsärztliche Stellungnahme nicht die Merkmale eines Gutachtens iS des § 200 Abs 2 SGB VII erfüllt.
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"Nach ihrem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang mit den §§ 67 ff SGB X gilt die zitierte Vorschrift(gemeint ist § 200 Abs 2 SGB VII) für Gutachten, die der Unfallversicherungsträger zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben in Auftrag gibt. Der Begriff des Gutachtens wird im Gesetz selber nicht definiert. Dem allgemeinen Sprachverständnis folgend fällt darunter nicht jedwede Äußerung oder Stellungnahme eines medizinischen oder technischen Sachverständigen zu einzelnen Aspekten des Verfahrensgegenstandes, sondern nur die umfassende wissenschaftliche Bearbeitung einer im konkreten Fall relevanten fachlichen Fragestellung durch den Sachverständigen" (so wörtlich BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 16, s auch aaO RdNr 19, 26). Ein Gutachten liegt nur vor, wenn die Beantwortung der Fragen durch einen externen Sachverständigen, dh durch eine Person erfolgt, die dem Unfallversicherungsträger nicht angehört und mit diesem auch keinen Dienst- oder Beratungsvertrag abgeschlossen hat (BSG aaO RdNr 19; so auch Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 200 RdNr 17).
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Die nach diesen rechtlichen Kriterien nicht die Qualität eines Gutachtens iS des § 200 Abs 2 SGB VII erreichende Stellungnahme des Dr. H. unterliegt auch nicht kraft Fernwirkung einem Beweisverwertungsverbot, denn Dr. H. nimmt nicht auf ein anderes Gutachten Bezug, das seinerseits wegen Verstoßes gegen eine Pflicht aus § 200 Abs 2 SGB VII unverwertbar wäre. Der Senat kann deshalb aus Anlass dieses Falles auch nicht entscheiden (vgl schon BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 3 RdNr 35 f), ob ein im Falle der Verletzung des § 200 Abs 2 Alt 1 SGB VII bestehendes Beweisverwertungsverbot für ein Gutachten eine Fernwirkung auf andere Beweismittel entfaltet, die das unverwertbare Beweismittel ihrerseits wiedergeben oder hierzu Stellung nehmen(kritisch dazu BSG aaO; bejahend aber BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 62 f).
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Denn auch das Gutachten des Dr. He., mit dem sich Dr. H. in seiner beanstandeten Stellungnahme auseinandersetzte, unterliegt keinem Beweisverwertungsverbot nach § 200 Abs 2 SGB VII. Eine Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII liegt nicht vor, weil nicht ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der allein Adressat der Pflichten dieser Regelung ist, das Gutachten des Dr. He. in Auftrag gegeben hat. Bei diesem Gutachten handelt es sich um ein Gerichtsgutachten, das nach Maßgabe der §§ 118 f SGG iVm §§ 402 f ZPO eingeholt wurde. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ihrerseits sind nicht verpflichtet, vor Erteilung eines Gutachtenauftrags die Beteiligten über ein Auswahlrecht oder ein Widerspruchsrecht zu belehren. Von dem vorliegenden Sachverhalt sind aber die Konstellationen zu unterscheiden, in denen ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung während eines Rechtsstreits selbst Aufträge für Gutachten vergibt. In diesen Fällen sind die Vorgaben des § 200 Abs 2 SGB VII wiederum zu beachten(dazu BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1).
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Das auf Löschung eines Schriftsatzes und einer ärztlichen Stellungnahme gerichtete Revisionsbegehren der Klägerin ist mithin unbegründet.
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2. Soweit die Klägerin mit der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl zur Zulässigkeit dieser Kombination von Klagen: Mutschler in WzS 2009, 193, 196; Baumeister in jurisPK-SGB X, § 44 RdNr 154) die Beseitigung des ablehnenden Bescheids vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 sowie die Zurücknahme der Rentenablehnung im Verwaltungsakt vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 (Ausgangsbescheid) und Zahlung einer Rente begehrt, ist ihre Revision ebenfalls unbegründet.
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Es liegen keine Anhaltspunkte iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X dafür vor, dass bei Erlass des Ausgangsbescheids das Recht unrichtig angewandt wurde. Auch hat sich nicht ergeben, dass die Beklagte seinerzeit von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich (inzwischen) als unrichtig erwiesen hat.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliegt das Gutachten des Prof. Dr. Fo. jedenfalls in diesem (neuen) Verfahren nicht kraft Bindungswirkung gemäß § 170 Abs 5 SGG einem Verwertungsverbot. Zwar hat der Senat mit Beschluss vom 18.11.2008 (B 2 U 101/08 B) das Urteil eines anderen Senats des LSG aufgehoben und die Sache dorthin zurückverwiesen. Das BSG hat dabei entschieden, das Gutachten des Prof. Dr. Fo. sei gemäß § 407a Abs 2 ZPO unverwertbar. Der Zurückverweisungsbeschluss nach § 160a Abs 5 SGG ist eine urteilsgleiche Entscheidung, welche Bindungswirkung hat(s § 170 Abs 5 SGG; dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 19d aE). Allerdings besteht die Bindungswirkung des Beschlusses gemäß § 170 Abs 5 iVm Abs 2 Satz 2 SGG nur gegenüber dem Gericht, an das das BSG im anhängigen Rechtsstreit zurückverwiesen hat. Dieses Gericht ist bei "seiner Entscheidung" an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts gebunden. Dagegen ist ein anderer Senat des LSG, der - wie hier - in einem späteren Rechtsstreit wegen eines Löschungsanspruchs nach § 200 Abs 2 SGB VII und eines Anspruchs nach § 44 SGB X mit der Sache befasst war, nicht an die rechtliche Beurteilung des BSG aus dem früheren Verfahren gebunden. Die Vorinstanz konnte hier aufgrund der inzwischen gewonnenen Erkenntnisse nach Maßgabe des § 128 Abs 1 SGG darüber entscheiden, ob das Gutachten des Prof. Dr. Fo. verwertbar ist, ohne an die Rechtsauffassung des BSG aus dem vorherigen Verfahren gebunden zu sein.
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Doch auch selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellen wollte, dass das Gutachten des Prof. Dr. Fo. unverwertbar ist, besteht dennoch kein Anspruch auf Zurücknahme des Ausgangsbescheids nach § 44 Abs 1 Satz 1 Alt 2 SGB X und Zahlung einer Rente.
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Die Unverwertbarkeit einer oder mehrerer unter vielen Berichten, Stellungnahmen und Gutachten indiziert einen Anspruch auf Rücknahme der die Rente ablehnenden Entscheidung nicht. Denn bei Prüfung eines Anspruchs auf Zugunsten-Entscheidung ist nicht entscheidungserheblich, ob ein Sachverständigengutachten verwertbar ist oder nicht, sondern ob zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim LSG (zum maßgeblichen Zeitpunkt einer Verpflichtungs- und Leistungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 34)Erkenntnisse vorliegen, die die damaligen tatsächlichen Annahmen der Beklagten im Jahre 2004 hinsichtlich des Vorliegens oder Nichtvorliegens psychischer Unfallfolgen als unrichtig erscheinen lassen.
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Auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel, zu denen auch die von Klägern vorgelegten Äußerungen von Hausärzten und Fachärzten (BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 3) sowie von Unfallversicherungsträgern vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahmen zählen (vgl Thüringer LSG vom 22.1.2009 - L 1 U 1089/06), hat das LSG zu Recht entschieden, dass die Beklagte im Jahr 2004 nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Das LSG hat sich ausführlich mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt und zur Verwertbarkeit des Gutachtens Prof. Dr. Fo. im Einzelnen argumentiert. Es hat aber gestützt auf das Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin sowie die umfangreich beigezogenen Befunde und Aussagen behandelnder Ärzte sowie die eingeholten anderen Gutachten auch den Senat iS des § 163 SGG bindend festgestellt, dass die Klägerin nach dem Abklingen der durch den Unfall hervorgerufenen akuten Belastungssituation nicht mehr zusätzlich psychisch belastet war und ist.
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3. Auf die Revision der Beklagten ist ihre Verurteilung durch das LSG, die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 zu löschen, aufzuheben und die Entscheidung des LSG dahingehend abzuändern, dass die Berufung der Klägerin auch insoweit zurückgewiesen wird.
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Allerdings hat das LSG keine Feststellungen dazu getroffen, welche tatsächlichen Umstände die Stellungnahmen des Dr. F. kennzeichnen, sodass der Senat auf dieser Grundlage nicht prüfen konnte, ob diese als "Gutachten" iS des § 200 Abs 2 SGB VII anzusehen sind und deshalb einem Beweisverwertungsverbot unterliegen können. Das LSG hat seine Entscheidung nur auf die Begründung gestützt, dass die Beklagte einen Löschungsanspruch der Klägerin bezogen auf die "gutachtlichen Äußerungen" des Dr. F. vom 13.10.2003 anerkannt habe und daher nicht ersichtlich sei, weshalb nicht auch die Stellungnahmen vom 28.4. und 28.5.2004 "ohne weiteres" zu entfernen seien. Dem ist nicht zu folgen.
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Die Anerkennung eines Löschungsanspruchs für die ärztliche Stellungnahme des Dr. F. vom 13.10.2003 durch die Beklagte bezieht sich nicht ipso jure auf alle Äußerungen, die dieser Arzt als "Beratungsarzt der Beklagten" zu welchen Fragen und zu welchem Zeitpunkt auch immer abgegeben hat. Wenn überhaupt, kann § 200 Abs 2 SGB VII eine Unzulässigkeit der Datenspeicherung nur begründen, wenn Dr. F. im Auftrag der Beklagten zwei "Gutachten" erstattet hätte (vgl BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 26).
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Wie bereits ausgeführt - vgl oben 1b) - sind an den Begriff des Gutachtens iS des § 200 Abs 2 SGB VII hohe Anforderungen zu stellen. Das LSG hat insoweit lediglich festgestellt, dass Dr. F. die Stellungnahmen vom 28.4. und 28.5.2004 als Beratungsarzt der Beklagten abgegeben hat. Zu Umfang und Inhalt der Stellungnahmen hat es aber keine Feststellungen getroffen. Der Senat hat daher aus Gründen der Prozessökonomie (Lüdtke in Hk-SGG, 4. Aufl 2012, § 163 RdNr 12) den Inhalt der Urkunden, so wie er sich aus den Verwaltungsakten ergibt, in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten unstreitig gestellt (zu dieser Möglichkeit: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 310; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 5d). Dabei hat sich Folgendes ergeben:
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Die Stellungnahme des Dr. F. vom 28.4.2004 umfasst ca eine Seite an Text und beantwortete "aktenmäßig" eine Frage zu dem Entlassungsbericht der Psychosomatischen Fachklinik Bad D., in der die Klägerin behandelt worden war. Die Stellungnahme vom 28.5.2004 umfasst nur wenige Zeilen und beantwortete eine ergänzende Frage zur Kostenträgerschaft für diese Maßnahme. Beide Stellungnahmen beziehen sich weder auf Gutachten anderer Ärzte noch erwähnt Dr. F. seine Stellungnahme vom 13.10.2003.
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Die Stellungnahmen stellen sich inhaltlich damit weder als Gutachten gemäß § 200 Abs 2 SGB VII dar, noch handelt es sich um Ergänzungen zu dem gelöschten Gutachten vom 13.10.2003. Da § 200 Abs 2 SGB VII schon seinen tatbestandlichen Voraussetzungen nach nicht anwendbar ist, kann die Vorschrift die Unzulässigkeit der Speicherung der streitigen beratungsärztlichen Stellungnahmen nicht begründen.
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Die Unzulässigkeit der Speicherung dieser Stellungnahmen kann auch nicht aus einer möglichen Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots abgeleitet werden. Ein Beweisverwertungsverbot für den in den Stellungnahmen angesprochenen Bericht einer Psychosomatischen Fachklinik kommt nicht in Betracht, weil es sich auch bei dem Entlassungsbericht einer Klinik, in der der oder die Versicherte behandelt wurde, nicht um ein Gutachten iS des § 200 Abs 2 SGB VII handelt.
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-
Die Revision der Beklagten hatte daher Erfolg.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2008 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2005 wird insoweit aufgehoben, als die Erhöhung von Verletztenrente auch für einen Zeitraum vor 11. Juni 2006 abgelehnt wird. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 50 v.H. ab 1. November 2004 bis 11. Juni 2006 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. Mai 2001 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass das Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 wegen Rücknahme der Klage erledigt ist.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(1) Mit der Klage kann begehrt werden
- 1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, - 2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist, - 3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist, - 4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.
(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2012 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. April 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
-
Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin bei einem Banküberfall Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.
- 2
-
Die 1985 geborene Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Bank beschäftigt. Am 13.2.2009 wurde sie während ihrer Tätigkeit bei einem Banküberfall von dem Täter (S.) mit einer ungeladenen, jedoch wie eine echte Schusswaffe aussehenden Schreckschusspistole bedroht. S. richtete dabei die Waffe aus naher Entfernung deutlich sichtbar zunächst auf den Kollegen K. der Klägerin und forderte diesen auf, Bargeld in die mitgebrachte Stofftasche zu packen und ihm zu übergeben. K. und die Klägerin, die an einem Schreibtisch hinter dem Kundenschalter saß, gingen von der Echtheit der ihnen vorgehaltenen vermeintlichen Schusswaffe aus und fürchteten um ihr Leben. Nach der Tat war die Klägerin zwei Wochen arbeitsunfähig krank und wurde psychologisch behandelt. Aufgrund dieses Vorganges wurde S. vom Landgericht H. wegen schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 253, 255, 250 Abs 1 Nr 1b Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
- 3
-
Der Antrag der Klägerin auf Entschädigung nach dem OEG blieb erfolglos (Bescheid des Beklagten vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010). Klage und Berufung sind für die Klägerin hingegen erfolgreich gewesen (Gerichtsbescheid des SG Heilbronn vom 23.4.2012 - S 2 VG 976/10 - und Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2012 - L 6 VG 2210/12).
- 4
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Das LSG hat die beigezogenen Überwachungsvideos vom Banküberfall in Augenschein genommen und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten zuvor den Streitgegenstand übereinstimmend auf die Feststellung beschränkt hatten, ob die Klägerin Opfer eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG geworden ist. Das SG habe der Klage zu Recht stattgegeben, weil die Klägerin am 13.2.2009 Opfer eines Banküberfalles geworden sei. Hierbei handele es sich um einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff (auch) gegenüber der Klägerin. Der Annahme eines tätlichen Angriffs stehe nicht entgegen, dass S. hierbei "nur" eine Schreckschusspistole bei sich geführt und damit beide Bankangestellten bedroht habe, weil es sich hierbei um eine täuschend echt aussehende Attrappe gehandelt habe. S. sei wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden, dh wegen eines erschwerten Falles einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leben oder Leib iS des § 255 StGB. S. habe, wenn auch nicht durch unmittelbaren Körperkontakt, körperlich auf die Klägerin eingewirkt, da er sie durch die gezielte Bedrohung zur Aufgabe ihrer Bewegungsfreiheit gezwungen habe. Hierzu habe er ein physisches Mittel eingesetzt, das aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten als einsatzfähige Schusswaffe angesehen worden wäre. Mit dieser Waffe habe S. ua auf die Klägerin gezielt; aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten habe kein Zweifel daran bestehen können, dass S. bereit gewesen sei, mit der Waffe auf die Klägerin zu schießen. Für die Klägerin habe nicht nur aus deren Sicht, sondern auch aus der maßgeblichen objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten akute Leibes- und Lebensgefahr bestanden, die sich jederzeit hätte realisieren können. Es liege andererseits eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor, würde der mit einer geladenen und entsicherten Schusswaffe Bedrohte dem Schutz des OEG unterstellt, derjenige aber, der auch aus Sicht eines vernünftigen Dritten derselben Gefahrenlage ausgesetzt ist und deshalb zB beim Fluchtversuch oder einer Notwehrhandlung zu Schaden komme, vom Anwendungsbereich des OEG ausgenommen (Urteil vom 13.12.2012).
- 5
-
Mit seiner Revision rügt das beklagte Land eine Verletzung von § 1 Abs 1 S 1 OEG. Bei der Drohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole und somit einer lediglich vorgetäuschten, vermeintlichen Gefährdungssituation könne ein tätlicher Angriff nicht angenommen werden. Die vom Täter benutzte Waffe sei objektiv nicht geeignet gewesen, das Leben oder die körperliche Integrität der Klägerin zu gefährden. Eine intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung reiche insoweit nicht aus.
- 6
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Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.12.2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.4.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 7
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das in der Berufungsinstanz reduzierte isolierte Feststellungsbegehren der Klägerin, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist, ist bereits unzulässig(dazu unter 1.). Aber auch die vor dem SG noch zulässig erhobene Klage ist unbegründet, weil die Klägerin am 13.2.2009 nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist(dazu unter 2.). Die bloße Bedrohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole erfüllt die Voraussetzungen eines tätlichen Angriffs nicht. Eine erweiternde Auslegung von § 1 Abs 1 S 1 OEG kommt nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Betracht. Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Entsprechend waren der Gerichtsbescheid des SG vom 23.4.2012 sowie das Urteil des LSG vom 13.12.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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1. Die Klägerin konnte ihr Begehren in der Berufungsinstanz nicht zulässig auf die isolierte Feststellung und Antwort auf die Rechtsfrage beschränken, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei.
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a) Das SG hatte im Tenor seines Gerichtsbescheids noch festgestellt, dass das bei der Klägerin vorliegende posttraumatische Belastungssyndrom Folge eines tätlichen Angriffs sei. Im Berufungsverfahren stellte das LSG fest, dass es insoweit an ausreichenden Tatsachenfeststellungen fehlte. Das LSG wies die Beteiligten hierauf hin und veranlasste sie, sich darüber zu einigen, dass streitgegenständlich lediglich die Feststellung des schädigenden Ereignisses sein solle. Auf entsprechende Frage des Gerichts verzichtete die anwaltlich vertretene Klägerin sodann insoweit auf die Rechte aus dem Gerichtsbescheid, als darin ein posttraumatisches Belastungssyndrom festgestellt war.
- 12
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Das LSG hätte in dieser prozessualen Situation in der Sache nicht mehr entscheiden dürfen. Die Klägerin konnte ihre vor dem SG ursprünglich zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG; vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 3b und 13) im Berufungsverfahren nicht in zulässiger Weise auf die isolierte Feststellung beschränken, sie sei am 13.2.2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden. Ihr Feststellungsbegehren kann weder auf § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(dazu unter b) noch auf § 55 Abs 1 Nr 1 SGG(dazu unter c) gestützt werden, weil nur eine isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen im Sinne des OEG zulässig ist, nicht aber die Klärung einzelner Elemente als Vorfrage des Anspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 OEG.
- 13
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b) Nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Vorschrift ist ein Sonderfall der grundsätzlich unzulässigen Elementenfeststellungsklage (vgl hierzu allgemein: Keller, aaO, RdNr 9 f und 13 mwN). Sie dient der Klärung der haftungsbegründenden Kausalität, dh ob zwischen einer Schädigung im Sinne des BVG bzw des sozialen Entschädigungsrechts und dem Eintritt eines Primär- oder Erstschadens ein hinreichender Kausal- bzw Zurechnungszusammenhang besteht (vgl BSG Urteile vom 9.12.1998 - B 9 V 46/97 R - BSGE 83, 171 = SozR 3-3100 § 7 Nr 5, RdNr 11 nach Juris und - B 9 V 45/97 R - SozR 3-1500 § 141 Nr 6, RdNr 11 nach Juris). Der Senat hat zuletzt mit Urteil vom 29.4.2010 (B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 23 mwN) klargestellt, dass dies insbesondere dann von Bedeutung sein kann, wenn die eingetretene Gesundheitsstörung aktuell keinen Leistungsanspruch auslöst. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen (zB Heilbehandlung) sein (vgl auch Keller, aaO, RdNr 13, 13a mwN). Vor diesem Hintergrund hätte für die Klägerin rechtlich keine Veranlassung bestanden, ihr Klagebegehren zu reduzieren.
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Eine isolierte Feststellungsklage kommt auf der Grundlage des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG aber dann nicht in Betracht, wenn mit ihr nur die selbstständige Feststellung des Vorliegens anderer als in der Vorschrift genannter Tatbestandselemente des geltend gemachten Anspruchs begehrt wird(vgl BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 72 f mwN). Die Feststellung, ob ein bestimmtes Ereignis (hier: der Tathergang des Banküberfalls) ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, kommt nur im Zusammenhang mit der Feststellung bestimmter Schädigungsfolgen in Betracht. Liegen solche erkennbar nicht vor oder werden sie - wie vorliegend nicht (mehr) geltend gemacht - könnte die isolierte Feststellungsklage nur der Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage dienen. Selbst wenn diese im Sinne der Klägerin zu beantworten wäre, könnte dies als bloßes Teilelement der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG ohne Schädigungsfolgen keinerlei Ansprüche auslösen. Denn ein Vorgang, der keinen Körperschaden ausgelöst hat, führt nicht zur "Haftung" des Staates (vgl BSG, aaO).
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c) Ebenso scheidet eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG aus(aA LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 12.12.2007 - L 5 VG 15/05 - RdNr 25 Juris; vgl allgemein Keller, aaO, RdNr 13b). Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden(vgl Keller, aaO, RdNr 4). Ein derartiges öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis entsteht aber nicht bereits durch die bloße Feststellung der Vorfrage zu § 1 Abs 1 S 1 OEG, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff in diesem Sinne vorgelegen hat. Zwar hat das BSG eine "isolierte" Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für zulässig erachtet, wenn es um die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen geht, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls(§ 8 SGB VII) oder einer Berufskrankheit (§ 9 SGB VII) bestritten wird (vgl beispielhaft BSG Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 RdNr 12 f mwN; s auch Darstellung der Rechtsprechung bei Keller, aaO, RdNr 13b). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die hier vorliegende rechtliche Konstellation im sozialen Entschädigungsrecht scheidet aus den oben genannten Gründen aus; die bloße Feststellung des schädigenden Vorgangs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG begründet noch kein Leistungs- oder sonstiges Rechtsverhältnis nach dem BVG bzw sozialem Entschädigungsrecht.
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Ob das LSG auf die Berufung des beklagten Landes den Gerichtsbescheid des SG aufheben und die Klage aus den genannten Gründen hätte abweisen können, nachdem es das Begehren der Klägerin selbst auf eine - im vorliegenden Fall unzulässige - isolierte Feststellungsklage beschränken ließ, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte das LSG den Gerichtsbescheid aufgrund der festgestellten Tatsachen auch in der Sache aufheben und die Klage abweisen müssen. Denn die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG und damit auch für einen Anspruch auf Versorgung liegen nicht vor(dazu unter 2.).
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2. Die vom SG noch zu Recht für zulässig erachtete Klage war in der Sache materiell-rechtlich unbegründet, weil kein tätlicher Angriff vorgelegen hat.
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Nach § 1 Abs 1 S 1 OEG(in der Fassung vom 11.5.1976, BGBl I 1181) erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Zwar sind nicht nur physische Beeinträchtigungen, sondern auch psychische Gesundheitsschäden geeignet, einen Opferentschädigungsanspruch auszulösen. Sowohl physische als auch psychische Gesundheitsschäden müssen jedoch auf einen "tätlichen Angriff" zurückzuführen sein. Insoweit ist entscheidend, ob der Primärschaden und eventuelle Folgeschäden gerade die zurechenbare Folge einer körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person sind. Die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht für einen tätlichen Angriff dagegen nicht aus, auch wenn diese Drohung beim Opfer erhebliche gesundheitliche Folgen haben sollte.
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a) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung als einen "tätlichen Angriff" grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen (vgl zB Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN; Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 14 mwN) und die Entwicklung der Auslegung dieses Rechtsbegriffs zuletzt im Rahmen der Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff) und hinsichtlich des gesellschaftlichen Phänomens des "Stalking" umfassend dargelegt (vgl Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 33 ff). Dabei ist der Senat immer davon ausgegangen, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert(vgl BSG, aaO, RdNr 32 mwN). Der Senat ist dabei soweit gegangen, eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer für einen tätlichen Angriff genügen zu lassen, als sie zumindest mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter noch im Wege stand, sodass der Angriff nicht lediglich auf einer Drohung, sondern auch auf Anwendung tätlicher Gewalt basierte (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11).
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Soweit - wie im vorliegenden Fall - eine "gewaltsame" Einwirkung in Frage steht, ist nach der Senatsrechtsprechung schon immer zu berücksichtigen gewesen, "dass der Gesetzgeber durch den Begriff des 'tätlichen Angriffs' den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat"(BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18
, RdNr 36; vgl auch: BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 240 RdNr 8 ff mwN) wird der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt(vgl insbesondere Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f) und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein. Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft(vgl Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 113 RdNr 23; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 36 mwN).; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 ; s auch Darstellung bei Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigung anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 131 f)
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Der "tätliche Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG setzt trotz seiner inhaltlichen Nähe zur Gewalttätigkeit nach § 125 StGB auch nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus, sodass auch ein nicht zum (körperlichen) Widerstand fähiges Opfer von Straftaten unter dem Schutz des OEG steht(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 37 mwN).
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Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, zB eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht aus(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97, 114 = SozR, aaO, RdNr 41 und 62 f), auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und zB seelische Gesundheitsschäden davonträgt. Demgemäß hat der Senat eine Wertung als tätlicher Angriff auch für Telefonate, SMS, Briefe, Karten und dergleichen abgelehnt, weil es insoweit bereits an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung fehlte (vgl BSG, aaO, RdNr 71). Der Senat sah schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation als erreicht an, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen (vgl zuletzt: Beschlüsse vom 25.2.2014 - B 9 V 65/13 B - und vom 17. bzw 22.9.2014 - B 9 V 27 bis 29/14 B -, jeweils zu RdNr 6, wo den Opfern einer Erpressung ua damit gedroht wurde, Familienangehörige umzubringen und das Haus anzuzünden). Der Senat präzisiert dies dahingehend, dass ein tätlicher Angriff dann nicht vorliegt, wenn es an einer unmittelbaren Gewaltanwendung fehlt (dazu unter b).
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b) Soweit der Senat darüber hinaus einen "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG auch noch in einem Fall angenommen hat, in dem der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, weil eine derartige Bedrohung das Leben und die Unversehrtheit des Opfers objektiv hoch gefährde(vgl BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 9 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), hält er hieran nicht mehr fest. Dies gilt auch für die Senatsrechtsprechung, die im Umkehrschluss die bloße Drohung zu schießen, mangels einer objektiv erhöhten Gefährdung des Bedrohten nicht hat ausreichen lassen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 20).
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Nach dieser Rechtsprechung läge im vorliegenden Fall ein tätlicher Angriff schon deshalb nicht vor, weil der Täter der Klägerin lediglich eine objektiv ungefährliche Schreckschusspistole vorhielt. Der Senat sieht sich vor dem Hintergrund der aktuell vorliegenden Konstellation im Verhältnis zu den Entscheidungen vom 24.7.2002 (B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 - "Drohung mit einer scharfgeladenen und entsicherten Schusswaffe") und vom 2.10.2008 (B 9 VG 2/07 R - "bloße Drohung zu schießen, ohne Besitz einer Schusswaffe") veranlasst, seine bisherige Rechtsprechung zu ändern: Der Senat lässt eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person auch ohne physische Einwirkung (Schläge, Schüsse, Stiche, Berührung etc) nicht mehr bereits aufgrund der objektiven Gefährlichkeit der Situation (zB Drohung mit geladener Schusswaffe) für die Annahme eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ausreichen. Für das Vorliegen eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Situation im Nachhinein als tatsächlich objektiv (lebens-)gefährlich erweist, weil die Waffe scharf geladen und entsichert war, oder als ungefährlich, weil es sich um eine bloße - echt aussehende - Schreckschusswaffe handelte. In diesen Fällen steht die Drohwirkung der vorgehaltenen Waffe auf das Opfer und dessen psychische Belastung in der konkreten Situation im Vordergrund; diese unterscheidet sich insoweit in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig nicht.
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Die psychische Wirkung (hier: Drohwirkung) einer Straftat und eine hieraus resultierende zB sogenannte posttraumatische Belastungsstörung ist im Opferentschädigungsrecht keineswegs unbeachtlich. Sie ist vielmehr insoweit von Bedeutung, als für die Frage des Vorliegens eines Gesundheitsschadens nicht nur physische, sondern auch psychische Schäden beachtlich sind. Allerdings kann die psychische Wirkung einer Straftat das Erfordernis des "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht ersetzen. Der eingetretene Schaden muss gerade auf einem solchen "tätlichen Angriff" und nicht - wie vorliegend - auf einer (bloßen) Drohung mit Gewalt beruhen. Bereits in seinem Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 47) hat der Senat klargestellt, dass entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung nicht darauf abzustellen ist, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so beispielhaft wohl Geschwinder, Der tätliche Angriff nach dem OEG, SGb 1985, 95, 96 zu Fußnote 17 und 18 mwN) oder welches Individualgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit und Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl insgesamt: BSG, aaO, RdNr 47 mwN zur Literatur). Fehlt es allerdings an einem tätlichen - körperlichen - Angriff, ergeben sich aus § 1 Abs 1 S 1 OEG für die Opfer allein psychischer Gewalt keine Entschädigungsansprüche(vgl hierzu allgemein: BSG, aaO, RdNr 49; Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 233, 235).
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c) Entscheidend für einen Anspruch nach § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob die Folgen eines bestimmten Ereignisses (Primärschaden oder eventuelle Folgeschäden) gerade die zurechenbare Folge eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind. Wie der Senat mit Beschlüssen vom 25.2.2014 (B 9 V 65/13 B) und vom 17.9.2014 bzw 22.9.2014 (B 9 V 27 bis 29/14 B, jeweils zu RdNr 6) zu schriftlichen Erpressungsversuchen bereits angedeutet hat, reicht die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung für einen tätlichen Angriff nicht aus. Denn dieser Umstand allein stellt über die psychische Wirkung hinaus noch keinen tatsächlichen physischen "Angriff" dar. Aus der Sicht eines objektiven Dritten wie auch des unwissenden Opfers kann es keinen Unterschied machen, ob eine Schusswaffe geladen, nicht geladen oder eine echt wirkende Attrappe ist. Der tätliche Angriff in Gestalt der körperlichen Einwirkung auf den Körper eines anderen beginnt in diesen Fallkonstellationen erst mit dem Abfeuern des Schusses oder dem Aufsetzen der Waffe auf den Körper des Opfers. Maßgeblich iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob ein tätlicher - körperlicher - Angriff tatsächlich begonnen hat.
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Daran fehlt es hier. Die auf die Klägerin als Opfer gerichtete Einwirkung beruhte ohne den Einsatz körperlicher Mittel allein auf einer intellektuell bzw psychisch vermittelten Beeinträchtigung. Die Klägerin sollte mit einer (hier: vorgetäuschten) Bedrohung für Leib oder Leben zu bestimmten Handlungen bzw Unterlassungen genötigt werden. Eine derartige Bedrohung stellt keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 44 mwN; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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d) Vor allem die Entwicklung der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs 1 S 1 OEG lässt nach dem Verständnis des Senats eine Erstreckung der Opferentschädigung auf die bloße Drohung mit Gewalt ohne Vorliegen eines tätlichen Angriffs nicht zu. Bereits nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.5.1974 war der bestimmende Grundgedanke für die Schaffung des OEG der Umstand, dass Gewaltopfern ein Aufopferungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und damit dem Staat zustehen sollte, weil es dieser nicht vermocht hat, die unschuldigen Opfer vor Gewalttaten zu schützen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10, 13). Damit sollte der Staat für die Unvollkommenheit staatlicher Verbrechensbekämpfung aus Solidarität für den von einer Gewalttat betroffenen Bürger eintreten (BT-Drucks 7/2506 S 10; s auch BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 101 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 2/78 - BSGE 49, 104, 105 = SozR 3800 § 2 Nr 1 mwN zur Gesetzesentwicklung; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 4/83 - BSGE 59, 40, 44 = SozR 3800 § 1 Nr 5; Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 1). Diese - auf Gewalt abzielende - inhaltliche Ausrichtung hat das Gesetz trotz einiger Erweiterungen seines Anwendungsbereiches (vgl dazu Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012 § 1 OEG RdNr 2 bis 6) bis heute beibehalten und wird "von dem Grundsatz der allgemeinen staatlichen Fürsorgepflicht getragen" (Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des OEG vom 17.3.2009, BT-Drucks 16/12273 S 6).
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Für das zentrale Tatbestandsmerkmal des "tätlichen Angriffs" war von Anfang an darauf verzichtet worden, auf das Strafrecht zurückzugreifen mit seinen vielfältigen und uneinheitlich weit gefassten Gewaltbegriffen (vgl zB Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigungen anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 132). Es sollten ausschließlich die Fälle der sogenannten "Gewaltkriminalität" in die Entschädigung einbezogen werden, die mit einem willentlichen Bruch der Rechtsordnung durch körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person einhergehen (BT-Drucks 7/2506 S 10). In Anlehnung an § 113 StGB hat der Gesetzgeber den "rechtswidrigen tätlichen Angriff gegen eine Person" als eine unmittelbare auf den Körper eines Menschen zielende feindselige Einwirkung verstanden und beim (vorsätzlichen) Tathergang als erforderlich angesehen, dass der Täter im Rahmen des bereits begonnenen tätlichen Angriffs auf einen Menschen zumindest Leib oder Leben eines anderen Menschen wenigstens fahrlässig gefährdet hat(BT-Drucks 7/2506 S 13, 14; zu aberratio ictus vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 11).
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Der Gesetzgeber hat es zudem ausdrücklich vermieden, strafrechtliche Tatbestände listenmäßig, wie zB die §§ 250, 253 und 255 StGB, zu benennen, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu der nach § 1 Abs 1 S 1 OEG allein zu berücksichtigenden körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person zu vermeiden(BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl auch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 10 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 25). Zwar kann auch Drohung mit Gewalt psychische Gesundheitsstörungen beim Betroffenen hervorrufen. Dieser ist aber nicht zu staatlicher Entschädigung berechtigtes Opfer krimineller Gewalt iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden, weil das Tatmittel nicht körperliche Gewalt ("tätlicher Angriff") gegen den Körper, sondern eine List oder Täuschung gewesen ist(zum Erfordernis "körperlicher Gewalt" vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 8, 32; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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e) Auch das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) gebietet keine erweiternde Auslegung des § 1 Abs 1 S 1 OEG. Gemäß Art 1 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt: "Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist." Hierzu hat der Senat bereits mit Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 48 f) ausgeführt, dass das Übereinkommen eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" nicht enthält (vgl auch Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14), sodass der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 S 1 OEG in zulässiger Weise von seinem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat. Ein weitergehender Anspruch lässt sich aus dem Übereinkommen nicht ableiten. Zudem hat der Senat auch ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber entsprechend den Zielen des Übereinkommens unbenommen sei, über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfasste Fallgestaltung hinaus auch Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG mit einzubeziehen (vgl BSG, aaO, RdNr 49 mwN).
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f) Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, den Begriff des tätlichen Angriffs über den mit Bedacht gewählten und bis heute beibehaltenen engen Wortsinn des OEG auf Straftaten zu erstrecken, bei denen es an einem solchen tätlichen Angriff fehlt, weil das strafbare Verhalten zB in einer Drohung mit Gewalt, Erpressung oder einer Täuschung besteht. Soweit im Schrifttum vereinzelt vertreten wird, dass die Regelungen im OEG im Hinblick auf die Opfer von Straftaten nicht mehr zeitgemäß seien und unter Einbeziehung von Opfern psychischer Gewalt aktualisiert werden müssten (vgl hierzu insbesondere die umfassenden Ausführungen von Brettel/Bartsch, Staatliche Opferentschädigung nur bei Gewalttaten? Zum Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes, MedSach 2014, 263 ff, 267 mwN), handelt es sich um rechtspolitische Forderungen an den Gesetzgeber. Entsprechend ersten Vorschlägen im Werkstattgespräch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 24.6.2014 zur Reform des sozialen Entschädigungsrechts gibt es im BMAS offenbar Überlegungen, dass zukünftig psychische Schäden in größerem Umfang vom Gesetzgeber erfasst werden könnten (vgl Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 235 ff mwN). Sollte der Gesetzgeber den Tatbestand des § 1 OEG im Hinblick auf solche Kritik(vgl hierzu insgesamt die Darstellung bei Doering-Striening, aaO, ASR 2014, 231; Brettel/Bartsch, aaO, MedSach 2014, 263) erweitern wollen, empfehlen sich aus der Sicht der Rechtsprechung zugleich Überlegungen, wie einer uferlosen Ausweitung von Opferentschädigungsansprüchen bei Erstreckung des OEG auf bloße Drohung mit Gewalt und psychische Einwirkungen auf das Opfer durch jedwede Straftat anderweitig als durch das Kriterium des tätlichen Angriffs entgegengewirkt werden kann.
(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.
(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, - 3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird. Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären. Die Vorschriften gelten nicht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.
(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
- 63
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Dieses Gesetz gilt für Ansprüche aus Taten, die nach seinem Inkrafttreten begangen worden sind. § 1 Absatz 8 gilt für Ansprüche aus Taten, die nach dem 9. Juni 2021 begangen wurden. Darüber hinaus gelten die §§ 1 bis 7 mit Ausnahme des § 3a für Ansprüche aus Taten, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis 15. Mai 1976 begangen worden sind, nach Maßgabe der §§ 10a und 10c. In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet gilt dieses Gesetz für Ansprüche aus Taten, die nach dem 2. Oktober 1990 begangen worden sind. Darüber hinaus gelten die §§ 1 bis 7 mit Ausnahme des § 3a für Ansprüche aus Taten, die in dem in Satz 4 genannten Gebiet in der Zeit vom 7. Oktober 1949 bis zum 2. Oktober 1990 begangen worden sind, nach Maßgabe der §§ 10a und 10c. In den Fällen des § 3a gilt dieses Gesetz erst für Ansprüche aus Taten, die nach dem 30. Juni 2009 begangen worden sind.
(1) Personen, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis 15. Mai 1976 geschädigt worden sind, erhalten auf Antrag Versorgung, solange sie
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allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt sind und - 2.
bedürftig sind und - 3.
im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
(2) Bedürftig ist ein Anspruchsteller, wenn sein Einkommen im Sinne des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes den Betrag, von dem an die nach der Anrechnungsverordnung (§ 33 Abs. 6 Bundesversorgungsgesetz) zu berechnenden Leistungen nicht mehr zustehen, zuzüglich des Betrages der jeweiligen Grundrente, der Schwerstbeschädigtenzulage sowie der Pflegezulage nicht übersteigt.
(3) Übersteigt das Einkommen den Betrag, von dem an die vom Einkommen beeinflußten Versorgungsleistungen nicht mehr zustehen, so sind die Versorgungsbezüge in der Reihenfolge Grundrente, Schwerstbeschädigtenzulage und Pflegezulage um den übersteigenden Betrag zu mindern. Bei der Berechnung des übersteigenden Betrages sind die Einkünfte aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit vor den übrigen Einkünften zu berücksichtigen. § 33 Abs. 4, § 33a Abs. 2 und § 33b Abs. 6 des Bundesversorgungsgesetzes gelten nicht.
(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der §§ 38 bis 52 des Bundesversorgungsgesetzes, solange sie bedürftig sind und im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Unabhängig vom Zeitpunkt des Todes des Beschädigten sind für die Witwenbeihilfe die Anspruchsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1, 5 und 6 des Bundesversorgungsgesetzes in der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung maßgebend.
(5) Die Versorgung umfaßt alle nach dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistungen mit Ausnahme von Berufsschadens- und Schadensausgleich.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
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die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Feststellungen von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der gesundheitlichen Folgen von Nachstellungen (sog "Stalking").
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Die 1950 geborene Klägerin hat zwei erwachsene Kinder, ist von Beruf Sozialpädagogin und war als Nachtwache in einer Wohnstätte für behinderte Menschen in B. beschäftigt. Seit Mai 2001 lebte sie in einer Beziehung mit dem 1960 geborenen H. (im Folgenden: H.). Die Beziehung mit H. entwickelte sich konfliktreich, so dass die Klägerin sie bereits ab Oktober 2001 wieder zu beenden versuchte.
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H. akzeptierte das nicht. Er belegte die Klägerin in der Folgezeit mit zahlreichen Telefonanrufen und elektronischen Kurznachrichten (SMS). Zudem alarmierte er wiederholt die Polizei, die Feuerwehr und den Notarzt zu vorgeblichen Streitigkeiten, Schlägereien bzw Bränden in der Wohnung der Klägerin, ohne dass bei Eintreffen der Einsatzkräfte entsprechende Gefährdungs- oder Schadenslagen festgestellt werden konnten. H. bestellte ua auch - ohne entsprechenden Bedarf - mehrfach Taxen zur Wohnanschrift der Klägerin. Ferner ließ er am Arbeitsplatz der Klägerin ausrichten, demnächst werde ein Gerichtsvollzieher "vor ihrer Tür stehen".
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Die Klägerin erwirkte daraufhin erstmals am 7.1.2002 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts (AG) B., nach der H. unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, untersagt wurde, die Klägerin zu bedrohen oder zu belästigen sowie in ihrem Namen "die Polizei und Feuerwehr, andere Rettungsdienste, Bestattungsunternehmen, Taxiunternehmen und so weiter zu alarmieren". Dies veranlasste H. indes nicht, sein Verhalten gegenüber der Klägerin zu ändern. Unter anderem ereigneten sich im Weiteren die folgenden Vorfälle:
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So drohte (vermutlich) H. telefonisch beim Arbeitsplatz der Klägerin mit Bombenexplosionen, insbesondere für den Fall, dass die Klägerin "noch mal in das Haus kommt". Weiter kündigte H. der - seinerzeit 81-jährigen - Mutter der Klägerin telefonisch den bevorstehenden Tod der Klägerin an und teilte ihr einige Minuten später telefonisch mit, dass die Klägerin nunmehr tot sei. Einem daraufhin alarmierten Polizeibeamten, der den Anruf in der Wohnung der Klägerin entgegennahm, teilte (vermutlich) H. wörtlich mit: "Jetzt muss sie fürchterliche Angst haben!" und legte auf. Am Abend desselben Tages meldeten sich mehrere "Pizza-Services" bei der Klägerin, die ihr eine vermeintlich von ihr bestellte Pizza bringen wollten.
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Derartige Telefonanrufe wiederholten sich auch in der Folgezeit mehrfach sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber ihrer Mutter und ihren Arbeitskollegen. Einen daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag, entsprechend der einstweiligen Verfügung vom 7.1.2002 ein Ordnungsgeld gegen H. festzusetzen, nahm die Klägerin am 22.5.2002 zurück, nachdem sich H. am 18.4.2002 ihr gegenüber verpflichtet hatte, entsprechende Anrufe zu unterlassen, in seinem Besitz befindliche persönliche Daten der Klägerin zu löschen, an ihrer Wohnung nicht mehr aufzutauchen oder zu klingeln, sie nicht mehr anzusprechen, "jegliche Kontaktaufnahme bei zufälligem Zusammentreffen" zu unterlassen und nichts mehr zu tun oder zu veranlassen, "was (der Klägerin) persönlich oder ihrer Familie schadet oder schaden könnte". Die Klägerin erklärte sich im Gegenzug bereit "zu dulden", dass H. ihr "ab und zu einen Brief" schreibt, "der per Post zugestellt wird".
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Ende März 2003 bedrohte der H. die Klägerin erneut in deren Haus. Er schrie sie an, sie werde ihn nun "von einer anderen Seite" kennen lernen; sie wisse nicht, wozu er fähig sei. Er fange zuerst mit der Tochter (der Klägerin) an; er habe "Beziehungen" in ganz O. (dem damaligen Wohnort der Tochter). Dann komme der Sohn (der Klägerin) "dran"; er solle auf sein Auto aufpassen. Der H. fügte hinzu: "Wenn du überfallen, vergewaltigt oder belästigt wirst, habe ich nichts damit zu tun. Ich wasche meine Hände in Unschuld. Du hast Zeit bis morgen, um mit mir zu reden. Dann geht der Tanz los. Du hast selber schuld, du hast mich fallen lassen!". Abschließend sagte er: "In vier Wochen sind F. und J. (die Kinder der Klägerin) tot."
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H. richtete an die Klägerin zudem eine Vielzahl von Briefen und Postkarten, teils beleidigenden, teils versöhnlichen Inhalts, lauerte ihr am Arbeitsplatz und vor ihrer Haustür auf, verfolgte sie, sprach sie an, belästigte und bedrohte sie und ihre Kinder, bestellte auf den Namen der Klägerin ungefragt Versandhausartikel und beauftragte ua ein Bestattungsunternehmen sowie einen Schlüsseldienst zur Wohnanschrift der Klägerin. Er rief auch wiederholt die Notrufnummer der Polizei an unter Vorgabe vermeintlicher Gewalttaten zu Lasten der Klägerin bzw seines eigenen (angeblich) bevorstehenden Freitodes, um entsprechende Einsätze zu bewirken.
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Am 18.7.2003 erwartete er die Klägerin vor dem Hauseingang ihrer Wohnung in B. und folgte ihr von dort bis zur Bushaltestelle, während er ununterbrochen auf sie einredete. Er bestieg sodann denselben Bus wie die Klägerin und folgte ihr nach dem Aussteigen unter weiterem Einreden weiter. Vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts hielt er die Klägerin am Arm fest und riss sie zu sich herum, ließ sie dann jedoch wieder los, worauf die Klägerin in dem Copy-Geschäft um Verständigung der Polizei bat.
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Am 26.7.2003 fand die Klägerin in ihrem Briefkasten einen von H. handschriftlich verfassten Brief vor, in dem es ua hieß: "Melde Dich doch wegen dem Geld. Du bekommst ab dem 2.8. Deine Ruhe, aber anders als Du denkst. Ich habe sehr viel angeleiert. H. "
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Mit Verfügung vom 28.7.2003 erließ die Ortspolizeibehörde B. daraufhin eine Wohnungsverweisungsverfügung mit Rückkehrverbot gegen H., ihm wurde verboten, sich ab dem 28.7.2003, 12.00 Uhr, bis zum 7.8.2003, 24.00 Uhr, in der Wohnung der Klägerin sowie einem Radius von 100 Metern darum aufzuhalten (Maßnahme nach § 14a Abs 1 Bremisches Polizeigesetz).
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Mit Beschluss des AG B. vom 19.8.2003 wurde H. im Wege einer weiteren einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsgeld bzw Ordnungshaft aufgegeben, es zu unterlassen, die Klägerin zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, ihr nachzustellen, in irgendeiner Form Kontakt zu ihr aufzunehmen, die Wohnung der Klägerin zu betreten oder sich auf der Straße vor ihrem Haus bzw gegenüber dem Grundstück aufzuhalten, sich der Klägerin außerhalb der Wohnung auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern, sie anzusprechen, ihr zu folgen oder hinterherzulaufen und den Arbeitsplatz der Klägerin zu betreten oder sich ihm auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern.
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Diesen Anforderungen kam H. erneut nicht nach: Er warf ua immer wieder lose Zettel, Postkarten und Briefe in den Briefkasten der Klägerin und klingelte nahezu täglich an ihrer Haustür oder meldete sich telefonisch. Am 20.9.2003 belästigte und bedrohte er sie in einem öffentlichen Bus. Am 2. und 3.10.2003 wartete er vor dem Haus der Klägerin und ging auf sie zu, als sie das Haus auf dem Weg zur Arbeit verließ. Die Klägerin sah sich dadurch veranlasst, zunächst in das Haus zurückzukehren und sich zur Arbeit abholen zu lassen, was auch geschah. Darüber hinaus begegnete H. der Klägerin mehrfach offenbar absichtsvoll in verschiedenen Straßen B. und verfolgte sie, auch nachdem sie zur Vermeidung einer unmittelbaren Begegnung die Straßenseite gewechselt hatte.
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Das AG B. setzte daraufhin mit Ergänzungsbeschluss vom 13.11.2003 ein Ordnungsgeld in Höhe von 1000 Euro, ersatzweise für je 100 Euro einen Tag Ordnungshaft, gegen H. fest. Die dagegen erhobene Beschwerde nahm H. nach Reduzierung des Ordnungsgeldes auf 150 Euro zurück; zu einer Änderung seines Verhaltens kam es nicht.
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Schließlich wurde H. auf Strafanzeigen der Klägerin nach Verbindung mehrerer Verfahren vom AG B. mit Urteil vom 23.11.2004 (- 21 Gs 962 Js 31324/04 -) wegen Bedrohung (§ 241 Strafgesetzbuch - StGB) und Verstoßes gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach weiteren wiederholten Nachstellungen wurde die Strafaussetzung zur Bewährung mit Beschluss des AG B. vom 7.3.2005 widerrufen. H. verbüßte daraufhin vom 13.9.2005 bis 23.5.2006 die ihm auferlegte Freiheitsstrafe, bevor der Strafrest nach zwei Dritteln erneut zur Bewährung (Bewährungszeit: 2 Jahre) und mit der Auflage, sich umgehend einer ambulanten Alkoholentziehungstherapie zu unterziehen, ausgesetzt wurde (§ 57 Abs 1 StGB). Eine mit weiterem Urteil des AG B. vom 4.10.2005 (- 21 Ds 990 Js 16758/05 -) ergänzend ausgesprochene Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wurde auf Berufung des H. mit Urteil des Landgerichts B. vom 31.5.2006 (- 26 Ns 990 Js 16758/05 -) ebenfalls (mit weiteren Auflagen) zur Bewährung (Bewährungszeit: 3 Jahre) ausgesetzt.
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Die Klägerin wechselte im Verlaufe der Nachstellungen zweimal die Wohnanschrift, kam zeitweilig bei Bekannten unter und veranlasste eine Auskunftssperre bei der Meldebehörde. Zudem ließ sie sich vorübergehend eine Telefonnummer mit Auskunftssperre einrichten. Gleichwohl ermittelte H. jeweils nach kurzer Zeit erneut ihre Anschrift bzw Telefonnummer und setzte seine Annäherungshandlungen fort.
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Infolge der Nachstellungen leidet die Klägerin unter psychischen Beschwerden im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Erschöpfungs- und Angstzuständen, Nervosität, Konzentrations- und Schlafstörungen, die ua eine psychopharmakologische Medikation und einen stationären Aufenthalt in der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Dr. He., B., vom 2.3. bis 11.5.2004 erforderlich machten. Bei der Klägerin wurde wegen eines "psychischen Leidens" ein Grad der Behinderung von 50 ab dem 7.3.2005 festgestellt.
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Den Antrag der Klägerin vom 7.2.2005 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG lehnte die beklagte Freie Hansestadt durch Bescheid vom 23.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 mit der Begründung ab, dass die von der Klägerin geltend gemachten "Stalking"-Aktivitäten, wie etwa Morddrohung, Verfolgung, nicht erwünschte Brief- und Telefonkontakte, Warenbestellungen auf ihren Namen etc, als "gewaltlose" Handlungen nicht unter den Begriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG fallen würden. Dieses Tatbestandsmerkmal setze eine unmittelbar auf den Körper des anderen abzielende Einwirkung, zB einen Schlag, voraus, die im Fall der Klägerin nicht vorliege. Nach dem OEG würden nicht ausnahmslos alle Opfer von Straftaten entschädigt, sondern nur Betroffene einer Straftat mit Gewaltanwendung.
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Nach erfolgloser Klage (Urteil des Sozialgerichts
B. am 20.10.2006) hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 18.3.2010 hat das LSG die ablehnenden Entscheidungen des SG und der Beklagten aufgehoben sowie Letztere verurteilt, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es hat sein Urteil auf folgende Erwägungen gestützt:
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Für die Annahme eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG reiche es aus, dass H. durch seine Übergriffe den seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) verwirkliche, die Schädigung der Gesundheit der Klägerin zumindest billigend in Kauf genommen und seine Handlungen gerade auch mittels physischer Präsenz "unterstrichen" habe. Auch mit Rücksicht auf das strafrechtliche absolute Rückwirkungsverbot nach Art 103 Abs 2 GG könnten insoweit zwischenzeitliche Rechtsentwicklungen (§ 238 StGB) opferentschädigungsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben. Die einzelnen Handlungen des H. seien bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung des Gesamtgeschehens nicht jeweils für sich als isolierte Beschimpfungen, Beleidigungen, Bedrohungen etc, sondern deliktstypisch in ihrer Gesamtheit als beharrliche, systematische Belästigungen und Nachstellungen und (insgesamt) als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Das Handeln des H. weise keinen qualitativen Unterschied gegenüber einem Angriff auf, bei dem der Angreifer seinen Drohungen durch begleitende oder vorbereitende Sachbeschädigungen "körperlichen" Nachdruck verleihe oder das Opfer durch Versperren des Weges zu einem Flucht- oder Ausweichverhalten veranlasse, das zu einer Gesundheitsschädigung führe. Die Einordnung der Nachstellungen als tätlicher Angriff entspreche auch dem Schutzzweck des OEG, da der staatliche Schutz der Klägerin vor Gesundheitsschäden mit den (seinerzeit verfügbaren) Mitteln des GewSchG, des StGB, aber auch des allgemeinen Polizeirechts, unzureichend geblieben sei.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Mit Beschluss vom 8.3.2011 hat der Senat die Bundesrepublik Deutschland auf ihren Antrag zum Revisionsverfahren beigeladen. Zur Begründung ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs 1 Satz 1 OEG):
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Das LSG habe in rechtlich fehlerhafter Weise das Verhalten des H. als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Dieser Begriff erfordere grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines Anderen zielende gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung. Ausnahmen von der Körperlichkeit des Angriffs seien vom Bundessozialgericht (BSG) nur vereinzelt und unter exakt definierten Kriterien entwickelt worden; weder die Rechtsprechung zum sexuellen Missbrauch von Kindern noch die Grundsätze zur opferentschädigungsrechtlichen Bewertung von sog Schockschadensopfern seien auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Bei einer Bedrohung oder der Drohung mit Gewalt sei maßgeblich auf eine objektiv hohe Gefährdungslage des Opfers abzustellen.
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Im vorliegenden Fall liege - von dem einmaligen Festhalten der Klägerin am Arm abgesehen - weder eine gewaltsame bzw handgreifliche Einwirkung auf den Körper der Klägerin noch eine objektive Gefahr für Leib oder Leben vor. Entgegen der Auffassung des LSG reiche die reine "physische Präsenz" des H. nicht aus, um bei "gewaltlosen" Nachstellungen einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu bejahen. Auch könne zur Beurteilung der Strafbarkeit der Handlungen des H. nicht auf den erst seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB)zurückgegriffen werden; zum einen wegen des absoluten Rückwirkungsverbots des Art 103 Abs 2 GG und zum anderen wegen der möglichen Regressforderung des Staates gemäß § 5 OEG iVm § 81a BVG.
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Schließlich habe das LSG rechtsfehlerhaft die Handlungen des H. in ihrer Gesamtheit als einheitlichen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Die Systematik des Entschädigungstatbestands gebiete, zur Beurteilung eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs an die Einzelhandlungen anzuknüpfen; die Rechtsfrage wiederum, wie eine Kette tätlicher Angriffe, die nicht jeder für sich genommen, wohl aber in ihrer Gesamtwirkung allgemein geeignet sind, eine psychische Krankheit hervorzurufen, sei opferentschädigungsrechtlich zu bewerten und noch nicht höchstrichterlich entschieden.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 2006 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend macht sie geltend: Es entspreche dem Sinn und Zweck des OEG sowie dem Europäischen Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (BGBl II 1996, 1120), ihr eine Entschädigung für Gesundheitsschäden - auch im Hinblick auf das Versagen des staatlichen Gewaltmonopols beim Schutz vor Gewaltkriminalität - zuzubilligen. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht "körperlich" oder gar "handgreiflich" bzw "kämpferisch" sein, sondern könne sich insbesondere bei einem sexuellen Missbrauch von Kindern auch auf "seelische" Einwirkungen beziehen; die Hilflosigkeit und Schutzbedürftigkeit von Stalking-Opfern und das Versagen staatlichen Schutzes rechtfertige es, diese Grundsätze auch auf Stalking-Handlungen zu übertragen, auch wenn diese nicht unbedingt handgreiflich seien. Ohnehin hätten die Handlungen des H. unmittelbar auf ihren Körper eingewirkt, jedenfalls optisch und akustisch. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass sich die objektive Gefahr für ihre körperliche Unversehrtheit durch die psychische Erkrankung realisiert habe und die Handlungen des H. hierfür ursächlich gewesen seien. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob ein Schaden unmittelbar durch eine Handlung oder durch die Summe der Einzelakte verursacht worden sei.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und trägt ua vor: Es sei der gesetzgeberische Wille zu beachten, den tätlichen Angriff über eine "Körperlichkeit" zu definieren. Ein Verweis auf den Gesetzeszweck könne nicht dazu führen, diese Anspruchsvoraussetzung auszuhebeln. Ebenso wenig könne von einer Schädigungsfolge auf das Vorliegen eines tätlichen Angriffs geschlossen werden. Auch das vom Strafgesetzgeber anerkannte Schutzbedürfnis von Stalking-Opfern reiche nicht aus, um über das Tatbestandsmerkmal des tätlichen Angriffs hinwegzusehen. Etwaige Änderungen des OEG blieben dem Gesetzgeber vorbehalten.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Nach den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen, an die das BSG gemäß § 163 SGG gebunden ist, kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob das LSG die Beklagte zu Recht oder zu Unrecht verurteilt hat, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem GdS von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es fehlen hinreichende Tatsachenfeststellungen des LSG zur Beurteilung, ob die Klägerin durch die von ihr geltend gemachten Übergriffe des H. - vor allem in dem Zeitraum von Oktober 2001 bis Ende 2003 - Opfer von vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffen iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG gewesen ist und ob die von dem LSG angenommene Schädigungsfolge auf diese Angriffe zurückzuführen ist.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG)geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm § 31 Abs 1 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, ua auch Beschädigtenrente nach § 31 Abs 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
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Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen eine Entwicklung erfahren, die der Senat jüngst zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen dargelegt hat(vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff). Diese Rechtsprechung berücksichtigt seit jeher, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 29; vgl auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96); gleichwohl orientiert sich die Auslegung an der im Strafrecht gewonnenen Bedeutung des auch dort verwendeten rechtstechnischen Begriffs des "tätlichen Angriffs" (vgl insbesondere BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; vgl auch die Anmerkung zu dieser Entscheidung von Schlamelcher, SGb 1984, 593 ff). Mit Rücksicht auf den das OEG prägenden Gedanken des lückenlosen Opferschutzes hat sie sich aber weitestgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17
) . Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat vornehmlich aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25).
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Mit Blick auf die hier zu entscheidende Frage der Entschädigungspflicht des Staates nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bei dem Phänomen des sog "Stalking", das seit dem 31.3.2007 als Straftatbestand in das StGB aufgenommen ist (Nachstellen iS des § 238 StGB), hat der Senat erneut Veranlassung, seine Rechtsprechung zu präzisieren und dem unbestimmten Rechtsbegriff des vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG weitere Konturen zu verleihen.
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1. Der Senat geht bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG (a) und der Eingrenzung des schädigenden Vorgangs als erstem Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette (b) von folgenden Erwägungen aus:
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a) Grundsätzlich ist der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung(§§ 113, 121 StGB) auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN).
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aa) Soweit eine "gewaltsame" Einwirkung vorausgesetzt wird, hat der Senat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber durch den Begriff des "tätlichen Angriffs" den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat(vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9
; BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 240 RdNr 8 ff mwN) zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus(vgl insbesondere BT-Drucks 7/2506 S 10), wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein; dies entspricht in etwa dem strafrechtlichen Begriffsverständnis der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, dh als tätiger Einsatz materieller Zwangsmittel, insbesondere körperlicher Kraft(vgl Rosenau in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl 2009, § 113 RdNr 23 mwN; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 42).)
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Ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor(vgl BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 100 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 = SozR 3800 § 1 Nr 6; sowie Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f), setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; der Senat ist einem an Aggression orientiertem Begriffsverständnis des tätlichen Angriffs trotz dessen inhaltlicher Nähe zur Gewalttätigkeit iS des § 125 StGB(vgl Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 46; zu § 125 StGB vgl BGH Urteil vom 8.8.1969 - 2 StR 171/69 - BGHSt 23, 46, 52 f) letztlich nicht gefolgt (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7
; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 . Dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen.; so schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415 f; offen gelassen noch von BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; vgl auch BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6; vgl zum extensiven Versorgungsschutz auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96; Schlamelcher, SGb 1984, 593, 595; aA Schoreit/Düsseldorf, OEG, 1. Aufl 1977, § 1 RdNr 41; Wachholz, br 1991, 84, 87)
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Für die Annahme eines tätlichen Angriffs ist nicht maßgeblich, ob der vom Täter ggf beabsichtigte Verletzungserfolg eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 mwN; zur strafrechtlichen Auslegung des tätlichen Angriffs bereits Reichsgericht
Urteil vom 18.6.1925 - III 213/25 - RGSt 59, 264, 265) . Auch über das Versuchsstadium einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Opfers hinaus, kann eine Handlung des Täters als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden(vgl zu § 113 Abs 1 StGB etwa BundesgerichtshofUrteil vom 6.5.1982 - 4 StR 127/82 - NJW 1982, 2081) . Eine gewaltsame Einwirkung auf den Körper eines anderen kann auch schon bei einem physisch vermittelten Zwang vorliegen, ohne dass es zu einer körperlichen Berührung zwischen Täter und Opfer kommen muss (vgl etwa BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237; BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 Ungeachtet eines verwirklichten Verletzungserfolgs besteht in diesen Fällen wegen der Angriffshandlung bereits eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit der anderen Person; damit geht regelmäßig die reale Gefahr eines Körperschadens einher (vgl etwa BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 59; vgl auch zum Angriff iS des § 31 Abs 4 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz, Bundesverwaltungsgericht). Urteil vom 29.10.2009 - 2 C 134/07 - BVerwGE 135, 176 RdNr 17 f) . Ob in diesen Fällen die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG überschritten ist, beurteilt der Senat aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten und orientiert sich dabei an folgenden Grundsätzen:
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aaa) Je gewalttätiger die Angriffshandlung gegen eine Person nach ihrem äußeren Erscheinungsbild bzw je größer der Einsatz körperlicher Gewalt oder physischer Mittel ist, desto geringere Anforderungen sind zur Bejahung eines tätlichen Angriffs in objektiver Hinsicht zu stellen. Je geringer sich die Kraftanwendung durch den Täter bei der Begehung des Angriffs darstellt, desto genauer muss geprüft werden, inwiefern durch die Handlung - unter Berücksichtigung eines möglichen Geschehensablaufs - eine Gefahr für Leib oder Leben des Opfers bestand. Die Grenze zwischen einem sozialadäquaten Verhalten und einem tätlichen Angriff ist grundsätzlich so zu bestimmen, dass auch das bereits objektiv hochgefährdete Opfer bei Abwehr-, Ausweich- oder Fluchtreaktionen den Schutz des OEG genießt; sie ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Abwehr eines solchen Angriffs unter dem Gesichtspunkt der Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt wäre(BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f zur Drohung mit Gewalt). Die Angriffshandlung (bzw der Einsatz körperlicher Mittel) muss für sich genommen nicht gravierend sein, um - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - eine hinreichende Gefährdung von Leib oder Leben des Opfers und damit einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzunehmen.
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Der Senat hat insoweit in einem Fall der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) allein das Wegversperren und das Zurückstoßen und -drängen des Opfers zur Durchsetzung des Verbots, die Wohnung zu verlassen, ausreichen lassen, um das Vorliegen eines tätlichen Angriffs zu bejahen. Aus einem solchen Verhalten des Täters kann der Schluss auf eine drohende verstärkte Gewaltanwendung bei einem ggf beabsichtigten Widerstand des Opfers gezogen werden (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 14) und damit auf eine objektiv hohe Gefährdungslage für das Opfer. Entsprechendes gilt für das absichtliche Versperren eines Fahrradweges, das im Falle der Kollision mit einer erheblichen Verletzungsgefahr für das Opfer verbunden ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2), sowie für das Zünden von Feuerwerkskörpern in unmittelbarer Nähe einer anderen Person (vgl hierzu BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f).
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bbb) Für die - insbesondere bei dem Phänomen des "Stalkings" relevanten - Fälle der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, bei denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, hat das BSG noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen solche Handlungen für sich allein bereits als tätlicher Angriff zu werten sind (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Auch dabei ist jedenfalls auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib oder Leben des Opfers abzustellen.
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Das BSG hat es insoweit genügen lassen, dass eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter im Wege stand, sodass der Sachverhalt nicht allein auf Drohungen beschränkt war (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11). Es hat auch die Würdigung eines Sachverhalts, bei dem ein einschlägig vorbestrafter Täter mit dem Ausruf "Jetzt hab´ ich Euch, Ihr Schweine" auf offener Straße auf das Opfer zugestürzt ist, als tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht beanstandet (BSG Beschluss vom 29.9.1993 - 9 BVg 3/93 - juris RdNr 1, 5). Als tätlichen Angriff hat es das BSG zudem angesehen, wenn der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, auch wenn ein Tötungs- oder Verletzungsvorsatz noch gefehlt hat (BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), nicht aber die bloß verbale Drohung zu schießen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 20). Im Zusammenhang mit einer Aussetzung (§ 221 Abs 1 StGB) durch aktives Tun hat das BSG die bloße Aufforderung gegenüber einem 83 Jahre alten Gehbehinderten, den Wagen zu verlassen, als Ausübung von körperlichem Zwang und damit als tätlichen Angriff angesehen, weil diese erzwungene Ortsveränderung das letzte Glied in einer Kette von Gewalttaten des fortgesetzt aggressiv handelnden Täters war (BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237).
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Bei der Würdigung des Tatgeschehens sind insoweit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die auf eine objektiv hohe Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Integrität des Opfers schließen lassen. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte wird eine feste Grenzziehung zwischen bloßer Drohung mit Gewalt und ihrer Anwendung kaum möglich sein. Ein tätlicher Angriff wird indes umso eher zu bejahen sein, je größer die objektive Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten war (BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 16), je mehr also eine schädigende Gewaltanwendung unmittelbar bevorsteht.
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ccc) Mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll(vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), sieht der Senat die Grenze der Wortlautinterpretation jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (in diese Richtung bereits BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73
) . So hat der Senat für den Fall einer mit List durchgeführten, strafbaren Kindesentziehung die erheblichen Gefahren, die damit wegen der völligen Ungewissheit über das Schicksal des Kindes für die psychische Gesundheit des betroffenen Elternteils verbunden sind, für sich allein nicht ausreichen lassen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzuerkennen, sondern darüber hinaus zumindest ein Fortwirken einer körperlichen Gewaltanwendung gegenüber dem Elternteil gefordert(BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3) .
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Von den Kriterien eines tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG wird auch bei den Fällen des sog "Schockschadens"(vgl hierzu BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98 = SozR 3800 § 1 Nr 1) keine Ausnahme gemacht. Insoweit ist zwischen dem schädigenden Vorgang - der "unmittelbaren Einwirkung" auf den Körper des Primäropfers - und der geschädigten Person - der "unmittelbaren Schädigung" des Sekundäropfers - zu unterscheiden (vgl hierzu Trenk-Hinterberger in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 745, 751 ff).
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Selbst in Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat nicht vollständig auf das Erfordernis körperlicher Handlungen verzichtet. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes, die Möglichkeit seiner "sekundären Viktimisierung" im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie die Gefahr schwerwiegender seelischer Krankheiten hat ihn allerdings - beschränkt auf diese Fallgestaltungen - zu einem erweiterten Verständnis des Begriffs des tätlichen Angriffs veranlasst. Danach ist für die "unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Kindes" entscheidend, dass die erfolgten sexuellen Handlungen strafbar sind, unabhängig davon, ob bei der Tatbegehung das gewaltsam handgreifliche oder das spielerische Moment im Vordergrund steht (BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7).
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Demnach ist nicht - wie im Schrifttum teilweise vertreten wird - darauf abzustellen, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 22 aE; Heinz, VersorgVerw 2007, 36, 37 f; ders, ZfS 2005, 266, 268; ders, ZfS 2000, 65, 69; Eppenstein in Opferentschädigungsgesetz - Intention und Praxis opfergerecht?, Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern, 1995, S 92, 95) oder welches Individualrechtsgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit, Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl etwa Weiner, aaO, § 1 RdNr 16; Heinz, ZfS 2005, 266, 267 f).
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Schließlich führt auch der Hinweis der Klägerin auf das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) zu keiner anderen Beurteilung. Nach seinem Art 1 verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt:
Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist.
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Eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" enthält das Übereinkommen nicht (vgl Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14). Dementsprechend hat der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in zulässiger Weise von einem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber den Zielen des Übereinkommens durchaus entsprechen würde, wenn er - über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfassten Fallgestaltungen hinaus - Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG einbeziehen würde. Immerhin heißt es in dem Erläuternden Bericht des Europarats zum Übereinkommen (European Convention on the Compensation of Victims of Violent Crimes, Explanatory Report, http://conventions.coe.int/treaty/EN/Reports/Html/116.htm ): Die Gewalt sei nicht notwendig, physische Gewalt; Entschädigung könne auch geschuldet werden in Fällen psychischer Gewalt, zB bei schwerwiegenden Drohungen (vgl dazu auch Denkschrift, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14).
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bb) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die Einwirkung "unmittelbar" auf den Körper der anderen Person zielen muss. Dieses Tatbestandsmerkmal ist von dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Gesundheitsschädigung - dem zweiten Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette - zu unterscheiden und begrenzt die Entschädigungspflicht des Staates auf konkrete Gefährdungen des Opfers durch zielgerichtete Angriffshandlungen. Da die Zielrichtung einer Handlung allein auf dem Willen des Täters beruht, sind Feststellungen zu diesem Merkmal in erster Linie von der inneren Tatseite, dem Vorsatz des Täters, abhängig; bleibt der Täter unbekannt, müssen wenigstens die äußeren Tatumstände überzeugende Hinweise auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geben (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 10
; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 .)
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Insoweit dient das Merkmal auch der Abgrenzung von abstrakten bzw allgemeinen Gefährdungslagen, wie sie unter bestimmten Voraussetzungen von § 1 Abs 2 Nr 2 OEG erfasst sind(sog "mittelbarer Angriff", vgl hierzu Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders MedSach 2005, 148, 149); so hat der Senat bereits entschieden, dass das Entfernen des Deckels eines Abflusslochs (Gully) allein - ohne unmittelbare Ausrichtung auf andere Menschen - kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellt(BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5). Demgegenüber hat der Senat bei der Bewertung einer Blockade des Fahrwegs einer Fahrradfahrerin maßgeblich auf den Vorsatz der Täter, den Weg durch aktives Verhalten zu versperren, und auf die damit einhergehende ernsthafte Verletzungsgefahr im Falle einer Kollision abgestellt (BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f; mangels entsprechender Feststellungen offen gelassen durch BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 S 20 f
).
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cc) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung(vgl hierzu etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 f) hinaus an sich eine "feindselige Willensrichtung" voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient im Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozial adäquaten bzw gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters (so bereits BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6
; ähnlich auch schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415) . Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung (iS einer gewaltsamen Einwirkung auf eine andere Person durch Einsatz körperlicher Mittel) verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat (stRspr seit 1995, vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung. Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat (vgl Bischofs, SGb 2010, 693, 694).; Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 - juris RdNr 11, 13; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17 ).
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So verwirklicht ein Täter, der subjektiv dem Opfer helfen will oder aus Liebe handelt, dann einen rechtswidrigen tätlichen Angriff, wenn er in strafbarer Weise dessen körperliche Integrität verletzt (BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7). Dies gilt regelmäßig auch für Fälle, in denen sich der Angreifer möglicherweise nur einen groben oder gewalttätigen, aber die Grenze des sozial Üblichen überschreitenden Scherz erlauben wollte und gegenüber dem Opfer keine feindselige Einstellung gehabt hat (zum Zünden eines Feuerwerkskörpers vgl etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f). Diese Rechtsprechung hat jüngst eine Einschränkung für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs erfahren. Selbst wenn ein solcher Eingriff strafrechtlich als vorsätzliche Körperverletzung anzusehen ist, müssen bestimmte weitere Voraussetzungen hinzutreten, um die Grenze zu einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu überschreiten(vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 42-44).
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b) Der schädigende Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - das erste Glied der entschädigungsrechtlichen Ursachenkette - ist zeitlich nicht auf die Dauer des tätlichen Angriffs selbst oder die Vollendung der mit der Gewaltanwendung verbundenen Straftat begrenzt, vielmehr dauert er so lange an, wie das daraus folgende Geschehen noch wesentlich durch die Gewaltanwendung geprägt ist, also bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Opfer in Sicherheit ist bzw die Hilfe Dritter erhält(vgl BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2
; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237 Die strafrechtliche Einordnung als Erfolgs- oder Dauerdelikt ist für die Bewertung des entschädigungsrechtlichen Kerns des Geschehens ohne Belang (vgl BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237). ; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3 .; BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 15 )
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Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG kann als wesentliche Ursache für Gesundheitsschäden, die während des Tatgeschehens eintreten, auch dann angesehen werden, wenn das Opfer eine eigene Ursache für den weiteren Geschehensablauf (zB Flucht, Ausweichen, Notwehr) setzt. In diesen Fällen ist - anders als im Strafverfahren - nicht darauf abzustellen, ob die Tatumstände "objektiv geeignet" waren, das Verhalten des Opfers zu erklären, sondern auf dessen subjektive Sicht (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 16-17
; ähnlich auch zur Mitverursachung der Schädigung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 OEG BSG Urteil vom 18.6.1996 - 9 RVg 7/94 - BSGE 78, 270 = SozR 3-3800 § 2 Nr 4 . Insoweit rechnen zu den Folgen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs grundsätzlich auch die Verletzungsfolgen, die während einer Flucht entstanden sind (vgl auch BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10, RdNr 15; vgl auch Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders, MedSach 2005, 148, 149).)
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2. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für die opferentschädigungsrechtliche Bewertung von Stalking-Handlungen als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des § 238 StGB am 31.3.2007 und damit auch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (im Wesentlichen von Oktober 2001 bis Dezember 2003) Folgendes:
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a) Das Phänomen Stalking hat in jüngster Zeit zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen und zu besonderen Entwicklungen im Zivil- und Strafrecht geführt. Die unter dem englischen Begriff "Stalking" diskutierten Verhaltensweisen zeichnen sich dadurch aus, dass einer anderen Person fortwährend nachgestellt, aufgelauert oder auf andere Weise mit hoher Intensität Kontakt zu ihr gesucht bzw in ihren individuellen Lebensbereich eingegriffen wird (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1). Eine einheitliche Begriffsbestimmung ist wegen der äußerst facettenreichen Fallgestaltungen schwierig (vgl etwa Bieszk/Sadtler, NJW 2007, 3382, 3384). Allgemein handelt es sich um ein Verhalten der fortgesetzten Verfolgung, Belästigung und Bedrohung einer anderen Person gegen deren Willen (so die Gesetzentwürfe des Bundesrates vom 27.4.2005 und 23.3.2006, BT-Drucks 15/5410 S 1 und BT-Drucks 16/1030 S 1). Dabei sind die einzelnen Handlungen des Täters sehr vielgestaltig. Sie reichen von häufigen, vielfach wiederholten Telefonanrufen zu jeder Tages- und Nachtzeit, dem Übersenden von E-Mails, SMS oder Briefen, der Übermittlung von Geschenken, dem Auflauern vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz und Drohungen bis hin zu Zudringlichkeiten und tätlichen Angriffen. Durch ihre Häufigkeit und Kontinuität führen auch Einzelhandlungen, die jeweils für sich genommen als sozialadäquat angesehen werden könnten, zu unzumutbaren Beeinträchtigungen und einer erzwungenen Veränderung der Lebensumstände des Opfers (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1).
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In der mit Wirkung vom 31.3.2007 Gesetz gewordenen Fassung des § 238 Abs 1 StGB lautet der Tatbestand der Nachstellung:
Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1.
seine räumliche Nähe aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4.
ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5.
eine andere vergleichbare Handlung vornimmt
und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
- 59
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Durch § 238 StGB sollen nach dem Willen des Gesetzgebers beharrliche Nachstellungen, die einschneidend in das Leben des Opfers eingreifen, über die bereits bestehenden und in Betracht kommenden Straftatbestände - wie etwa der Nötigung(§ 240 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) oder des Zuwiderhandelns gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 4 GewSchG) - hinaus mittels eines weiteren Straftatbestandes verfolgt werden können, um auf diese Weise einen besseren Opferschutz zu erreichen und Strafbarkeitslücken zu schließen (BT-Drucks 16/575 S 1). Der neue Straftatbestand dient damit dem Schutz der eigenen Lebensführung vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung (vgl BGH Beschluss vom 19.11.2009 - 3 StR 244/09 - BGHSt 54, 189 - juris RdNr 14 mwN).
- 60
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Nach der Rechtsprechung des BGH (aaO) ist Tathandlung des § 238 Abs 1 StGB das unbefugte Nachstellen durch beharrliche unmittelbare und mittelbare Annäherungshandlungen an das Opfer und näher bestimmte Drohungen iS des § 238 Abs 1 Nr 1 bis 5 StGB. Das Merkmal der "Beharrlichkeit" soll ua die Deliktstypik des "Stalkings" zum Ausdruck bringen und einzelne, für sich genommen vom Gesetzgeber als sozialadäquat angesehene Handlungen (BT-Drucks 16/575 S 7) von unerwünschtem "Stalking" abgrenzen; ihm wohnen sowohl objektive Momente der Zeit sowie subjektive und normative Elemente der Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit inne, die in der Tatbegehung durch besondere Hartnäckigkeit und eine gesteigerte Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot zum Ausdruck kommt. Die Beharrlichkeit ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen Handlungen, bei der insbesondere auch der zeitliche Abstand zwischen den Angriffen und deren innerer Zusammenhang von Bedeutung sind (BGH, aaO, mwN).
- 61
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b) Solange der Gesetzgeber den Tatbestand des § 238 StGB nicht gesondert in den Schutzbereich des § 1 OEG einbezogen hat, sind die erfolgten Stalking-Handlungen daraufhin zu prüfen, ob jeweils nach den insoweit maßgeblichen Kriterien ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG vorliegt. Ein sich - wie hier - über Jahre erstreckendes Stalking, das aus einer Vielzahl einzelner, für sich abgeschlossener Sachverhalte besteht, kann entgegen der Auffassung des LSG nicht als ein einheitlicher schädigender Vorgang gewertet werden. Denn ein solcher umfasst nur den konkreten tätlichen Angriff und das diesem unmittelbar folgende gewaltgeprägte Geschehen.
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Soweit sich eine feindselige Willensrichtung des Täters nicht feststellen lässt, kommt es auch beim Stalking auf das Vorliegen einer mit Gewaltanwendung verbundenen vorsätzlichen Straftat an. Der Senat hat bereits zum Phänomen des sog Mobbings entschieden, dass sich diese Vorgänge des Arbeitslebens, die den Rahmen des zwar gesellschaftlich Missbilligten, aber nicht Strafbaren nicht verlassen und die Schwelle zum kriminellen Unrecht nicht überschreiten, nicht als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden können(BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Denn bei der Anwendung des OEG ist von dessen Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 7). Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Ebenso wenig reicht das Verwirklichen eines Straftatbestandes aus, wenn es (wie zB bei Vermögensdelikten) ohne körperliche Einwirkungen auf das Opfer geschieht. Dies gilt grundsätzlich auch für Stalking-Handlungen, die jedoch nach heute geltendem Recht wegen des Tatbestands der Nachstellung gemäß § 238 StGB eine besondere strafrechtliche Relevanz aufweisen können. Allerdings kann für den Zeitraum vor Inkrafttreten dieser Norm zum 31.3.2007 zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in Gestalt einer strafbaren Vorsatztat vorliegt, nicht auf diesen Straftatbestand zurückgegriffen werden(aa). Maßgeblich ist das zum Tatzeitpunkt geltende Recht (bb).
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aa) Entgegen der Auffassung des LSG kann hier das Vorliegen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - abgesehen von dem zusätzlichen Erfordernis einer Tätlichkeit - nicht mit der Begründung bejaht werden, es sei der ab dem 31.3.2007 geltende Tatbestand der Nachstellung iS des § 238 StGB erfüllt.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats dient das Merkmal der Rechtsfeindlichkeit, wie sie sich durch das Begehen einer vorsätzlichen Straftat zeigt, einer normativen Grenzziehung gegenüber Verhaltensweisen, die den Rahmen des gesellschaftlichen Lebens nicht überschreiten. Diese Abgrenzung erfordert nach Auffassung des Senats ein Abstellen auf die zum Zeitpunkt der Tat jeweils geltende Rechtslage. Ungeachtet des im Strafrecht geltenden absoluten Rückwirkungsverbots nach Art 103 Abs 2 GG drohen im Opferentschädigungsrecht anderenfalls Billigkeitserwägungen. Es müsste nämlich der Unrechtsgehalt einer erst im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung strafbaren Handlung auf Zeiträume erstreckt werden, in denen das entsprechende Täterverhalten nicht strafbar gewesen ist. Die für die Bewertung des Täterverhaltens maßgebende normative Grenze würde dadurch klare Konturen verlieren.
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Zum einen ist die Frage, auf welche Handlungen der Staat seinen Strafanspruch erstrecken will, dem Wandel gesellschaftlicher Phänomene und Anschauungen unterworfen (vgl hierzu auch Pollähne, NK 2002, 56, 58). Dies zeigt sich gerade auch in der Aufnahme des Tatbestands der Nachstellung in das StGB, die auf die zunehmende Bedeutung des Phänomens des Stalking und den als unzureichend angesehenen Schutz der betroffenen Personen zurückzuführen ist (vgl BT-Drucks 16/575 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 16/3641 S 1). Ein anderes Beispiel ist der erst seit 1.4.1998 strafbare Versuch einer Körperverletzung nach § 223 Abs 2 StGB(Gesetz vom 26.1.1998, BGBl I 164). Zum anderen kann von einer Feindlichkeit des Täters gegen das Strafgesetz nur bei einem - willentlichen - Bruch der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtsordnung gesprochen werden. Auf den von der Beklagten angesprochenen Gesichtspunkt eines Schutzes des Täters vor Regressforderungen des Staates nach § 5 OEG iVm § 81a BVG kommt es insofern nicht entscheidend an.
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bb) Ist danach stets auf die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen, kommen im vorliegenden Fall, der insbesondere Stalkinghandlungen in der Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2003 (jedenfalls vor Inkrafttreten des § 238 StGB) betrifft, opferentschädigungsrechtlich als Straftatbestände insbesondere die Körperverletzung(§§ 223, 229 StGB), die Nötigung (§ 240 StGB), die sexuelle Nötigung (§ 177 StGB), die Bedrohung (§ 241 StGB) und die Beleidigung (§ 185 StGB) in Betracht (vgl BT-Drucks 16/575 S 6).
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Zudem ist nach Auffassung des Senats für den Zeitraum ab 1.1.2002 eine Strafbarkeit des maßgeblichen Verhaltens nach § 4 GewSchG ausreichend, um - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - einen Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG begründen zu können. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe ist nach § 4 GewSchG ein Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG strafbar, die tatbestandlich eine vorangegangene vorsätzliche und rechtswidrige Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person voraussetzt(§ 1 Abs 1 Satz 1 GewSchG). Zum Schutz der betroffenen Person kann das Gericht gemäß § 1 Abs 1 Satz 3 GewSchG insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt, die Wohnung der verletzten Person zu betreten(Nr 1), sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten (Nr 2), zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält (Nr 3), Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen (Nr 4), Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen (Nr 5), soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. Entsprechende Anordnungen können bei einer widerrechtlichen Drohung mit einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 GewSchG)und bei einem widerrechtlichen Eindringen in die Wohnung einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG) ergehen, sowie gegenüber demjenigen, der eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass er ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG).
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Der Gesetzgeber hat insoweit den Schwerpunkt der rechtlichen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und "unzumutbare Belästigungen" (also "Stalking") zunächst nur auf zivilrechtlicher Ebene gesetzt und die Strafbarkeit des Verhaltens durch eine Kriminalisierung des Ungehorsams gegenüber vollstreckbaren gerichtlichen Anordnungen eröffnet (Pollähne, NK 2002, 56, 58). Wenngleich hierbei vorrangiges Ziel des Gesetzgebers war, die verfahrensrechtliche Geltendmachung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen zu erleichtern, die Effizienz der Vollstreckung zivilgerichtlicher Entscheidungen zu verbessern und bei dem Verstoß gegen eine gerichtliche Schutzanordnung ein Eingreifen der Polizei zu ermöglichen (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5.3.2001, BT-Drucks 14/5429 S 1, 10; Grziwotz, NJW 2002, 872, 873 f; vgl auch Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung zum Gewaltschutzgesetz, Berlin 2005, S 89 ff), ist die Einbeziehung solcher strafbaren Vorsatztaten in die opferentschädigungsrechtliche Bewertung nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht nur wegen der sachlichen Nähe zur sog Gewaltkriminalität gerechtfertigt, sondern auch wegen der mit einem Zuwiderhandeln gegen eine entsprechende Schutzanordnung des Gerichts eindeutig hervortretenden Rechtsfeindlichkeit des Täters, des willentlichen Bruchs der Rechtsordnung.
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Soweit der Täter durch sein Verhalten gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG verstößt und sich dadurch nach § 4 GewSchG strafbar macht, ist die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen die durch die Anordnung geschützte Person begangen wird und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird. Insoweit gelten ähnliche Grundsätze wie bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung der Freiheitsberaubung nach § 239 StGB(vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Auch mit einem nach § 4 GewSchG strafbaren Verhalten muss eine körperliche Gewaltanwendung einhergehen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bejahen zu können(offen gelassen für die Freiheitsberaubung, vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Aus einem Verstoß gegen eine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG kann nämlich nicht ohne Weiteres auf eine objektive Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit oder des Lebens des Opfers durch eine Tätlichkeit geschlossen werden.
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3. Gemessen an diesen Kriterien ist es dem erkennenden Senat anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht möglich, abschließend zu beurteilen, inwiefern die einzelnen Stalkinghandlungen des H. vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe gegen die Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellen.
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a) Eine Wertung als tätlicher Angriff scheidet allerdings von vornherein für alle Telefonate, SMS, Briefe, Karten, Geschenke und dergleichen sowie für das bloße Klingeln an der Haustür der Klägerin aus, wodurch H. die Klägerin allerdings in erheblicher Weise belästigt hat. Denn insoweit fehlt es an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung auch soweit einzelne Mitteilungen ernste Drohungen enthielten. Entsprechend verhält es sich mit den von H. missbräuchlich veranlassten Notfalleinsätzen, Dienstleistungen oder Lieferungen zur Wohnung der Klägerin, zumal die beauftragten Personen - soweit ersichtlich - in keiner Weise gegenüber der Klägerin gewalttätig geworden sind.
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b) Nach den festgestellten Gegebenheiten kann es nur bei persönlichen Begegnungen des H. mit der Klägerin zu einem tätlichen Angriff gekommen sein. Dabei ist es nach den Feststellungen des LSG wiederholt zu Drohungen und Belästigungen gekommen. Inwieweit eine Gewaltanwendung durch H. unmittelbar bevorstand, lässt sich den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen weitestgehend nicht entnehmen, zumal es nach der Rechtsauffassung des LSG nicht darauf ankam.
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Eine gewisse Sonderstellung nimmt das Geschehen am 18.7.2003 ein. Unter ständigem Einreden auf die Klägerin ist H. ihr an diesem Tag vom Hauseingang ihrer Wohnung gefolgt und mit ihr in demselben Bus gefahren, bis er sie vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts am Arm festgehalten und zu sich umgerissen hat. Hierin könnte ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen sein. Jedenfalls liegt es nahe, eine strafbare, unmittelbar auf den Körper der Klägerin zielende gewaltsame Einwirkung anzunehmen.
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Die Handlung des H. ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 4 GewSchG strafbar, da sie zeitlich vor der Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 liegt. Vielmehr kommt eine Strafbarkeit als Nötigung gemäß § 240 Abs 1 StGB in Betracht, da H. die Klägerin gegen ihren klar erkennbaren Willen durch körperliche Gewalt am Fortgehen gehindert hat. Diese - an sich nicht gravierende - Gewaltanwendung dürfte unter normalen Umständen zwischenmenschlicher Auseinandersetzungen in aller Regel nicht verwerflich iS des § 240 Abs 2 StGB sein(vgl zur umstrittenen Anwendung und Auslegung der Verwerflichkeitsklausel jüngst BVerfG Kammerbeschluss vom 7.3.2011 - 1 BvR 388/05 - juris RdNr 38 ff). Dies gilt angesichts der vorangegangenen Drohungen und Belästigungen durch H. seit Oktober 2001 im vorliegenden Fall hingegen nicht. Fraglich könnte allerdings sein, ob unter Berücksichtigung der Umstände des Tatgeschehens aus der Sicht eines objektiven vernünftigen Dritten eine hinreichende Gefahr für Leib oder Leben der Klägerin anzunehmen ist. Diese Feststellung obliegt der tatrichterlichen Würdigung, die der Senat im Revisionsverfahren nicht vornehmen kann (vgl § 163 SGG).
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Etwas anders verhält es sich mit den Vorgängen am 2. und 3.10.2003. An diesen Tagen hat H. auf die Klägerin vor ihrer Wohnungstür gewartet und ist ihr beim Verlassen des Hauses entgegengegangen, mit der Folge, dass die Klägerin in ihr Haus zurückgekehrt ist und sich zur Arbeit hat abholen lassen. Mit dieser Handlung hat H. in strafbarer Weise gegen die Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 verstoßen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen des LSG ist darin jedoch noch keine körperliche Gewaltanwendung gegenüber der Klägerin und damit kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen. Allein die Annäherung des H. kann - ohne Hinzutreten weiterer Umstände (zB Drohungen, aggressives Verhalten etc) - nicht als eine unmittelbar auf den Körper zielende Einwirkung gewertet werden.
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4. Da der erkennende Senat die danach noch fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Soweit das LSG nach weiteren Ermittlungen hinsichtlich einzelner Begegnungen der Klägerin mit H. zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG oder sogar von mehreren derartigen Angriffen geworden ist, wird es nach der entschädigungsrechtlichen Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung die Frage eines wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen den betreffenden schädigenden Vorgängen und der bei der Klägerin bestehenden psychischen Krankheit zu prüfen haben. Hierbei ist in aller Regel die Hinzuziehung medizinischen Sachverstands erforderlich.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob das Sozialgericht (SG) das damals zuständige (jetzt beigeladene) Land zu Recht verurteilt hat, eine bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS des § 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz
) festzustellen.
- 2
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Die am 2.10.1954 geborene Klägerin ließ sich im Jahr 2000 zwei Mal von einem Arzt für Gynäkologie operieren. Zunächst saugte dieser am 13.1.2000 im Rahmen eines kosmetischen Eingriffs Fett ab. Danach traten Komplikationen auf. Am 20.6.2000 versuchte der Arzt, eine bestehende Fettschürze zu korrigieren und saugte weiteres Fett ab. Nach diesem Eingriff kam es zu erheblichen Gesundheitsstörungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten.
- 3
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Zur Zeit der Operationen litt die Klägerin neben dem erheblichen Übergewicht an einer Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Darauf machte sie den Arzt vor den operativen Maßnahmen aufmerksam. Dieser wies sie sodann bewusst nicht darauf hin, dass angesichts der Vorerkrankungen bei den Operationen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen sei. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm bewusst war, dass die Klägerin sonst von den Operationen abgesehen hätte. Er dokumentierte weder ein Aufklärungsgespräch noch eine Einwilligung. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können.
- 4
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Das Landgericht Aachen verurteilte den Gynäkologen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 Strafgesetzbuch (StGB) aufgrund des operativen Eingriffs vom 13.1.2000 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie aufgrund des weiteren Eingriffs vom 20.6.2000 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Unter Einbeziehung zahlreicher weiterer Taten zum Nachteil anderer Patienten wurde der Gynäkologe zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt (rechtskräftiges Urteil vom 17.7.2002 - 61 KLs/42 Js 1109/00).
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Am 22.11.2003 beantragte die Klägerin beim seinerzeit zuständigen Versorgungsamt Aachen Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem OEG iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Diesen Antrag lehnte das Versorgungsamt nach Beiziehung des Strafurteils durch Bescheid vom 9.1.2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG lägen nicht vor. Das OEG bezwecke ausschließlich die Entschädigung von Kriminalitätsopfern, die vom Staat trotz des von diesem in Anspruch genommenen Gewaltmonopols im Einzelfall nicht ausreichend hätten geschützt werden können. Die hier der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden ärztlichen Kunstfehler seien von diesem Schutzzweck naturgemäß nicht erfasst. Es fehle an einer feindseligen Tendenz im Sinne des OEG. Den Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 22.6.2004 zurück.
- 6
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Das von der Klägerin angerufene SG Aachen hat nach Einholung mehrerer medizinischer Gutachten mit Urteil vom 21.12.2006 das (jetzt beigeladene) Land Nordrhein-Westfalen (NRW) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung "Zustand nach Abdominalplastik mit zwei großen quer verlaufenden Narben im Ober- und Unterbauch mit korrigiertem Nabel mit Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich" als durch ein schädigendes Ereignis iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hervorgerufene Gesundheitsstörung festzustellen. Die darüber hinausgehende Klage auf Gewährung von Versorgung hat das SG - mittlerweile (nach Rücknahme der Berufung der Klägerin) rechtskräftig - abgewiesen, weil die festgestellte Gesundheitsstörung lediglich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vH bedinge.
- 7
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Gegen seine Verurteilung hat das Land NRW Berufung eingelegt. Dieses Rechtsmittel ist nach Inkrafttreten des § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GVBl NRW 482,
) ab 1.1.2008 vom Landschaftsverband Rheinland weiter geführt und sodann vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) mit Urteil vom 21.5.2008 zurückgewiesen worden. Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:
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Zum 1.1.2008 sei ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Berufungsführer sei seitdem der Landschaftsverband Rheinland. Ob sich dieser als neuer Beklagter gegen die Anerkennung von Schädigungsfolgen wende oder dies dem notwendig beigeladenen Land als weiterhin materiell Verpflichtetem obliege, ändere am Tenor der Berufungsentscheidung nichts, denn weder das Land noch der Landschaftsverband hätten einen Anspruch auf Aufhebung des Urteils des SG.
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Zu Recht habe dieses die streitbefangenen ärztlichen Maßnahmen als tätliche Angriffe iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die der Senat sich zu eigen mache, habe der Gynäkologe die vor den Eingriffen notwendige Aufklärung aus finanziellen Motiven unterlassen. Er habe die Klägerin bewusst nicht darauf hingewiesen, dass angesichts der Vorerkrankungen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, während und nach den Operationen zu rechnen gewesen sei. Auch sei ihm klar gewesen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen die Operationen entschieden hätte. Dies habe der Gynäkologe zumindest billigend in Kauf genommen. Damit stellten die operativen Eingriffe tatbestandlich vorsätzliche Körperverletzungen iS des § 223 StGB dar, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) mangels wirksamer Einwilligung auch rechtswidrig gewesen seien. Eine wirksame Einwilligung liege danach nur vor, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden sei.
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Der Arzt habe durch die Operationen unmittelbar in die körperliche Integrität der Klägerin eingegriffen. Zwar habe er keinen Widerstand der Klägerin überwinden müssen. Diese Situation habe er sich jedoch nur verschaffen können, weil er die Klägerin zuvor über die Risiken der Operation und seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können, getäuscht habe. Ob zwischen dem Arzt und der Klägerin ein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden habe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die von dem Gynäkologen vorgenommenen Eingriffe stellten auch keine Heilbehandlung dar, denn es sei keine objektive Heiltendenz feststellbar. Zudem handle es sich bei der von § 1 Abs 1 OEG geforderten Feindseligkeit der Tathandlung nicht um eine innere Tatsache. Was feindselig sei, bestimme das Strafgesetz. Feindselig in diesem Sinne seien alle § 223 StGB zuzuordnenden, strafbewehrten Tathandlungen. Unschädlich sei, dass die im Rahmen der Operationen begangenen Kunst- und Behandlungsfehler nur fahrlässiger Natur gewesen seien.
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Die Klägerin habe durch die beiden durchgeführten Operationen eine gesundheitliche Schädigung erlitten, an deren Folgen sie fortdauernd leide. Art und Umfang der insoweit verbliebenen Gesundheitsstörung seien von den Beteiligten unstreitig gestellt worden.
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Der Beklagte macht mit seiner nach Zulassung durch den erkennenden Senat eingelegten Revision eine Verletzung von § 1 Abs 1 OEG geltend. Zur Begründung führt er ua aus:
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Durch die Regelungen des OEG wolle der Staat für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger insbesondere vor gesundheitlichen Schädigungen durch kriminelle Handlungen wie vor allem Gewalttaten einstehen. Im Lichte dieses Gesetzeszwecks seien auch die einzelnen Tatbestandsmerkmale auszulegen. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 OEG setze daher eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame, in der Regel auch handgreifliche Einwirkung voraus.
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An einer feindseligen Willensrichtung fehle es hier. Zwar hätten Eingriffe in die körperliche Integrität eines anderen grundsätzlich die Tendenz, diesen zum bloßen Objekt herabzuwürdigen; sie seien deshalb als feindselig zu werten. Wenn aber im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege, verliere der Eingriff in die körperliche Integrität seine feindselige Qualität. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin zwar ihre Einwilligung in beide Operationen gegeben habe, diese aber vom Täter erschlichen worden seien. Das LSG schließe ohne eigene Sachaufklärung aus den vom Landgericht in seinem Strafurteil benannten Motiven für das Erschleichen der Einwilligung und aus der Tatsache der strafrechtlichen Verurteilung, dass der Gynäkologe keine Heilbehandlung vorgenommen habe, weil die Eingriffe nicht zur Heilung geeignet gewesen seien. Letzteres lasse sich aber den einschlägigen Passagen des Landgerichtsurteils nicht entnehmen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Operateur der Klägerin insofern rechtsfeindlich gesonnen gewesen sei, als er sie dauerhaft habe schädigen wollen. Eine rechtsfeindliche Willensrichtung lasse sich zwar für die fehlerhafte Aufklärung über die Operationsrisiken bejahen. Hieraus resultiere aber nicht gleichzeitig eine rechtsfeindliche Willensrichtung hinsichtlich der anschließenden Operationen. Das Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte nur dann die Annahme einer feindseligen Willensrichtung hinsichtlich des operativen Eingriffs, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe.
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Der Beklagte beantragt,
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die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.5.2008 und des Sozialgerichts Aachen vom 21.12.2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.
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Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland hat wie folgt Stellung genommen: Generell liege bei ärztlichen Kunstfehlern keine Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG vor. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung führe zwar in der Regel auch zur Bejahung eines tätlichen Angriffs. Jedoch sei dies nicht zwangsläufig so. Zusätzlich sei nämlich auch ein tätlicher Angriff in feindseliger Willensrichtung erforderlich. Daran fehle es im konkreten Fall. Das LSG habe den feindseligen Akt wohl im Erschleichen der Einwilligung durch bewusst unzureichende Aufklärung gesehen. Es leuchte jedoch nicht ein, warum ein tätlicher Angriff im Sinne des OEG davon abhängen solle, dass der Arzt die Patientin mit Eventualvorsatz unzureichend aufgeklärt habe. Mit einer solchen Argumentation könne praktisch jeder ärztliche Heileingriff, bei dem eine wirksame Einwilligung fehle, als OEG-Fall anerkannt werden, und zwar selbst dann, wenn der ärztliche Eingriff richtig und erfolgreich ausgeführt worden sei und ein Kunstfehler daher überhaupt nicht vorliege. Eine entsprechende Ausweitung des vom OEG erfassten Personenkreises sei vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Die Rechtsentwicklung zum Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern lasse sich auf den Bereich ärztlicher Kunstfehler nicht anwenden. Die tatbestandliche Ausgangslage sei eine gänzlich andere.
Entscheidungsgründe
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1. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Richtiger Beklagter und Revisionskläger ist nunmehr der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland.
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a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass es mit Inkrafttreten von § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz zum 1.1.2008 im Verlauf des Berufungsverfahrens zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes auf der Beklagtenseite gekommen ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 13 f; BSG, Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, jeweils RdNr 20; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - juris RdNr 21; BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R -, juris RdNr 22; BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG, Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 26). Durch § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz wurden die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung vom 1.1.2008 rechtswirksam auf die Landschaftsverbände übertragen. Ab diesem Zeitpunkt ist der für die Klägerin örtlich zuständige Landschaftsverband Rheinland gemäß § 6 Abs 1 OEG für die Versorgung nach diesem Gesetz zuständig.
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b) Das LSG hat den Landschaftsverband Rheinland selbst als Beklagten behandelt. Die Klägerin hat ihre Klage im Verlauf des Revisionsverfahrens umgestellt und nunmehr gegen die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligtenfähige Behörde - den Direktor des Landschaftsverbandes - gerichtet. Mit dieser Umstellung trägt sie der Rechtsprechung des 8. Senats des BSG Rechnung, wonach die Klage zwingend gegen die nach § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärte Behörde zu richten ist, wenn ein Land - wie hier Nordrhein-Westfalen durch § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG - das Behördenprinzip eingeführt hat (vgl BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14). Demgegenüber hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten (vgl Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - juris RdNr 21), dass die nach § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähige juristische Person (hier der Landschaftsverband Rheinland) diese Fähigkeit nicht dadurch verliert, dass die für sie handelnde Behörde (hier der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland) durch Landesrecht iS des § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärt worden ist. Zur Vermeidung einer Divergenz hat der erkennende Senat deshalb eine Umstellung der Klage angeregt; dem steht § 168 Satz 1 SGG nicht entgegen, weil sich der Klagegrund, also der dem Klageantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt, nicht geändert hat(vgl § 99 Abs 3 SGG).
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2. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht dessen Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, mit dem dieses die entgegenstehende ablehnende Verwaltungsentscheidung aufgehoben und das seinerzeit beklagte Land zur Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG verurteilt hat. Eine Rechtskraft dieser Entscheidung erstreckt sich gemäß § 141 Abs 1 Nr 1 SGG auf den jetzigen Beklagten.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG)geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG(idF vom 11.5.1976, BGBl I 1181). Danach erhält ua derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Reicht - wie hier - der Grad der Schädigungsfolgen für einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente nicht aus (vgl § 31 Abs 1 BVG), hat der Beschädigte nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG einen Anspruch auf isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen sein, zB Ansprüche auf Heilbehandlung wegen der anerkannten Folgen einer Schädigung (vgl zum BVG bereits BSGE 9, 80, 83 f = SozR Nr 17 zu § 55 SGG; BSGE 12, 25, 26; BSGE 27, 22, 23 = SozR Nr 59 zu § 77 SGG; BSG, Urteil vom 2.6.1970 - 10 RV 69/68 - KOV 1971, 170; zum Soldatenversorgungsgesetz etwa BSGE 57, 171, 172 = SozR 1500 § 55 Nr 24 S 17; BSGE 68, 128, 129 f = SozR 3-3200 § 81 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 39; BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 73; zum OEG etwa BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9/9a RVg 4/92 - BSGE 77, 1, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 4 S 15).
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Wie SG und LSG im Ergebnis zutreffend erkannt haben, steht der Klägerin gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nach den Umständen des vorliegenden Falles ein Anspruch auf Feststellung der Gesundheitsstörungen zu, die Folgen der im Jahre 2000 von dem Gynäkologen durchgeführten Schönheitsoperationen sind. Denn diese ärztlichen Eingriffe sind als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu werten. Der erkennende Senat legt dabei zunächst seine bisherige Rechtsprechung zum Rechtsbegriff "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" zugrunde (dazu unter a). Darüber hinaus ist die Rechtsprechung des BGH zur Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung von Bedeutung (dazu unter b). Für diesen Bereich entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung dahin weiter, dass ein ärztlicher Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen als tätlicher Angriff anzusehen ist (dazu unter c). Diese Voraussetzungen liegen nach den für den Senat verbindlichen Tatsachenfeststellungen hier vor (dazu unter d).
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a) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat sich im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen entwickelt. Sie hat sich weitgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst und entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abgestellt. Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Betrachtungsweisen zugrunde gelegt. Leitlinie des erkennenden Senats war insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei in aller Regel die Angriffshandlung den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (vgl BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 f; BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f; BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f und zuletzt BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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Im Einzelnen hat der erkennende Senat bislang zu folgenden Fallkonstellationen entschieden:
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Zunächst hat er unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines OEG (BT-Drucks 7/2506 S 13) für die Annahme einer Angriffshandlung eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung verlangt und deshalb einen tätlichen Angriff bei der Flucht vor einem Einbrecher verneint (BSG, Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 99 f = SozR 3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Diese Rechtsprechung hat er später dahingehend präzisiert, dass unter einem tätlichen Angriff ein gewaltsames, handgreifliches Vorgehen gegen eine Person in kämpferischer, feindseliger Absicht zu verstehen ist, nicht jedoch sozial angemessenes Verhalten, wie das Hochheben einer jungen Frau auf einem Straßenfest (BSG, Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 ff = SozR 3800 § 1 Nr 6 S 18 ff).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat dann den Begriff des tätlichen Angriffs umfassender im Sinne von Rechtsfeindlichkeit verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat war allein entscheidend, dass die Begehensweise, nämlich sexuelle Handlungen, eine Straftat war, deretwegen die Täter in diesen Fällen auch bestraft worden sind (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f; BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f; ähnlich auch bei einer Aids-Infektion durch ungeschützten Geschlechtsverkehr: BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18, 19 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 S 7).
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Auch eine absichtliche Blockade mit einem Kraftfahrzeug ist als tätlicher Angriff angesehen worden, wenn das Opfer dem gegen ihn gerichteten körperlichen Angriff durch Ausweichen oder Flucht entgehen will und dadurch zu Schaden kommt. Der Senat hat es für genügend erachtet, dass das Handeln des Angreifers vorsätzlich und auf Rechtsbruch gerichtet war. In der Regel reicht danach der vorsätzliche rechtswidrige Angriff gegen die körperliche Integrität oder die körperliche Bewegungsfreiheit aus, um den Tatbestand (des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG) zu erfüllen (BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f).
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Ebenso hat es der erkennende Senat beim Zünden eines Feuerwerkskörpers durch einen unbekannt gebliebenen Täter ausreichen lassen, dass das Verhalten des Täters auf Rechtsbruch gerichtet war und dadurch seine Rechtsfeindlichkeit erkennen ließ. Rechtsfeindlich handele, wer vorsätzlich und rechtswidrig einen Angriff gegen die körperliche Integrität eines anderen richte (BSG, Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714).
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Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zur Gewalt gegen Sachen verbunden mit Drohungen gegenüber dem Opfer fortgeführt: Er ist dort zwar davon ausgegangen, dass ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende, gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung erfordert. Zugleich hat er jedoch klargestellt, dass nicht ein aggressives Verhalten, sondern die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des "tätlichen Angriffs" maßgeblich ist. Bei Drohungen gegenüber dem Opfer verbunden mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache hat er es deshalb als entscheidend angesehen, ob aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten ein unmittelbares Ansetzen zu einer gezielten Gewaltanwendung gegen eine Person gegeben ist (BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38 f, ähnlich BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 zur Verletzungshandlung eines strafrechtlich schuldunfähigen, aber handlungsfähigen Kindes).
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In seiner Entscheidung zur Verletzung durch Signalmunition in einer Silvesternacht hat der Senat ein zielgerichtetes, vorsätzliches, aggressives Verhalten gegen eine bestimmte Person nicht für erforderlich gehalten, sondern es für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" ausreichen lassen, dass sich der Angriff gegen andere Personen als das Opfer gerichtet hat (BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 ff). Weiter ist in dieser Entscheidung ausgeführt worden, dass die "Feindseligkeit", die den "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 OEG kennzeichnet, schon dann zu bejahen ist, wenn mit der Einwirkung auf den Körper des Opfers - zumindest versuchsweise - vorsätzlich ein Straftatbestand verwirklicht wird. "Feindselig" handelt der Täter auch dann, wenn er unter Verstoß gegen ein Strafgesetz vorsätzlich auf den Körper eines anderen einwirkt (BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46).
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass nur bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten werden könne; tätliche Angriffe lägen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt werde, wie zB durch einen Fußtritt (BSG, Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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In dem Fall einer Bedrohung mit einer scharf geladenen, entsicherten Schusswaffe hat der erkennende Senat, anknüpfend an sein Urteil vom 10.9.1997 (BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11), als tätlichen Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen. Er hat darauf hingewiesen, dass in aller Regel die Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG den Tatbestand einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllen wird. Daneben seien aber auch Begehungsweisen denkbar, bei denen kein strafrechtlich relevanter Erfolg angestrebt werde. Es sei nicht einmal die körperliche Berührung oder auch nur ein darauf zielender Vorsatz erforderlich. Bereits die absichtliche, rechtswidrige Bedrohung eines anderen mit einer scharf geladenen entsicherten Schusswaffe stellt danach einen tätlichen Angriff dar (BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f). Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zum Entfernen eines Gullydeckels fortgeführt und darin unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12) weiter festgestellt, dass eine Handlung dann nicht als tätlicher Angriff gegen eine Person angesehen werden kann, wenn ihr die erforderliche unmittelbare (feindliche) Ausrichtung auf andere Menschen fehlt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f). An diese Rechtsprechung hat der Senat auch in seiner Entscheidung zur körperlichen Durchsuchung einer Person durch falsche Polizeibeamte angeknüpft (BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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In Bezug auf eine Kindesentziehung durch List hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, dass der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Weise ausgelegt worden ist, dass er auch ohne Gewaltanwendung die Ausübung des Geschlechtsverkehrs eines erwachsenen Mannes mit einem Kind unter 14 Jahren erfasst. Bei einer Kindesentziehung hat der Senat jedoch ein entsprechendes Begriffsverständnis abgelehnt, weil dies zu einer Ausweitung der vom OEG erfassten Tatbestände führen würde, die mit der auf eine körperliche Gewaltanwendung abstellenden gesetzgeberischen Konzeption unvereinbar wäre. Eine erweiternde Auslegung ist auch nicht zum Schutz des betroffenen Kindes geboten (vgl BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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In seiner Entscheidung zur Freiheitsberaubung hat der erkennende Senat ebenfalls maßgeblich darauf abgestellt, dass die Grenze zur Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG jedenfalls dann überschritten ist, wenn eine Person durch Mittel körperlicher Gewalt ihrer Freiheit beraubt und/oder dieser Zustand durch Tätlichkeiten aufrecht erhalten wird(BSG, Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13).
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Schließlich hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung zu einem möglichen tätlichen Angriff eines 4 ½ jährigen Kindes gegen ein anderes Kind unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12)erneut hervorgehoben, dass der als "feindselige" Einwirkung auf den Körper eines anderen definierte tätliche Angriff lediglich erfordert, dass (objektiv) gegen ein Strafgesetz verstoßen wird, das die körperliche Unversehrtheit eines anderen schützt. Dies kann bei einem Stoßen ins Wasser unter Umständen der Fall sein (vgl BSG, Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17).
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b) Grundvoraussetzung für die Bewertung eines ärztlichen Eingriffs als "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG ist danach, dass dieser als vorsätzliche Körperverletzung strafbar ist. Deshalb ist die einschlägige Rechtsprechung der Strafgerichte, insbesondere des BGH, zu beachten. Danach erfüllt jeder ärztliche Eingriff den Tatbestand einer (vorsätzlichen) Körperverletzung iS des § 223 Abs 1 StGB. Er bedarf grundsätzlich der Einwilligung, um rechtmäßig zu sein. Diese Einwilligung kann nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden ist. Aufklärungsmängel können eine Strafbarkeit des Arztes wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung jedoch nur begründen, wenn der Patient bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht in den Eingriff eingewilligt hätte. Das Fehlen einer "hypothetischen Einwilligung" ist dem Arzt nachzuweisen. Eine Beschränkung der Strafbarkeit kann sich zudem unter dem Gesichtspunkt des Schutzzweckgedankens ergeben, wenn sich ein Risiko realisiert, das nicht in den Schutzbereich der verletzten Aufklärungspflicht fällt. Dies wird etwa dann in Betracht zu ziehen sein, wenn sich der Aufklärungsmangel lediglich aus dem unterlassenen Hinweis auf Behandlungsalternativen ergibt, der Patient jedoch eine Grundaufklärung über die Art sowie den Schweregrad des Eingriffs erhalten hat und auch über die schwerstmögliche Beeinträchtigung informiert ist (vgl aus der neueren Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 29.6.1995 - 4 StR 760/94 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 4 = MedR 1996, 22, 24
; BGH, Urteil vom 19.11.1997 - 3 StR 271/97 - BGHSt 43, 306, 308 f = NJW 1998, 1802, 1803; BGH, Beschluss vom 15.10.2003 - 1 StR 300/03 - JR 2004, 251, 252 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469, 470; BGH, Urteil vom ; BGH, Urteil vom 5.7.2007 - 4 StR 549/06 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 8 = MedR 2008, 158, 159 .; BGH, Urteil vom 23.10.2007 - 1 StR 238/07 - MedR 2008, 435, 436 <"Turboentzug">; dazu auch Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 9, 15 ff, § 228 RdNr 12 ff)
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c) Der erkennende Senat entwickelt seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für die besondere Fallkonstellation des als vorsätzliche Körperverletzung strafbaren ärztlichen Eingriffs weiter.
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In aller Regel wird zwar eine Handlung, die den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt, eine Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG sein. Die Verletzungshandlung im OEG hat jedoch durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" - allerdings in Anknüpfung an die Vorschriften des StGB - eine eigenständige gesetzliche Ausprägung gefunden (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56). Das bedeutet, dass nicht jeder als vorsätzliche Körperverletzung strafbare ärztliche Eingriff zugleich ein "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung sein muss.
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Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass ärztliche Eingriffe - wie die gesamte Tätigkeit des Arztes - von einem Heilauftrag iS des § 1 Abs 1 Bundesärzteordnung(danach dient der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes; vgl dazu auch § 1 Abs 1 Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte) bestimmt werden (vgl hierzu Laufs in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl 2009, S 17 f; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl 2008, S 233 f). Ärztliche Eingriffe werden demnach grundsätzlich in der Absicht durchgeführt, zu heilen und nicht in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten einzuwirken. Zum anderen ergibt sich die Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung gerade aus der Verknüpfung von vorsätzlichem Aufklärungsmangel, Fehlen einer wirksamen Einwilligung und damit rechtswidrigem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung kann bei einem ärztlichen Eingriff bereits dann vorliegen, wenn der Arzt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat und der Patient die Einwilligung zum ärztlichen Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erteilt hätte. Es sind deshalb durchaus Fälle denkbar, bei denen der vorsätzliche Aufklärungsmangel zwar zu einer strafbaren vorsätzlichen Körperverletzung führt, es wegen einer vorhandenen Heilungsabsicht jedoch nicht gerechtfertigt ist, den ärztlichen Eingriff als eine gezielte gewaltsame Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten, mithin als eine feindselige Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG, zu bewerten(vgl etwa den der Entscheidung des BGH vom 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469 zugrunde liegenden Fall der Durchführung einer zweiten Operation zur Bergung einer bei der ersten Operation abgebrochenen Bohrerspitze bei unterlassener Aufklärung über Grund und Anlass der Maßnahme).
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Für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs müssen deshalb - neben der Strafbarkeit als Vorsatztat - bestimmte weitere Voraussetzungen hinzukommen, bei deren Vorliegen die Grenze zur Gewalttat, also zum "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff", überschritten ist. Nach Auffassung des erkennenden Senats wird ein Patient unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des OEG dann zum Gewaltopfer, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff objektiv - also aus der Sicht eines verständigen Dritten - in keiner Weise dem Wohl des Patienten dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen leiten lässt und die gesundheitlichen Belange des Patienten hintangestellt hat. Mit dem Abstellen auf das Wohl des Patienten werden neben den Fällen der Heilung einer behandlungsbedürftigen Erkrankung auch die Fälle reiner Schönheitsoperationen erfasst, also Fälle, in denen ohne jede medizinische Indikation allein den Schönheitsvorstellungen des Patienten dienende Eingriffe (s § 52 Abs 2 SGB V)vorgenommen werden.
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Soweit der Beklagte mit der Revision einwendet, das besondere Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte die Annahme einer feindseligen Willensrichtung bei einem operativen Eingriff nur dann, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe, vermag ihm der Senat nicht in vollem Umfang zu folgen. Allein der Umstand, dass ein in keiner Weise zum Wohle des Patienten handelnder Operateur Arzt ist, kann die Annahme einer feindseligen Haltung nicht ausschließen. Auch ein Vertrags- und Vertrauensverhältnis, das der Arzt in rücksichtsloser, krimineller Weise verletzt, hindert es nicht, eine feindselige Willensrichtung bei der Operation anzunehmen, wenn die vom Senat als maßgebend angesehenen Umstände vorliegen. Ebenso wenig greift der Einwand durch, dass der Eingriff in die körperliche Integrität dann seine feindselige Qualität verliere, wenn im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege. Eine durch Täuschung erschlichene Einwilligung ist unwirksam. Sie steht daher weder einer Strafbarkeit noch der Bejahung einer Gewalttat entgegen.
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Mit der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland stimmt der Senat dahin überein, dass ärztliche Kunstfehler für sich genommen keine Gewalttaten iS des § 1 OEG sind. Denn Kunstfehler sind sorgfaltswidrige Verstöße gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, die lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB oder fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB begründen (vgl dazu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 13c). Stellt der ärztliche Eingriff allerdings einen tätlichen Angriff dar, so ist es unerheblich, ob dabei Kunstfehler unterlaufen. Denn der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf die eingetretene Schädigung beziehen (vgl BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 4; BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57).
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d) Gemessen an diesen Kriterien sind die von dem Gynäkologen im Jahr 2000 durchgeführten kosmetischen ärztlichen Eingriffe - im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG und dem LSG - nicht nur als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen iS der §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB, sondern auch als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit der Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Denn sie dienten aus der Sicht eines verständigen Dritten in keiner Weise dem Wohl der Klägerin.
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Das LSG hat dazu Folgendes festgestellt: Die Klägerin litt zum Zeitpunkt der Operationen neben dem erheblichen Übergewicht an Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Obwohl sie den Gynäkologen auf ihre Vorerkrankungen aufmerksam gemacht hatte, wies sie dieser vor den Eingriffen bewusst nicht darauf hin, dass bei ihr mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen war. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm klar war, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung von den Operationen abgesehen hätte. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können. Die an der Klägerin vorgenommenen Eingriffe waren insgesamt gesehen weder von einer objektiven noch einer subjektiven Heilungstendenz getragen. Das Landgericht hat beide kosmetischen ärztliche Eingriffe als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB bewertet und den Gynäkologen deswegen zu Freiheitsstrafen verurteilt.
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Diese Tatsachenfeststellungen des LSG sind für den Senat bindend (§ 163 SGG), denn der Beklagte hat dagegen in der Revisionsbegründung keine zulässigen und begründeten Verfahrensmängel vorgebracht. Soweit er darin die Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)des LSG angreift, hat er schon nicht dargelegt, dass die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten wurden, also gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen worden ist (stRspr; vgl etwa schon BSG SozR Nr 34 und Nr 56 zu § 128 SGG; hierzu auch BSG, Urteil vom 8.11.2005 - B 1 KR 18/04 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 16; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 10 ff). Der Senat hat deshalb bei der Beurteilung der Rechtslage von den Tatsachenfeststellungen des LSG auszugehen. Danach hat sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen Interessen leiten lassen und die gesundheitlichen Belange der Klägerin - gerade auch im Hinblick auf die erheblichen Vorerkrankungen - in sträflicher Weise hintangestellt.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
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die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Feststellungen von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der gesundheitlichen Folgen von Nachstellungen (sog "Stalking").
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Die 1950 geborene Klägerin hat zwei erwachsene Kinder, ist von Beruf Sozialpädagogin und war als Nachtwache in einer Wohnstätte für behinderte Menschen in B. beschäftigt. Seit Mai 2001 lebte sie in einer Beziehung mit dem 1960 geborenen H. (im Folgenden: H.). Die Beziehung mit H. entwickelte sich konfliktreich, so dass die Klägerin sie bereits ab Oktober 2001 wieder zu beenden versuchte.
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H. akzeptierte das nicht. Er belegte die Klägerin in der Folgezeit mit zahlreichen Telefonanrufen und elektronischen Kurznachrichten (SMS). Zudem alarmierte er wiederholt die Polizei, die Feuerwehr und den Notarzt zu vorgeblichen Streitigkeiten, Schlägereien bzw Bränden in der Wohnung der Klägerin, ohne dass bei Eintreffen der Einsatzkräfte entsprechende Gefährdungs- oder Schadenslagen festgestellt werden konnten. H. bestellte ua auch - ohne entsprechenden Bedarf - mehrfach Taxen zur Wohnanschrift der Klägerin. Ferner ließ er am Arbeitsplatz der Klägerin ausrichten, demnächst werde ein Gerichtsvollzieher "vor ihrer Tür stehen".
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Die Klägerin erwirkte daraufhin erstmals am 7.1.2002 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts (AG) B., nach der H. unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, untersagt wurde, die Klägerin zu bedrohen oder zu belästigen sowie in ihrem Namen "die Polizei und Feuerwehr, andere Rettungsdienste, Bestattungsunternehmen, Taxiunternehmen und so weiter zu alarmieren". Dies veranlasste H. indes nicht, sein Verhalten gegenüber der Klägerin zu ändern. Unter anderem ereigneten sich im Weiteren die folgenden Vorfälle:
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So drohte (vermutlich) H. telefonisch beim Arbeitsplatz der Klägerin mit Bombenexplosionen, insbesondere für den Fall, dass die Klägerin "noch mal in das Haus kommt". Weiter kündigte H. der - seinerzeit 81-jährigen - Mutter der Klägerin telefonisch den bevorstehenden Tod der Klägerin an und teilte ihr einige Minuten später telefonisch mit, dass die Klägerin nunmehr tot sei. Einem daraufhin alarmierten Polizeibeamten, der den Anruf in der Wohnung der Klägerin entgegennahm, teilte (vermutlich) H. wörtlich mit: "Jetzt muss sie fürchterliche Angst haben!" und legte auf. Am Abend desselben Tages meldeten sich mehrere "Pizza-Services" bei der Klägerin, die ihr eine vermeintlich von ihr bestellte Pizza bringen wollten.
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Derartige Telefonanrufe wiederholten sich auch in der Folgezeit mehrfach sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber ihrer Mutter und ihren Arbeitskollegen. Einen daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag, entsprechend der einstweiligen Verfügung vom 7.1.2002 ein Ordnungsgeld gegen H. festzusetzen, nahm die Klägerin am 22.5.2002 zurück, nachdem sich H. am 18.4.2002 ihr gegenüber verpflichtet hatte, entsprechende Anrufe zu unterlassen, in seinem Besitz befindliche persönliche Daten der Klägerin zu löschen, an ihrer Wohnung nicht mehr aufzutauchen oder zu klingeln, sie nicht mehr anzusprechen, "jegliche Kontaktaufnahme bei zufälligem Zusammentreffen" zu unterlassen und nichts mehr zu tun oder zu veranlassen, "was (der Klägerin) persönlich oder ihrer Familie schadet oder schaden könnte". Die Klägerin erklärte sich im Gegenzug bereit "zu dulden", dass H. ihr "ab und zu einen Brief" schreibt, "der per Post zugestellt wird".
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Ende März 2003 bedrohte der H. die Klägerin erneut in deren Haus. Er schrie sie an, sie werde ihn nun "von einer anderen Seite" kennen lernen; sie wisse nicht, wozu er fähig sei. Er fange zuerst mit der Tochter (der Klägerin) an; er habe "Beziehungen" in ganz O. (dem damaligen Wohnort der Tochter). Dann komme der Sohn (der Klägerin) "dran"; er solle auf sein Auto aufpassen. Der H. fügte hinzu: "Wenn du überfallen, vergewaltigt oder belästigt wirst, habe ich nichts damit zu tun. Ich wasche meine Hände in Unschuld. Du hast Zeit bis morgen, um mit mir zu reden. Dann geht der Tanz los. Du hast selber schuld, du hast mich fallen lassen!". Abschließend sagte er: "In vier Wochen sind F. und J. (die Kinder der Klägerin) tot."
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H. richtete an die Klägerin zudem eine Vielzahl von Briefen und Postkarten, teils beleidigenden, teils versöhnlichen Inhalts, lauerte ihr am Arbeitsplatz und vor ihrer Haustür auf, verfolgte sie, sprach sie an, belästigte und bedrohte sie und ihre Kinder, bestellte auf den Namen der Klägerin ungefragt Versandhausartikel und beauftragte ua ein Bestattungsunternehmen sowie einen Schlüsseldienst zur Wohnanschrift der Klägerin. Er rief auch wiederholt die Notrufnummer der Polizei an unter Vorgabe vermeintlicher Gewalttaten zu Lasten der Klägerin bzw seines eigenen (angeblich) bevorstehenden Freitodes, um entsprechende Einsätze zu bewirken.
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Am 18.7.2003 erwartete er die Klägerin vor dem Hauseingang ihrer Wohnung in B. und folgte ihr von dort bis zur Bushaltestelle, während er ununterbrochen auf sie einredete. Er bestieg sodann denselben Bus wie die Klägerin und folgte ihr nach dem Aussteigen unter weiterem Einreden weiter. Vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts hielt er die Klägerin am Arm fest und riss sie zu sich herum, ließ sie dann jedoch wieder los, worauf die Klägerin in dem Copy-Geschäft um Verständigung der Polizei bat.
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Am 26.7.2003 fand die Klägerin in ihrem Briefkasten einen von H. handschriftlich verfassten Brief vor, in dem es ua hieß: "Melde Dich doch wegen dem Geld. Du bekommst ab dem 2.8. Deine Ruhe, aber anders als Du denkst. Ich habe sehr viel angeleiert. H. "
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Mit Verfügung vom 28.7.2003 erließ die Ortspolizeibehörde B. daraufhin eine Wohnungsverweisungsverfügung mit Rückkehrverbot gegen H., ihm wurde verboten, sich ab dem 28.7.2003, 12.00 Uhr, bis zum 7.8.2003, 24.00 Uhr, in der Wohnung der Klägerin sowie einem Radius von 100 Metern darum aufzuhalten (Maßnahme nach § 14a Abs 1 Bremisches Polizeigesetz).
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Mit Beschluss des AG B. vom 19.8.2003 wurde H. im Wege einer weiteren einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsgeld bzw Ordnungshaft aufgegeben, es zu unterlassen, die Klägerin zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, ihr nachzustellen, in irgendeiner Form Kontakt zu ihr aufzunehmen, die Wohnung der Klägerin zu betreten oder sich auf der Straße vor ihrem Haus bzw gegenüber dem Grundstück aufzuhalten, sich der Klägerin außerhalb der Wohnung auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern, sie anzusprechen, ihr zu folgen oder hinterherzulaufen und den Arbeitsplatz der Klägerin zu betreten oder sich ihm auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern.
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Diesen Anforderungen kam H. erneut nicht nach: Er warf ua immer wieder lose Zettel, Postkarten und Briefe in den Briefkasten der Klägerin und klingelte nahezu täglich an ihrer Haustür oder meldete sich telefonisch. Am 20.9.2003 belästigte und bedrohte er sie in einem öffentlichen Bus. Am 2. und 3.10.2003 wartete er vor dem Haus der Klägerin und ging auf sie zu, als sie das Haus auf dem Weg zur Arbeit verließ. Die Klägerin sah sich dadurch veranlasst, zunächst in das Haus zurückzukehren und sich zur Arbeit abholen zu lassen, was auch geschah. Darüber hinaus begegnete H. der Klägerin mehrfach offenbar absichtsvoll in verschiedenen Straßen B. und verfolgte sie, auch nachdem sie zur Vermeidung einer unmittelbaren Begegnung die Straßenseite gewechselt hatte.
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Das AG B. setzte daraufhin mit Ergänzungsbeschluss vom 13.11.2003 ein Ordnungsgeld in Höhe von 1000 Euro, ersatzweise für je 100 Euro einen Tag Ordnungshaft, gegen H. fest. Die dagegen erhobene Beschwerde nahm H. nach Reduzierung des Ordnungsgeldes auf 150 Euro zurück; zu einer Änderung seines Verhaltens kam es nicht.
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Schließlich wurde H. auf Strafanzeigen der Klägerin nach Verbindung mehrerer Verfahren vom AG B. mit Urteil vom 23.11.2004 (- 21 Gs 962 Js 31324/04 -) wegen Bedrohung (§ 241 Strafgesetzbuch - StGB) und Verstoßes gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach weiteren wiederholten Nachstellungen wurde die Strafaussetzung zur Bewährung mit Beschluss des AG B. vom 7.3.2005 widerrufen. H. verbüßte daraufhin vom 13.9.2005 bis 23.5.2006 die ihm auferlegte Freiheitsstrafe, bevor der Strafrest nach zwei Dritteln erneut zur Bewährung (Bewährungszeit: 2 Jahre) und mit der Auflage, sich umgehend einer ambulanten Alkoholentziehungstherapie zu unterziehen, ausgesetzt wurde (§ 57 Abs 1 StGB). Eine mit weiterem Urteil des AG B. vom 4.10.2005 (- 21 Ds 990 Js 16758/05 -) ergänzend ausgesprochene Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wurde auf Berufung des H. mit Urteil des Landgerichts B. vom 31.5.2006 (- 26 Ns 990 Js 16758/05 -) ebenfalls (mit weiteren Auflagen) zur Bewährung (Bewährungszeit: 3 Jahre) ausgesetzt.
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Die Klägerin wechselte im Verlaufe der Nachstellungen zweimal die Wohnanschrift, kam zeitweilig bei Bekannten unter und veranlasste eine Auskunftssperre bei der Meldebehörde. Zudem ließ sie sich vorübergehend eine Telefonnummer mit Auskunftssperre einrichten. Gleichwohl ermittelte H. jeweils nach kurzer Zeit erneut ihre Anschrift bzw Telefonnummer und setzte seine Annäherungshandlungen fort.
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Infolge der Nachstellungen leidet die Klägerin unter psychischen Beschwerden im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Erschöpfungs- und Angstzuständen, Nervosität, Konzentrations- und Schlafstörungen, die ua eine psychopharmakologische Medikation und einen stationären Aufenthalt in der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Dr. He., B., vom 2.3. bis 11.5.2004 erforderlich machten. Bei der Klägerin wurde wegen eines "psychischen Leidens" ein Grad der Behinderung von 50 ab dem 7.3.2005 festgestellt.
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Den Antrag der Klägerin vom 7.2.2005 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG lehnte die beklagte Freie Hansestadt durch Bescheid vom 23.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 mit der Begründung ab, dass die von der Klägerin geltend gemachten "Stalking"-Aktivitäten, wie etwa Morddrohung, Verfolgung, nicht erwünschte Brief- und Telefonkontakte, Warenbestellungen auf ihren Namen etc, als "gewaltlose" Handlungen nicht unter den Begriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG fallen würden. Dieses Tatbestandsmerkmal setze eine unmittelbar auf den Körper des anderen abzielende Einwirkung, zB einen Schlag, voraus, die im Fall der Klägerin nicht vorliege. Nach dem OEG würden nicht ausnahmslos alle Opfer von Straftaten entschädigt, sondern nur Betroffene einer Straftat mit Gewaltanwendung.
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Nach erfolgloser Klage (Urteil des Sozialgerichts
B. am 20.10.2006) hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 18.3.2010 hat das LSG die ablehnenden Entscheidungen des SG und der Beklagten aufgehoben sowie Letztere verurteilt, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es hat sein Urteil auf folgende Erwägungen gestützt:
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Für die Annahme eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG reiche es aus, dass H. durch seine Übergriffe den seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) verwirkliche, die Schädigung der Gesundheit der Klägerin zumindest billigend in Kauf genommen und seine Handlungen gerade auch mittels physischer Präsenz "unterstrichen" habe. Auch mit Rücksicht auf das strafrechtliche absolute Rückwirkungsverbot nach Art 103 Abs 2 GG könnten insoweit zwischenzeitliche Rechtsentwicklungen (§ 238 StGB) opferentschädigungsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben. Die einzelnen Handlungen des H. seien bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung des Gesamtgeschehens nicht jeweils für sich als isolierte Beschimpfungen, Beleidigungen, Bedrohungen etc, sondern deliktstypisch in ihrer Gesamtheit als beharrliche, systematische Belästigungen und Nachstellungen und (insgesamt) als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Das Handeln des H. weise keinen qualitativen Unterschied gegenüber einem Angriff auf, bei dem der Angreifer seinen Drohungen durch begleitende oder vorbereitende Sachbeschädigungen "körperlichen" Nachdruck verleihe oder das Opfer durch Versperren des Weges zu einem Flucht- oder Ausweichverhalten veranlasse, das zu einer Gesundheitsschädigung führe. Die Einordnung der Nachstellungen als tätlicher Angriff entspreche auch dem Schutzzweck des OEG, da der staatliche Schutz der Klägerin vor Gesundheitsschäden mit den (seinerzeit verfügbaren) Mitteln des GewSchG, des StGB, aber auch des allgemeinen Polizeirechts, unzureichend geblieben sei.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Mit Beschluss vom 8.3.2011 hat der Senat die Bundesrepublik Deutschland auf ihren Antrag zum Revisionsverfahren beigeladen. Zur Begründung ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs 1 Satz 1 OEG):
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Das LSG habe in rechtlich fehlerhafter Weise das Verhalten des H. als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Dieser Begriff erfordere grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines Anderen zielende gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung. Ausnahmen von der Körperlichkeit des Angriffs seien vom Bundessozialgericht (BSG) nur vereinzelt und unter exakt definierten Kriterien entwickelt worden; weder die Rechtsprechung zum sexuellen Missbrauch von Kindern noch die Grundsätze zur opferentschädigungsrechtlichen Bewertung von sog Schockschadensopfern seien auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Bei einer Bedrohung oder der Drohung mit Gewalt sei maßgeblich auf eine objektiv hohe Gefährdungslage des Opfers abzustellen.
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Im vorliegenden Fall liege - von dem einmaligen Festhalten der Klägerin am Arm abgesehen - weder eine gewaltsame bzw handgreifliche Einwirkung auf den Körper der Klägerin noch eine objektive Gefahr für Leib oder Leben vor. Entgegen der Auffassung des LSG reiche die reine "physische Präsenz" des H. nicht aus, um bei "gewaltlosen" Nachstellungen einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu bejahen. Auch könne zur Beurteilung der Strafbarkeit der Handlungen des H. nicht auf den erst seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB)zurückgegriffen werden; zum einen wegen des absoluten Rückwirkungsverbots des Art 103 Abs 2 GG und zum anderen wegen der möglichen Regressforderung des Staates gemäß § 5 OEG iVm § 81a BVG.
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Schließlich habe das LSG rechtsfehlerhaft die Handlungen des H. in ihrer Gesamtheit als einheitlichen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Die Systematik des Entschädigungstatbestands gebiete, zur Beurteilung eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs an die Einzelhandlungen anzuknüpfen; die Rechtsfrage wiederum, wie eine Kette tätlicher Angriffe, die nicht jeder für sich genommen, wohl aber in ihrer Gesamtwirkung allgemein geeignet sind, eine psychische Krankheit hervorzurufen, sei opferentschädigungsrechtlich zu bewerten und noch nicht höchstrichterlich entschieden.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 2006 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend macht sie geltend: Es entspreche dem Sinn und Zweck des OEG sowie dem Europäischen Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (BGBl II 1996, 1120), ihr eine Entschädigung für Gesundheitsschäden - auch im Hinblick auf das Versagen des staatlichen Gewaltmonopols beim Schutz vor Gewaltkriminalität - zuzubilligen. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht "körperlich" oder gar "handgreiflich" bzw "kämpferisch" sein, sondern könne sich insbesondere bei einem sexuellen Missbrauch von Kindern auch auf "seelische" Einwirkungen beziehen; die Hilflosigkeit und Schutzbedürftigkeit von Stalking-Opfern und das Versagen staatlichen Schutzes rechtfertige es, diese Grundsätze auch auf Stalking-Handlungen zu übertragen, auch wenn diese nicht unbedingt handgreiflich seien. Ohnehin hätten die Handlungen des H. unmittelbar auf ihren Körper eingewirkt, jedenfalls optisch und akustisch. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass sich die objektive Gefahr für ihre körperliche Unversehrtheit durch die psychische Erkrankung realisiert habe und die Handlungen des H. hierfür ursächlich gewesen seien. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob ein Schaden unmittelbar durch eine Handlung oder durch die Summe der Einzelakte verursacht worden sei.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und trägt ua vor: Es sei der gesetzgeberische Wille zu beachten, den tätlichen Angriff über eine "Körperlichkeit" zu definieren. Ein Verweis auf den Gesetzeszweck könne nicht dazu führen, diese Anspruchsvoraussetzung auszuhebeln. Ebenso wenig könne von einer Schädigungsfolge auf das Vorliegen eines tätlichen Angriffs geschlossen werden. Auch das vom Strafgesetzgeber anerkannte Schutzbedürfnis von Stalking-Opfern reiche nicht aus, um über das Tatbestandsmerkmal des tätlichen Angriffs hinwegzusehen. Etwaige Änderungen des OEG blieben dem Gesetzgeber vorbehalten.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Nach den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen, an die das BSG gemäß § 163 SGG gebunden ist, kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob das LSG die Beklagte zu Recht oder zu Unrecht verurteilt hat, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem GdS von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es fehlen hinreichende Tatsachenfeststellungen des LSG zur Beurteilung, ob die Klägerin durch die von ihr geltend gemachten Übergriffe des H. - vor allem in dem Zeitraum von Oktober 2001 bis Ende 2003 - Opfer von vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffen iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG gewesen ist und ob die von dem LSG angenommene Schädigungsfolge auf diese Angriffe zurückzuführen ist.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG)geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm § 31 Abs 1 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, ua auch Beschädigtenrente nach § 31 Abs 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
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Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen eine Entwicklung erfahren, die der Senat jüngst zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen dargelegt hat(vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff). Diese Rechtsprechung berücksichtigt seit jeher, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 29; vgl auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96); gleichwohl orientiert sich die Auslegung an der im Strafrecht gewonnenen Bedeutung des auch dort verwendeten rechtstechnischen Begriffs des "tätlichen Angriffs" (vgl insbesondere BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; vgl auch die Anmerkung zu dieser Entscheidung von Schlamelcher, SGb 1984, 593 ff). Mit Rücksicht auf den das OEG prägenden Gedanken des lückenlosen Opferschutzes hat sie sich aber weitestgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17
) . Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat vornehmlich aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25).
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Mit Blick auf die hier zu entscheidende Frage der Entschädigungspflicht des Staates nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bei dem Phänomen des sog "Stalking", das seit dem 31.3.2007 als Straftatbestand in das StGB aufgenommen ist (Nachstellen iS des § 238 StGB), hat der Senat erneut Veranlassung, seine Rechtsprechung zu präzisieren und dem unbestimmten Rechtsbegriff des vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG weitere Konturen zu verleihen.
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1. Der Senat geht bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG (a) und der Eingrenzung des schädigenden Vorgangs als erstem Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette (b) von folgenden Erwägungen aus:
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a) Grundsätzlich ist der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung(§§ 113, 121 StGB) auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN).
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aa) Soweit eine "gewaltsame" Einwirkung vorausgesetzt wird, hat der Senat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber durch den Begriff des "tätlichen Angriffs" den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat(vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9
; BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 240 RdNr 8 ff mwN) zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus(vgl insbesondere BT-Drucks 7/2506 S 10), wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein; dies entspricht in etwa dem strafrechtlichen Begriffsverständnis der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, dh als tätiger Einsatz materieller Zwangsmittel, insbesondere körperlicher Kraft(vgl Rosenau in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl 2009, § 113 RdNr 23 mwN; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 42).)
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Ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor(vgl BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 100 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 = SozR 3800 § 1 Nr 6; sowie Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f), setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; der Senat ist einem an Aggression orientiertem Begriffsverständnis des tätlichen Angriffs trotz dessen inhaltlicher Nähe zur Gewalttätigkeit iS des § 125 StGB(vgl Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 46; zu § 125 StGB vgl BGH Urteil vom 8.8.1969 - 2 StR 171/69 - BGHSt 23, 46, 52 f) letztlich nicht gefolgt (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7
; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 . Dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen.; so schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415 f; offen gelassen noch von BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; vgl auch BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6; vgl zum extensiven Versorgungsschutz auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96; Schlamelcher, SGb 1984, 593, 595; aA Schoreit/Düsseldorf, OEG, 1. Aufl 1977, § 1 RdNr 41; Wachholz, br 1991, 84, 87)
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Für die Annahme eines tätlichen Angriffs ist nicht maßgeblich, ob der vom Täter ggf beabsichtigte Verletzungserfolg eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 mwN; zur strafrechtlichen Auslegung des tätlichen Angriffs bereits Reichsgericht
Urteil vom 18.6.1925 - III 213/25 - RGSt 59, 264, 265) . Auch über das Versuchsstadium einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Opfers hinaus, kann eine Handlung des Täters als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden(vgl zu § 113 Abs 1 StGB etwa BundesgerichtshofUrteil vom 6.5.1982 - 4 StR 127/82 - NJW 1982, 2081) . Eine gewaltsame Einwirkung auf den Körper eines anderen kann auch schon bei einem physisch vermittelten Zwang vorliegen, ohne dass es zu einer körperlichen Berührung zwischen Täter und Opfer kommen muss (vgl etwa BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237; BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 Ungeachtet eines verwirklichten Verletzungserfolgs besteht in diesen Fällen wegen der Angriffshandlung bereits eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit der anderen Person; damit geht regelmäßig die reale Gefahr eines Körperschadens einher (vgl etwa BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 59; vgl auch zum Angriff iS des § 31 Abs 4 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz, Bundesverwaltungsgericht). Urteil vom 29.10.2009 - 2 C 134/07 - BVerwGE 135, 176 RdNr 17 f) . Ob in diesen Fällen die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG überschritten ist, beurteilt der Senat aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten und orientiert sich dabei an folgenden Grundsätzen:
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aaa) Je gewalttätiger die Angriffshandlung gegen eine Person nach ihrem äußeren Erscheinungsbild bzw je größer der Einsatz körperlicher Gewalt oder physischer Mittel ist, desto geringere Anforderungen sind zur Bejahung eines tätlichen Angriffs in objektiver Hinsicht zu stellen. Je geringer sich die Kraftanwendung durch den Täter bei der Begehung des Angriffs darstellt, desto genauer muss geprüft werden, inwiefern durch die Handlung - unter Berücksichtigung eines möglichen Geschehensablaufs - eine Gefahr für Leib oder Leben des Opfers bestand. Die Grenze zwischen einem sozialadäquaten Verhalten und einem tätlichen Angriff ist grundsätzlich so zu bestimmen, dass auch das bereits objektiv hochgefährdete Opfer bei Abwehr-, Ausweich- oder Fluchtreaktionen den Schutz des OEG genießt; sie ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Abwehr eines solchen Angriffs unter dem Gesichtspunkt der Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt wäre(BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f zur Drohung mit Gewalt). Die Angriffshandlung (bzw der Einsatz körperlicher Mittel) muss für sich genommen nicht gravierend sein, um - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - eine hinreichende Gefährdung von Leib oder Leben des Opfers und damit einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzunehmen.
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Der Senat hat insoweit in einem Fall der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) allein das Wegversperren und das Zurückstoßen und -drängen des Opfers zur Durchsetzung des Verbots, die Wohnung zu verlassen, ausreichen lassen, um das Vorliegen eines tätlichen Angriffs zu bejahen. Aus einem solchen Verhalten des Täters kann der Schluss auf eine drohende verstärkte Gewaltanwendung bei einem ggf beabsichtigten Widerstand des Opfers gezogen werden (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 14) und damit auf eine objektiv hohe Gefährdungslage für das Opfer. Entsprechendes gilt für das absichtliche Versperren eines Fahrradweges, das im Falle der Kollision mit einer erheblichen Verletzungsgefahr für das Opfer verbunden ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2), sowie für das Zünden von Feuerwerkskörpern in unmittelbarer Nähe einer anderen Person (vgl hierzu BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f).
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bbb) Für die - insbesondere bei dem Phänomen des "Stalkings" relevanten - Fälle der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, bei denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, hat das BSG noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen solche Handlungen für sich allein bereits als tätlicher Angriff zu werten sind (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Auch dabei ist jedenfalls auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib oder Leben des Opfers abzustellen.
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Das BSG hat es insoweit genügen lassen, dass eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter im Wege stand, sodass der Sachverhalt nicht allein auf Drohungen beschränkt war (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11). Es hat auch die Würdigung eines Sachverhalts, bei dem ein einschlägig vorbestrafter Täter mit dem Ausruf "Jetzt hab´ ich Euch, Ihr Schweine" auf offener Straße auf das Opfer zugestürzt ist, als tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht beanstandet (BSG Beschluss vom 29.9.1993 - 9 BVg 3/93 - juris RdNr 1, 5). Als tätlichen Angriff hat es das BSG zudem angesehen, wenn der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, auch wenn ein Tötungs- oder Verletzungsvorsatz noch gefehlt hat (BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), nicht aber die bloß verbale Drohung zu schießen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 20). Im Zusammenhang mit einer Aussetzung (§ 221 Abs 1 StGB) durch aktives Tun hat das BSG die bloße Aufforderung gegenüber einem 83 Jahre alten Gehbehinderten, den Wagen zu verlassen, als Ausübung von körperlichem Zwang und damit als tätlichen Angriff angesehen, weil diese erzwungene Ortsveränderung das letzte Glied in einer Kette von Gewalttaten des fortgesetzt aggressiv handelnden Täters war (BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237).
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Bei der Würdigung des Tatgeschehens sind insoweit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die auf eine objektiv hohe Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Integrität des Opfers schließen lassen. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte wird eine feste Grenzziehung zwischen bloßer Drohung mit Gewalt und ihrer Anwendung kaum möglich sein. Ein tätlicher Angriff wird indes umso eher zu bejahen sein, je größer die objektive Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten war (BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 16), je mehr also eine schädigende Gewaltanwendung unmittelbar bevorsteht.
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ccc) Mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll(vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), sieht der Senat die Grenze der Wortlautinterpretation jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (in diese Richtung bereits BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73
) . So hat der Senat für den Fall einer mit List durchgeführten, strafbaren Kindesentziehung die erheblichen Gefahren, die damit wegen der völligen Ungewissheit über das Schicksal des Kindes für die psychische Gesundheit des betroffenen Elternteils verbunden sind, für sich allein nicht ausreichen lassen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzuerkennen, sondern darüber hinaus zumindest ein Fortwirken einer körperlichen Gewaltanwendung gegenüber dem Elternteil gefordert(BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3) .
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Von den Kriterien eines tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG wird auch bei den Fällen des sog "Schockschadens"(vgl hierzu BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98 = SozR 3800 § 1 Nr 1) keine Ausnahme gemacht. Insoweit ist zwischen dem schädigenden Vorgang - der "unmittelbaren Einwirkung" auf den Körper des Primäropfers - und der geschädigten Person - der "unmittelbaren Schädigung" des Sekundäropfers - zu unterscheiden (vgl hierzu Trenk-Hinterberger in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 745, 751 ff).
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Selbst in Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat nicht vollständig auf das Erfordernis körperlicher Handlungen verzichtet. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes, die Möglichkeit seiner "sekundären Viktimisierung" im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie die Gefahr schwerwiegender seelischer Krankheiten hat ihn allerdings - beschränkt auf diese Fallgestaltungen - zu einem erweiterten Verständnis des Begriffs des tätlichen Angriffs veranlasst. Danach ist für die "unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Kindes" entscheidend, dass die erfolgten sexuellen Handlungen strafbar sind, unabhängig davon, ob bei der Tatbegehung das gewaltsam handgreifliche oder das spielerische Moment im Vordergrund steht (BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7).
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Demnach ist nicht - wie im Schrifttum teilweise vertreten wird - darauf abzustellen, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 22 aE; Heinz, VersorgVerw 2007, 36, 37 f; ders, ZfS 2005, 266, 268; ders, ZfS 2000, 65, 69; Eppenstein in Opferentschädigungsgesetz - Intention und Praxis opfergerecht?, Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern, 1995, S 92, 95) oder welches Individualrechtsgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit, Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl etwa Weiner, aaO, § 1 RdNr 16; Heinz, ZfS 2005, 266, 267 f).
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Schließlich führt auch der Hinweis der Klägerin auf das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) zu keiner anderen Beurteilung. Nach seinem Art 1 verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt:
Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist.
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Eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" enthält das Übereinkommen nicht (vgl Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14). Dementsprechend hat der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in zulässiger Weise von einem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber den Zielen des Übereinkommens durchaus entsprechen würde, wenn er - über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfassten Fallgestaltungen hinaus - Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG einbeziehen würde. Immerhin heißt es in dem Erläuternden Bericht des Europarats zum Übereinkommen (European Convention on the Compensation of Victims of Violent Crimes, Explanatory Report, http://conventions.coe.int/treaty/EN/Reports/Html/116.htm ): Die Gewalt sei nicht notwendig, physische Gewalt; Entschädigung könne auch geschuldet werden in Fällen psychischer Gewalt, zB bei schwerwiegenden Drohungen (vgl dazu auch Denkschrift, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14).
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bb) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die Einwirkung "unmittelbar" auf den Körper der anderen Person zielen muss. Dieses Tatbestandsmerkmal ist von dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Gesundheitsschädigung - dem zweiten Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette - zu unterscheiden und begrenzt die Entschädigungspflicht des Staates auf konkrete Gefährdungen des Opfers durch zielgerichtete Angriffshandlungen. Da die Zielrichtung einer Handlung allein auf dem Willen des Täters beruht, sind Feststellungen zu diesem Merkmal in erster Linie von der inneren Tatseite, dem Vorsatz des Täters, abhängig; bleibt der Täter unbekannt, müssen wenigstens die äußeren Tatumstände überzeugende Hinweise auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geben (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 10
; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 .)
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Insoweit dient das Merkmal auch der Abgrenzung von abstrakten bzw allgemeinen Gefährdungslagen, wie sie unter bestimmten Voraussetzungen von § 1 Abs 2 Nr 2 OEG erfasst sind(sog "mittelbarer Angriff", vgl hierzu Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders MedSach 2005, 148, 149); so hat der Senat bereits entschieden, dass das Entfernen des Deckels eines Abflusslochs (Gully) allein - ohne unmittelbare Ausrichtung auf andere Menschen - kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellt(BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5). Demgegenüber hat der Senat bei der Bewertung einer Blockade des Fahrwegs einer Fahrradfahrerin maßgeblich auf den Vorsatz der Täter, den Weg durch aktives Verhalten zu versperren, und auf die damit einhergehende ernsthafte Verletzungsgefahr im Falle einer Kollision abgestellt (BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f; mangels entsprechender Feststellungen offen gelassen durch BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 S 20 f
).
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cc) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung(vgl hierzu etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 f) hinaus an sich eine "feindselige Willensrichtung" voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient im Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozial adäquaten bzw gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters (so bereits BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6
; ähnlich auch schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415) . Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung (iS einer gewaltsamen Einwirkung auf eine andere Person durch Einsatz körperlicher Mittel) verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat (stRspr seit 1995, vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung. Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat (vgl Bischofs, SGb 2010, 693, 694).; Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 - juris RdNr 11, 13; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17 ).
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So verwirklicht ein Täter, der subjektiv dem Opfer helfen will oder aus Liebe handelt, dann einen rechtswidrigen tätlichen Angriff, wenn er in strafbarer Weise dessen körperliche Integrität verletzt (BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7). Dies gilt regelmäßig auch für Fälle, in denen sich der Angreifer möglicherweise nur einen groben oder gewalttätigen, aber die Grenze des sozial Üblichen überschreitenden Scherz erlauben wollte und gegenüber dem Opfer keine feindselige Einstellung gehabt hat (zum Zünden eines Feuerwerkskörpers vgl etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f). Diese Rechtsprechung hat jüngst eine Einschränkung für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs erfahren. Selbst wenn ein solcher Eingriff strafrechtlich als vorsätzliche Körperverletzung anzusehen ist, müssen bestimmte weitere Voraussetzungen hinzutreten, um die Grenze zu einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu überschreiten(vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 42-44).
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b) Der schädigende Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - das erste Glied der entschädigungsrechtlichen Ursachenkette - ist zeitlich nicht auf die Dauer des tätlichen Angriffs selbst oder die Vollendung der mit der Gewaltanwendung verbundenen Straftat begrenzt, vielmehr dauert er so lange an, wie das daraus folgende Geschehen noch wesentlich durch die Gewaltanwendung geprägt ist, also bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Opfer in Sicherheit ist bzw die Hilfe Dritter erhält(vgl BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2
; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237 Die strafrechtliche Einordnung als Erfolgs- oder Dauerdelikt ist für die Bewertung des entschädigungsrechtlichen Kerns des Geschehens ohne Belang (vgl BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237). ; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3 .; BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 15 )
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Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG kann als wesentliche Ursache für Gesundheitsschäden, die während des Tatgeschehens eintreten, auch dann angesehen werden, wenn das Opfer eine eigene Ursache für den weiteren Geschehensablauf (zB Flucht, Ausweichen, Notwehr) setzt. In diesen Fällen ist - anders als im Strafverfahren - nicht darauf abzustellen, ob die Tatumstände "objektiv geeignet" waren, das Verhalten des Opfers zu erklären, sondern auf dessen subjektive Sicht (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 16-17
; ähnlich auch zur Mitverursachung der Schädigung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 OEG BSG Urteil vom 18.6.1996 - 9 RVg 7/94 - BSGE 78, 270 = SozR 3-3800 § 2 Nr 4 . Insoweit rechnen zu den Folgen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs grundsätzlich auch die Verletzungsfolgen, die während einer Flucht entstanden sind (vgl auch BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10, RdNr 15; vgl auch Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders, MedSach 2005, 148, 149).)
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2. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für die opferentschädigungsrechtliche Bewertung von Stalking-Handlungen als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des § 238 StGB am 31.3.2007 und damit auch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (im Wesentlichen von Oktober 2001 bis Dezember 2003) Folgendes:
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a) Das Phänomen Stalking hat in jüngster Zeit zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen und zu besonderen Entwicklungen im Zivil- und Strafrecht geführt. Die unter dem englischen Begriff "Stalking" diskutierten Verhaltensweisen zeichnen sich dadurch aus, dass einer anderen Person fortwährend nachgestellt, aufgelauert oder auf andere Weise mit hoher Intensität Kontakt zu ihr gesucht bzw in ihren individuellen Lebensbereich eingegriffen wird (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1). Eine einheitliche Begriffsbestimmung ist wegen der äußerst facettenreichen Fallgestaltungen schwierig (vgl etwa Bieszk/Sadtler, NJW 2007, 3382, 3384). Allgemein handelt es sich um ein Verhalten der fortgesetzten Verfolgung, Belästigung und Bedrohung einer anderen Person gegen deren Willen (so die Gesetzentwürfe des Bundesrates vom 27.4.2005 und 23.3.2006, BT-Drucks 15/5410 S 1 und BT-Drucks 16/1030 S 1). Dabei sind die einzelnen Handlungen des Täters sehr vielgestaltig. Sie reichen von häufigen, vielfach wiederholten Telefonanrufen zu jeder Tages- und Nachtzeit, dem Übersenden von E-Mails, SMS oder Briefen, der Übermittlung von Geschenken, dem Auflauern vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz und Drohungen bis hin zu Zudringlichkeiten und tätlichen Angriffen. Durch ihre Häufigkeit und Kontinuität führen auch Einzelhandlungen, die jeweils für sich genommen als sozialadäquat angesehen werden könnten, zu unzumutbaren Beeinträchtigungen und einer erzwungenen Veränderung der Lebensumstände des Opfers (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1).
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In der mit Wirkung vom 31.3.2007 Gesetz gewordenen Fassung des § 238 Abs 1 StGB lautet der Tatbestand der Nachstellung:
Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1.
seine räumliche Nähe aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4.
ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5.
eine andere vergleichbare Handlung vornimmt
und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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Durch § 238 StGB sollen nach dem Willen des Gesetzgebers beharrliche Nachstellungen, die einschneidend in das Leben des Opfers eingreifen, über die bereits bestehenden und in Betracht kommenden Straftatbestände - wie etwa der Nötigung(§ 240 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) oder des Zuwiderhandelns gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 4 GewSchG) - hinaus mittels eines weiteren Straftatbestandes verfolgt werden können, um auf diese Weise einen besseren Opferschutz zu erreichen und Strafbarkeitslücken zu schließen (BT-Drucks 16/575 S 1). Der neue Straftatbestand dient damit dem Schutz der eigenen Lebensführung vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung (vgl BGH Beschluss vom 19.11.2009 - 3 StR 244/09 - BGHSt 54, 189 - juris RdNr 14 mwN).
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Nach der Rechtsprechung des BGH (aaO) ist Tathandlung des § 238 Abs 1 StGB das unbefugte Nachstellen durch beharrliche unmittelbare und mittelbare Annäherungshandlungen an das Opfer und näher bestimmte Drohungen iS des § 238 Abs 1 Nr 1 bis 5 StGB. Das Merkmal der "Beharrlichkeit" soll ua die Deliktstypik des "Stalkings" zum Ausdruck bringen und einzelne, für sich genommen vom Gesetzgeber als sozialadäquat angesehene Handlungen (BT-Drucks 16/575 S 7) von unerwünschtem "Stalking" abgrenzen; ihm wohnen sowohl objektive Momente der Zeit sowie subjektive und normative Elemente der Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit inne, die in der Tatbegehung durch besondere Hartnäckigkeit und eine gesteigerte Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot zum Ausdruck kommt. Die Beharrlichkeit ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen Handlungen, bei der insbesondere auch der zeitliche Abstand zwischen den Angriffen und deren innerer Zusammenhang von Bedeutung sind (BGH, aaO, mwN).
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b) Solange der Gesetzgeber den Tatbestand des § 238 StGB nicht gesondert in den Schutzbereich des § 1 OEG einbezogen hat, sind die erfolgten Stalking-Handlungen daraufhin zu prüfen, ob jeweils nach den insoweit maßgeblichen Kriterien ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG vorliegt. Ein sich - wie hier - über Jahre erstreckendes Stalking, das aus einer Vielzahl einzelner, für sich abgeschlossener Sachverhalte besteht, kann entgegen der Auffassung des LSG nicht als ein einheitlicher schädigender Vorgang gewertet werden. Denn ein solcher umfasst nur den konkreten tätlichen Angriff und das diesem unmittelbar folgende gewaltgeprägte Geschehen.
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Soweit sich eine feindselige Willensrichtung des Täters nicht feststellen lässt, kommt es auch beim Stalking auf das Vorliegen einer mit Gewaltanwendung verbundenen vorsätzlichen Straftat an. Der Senat hat bereits zum Phänomen des sog Mobbings entschieden, dass sich diese Vorgänge des Arbeitslebens, die den Rahmen des zwar gesellschaftlich Missbilligten, aber nicht Strafbaren nicht verlassen und die Schwelle zum kriminellen Unrecht nicht überschreiten, nicht als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden können(BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Denn bei der Anwendung des OEG ist von dessen Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 7). Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Ebenso wenig reicht das Verwirklichen eines Straftatbestandes aus, wenn es (wie zB bei Vermögensdelikten) ohne körperliche Einwirkungen auf das Opfer geschieht. Dies gilt grundsätzlich auch für Stalking-Handlungen, die jedoch nach heute geltendem Recht wegen des Tatbestands der Nachstellung gemäß § 238 StGB eine besondere strafrechtliche Relevanz aufweisen können. Allerdings kann für den Zeitraum vor Inkrafttreten dieser Norm zum 31.3.2007 zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in Gestalt einer strafbaren Vorsatztat vorliegt, nicht auf diesen Straftatbestand zurückgegriffen werden(aa). Maßgeblich ist das zum Tatzeitpunkt geltende Recht (bb).
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aa) Entgegen der Auffassung des LSG kann hier das Vorliegen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - abgesehen von dem zusätzlichen Erfordernis einer Tätlichkeit - nicht mit der Begründung bejaht werden, es sei der ab dem 31.3.2007 geltende Tatbestand der Nachstellung iS des § 238 StGB erfüllt.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats dient das Merkmal der Rechtsfeindlichkeit, wie sie sich durch das Begehen einer vorsätzlichen Straftat zeigt, einer normativen Grenzziehung gegenüber Verhaltensweisen, die den Rahmen des gesellschaftlichen Lebens nicht überschreiten. Diese Abgrenzung erfordert nach Auffassung des Senats ein Abstellen auf die zum Zeitpunkt der Tat jeweils geltende Rechtslage. Ungeachtet des im Strafrecht geltenden absoluten Rückwirkungsverbots nach Art 103 Abs 2 GG drohen im Opferentschädigungsrecht anderenfalls Billigkeitserwägungen. Es müsste nämlich der Unrechtsgehalt einer erst im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung strafbaren Handlung auf Zeiträume erstreckt werden, in denen das entsprechende Täterverhalten nicht strafbar gewesen ist. Die für die Bewertung des Täterverhaltens maßgebende normative Grenze würde dadurch klare Konturen verlieren.
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Zum einen ist die Frage, auf welche Handlungen der Staat seinen Strafanspruch erstrecken will, dem Wandel gesellschaftlicher Phänomene und Anschauungen unterworfen (vgl hierzu auch Pollähne, NK 2002, 56, 58). Dies zeigt sich gerade auch in der Aufnahme des Tatbestands der Nachstellung in das StGB, die auf die zunehmende Bedeutung des Phänomens des Stalking und den als unzureichend angesehenen Schutz der betroffenen Personen zurückzuführen ist (vgl BT-Drucks 16/575 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 16/3641 S 1). Ein anderes Beispiel ist der erst seit 1.4.1998 strafbare Versuch einer Körperverletzung nach § 223 Abs 2 StGB(Gesetz vom 26.1.1998, BGBl I 164). Zum anderen kann von einer Feindlichkeit des Täters gegen das Strafgesetz nur bei einem - willentlichen - Bruch der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtsordnung gesprochen werden. Auf den von der Beklagten angesprochenen Gesichtspunkt eines Schutzes des Täters vor Regressforderungen des Staates nach § 5 OEG iVm § 81a BVG kommt es insofern nicht entscheidend an.
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bb) Ist danach stets auf die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen, kommen im vorliegenden Fall, der insbesondere Stalkinghandlungen in der Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2003 (jedenfalls vor Inkrafttreten des § 238 StGB) betrifft, opferentschädigungsrechtlich als Straftatbestände insbesondere die Körperverletzung(§§ 223, 229 StGB), die Nötigung (§ 240 StGB), die sexuelle Nötigung (§ 177 StGB), die Bedrohung (§ 241 StGB) und die Beleidigung (§ 185 StGB) in Betracht (vgl BT-Drucks 16/575 S 6).
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Zudem ist nach Auffassung des Senats für den Zeitraum ab 1.1.2002 eine Strafbarkeit des maßgeblichen Verhaltens nach § 4 GewSchG ausreichend, um - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - einen Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG begründen zu können. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe ist nach § 4 GewSchG ein Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG strafbar, die tatbestandlich eine vorangegangene vorsätzliche und rechtswidrige Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person voraussetzt(§ 1 Abs 1 Satz 1 GewSchG). Zum Schutz der betroffenen Person kann das Gericht gemäß § 1 Abs 1 Satz 3 GewSchG insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt, die Wohnung der verletzten Person zu betreten(Nr 1), sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten (Nr 2), zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält (Nr 3), Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen (Nr 4), Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen (Nr 5), soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. Entsprechende Anordnungen können bei einer widerrechtlichen Drohung mit einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 GewSchG)und bei einem widerrechtlichen Eindringen in die Wohnung einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG) ergehen, sowie gegenüber demjenigen, der eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass er ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG).
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Der Gesetzgeber hat insoweit den Schwerpunkt der rechtlichen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und "unzumutbare Belästigungen" (also "Stalking") zunächst nur auf zivilrechtlicher Ebene gesetzt und die Strafbarkeit des Verhaltens durch eine Kriminalisierung des Ungehorsams gegenüber vollstreckbaren gerichtlichen Anordnungen eröffnet (Pollähne, NK 2002, 56, 58). Wenngleich hierbei vorrangiges Ziel des Gesetzgebers war, die verfahrensrechtliche Geltendmachung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen zu erleichtern, die Effizienz der Vollstreckung zivilgerichtlicher Entscheidungen zu verbessern und bei dem Verstoß gegen eine gerichtliche Schutzanordnung ein Eingreifen der Polizei zu ermöglichen (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5.3.2001, BT-Drucks 14/5429 S 1, 10; Grziwotz, NJW 2002, 872, 873 f; vgl auch Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung zum Gewaltschutzgesetz, Berlin 2005, S 89 ff), ist die Einbeziehung solcher strafbaren Vorsatztaten in die opferentschädigungsrechtliche Bewertung nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht nur wegen der sachlichen Nähe zur sog Gewaltkriminalität gerechtfertigt, sondern auch wegen der mit einem Zuwiderhandeln gegen eine entsprechende Schutzanordnung des Gerichts eindeutig hervortretenden Rechtsfeindlichkeit des Täters, des willentlichen Bruchs der Rechtsordnung.
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Soweit der Täter durch sein Verhalten gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG verstößt und sich dadurch nach § 4 GewSchG strafbar macht, ist die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen die durch die Anordnung geschützte Person begangen wird und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird. Insoweit gelten ähnliche Grundsätze wie bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung der Freiheitsberaubung nach § 239 StGB(vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Auch mit einem nach § 4 GewSchG strafbaren Verhalten muss eine körperliche Gewaltanwendung einhergehen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bejahen zu können(offen gelassen für die Freiheitsberaubung, vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Aus einem Verstoß gegen eine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG kann nämlich nicht ohne Weiteres auf eine objektive Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit oder des Lebens des Opfers durch eine Tätlichkeit geschlossen werden.
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3. Gemessen an diesen Kriterien ist es dem erkennenden Senat anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht möglich, abschließend zu beurteilen, inwiefern die einzelnen Stalkinghandlungen des H. vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe gegen die Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellen.
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a) Eine Wertung als tätlicher Angriff scheidet allerdings von vornherein für alle Telefonate, SMS, Briefe, Karten, Geschenke und dergleichen sowie für das bloße Klingeln an der Haustür der Klägerin aus, wodurch H. die Klägerin allerdings in erheblicher Weise belästigt hat. Denn insoweit fehlt es an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung auch soweit einzelne Mitteilungen ernste Drohungen enthielten. Entsprechend verhält es sich mit den von H. missbräuchlich veranlassten Notfalleinsätzen, Dienstleistungen oder Lieferungen zur Wohnung der Klägerin, zumal die beauftragten Personen - soweit ersichtlich - in keiner Weise gegenüber der Klägerin gewalttätig geworden sind.
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b) Nach den festgestellten Gegebenheiten kann es nur bei persönlichen Begegnungen des H. mit der Klägerin zu einem tätlichen Angriff gekommen sein. Dabei ist es nach den Feststellungen des LSG wiederholt zu Drohungen und Belästigungen gekommen. Inwieweit eine Gewaltanwendung durch H. unmittelbar bevorstand, lässt sich den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen weitestgehend nicht entnehmen, zumal es nach der Rechtsauffassung des LSG nicht darauf ankam.
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Eine gewisse Sonderstellung nimmt das Geschehen am 18.7.2003 ein. Unter ständigem Einreden auf die Klägerin ist H. ihr an diesem Tag vom Hauseingang ihrer Wohnung gefolgt und mit ihr in demselben Bus gefahren, bis er sie vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts am Arm festgehalten und zu sich umgerissen hat. Hierin könnte ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen sein. Jedenfalls liegt es nahe, eine strafbare, unmittelbar auf den Körper der Klägerin zielende gewaltsame Einwirkung anzunehmen.
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Die Handlung des H. ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 4 GewSchG strafbar, da sie zeitlich vor der Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 liegt. Vielmehr kommt eine Strafbarkeit als Nötigung gemäß § 240 Abs 1 StGB in Betracht, da H. die Klägerin gegen ihren klar erkennbaren Willen durch körperliche Gewalt am Fortgehen gehindert hat. Diese - an sich nicht gravierende - Gewaltanwendung dürfte unter normalen Umständen zwischenmenschlicher Auseinandersetzungen in aller Regel nicht verwerflich iS des § 240 Abs 2 StGB sein(vgl zur umstrittenen Anwendung und Auslegung der Verwerflichkeitsklausel jüngst BVerfG Kammerbeschluss vom 7.3.2011 - 1 BvR 388/05 - juris RdNr 38 ff). Dies gilt angesichts der vorangegangenen Drohungen und Belästigungen durch H. seit Oktober 2001 im vorliegenden Fall hingegen nicht. Fraglich könnte allerdings sein, ob unter Berücksichtigung der Umstände des Tatgeschehens aus der Sicht eines objektiven vernünftigen Dritten eine hinreichende Gefahr für Leib oder Leben der Klägerin anzunehmen ist. Diese Feststellung obliegt der tatrichterlichen Würdigung, die der Senat im Revisionsverfahren nicht vornehmen kann (vgl § 163 SGG).
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Etwas anders verhält es sich mit den Vorgängen am 2. und 3.10.2003. An diesen Tagen hat H. auf die Klägerin vor ihrer Wohnungstür gewartet und ist ihr beim Verlassen des Hauses entgegengegangen, mit der Folge, dass die Klägerin in ihr Haus zurückgekehrt ist und sich zur Arbeit hat abholen lassen. Mit dieser Handlung hat H. in strafbarer Weise gegen die Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 verstoßen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen des LSG ist darin jedoch noch keine körperliche Gewaltanwendung gegenüber der Klägerin und damit kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen. Allein die Annäherung des H. kann - ohne Hinzutreten weiterer Umstände (zB Drohungen, aggressives Verhalten etc) - nicht als eine unmittelbar auf den Körper zielende Einwirkung gewertet werden.
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4. Da der erkennende Senat die danach noch fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Soweit das LSG nach weiteren Ermittlungen hinsichtlich einzelner Begegnungen der Klägerin mit H. zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG oder sogar von mehreren derartigen Angriffen geworden ist, wird es nach der entschädigungsrechtlichen Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung die Frage eines wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen den betreffenden schädigenden Vorgängen und der bei der Klägerin bestehenden psychischen Krankheit zu prüfen haben. Hierbei ist in aller Regel die Hinzuziehung medizinischen Sachverstands erforderlich.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2012 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. April 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin bei einem Banküberfall Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.
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Die 1985 geborene Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Bank beschäftigt. Am 13.2.2009 wurde sie während ihrer Tätigkeit bei einem Banküberfall von dem Täter (S.) mit einer ungeladenen, jedoch wie eine echte Schusswaffe aussehenden Schreckschusspistole bedroht. S. richtete dabei die Waffe aus naher Entfernung deutlich sichtbar zunächst auf den Kollegen K. der Klägerin und forderte diesen auf, Bargeld in die mitgebrachte Stofftasche zu packen und ihm zu übergeben. K. und die Klägerin, die an einem Schreibtisch hinter dem Kundenschalter saß, gingen von der Echtheit der ihnen vorgehaltenen vermeintlichen Schusswaffe aus und fürchteten um ihr Leben. Nach der Tat war die Klägerin zwei Wochen arbeitsunfähig krank und wurde psychologisch behandelt. Aufgrund dieses Vorganges wurde S. vom Landgericht H. wegen schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 253, 255, 250 Abs 1 Nr 1b Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
- 3
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Der Antrag der Klägerin auf Entschädigung nach dem OEG blieb erfolglos (Bescheid des Beklagten vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010). Klage und Berufung sind für die Klägerin hingegen erfolgreich gewesen (Gerichtsbescheid des SG Heilbronn vom 23.4.2012 - S 2 VG 976/10 - und Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2012 - L 6 VG 2210/12).
- 4
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Das LSG hat die beigezogenen Überwachungsvideos vom Banküberfall in Augenschein genommen und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten zuvor den Streitgegenstand übereinstimmend auf die Feststellung beschränkt hatten, ob die Klägerin Opfer eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG geworden ist. Das SG habe der Klage zu Recht stattgegeben, weil die Klägerin am 13.2.2009 Opfer eines Banküberfalles geworden sei. Hierbei handele es sich um einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff (auch) gegenüber der Klägerin. Der Annahme eines tätlichen Angriffs stehe nicht entgegen, dass S. hierbei "nur" eine Schreckschusspistole bei sich geführt und damit beide Bankangestellten bedroht habe, weil es sich hierbei um eine täuschend echt aussehende Attrappe gehandelt habe. S. sei wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden, dh wegen eines erschwerten Falles einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leben oder Leib iS des § 255 StGB. S. habe, wenn auch nicht durch unmittelbaren Körperkontakt, körperlich auf die Klägerin eingewirkt, da er sie durch die gezielte Bedrohung zur Aufgabe ihrer Bewegungsfreiheit gezwungen habe. Hierzu habe er ein physisches Mittel eingesetzt, das aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten als einsatzfähige Schusswaffe angesehen worden wäre. Mit dieser Waffe habe S. ua auf die Klägerin gezielt; aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten habe kein Zweifel daran bestehen können, dass S. bereit gewesen sei, mit der Waffe auf die Klägerin zu schießen. Für die Klägerin habe nicht nur aus deren Sicht, sondern auch aus der maßgeblichen objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten akute Leibes- und Lebensgefahr bestanden, die sich jederzeit hätte realisieren können. Es liege andererseits eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor, würde der mit einer geladenen und entsicherten Schusswaffe Bedrohte dem Schutz des OEG unterstellt, derjenige aber, der auch aus Sicht eines vernünftigen Dritten derselben Gefahrenlage ausgesetzt ist und deshalb zB beim Fluchtversuch oder einer Notwehrhandlung zu Schaden komme, vom Anwendungsbereich des OEG ausgenommen (Urteil vom 13.12.2012).
- 5
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Mit seiner Revision rügt das beklagte Land eine Verletzung von § 1 Abs 1 S 1 OEG. Bei der Drohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole und somit einer lediglich vorgetäuschten, vermeintlichen Gefährdungssituation könne ein tätlicher Angriff nicht angenommen werden. Die vom Täter benutzte Waffe sei objektiv nicht geeignet gewesen, das Leben oder die körperliche Integrität der Klägerin zu gefährden. Eine intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung reiche insoweit nicht aus.
- 6
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Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.12.2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.4.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das in der Berufungsinstanz reduzierte isolierte Feststellungsbegehren der Klägerin, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist, ist bereits unzulässig(dazu unter 1.). Aber auch die vor dem SG noch zulässig erhobene Klage ist unbegründet, weil die Klägerin am 13.2.2009 nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist(dazu unter 2.). Die bloße Bedrohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole erfüllt die Voraussetzungen eines tätlichen Angriffs nicht. Eine erweiternde Auslegung von § 1 Abs 1 S 1 OEG kommt nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Betracht. Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Entsprechend waren der Gerichtsbescheid des SG vom 23.4.2012 sowie das Urteil des LSG vom 13.12.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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1. Die Klägerin konnte ihr Begehren in der Berufungsinstanz nicht zulässig auf die isolierte Feststellung und Antwort auf die Rechtsfrage beschränken, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei.
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a) Das SG hatte im Tenor seines Gerichtsbescheids noch festgestellt, dass das bei der Klägerin vorliegende posttraumatische Belastungssyndrom Folge eines tätlichen Angriffs sei. Im Berufungsverfahren stellte das LSG fest, dass es insoweit an ausreichenden Tatsachenfeststellungen fehlte. Das LSG wies die Beteiligten hierauf hin und veranlasste sie, sich darüber zu einigen, dass streitgegenständlich lediglich die Feststellung des schädigenden Ereignisses sein solle. Auf entsprechende Frage des Gerichts verzichtete die anwaltlich vertretene Klägerin sodann insoweit auf die Rechte aus dem Gerichtsbescheid, als darin ein posttraumatisches Belastungssyndrom festgestellt war.
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Das LSG hätte in dieser prozessualen Situation in der Sache nicht mehr entscheiden dürfen. Die Klägerin konnte ihre vor dem SG ursprünglich zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG; vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 3b und 13) im Berufungsverfahren nicht in zulässiger Weise auf die isolierte Feststellung beschränken, sie sei am 13.2.2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden. Ihr Feststellungsbegehren kann weder auf § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(dazu unter b) noch auf § 55 Abs 1 Nr 1 SGG(dazu unter c) gestützt werden, weil nur eine isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen im Sinne des OEG zulässig ist, nicht aber die Klärung einzelner Elemente als Vorfrage des Anspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 OEG.
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b) Nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Vorschrift ist ein Sonderfall der grundsätzlich unzulässigen Elementenfeststellungsklage (vgl hierzu allgemein: Keller, aaO, RdNr 9 f und 13 mwN). Sie dient der Klärung der haftungsbegründenden Kausalität, dh ob zwischen einer Schädigung im Sinne des BVG bzw des sozialen Entschädigungsrechts und dem Eintritt eines Primär- oder Erstschadens ein hinreichender Kausal- bzw Zurechnungszusammenhang besteht (vgl BSG Urteile vom 9.12.1998 - B 9 V 46/97 R - BSGE 83, 171 = SozR 3-3100 § 7 Nr 5, RdNr 11 nach Juris und - B 9 V 45/97 R - SozR 3-1500 § 141 Nr 6, RdNr 11 nach Juris). Der Senat hat zuletzt mit Urteil vom 29.4.2010 (B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 23 mwN) klargestellt, dass dies insbesondere dann von Bedeutung sein kann, wenn die eingetretene Gesundheitsstörung aktuell keinen Leistungsanspruch auslöst. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen (zB Heilbehandlung) sein (vgl auch Keller, aaO, RdNr 13, 13a mwN). Vor diesem Hintergrund hätte für die Klägerin rechtlich keine Veranlassung bestanden, ihr Klagebegehren zu reduzieren.
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Eine isolierte Feststellungsklage kommt auf der Grundlage des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG aber dann nicht in Betracht, wenn mit ihr nur die selbstständige Feststellung des Vorliegens anderer als in der Vorschrift genannter Tatbestandselemente des geltend gemachten Anspruchs begehrt wird(vgl BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 72 f mwN). Die Feststellung, ob ein bestimmtes Ereignis (hier: der Tathergang des Banküberfalls) ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, kommt nur im Zusammenhang mit der Feststellung bestimmter Schädigungsfolgen in Betracht. Liegen solche erkennbar nicht vor oder werden sie - wie vorliegend nicht (mehr) geltend gemacht - könnte die isolierte Feststellungsklage nur der Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage dienen. Selbst wenn diese im Sinne der Klägerin zu beantworten wäre, könnte dies als bloßes Teilelement der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG ohne Schädigungsfolgen keinerlei Ansprüche auslösen. Denn ein Vorgang, der keinen Körperschaden ausgelöst hat, führt nicht zur "Haftung" des Staates (vgl BSG, aaO).
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c) Ebenso scheidet eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG aus(aA LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 12.12.2007 - L 5 VG 15/05 - RdNr 25 Juris; vgl allgemein Keller, aaO, RdNr 13b). Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden(vgl Keller, aaO, RdNr 4). Ein derartiges öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis entsteht aber nicht bereits durch die bloße Feststellung der Vorfrage zu § 1 Abs 1 S 1 OEG, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff in diesem Sinne vorgelegen hat. Zwar hat das BSG eine "isolierte" Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für zulässig erachtet, wenn es um die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen geht, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls(§ 8 SGB VII) oder einer Berufskrankheit (§ 9 SGB VII) bestritten wird (vgl beispielhaft BSG Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 RdNr 12 f mwN; s auch Darstellung der Rechtsprechung bei Keller, aaO, RdNr 13b). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die hier vorliegende rechtliche Konstellation im sozialen Entschädigungsrecht scheidet aus den oben genannten Gründen aus; die bloße Feststellung des schädigenden Vorgangs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG begründet noch kein Leistungs- oder sonstiges Rechtsverhältnis nach dem BVG bzw sozialem Entschädigungsrecht.
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Ob das LSG auf die Berufung des beklagten Landes den Gerichtsbescheid des SG aufheben und die Klage aus den genannten Gründen hätte abweisen können, nachdem es das Begehren der Klägerin selbst auf eine - im vorliegenden Fall unzulässige - isolierte Feststellungsklage beschränken ließ, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte das LSG den Gerichtsbescheid aufgrund der festgestellten Tatsachen auch in der Sache aufheben und die Klage abweisen müssen. Denn die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG und damit auch für einen Anspruch auf Versorgung liegen nicht vor(dazu unter 2.).
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2. Die vom SG noch zu Recht für zulässig erachtete Klage war in der Sache materiell-rechtlich unbegründet, weil kein tätlicher Angriff vorgelegen hat.
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Nach § 1 Abs 1 S 1 OEG(in der Fassung vom 11.5.1976, BGBl I 1181) erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Zwar sind nicht nur physische Beeinträchtigungen, sondern auch psychische Gesundheitsschäden geeignet, einen Opferentschädigungsanspruch auszulösen. Sowohl physische als auch psychische Gesundheitsschäden müssen jedoch auf einen "tätlichen Angriff" zurückzuführen sein. Insoweit ist entscheidend, ob der Primärschaden und eventuelle Folgeschäden gerade die zurechenbare Folge einer körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person sind. Die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht für einen tätlichen Angriff dagegen nicht aus, auch wenn diese Drohung beim Opfer erhebliche gesundheitliche Folgen haben sollte.
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a) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung als einen "tätlichen Angriff" grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen (vgl zB Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN; Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 14 mwN) und die Entwicklung der Auslegung dieses Rechtsbegriffs zuletzt im Rahmen der Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff) und hinsichtlich des gesellschaftlichen Phänomens des "Stalking" umfassend dargelegt (vgl Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 33 ff). Dabei ist der Senat immer davon ausgegangen, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert(vgl BSG, aaO, RdNr 32 mwN). Der Senat ist dabei soweit gegangen, eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer für einen tätlichen Angriff genügen zu lassen, als sie zumindest mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter noch im Wege stand, sodass der Angriff nicht lediglich auf einer Drohung, sondern auch auf Anwendung tätlicher Gewalt basierte (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11).
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Soweit - wie im vorliegenden Fall - eine "gewaltsame" Einwirkung in Frage steht, ist nach der Senatsrechtsprechung schon immer zu berücksichtigen gewesen, "dass der Gesetzgeber durch den Begriff des 'tätlichen Angriffs' den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat"(BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18
, RdNr 36; vgl auch: BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 240 RdNr 8 ff mwN) wird der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt(vgl insbesondere Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f) und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein. Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft(vgl Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 113 RdNr 23; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 36 mwN).; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 ; s auch Darstellung bei Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigung anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 131 f)
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Der "tätliche Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG setzt trotz seiner inhaltlichen Nähe zur Gewalttätigkeit nach § 125 StGB auch nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus, sodass auch ein nicht zum (körperlichen) Widerstand fähiges Opfer von Straftaten unter dem Schutz des OEG steht(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 37 mwN).
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Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, zB eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht aus(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97, 114 = SozR, aaO, RdNr 41 und 62 f), auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und zB seelische Gesundheitsschäden davonträgt. Demgemäß hat der Senat eine Wertung als tätlicher Angriff auch für Telefonate, SMS, Briefe, Karten und dergleichen abgelehnt, weil es insoweit bereits an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung fehlte (vgl BSG, aaO, RdNr 71). Der Senat sah schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation als erreicht an, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen (vgl zuletzt: Beschlüsse vom 25.2.2014 - B 9 V 65/13 B - und vom 17. bzw 22.9.2014 - B 9 V 27 bis 29/14 B -, jeweils zu RdNr 6, wo den Opfern einer Erpressung ua damit gedroht wurde, Familienangehörige umzubringen und das Haus anzuzünden). Der Senat präzisiert dies dahingehend, dass ein tätlicher Angriff dann nicht vorliegt, wenn es an einer unmittelbaren Gewaltanwendung fehlt (dazu unter b).
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b) Soweit der Senat darüber hinaus einen "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG auch noch in einem Fall angenommen hat, in dem der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, weil eine derartige Bedrohung das Leben und die Unversehrtheit des Opfers objektiv hoch gefährde(vgl BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 9 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), hält er hieran nicht mehr fest. Dies gilt auch für die Senatsrechtsprechung, die im Umkehrschluss die bloße Drohung zu schießen, mangels einer objektiv erhöhten Gefährdung des Bedrohten nicht hat ausreichen lassen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 20).
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Nach dieser Rechtsprechung läge im vorliegenden Fall ein tätlicher Angriff schon deshalb nicht vor, weil der Täter der Klägerin lediglich eine objektiv ungefährliche Schreckschusspistole vorhielt. Der Senat sieht sich vor dem Hintergrund der aktuell vorliegenden Konstellation im Verhältnis zu den Entscheidungen vom 24.7.2002 (B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 - "Drohung mit einer scharfgeladenen und entsicherten Schusswaffe") und vom 2.10.2008 (B 9 VG 2/07 R - "bloße Drohung zu schießen, ohne Besitz einer Schusswaffe") veranlasst, seine bisherige Rechtsprechung zu ändern: Der Senat lässt eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person auch ohne physische Einwirkung (Schläge, Schüsse, Stiche, Berührung etc) nicht mehr bereits aufgrund der objektiven Gefährlichkeit der Situation (zB Drohung mit geladener Schusswaffe) für die Annahme eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ausreichen. Für das Vorliegen eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Situation im Nachhinein als tatsächlich objektiv (lebens-)gefährlich erweist, weil die Waffe scharf geladen und entsichert war, oder als ungefährlich, weil es sich um eine bloße - echt aussehende - Schreckschusswaffe handelte. In diesen Fällen steht die Drohwirkung der vorgehaltenen Waffe auf das Opfer und dessen psychische Belastung in der konkreten Situation im Vordergrund; diese unterscheidet sich insoweit in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig nicht.
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Die psychische Wirkung (hier: Drohwirkung) einer Straftat und eine hieraus resultierende zB sogenannte posttraumatische Belastungsstörung ist im Opferentschädigungsrecht keineswegs unbeachtlich. Sie ist vielmehr insoweit von Bedeutung, als für die Frage des Vorliegens eines Gesundheitsschadens nicht nur physische, sondern auch psychische Schäden beachtlich sind. Allerdings kann die psychische Wirkung einer Straftat das Erfordernis des "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht ersetzen. Der eingetretene Schaden muss gerade auf einem solchen "tätlichen Angriff" und nicht - wie vorliegend - auf einer (bloßen) Drohung mit Gewalt beruhen. Bereits in seinem Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 47) hat der Senat klargestellt, dass entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung nicht darauf abzustellen ist, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so beispielhaft wohl Geschwinder, Der tätliche Angriff nach dem OEG, SGb 1985, 95, 96 zu Fußnote 17 und 18 mwN) oder welches Individualgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit und Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl insgesamt: BSG, aaO, RdNr 47 mwN zur Literatur). Fehlt es allerdings an einem tätlichen - körperlichen - Angriff, ergeben sich aus § 1 Abs 1 S 1 OEG für die Opfer allein psychischer Gewalt keine Entschädigungsansprüche(vgl hierzu allgemein: BSG, aaO, RdNr 49; Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 233, 235).
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c) Entscheidend für einen Anspruch nach § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob die Folgen eines bestimmten Ereignisses (Primärschaden oder eventuelle Folgeschäden) gerade die zurechenbare Folge eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind. Wie der Senat mit Beschlüssen vom 25.2.2014 (B 9 V 65/13 B) und vom 17.9.2014 bzw 22.9.2014 (B 9 V 27 bis 29/14 B, jeweils zu RdNr 6) zu schriftlichen Erpressungsversuchen bereits angedeutet hat, reicht die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung für einen tätlichen Angriff nicht aus. Denn dieser Umstand allein stellt über die psychische Wirkung hinaus noch keinen tatsächlichen physischen "Angriff" dar. Aus der Sicht eines objektiven Dritten wie auch des unwissenden Opfers kann es keinen Unterschied machen, ob eine Schusswaffe geladen, nicht geladen oder eine echt wirkende Attrappe ist. Der tätliche Angriff in Gestalt der körperlichen Einwirkung auf den Körper eines anderen beginnt in diesen Fallkonstellationen erst mit dem Abfeuern des Schusses oder dem Aufsetzen der Waffe auf den Körper des Opfers. Maßgeblich iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob ein tätlicher - körperlicher - Angriff tatsächlich begonnen hat.
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Daran fehlt es hier. Die auf die Klägerin als Opfer gerichtete Einwirkung beruhte ohne den Einsatz körperlicher Mittel allein auf einer intellektuell bzw psychisch vermittelten Beeinträchtigung. Die Klägerin sollte mit einer (hier: vorgetäuschten) Bedrohung für Leib oder Leben zu bestimmten Handlungen bzw Unterlassungen genötigt werden. Eine derartige Bedrohung stellt keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 44 mwN; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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d) Vor allem die Entwicklung der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs 1 S 1 OEG lässt nach dem Verständnis des Senats eine Erstreckung der Opferentschädigung auf die bloße Drohung mit Gewalt ohne Vorliegen eines tätlichen Angriffs nicht zu. Bereits nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.5.1974 war der bestimmende Grundgedanke für die Schaffung des OEG der Umstand, dass Gewaltopfern ein Aufopferungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und damit dem Staat zustehen sollte, weil es dieser nicht vermocht hat, die unschuldigen Opfer vor Gewalttaten zu schützen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10, 13). Damit sollte der Staat für die Unvollkommenheit staatlicher Verbrechensbekämpfung aus Solidarität für den von einer Gewalttat betroffenen Bürger eintreten (BT-Drucks 7/2506 S 10; s auch BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 101 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 2/78 - BSGE 49, 104, 105 = SozR 3800 § 2 Nr 1 mwN zur Gesetzesentwicklung; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 4/83 - BSGE 59, 40, 44 = SozR 3800 § 1 Nr 5; Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 1). Diese - auf Gewalt abzielende - inhaltliche Ausrichtung hat das Gesetz trotz einiger Erweiterungen seines Anwendungsbereiches (vgl dazu Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012 § 1 OEG RdNr 2 bis 6) bis heute beibehalten und wird "von dem Grundsatz der allgemeinen staatlichen Fürsorgepflicht getragen" (Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des OEG vom 17.3.2009, BT-Drucks 16/12273 S 6).
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Für das zentrale Tatbestandsmerkmal des "tätlichen Angriffs" war von Anfang an darauf verzichtet worden, auf das Strafrecht zurückzugreifen mit seinen vielfältigen und uneinheitlich weit gefassten Gewaltbegriffen (vgl zB Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigungen anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 132). Es sollten ausschließlich die Fälle der sogenannten "Gewaltkriminalität" in die Entschädigung einbezogen werden, die mit einem willentlichen Bruch der Rechtsordnung durch körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person einhergehen (BT-Drucks 7/2506 S 10). In Anlehnung an § 113 StGB hat der Gesetzgeber den "rechtswidrigen tätlichen Angriff gegen eine Person" als eine unmittelbare auf den Körper eines Menschen zielende feindselige Einwirkung verstanden und beim (vorsätzlichen) Tathergang als erforderlich angesehen, dass der Täter im Rahmen des bereits begonnenen tätlichen Angriffs auf einen Menschen zumindest Leib oder Leben eines anderen Menschen wenigstens fahrlässig gefährdet hat(BT-Drucks 7/2506 S 13, 14; zu aberratio ictus vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 11).
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Der Gesetzgeber hat es zudem ausdrücklich vermieden, strafrechtliche Tatbestände listenmäßig, wie zB die §§ 250, 253 und 255 StGB, zu benennen, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu der nach § 1 Abs 1 S 1 OEG allein zu berücksichtigenden körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person zu vermeiden(BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl auch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 10 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 25). Zwar kann auch Drohung mit Gewalt psychische Gesundheitsstörungen beim Betroffenen hervorrufen. Dieser ist aber nicht zu staatlicher Entschädigung berechtigtes Opfer krimineller Gewalt iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden, weil das Tatmittel nicht körperliche Gewalt ("tätlicher Angriff") gegen den Körper, sondern eine List oder Täuschung gewesen ist(zum Erfordernis "körperlicher Gewalt" vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 8, 32; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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e) Auch das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) gebietet keine erweiternde Auslegung des § 1 Abs 1 S 1 OEG. Gemäß Art 1 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt: "Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist." Hierzu hat der Senat bereits mit Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 48 f) ausgeführt, dass das Übereinkommen eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" nicht enthält (vgl auch Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14), sodass der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 S 1 OEG in zulässiger Weise von seinem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat. Ein weitergehender Anspruch lässt sich aus dem Übereinkommen nicht ableiten. Zudem hat der Senat auch ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber entsprechend den Zielen des Übereinkommens unbenommen sei, über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfasste Fallgestaltung hinaus auch Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG mit einzubeziehen (vgl BSG, aaO, RdNr 49 mwN).
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f) Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, den Begriff des tätlichen Angriffs über den mit Bedacht gewählten und bis heute beibehaltenen engen Wortsinn des OEG auf Straftaten zu erstrecken, bei denen es an einem solchen tätlichen Angriff fehlt, weil das strafbare Verhalten zB in einer Drohung mit Gewalt, Erpressung oder einer Täuschung besteht. Soweit im Schrifttum vereinzelt vertreten wird, dass die Regelungen im OEG im Hinblick auf die Opfer von Straftaten nicht mehr zeitgemäß seien und unter Einbeziehung von Opfern psychischer Gewalt aktualisiert werden müssten (vgl hierzu insbesondere die umfassenden Ausführungen von Brettel/Bartsch, Staatliche Opferentschädigung nur bei Gewalttaten? Zum Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes, MedSach 2014, 263 ff, 267 mwN), handelt es sich um rechtspolitische Forderungen an den Gesetzgeber. Entsprechend ersten Vorschlägen im Werkstattgespräch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 24.6.2014 zur Reform des sozialen Entschädigungsrechts gibt es im BMAS offenbar Überlegungen, dass zukünftig psychische Schäden in größerem Umfang vom Gesetzgeber erfasst werden könnten (vgl Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 235 ff mwN). Sollte der Gesetzgeber den Tatbestand des § 1 OEG im Hinblick auf solche Kritik(vgl hierzu insgesamt die Darstellung bei Doering-Striening, aaO, ASR 2014, 231; Brettel/Bartsch, aaO, MedSach 2014, 263) erweitern wollen, empfehlen sich aus der Sicht der Rechtsprechung zugleich Überlegungen, wie einer uferlosen Ausweitung von Opferentschädigungsansprüchen bei Erstreckung des OEG auf bloße Drohung mit Gewalt und psychische Einwirkungen auf das Opfer durch jedwede Straftat anderweitig als durch das Kriterium des tätlichen Angriffs entgegengewirkt werden kann.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob das Sozialgericht (SG) das damals zuständige (jetzt beigeladene) Land zu Recht verurteilt hat, eine bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS des § 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz
) festzustellen.
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Die am 2.10.1954 geborene Klägerin ließ sich im Jahr 2000 zwei Mal von einem Arzt für Gynäkologie operieren. Zunächst saugte dieser am 13.1.2000 im Rahmen eines kosmetischen Eingriffs Fett ab. Danach traten Komplikationen auf. Am 20.6.2000 versuchte der Arzt, eine bestehende Fettschürze zu korrigieren und saugte weiteres Fett ab. Nach diesem Eingriff kam es zu erheblichen Gesundheitsstörungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten.
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Zur Zeit der Operationen litt die Klägerin neben dem erheblichen Übergewicht an einer Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Darauf machte sie den Arzt vor den operativen Maßnahmen aufmerksam. Dieser wies sie sodann bewusst nicht darauf hin, dass angesichts der Vorerkrankungen bei den Operationen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen sei. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm bewusst war, dass die Klägerin sonst von den Operationen abgesehen hätte. Er dokumentierte weder ein Aufklärungsgespräch noch eine Einwilligung. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können.
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Das Landgericht Aachen verurteilte den Gynäkologen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 Strafgesetzbuch (StGB) aufgrund des operativen Eingriffs vom 13.1.2000 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie aufgrund des weiteren Eingriffs vom 20.6.2000 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Unter Einbeziehung zahlreicher weiterer Taten zum Nachteil anderer Patienten wurde der Gynäkologe zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt (rechtskräftiges Urteil vom 17.7.2002 - 61 KLs/42 Js 1109/00).
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Am 22.11.2003 beantragte die Klägerin beim seinerzeit zuständigen Versorgungsamt Aachen Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem OEG iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Diesen Antrag lehnte das Versorgungsamt nach Beiziehung des Strafurteils durch Bescheid vom 9.1.2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG lägen nicht vor. Das OEG bezwecke ausschließlich die Entschädigung von Kriminalitätsopfern, die vom Staat trotz des von diesem in Anspruch genommenen Gewaltmonopols im Einzelfall nicht ausreichend hätten geschützt werden können. Die hier der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden ärztlichen Kunstfehler seien von diesem Schutzzweck naturgemäß nicht erfasst. Es fehle an einer feindseligen Tendenz im Sinne des OEG. Den Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 22.6.2004 zurück.
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Das von der Klägerin angerufene SG Aachen hat nach Einholung mehrerer medizinischer Gutachten mit Urteil vom 21.12.2006 das (jetzt beigeladene) Land Nordrhein-Westfalen (NRW) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung "Zustand nach Abdominalplastik mit zwei großen quer verlaufenden Narben im Ober- und Unterbauch mit korrigiertem Nabel mit Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich" als durch ein schädigendes Ereignis iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hervorgerufene Gesundheitsstörung festzustellen. Die darüber hinausgehende Klage auf Gewährung von Versorgung hat das SG - mittlerweile (nach Rücknahme der Berufung der Klägerin) rechtskräftig - abgewiesen, weil die festgestellte Gesundheitsstörung lediglich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vH bedinge.
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Gegen seine Verurteilung hat das Land NRW Berufung eingelegt. Dieses Rechtsmittel ist nach Inkrafttreten des § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GVBl NRW 482,
) ab 1.1.2008 vom Landschaftsverband Rheinland weiter geführt und sodann vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) mit Urteil vom 21.5.2008 zurückgewiesen worden. Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:
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Zum 1.1.2008 sei ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Berufungsführer sei seitdem der Landschaftsverband Rheinland. Ob sich dieser als neuer Beklagter gegen die Anerkennung von Schädigungsfolgen wende oder dies dem notwendig beigeladenen Land als weiterhin materiell Verpflichtetem obliege, ändere am Tenor der Berufungsentscheidung nichts, denn weder das Land noch der Landschaftsverband hätten einen Anspruch auf Aufhebung des Urteils des SG.
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Zu Recht habe dieses die streitbefangenen ärztlichen Maßnahmen als tätliche Angriffe iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die der Senat sich zu eigen mache, habe der Gynäkologe die vor den Eingriffen notwendige Aufklärung aus finanziellen Motiven unterlassen. Er habe die Klägerin bewusst nicht darauf hingewiesen, dass angesichts der Vorerkrankungen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, während und nach den Operationen zu rechnen gewesen sei. Auch sei ihm klar gewesen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen die Operationen entschieden hätte. Dies habe der Gynäkologe zumindest billigend in Kauf genommen. Damit stellten die operativen Eingriffe tatbestandlich vorsätzliche Körperverletzungen iS des § 223 StGB dar, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) mangels wirksamer Einwilligung auch rechtswidrig gewesen seien. Eine wirksame Einwilligung liege danach nur vor, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden sei.
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Der Arzt habe durch die Operationen unmittelbar in die körperliche Integrität der Klägerin eingegriffen. Zwar habe er keinen Widerstand der Klägerin überwinden müssen. Diese Situation habe er sich jedoch nur verschaffen können, weil er die Klägerin zuvor über die Risiken der Operation und seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können, getäuscht habe. Ob zwischen dem Arzt und der Klägerin ein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden habe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die von dem Gynäkologen vorgenommenen Eingriffe stellten auch keine Heilbehandlung dar, denn es sei keine objektive Heiltendenz feststellbar. Zudem handle es sich bei der von § 1 Abs 1 OEG geforderten Feindseligkeit der Tathandlung nicht um eine innere Tatsache. Was feindselig sei, bestimme das Strafgesetz. Feindselig in diesem Sinne seien alle § 223 StGB zuzuordnenden, strafbewehrten Tathandlungen. Unschädlich sei, dass die im Rahmen der Operationen begangenen Kunst- und Behandlungsfehler nur fahrlässiger Natur gewesen seien.
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Die Klägerin habe durch die beiden durchgeführten Operationen eine gesundheitliche Schädigung erlitten, an deren Folgen sie fortdauernd leide. Art und Umfang der insoweit verbliebenen Gesundheitsstörung seien von den Beteiligten unstreitig gestellt worden.
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Der Beklagte macht mit seiner nach Zulassung durch den erkennenden Senat eingelegten Revision eine Verletzung von § 1 Abs 1 OEG geltend. Zur Begründung führt er ua aus:
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Durch die Regelungen des OEG wolle der Staat für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger insbesondere vor gesundheitlichen Schädigungen durch kriminelle Handlungen wie vor allem Gewalttaten einstehen. Im Lichte dieses Gesetzeszwecks seien auch die einzelnen Tatbestandsmerkmale auszulegen. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 OEG setze daher eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame, in der Regel auch handgreifliche Einwirkung voraus.
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An einer feindseligen Willensrichtung fehle es hier. Zwar hätten Eingriffe in die körperliche Integrität eines anderen grundsätzlich die Tendenz, diesen zum bloßen Objekt herabzuwürdigen; sie seien deshalb als feindselig zu werten. Wenn aber im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege, verliere der Eingriff in die körperliche Integrität seine feindselige Qualität. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin zwar ihre Einwilligung in beide Operationen gegeben habe, diese aber vom Täter erschlichen worden seien. Das LSG schließe ohne eigene Sachaufklärung aus den vom Landgericht in seinem Strafurteil benannten Motiven für das Erschleichen der Einwilligung und aus der Tatsache der strafrechtlichen Verurteilung, dass der Gynäkologe keine Heilbehandlung vorgenommen habe, weil die Eingriffe nicht zur Heilung geeignet gewesen seien. Letzteres lasse sich aber den einschlägigen Passagen des Landgerichtsurteils nicht entnehmen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Operateur der Klägerin insofern rechtsfeindlich gesonnen gewesen sei, als er sie dauerhaft habe schädigen wollen. Eine rechtsfeindliche Willensrichtung lasse sich zwar für die fehlerhafte Aufklärung über die Operationsrisiken bejahen. Hieraus resultiere aber nicht gleichzeitig eine rechtsfeindliche Willensrichtung hinsichtlich der anschließenden Operationen. Das Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte nur dann die Annahme einer feindseligen Willensrichtung hinsichtlich des operativen Eingriffs, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe.
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Der Beklagte beantragt,
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die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.5.2008 und des Sozialgerichts Aachen vom 21.12.2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.
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Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland hat wie folgt Stellung genommen: Generell liege bei ärztlichen Kunstfehlern keine Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG vor. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung führe zwar in der Regel auch zur Bejahung eines tätlichen Angriffs. Jedoch sei dies nicht zwangsläufig so. Zusätzlich sei nämlich auch ein tätlicher Angriff in feindseliger Willensrichtung erforderlich. Daran fehle es im konkreten Fall. Das LSG habe den feindseligen Akt wohl im Erschleichen der Einwilligung durch bewusst unzureichende Aufklärung gesehen. Es leuchte jedoch nicht ein, warum ein tätlicher Angriff im Sinne des OEG davon abhängen solle, dass der Arzt die Patientin mit Eventualvorsatz unzureichend aufgeklärt habe. Mit einer solchen Argumentation könne praktisch jeder ärztliche Heileingriff, bei dem eine wirksame Einwilligung fehle, als OEG-Fall anerkannt werden, und zwar selbst dann, wenn der ärztliche Eingriff richtig und erfolgreich ausgeführt worden sei und ein Kunstfehler daher überhaupt nicht vorliege. Eine entsprechende Ausweitung des vom OEG erfassten Personenkreises sei vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Die Rechtsentwicklung zum Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern lasse sich auf den Bereich ärztlicher Kunstfehler nicht anwenden. Die tatbestandliche Ausgangslage sei eine gänzlich andere.
Entscheidungsgründe
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1. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Richtiger Beklagter und Revisionskläger ist nunmehr der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland.
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a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass es mit Inkrafttreten von § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz zum 1.1.2008 im Verlauf des Berufungsverfahrens zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes auf der Beklagtenseite gekommen ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 13 f; BSG, Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, jeweils RdNr 20; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - juris RdNr 21; BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R -, juris RdNr 22; BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG, Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 26). Durch § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz wurden die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung vom 1.1.2008 rechtswirksam auf die Landschaftsverbände übertragen. Ab diesem Zeitpunkt ist der für die Klägerin örtlich zuständige Landschaftsverband Rheinland gemäß § 6 Abs 1 OEG für die Versorgung nach diesem Gesetz zuständig.
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b) Das LSG hat den Landschaftsverband Rheinland selbst als Beklagten behandelt. Die Klägerin hat ihre Klage im Verlauf des Revisionsverfahrens umgestellt und nunmehr gegen die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligtenfähige Behörde - den Direktor des Landschaftsverbandes - gerichtet. Mit dieser Umstellung trägt sie der Rechtsprechung des 8. Senats des BSG Rechnung, wonach die Klage zwingend gegen die nach § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärte Behörde zu richten ist, wenn ein Land - wie hier Nordrhein-Westfalen durch § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG - das Behördenprinzip eingeführt hat (vgl BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14). Demgegenüber hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten (vgl Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - juris RdNr 21), dass die nach § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähige juristische Person (hier der Landschaftsverband Rheinland) diese Fähigkeit nicht dadurch verliert, dass die für sie handelnde Behörde (hier der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland) durch Landesrecht iS des § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärt worden ist. Zur Vermeidung einer Divergenz hat der erkennende Senat deshalb eine Umstellung der Klage angeregt; dem steht § 168 Satz 1 SGG nicht entgegen, weil sich der Klagegrund, also der dem Klageantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt, nicht geändert hat(vgl § 99 Abs 3 SGG).
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2. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht dessen Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, mit dem dieses die entgegenstehende ablehnende Verwaltungsentscheidung aufgehoben und das seinerzeit beklagte Land zur Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG verurteilt hat. Eine Rechtskraft dieser Entscheidung erstreckt sich gemäß § 141 Abs 1 Nr 1 SGG auf den jetzigen Beklagten.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG)geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG(idF vom 11.5.1976, BGBl I 1181). Danach erhält ua derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Reicht - wie hier - der Grad der Schädigungsfolgen für einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente nicht aus (vgl § 31 Abs 1 BVG), hat der Beschädigte nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG einen Anspruch auf isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen sein, zB Ansprüche auf Heilbehandlung wegen der anerkannten Folgen einer Schädigung (vgl zum BVG bereits BSGE 9, 80, 83 f = SozR Nr 17 zu § 55 SGG; BSGE 12, 25, 26; BSGE 27, 22, 23 = SozR Nr 59 zu § 77 SGG; BSG, Urteil vom 2.6.1970 - 10 RV 69/68 - KOV 1971, 170; zum Soldatenversorgungsgesetz etwa BSGE 57, 171, 172 = SozR 1500 § 55 Nr 24 S 17; BSGE 68, 128, 129 f = SozR 3-3200 § 81 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 39; BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 73; zum OEG etwa BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9/9a RVg 4/92 - BSGE 77, 1, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 4 S 15).
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Wie SG und LSG im Ergebnis zutreffend erkannt haben, steht der Klägerin gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nach den Umständen des vorliegenden Falles ein Anspruch auf Feststellung der Gesundheitsstörungen zu, die Folgen der im Jahre 2000 von dem Gynäkologen durchgeführten Schönheitsoperationen sind. Denn diese ärztlichen Eingriffe sind als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu werten. Der erkennende Senat legt dabei zunächst seine bisherige Rechtsprechung zum Rechtsbegriff "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" zugrunde (dazu unter a). Darüber hinaus ist die Rechtsprechung des BGH zur Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung von Bedeutung (dazu unter b). Für diesen Bereich entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung dahin weiter, dass ein ärztlicher Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen als tätlicher Angriff anzusehen ist (dazu unter c). Diese Voraussetzungen liegen nach den für den Senat verbindlichen Tatsachenfeststellungen hier vor (dazu unter d).
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a) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat sich im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen entwickelt. Sie hat sich weitgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst und entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abgestellt. Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Betrachtungsweisen zugrunde gelegt. Leitlinie des erkennenden Senats war insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei in aller Regel die Angriffshandlung den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (vgl BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 f; BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f; BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f und zuletzt BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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Im Einzelnen hat der erkennende Senat bislang zu folgenden Fallkonstellationen entschieden:
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Zunächst hat er unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines OEG (BT-Drucks 7/2506 S 13) für die Annahme einer Angriffshandlung eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung verlangt und deshalb einen tätlichen Angriff bei der Flucht vor einem Einbrecher verneint (BSG, Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 99 f = SozR 3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Diese Rechtsprechung hat er später dahingehend präzisiert, dass unter einem tätlichen Angriff ein gewaltsames, handgreifliches Vorgehen gegen eine Person in kämpferischer, feindseliger Absicht zu verstehen ist, nicht jedoch sozial angemessenes Verhalten, wie das Hochheben einer jungen Frau auf einem Straßenfest (BSG, Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 ff = SozR 3800 § 1 Nr 6 S 18 ff).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat dann den Begriff des tätlichen Angriffs umfassender im Sinne von Rechtsfeindlichkeit verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat war allein entscheidend, dass die Begehensweise, nämlich sexuelle Handlungen, eine Straftat war, deretwegen die Täter in diesen Fällen auch bestraft worden sind (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f; BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f; ähnlich auch bei einer Aids-Infektion durch ungeschützten Geschlechtsverkehr: BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18, 19 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 S 7).
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Auch eine absichtliche Blockade mit einem Kraftfahrzeug ist als tätlicher Angriff angesehen worden, wenn das Opfer dem gegen ihn gerichteten körperlichen Angriff durch Ausweichen oder Flucht entgehen will und dadurch zu Schaden kommt. Der Senat hat es für genügend erachtet, dass das Handeln des Angreifers vorsätzlich und auf Rechtsbruch gerichtet war. In der Regel reicht danach der vorsätzliche rechtswidrige Angriff gegen die körperliche Integrität oder die körperliche Bewegungsfreiheit aus, um den Tatbestand (des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG) zu erfüllen (BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f).
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Ebenso hat es der erkennende Senat beim Zünden eines Feuerwerkskörpers durch einen unbekannt gebliebenen Täter ausreichen lassen, dass das Verhalten des Täters auf Rechtsbruch gerichtet war und dadurch seine Rechtsfeindlichkeit erkennen ließ. Rechtsfeindlich handele, wer vorsätzlich und rechtswidrig einen Angriff gegen die körperliche Integrität eines anderen richte (BSG, Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714).
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Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zur Gewalt gegen Sachen verbunden mit Drohungen gegenüber dem Opfer fortgeführt: Er ist dort zwar davon ausgegangen, dass ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende, gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung erfordert. Zugleich hat er jedoch klargestellt, dass nicht ein aggressives Verhalten, sondern die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des "tätlichen Angriffs" maßgeblich ist. Bei Drohungen gegenüber dem Opfer verbunden mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache hat er es deshalb als entscheidend angesehen, ob aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten ein unmittelbares Ansetzen zu einer gezielten Gewaltanwendung gegen eine Person gegeben ist (BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38 f, ähnlich BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 zur Verletzungshandlung eines strafrechtlich schuldunfähigen, aber handlungsfähigen Kindes).
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In seiner Entscheidung zur Verletzung durch Signalmunition in einer Silvesternacht hat der Senat ein zielgerichtetes, vorsätzliches, aggressives Verhalten gegen eine bestimmte Person nicht für erforderlich gehalten, sondern es für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" ausreichen lassen, dass sich der Angriff gegen andere Personen als das Opfer gerichtet hat (BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 ff). Weiter ist in dieser Entscheidung ausgeführt worden, dass die "Feindseligkeit", die den "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 OEG kennzeichnet, schon dann zu bejahen ist, wenn mit der Einwirkung auf den Körper des Opfers - zumindest versuchsweise - vorsätzlich ein Straftatbestand verwirklicht wird. "Feindselig" handelt der Täter auch dann, wenn er unter Verstoß gegen ein Strafgesetz vorsätzlich auf den Körper eines anderen einwirkt (BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46).
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass nur bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten werden könne; tätliche Angriffe lägen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt werde, wie zB durch einen Fußtritt (BSG, Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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In dem Fall einer Bedrohung mit einer scharf geladenen, entsicherten Schusswaffe hat der erkennende Senat, anknüpfend an sein Urteil vom 10.9.1997 (BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11), als tätlichen Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen. Er hat darauf hingewiesen, dass in aller Regel die Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG den Tatbestand einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllen wird. Daneben seien aber auch Begehungsweisen denkbar, bei denen kein strafrechtlich relevanter Erfolg angestrebt werde. Es sei nicht einmal die körperliche Berührung oder auch nur ein darauf zielender Vorsatz erforderlich. Bereits die absichtliche, rechtswidrige Bedrohung eines anderen mit einer scharf geladenen entsicherten Schusswaffe stellt danach einen tätlichen Angriff dar (BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f). Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zum Entfernen eines Gullydeckels fortgeführt und darin unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12) weiter festgestellt, dass eine Handlung dann nicht als tätlicher Angriff gegen eine Person angesehen werden kann, wenn ihr die erforderliche unmittelbare (feindliche) Ausrichtung auf andere Menschen fehlt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f). An diese Rechtsprechung hat der Senat auch in seiner Entscheidung zur körperlichen Durchsuchung einer Person durch falsche Polizeibeamte angeknüpft (BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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In Bezug auf eine Kindesentziehung durch List hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, dass der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Weise ausgelegt worden ist, dass er auch ohne Gewaltanwendung die Ausübung des Geschlechtsverkehrs eines erwachsenen Mannes mit einem Kind unter 14 Jahren erfasst. Bei einer Kindesentziehung hat der Senat jedoch ein entsprechendes Begriffsverständnis abgelehnt, weil dies zu einer Ausweitung der vom OEG erfassten Tatbestände führen würde, die mit der auf eine körperliche Gewaltanwendung abstellenden gesetzgeberischen Konzeption unvereinbar wäre. Eine erweiternde Auslegung ist auch nicht zum Schutz des betroffenen Kindes geboten (vgl BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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In seiner Entscheidung zur Freiheitsberaubung hat der erkennende Senat ebenfalls maßgeblich darauf abgestellt, dass die Grenze zur Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG jedenfalls dann überschritten ist, wenn eine Person durch Mittel körperlicher Gewalt ihrer Freiheit beraubt und/oder dieser Zustand durch Tätlichkeiten aufrecht erhalten wird(BSG, Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13).
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Schließlich hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung zu einem möglichen tätlichen Angriff eines 4 ½ jährigen Kindes gegen ein anderes Kind unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12)erneut hervorgehoben, dass der als "feindselige" Einwirkung auf den Körper eines anderen definierte tätliche Angriff lediglich erfordert, dass (objektiv) gegen ein Strafgesetz verstoßen wird, das die körperliche Unversehrtheit eines anderen schützt. Dies kann bei einem Stoßen ins Wasser unter Umständen der Fall sein (vgl BSG, Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17).
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b) Grundvoraussetzung für die Bewertung eines ärztlichen Eingriffs als "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG ist danach, dass dieser als vorsätzliche Körperverletzung strafbar ist. Deshalb ist die einschlägige Rechtsprechung der Strafgerichte, insbesondere des BGH, zu beachten. Danach erfüllt jeder ärztliche Eingriff den Tatbestand einer (vorsätzlichen) Körperverletzung iS des § 223 Abs 1 StGB. Er bedarf grundsätzlich der Einwilligung, um rechtmäßig zu sein. Diese Einwilligung kann nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden ist. Aufklärungsmängel können eine Strafbarkeit des Arztes wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung jedoch nur begründen, wenn der Patient bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht in den Eingriff eingewilligt hätte. Das Fehlen einer "hypothetischen Einwilligung" ist dem Arzt nachzuweisen. Eine Beschränkung der Strafbarkeit kann sich zudem unter dem Gesichtspunkt des Schutzzweckgedankens ergeben, wenn sich ein Risiko realisiert, das nicht in den Schutzbereich der verletzten Aufklärungspflicht fällt. Dies wird etwa dann in Betracht zu ziehen sein, wenn sich der Aufklärungsmangel lediglich aus dem unterlassenen Hinweis auf Behandlungsalternativen ergibt, der Patient jedoch eine Grundaufklärung über die Art sowie den Schweregrad des Eingriffs erhalten hat und auch über die schwerstmögliche Beeinträchtigung informiert ist (vgl aus der neueren Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 29.6.1995 - 4 StR 760/94 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 4 = MedR 1996, 22, 24
; BGH, Urteil vom 19.11.1997 - 3 StR 271/97 - BGHSt 43, 306, 308 f = NJW 1998, 1802, 1803; BGH, Beschluss vom 15.10.2003 - 1 StR 300/03 - JR 2004, 251, 252 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469, 470; BGH, Urteil vom ; BGH, Urteil vom 5.7.2007 - 4 StR 549/06 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 8 = MedR 2008, 158, 159 .; BGH, Urteil vom 23.10.2007 - 1 StR 238/07 - MedR 2008, 435, 436 <"Turboentzug">; dazu auch Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 9, 15 ff, § 228 RdNr 12 ff)
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c) Der erkennende Senat entwickelt seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für die besondere Fallkonstellation des als vorsätzliche Körperverletzung strafbaren ärztlichen Eingriffs weiter.
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In aller Regel wird zwar eine Handlung, die den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt, eine Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG sein. Die Verletzungshandlung im OEG hat jedoch durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" - allerdings in Anknüpfung an die Vorschriften des StGB - eine eigenständige gesetzliche Ausprägung gefunden (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56). Das bedeutet, dass nicht jeder als vorsätzliche Körperverletzung strafbare ärztliche Eingriff zugleich ein "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung sein muss.
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Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass ärztliche Eingriffe - wie die gesamte Tätigkeit des Arztes - von einem Heilauftrag iS des § 1 Abs 1 Bundesärzteordnung(danach dient der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes; vgl dazu auch § 1 Abs 1 Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte) bestimmt werden (vgl hierzu Laufs in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl 2009, S 17 f; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl 2008, S 233 f). Ärztliche Eingriffe werden demnach grundsätzlich in der Absicht durchgeführt, zu heilen und nicht in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten einzuwirken. Zum anderen ergibt sich die Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung gerade aus der Verknüpfung von vorsätzlichem Aufklärungsmangel, Fehlen einer wirksamen Einwilligung und damit rechtswidrigem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung kann bei einem ärztlichen Eingriff bereits dann vorliegen, wenn der Arzt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat und der Patient die Einwilligung zum ärztlichen Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erteilt hätte. Es sind deshalb durchaus Fälle denkbar, bei denen der vorsätzliche Aufklärungsmangel zwar zu einer strafbaren vorsätzlichen Körperverletzung führt, es wegen einer vorhandenen Heilungsabsicht jedoch nicht gerechtfertigt ist, den ärztlichen Eingriff als eine gezielte gewaltsame Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten, mithin als eine feindselige Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG, zu bewerten(vgl etwa den der Entscheidung des BGH vom 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469 zugrunde liegenden Fall der Durchführung einer zweiten Operation zur Bergung einer bei der ersten Operation abgebrochenen Bohrerspitze bei unterlassener Aufklärung über Grund und Anlass der Maßnahme).
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Für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs müssen deshalb - neben der Strafbarkeit als Vorsatztat - bestimmte weitere Voraussetzungen hinzukommen, bei deren Vorliegen die Grenze zur Gewalttat, also zum "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff", überschritten ist. Nach Auffassung des erkennenden Senats wird ein Patient unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des OEG dann zum Gewaltopfer, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff objektiv - also aus der Sicht eines verständigen Dritten - in keiner Weise dem Wohl des Patienten dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen leiten lässt und die gesundheitlichen Belange des Patienten hintangestellt hat. Mit dem Abstellen auf das Wohl des Patienten werden neben den Fällen der Heilung einer behandlungsbedürftigen Erkrankung auch die Fälle reiner Schönheitsoperationen erfasst, also Fälle, in denen ohne jede medizinische Indikation allein den Schönheitsvorstellungen des Patienten dienende Eingriffe (s § 52 Abs 2 SGB V)vorgenommen werden.
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Soweit der Beklagte mit der Revision einwendet, das besondere Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte die Annahme einer feindseligen Willensrichtung bei einem operativen Eingriff nur dann, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe, vermag ihm der Senat nicht in vollem Umfang zu folgen. Allein der Umstand, dass ein in keiner Weise zum Wohle des Patienten handelnder Operateur Arzt ist, kann die Annahme einer feindseligen Haltung nicht ausschließen. Auch ein Vertrags- und Vertrauensverhältnis, das der Arzt in rücksichtsloser, krimineller Weise verletzt, hindert es nicht, eine feindselige Willensrichtung bei der Operation anzunehmen, wenn die vom Senat als maßgebend angesehenen Umstände vorliegen. Ebenso wenig greift der Einwand durch, dass der Eingriff in die körperliche Integrität dann seine feindselige Qualität verliere, wenn im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege. Eine durch Täuschung erschlichene Einwilligung ist unwirksam. Sie steht daher weder einer Strafbarkeit noch der Bejahung einer Gewalttat entgegen.
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Mit der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland stimmt der Senat dahin überein, dass ärztliche Kunstfehler für sich genommen keine Gewalttaten iS des § 1 OEG sind. Denn Kunstfehler sind sorgfaltswidrige Verstöße gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, die lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB oder fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB begründen (vgl dazu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 13c). Stellt der ärztliche Eingriff allerdings einen tätlichen Angriff dar, so ist es unerheblich, ob dabei Kunstfehler unterlaufen. Denn der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf die eingetretene Schädigung beziehen (vgl BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 4; BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57).
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d) Gemessen an diesen Kriterien sind die von dem Gynäkologen im Jahr 2000 durchgeführten kosmetischen ärztlichen Eingriffe - im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG und dem LSG - nicht nur als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen iS der §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB, sondern auch als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit der Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Denn sie dienten aus der Sicht eines verständigen Dritten in keiner Weise dem Wohl der Klägerin.
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Das LSG hat dazu Folgendes festgestellt: Die Klägerin litt zum Zeitpunkt der Operationen neben dem erheblichen Übergewicht an Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Obwohl sie den Gynäkologen auf ihre Vorerkrankungen aufmerksam gemacht hatte, wies sie dieser vor den Eingriffen bewusst nicht darauf hin, dass bei ihr mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen war. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm klar war, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung von den Operationen abgesehen hätte. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können. Die an der Klägerin vorgenommenen Eingriffe waren insgesamt gesehen weder von einer objektiven noch einer subjektiven Heilungstendenz getragen. Das Landgericht hat beide kosmetischen ärztliche Eingriffe als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB bewertet und den Gynäkologen deswegen zu Freiheitsstrafen verurteilt.
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Diese Tatsachenfeststellungen des LSG sind für den Senat bindend (§ 163 SGG), denn der Beklagte hat dagegen in der Revisionsbegründung keine zulässigen und begründeten Verfahrensmängel vorgebracht. Soweit er darin die Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)des LSG angreift, hat er schon nicht dargelegt, dass die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten wurden, also gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen worden ist (stRspr; vgl etwa schon BSG SozR Nr 34 und Nr 56 zu § 128 SGG; hierzu auch BSG, Urteil vom 8.11.2005 - B 1 KR 18/04 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 16; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 10 ff). Der Senat hat deshalb bei der Beurteilung der Rechtslage von den Tatsachenfeststellungen des LSG auszugehen. Danach hat sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen Interessen leiten lassen und die gesundheitlichen Belange der Klägerin - gerade auch im Hinblick auf die erheblichen Vorerkrankungen - in sträflicher Weise hintangestellt.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Die Versorgung nach diesem Gesetz obliegt den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden. Ist der Bund Kostenträger, so sind zuständig
- 1.
wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land hat, die Behörden dieses Landes; es finden die Übergangsregelungen gemäß § 4 Absatz 2 und 3 beschränkt auf die Zuständigkeit der Behörde entsprechend Anwendung, davon ausgenommen sind Versorgungen bei Schädigungen an einem Ort im Ausland, - 2.
wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat, die Behörden des Landes, das die Versorgung von Kriegsopfern in dem Wohnsitz- oder Aufenthaltsland durchführt.
(2) Die örtliche Zuständigkeit der Behörden bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung.
(3) Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, mit Ausnahme der §§ 3 bis5,sowie die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über das Vorverfahren sind anzuwenden.
(4) Absatz 3 gilt nicht, soweit die Versorgung in der Gewährung von Leistungen besteht, die den Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach den §§ 25 bis 27h des Bundesversorgungsgesetzes entsprechen.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger auch im Revisionsverfahren seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig sind die Rücknahme der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und von Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 23.7.2003 bis 31.5.2004.
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Der Kläger bezog im Anschluss an Arbeitslosengeld (Alg) und Uhg ab 23.7.2003 Alhi (Bescheid vom 12.8.2003). Im Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" hatte er angegeben, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben und über ein Girokonto mit 2,00 Euro Guthaben zu verfügen. Im Übrigen verneinte er die Fragen nach vorhandenem Vermögen. Nach Wiederaufnahme seiner Umschulungsmaßnahme erhielt er ab 1.9.2003 erneut Uhg (Verfügung vom 7.10.2003).
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Im Mai 2004 erfuhr die Beklagte, dass der Freistellungsauftrag der C. (nachfolgend C-Bank) erteilt worden war. Auf Anfrage legte der Kläger einen Kontoauszug ("Finanzreport") per 2.6.2003 vor, der ein Guthaben von insgesamt 7108,55 Euro auswies, und teilte mit, es handele sich um ein Tagesgeldkonto mit Onlinedepot, das er vor Jahren eingerichtet habe, weil allein für die Einrichtung WEB.DE-Aktien im Wert von 100,00 DM gutgeschrieben worden seien. Danach sei es nur von seinem Vater verwendet worden, dem er auch alle Online-Zugangsdaten überlassen habe. In der Folgezeit legte er eine eidesstattliche Versicherung seines Vaters vor, welcher die Angaben des Klägers bestätigte.
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Die Beklagte hob die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 23.7. bis 31.8.2003 und von Uhg für die Zeit vom 1.9.2003 bis 31.5.2004 auf und forderte die Erstattung der gewährten Leistungen sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7784,76 Euro (Bescheid vom 1.7.2004). Den Widerspruch, den der Kläger mit zwei größeren Einzahlungen seiner Großmutter und des Käufers einer Küchenzeile zugunsten seines Vaters begründete, wies die Beklagte zurück. Der Kläger habe mangels Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen gehabt. Die Ausführungen, wonach es sich um Vermögen seines Vaters gehandelt habe, seien nicht überzeugend (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005).
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Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 21.11.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Anhörung des Klägers und erneuter Beweiserhebung die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei nach seiner Überzeugung nicht nachgewiesen, dass das auf dem Konto bei der C-Bank vorhandene Vermögen dem Kläger zuzuordnen sei. Soweit letzte Zweifel an der Zuordnung des Geldes bestünden, gingen diese zu Lasten der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr sei kein Raum (Urteil vom 4.11.2009).
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Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und eine Verletzung materiellen Rechts, indem das LSG sie als beweisbelastet angesehen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehe es zu Lasten des Arbeitslosen, wenn seiner Sphäre zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar seien. Davon sei auch auszugehen, wenn nach Ausschöpfung aller Beweismittel Restzweifel an der Zuordnung von Vermögenswerten verblieben. Da beim LSG trotz der für die Darstellung des Klägers sprechenden Umstände letzte Zweifel verblieben seien, habe es eine Beweislast des Klägers annehmen müssen.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das angefochtene Urteil verletzt die Beklagte nicht in ihren Rechten. Nach den für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist das LSG rechtsfehlerfrei im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger bei Bewilligung der Alhi über ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt hat. Die Rücknahme der Bewilligung von Alhi (unter 1.) und Uhg (unter 2.) ist aus diesem Grund rechtswidrig.
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1. Rechtsgrundlage der zutreffend mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) angegriffenen Rücknahme der Alhi-Bewilligung durch den Bescheid vom 1.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005 ist § 45 Abs 1 und Abs 2 Satz 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Rechtsgrundlage der daran anknüpfenden Rückforderung ist im Hinblick auf zu Unrecht erbrachte Leistungen § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X und bezogen auf die gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge § 335 Abs 1 Satz 1 und Abs 5 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848 (zum insoweit geltenden Recht, wenn der Widerspruchsbescheid aus der Zeit nach dem 1.1.2005 datiert und der Ersatzanspruch vor dem 1.1.2005 entstanden ist: vgl BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1).
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Für die vorrangige Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung kommt es in erster Linie darauf an, ob der Bescheid über die Bewilligung der Alhi vom 12.8.2003 als den Kläger begünstigender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig ist. Die anfängliche Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung wiederum hängt nach den Umständen des Falles davon ab, ob bei der Bewilligung von Alhi ab 23.7.2003 die Voraussetzungen eines Alhi-Anspruchs gegeben waren. Das richtet sich nach § 190 Abs 1 Nr 1 bis 5 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594); fraglich ist hier insbesondere, ob der Kläger bedürftig war (Abs 1 Nr 5). Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi nicht gerechtfertigt ist ( § 193 Abs 2 SGB III idF des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften; Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001, BGBl I 266).
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Nähere Bestimmungen zur Berücksichtigung von Vermögen trifft die insoweit auf der Verordnungsermächtigung nach § 206 Nr 1 SGB III idF des AFRG beruhende Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) vom 13.12.2001 (BGBl I 3734). Danach ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt (§ 1 Abs 1 Nr 1 AlhiV 2002). Freibetrag ist, soweit hier von Bedeutung, ein Betrag von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen, der jedoch 13 000,00 Euro nicht übersteigen darf (§ 1 Abs 2 Satz 1 AlhiV 2002 idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607, mit Wirkung vom 1.1.2003). Für den am 23.12.1975 geborenen Kläger ergab sich demnach zu Beginn des streitigen Zeitraums (Alhi-Bezug ab 23.7.2003) ein Freibetrag von 5400,00 Euro (200,00 Euro x 27), weil er am 23.12.2002 das 27. Lebensjahr vollendet hatte.
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Das zu Beginn des streitigen Zeitraums vorhandene Guthaben auf dem Konto bei der C-Bank überstieg damit zwar den persönlichen Freibetrag. Die Vorinstanzen sind aber zu Recht davon ausgegangen, dass nicht allein deswegen eigenes Vermögen vorhanden war und die Bedürftigkeit des Klägers fehlte. Durch die Einrichtung und Unterhaltung des Kontos im eigenen Namen hat zwar der Kläger den vor allem für seine Rechtsbeziehungen zur Bank bedeutsamen Eindruck hervorgerufen, dass er als Kontoinhaber Vertragspartner der Bank ist und damit auch Gläubiger von Kontoguthaben (vgl Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl 2007, § 29 RdNr 9 ff). Der dadurch gesetzte Rechtsschein allein genügt aber nach der Rechtsprechung des Senats nicht, um das Kontoguthaben zu Lasten des Klägers als ein die Bedürftigkeit ausschließendes Vermögen zu behandeln. Denn bei der Bedürftigkeitsprüfung ist nur Vermögen zu berücksichtigen, das dem Arbeitslosen nicht nur dem äußeren Schein nach, sondern auch nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts als ihm gehörend zuzuordnen ist.
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Diesen Grundsatz hat der Senat mit Urteil vom 24.5.2006 ( B 11a AL 7/05 R , BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4) anhand der behaupteten stillen Zession des Anspruchs auf ein Sparguthaben herausgearbeitet sowie in einer Parallelentscheidung vom selben Tag für den Fall einer verdeckten Treuhand hinsichtlich eines Sparguthabens ( B 11a AL 49/05 R ). In weiteren Entscheidungen zu angeblich verdeckten Treuhandverhältnissen vom 13.9.2006 ( B 11a AL 13/06 R und B 11a AL 19/06 R ), vom 21.3.2007 (B 11a AL 21/06 R) und vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 10/06 R) haben die in Angelegenheiten der Arbeitsförderung zuständigen Senate diese Rechtsprechung fortgeführt und bestätigt. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung, auch wenn der vom LSG festgestellte Sachverhalt einer verdeckten Überlassung der Verfügung über ein Bankkonto ("Kontenüberlassung") teilweise anders gelagert ist als die Tatbestände, mit denen sich das BSG bereits befasst hat. Denn entscheidend ist, dass der durch die Vorinstanz festgestellte Sachverhalt eine mit dem äußeren Anschein übereinstimmende rechtliche Zuordnung des Vermögens ausschließt.
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a) Hiernach hat der Kläger das Konto zwar ursprünglich zur Erlangung einer Werbeprämie (Gutschrift von Aktien) eigennützig eingerichtet, aber dann nicht mehr selbst verwendet, sondern intern seinem Vater für Bankgeschäfte auf dessen eigene Rechnung überlassen. Für das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Vater ist insoweit auf eine Rechtsbeziehung zu schließen, die im Hinblick auf die Frage der Vermögenszuordnung nicht anders zu behandeln ist als eine verdeckte Treuhand. Da es keinen gesetzlich typisierten Treuhandvertrag gibt, richten sich die Rechtsbeziehungen innerhalb eines als Treuhand bezeichneten Vertragsverhältnisses nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach den jeweiligen Absprachen (vgl BGH WM 1969, 935). Gemeinsames Merkmal rechtsgeschäftlicher Treuhandverhältnisse ist aber jedenfalls, dass dem Treuhänder nach außen hin eine Rechtsmacht eingeräumt ist, in deren Ausübung er im Innenverhältnis zum Treugeber als dem wirtschaftlichen Eigentümer durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist (vgl BGHZ 157, 178; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl 2010, § 903 RdNr 33; Palandt/Ellenberger, aaO, Überblick vor § 104 RdNr 25).
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Von einer damit wenigstens vergleichbaren rechtlichen Konstellation ist auch nach den insoweit von der Beklagten nicht angegriffenen und demgemäß bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG auszugehen. Danach sind sich der Kläger und sein Vater stillschweigend darüber einig gewesen, dass der Kläger ungeachtet der Rechtsmacht, die er im Verhältnis zur Bank aufgrund seiner Stellung als deren Vertragspartner sowie formaler Kontoinhaber und Gläubiger von Guthaben inne hatte, nicht zu eigennützigen Verfügungen über das auf Rechnung des Vaters angelegte Geld befugt war. Das gilt insbesondere für die Zahlungen der Großmutter des Klägers und des Käufers einer Küchenzeile, ohne die sich gar kein den Freibetrag übersteigendes Guthaben ergeben hätte. Denn dabei handelte es sich um Leistungen, mit denen diese Personen bewusst und zielgerichtet das Vermögen des Vaters mehren wollten, so dass sich der außerhalb dieser Leistungsbeziehungen stehende Kläger ohne rechtlichen Grund bereichert hätte (§ 812 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch
) , falls er unter Ausnutzung der ihm als Kontoinhaber im Außenverhältnis zur Bank zukommenden Rechtsstellung auf eigene Rechnung über die seinem Vater zugedachten Geldbeträge verfügt hätte.
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b) Das LSG durfte sich auf der Grundlage erschöpfender Ermittlungen rechtsfehlerfrei auch davon überzeugen, es sei nicht nachgewiesen, das am 23.7.2003 und in der Folgezeit auf dem Konto bei der C-Bank vorhandene Vermögen sei dem Kläger zuzuordnen. Im Rahmen der Amtsermittlung (§ 103 SGG) hat es - was von der Beklagten nicht beanstandet wird - alle verfügbaren Erkenntnisquellen durch Einholung von Auskünften und Befragung von Zeugen ausgeschöpft, um die nötigen Feststellungen treffen zu können, und entsprechend dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) alle Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Hinsicht erfasst und gewürdigt. Die Beklagte rügt (zu Recht) weder die Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG ) durch die ergänzende Übernahme von Ergebnissen der erstinstanzlichen Ermittlungen (zu den Grenzen vgl BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 7; BSG Urteil vom 8.9.2010 - B 11 AL 4/09 R) noch die Überschreitung der Grenzen der freien Beweiswürdigung durch einen Verstoß gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze (hierzu BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 8; BSGE 95, 244, 254 = SozR 4-3100 § 1a Nr 1, jeweils RdNr 53 f).
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Soweit die Beklagte demgegenüber eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung ausdrücklich damit rügt, dass nach Ausschöpfung aller Beweismittel beim LSG Restzweifel verblieben seien, die nicht zu ihren Lasten gehen könnten, macht sie inhaltlich keinen Verfahrensmangel geltend. Denn die Revision beanstandet der Sache nach gar nicht, dass sich das LSG keine tatsächliche Überzeugung vom Vorhandensein eines die Bedürftigkeit ausschließenden Vermögens des Klägers bilden konnte. Die Rüge der Beklagten beschränkt sich im Kern vielmehr darauf, dass "letzte Zweifel an der Zuordnung des Geldes" das LSG nicht zu einer Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zu ihren Gunsten veranlasst haben. Dieser Angriff betrifft indessen keinen Fehler bei der Beweiswürdigung, sondern die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Entscheidung aufgrund der objektiven Beweislast (Feststellungslast).
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Die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) greifen ein, wenn der Tatrichter keine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen und entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung gewinnen kann ("non liquet"), und sie bestimmen, zu wessen Lasten diese Unaufklärbarkeit geht (vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7). Die objektive Beweislast kennzeichnet mit anderen Worten das Risiko, wegen der Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen im Prozess zu unterliegen. Welchen Beteiligten dieses Risiko trifft, ist grundsätzlich eine Frage des materiellen Rechts, weil sich die Beweislastverteilung nach dem Regelungsgefüge der jeweils maßgebenden Norm richtet (vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Art 19 Abs 4 RdNr 228, Stand 2003; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 19a jeweils mwN). Eine Entscheidung nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast darf allerdings - wie ausgeführt - erst getroffen werden, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und sich das Gericht dennoch keine Überzeugung in der einen oder anderen Richtung bilden konnte. Im sozialgerichtlichen Verfahren stellt sich die Frage der Beweislastverteilung daher nur, wenn es dem Tatrichter trotz Erfüllung seiner insbesondere durch § 103 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG begründeten Pflicht zur eingehenden Erforschung des Sachverhalts und zur sorgfältigen Würdigung der erhobenen Beweise nicht gelungen ist, eine in tatsächlicher Hinsicht bestehende Ungewissheit zu beseitigen(stRspr, vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 8.9.2010, B 11 AL 4/09 R).
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Beweismaßstab ist im sozialgerichtlichen Verfahren insoweit grundsätzlich der Vollbeweis. Das Gericht muss sich die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Die Maßstäbe der Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachung reichen nicht aus (vgl BSG SozR 3-3900 § 15 Nr 4). Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Übertragen auf den vorliegenden Fall hindern deshalb auch die vom LSG parallel zur Überzeugung des fehlenden Nachweises der mangelnden Bedürftigkeit des Klägers geäußerten letzten Zweifel an der Zuordnung des Geldes den Vollbeweis nicht. Es steht daher mit der nötigen wie auch ausreichenden Gewissheit fest, dass die maßgeblichen aus Überweisungen zugunsten des Vaters stammenden Gelder auf dem Konto der C-Bank nicht dem Vermögen des Klägers zuzurechnen sind. Ist somit bereits nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Vollbeweis erbracht, lösen die erwähnten Restzweifel entgegen der Auffassung der Revision keine Entscheidung nach der objektiven Beweislast und erst recht keine Beweislastumkehr aus.
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Selbst wenn indes mit der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht von einem "non liquet" ausgegangen würde, ergäbe sich hieraus keine Entscheidung zu ihren Gunsten. Im Rahmen der Rücknahme einer Leistungsbewilligung obliegt grundsätzlich der Beklagten die objektive Beweislast für das Vorhandensein der Rücknahmevoraussetzungen, hier mithin für die Rechtswidrigkeit der Bewilligung, konkret für das Fehlen der Bedürftigkeit als Voraussetzung des Alhi-Anspruchs (vgl zur Beweislast bei Aufhebung von Bewilligungsentscheidungen zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 8.9.2010, B 11 AL 4/09 R). Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben allerdings ausgesprochen, dass unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Beweisnähe des Arbeitslosen eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein kann, wenn in seiner Sphäre wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind (BSGE 96, 238, 245 f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 24.5.2006, B 11a AL 49/05 R; BSG Urteile vom 13.9.2006, B 11a AL 13/06 R und B 11a AL 19/06 R; BSG Urteil vom 21.3.2007, B 11a AL 21/06 R; BSG Urteil vom 28.8.2007, B 7a AL 10/06 R). Das bedeutet aber keineswegs eine Beweislastumkehr stets und in allen Fällen, in denen nicht zweifelsfrei geklärte Tatsachen die persönliche Sphäre des Arbeitslosen betreffen. Die Grundsätze der Beweislastumkehr können jedoch dann eingreifen, wenn es um in der Sphäre des Arbeitslosen liegende Tatsachen geht, die die Beklagte in Ermangelung entsprechender Angaben des Arbeitslosen nicht kennt und nicht kennen muss (vgl BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 17 unter Hinweis auf BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7). Auf dieser Linie liegt es, dass das BSG im Urteil vom 24.5.2006 und in den nachfolgenden Entscheidungen (aaO) als Beispiele für eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe, die eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen kann, Verhaltensweisen des Arbeitslosen genannt hat, welche zu einer Erschwerung oder Verhinderung der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen führen. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten des Klägers sind nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht behauptet. Insoweit bedarf hier keiner näheren Vertiefung, dass - wie bereits vom LSG ausgeführt - der Kläger selbst beim Antrag auf Alhi angegeben hat, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben.
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2. Sind damit die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Alhi nicht gegeben, ist zugleich die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Bewilligung des Uhg hinfällig. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Bewilligung des Uhg nach Maßgabe der §§ 153 ff SGB III idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) überhaupt von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängig war (vgl § 158 Abs 1 Satz 2 SGB III) oder nach Wiederaufnahme der Umschulung zum 1.9.2003 wegen der Klammerwirkung der zum 21.7.2003 abgebrochenen Weiterbildung und des dann entscheidenden Vorbezugs von Alg das Uhg nach dieser Leistung (vgl § 158 Abs 1 Satz 1 SGB III) zu bemessen war (hierzu BSG SozR 4-4300 § 158 Nr 3, BSG SozR 4-4300 § 158 Nr 4).
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
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eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Feststellung von Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung.
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Der 1941 geborene Kläger war von November 1963 bis April 1968 als Zugschaffner und Zugfertigsteller bei der Deutschen Reichsbahn am Bahnhof G. beschäftigt. In den Jahren 1966 bis 1968 wurde er nach den Feststellungen des LSG durch Mitarbeiter der Staatssicherheit bedroht und unter Druck gesetzt und als inoffizieller Mitarbeiter geworben. Im April 1968 löste der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit dem Bahnhof G. Danach war er als Reinigungsmüller bei den M., anschließend als Koch und Küchenleiter zunächst im R.-Heim und nach dortigen Verwerfungen ab 1976 im N. Krankenhaus in G. tätig.
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Seit 1976 befand sich der Kläger nach seinen Angaben in nervenärztlicher Behandlung. In den Sozialversicherungsausweisen sind seit dieser Zeit Psychosen, Neurosen und paranoide Zustände dokumentiert. Seit 1980 bezog der Kläger eine Invalidenrente, seit 1992 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1.1.1991 erkannte das Land Brandenburg - Landesversorgungsamt - bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 80 wegen psychovegetativer Störungen an und stellte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "B" fest (Bescheide vom 11.7.1995 und 7.9.1995). Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg hat nach dem Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG) später festgestellt, dass der Kläger durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt war, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren; diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Kläger Verfolgter iS des § 1 Abs 1 Nr 3 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) ist. Als berufliche Verfolgungszeit wurde der Zeitraum von 1968 bis 1990 angegeben (Bescheid vom 23.11.1999). Den Antrag des Klägers auf "Entschädigung aufgrund staatlicher Willkür aus der DDR-Zeit" nach dem VwRehaG lehnte das beklagte Land hingegen ua nach Einholung eines nervenärztlichen Kausalitätsgutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmediziner Dr. T. vom 29.5.2000 ab, nachdem dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass die bei dem Kläger vorliegende schwere Zwangsneurose nicht ursächlich auf Verfolgungsmaßnahmen in den Jahren 1966 bis 1968 zurückgeführt werden könne (Bescheid vom 22.6.2000). Das Widerspruchsverfahren wurde auf Wunsch des Klägers vorläufig eingestellt (Schreiben vom 25.8.2000). Im Februar 2005 beantragte der Kläger erfolglos die Überprüfung seiner Versorgungsleistungen nach dem VwRehaG (Bescheid vom 1.7.2005; Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005).
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Das SG hat im anschließenden Klageverfahren auf Antrag des Klägers ein Gutachten bei dem Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten Tr. eingeholt. Dieser hat nach ambulanten Untersuchungen des Klägers eine gemischte Angst-Zwangsstörung diagnostiziert, die chronifiziert und mit Wahrscheinlichkeit durch Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit in der - vom Sachverständigen angenommenen - Verfolgungszeit von 1968 bis 1990 hervorgerufen worden sei. Der Grad der schädigungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 70 vH. Das SG hat weiter Beweis erhoben ua durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. G. Dieser ist nach ambulanter Untersuchung zur Einschätzung gelangt, bei dem Kläger liege ua eine chronifizierte schwere Zwangsstörung mit Begleitphänomenen vor. Die Zwangsstörung weise entstehungsmäßig neben neurologisch relevanten Belastungsfaktoren insbesondere psychosoziale Belastungsfaktoren auf, nämlich Belastungen in Kindheit und Jugend (ua Vergewaltigung der Mutter im Krieg, Verachtung durch den Vater, Schläge durch den Bruder), die von April 1966 bis Juni 1968 erlittenen Verfolgungsmaßnahmen (ua mit der Drohung von Verfehlungen am Arbeitsplatz und Unterstellung von Straftaten) und die Vorkommnisse bei seinem späteren Arbeitgeber im R. Heim (ua Vorwurf der Gefährdung einer ordnungsgemäßen Essensversorgung der Heimbewohner). Diese psychosozial relevanten Belastungsfaktoren, die wesentlich für die Entstehung und Aufrechterhaltung der schweren Zwangsstörung des Klägers seien, seien von ihrer Bedeutung her etwa gleichwertig. Eine etwaig genauere und prozentuale Aussage sei nicht möglich. Wollte man die Kausalität bejahen, läge bei dem Kläger seit Oktober 1998 ein schädigungsbedingter Grad einer MdE von 70 vH vor. Das SG hat die Klage hierauf abgewiesen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die von dem Kläger geltend gemachte Angst- und Zwangsstörung Folge der rechtsstaatswidrigen Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit der ehemaligen DDR sei (Urteil vom 13.1.2009).
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Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Feststellung einer Schädigungsfolge und Versorgungsleistungen, auch wenn ein schädigendes Ereignis iS von § 1 VwRehaG für die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 vorliege. Die im Kern von allen Gutachtern gestellte Diagnose einer chronifizierten schweren Zwangsstörung sei nicht wesentlich ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen. Das in Bezug auf den richtigen Verfolgungszeitraum allein nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. G.
komme zu dem Ergebnis, dass die Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen auf drei gleichwertigen Ursachen beruhe. Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des BSG bedeute dies, dass die streitigen Verfolgungsmaßnahmen innerhalb des Ursachenkomplexes mit ca einem Drittel eine untergeordnete Rolle einnehmen. Die Rechtsprechung des 2. Senats des BSG, nach der auch eine rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache rechtlich wesentlich sein könne, komme im Versorgungsrecht nicht zum Tragen (Urteil vom 22.11.2012).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung der Kausalitätsnorm der (Theorie der) wesentlichen Bedingung und der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Das Berufungsgericht habe gegen Denkgesetze verstoßen, indem es aus drei nebeneinander bestehenden Einzelursachen geschlossen habe, dass keine dieser Ursachen wesentlich sein könne. Das LSG habe zudem Beweisanträge übergangen und das Fragerecht aus § 116 S 2 SGG verletzt.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 13. Januar 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 22. Juni 2000 sowie vom 1. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz eine Angst- und Zwangsstörung als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger ab dem 1. Oktober 1998 eine Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit/einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 vH zu gewähren,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Klage ist zwar zulässig (dazu 1.) Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenversorgung (dazu 2.). Insbesondere ist das LSG bei der Prüfung des Anspruchs von einem zutreffenden rechtlichen Prüfmaßstab der Kausalität ausgegangen (dazu 3.).
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1. Statthafte Klage ist die zutreffend vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 16 Abs 2 VwRehaG) erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 5 SGG; vgl BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 31). Gegenstand des Rechtsstreits ist die Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 22.6.2000, 1.7.2005 und 28.9.2005, die Anerkennung von Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenversorgung. Zu Recht ist das LSG deshalb auch nicht von einem auf Rücknahme des Bescheides vom 22.6.2000 gerichteten Überprüfungsbegehren iS des § 44 SGB X ausgegangen, auch wenn der Bescheid vom 1.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2005 diese Rechtsgrundlage benennt. Wenn Unanfechtbarkeit noch nicht eingetreten ist, wird das Verfahren nach § 44 SGB X im Regelfall nicht benötigt(BSG SozR 4-4300 § 330 Nr 2 Juris RdNr 17; BVerwGE 115, 302; hierzu Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2014, K § 44 RdNr 51). So verhält es sich hier. Denn in der Sache war der Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005 auf den noch ausstehenden Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.6.2000 gerichtet (vgl § 78 SGG).
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2. Die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge sowie auf Gewährung einer Versorgung allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 3 VwRehaG liegen nicht vollständig vor. Nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Maßnahme nach § 1 VwRehaG eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung auf Grund des BVG oder auf Grund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 3 Abs 1 S 2 VwRehaG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 3 Abs 5 S 1 RehaG).
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a) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist eine von mehreren Folgemaßnahmen im Rahmen der SED-Unrechtsbereinigung. Das VwRehaG ist zum 1.7.1994 zusammen mit dem BerRehaG als Art 1 und 2 des Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23.6.1994 (BGBl I 1311) mit dem Ziel eingeführt worden, neben der strafrechtlichen Rehabilitierung durch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), welches bereits Gegenstand des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 29.10.1992 (BGBl I 1814) war, eine Rehabilitierung durch Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen zu ermöglichen. Dementsprechend ist eine hoheitliche Maßnahme einer deutschen behördlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalls in dem in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8.5.1945 bis zum 2.10.1990 (Verwaltungsentscheidung), die zu einer gesundheitlichen Schädigung (§ 3), einem Eingriff in Vermögenswerte (§ 7) oder einer beruflichen Benachteiligung (§ 8) geführt hat, auf Antrag aufzuheben, soweit sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar ist und ihre Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken (§ 1 Abs 1 S 1 VwRehaG). Für eine hoheitliche Maßnahme, die nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend. An die Stelle der Aufhebung der Maßnahme tritt die Feststellung ihrer Rechtsstaatswidrigkeit (§ 1 Abs 5 S 1 und 2 VwRehaG). Die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit einer Maßnahme nach § 1 begründet Ansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes(§ 2 Abs 1 VwRehaG). Die Rehabilitierungsentscheidung ist danach von der Entscheidung über die - hier streitgegenständlichen - Folgeansprüche zu unterscheiden. Die Entscheidung über die Rehabilitierung obliegt der Rehabilitierungsbehörde (§ 12 VwRehaG), diejenige über den Ausgleich fortwirkender Folgen (vgl § 2 Abs 1 VwRehaG) je nach der Art des Primärschadens - wie hier bei Gesundheitsschädigung - der Versorgungsverwaltung (§ 12 Abs 4 VwRehaG), der nach dem Vermögensgesetz zuständigen Behörde bei Eingriffen in Vermögenswerte (§ 7 VwRehaG iVm dem Vermögensgesetz) und verschiedenen Sozialleistungsträgern bei beruflicher Benachteiligung (§ 8 VwRehaG iVm § 1 Abs 1 Nr 3 BerRehaG).
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b) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist nicht wegen konkurrierender Sozialleistungen ausgeschlossen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)kann davon ausgegangen werden, dass anderweitige Versorgungsleistungen, die den Anspruch nach § 3 Abs 1 S 2 VwRehaG ausschließen, nicht bezogen werden.
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c) Der Kläger ist Betroffener iS von § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG. Er gehört zu dem nach § 1 VwRehaG berechtigten Personenkreis. Der Kläger war durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren. Diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Die entsprechenden Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde im Bescheid vom 23.11.1999 sind für die nachgeschalteten Fachbehörden bindend (§ 12 Abs 1 S 3 VwRehaG; zur fehlenden Verbindlichkeit von Tatsachenfeststellungen der Behörden der ehemaligen DDR vgl BVerfG Beschluss vom 24.9.2014 - 2 BvR 2782/10). Dies betrifft zum einen die genaue Bezeichnung der hoheitlichen Maßnahme, die den Anknüpfungspunkt für mögliche Folgeansprüche bildet. Und es betrifft zum anderen die Qualifizierung dieser Maßnahme als rechtsstaatswidrig. Jedenfalls bei Eingriffen in das Rechtsgut Gesundheit hat die Rehabilitierungsbehörde sich jedoch im Übrigen auf eine bloße Schlüssigkeitsprüfung zu beschränken. Die gilt insoweit - anders als beim Rechtsgut Beruf - auch für die Bestimmung der Verfolgungszeit (BVerwGE 119, 102 Juris RdNr 10 ff). Nach dem beschriebenen zweistufigen Prüfsystem entfaltet der Rehabilitierungsbescheid deshalb lediglich eine auf die Verfügungssätze beschränkte Tatbestandswirkung (hierzu allgemein Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, vor § 39 RdNr 4 ff). Hiervon hat sich das LSG in der Sache leiten lassen und die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale im Übrigen einer eigenständigen Prüfung unterzogen. Nach den bindenden - mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen - Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) steht danach fest, dass sich die Dauer der Verfolgungszeit im Hinblick auf das Rechtsgut Gesundheit entgegen den berufsbezogenen Ausführungen im Rehabilitierungsbescheid auf die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 beschränkte.
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d) Der Kläger leidet auch an einer gesundheitlichen Störung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Tatsacheninstanzen besteht kein Zweifel, dass der Kläger an einer chronifizierten schweren Zwangsstörung leidet, auch wenn das LSG insoweit von einer exakten Klassifizierung nach ICD 10 abgesehen hat (ggf F42; zur Notwendigkeit einer solchen Feststellung im Unfallversicherungsrecht vgl BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Das LSG hat auch keine klare Differenzierung nach Primär- und Folgeschaden getroffen, sondern insoweit einheitlich auf den Beginn der nervenärztlichen Behandlung des Klägers im Jahr 1976 abgestellt. Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da es jedenfalls am nötigen Zurechnungszusammenhang fehlt (dazu sogleich unter 3.).
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3. Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass sich der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis der Verfolgung und der gesundheitlichen Erstschädigung (haftungsbegründende Kausalität) bzw den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen (haftungsausfüllende Kausalität; § 3 Abs 5 S 1 VwRehaG) nicht herstellen lässt. Das LSG hat die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität über den Bedingungszusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne hinaus zutreffend an der Theorie der wesentlichen Bedingung orientiert und frei von Rechtsfehlern verneint. Wie sonst im sozialen Entschädigungsrecht (vgl zB parallel § 1 Abs 1 StrRehaG, § 4 Abs 1 S 1 HHG, § 1 Abs 1 S 1 OEG) gilt trotz des Verweises auf das BVG nur wegen der Folgen der Schädigung (§ 3 Abs 1 S 1 VwRehaG) gleichwohl die Kausalnorm der wesentlichen Bedingung (BT-Drucks 12/4994 S 32 zu § 3; vgl Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, VwRehaG, §§ 1 bis 18 RdNr 9; allgemein BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9).
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a) Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs hat das LSG der versorgungsrechtlich relevanten Teilursache der Verfolgungsmaßnahmen mit etwa einem Drittel rechtsfehlerfrei eine untergeordnete und für den Ursachenzusammenhang unwesentliche Bedeutung beigemessen, in dem es die Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung in der spezifisch versorgungsrechtlichen Ausprägung zugrunde gelegt hat wie sie im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA - AN 1912, 930) in ständiger Rechtsprechung seit BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 durch den 9. Senat vertreten wird (zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in ihrer am 1.10.1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1.1.2009 durch die Anlage zu § 2 VersMedV vom 10.12.2008 inhaltgleich ersetzt worden ist (Teil C Nr 1 b der Anl zu § 2 VersMedV; vgl BR-Drucks 767/1/08 S 3, 4).
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Danach gilt als Ursache im Rechtssinn nicht jede Bedingung, gleichgültig mit welcher Intensität sie zum Erfolg beigetragen hat und in welchem Zusammenhang sie dazu steht. Als Ursachen sind vielmehr nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Das ist der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges als annähernd gleichwertig anzusehen sind. Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl zB BSG SozR Nr 23 zu § 30 BVG Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 20.7.2005 - B 9a V 1/05 R RdNr 38). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen (vgl in diesem Zusammenhang insbesondere BSGE 16, 216, 218 = SozR Nr 58 zu § 1 BVG). Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 = SozR BVG § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 Juris RdNr 32).
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b) Das LSG hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Anschluss an das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. G. unangegriffen und verbindlich festgestellt, dass - ohne abgrenzbare Vorschäden oder Verschlimmerungsanteile - für die Entstehung wie Aufrechterhaltung der Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen drei Ursachen gleichermaßen in Betracht kommen: Belastungen in Kindheit und Jugend, die streitgegenständlichen Verfolgungsmaßnahmen zwischen 1966 und 1968 und die Vorkommnisse im R.-Heim. Durchgreifende Verfahrensrügen hat der Kläger hiergegen nicht erhoben. Die Rüge der unterlassenen Aufklärung (§ 103 SGG) geht fehl. Der beantragten weiteren Beweiserhebung durch Befragung des Sachverständigen Dr. G. zu den Kausalfaktoren aus der Zeit vor der Verfolgung musste das LSG nicht nachkommen, nachdem der Sachverständige die Frage nach dem Ursachenanteil von Kindheit und Jugend bereits eindeutig beantwortet hat. Insbesondere besagen die Ursachen nichts über den Zeitpunkt der Entstehung der streitbefangenen Erkrankung und steht deshalb die Aussage des Gutachters Dr. T. zur Fixierung von Neurosen an unbewusste Konfliktsituationen der Kindheit in keinem noch aufzulösenden Widerspruch zur Aussage des Gutachters Dr. G., dass die Zwangsstörung des Klägers mangels entsprechender Symptomatik vor der Verfolgungszeit nicht bestanden habe (Revisionsbegründung S 18). Objektiv sachdienliche Fragen, deren Beantwortung das LSG entgegen § 116 S 2 SGG unterbunden haben könnte, macht die Revision nicht geltend(vgl BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7 ff im Anschluss an BVerfG NJW 1998, 2273). Hiervon ausgehend hat das LSG frei von Rechtsfehlern im Wege wertender Betrachtung nach der Formel der "annähernden Gleichwertigkeit" eine untergeordnete Bedeutung des schädigenden Ereignisses für die geltend gemachten Schädigungsfolgen angenommen. Die schädigungsunabhängigen Faktoren einer belasteten Kindheit und Jugend sowie die Arbeitssituation im R.-Heim haben danach auch in rechtlicher Hinsicht den überwiegenden Anteil am Eintritt und der Aufrechterhaltung der jetzt festgestellten Angststörung oder anders formuliert letztlich rechtlich überragende Bedeutung. Ein von der Revision behaupteter logisch ungültiger Schluss liegt nicht vor (vgl im Übrigen AHP Nr 70, wonach Erkrankungen mit neurotischen Anteilen - wie hier sachverständigerseits angenommen und vom LSG unangegriffen festgestellt - nur dann mit schädigenden Ereignissen in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn diese in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam waren; zur fortdauernden Gültigkeit der AHP als antizipierte Sachverständigengutachten, auch wenn die Kausalitätsbeurteilungen zu einzelnen Krankheitsbildern in der VersMedV nicht mehr enthalten sind, BR-Drucks 767/1/08 S 4; Rundschreiben des BMAS vom 15.12.2008 - IVc 3-48021 - 6).
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c) Die Revision verweist allerdings mit Recht darauf, dass der im Unfallversicherungsrecht zuständige 2. Senat des BSG für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache "wesentlich" nicht gleichsetzt mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann danach für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15). Diese Rechtsprechung, die ihren Ausgangspunkt ebenfalls in der Rechtsprechung des RVA (AN 1912, 930) und den frühen Entscheidungen des BSG in BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 nimmt, schließt die Wesentlichkeit einer von drei ungefähr gleichwertigen Teilursachen nicht bereits deshalb aus, weil die allein maßgebliche Teilursache nur zu einem Drittel Berücksichtigung finden kann (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO im Anschluss an BSGE 13, 175 = SozR Nr 32 zu § 542 RVO). In die Bewertung einfließen muss vielmehr auch, ob den verbleibenden sozialrechtlich nicht maßgeblichen Teilursachen überragende Bedeutung zukommt. Erst wenn angenommen werden kann, dass diesen eine überragende Bedeutung beizumessen ist, folgt daraus, dass die nicht annähernd gleichwertige sozialrechtlich relevante Teilursache unwesentlich ist. Es werden insoweit wohl etwas niedrigere Anforderungen an die Stärke der Mitwirkung angelegt (vgl Krasney in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 1, Stand Oktober 2013, § 8 RdNr 314; vgl auch Knickrehm, SGb 2010, 381, 384). Der erkennende Senat lässt offen, ob diese etwas andere Ausrichtung im Ansatz bei der nötigen Abwägung im Einzelfall die von der Revision gewünschten Ergebnisse ergäbe. Selbst wenn die behaupteten Unterschiede bestünden, sähe sich der Senat weder veranlasst, mit Blick auf eine etwaig besondere Ausrichtung der Theorie der wesentlichen Bedingung im Unfallversicherungsrecht seine langjährige Rechtsprechung zur "annähernden Gleichwertigkeit" im sozialen Entschädigungsrecht aufzugeben (dazu d) noch bestünde Anlass zu einer Anfrage bei dem mit Unfallversicherungsrecht befassten 2. Senat des BSG (dazu e).
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d) Der 9. Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Theorie der wesentlichen Bedingung unter Beibehaltung des Merkmals der "annähernden Gleichwertigkeit" fest. Die Rechtsprechung des 2. Senats mag Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung Rechnung tragen, die im sozialen Entschädigungsrecht grundsätzlich nicht von Bedeutung sind. In Betracht kommt insoweit insbesondere der Gesichtspunkt, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung seit jeher eine Ersetzung der zivilrechtlichen Haftung durch die Ansprüche der Unfallversicherung stattfindet (vgl §§ 104 f SGB VII; ferner die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO; vgl auch schon § 95 des UVG vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; grundlegend Gitter, Schadensausgleich im Arbeitsunfallrecht, 1969, S 51 ff). Diese Regelung gehört zum Kernbestand der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16)und legt damit auch wesentliche Umfangmerkmale des Schadensausgleichs fest (BSGE 73, 1 = SozR 3-2200 § 571 Nr 2 Juris RdNr 17). Strukturen dieser Art kennzeichnen das soziale Entschädigungsrecht nicht. Im sozialen Entschädigungsrecht, wo in der Regel die Folgen einer einmaligen schädigenden Einwirkung zu beurteilen sind, hat sich die Bestimmung der Wesentlichkeit nach der "annähernden Gleichwertigkeit" bewährt. Dies gilt unabhängig davon, dass in Einzelfällen auch im sozialen Entschädigungsrecht auf Wertungen etwa der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgegriffen wird (vgl im Bereich des SVG bei der Bestimmung unfallunabhängiger Krankheiten BSG Beschluss vom 11.10.1994 - 9 BV 55/94 - HVBG-INFO 1995, 970; hierzu Keller, SGb 2007, 248, 249).
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e) Eine Abweichung iS des § 41 Abs 2 SGG als Voraussetzung einer Anfrage beim 2. Senat bzw Vorlage an den Großen Senat kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um die unterschiedliche Beantwortung derselben Rechtsfrage handelt, auf der die frühere Entscheidung eines anderen Senats beruht, wenn also eine Identität der Rechtsfrage in der zu entscheidenden Sache und der früheren Entscheidung des anderen Senats besteht (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Insoweit entfiele die Vorlage auch nicht für den Fall der vorangehenden Missachtung der Vorlagepflicht durch einen anderen Senat (Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 14 mwN). Die genannte Entscheidung des 2. Senats (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15)ist auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 8 Abs 1 SGB VII) ergangen, während hier die Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG Gegenstand der Entscheidung ist. Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung vom 11.10.1994 (BSGE 75, 180, 182 mwN = SozR 3-3200 § 81 Nr 12) ausgeführt hat, die Grundentscheidungen des sozialen Unfallversicherungsrechts seien auch im Entschädigungsrecht zu beachten, würde damit die Rechtsfrage gleichwohl nicht zu einer solchen auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern beträfe weiterhin die Auslegung von Normen des sozialen Entschädigungsrechts, für die lediglich bestimmte Grundentscheidungen des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen werden (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Der Senat nimmt die Abgrenzung nach Wertungen vor, die sich von den Wertungen des SGB VII unterscheiden. Diese Unterscheidung ist durch das Gesetz und seine unterschiedliche Aufgabenstellung angelegt. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sich der erkennende wie auch Senate anderer Rechtsgebiete für die Ursachenbewertung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Ansatz maßgeblich auf die Rechtsprechung des 2. Senats beziehen (vgl BSG SozR 4-3200 § 81 Nr 5 RdNr 21 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 17 RdNr 21, 22).
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f) Das LSG brauchte deshalb den weiteren Beweisanträgen des Klägers zur bisher noch offengelassenen Brückensymptomatik (Revisionsbegründung S 19, 20; vgl zu Fällen einer möglichen Entbehrlichkeit der Brückensymptomatik BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 10) nicht nachgehen, da es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht mehr ankam (BSG Beschluss vom 31.1.2008 - B 13 R 53/07 B). Auch im Falle der Existenz der behaupteten Brückensymptome würde sich an der Zurechnung nach Maßgabe der aufgezeigten Theorie der wesentlichen Bedingung nichts ändern. Einen hinreichend klaren Beweisantrag zu einem Primärschaden vor 1976 hat der Kläger im Übrigen nicht gestellt.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Feststellung von Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung.
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Der 1941 geborene Kläger war von November 1963 bis April 1968 als Zugschaffner und Zugfertigsteller bei der Deutschen Reichsbahn am Bahnhof G. beschäftigt. In den Jahren 1966 bis 1968 wurde er nach den Feststellungen des LSG durch Mitarbeiter der Staatssicherheit bedroht und unter Druck gesetzt und als inoffizieller Mitarbeiter geworben. Im April 1968 löste der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit dem Bahnhof G. Danach war er als Reinigungsmüller bei den M., anschließend als Koch und Küchenleiter zunächst im R.-Heim und nach dortigen Verwerfungen ab 1976 im N. Krankenhaus in G. tätig.
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Seit 1976 befand sich der Kläger nach seinen Angaben in nervenärztlicher Behandlung. In den Sozialversicherungsausweisen sind seit dieser Zeit Psychosen, Neurosen und paranoide Zustände dokumentiert. Seit 1980 bezog der Kläger eine Invalidenrente, seit 1992 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1.1.1991 erkannte das Land Brandenburg - Landesversorgungsamt - bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 80 wegen psychovegetativer Störungen an und stellte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "B" fest (Bescheide vom 11.7.1995 und 7.9.1995). Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg hat nach dem Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG) später festgestellt, dass der Kläger durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt war, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren; diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Kläger Verfolgter iS des § 1 Abs 1 Nr 3 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) ist. Als berufliche Verfolgungszeit wurde der Zeitraum von 1968 bis 1990 angegeben (Bescheid vom 23.11.1999). Den Antrag des Klägers auf "Entschädigung aufgrund staatlicher Willkür aus der DDR-Zeit" nach dem VwRehaG lehnte das beklagte Land hingegen ua nach Einholung eines nervenärztlichen Kausalitätsgutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmediziner Dr. T. vom 29.5.2000 ab, nachdem dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass die bei dem Kläger vorliegende schwere Zwangsneurose nicht ursächlich auf Verfolgungsmaßnahmen in den Jahren 1966 bis 1968 zurückgeführt werden könne (Bescheid vom 22.6.2000). Das Widerspruchsverfahren wurde auf Wunsch des Klägers vorläufig eingestellt (Schreiben vom 25.8.2000). Im Februar 2005 beantragte der Kläger erfolglos die Überprüfung seiner Versorgungsleistungen nach dem VwRehaG (Bescheid vom 1.7.2005; Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005).
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Das SG hat im anschließenden Klageverfahren auf Antrag des Klägers ein Gutachten bei dem Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten Tr. eingeholt. Dieser hat nach ambulanten Untersuchungen des Klägers eine gemischte Angst-Zwangsstörung diagnostiziert, die chronifiziert und mit Wahrscheinlichkeit durch Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit in der - vom Sachverständigen angenommenen - Verfolgungszeit von 1968 bis 1990 hervorgerufen worden sei. Der Grad der schädigungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 70 vH. Das SG hat weiter Beweis erhoben ua durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. G. Dieser ist nach ambulanter Untersuchung zur Einschätzung gelangt, bei dem Kläger liege ua eine chronifizierte schwere Zwangsstörung mit Begleitphänomenen vor. Die Zwangsstörung weise entstehungsmäßig neben neurologisch relevanten Belastungsfaktoren insbesondere psychosoziale Belastungsfaktoren auf, nämlich Belastungen in Kindheit und Jugend (ua Vergewaltigung der Mutter im Krieg, Verachtung durch den Vater, Schläge durch den Bruder), die von April 1966 bis Juni 1968 erlittenen Verfolgungsmaßnahmen (ua mit der Drohung von Verfehlungen am Arbeitsplatz und Unterstellung von Straftaten) und die Vorkommnisse bei seinem späteren Arbeitgeber im R. Heim (ua Vorwurf der Gefährdung einer ordnungsgemäßen Essensversorgung der Heimbewohner). Diese psychosozial relevanten Belastungsfaktoren, die wesentlich für die Entstehung und Aufrechterhaltung der schweren Zwangsstörung des Klägers seien, seien von ihrer Bedeutung her etwa gleichwertig. Eine etwaig genauere und prozentuale Aussage sei nicht möglich. Wollte man die Kausalität bejahen, läge bei dem Kläger seit Oktober 1998 ein schädigungsbedingter Grad einer MdE von 70 vH vor. Das SG hat die Klage hierauf abgewiesen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die von dem Kläger geltend gemachte Angst- und Zwangsstörung Folge der rechtsstaatswidrigen Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit der ehemaligen DDR sei (Urteil vom 13.1.2009).
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Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Feststellung einer Schädigungsfolge und Versorgungsleistungen, auch wenn ein schädigendes Ereignis iS von § 1 VwRehaG für die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 vorliege. Die im Kern von allen Gutachtern gestellte Diagnose einer chronifizierten schweren Zwangsstörung sei nicht wesentlich ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen. Das in Bezug auf den richtigen Verfolgungszeitraum allein nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. G.
komme zu dem Ergebnis, dass die Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen auf drei gleichwertigen Ursachen beruhe. Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des BSG bedeute dies, dass die streitigen Verfolgungsmaßnahmen innerhalb des Ursachenkomplexes mit ca einem Drittel eine untergeordnete Rolle einnehmen. Die Rechtsprechung des 2. Senats des BSG, nach der auch eine rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache rechtlich wesentlich sein könne, komme im Versorgungsrecht nicht zum Tragen (Urteil vom 22.11.2012).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung der Kausalitätsnorm der (Theorie der) wesentlichen Bedingung und der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Das Berufungsgericht habe gegen Denkgesetze verstoßen, indem es aus drei nebeneinander bestehenden Einzelursachen geschlossen habe, dass keine dieser Ursachen wesentlich sein könne. Das LSG habe zudem Beweisanträge übergangen und das Fragerecht aus § 116 S 2 SGG verletzt.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 13. Januar 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 22. Juni 2000 sowie vom 1. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz eine Angst- und Zwangsstörung als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger ab dem 1. Oktober 1998 eine Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit/einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 vH zu gewähren,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Klage ist zwar zulässig (dazu 1.) Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenversorgung (dazu 2.). Insbesondere ist das LSG bei der Prüfung des Anspruchs von einem zutreffenden rechtlichen Prüfmaßstab der Kausalität ausgegangen (dazu 3.).
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1. Statthafte Klage ist die zutreffend vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 16 Abs 2 VwRehaG) erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 5 SGG; vgl BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 31). Gegenstand des Rechtsstreits ist die Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 22.6.2000, 1.7.2005 und 28.9.2005, die Anerkennung von Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenversorgung. Zu Recht ist das LSG deshalb auch nicht von einem auf Rücknahme des Bescheides vom 22.6.2000 gerichteten Überprüfungsbegehren iS des § 44 SGB X ausgegangen, auch wenn der Bescheid vom 1.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2005 diese Rechtsgrundlage benennt. Wenn Unanfechtbarkeit noch nicht eingetreten ist, wird das Verfahren nach § 44 SGB X im Regelfall nicht benötigt(BSG SozR 4-4300 § 330 Nr 2 Juris RdNr 17; BVerwGE 115, 302; hierzu Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2014, K § 44 RdNr 51). So verhält es sich hier. Denn in der Sache war der Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005 auf den noch ausstehenden Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.6.2000 gerichtet (vgl § 78 SGG).
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2. Die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge sowie auf Gewährung einer Versorgung allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 3 VwRehaG liegen nicht vollständig vor. Nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Maßnahme nach § 1 VwRehaG eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung auf Grund des BVG oder auf Grund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 3 Abs 1 S 2 VwRehaG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 3 Abs 5 S 1 RehaG).
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a) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist eine von mehreren Folgemaßnahmen im Rahmen der SED-Unrechtsbereinigung. Das VwRehaG ist zum 1.7.1994 zusammen mit dem BerRehaG als Art 1 und 2 des Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23.6.1994 (BGBl I 1311) mit dem Ziel eingeführt worden, neben der strafrechtlichen Rehabilitierung durch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), welches bereits Gegenstand des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 29.10.1992 (BGBl I 1814) war, eine Rehabilitierung durch Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen zu ermöglichen. Dementsprechend ist eine hoheitliche Maßnahme einer deutschen behördlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalls in dem in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8.5.1945 bis zum 2.10.1990 (Verwaltungsentscheidung), die zu einer gesundheitlichen Schädigung (§ 3), einem Eingriff in Vermögenswerte (§ 7) oder einer beruflichen Benachteiligung (§ 8) geführt hat, auf Antrag aufzuheben, soweit sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar ist und ihre Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken (§ 1 Abs 1 S 1 VwRehaG). Für eine hoheitliche Maßnahme, die nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend. An die Stelle der Aufhebung der Maßnahme tritt die Feststellung ihrer Rechtsstaatswidrigkeit (§ 1 Abs 5 S 1 und 2 VwRehaG). Die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit einer Maßnahme nach § 1 begründet Ansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes(§ 2 Abs 1 VwRehaG). Die Rehabilitierungsentscheidung ist danach von der Entscheidung über die - hier streitgegenständlichen - Folgeansprüche zu unterscheiden. Die Entscheidung über die Rehabilitierung obliegt der Rehabilitierungsbehörde (§ 12 VwRehaG), diejenige über den Ausgleich fortwirkender Folgen (vgl § 2 Abs 1 VwRehaG) je nach der Art des Primärschadens - wie hier bei Gesundheitsschädigung - der Versorgungsverwaltung (§ 12 Abs 4 VwRehaG), der nach dem Vermögensgesetz zuständigen Behörde bei Eingriffen in Vermögenswerte (§ 7 VwRehaG iVm dem Vermögensgesetz) und verschiedenen Sozialleistungsträgern bei beruflicher Benachteiligung (§ 8 VwRehaG iVm § 1 Abs 1 Nr 3 BerRehaG).
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b) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist nicht wegen konkurrierender Sozialleistungen ausgeschlossen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)kann davon ausgegangen werden, dass anderweitige Versorgungsleistungen, die den Anspruch nach § 3 Abs 1 S 2 VwRehaG ausschließen, nicht bezogen werden.
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c) Der Kläger ist Betroffener iS von § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG. Er gehört zu dem nach § 1 VwRehaG berechtigten Personenkreis. Der Kläger war durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren. Diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Die entsprechenden Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde im Bescheid vom 23.11.1999 sind für die nachgeschalteten Fachbehörden bindend (§ 12 Abs 1 S 3 VwRehaG; zur fehlenden Verbindlichkeit von Tatsachenfeststellungen der Behörden der ehemaligen DDR vgl BVerfG Beschluss vom 24.9.2014 - 2 BvR 2782/10). Dies betrifft zum einen die genaue Bezeichnung der hoheitlichen Maßnahme, die den Anknüpfungspunkt für mögliche Folgeansprüche bildet. Und es betrifft zum anderen die Qualifizierung dieser Maßnahme als rechtsstaatswidrig. Jedenfalls bei Eingriffen in das Rechtsgut Gesundheit hat die Rehabilitierungsbehörde sich jedoch im Übrigen auf eine bloße Schlüssigkeitsprüfung zu beschränken. Die gilt insoweit - anders als beim Rechtsgut Beruf - auch für die Bestimmung der Verfolgungszeit (BVerwGE 119, 102 Juris RdNr 10 ff). Nach dem beschriebenen zweistufigen Prüfsystem entfaltet der Rehabilitierungsbescheid deshalb lediglich eine auf die Verfügungssätze beschränkte Tatbestandswirkung (hierzu allgemein Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, vor § 39 RdNr 4 ff). Hiervon hat sich das LSG in der Sache leiten lassen und die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale im Übrigen einer eigenständigen Prüfung unterzogen. Nach den bindenden - mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen - Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) steht danach fest, dass sich die Dauer der Verfolgungszeit im Hinblick auf das Rechtsgut Gesundheit entgegen den berufsbezogenen Ausführungen im Rehabilitierungsbescheid auf die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 beschränkte.
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d) Der Kläger leidet auch an einer gesundheitlichen Störung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Tatsacheninstanzen besteht kein Zweifel, dass der Kläger an einer chronifizierten schweren Zwangsstörung leidet, auch wenn das LSG insoweit von einer exakten Klassifizierung nach ICD 10 abgesehen hat (ggf F42; zur Notwendigkeit einer solchen Feststellung im Unfallversicherungsrecht vgl BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Das LSG hat auch keine klare Differenzierung nach Primär- und Folgeschaden getroffen, sondern insoweit einheitlich auf den Beginn der nervenärztlichen Behandlung des Klägers im Jahr 1976 abgestellt. Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da es jedenfalls am nötigen Zurechnungszusammenhang fehlt (dazu sogleich unter 3.).
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3. Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass sich der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis der Verfolgung und der gesundheitlichen Erstschädigung (haftungsbegründende Kausalität) bzw den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen (haftungsausfüllende Kausalität; § 3 Abs 5 S 1 VwRehaG) nicht herstellen lässt. Das LSG hat die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität über den Bedingungszusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne hinaus zutreffend an der Theorie der wesentlichen Bedingung orientiert und frei von Rechtsfehlern verneint. Wie sonst im sozialen Entschädigungsrecht (vgl zB parallel § 1 Abs 1 StrRehaG, § 4 Abs 1 S 1 HHG, § 1 Abs 1 S 1 OEG) gilt trotz des Verweises auf das BVG nur wegen der Folgen der Schädigung (§ 3 Abs 1 S 1 VwRehaG) gleichwohl die Kausalnorm der wesentlichen Bedingung (BT-Drucks 12/4994 S 32 zu § 3; vgl Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, VwRehaG, §§ 1 bis 18 RdNr 9; allgemein BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9).
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a) Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs hat das LSG der versorgungsrechtlich relevanten Teilursache der Verfolgungsmaßnahmen mit etwa einem Drittel rechtsfehlerfrei eine untergeordnete und für den Ursachenzusammenhang unwesentliche Bedeutung beigemessen, in dem es die Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung in der spezifisch versorgungsrechtlichen Ausprägung zugrunde gelegt hat wie sie im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA - AN 1912, 930) in ständiger Rechtsprechung seit BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 durch den 9. Senat vertreten wird (zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in ihrer am 1.10.1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1.1.2009 durch die Anlage zu § 2 VersMedV vom 10.12.2008 inhaltgleich ersetzt worden ist (Teil C Nr 1 b der Anl zu § 2 VersMedV; vgl BR-Drucks 767/1/08 S 3, 4).
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Danach gilt als Ursache im Rechtssinn nicht jede Bedingung, gleichgültig mit welcher Intensität sie zum Erfolg beigetragen hat und in welchem Zusammenhang sie dazu steht. Als Ursachen sind vielmehr nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Das ist der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges als annähernd gleichwertig anzusehen sind. Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl zB BSG SozR Nr 23 zu § 30 BVG Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 20.7.2005 - B 9a V 1/05 R RdNr 38). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen (vgl in diesem Zusammenhang insbesondere BSGE 16, 216, 218 = SozR Nr 58 zu § 1 BVG). Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 = SozR BVG § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 Juris RdNr 32).
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b) Das LSG hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Anschluss an das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. G. unangegriffen und verbindlich festgestellt, dass - ohne abgrenzbare Vorschäden oder Verschlimmerungsanteile - für die Entstehung wie Aufrechterhaltung der Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen drei Ursachen gleichermaßen in Betracht kommen: Belastungen in Kindheit und Jugend, die streitgegenständlichen Verfolgungsmaßnahmen zwischen 1966 und 1968 und die Vorkommnisse im R.-Heim. Durchgreifende Verfahrensrügen hat der Kläger hiergegen nicht erhoben. Die Rüge der unterlassenen Aufklärung (§ 103 SGG) geht fehl. Der beantragten weiteren Beweiserhebung durch Befragung des Sachverständigen Dr. G. zu den Kausalfaktoren aus der Zeit vor der Verfolgung musste das LSG nicht nachkommen, nachdem der Sachverständige die Frage nach dem Ursachenanteil von Kindheit und Jugend bereits eindeutig beantwortet hat. Insbesondere besagen die Ursachen nichts über den Zeitpunkt der Entstehung der streitbefangenen Erkrankung und steht deshalb die Aussage des Gutachters Dr. T. zur Fixierung von Neurosen an unbewusste Konfliktsituationen der Kindheit in keinem noch aufzulösenden Widerspruch zur Aussage des Gutachters Dr. G., dass die Zwangsstörung des Klägers mangels entsprechender Symptomatik vor der Verfolgungszeit nicht bestanden habe (Revisionsbegründung S 18). Objektiv sachdienliche Fragen, deren Beantwortung das LSG entgegen § 116 S 2 SGG unterbunden haben könnte, macht die Revision nicht geltend(vgl BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7 ff im Anschluss an BVerfG NJW 1998, 2273). Hiervon ausgehend hat das LSG frei von Rechtsfehlern im Wege wertender Betrachtung nach der Formel der "annähernden Gleichwertigkeit" eine untergeordnete Bedeutung des schädigenden Ereignisses für die geltend gemachten Schädigungsfolgen angenommen. Die schädigungsunabhängigen Faktoren einer belasteten Kindheit und Jugend sowie die Arbeitssituation im R.-Heim haben danach auch in rechtlicher Hinsicht den überwiegenden Anteil am Eintritt und der Aufrechterhaltung der jetzt festgestellten Angststörung oder anders formuliert letztlich rechtlich überragende Bedeutung. Ein von der Revision behaupteter logisch ungültiger Schluss liegt nicht vor (vgl im Übrigen AHP Nr 70, wonach Erkrankungen mit neurotischen Anteilen - wie hier sachverständigerseits angenommen und vom LSG unangegriffen festgestellt - nur dann mit schädigenden Ereignissen in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn diese in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam waren; zur fortdauernden Gültigkeit der AHP als antizipierte Sachverständigengutachten, auch wenn die Kausalitätsbeurteilungen zu einzelnen Krankheitsbildern in der VersMedV nicht mehr enthalten sind, BR-Drucks 767/1/08 S 4; Rundschreiben des BMAS vom 15.12.2008 - IVc 3-48021 - 6).
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c) Die Revision verweist allerdings mit Recht darauf, dass der im Unfallversicherungsrecht zuständige 2. Senat des BSG für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache "wesentlich" nicht gleichsetzt mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann danach für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15). Diese Rechtsprechung, die ihren Ausgangspunkt ebenfalls in der Rechtsprechung des RVA (AN 1912, 930) und den frühen Entscheidungen des BSG in BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 nimmt, schließt die Wesentlichkeit einer von drei ungefähr gleichwertigen Teilursachen nicht bereits deshalb aus, weil die allein maßgebliche Teilursache nur zu einem Drittel Berücksichtigung finden kann (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO im Anschluss an BSGE 13, 175 = SozR Nr 32 zu § 542 RVO). In die Bewertung einfließen muss vielmehr auch, ob den verbleibenden sozialrechtlich nicht maßgeblichen Teilursachen überragende Bedeutung zukommt. Erst wenn angenommen werden kann, dass diesen eine überragende Bedeutung beizumessen ist, folgt daraus, dass die nicht annähernd gleichwertige sozialrechtlich relevante Teilursache unwesentlich ist. Es werden insoweit wohl etwas niedrigere Anforderungen an die Stärke der Mitwirkung angelegt (vgl Krasney in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 1, Stand Oktober 2013, § 8 RdNr 314; vgl auch Knickrehm, SGb 2010, 381, 384). Der erkennende Senat lässt offen, ob diese etwas andere Ausrichtung im Ansatz bei der nötigen Abwägung im Einzelfall die von der Revision gewünschten Ergebnisse ergäbe. Selbst wenn die behaupteten Unterschiede bestünden, sähe sich der Senat weder veranlasst, mit Blick auf eine etwaig besondere Ausrichtung der Theorie der wesentlichen Bedingung im Unfallversicherungsrecht seine langjährige Rechtsprechung zur "annähernden Gleichwertigkeit" im sozialen Entschädigungsrecht aufzugeben (dazu d) noch bestünde Anlass zu einer Anfrage bei dem mit Unfallversicherungsrecht befassten 2. Senat des BSG (dazu e).
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d) Der 9. Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Theorie der wesentlichen Bedingung unter Beibehaltung des Merkmals der "annähernden Gleichwertigkeit" fest. Die Rechtsprechung des 2. Senats mag Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung Rechnung tragen, die im sozialen Entschädigungsrecht grundsätzlich nicht von Bedeutung sind. In Betracht kommt insoweit insbesondere der Gesichtspunkt, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung seit jeher eine Ersetzung der zivilrechtlichen Haftung durch die Ansprüche der Unfallversicherung stattfindet (vgl §§ 104 f SGB VII; ferner die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO; vgl auch schon § 95 des UVG vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; grundlegend Gitter, Schadensausgleich im Arbeitsunfallrecht, 1969, S 51 ff). Diese Regelung gehört zum Kernbestand der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16)und legt damit auch wesentliche Umfangmerkmale des Schadensausgleichs fest (BSGE 73, 1 = SozR 3-2200 § 571 Nr 2 Juris RdNr 17). Strukturen dieser Art kennzeichnen das soziale Entschädigungsrecht nicht. Im sozialen Entschädigungsrecht, wo in der Regel die Folgen einer einmaligen schädigenden Einwirkung zu beurteilen sind, hat sich die Bestimmung der Wesentlichkeit nach der "annähernden Gleichwertigkeit" bewährt. Dies gilt unabhängig davon, dass in Einzelfällen auch im sozialen Entschädigungsrecht auf Wertungen etwa der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgegriffen wird (vgl im Bereich des SVG bei der Bestimmung unfallunabhängiger Krankheiten BSG Beschluss vom 11.10.1994 - 9 BV 55/94 - HVBG-INFO 1995, 970; hierzu Keller, SGb 2007, 248, 249).
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e) Eine Abweichung iS des § 41 Abs 2 SGG als Voraussetzung einer Anfrage beim 2. Senat bzw Vorlage an den Großen Senat kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um die unterschiedliche Beantwortung derselben Rechtsfrage handelt, auf der die frühere Entscheidung eines anderen Senats beruht, wenn also eine Identität der Rechtsfrage in der zu entscheidenden Sache und der früheren Entscheidung des anderen Senats besteht (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Insoweit entfiele die Vorlage auch nicht für den Fall der vorangehenden Missachtung der Vorlagepflicht durch einen anderen Senat (Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 14 mwN). Die genannte Entscheidung des 2. Senats (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15)ist auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 8 Abs 1 SGB VII) ergangen, während hier die Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG Gegenstand der Entscheidung ist. Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung vom 11.10.1994 (BSGE 75, 180, 182 mwN = SozR 3-3200 § 81 Nr 12) ausgeführt hat, die Grundentscheidungen des sozialen Unfallversicherungsrechts seien auch im Entschädigungsrecht zu beachten, würde damit die Rechtsfrage gleichwohl nicht zu einer solchen auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern beträfe weiterhin die Auslegung von Normen des sozialen Entschädigungsrechts, für die lediglich bestimmte Grundentscheidungen des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen werden (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Der Senat nimmt die Abgrenzung nach Wertungen vor, die sich von den Wertungen des SGB VII unterscheiden. Diese Unterscheidung ist durch das Gesetz und seine unterschiedliche Aufgabenstellung angelegt. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sich der erkennende wie auch Senate anderer Rechtsgebiete für die Ursachenbewertung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Ansatz maßgeblich auf die Rechtsprechung des 2. Senats beziehen (vgl BSG SozR 4-3200 § 81 Nr 5 RdNr 21 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 17 RdNr 21, 22).
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f) Das LSG brauchte deshalb den weiteren Beweisanträgen des Klägers zur bisher noch offengelassenen Brückensymptomatik (Revisionsbegründung S 19, 20; vgl zu Fällen einer möglichen Entbehrlichkeit der Brückensymptomatik BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 10) nicht nachgehen, da es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht mehr ankam (BSG Beschluss vom 31.1.2008 - B 13 R 53/07 B). Auch im Falle der Existenz der behaupteten Brückensymptome würde sich an der Zurechnung nach Maßgabe der aufgezeigten Theorie der wesentlichen Bedingung nichts ändern. Einen hinreichend klaren Beweisantrag zu einem Primärschaden vor 1976 hat der Kläger im Übrigen nicht gestellt.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.
(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.
(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.10.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
3Der am 00.00.1980 geborene Kläger leidet maßgeblich an einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung. Bis zur achten Klasse besuchte er das Gymnasium, wechselte dann bis zur zehnten Klasse auf eine Privatschule und absolvierte sodann die Oberstufe am Berufskolleg für Hörgeschädigte, wo er das Abitur erwarb. Der Kläger studierte zunächst Wirtschaftswissenschaften, brach dieses Studium aber ab und studierte bis zuletzt Sportwissenschaften. Er besitzt eine Fußballtrainerlizenz und war bis Oktober 2014 ehrenamtlich als Trainer tätig.
4Auf einen ersten Antrag im Jahr 1993 stellte das Versorgungsamt E mit Bescheid vom 09.03.1994 einen GdB von 30 fest. Dem lag die Bewertung einer zentralen Fehlhörigkeit mit einem Einzel-GdB von 30 und einer Allergieneigung mit einem Einzel-GdB von 10 zugrunde. Im Rahmen einer Nachprüfung entstand Streit über den Umfang der Mitwirkungspflichten des Klägers, woraufhin das Versorgungsamt E den früheren Bescheid aufhob und die konkret begehrte Verlängerung der Bescheinigung für das Finanzamt nach §§ 60, 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) versagte. In einem hiergegen gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dortmund (S 20 (25) SB 321/98) erstellte die HNO-Ärztin Dr. I ein Sachverständigengutachten und sah aufgrund der auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung eine kognitive Teilleistungsschwäche, die mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Das damals beklagte Land hob daraufhin den angefochtenen Versagungsbescheid auf.
5Am 18.01.2001 beantragte der Kläger die rückwirkende Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab dem 01.01.1993. Wegen erneutem Streit über die Mitwirkungspflichten versagte das Versorgungsamt E 2003 nach §§ 60, 66 SGB I die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. In einem anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dortmund (S 20 SB 348/13) einigten sich die Beteiligten am 27.04.2004 auf die Veranlassung einer Begutachtung im Verwaltungsverfahren und Neubescheidung.
62006 erstellte die Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. C im Auftrag des Versorgungsamtes E ein Gutachten. Sie stellte eine durchschnittliche Intelligenz und unauffällige Wesenszüge fest, wobei das inhaltliche Denken auf das Bestehen einer cerebralen Leistungsminderung fixiert gewesen sei. Eine solche liege aber nicht vor. Sie diagnostizierte eine Entwicklungsstörung mit zentraler Fehlhörigkeit, die ebenso wie der GdB insgesamt mit 30 zu bewerten sei. Das Versorgungsamt E lehnte den Antrag auf Feststellung eines höheren GdB mit Bescheid vom 29.03.2007 ab. Der Kläger legte am 16.04.2007 Widerspruch ein. Sein psychischer Zustand habe sich verschlechtert, weshalb er eine Verhaltenstherapie begonnen habe. Das Versorgungsamt E holte einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. M und eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. M1 ein. Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 22.08.2007 zurück.
7Am 04.09.2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Dortmund Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) erhoben. Er hat vorgetragen, die Schwerbehinderung werde belegt durch die Schwierigkeiten in der Schule, die Übernahme der Kosten der Privatschule im Wege der Eingliederungshilfe, die fehlende Vermittelbarkeit einer geeigneten Ausbildungsstelle durch die Arbeitsverwaltung, den Abbruch des Studiums der Wirtschaftswissenschaften und die Länge des Studiums der Sportwissenschaften, die fortdauernde Notwendigkeit einer Therapie sowie die Fortzahlung des Kindergeldes durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV), das von einer Erwerbsunfähigkeit ausgehe. Es liege eine Hirnleistungsschwäche im mittleren Bereich vor, die bereits eine Schwerbehinderung bedeute.
8Das Sozialgericht hat Befundberichte des Neurologen und Psychiaters Dr. M, des praktischen Arztes O und des HNO-Arztes Dr. G sowie ein Sachverständigengutachten nach §§ 103, 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Neurologen und Psychiater Dr. I eingeholt. Dr. M hat einen GdB von 50 wegen ausgeprägter hirnorganischer Teilleistungsstörung befürwortet. Es bestünden u.a ein Tinnitus, Kopf- und Nackenschmerzen, aber auch eine psychophysische Stressreaktion, eine generalisierte Angststörung und ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Der behandelnde Arzt O hat u.a. ein chronisch-funktionelles Wirbelsäulenleiden sowie eine somatoforme Belastungs- und Angststörung angegeben. Dr. G hat ab 2007 einen Tinnitus aurium mit erheblichen psychischen Begleiterscheinungen angegeben. Der GdB liege insgesamt bei mindestens 40. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. I hat der Kläger diesem gegenüber einen seit zehn Jahren bestehenden Tinnitus angegeben. Er - der Kläger - habe in der Schulzeit häufig Kopfschmerzen gehabt, vor allem bei Stress. Teilweise könne er sich über längere Strecken gut konzentrieren, brauche dann aber eine entsprechende Erholung. Stimmungsschwankungen träten nur unter Stress auf. 2006 sei es ihm vorübergehend schlechter gegangen, die dann begonnene Therapie habe aber Wirkung gezeigt. Der Sachverständige Dr. I hat einen weitgehend unauffälligen psychopathologischen Befund bei lediglich leichter thematischer Einengung auf die Beschwerdesymptomatik festgestellt. Während der mehrstündigen Exploration habe sich kein Hinweis auf eine Störung der kognitiven Funktionen gefunden. Es lasse sich weder eine Agoraphobie noch ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom objektivieren. Die auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung sei entsprechend einer Niederschrift des Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) entsprechend einer sensorischen Aphasie zu bewerten. Das Ausmaß der Beeinträchtigung des Klägers entspreche einem leichten Hirnschaden und sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, zumal die Probleme nicht durchgängig, sondern nur zeitweise bzw. situationsabhängig bestünden. Eine Vergleichbarkeit mit einem Hirnschaden mit mittelgradigen kognitiven Leistungsstörungen liege eindeutig nicht vor. Es liege außerdem eine Angststörung vor, die 2006 vorübergehend mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten gewesen sei, so dass der GdB insgesamt grundsätzlich 30 und lediglich im Jahr 2006 für etwa 9 Monate 40 betragen habe.
9Der Kläger hat u.a. eingewandt, der Sachverständige habe die Kopfschmerzsymptomatik außer Acht gelassen. Er sei außerdem schon immer depressiv gewesen und weiterhin in Behandlung.
10Das Land NRW und nach Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung der an dessen Stelle getretene Beklagte haben unter Bezugnahme auf versorgungsärztliche Stellungnahmen der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. C, des Psychiaters und Sozialmediziners Dr. N sowie der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. X zunächst die Feststellung eines GdB von 40 ab Januar 2007, später nur noch die Feststellung eines GdB von 40 für April bis Dezember 2006 angeboten. Vor 2006 seien stärkere psychische Probleme nicht belegt.
11Das Sozialgericht hat den Beklagten unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten verurteilt, für den Zeitraum April bis Dezember 2006 einen GdB von 40 festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die vom Sachverständigen Dr. I vorgenommene Bewertung des führenden Leidens ergebe sich unabhängig davon, ob als Maßstab eine Aphasie, ein seelisches Leiden oder Hörstörungen herangezogen würden.
12Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 03.11.2011 zugestellte Urteil am 23.11.2011 Berufung eingelegt.
13Er trägt vor, er benötige einen Schwerbehindertenausweis für Prüfungserleichterungen und zur Abwendung jährlicher Begutachtungen durch die Kindergeldkasse. Die Untersuchung durch den Sachverständigen habe unter Optimalbedingungen stattgefunden und sei insofern nicht aussagekräftig. Es müsse festgestellt werden, ob ein Hirnschaden vorliege. Er sei besonders beruflich betroffen. Bei verfassungskonformer Auslegung sei dies im Schwerbehindertenrecht ebenfalls zu berücksichtigen. Das Arbeitsamt bestätige in regelmäßigen Abständen, dass er erwerbsunfähig sei. Er gehe nur einmal im Jahr in die Disco, im Kino sei er zuletzt 2006 gewesen, wo er kollabiert sei. Er nimmt u.a. Bezug auf einen Befund des "BlickLabor" Kevelaer, wonach auch eine Blickstörung vorliege. Zuletzt sei vom Kopfschmerzzentrum des Universitätsklinikums Essen ein chronischer Spannungskopfschmerz und eine Migräne ohne Aura festgestellt worden. Außerdem bestehe eine erhebliche Beeinträchtigung der Wirbelsäule.
14Der Kläger beantragt,
15das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.10.2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Versorgungsamtes E vom 29.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 22.08.2007 zu verurteilen, bei ihm ab dem 27.04.2004 einen GdB von mindestens 50 festzustellen, hilfsweise gemäß § 109 SGG ein neurologisches Gutachten von einem noch zu benennenden Arzt einzuholen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Der Beklagte nimmt Bezug auf versorgungsärztliche Stellungnahmen der Chirurgin Dr. N und der Ärztin L.
19Der Senat hat ein für die Agentur für Arbeit I erstelltes Gutachten des Neurologen, Psychotherapeuten und Sozialmediziners Dr. H, eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. I, einen Befundbericht der Orthopäden Dr. Q et al. sowie Sachverständigengutachten nach §§ 103, 106 SGG des Direktors der HNO-Klinik des Universitätsklinikums der Ruhr-Universität-C Prof. Dr. E und des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. X1 eingeholt. Dr. H hält das Leistungsvermögen für aufgehoben. Der Sachverständige Dr. I führt aus, das Gutachten von Dr. H enthalte keine Befunde, die seine Schlussfolgerung stützten. Er verweist darauf, dass der Kläger studiere, als Trainer tätig sei und üblichen Freizeitaktivitäten nachgehe. Dr. Q et al. gehen von mittelgradigen Beeinträchtigungen in einem Wirbelsäulenabschnitt aus. Der Sachverständige Prof. Dr. E führt aus, ton- und sprachaudiometrisch bestehe Normalhörigkeit. Der Tinnitus sei nicht lärmbedingt. Die mutmaßliche zentrale Hörstörung sei schon abstrakt kaum beweisbar. Im Fall des Klägers komme hinzu, dass dieser mit den Testmethoden seit langem vertraut sei. Es lägen zum Teil divergierende Testergebnisse vor. Es bestehe keine signifikante Intelligenzminderung. Der GdB betrage 30. Der Sachverständige Dr. X1 stellt eine nur geringgradige funktionelle Beeinträchtigung der Halswirbelsäule fest. Ein erst 2013 nachgewiesener Bandscheibenvorfall könne die schon länger geklagten Kopfschmerzen nicht erklären. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers bestünden erste Anzeichen einer chronifizierten Schmerzerkrankung. Der Einzel-GdB für den Rumpf könne unter deren Einbeziehung mit einem schwachen 20er Wert angesetzt werden, wirke sich aber nicht auf den Gesamt-GdB aus.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, die Gerichtsakten der Verfahren S 20 (25) SB 321/98 und S 20 SB 348/03 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht im Wesentlichen abgewiesen. Denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nur in dem Umfang im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, als diese durch das Sozialgericht aufgehoben worden sind; im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig.
23Mit Auflösung der Landesversorgungsverwaltung und Übertragung der Aufgaben nach den §§ 69, 145 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) auf die Kreise und kreisfreien Städte durch §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des als Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 erlassenen Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen ist der Ennepe-Ruhr-Kreis als Funktionsnachfolger des Landes NRW kraft Gesetzes Beklagter geworden (vgl. hierzu grundlegend LSG NRW Urteil vom 12.02.2008 - L 6 SB 101/06, juris und Urteil vom 05.03.2008 - L 10 SB 40/06, juris; BSG Urteil vom 23.04.2009 - B 9 SB 3/08 R, juris Rn 15 ff; allgemein zum Beteiligtenwechsel bei Funktionsnachfolge Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 99 Rn 6a).
24Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bezugspunkt für die Frage einer wesentlichen Änderung ist die mit Bescheid vom 09.03.1994 erfolgte Feststellung eines GdB von 30. Eine wesentliche Änderung dergestalt, dass der GdB ab Antragstellung im Jahr 2004 mehr als 30 beträgt, liegt abgesehen von einer vorübergehenden Verschlechterung im Jahr 2006, der das Sozialgericht mit einer entsprechenden Teilstattgabe bereits Rechnung getragen hat, nicht vor.
25Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft von den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden festgestellt, § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für diese Feststellung die Maßstäbe der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassenen Rechtsverordnung (VersMedV vom 10.12.2008) und insbesondere ihrer Anlage 2 (VMG) entsprechend. Die Bemessung des (Gesamt-)GdB ist dabei in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B, juris Rn 5 m.w.N.). In einem ersten Schritt sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in den VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann, in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB, in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der maßgebliche (Gesamt-)GdB zu bilden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, juris Rn 18 m.w.N.). Außerdem sind nach Teil A Nr. 3b VMG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R, juris Rn 25; vgl. zum Ganzen auch LSG NRW, Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11, juris Rn 42 ff und daran anschließend BSG, Beschluss vom 17.04.2013 - B 9 SB 69/12 B, juris Rn 8 ff). Soweit im vorliegenden Fall für die Zeit bis zum Inkrafttreten der VersMedV die sogenannten "Anhaltspunkte" maßgeblich sind, sind diese im Hinblick auf die hier entscheidenden Tatbestände inhaltsgleich.
26Führendes Leiden ist die auditive Verarbeitungsstörung. Nach der Niederschrift des Sachverständigenbeirats vom 28./29.04.1999 sind auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen analog einer sensorischen Aphasie zu bewerten, wobei GdB-mindernd zu berücksichtigen sei, dass bei einer auditiven Störung typischerweise keine Hirnschädigungen vorliegen. Dass die Stellungnahme speziell zu Störungen bei Kindern erging, ist unschädlich. Gemäß Ziffer 26.3 AHP 2004/2008 sowie Teil B Nr. 3.1.2 VMG sind Hirnstörungen mit kognitiven Leistungseinschränkungen bei Leichtgradigkeit mit einem GdB von 30-40 und bei Mittelgradigkeit (z.B. Aphasie mit deutlicher bis sehr ausgeprägter Kommunikationsstörung) mit einem GdB von 50-80 zu bewerten. Eine Mittelgradigkeit, also etwa eine deutliche bis sehr deutliche Kommunikationsstörung, besteht hier nicht. Der Kläger ist nur dann beeinträchtigt, wenn er unter Stress steht bzw. wenn eine laute Geräuschkulisse vorherrscht. Dass dies kein Dauerzustand ist, ergibt sich sowohl aus den Beobachtungen der Sachverständigen selbst als auch aus den Angaben des Klägers gegenüber den Sachverständigen. Der Sachverständige Dr. I gab etwa an, über die mehrstündige Begutachtung hinweg seien keine Hinweise auf Störungen der kognitiven Funktionen zu beobachten gewesen. Der Kläger gab dort an, sich teilweise auch sehr lange konzentrieren zu können. So habe er einen Segelintensivkurs absolviert und die A-Lizenz als Fußballtrainer erworben. Probleme habe er vor allem in großen Hörsälen. Gemäß Teil A Nr. 2f Satz 3 VMG ist Schwankungen im Gesundheitszustand mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Dies ist auf die hier nur situativ gegebene Beeinträchtigung zu übertragen. Eine Hirnschädigung ist weder belegt noch bestehen hierfür trotz langjähriger ärztlicher Behandlung und diverser Begutachtungen Hinweise. Ein höherer Einzel-GdB als 30 ist damit nicht möglich. Dies zeigt auch der Vergleich mit Hörgeschädigten, bei denen gemäß Teil B Nr. 5.2.4 VMG ein Einzel-GdB von 40 erst dann erreicht wird, wenn auf einem Ohr eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit und auf dem anderen Ohr eine zumindest mittelgradige Schwerhörigkeit besteht. Soweit der Kläger über die reine Wahrnehmungs- bzw. Verarbeitungsstörung weitere Symptome wie Konzentrationsprobleme und zuletzt unter Bezugnahme auf den Befund des "BlickLabor" Kevelaer u.a. eine Blickstörung geltend macht, sind diese Symptome bereits in die Bewertung einbezogen worden, so etwa ausdrücklich vom Sachverständigen Prof. Dr. E.
27Eine von der auditiven Verarbeitungsstörung zu trennende relevante psychische Störung liegt nicht vor. Gemäß Teil B Nr. 3.7 VMG ist eine leichtere psychische Störung mit einem GdB von 10-20 und erst eine Erkrankung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem GdB von mindestens 30 zu bewerten. Ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oder eine Agoraphobie liegen nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. I nicht vor. Eine relevante depressive Symptomatik konnte von ihm ebenfalls nicht festgestellt werden. Der Kläger berichtete lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum in 2006 von einer stärkeren Beeinträchtigung. Unter der Therapie habe sich diese deutlich gebessert. Trotz der vom Klägervertreter betonten seltenen Disco- und Kinobesuche besteht ausweislich der vom Sachverständigen Dr. I wiedergegebenen Schilderungen des Klägers ein intaktes Sozialleben. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ergibt sich auch weder aus den wiederholt beschriebenen Somatisierungs- und hypochondrischen Tendenzen, noch wird sie durch die wohl fortdauernde therapeutische Behandlung belegt.
28Eine für die GdB-Bildung relevante Migräneerkrankung ist ebenfalls nicht gegeben. Eine echte Migräne bedingt nach Teil B Nr. 2.3 VMG erst ab einer Mittelgradigkeit (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) einen GdB von 20-40. Kopfschmerzen sind analog zu bewerten (Wendler/Schillings, 6. Aufl. 2013, S. 113 m.w.N.). Eine solche Mittelgradigkeit lässt sich hier nicht objektivieren. Der Kläger hat gegenüber dem Sachverständigen Dr. I Kopfschmerzen vor allem für die lange zurückliegende Schulzeit angegeben. In den Gutachten von Dr. C und dem Sachverständigen Prof. Dr. E findet sich kein bzw. kaum entsprechender Beschwerdevortrag. Gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. E gab der Kläger lediglich an, während der Untersuchung im Verlauf einer Inhaltsangabe zu einem auditiv gegebenen Text seien zunehmend u.a. Kopfschmerzen aufgetreten. Der Sachverständige Prof. Dr. E führt hierzu aus, diese Beschwerden seien äußerlich nicht erkennbar gewesen. Im Übrigen besteht eine Überschneidung mit der Verarbeitungsstörung bzw. mit der zuletzt vom Sachverständigen Dr. X1 angenommenen beginnenden chronischen Schmerzerkrankung.
29Die Gesamtheit der dem Funktionssystem Psyche zuzuordnenden Störungen nach den übereinstimmenden und überzeugenden Beurteilungen sämtlicher Sachverständigen, denen der Senat folgt, sind jedenfalls nicht derart ausgeprägt, dass sie einen GdB von mehr als 30 rechtfertigt. Die zum Teil deutlich nach oben abweichenden Einschätzungen behandelnder Ärzte überzeugen schon mangels entsprechender Begründungen nicht.
30Das Wirbelsäulenleiden führt zu keiner Anhebung des GdB. Gemäß Teil B Nr. 18.9 VMG können erst mittelgradige Schäden in einem Wirbelsäulenabschnitt einen GdB von 20 begründen. Der Sachverständige Dr. X1 sieht unter überzeugender Bezugnahme auf die nur leichte Bewegungseinschränkung nur geringe funktionelle Auswirkungen. Die von ihm angenommene beginnende chronische Schmerzerkrankung führt nach seinen Ausführungen nur zu einer moderaten und nicht Gesamt-GdB-relevanten Erhöhung.
31Weitere Leiden, die für die GdB-Bildung relevant sein könnten, sind nicht erkennbar.
32Ein besonderes berufliches Betroffensein ist gemäß Teil A Nr. 2b VMG und wegen des fehlenden Verweises auf § 30 Abs. 2 BVG in § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX nicht beachtlich (vgl. etwa LSG NRW, Urteil vom 17.08.2006 - L 7 SB 39/05, juris Rn 25), ein Verfassungsverstoß nicht ersichtlich.
33Nach Einholung neurologisch-psychiatrischer, hno-ärztlicher und chirurgisch-sozialmedizinischer Gutachten sind keine weiteren Ermittlungsansätze ersichtlich. Die vom Kläger zuletzt in den Vordergrund gerückten Kopfschmerzen waren bereits Gegenstand der genannten Gutachten. Eine gerade seit der neurologisch-psychiatrischen Begutachtung eingetretene wesentliche Verschlimmerung wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
34Dem hilfsweisen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG war nicht stattzugeben. Zum einen reicht die bloße Ankündigung der Benennung eines bestimmten Arztes für einen wirksamen Antrag nicht aus (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rn 4). Zum anderen kann das Gericht den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist, § 109 Abs. 2 SGG. Das war hier der Fall. Eine Verzögerung wäre deshalb eingetreten, weil der Antrag erst in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist und bei einer Stattgabe eine Vertagung erforderlich gewesen wäre. Eine Verspätung aus grober Nachlässigkeit liegt vor, wenn der Beteiligte den Antrag nicht spätestens dann innerhalb angemessener Frist stellt, wenn er erkennen muss, dass das Gericht keine (weiteren) Erhebungen von Amts wegen durchführt (vgl. Keller, a.a.O., Rn 11). Hier war für den Kläger bereits Ende Oktober 2014 mit Erhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dr. X1 klar, dass der Senat keine weitere Sachaufklärung beabsichtigte. Denn der Senat hatte mit der Übersendung des Gutachtens angefragt, ob angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Berufung aufrechterhalten werde. Am 17.12.2014 wurde dem Kläger sodann die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung zugestellt. Selbst in seinem Schriftsatz vom 27.12.2014 erwähnte der Kläger einen Antrag nach § 109 SGG nicht.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.
(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Tenor
-
Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Oktober 2011 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 aus den Verwaltungsakten zu entfernen. Die Berufung der Klägerin wird auch insoweit zurückgewiesen.
-
Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Löschung beratungsärztlicher Stellungnahmen und eines Schriftsatzes aus den Verwaltungsakten der Beklagten, sowie ob sie nach § 44 SGB X einen Anspruch auf Rücknahme der Entscheidung über die Ablehnung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 hat.
- 2
-
Am 24.10.2001 erlitt die Klägerin einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als ihr Fahrzeug auf der Autobahn in einer Linkskurve einen Defekt an der Servolenkung hatte. Sie konnte das Fahrzeug nicht mehr lenken, es jedoch auf einem zufällig in gerader Fahrtrichtung gelegenen Parkplatz anhalten. Die Klägerin zeigte der Beklagten das Ereignis als Arbeitsunfall an. Die Beklagte stellte durch Verwaltungsakt im Bescheid vom 11.6.2004 das Ereignis als Arbeitsunfall fest. Durch weiteren Verwaltungsakt in diesem Bescheid lehnte sie die Gewährung einer Verletztenrente ab. Der Widerspruch blieb im Widerspruchsbescheid vom 13.8.2004 ohne Erfolg.
- 3
-
In dem deswegen angestrengten Rechtsstreit sprach das SG Karlsruhe der Klägerin unter Anerkennung einer Panikstörung als Unfallfolge mit Urteil vom 10.2.2006 (S 4 U 3809/04) eine Rente nach einer MdE um 20 vH zu und wies die weitergehende Klage ab. Beide Beteiligten legten Berufung ein. Das LSG hob mit Urteil vom 21.2.2008 das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Klagen insgesamt ab. Das LSG stützte sich auf das von ihm eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Fo. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hob das BSG mit Beschluss vom 18.11.2008 (B 2 U 101/08 B) das Urteil des LSG auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück. Das Gutachten Prof. Dr. Fo. sei nicht verwertbar, da es in wesentlichen Teilen nicht durch den Sachverständigen selbst, sondern durch den mitunterzeichnenden Arzt erstellt worden sei (Verletzung des § 407a Abs 2 Satz 1 ZPO). In dem wiedereröffneten Berufungsverfahren verblieb das LSG mit Urteil vom 14.5.2009 (L 10 U 5978/08) bei seiner ursprünglichen Entscheidung. Auch gegen dieses Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die durch Beschluss des Senats vom 4.8.2009 (B 2 U 164/09 B) als unzulässig verworfen wurde.
- 4
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Noch vor Beendigung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde beantragte die Klägerin am 19.6.2009 bei der Beklagten, alle gutachterlichen Stellungnahmen in den Verwaltungsakten zu löschen, namentlich die ihr bekannten Stellungnahmen der Dres. W., H. und F. Sie beantragte auch, den Bescheid vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 "aufzuheben". Auf diesen Antrag hin entfernte die Beklagte die Stellungnahmen des Dr. F. vom 13.10.2003 und des Dr. W. vom 9.4.2005 aus den Verwaltungsakten.
- 5
-
Durch Verwaltungsakt im Bescheid vom 28.8.2009 lehnte die Beklagte es ab, den Bescheid vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 zurückzunehmen und ein neues Verwaltungsverfahren einzuleiten. Trotz Löschung der beiden ärztlichen Gutachten bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der genannten Bescheide. Die Beklagte lehnte es durch weiteren Verwaltungsakt in demselben Bescheid aber ab, weitere ärztliche Stellungnahmen zu löschen. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 5.2.2010).
- 6
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Die Klägerin hat Klage zum SG Karlsruhe erhoben, mit der sie unter Anfechtung dieser Bescheide die Zurücknahme der Rentenablehnung (Verwaltungsakt vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004), Zahlung einer Rente sowie die Löschung aller beratungsärztlichen Stellungnahmen, insbesondere derjenigen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004, des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 sowie der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 begehrte. Das SG hat die Klagen durch Gerichtsbescheid vom 11.11.2010 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, die zu löschenden ärztlichen Stellungnahmen seien unter Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII zustande gekommen. Nach Löschung der ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich eine neue Tatsachenlage, sodass die Beklagte in die Überprüfung der ursprünglichen Verwaltungsakte eintreten müsse. Dieser Anspruch sei auch deshalb gegeben, weil für das vom LSG im früheren Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Fo. ein Beweisverwertungsverbot bestehe, wie das BSG mit Beschluss vom 18.11.2008 entschieden habe. Das LSG hat mit Urteil vom 28.10.2011 den Bescheid der Beklagten vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 geändert und die Beklagte verpflichtet, auch die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 aus der Verwaltungsakte zu entfernen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
- 7
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Die Klägerin und die Beklagte haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.
- 8
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Die Klägerin macht geltend, sie habe Anspruch auf Löschung der Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 und eines Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005, weil ein Verstoß gegen § 200 Abs 2 SGB VII vorliege. Außerdem beansprucht sie die Aufhebung der Rentenablehnung im Bescheid vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 auf der Grundlage des § 44 Abs 1 SGB X und Zahlung einer Rente wegen des fraglichen Arbeitsunfalls. Das Urteil des LSG beruhe auch auf einer Verletzung des § 44 SGB X. Das LSG lehne einen Anspruch auf Zurücknahme der ablehnenden Entscheidung über eine Rente ab, obwohl aufgrund der zu löschenden ärztlichen Stellungnahmen und Gutachten eine hinreichende Tatsachengrundlage zur Beurteilung des Rentenanspruchs der Klägerin nicht mehr vorliege. Insbesondere sei das Gutachten des Prof. Dr. Fo. unverwertbar, weil dieses unter Verstoß gegen § 118 Abs 1 SGG iVm § 407a Abs 2 ZPO zustande gekommen sei und deshalb einem Beweisverwertungsverbot unterliege. Die Beklagte müsse den Anspruch erneut prüfen und eine Rente zahlen.
- 9
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Die Klägerin beantragt:
1.
Das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28.10.2011 wird abgeändert.
2.
Der Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 11.11.2010 wird aufgehoben.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, den Schriftsatz der Beklagten vom 18.4.2005 sowie die gutachterliche Stellungnahme des Herrn Dr. H. vom 27.3.2006 aus den Verwaltungsakten zu entfernen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheids vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 sowie des Bescheids vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 der Klägerin aufgrund des Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
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Die Klägerin beantragt weiterhin,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.10.2011 insoweit aufzuheben, als die Beklagte darin verpflichtet wird, die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4.2004 und 28.5.2004 aus der Verwaltungsakte zu entfernen und die Berufung insoweit zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt weiterhin,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Das Urteil des LSG beruhe auf einer Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII, soweit das LSG ein Beweisverwertungsverbot mit Fernwirkung für die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 angenommen habe. Diese könnten in der Verwaltungsakte verbleiben, verwertet und der Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Entscheidungsgründe
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Die nach Zulassung der Revision durch das LSG jeweils form- und fristgerecht eingelegten Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind zulässig.
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Die Klägerin begehrt die Änderung des Urteils des LSG, weil sie mit der Anfechtungs- und Leistungsklage die Entfernung des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 sowie der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 aus den Verwaltungsakten beanspruchen könne (1.). Sie beantragt auch, das Urteil des LSG im Hinblick auf die Entscheidung über das zweite, in objektiver Klagehäufung (§ 56 SGG) verbundene Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsbegehren zu ändern. Die Beklagte sei zu verurteilen, unter Aufhebung der Ablehnung einer Rücknahme und unter Verpflichtung zur Zurücknahme des die Rente ablehnenden Bescheids vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004, der Klägerin aufgrund des Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (2.). Schließlich begehrt die Beklagte mit ihrer Revision die Aufhebung der vom LSG ausgesprochenen Verpflichtung zur Löschung der ärztlichen Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 aus den Verwaltungsakten (3.).
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet, diejenige der Beklagten ist begründet.
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1. Das wegen des Löschungsanspruchs zuletzt noch verfolgte Anfechtungs- und Leistungsbegehren der Klägerin ist hinreichend bestimmt und auch sonst zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Klägerin verfolgt in der Revision nur noch einen Anspruch auf Löschung der Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 (hierzu unter b) und eines Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 (hierzu sogleich unter a).
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Die Anträge sind insoweit auch hinreichend bestimmt. Zwar bezieht sich der Antrag der Klägerin nicht auf einzelne Passagen mit Sozialdaten in den streitigen Dokumenten (vgl zu dieser Frage BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 17/09 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 2 RdNr 23). Der geltend gemachte Löschungsanspruch nach § 84 SGB X würde aber leer laufen, wenn aus einem Dokument - quasi Zeile für Zeile - die beanstandeten Sozialdaten benannt und deren Löschung, Entfernung usw jeweils einzeln beantragt werden müsste. Das verbleibende Dokument wäre zudem ohne Bezug zu einer konkreten Person oder einem konkreten Lebenssachverhalt und deshalb unbrauchbar.
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Die Klägerin hat aber keinen Löschungsanspruch. Nach § 84 Abs 2 Satz 1 SGB X sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Die Beklagte war zuständig und befugt, über den Löschungsanspruch der Klägerin zu entscheiden. Die "Speicherung" des Gutachtens war zulässig. Die Beklagte hat nach den Maßstäben des Sozialdatenschutzes zulässig gehandelt (§ 67c Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB X), als sie den Schriftsatz vom 18.4.2005 und die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 zur Erfüllung ihrer Aufgaben in die Verwaltungsakte einfügte, denn sie hatte auf Antrag der Klägerin über das Bestehen eines Anspruchs auf Feststellung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 56 SGB VII) zu entscheiden (vgl auch BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 17/09 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 2 RdNr 23).
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Der Senat hat bereits mit Urteil vom 20.7.2010 (aaO) infrage gestellt, ob § 200 Abs 2 SGB VII trotz seines Wortlauts, der eine solche Rechtsfolge nicht ausdrücklich vorsieht, so ausgelegt werden kann, dass die Vorschrift die Unzulässigkeit der Speicherung eines Gutachtens hinreichend bestimmt anordnet(BSG aaO RdNr 27 f). Diese Frage muss weiterhin nicht beantwortet werden, denn im vorliegenden Fall lagen schon jeweils die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 200 Abs 2 SGB VII für eine Unzulässigkeit der Speicherung nicht vor.
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a) Ein Anspruch auf Löschung des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.4.2005 besteht nicht.
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Eine Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII durch Erstellung oder Einreichung des Schriftsatzes eines Beteiligten bei Gericht scheidet schon im Ansatz aus. Die Regelung statuiert für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung Rechtspflichten lediglich bei der Einholung von Gutachten. Ein solches liegt aber nicht in dem Schriftsatz der Beklagten vom 18.4.2005. Der damalige Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Beklagten hat im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens auf Veranlassung des LSG den Schriftsatz vom 18.4.2005 - ua zu medizinischen Fragen - beim LSG eingereicht. Stellungnahmen eines Beteiligten - auch wenn sie wie hier durch ein gesetzlich zuständiges Organ, im Rahmen von Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren abgegeben werden - sind keine Gutachten. Dies gilt auch dann, wenn ein solcher Schriftsatz teilweise Sozialdaten enthält und enthalten muss.
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Der Schriftsatz ist auch nicht aufgrund einer denkbaren Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots zu entfernen, denn die mögliche Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots betrifft nur (weitere) Beweismittel ("weiteres Beweismittel", so BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 63), nicht aber das bloße Vorbringen eines Beteiligten im Prozess.
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b) Auch ein Anspruch auf Löschung der ärztlichen Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 besteht nicht, weil auch diese kein Gutachten iS des § 200 Abs 2 SGB VII ist.
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Das LSG hat - insoweit für den Senat bindend (§ 163 SGG) - festgestellt, dass die Stellungnahme des Dr. H. vom 27.3.2006 zwölf Seiten umfasst und sich im Einzelnen mit dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr. He. vom 11.3.2005 auseinandersetzt. Inhaltlich stellt sich die Stellungnahme von Dr. H. danach als fachärztliche, kritische Bewertung des Gutachtens des Dr. He. dar, die nicht überwiegend von eigenen Auswertungen der Akten und eigenen Schlussfolgerungen geprägt ist. Auf der Grundlage dieser vom LSG getroffenen und nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen hat das LSG zu Recht den rechtlichen Schluss gezogen, dass die streitige beratungsärztliche Stellungnahme nicht die Merkmale eines Gutachtens iS des § 200 Abs 2 SGB VII erfüllt.
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"Nach ihrem Wortlaut und dem Regelungszusammenhang mit den §§ 67 ff SGB X gilt die zitierte Vorschrift(gemeint ist § 200 Abs 2 SGB VII) für Gutachten, die der Unfallversicherungsträger zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben in Auftrag gibt. Der Begriff des Gutachtens wird im Gesetz selber nicht definiert. Dem allgemeinen Sprachverständnis folgend fällt darunter nicht jedwede Äußerung oder Stellungnahme eines medizinischen oder technischen Sachverständigen zu einzelnen Aspekten des Verfahrensgegenstandes, sondern nur die umfassende wissenschaftliche Bearbeitung einer im konkreten Fall relevanten fachlichen Fragestellung durch den Sachverständigen" (so wörtlich BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 16, s auch aaO RdNr 19, 26). Ein Gutachten liegt nur vor, wenn die Beantwortung der Fragen durch einen externen Sachverständigen, dh durch eine Person erfolgt, die dem Unfallversicherungsträger nicht angehört und mit diesem auch keinen Dienst- oder Beratungsvertrag abgeschlossen hat (BSG aaO RdNr 19; so auch Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 200 RdNr 17).
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Die nach diesen rechtlichen Kriterien nicht die Qualität eines Gutachtens iS des § 200 Abs 2 SGB VII erreichende Stellungnahme des Dr. H. unterliegt auch nicht kraft Fernwirkung einem Beweisverwertungsverbot, denn Dr. H. nimmt nicht auf ein anderes Gutachten Bezug, das seinerseits wegen Verstoßes gegen eine Pflicht aus § 200 Abs 2 SGB VII unverwertbar wäre. Der Senat kann deshalb aus Anlass dieses Falles auch nicht entscheiden (vgl schon BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 3 RdNr 35 f), ob ein im Falle der Verletzung des § 200 Abs 2 Alt 1 SGB VII bestehendes Beweisverwertungsverbot für ein Gutachten eine Fernwirkung auf andere Beweismittel entfaltet, die das unverwertbare Beweismittel ihrerseits wiedergeben oder hierzu Stellung nehmen(kritisch dazu BSG aaO; bejahend aber BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 62 f).
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Denn auch das Gutachten des Dr. He., mit dem sich Dr. H. in seiner beanstandeten Stellungnahme auseinandersetzte, unterliegt keinem Beweisverwertungsverbot nach § 200 Abs 2 SGB VII. Eine Verletzung des § 200 Abs 2 SGB VII liegt nicht vor, weil nicht ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der allein Adressat der Pflichten dieser Regelung ist, das Gutachten des Dr. He. in Auftrag gegeben hat. Bei diesem Gutachten handelt es sich um ein Gerichtsgutachten, das nach Maßgabe der §§ 118 f SGG iVm §§ 402 f ZPO eingeholt wurde. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ihrerseits sind nicht verpflichtet, vor Erteilung eines Gutachtenauftrags die Beteiligten über ein Auswahlrecht oder ein Widerspruchsrecht zu belehren. Von dem vorliegenden Sachverhalt sind aber die Konstellationen zu unterscheiden, in denen ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung während eines Rechtsstreits selbst Aufträge für Gutachten vergibt. In diesen Fällen sind die Vorgaben des § 200 Abs 2 SGB VII wiederum zu beachten(dazu BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1).
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Das auf Löschung eines Schriftsatzes und einer ärztlichen Stellungnahme gerichtete Revisionsbegehren der Klägerin ist mithin unbegründet.
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2. Soweit die Klägerin mit der Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl zur Zulässigkeit dieser Kombination von Klagen: Mutschler in WzS 2009, 193, 196; Baumeister in jurisPK-SGB X, § 44 RdNr 154) die Beseitigung des ablehnenden Bescheids vom 28.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.2.2010 sowie die Zurücknahme der Rentenablehnung im Verwaltungsakt vom 11.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2004 (Ausgangsbescheid) und Zahlung einer Rente begehrt, ist ihre Revision ebenfalls unbegründet.
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Es liegen keine Anhaltspunkte iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X dafür vor, dass bei Erlass des Ausgangsbescheids das Recht unrichtig angewandt wurde. Auch hat sich nicht ergeben, dass die Beklagte seinerzeit von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich (inzwischen) als unrichtig erwiesen hat.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliegt das Gutachten des Prof. Dr. Fo. jedenfalls in diesem (neuen) Verfahren nicht kraft Bindungswirkung gemäß § 170 Abs 5 SGG einem Verwertungsverbot. Zwar hat der Senat mit Beschluss vom 18.11.2008 (B 2 U 101/08 B) das Urteil eines anderen Senats des LSG aufgehoben und die Sache dorthin zurückverwiesen. Das BSG hat dabei entschieden, das Gutachten des Prof. Dr. Fo. sei gemäß § 407a Abs 2 ZPO unverwertbar. Der Zurückverweisungsbeschluss nach § 160a Abs 5 SGG ist eine urteilsgleiche Entscheidung, welche Bindungswirkung hat(s § 170 Abs 5 SGG; dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 19d aE). Allerdings besteht die Bindungswirkung des Beschlusses gemäß § 170 Abs 5 iVm Abs 2 Satz 2 SGG nur gegenüber dem Gericht, an das das BSG im anhängigen Rechtsstreit zurückverwiesen hat. Dieses Gericht ist bei "seiner Entscheidung" an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts gebunden. Dagegen ist ein anderer Senat des LSG, der - wie hier - in einem späteren Rechtsstreit wegen eines Löschungsanspruchs nach § 200 Abs 2 SGB VII und eines Anspruchs nach § 44 SGB X mit der Sache befasst war, nicht an die rechtliche Beurteilung des BSG aus dem früheren Verfahren gebunden. Die Vorinstanz konnte hier aufgrund der inzwischen gewonnenen Erkenntnisse nach Maßgabe des § 128 Abs 1 SGG darüber entscheiden, ob das Gutachten des Prof. Dr. Fo. verwertbar ist, ohne an die Rechtsauffassung des BSG aus dem vorherigen Verfahren gebunden zu sein.
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Doch auch selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellen wollte, dass das Gutachten des Prof. Dr. Fo. unverwertbar ist, besteht dennoch kein Anspruch auf Zurücknahme des Ausgangsbescheids nach § 44 Abs 1 Satz 1 Alt 2 SGB X und Zahlung einer Rente.
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Die Unverwertbarkeit einer oder mehrerer unter vielen Berichten, Stellungnahmen und Gutachten indiziert einen Anspruch auf Rücknahme der die Rente ablehnenden Entscheidung nicht. Denn bei Prüfung eines Anspruchs auf Zugunsten-Entscheidung ist nicht entscheidungserheblich, ob ein Sachverständigengutachten verwertbar ist oder nicht, sondern ob zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim LSG (zum maßgeblichen Zeitpunkt einer Verpflichtungs- und Leistungsklage vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 34)Erkenntnisse vorliegen, die die damaligen tatsächlichen Annahmen der Beklagten im Jahre 2004 hinsichtlich des Vorliegens oder Nichtvorliegens psychischer Unfallfolgen als unrichtig erscheinen lassen.
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Auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel, zu denen auch die von Klägern vorgelegten Äußerungen von Hausärzten und Fachärzten (BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 3) sowie von Unfallversicherungsträgern vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahmen zählen (vgl Thüringer LSG vom 22.1.2009 - L 1 U 1089/06), hat das LSG zu Recht entschieden, dass die Beklagte im Jahr 2004 nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Das LSG hat sich ausführlich mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt und zur Verwertbarkeit des Gutachtens Prof. Dr. Fo. im Einzelnen argumentiert. Es hat aber gestützt auf das Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin sowie die umfangreich beigezogenen Befunde und Aussagen behandelnder Ärzte sowie die eingeholten anderen Gutachten auch den Senat iS des § 163 SGG bindend festgestellt, dass die Klägerin nach dem Abklingen der durch den Unfall hervorgerufenen akuten Belastungssituation nicht mehr zusätzlich psychisch belastet war und ist.
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3. Auf die Revision der Beklagten ist ihre Verurteilung durch das LSG, die Stellungnahmen des Dr. F. vom 28.4. und 28.5.2004 zu löschen, aufzuheben und die Entscheidung des LSG dahingehend abzuändern, dass die Berufung der Klägerin auch insoweit zurückgewiesen wird.
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Allerdings hat das LSG keine Feststellungen dazu getroffen, welche tatsächlichen Umstände die Stellungnahmen des Dr. F. kennzeichnen, sodass der Senat auf dieser Grundlage nicht prüfen konnte, ob diese als "Gutachten" iS des § 200 Abs 2 SGB VII anzusehen sind und deshalb einem Beweisverwertungsverbot unterliegen können. Das LSG hat seine Entscheidung nur auf die Begründung gestützt, dass die Beklagte einen Löschungsanspruch der Klägerin bezogen auf die "gutachtlichen Äußerungen" des Dr. F. vom 13.10.2003 anerkannt habe und daher nicht ersichtlich sei, weshalb nicht auch die Stellungnahmen vom 28.4. und 28.5.2004 "ohne weiteres" zu entfernen seien. Dem ist nicht zu folgen.
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Die Anerkennung eines Löschungsanspruchs für die ärztliche Stellungnahme des Dr. F. vom 13.10.2003 durch die Beklagte bezieht sich nicht ipso jure auf alle Äußerungen, die dieser Arzt als "Beratungsarzt der Beklagten" zu welchen Fragen und zu welchem Zeitpunkt auch immer abgegeben hat. Wenn überhaupt, kann § 200 Abs 2 SGB VII eine Unzulässigkeit der Datenspeicherung nur begründen, wenn Dr. F. im Auftrag der Beklagten zwei "Gutachten" erstattet hätte (vgl BSG vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 26).
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Wie bereits ausgeführt - vgl oben 1b) - sind an den Begriff des Gutachtens iS des § 200 Abs 2 SGB VII hohe Anforderungen zu stellen. Das LSG hat insoweit lediglich festgestellt, dass Dr. F. die Stellungnahmen vom 28.4. und 28.5.2004 als Beratungsarzt der Beklagten abgegeben hat. Zu Umfang und Inhalt der Stellungnahmen hat es aber keine Feststellungen getroffen. Der Senat hat daher aus Gründen der Prozessökonomie (Lüdtke in Hk-SGG, 4. Aufl 2012, § 163 RdNr 12) den Inhalt der Urkunden, so wie er sich aus den Verwaltungsakten ergibt, in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten unstreitig gestellt (zu dieser Möglichkeit: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 310; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 163 RdNr 5d). Dabei hat sich Folgendes ergeben:
- 40
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Die Stellungnahme des Dr. F. vom 28.4.2004 umfasst ca eine Seite an Text und beantwortete "aktenmäßig" eine Frage zu dem Entlassungsbericht der Psychosomatischen Fachklinik Bad D., in der die Klägerin behandelt worden war. Die Stellungnahme vom 28.5.2004 umfasst nur wenige Zeilen und beantwortete eine ergänzende Frage zur Kostenträgerschaft für diese Maßnahme. Beide Stellungnahmen beziehen sich weder auf Gutachten anderer Ärzte noch erwähnt Dr. F. seine Stellungnahme vom 13.10.2003.
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Die Stellungnahmen stellen sich inhaltlich damit weder als Gutachten gemäß § 200 Abs 2 SGB VII dar, noch handelt es sich um Ergänzungen zu dem gelöschten Gutachten vom 13.10.2003. Da § 200 Abs 2 SGB VII schon seinen tatbestandlichen Voraussetzungen nach nicht anwendbar ist, kann die Vorschrift die Unzulässigkeit der Speicherung der streitigen beratungsärztlichen Stellungnahmen nicht begründen.
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Die Unzulässigkeit der Speicherung dieser Stellungnahmen kann auch nicht aus einer möglichen Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots abgeleitet werden. Ein Beweisverwertungsverbot für den in den Stellungnahmen angesprochenen Bericht einer Psychosomatischen Fachklinik kommt nicht in Betracht, weil es sich auch bei dem Entlassungsbericht einer Klinik, in der der oder die Versicherte behandelt wurde, nicht um ein Gutachten iS des § 200 Abs 2 SGB VII handelt.
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Die Revision der Beklagten hatte daher Erfolg.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2008 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2005 wird insoweit aufgehoben, als die Erhöhung von Verletztenrente auch für einen Zeitraum vor 11. Juni 2006 abgelehnt wird. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 50 v.H. ab 1. November 2004 bis 11. Juni 2006 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 15. Mai 2001 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass das Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 wegen Rücknahme der Klage erledigt ist.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(1) Mit der Klage kann begehrt werden
- 1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, - 2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist, - 3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist, - 4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.
(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2012 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. April 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin bei einem Banküberfall Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.
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Die 1985 geborene Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Bank beschäftigt. Am 13.2.2009 wurde sie während ihrer Tätigkeit bei einem Banküberfall von dem Täter (S.) mit einer ungeladenen, jedoch wie eine echte Schusswaffe aussehenden Schreckschusspistole bedroht. S. richtete dabei die Waffe aus naher Entfernung deutlich sichtbar zunächst auf den Kollegen K. der Klägerin und forderte diesen auf, Bargeld in die mitgebrachte Stofftasche zu packen und ihm zu übergeben. K. und die Klägerin, die an einem Schreibtisch hinter dem Kundenschalter saß, gingen von der Echtheit der ihnen vorgehaltenen vermeintlichen Schusswaffe aus und fürchteten um ihr Leben. Nach der Tat war die Klägerin zwei Wochen arbeitsunfähig krank und wurde psychologisch behandelt. Aufgrund dieses Vorganges wurde S. vom Landgericht H. wegen schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 253, 255, 250 Abs 1 Nr 1b Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
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Der Antrag der Klägerin auf Entschädigung nach dem OEG blieb erfolglos (Bescheid des Beklagten vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010). Klage und Berufung sind für die Klägerin hingegen erfolgreich gewesen (Gerichtsbescheid des SG Heilbronn vom 23.4.2012 - S 2 VG 976/10 - und Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2012 - L 6 VG 2210/12).
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Das LSG hat die beigezogenen Überwachungsvideos vom Banküberfall in Augenschein genommen und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten zuvor den Streitgegenstand übereinstimmend auf die Feststellung beschränkt hatten, ob die Klägerin Opfer eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG geworden ist. Das SG habe der Klage zu Recht stattgegeben, weil die Klägerin am 13.2.2009 Opfer eines Banküberfalles geworden sei. Hierbei handele es sich um einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff (auch) gegenüber der Klägerin. Der Annahme eines tätlichen Angriffs stehe nicht entgegen, dass S. hierbei "nur" eine Schreckschusspistole bei sich geführt und damit beide Bankangestellten bedroht habe, weil es sich hierbei um eine täuschend echt aussehende Attrappe gehandelt habe. S. sei wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden, dh wegen eines erschwerten Falles einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leben oder Leib iS des § 255 StGB. S. habe, wenn auch nicht durch unmittelbaren Körperkontakt, körperlich auf die Klägerin eingewirkt, da er sie durch die gezielte Bedrohung zur Aufgabe ihrer Bewegungsfreiheit gezwungen habe. Hierzu habe er ein physisches Mittel eingesetzt, das aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten als einsatzfähige Schusswaffe angesehen worden wäre. Mit dieser Waffe habe S. ua auf die Klägerin gezielt; aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten habe kein Zweifel daran bestehen können, dass S. bereit gewesen sei, mit der Waffe auf die Klägerin zu schießen. Für die Klägerin habe nicht nur aus deren Sicht, sondern auch aus der maßgeblichen objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten akute Leibes- und Lebensgefahr bestanden, die sich jederzeit hätte realisieren können. Es liege andererseits eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor, würde der mit einer geladenen und entsicherten Schusswaffe Bedrohte dem Schutz des OEG unterstellt, derjenige aber, der auch aus Sicht eines vernünftigen Dritten derselben Gefahrenlage ausgesetzt ist und deshalb zB beim Fluchtversuch oder einer Notwehrhandlung zu Schaden komme, vom Anwendungsbereich des OEG ausgenommen (Urteil vom 13.12.2012).
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Mit seiner Revision rügt das beklagte Land eine Verletzung von § 1 Abs 1 S 1 OEG. Bei der Drohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole und somit einer lediglich vorgetäuschten, vermeintlichen Gefährdungssituation könne ein tätlicher Angriff nicht angenommen werden. Die vom Täter benutzte Waffe sei objektiv nicht geeignet gewesen, das Leben oder die körperliche Integrität der Klägerin zu gefährden. Eine intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung reiche insoweit nicht aus.
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Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.12.2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.4.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das in der Berufungsinstanz reduzierte isolierte Feststellungsbegehren der Klägerin, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist, ist bereits unzulässig(dazu unter 1.). Aber auch die vor dem SG noch zulässig erhobene Klage ist unbegründet, weil die Klägerin am 13.2.2009 nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist(dazu unter 2.). Die bloße Bedrohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole erfüllt die Voraussetzungen eines tätlichen Angriffs nicht. Eine erweiternde Auslegung von § 1 Abs 1 S 1 OEG kommt nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Betracht. Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Entsprechend waren der Gerichtsbescheid des SG vom 23.4.2012 sowie das Urteil des LSG vom 13.12.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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1. Die Klägerin konnte ihr Begehren in der Berufungsinstanz nicht zulässig auf die isolierte Feststellung und Antwort auf die Rechtsfrage beschränken, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei.
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a) Das SG hatte im Tenor seines Gerichtsbescheids noch festgestellt, dass das bei der Klägerin vorliegende posttraumatische Belastungssyndrom Folge eines tätlichen Angriffs sei. Im Berufungsverfahren stellte das LSG fest, dass es insoweit an ausreichenden Tatsachenfeststellungen fehlte. Das LSG wies die Beteiligten hierauf hin und veranlasste sie, sich darüber zu einigen, dass streitgegenständlich lediglich die Feststellung des schädigenden Ereignisses sein solle. Auf entsprechende Frage des Gerichts verzichtete die anwaltlich vertretene Klägerin sodann insoweit auf die Rechte aus dem Gerichtsbescheid, als darin ein posttraumatisches Belastungssyndrom festgestellt war.
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Das LSG hätte in dieser prozessualen Situation in der Sache nicht mehr entscheiden dürfen. Die Klägerin konnte ihre vor dem SG ursprünglich zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG; vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 3b und 13) im Berufungsverfahren nicht in zulässiger Weise auf die isolierte Feststellung beschränken, sie sei am 13.2.2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden. Ihr Feststellungsbegehren kann weder auf § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(dazu unter b) noch auf § 55 Abs 1 Nr 1 SGG(dazu unter c) gestützt werden, weil nur eine isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen im Sinne des OEG zulässig ist, nicht aber die Klärung einzelner Elemente als Vorfrage des Anspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 OEG.
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b) Nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Vorschrift ist ein Sonderfall der grundsätzlich unzulässigen Elementenfeststellungsklage (vgl hierzu allgemein: Keller, aaO, RdNr 9 f und 13 mwN). Sie dient der Klärung der haftungsbegründenden Kausalität, dh ob zwischen einer Schädigung im Sinne des BVG bzw des sozialen Entschädigungsrechts und dem Eintritt eines Primär- oder Erstschadens ein hinreichender Kausal- bzw Zurechnungszusammenhang besteht (vgl BSG Urteile vom 9.12.1998 - B 9 V 46/97 R - BSGE 83, 171 = SozR 3-3100 § 7 Nr 5, RdNr 11 nach Juris und - B 9 V 45/97 R - SozR 3-1500 § 141 Nr 6, RdNr 11 nach Juris). Der Senat hat zuletzt mit Urteil vom 29.4.2010 (B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 23 mwN) klargestellt, dass dies insbesondere dann von Bedeutung sein kann, wenn die eingetretene Gesundheitsstörung aktuell keinen Leistungsanspruch auslöst. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen (zB Heilbehandlung) sein (vgl auch Keller, aaO, RdNr 13, 13a mwN). Vor diesem Hintergrund hätte für die Klägerin rechtlich keine Veranlassung bestanden, ihr Klagebegehren zu reduzieren.
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Eine isolierte Feststellungsklage kommt auf der Grundlage des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG aber dann nicht in Betracht, wenn mit ihr nur die selbstständige Feststellung des Vorliegens anderer als in der Vorschrift genannter Tatbestandselemente des geltend gemachten Anspruchs begehrt wird(vgl BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 72 f mwN). Die Feststellung, ob ein bestimmtes Ereignis (hier: der Tathergang des Banküberfalls) ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, kommt nur im Zusammenhang mit der Feststellung bestimmter Schädigungsfolgen in Betracht. Liegen solche erkennbar nicht vor oder werden sie - wie vorliegend nicht (mehr) geltend gemacht - könnte die isolierte Feststellungsklage nur der Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage dienen. Selbst wenn diese im Sinne der Klägerin zu beantworten wäre, könnte dies als bloßes Teilelement der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG ohne Schädigungsfolgen keinerlei Ansprüche auslösen. Denn ein Vorgang, der keinen Körperschaden ausgelöst hat, führt nicht zur "Haftung" des Staates (vgl BSG, aaO).
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c) Ebenso scheidet eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG aus(aA LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 12.12.2007 - L 5 VG 15/05 - RdNr 25 Juris; vgl allgemein Keller, aaO, RdNr 13b). Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden(vgl Keller, aaO, RdNr 4). Ein derartiges öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis entsteht aber nicht bereits durch die bloße Feststellung der Vorfrage zu § 1 Abs 1 S 1 OEG, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff in diesem Sinne vorgelegen hat. Zwar hat das BSG eine "isolierte" Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für zulässig erachtet, wenn es um die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen geht, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls(§ 8 SGB VII) oder einer Berufskrankheit (§ 9 SGB VII) bestritten wird (vgl beispielhaft BSG Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 RdNr 12 f mwN; s auch Darstellung der Rechtsprechung bei Keller, aaO, RdNr 13b). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die hier vorliegende rechtliche Konstellation im sozialen Entschädigungsrecht scheidet aus den oben genannten Gründen aus; die bloße Feststellung des schädigenden Vorgangs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG begründet noch kein Leistungs- oder sonstiges Rechtsverhältnis nach dem BVG bzw sozialem Entschädigungsrecht.
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Ob das LSG auf die Berufung des beklagten Landes den Gerichtsbescheid des SG aufheben und die Klage aus den genannten Gründen hätte abweisen können, nachdem es das Begehren der Klägerin selbst auf eine - im vorliegenden Fall unzulässige - isolierte Feststellungsklage beschränken ließ, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte das LSG den Gerichtsbescheid aufgrund der festgestellten Tatsachen auch in der Sache aufheben und die Klage abweisen müssen. Denn die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG und damit auch für einen Anspruch auf Versorgung liegen nicht vor(dazu unter 2.).
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2. Die vom SG noch zu Recht für zulässig erachtete Klage war in der Sache materiell-rechtlich unbegründet, weil kein tätlicher Angriff vorgelegen hat.
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Nach § 1 Abs 1 S 1 OEG(in der Fassung vom 11.5.1976, BGBl I 1181) erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Zwar sind nicht nur physische Beeinträchtigungen, sondern auch psychische Gesundheitsschäden geeignet, einen Opferentschädigungsanspruch auszulösen. Sowohl physische als auch psychische Gesundheitsschäden müssen jedoch auf einen "tätlichen Angriff" zurückzuführen sein. Insoweit ist entscheidend, ob der Primärschaden und eventuelle Folgeschäden gerade die zurechenbare Folge einer körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person sind. Die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht für einen tätlichen Angriff dagegen nicht aus, auch wenn diese Drohung beim Opfer erhebliche gesundheitliche Folgen haben sollte.
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a) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung als einen "tätlichen Angriff" grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen (vgl zB Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN; Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 14 mwN) und die Entwicklung der Auslegung dieses Rechtsbegriffs zuletzt im Rahmen der Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff) und hinsichtlich des gesellschaftlichen Phänomens des "Stalking" umfassend dargelegt (vgl Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 33 ff). Dabei ist der Senat immer davon ausgegangen, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert(vgl BSG, aaO, RdNr 32 mwN). Der Senat ist dabei soweit gegangen, eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer für einen tätlichen Angriff genügen zu lassen, als sie zumindest mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter noch im Wege stand, sodass der Angriff nicht lediglich auf einer Drohung, sondern auch auf Anwendung tätlicher Gewalt basierte (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11).
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Soweit - wie im vorliegenden Fall - eine "gewaltsame" Einwirkung in Frage steht, ist nach der Senatsrechtsprechung schon immer zu berücksichtigen gewesen, "dass der Gesetzgeber durch den Begriff des 'tätlichen Angriffs' den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat"(BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18
, RdNr 36; vgl auch: BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 240 RdNr 8 ff mwN) wird der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt(vgl insbesondere Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f) und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein. Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft(vgl Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 113 RdNr 23; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 36 mwN).; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 ; s auch Darstellung bei Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigung anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 131 f)
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Der "tätliche Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG setzt trotz seiner inhaltlichen Nähe zur Gewalttätigkeit nach § 125 StGB auch nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus, sodass auch ein nicht zum (körperlichen) Widerstand fähiges Opfer von Straftaten unter dem Schutz des OEG steht(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 37 mwN).
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Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, zB eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht aus(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97, 114 = SozR, aaO, RdNr 41 und 62 f), auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und zB seelische Gesundheitsschäden davonträgt. Demgemäß hat der Senat eine Wertung als tätlicher Angriff auch für Telefonate, SMS, Briefe, Karten und dergleichen abgelehnt, weil es insoweit bereits an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung fehlte (vgl BSG, aaO, RdNr 71). Der Senat sah schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation als erreicht an, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen (vgl zuletzt: Beschlüsse vom 25.2.2014 - B 9 V 65/13 B - und vom 17. bzw 22.9.2014 - B 9 V 27 bis 29/14 B -, jeweils zu RdNr 6, wo den Opfern einer Erpressung ua damit gedroht wurde, Familienangehörige umzubringen und das Haus anzuzünden). Der Senat präzisiert dies dahingehend, dass ein tätlicher Angriff dann nicht vorliegt, wenn es an einer unmittelbaren Gewaltanwendung fehlt (dazu unter b).
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b) Soweit der Senat darüber hinaus einen "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG auch noch in einem Fall angenommen hat, in dem der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, weil eine derartige Bedrohung das Leben und die Unversehrtheit des Opfers objektiv hoch gefährde(vgl BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 9 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), hält er hieran nicht mehr fest. Dies gilt auch für die Senatsrechtsprechung, die im Umkehrschluss die bloße Drohung zu schießen, mangels einer objektiv erhöhten Gefährdung des Bedrohten nicht hat ausreichen lassen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 20).
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Nach dieser Rechtsprechung läge im vorliegenden Fall ein tätlicher Angriff schon deshalb nicht vor, weil der Täter der Klägerin lediglich eine objektiv ungefährliche Schreckschusspistole vorhielt. Der Senat sieht sich vor dem Hintergrund der aktuell vorliegenden Konstellation im Verhältnis zu den Entscheidungen vom 24.7.2002 (B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 - "Drohung mit einer scharfgeladenen und entsicherten Schusswaffe") und vom 2.10.2008 (B 9 VG 2/07 R - "bloße Drohung zu schießen, ohne Besitz einer Schusswaffe") veranlasst, seine bisherige Rechtsprechung zu ändern: Der Senat lässt eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person auch ohne physische Einwirkung (Schläge, Schüsse, Stiche, Berührung etc) nicht mehr bereits aufgrund der objektiven Gefährlichkeit der Situation (zB Drohung mit geladener Schusswaffe) für die Annahme eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ausreichen. Für das Vorliegen eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Situation im Nachhinein als tatsächlich objektiv (lebens-)gefährlich erweist, weil die Waffe scharf geladen und entsichert war, oder als ungefährlich, weil es sich um eine bloße - echt aussehende - Schreckschusswaffe handelte. In diesen Fällen steht die Drohwirkung der vorgehaltenen Waffe auf das Opfer und dessen psychische Belastung in der konkreten Situation im Vordergrund; diese unterscheidet sich insoweit in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig nicht.
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Die psychische Wirkung (hier: Drohwirkung) einer Straftat und eine hieraus resultierende zB sogenannte posttraumatische Belastungsstörung ist im Opferentschädigungsrecht keineswegs unbeachtlich. Sie ist vielmehr insoweit von Bedeutung, als für die Frage des Vorliegens eines Gesundheitsschadens nicht nur physische, sondern auch psychische Schäden beachtlich sind. Allerdings kann die psychische Wirkung einer Straftat das Erfordernis des "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht ersetzen. Der eingetretene Schaden muss gerade auf einem solchen "tätlichen Angriff" und nicht - wie vorliegend - auf einer (bloßen) Drohung mit Gewalt beruhen. Bereits in seinem Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 47) hat der Senat klargestellt, dass entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung nicht darauf abzustellen ist, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so beispielhaft wohl Geschwinder, Der tätliche Angriff nach dem OEG, SGb 1985, 95, 96 zu Fußnote 17 und 18 mwN) oder welches Individualgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit und Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl insgesamt: BSG, aaO, RdNr 47 mwN zur Literatur). Fehlt es allerdings an einem tätlichen - körperlichen - Angriff, ergeben sich aus § 1 Abs 1 S 1 OEG für die Opfer allein psychischer Gewalt keine Entschädigungsansprüche(vgl hierzu allgemein: BSG, aaO, RdNr 49; Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 233, 235).
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c) Entscheidend für einen Anspruch nach § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob die Folgen eines bestimmten Ereignisses (Primärschaden oder eventuelle Folgeschäden) gerade die zurechenbare Folge eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind. Wie der Senat mit Beschlüssen vom 25.2.2014 (B 9 V 65/13 B) und vom 17.9.2014 bzw 22.9.2014 (B 9 V 27 bis 29/14 B, jeweils zu RdNr 6) zu schriftlichen Erpressungsversuchen bereits angedeutet hat, reicht die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung für einen tätlichen Angriff nicht aus. Denn dieser Umstand allein stellt über die psychische Wirkung hinaus noch keinen tatsächlichen physischen "Angriff" dar. Aus der Sicht eines objektiven Dritten wie auch des unwissenden Opfers kann es keinen Unterschied machen, ob eine Schusswaffe geladen, nicht geladen oder eine echt wirkende Attrappe ist. Der tätliche Angriff in Gestalt der körperlichen Einwirkung auf den Körper eines anderen beginnt in diesen Fallkonstellationen erst mit dem Abfeuern des Schusses oder dem Aufsetzen der Waffe auf den Körper des Opfers. Maßgeblich iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob ein tätlicher - körperlicher - Angriff tatsächlich begonnen hat.
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Daran fehlt es hier. Die auf die Klägerin als Opfer gerichtete Einwirkung beruhte ohne den Einsatz körperlicher Mittel allein auf einer intellektuell bzw psychisch vermittelten Beeinträchtigung. Die Klägerin sollte mit einer (hier: vorgetäuschten) Bedrohung für Leib oder Leben zu bestimmten Handlungen bzw Unterlassungen genötigt werden. Eine derartige Bedrohung stellt keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 44 mwN; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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d) Vor allem die Entwicklung der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs 1 S 1 OEG lässt nach dem Verständnis des Senats eine Erstreckung der Opferentschädigung auf die bloße Drohung mit Gewalt ohne Vorliegen eines tätlichen Angriffs nicht zu. Bereits nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.5.1974 war der bestimmende Grundgedanke für die Schaffung des OEG der Umstand, dass Gewaltopfern ein Aufopferungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und damit dem Staat zustehen sollte, weil es dieser nicht vermocht hat, die unschuldigen Opfer vor Gewalttaten zu schützen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10, 13). Damit sollte der Staat für die Unvollkommenheit staatlicher Verbrechensbekämpfung aus Solidarität für den von einer Gewalttat betroffenen Bürger eintreten (BT-Drucks 7/2506 S 10; s auch BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 101 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 2/78 - BSGE 49, 104, 105 = SozR 3800 § 2 Nr 1 mwN zur Gesetzesentwicklung; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 4/83 - BSGE 59, 40, 44 = SozR 3800 § 1 Nr 5; Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 1). Diese - auf Gewalt abzielende - inhaltliche Ausrichtung hat das Gesetz trotz einiger Erweiterungen seines Anwendungsbereiches (vgl dazu Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012 § 1 OEG RdNr 2 bis 6) bis heute beibehalten und wird "von dem Grundsatz der allgemeinen staatlichen Fürsorgepflicht getragen" (Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des OEG vom 17.3.2009, BT-Drucks 16/12273 S 6).
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Für das zentrale Tatbestandsmerkmal des "tätlichen Angriffs" war von Anfang an darauf verzichtet worden, auf das Strafrecht zurückzugreifen mit seinen vielfältigen und uneinheitlich weit gefassten Gewaltbegriffen (vgl zB Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigungen anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 132). Es sollten ausschließlich die Fälle der sogenannten "Gewaltkriminalität" in die Entschädigung einbezogen werden, die mit einem willentlichen Bruch der Rechtsordnung durch körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person einhergehen (BT-Drucks 7/2506 S 10). In Anlehnung an § 113 StGB hat der Gesetzgeber den "rechtswidrigen tätlichen Angriff gegen eine Person" als eine unmittelbare auf den Körper eines Menschen zielende feindselige Einwirkung verstanden und beim (vorsätzlichen) Tathergang als erforderlich angesehen, dass der Täter im Rahmen des bereits begonnenen tätlichen Angriffs auf einen Menschen zumindest Leib oder Leben eines anderen Menschen wenigstens fahrlässig gefährdet hat(BT-Drucks 7/2506 S 13, 14; zu aberratio ictus vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 11).
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Der Gesetzgeber hat es zudem ausdrücklich vermieden, strafrechtliche Tatbestände listenmäßig, wie zB die §§ 250, 253 und 255 StGB, zu benennen, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu der nach § 1 Abs 1 S 1 OEG allein zu berücksichtigenden körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person zu vermeiden(BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl auch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 10 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 25). Zwar kann auch Drohung mit Gewalt psychische Gesundheitsstörungen beim Betroffenen hervorrufen. Dieser ist aber nicht zu staatlicher Entschädigung berechtigtes Opfer krimineller Gewalt iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden, weil das Tatmittel nicht körperliche Gewalt ("tätlicher Angriff") gegen den Körper, sondern eine List oder Täuschung gewesen ist(zum Erfordernis "körperlicher Gewalt" vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 8, 32; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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e) Auch das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) gebietet keine erweiternde Auslegung des § 1 Abs 1 S 1 OEG. Gemäß Art 1 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt: "Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist." Hierzu hat der Senat bereits mit Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 48 f) ausgeführt, dass das Übereinkommen eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" nicht enthält (vgl auch Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14), sodass der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 S 1 OEG in zulässiger Weise von seinem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat. Ein weitergehender Anspruch lässt sich aus dem Übereinkommen nicht ableiten. Zudem hat der Senat auch ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber entsprechend den Zielen des Übereinkommens unbenommen sei, über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfasste Fallgestaltung hinaus auch Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG mit einzubeziehen (vgl BSG, aaO, RdNr 49 mwN).
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f) Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, den Begriff des tätlichen Angriffs über den mit Bedacht gewählten und bis heute beibehaltenen engen Wortsinn des OEG auf Straftaten zu erstrecken, bei denen es an einem solchen tätlichen Angriff fehlt, weil das strafbare Verhalten zB in einer Drohung mit Gewalt, Erpressung oder einer Täuschung besteht. Soweit im Schrifttum vereinzelt vertreten wird, dass die Regelungen im OEG im Hinblick auf die Opfer von Straftaten nicht mehr zeitgemäß seien und unter Einbeziehung von Opfern psychischer Gewalt aktualisiert werden müssten (vgl hierzu insbesondere die umfassenden Ausführungen von Brettel/Bartsch, Staatliche Opferentschädigung nur bei Gewalttaten? Zum Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes, MedSach 2014, 263 ff, 267 mwN), handelt es sich um rechtspolitische Forderungen an den Gesetzgeber. Entsprechend ersten Vorschlägen im Werkstattgespräch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 24.6.2014 zur Reform des sozialen Entschädigungsrechts gibt es im BMAS offenbar Überlegungen, dass zukünftig psychische Schäden in größerem Umfang vom Gesetzgeber erfasst werden könnten (vgl Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 235 ff mwN). Sollte der Gesetzgeber den Tatbestand des § 1 OEG im Hinblick auf solche Kritik(vgl hierzu insgesamt die Darstellung bei Doering-Striening, aaO, ASR 2014, 231; Brettel/Bartsch, aaO, MedSach 2014, 263) erweitern wollen, empfehlen sich aus der Sicht der Rechtsprechung zugleich Überlegungen, wie einer uferlosen Ausweitung von Opferentschädigungsansprüchen bei Erstreckung des OEG auf bloße Drohung mit Gewalt und psychische Einwirkungen auf das Opfer durch jedwede Straftat anderweitig als durch das Kriterium des tätlichen Angriffs entgegengewirkt werden kann.
(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.
(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds
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die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, - 3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.
(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird. Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären. Die Vorschriften gelten nicht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.
(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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-
Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
- 64
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Dieses Gesetz gilt für Ansprüche aus Taten, die nach seinem Inkrafttreten begangen worden sind. § 1 Absatz 8 gilt für Ansprüche aus Taten, die nach dem 9. Juni 2021 begangen wurden. Darüber hinaus gelten die §§ 1 bis 7 mit Ausnahme des § 3a für Ansprüche aus Taten, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis 15. Mai 1976 begangen worden sind, nach Maßgabe der §§ 10a und 10c. In dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet gilt dieses Gesetz für Ansprüche aus Taten, die nach dem 2. Oktober 1990 begangen worden sind. Darüber hinaus gelten die §§ 1 bis 7 mit Ausnahme des § 3a für Ansprüche aus Taten, die in dem in Satz 4 genannten Gebiet in der Zeit vom 7. Oktober 1949 bis zum 2. Oktober 1990 begangen worden sind, nach Maßgabe der §§ 10a und 10c. In den Fällen des § 3a gilt dieses Gesetz erst für Ansprüche aus Taten, die nach dem 30. Juni 2009 begangen worden sind.
(1) Personen, die in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis 15. Mai 1976 geschädigt worden sind, erhalten auf Antrag Versorgung, solange sie
- 1.
allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt sind und - 2.
bedürftig sind und - 3.
im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
(2) Bedürftig ist ein Anspruchsteller, wenn sein Einkommen im Sinne des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes den Betrag, von dem an die nach der Anrechnungsverordnung (§ 33 Abs. 6 Bundesversorgungsgesetz) zu berechnenden Leistungen nicht mehr zustehen, zuzüglich des Betrages der jeweiligen Grundrente, der Schwerstbeschädigtenzulage sowie der Pflegezulage nicht übersteigt.
(3) Übersteigt das Einkommen den Betrag, von dem an die vom Einkommen beeinflußten Versorgungsleistungen nicht mehr zustehen, so sind die Versorgungsbezüge in der Reihenfolge Grundrente, Schwerstbeschädigtenzulage und Pflegezulage um den übersteigenden Betrag zu mindern. Bei der Berechnung des übersteigenden Betrages sind die Einkünfte aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit vor den übrigen Einkünften zu berücksichtigen. § 33 Abs. 4, § 33a Abs. 2 und § 33b Abs. 6 des Bundesversorgungsgesetzes gelten nicht.
(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der §§ 38 bis 52 des Bundesversorgungsgesetzes, solange sie bedürftig sind und im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Unabhängig vom Zeitpunkt des Todes des Beschädigten sind für die Witwenbeihilfe die Anspruchsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1, 5 und 6 des Bundesversorgungsgesetzes in der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung maßgebend.
(5) Die Versorgung umfaßt alle nach dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehenen Leistungen mit Ausnahme von Berufsschadens- und Schadensausgleich.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Tenor
-
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufgehoben.
-
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Feststellungen von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der gesundheitlichen Folgen von Nachstellungen (sog "Stalking").
- 2
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Die 1950 geborene Klägerin hat zwei erwachsene Kinder, ist von Beruf Sozialpädagogin und war als Nachtwache in einer Wohnstätte für behinderte Menschen in B. beschäftigt. Seit Mai 2001 lebte sie in einer Beziehung mit dem 1960 geborenen H. (im Folgenden: H.). Die Beziehung mit H. entwickelte sich konfliktreich, so dass die Klägerin sie bereits ab Oktober 2001 wieder zu beenden versuchte.
- 3
-
H. akzeptierte das nicht. Er belegte die Klägerin in der Folgezeit mit zahlreichen Telefonanrufen und elektronischen Kurznachrichten (SMS). Zudem alarmierte er wiederholt die Polizei, die Feuerwehr und den Notarzt zu vorgeblichen Streitigkeiten, Schlägereien bzw Bränden in der Wohnung der Klägerin, ohne dass bei Eintreffen der Einsatzkräfte entsprechende Gefährdungs- oder Schadenslagen festgestellt werden konnten. H. bestellte ua auch - ohne entsprechenden Bedarf - mehrfach Taxen zur Wohnanschrift der Klägerin. Ferner ließ er am Arbeitsplatz der Klägerin ausrichten, demnächst werde ein Gerichtsvollzieher "vor ihrer Tür stehen".
- 4
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Die Klägerin erwirkte daraufhin erstmals am 7.1.2002 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts (AG) B., nach der H. unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, untersagt wurde, die Klägerin zu bedrohen oder zu belästigen sowie in ihrem Namen "die Polizei und Feuerwehr, andere Rettungsdienste, Bestattungsunternehmen, Taxiunternehmen und so weiter zu alarmieren". Dies veranlasste H. indes nicht, sein Verhalten gegenüber der Klägerin zu ändern. Unter anderem ereigneten sich im Weiteren die folgenden Vorfälle:
- 5
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So drohte (vermutlich) H. telefonisch beim Arbeitsplatz der Klägerin mit Bombenexplosionen, insbesondere für den Fall, dass die Klägerin "noch mal in das Haus kommt". Weiter kündigte H. der - seinerzeit 81-jährigen - Mutter der Klägerin telefonisch den bevorstehenden Tod der Klägerin an und teilte ihr einige Minuten später telefonisch mit, dass die Klägerin nunmehr tot sei. Einem daraufhin alarmierten Polizeibeamten, der den Anruf in der Wohnung der Klägerin entgegennahm, teilte (vermutlich) H. wörtlich mit: "Jetzt muss sie fürchterliche Angst haben!" und legte auf. Am Abend desselben Tages meldeten sich mehrere "Pizza-Services" bei der Klägerin, die ihr eine vermeintlich von ihr bestellte Pizza bringen wollten.
- 6
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Derartige Telefonanrufe wiederholten sich auch in der Folgezeit mehrfach sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber ihrer Mutter und ihren Arbeitskollegen. Einen daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag, entsprechend der einstweiligen Verfügung vom 7.1.2002 ein Ordnungsgeld gegen H. festzusetzen, nahm die Klägerin am 22.5.2002 zurück, nachdem sich H. am 18.4.2002 ihr gegenüber verpflichtet hatte, entsprechende Anrufe zu unterlassen, in seinem Besitz befindliche persönliche Daten der Klägerin zu löschen, an ihrer Wohnung nicht mehr aufzutauchen oder zu klingeln, sie nicht mehr anzusprechen, "jegliche Kontaktaufnahme bei zufälligem Zusammentreffen" zu unterlassen und nichts mehr zu tun oder zu veranlassen, "was (der Klägerin) persönlich oder ihrer Familie schadet oder schaden könnte". Die Klägerin erklärte sich im Gegenzug bereit "zu dulden", dass H. ihr "ab und zu einen Brief" schreibt, "der per Post zugestellt wird".
- 7
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Ende März 2003 bedrohte der H. die Klägerin erneut in deren Haus. Er schrie sie an, sie werde ihn nun "von einer anderen Seite" kennen lernen; sie wisse nicht, wozu er fähig sei. Er fange zuerst mit der Tochter (der Klägerin) an; er habe "Beziehungen" in ganz O. (dem damaligen Wohnort der Tochter). Dann komme der Sohn (der Klägerin) "dran"; er solle auf sein Auto aufpassen. Der H. fügte hinzu: "Wenn du überfallen, vergewaltigt oder belästigt wirst, habe ich nichts damit zu tun. Ich wasche meine Hände in Unschuld. Du hast Zeit bis morgen, um mit mir zu reden. Dann geht der Tanz los. Du hast selber schuld, du hast mich fallen lassen!". Abschließend sagte er: "In vier Wochen sind F. und J. (die Kinder der Klägerin) tot."
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H. richtete an die Klägerin zudem eine Vielzahl von Briefen und Postkarten, teils beleidigenden, teils versöhnlichen Inhalts, lauerte ihr am Arbeitsplatz und vor ihrer Haustür auf, verfolgte sie, sprach sie an, belästigte und bedrohte sie und ihre Kinder, bestellte auf den Namen der Klägerin ungefragt Versandhausartikel und beauftragte ua ein Bestattungsunternehmen sowie einen Schlüsseldienst zur Wohnanschrift der Klägerin. Er rief auch wiederholt die Notrufnummer der Polizei an unter Vorgabe vermeintlicher Gewalttaten zu Lasten der Klägerin bzw seines eigenen (angeblich) bevorstehenden Freitodes, um entsprechende Einsätze zu bewirken.
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Am 18.7.2003 erwartete er die Klägerin vor dem Hauseingang ihrer Wohnung in B. und folgte ihr von dort bis zur Bushaltestelle, während er ununterbrochen auf sie einredete. Er bestieg sodann denselben Bus wie die Klägerin und folgte ihr nach dem Aussteigen unter weiterem Einreden weiter. Vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts hielt er die Klägerin am Arm fest und riss sie zu sich herum, ließ sie dann jedoch wieder los, worauf die Klägerin in dem Copy-Geschäft um Verständigung der Polizei bat.
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Am 26.7.2003 fand die Klägerin in ihrem Briefkasten einen von H. handschriftlich verfassten Brief vor, in dem es ua hieß: "Melde Dich doch wegen dem Geld. Du bekommst ab dem 2.8. Deine Ruhe, aber anders als Du denkst. Ich habe sehr viel angeleiert. H. "
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Mit Verfügung vom 28.7.2003 erließ die Ortspolizeibehörde B. daraufhin eine Wohnungsverweisungsverfügung mit Rückkehrverbot gegen H., ihm wurde verboten, sich ab dem 28.7.2003, 12.00 Uhr, bis zum 7.8.2003, 24.00 Uhr, in der Wohnung der Klägerin sowie einem Radius von 100 Metern darum aufzuhalten (Maßnahme nach § 14a Abs 1 Bremisches Polizeigesetz).
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Mit Beschluss des AG B. vom 19.8.2003 wurde H. im Wege einer weiteren einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsgeld bzw Ordnungshaft aufgegeben, es zu unterlassen, die Klägerin zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, ihr nachzustellen, in irgendeiner Form Kontakt zu ihr aufzunehmen, die Wohnung der Klägerin zu betreten oder sich auf der Straße vor ihrem Haus bzw gegenüber dem Grundstück aufzuhalten, sich der Klägerin außerhalb der Wohnung auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern, sie anzusprechen, ihr zu folgen oder hinterherzulaufen und den Arbeitsplatz der Klägerin zu betreten oder sich ihm auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern.
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Diesen Anforderungen kam H. erneut nicht nach: Er warf ua immer wieder lose Zettel, Postkarten und Briefe in den Briefkasten der Klägerin und klingelte nahezu täglich an ihrer Haustür oder meldete sich telefonisch. Am 20.9.2003 belästigte und bedrohte er sie in einem öffentlichen Bus. Am 2. und 3.10.2003 wartete er vor dem Haus der Klägerin und ging auf sie zu, als sie das Haus auf dem Weg zur Arbeit verließ. Die Klägerin sah sich dadurch veranlasst, zunächst in das Haus zurückzukehren und sich zur Arbeit abholen zu lassen, was auch geschah. Darüber hinaus begegnete H. der Klägerin mehrfach offenbar absichtsvoll in verschiedenen Straßen B. und verfolgte sie, auch nachdem sie zur Vermeidung einer unmittelbaren Begegnung die Straßenseite gewechselt hatte.
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Das AG B. setzte daraufhin mit Ergänzungsbeschluss vom 13.11.2003 ein Ordnungsgeld in Höhe von 1000 Euro, ersatzweise für je 100 Euro einen Tag Ordnungshaft, gegen H. fest. Die dagegen erhobene Beschwerde nahm H. nach Reduzierung des Ordnungsgeldes auf 150 Euro zurück; zu einer Änderung seines Verhaltens kam es nicht.
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Schließlich wurde H. auf Strafanzeigen der Klägerin nach Verbindung mehrerer Verfahren vom AG B. mit Urteil vom 23.11.2004 (- 21 Gs 962 Js 31324/04 -) wegen Bedrohung (§ 241 Strafgesetzbuch - StGB) und Verstoßes gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach weiteren wiederholten Nachstellungen wurde die Strafaussetzung zur Bewährung mit Beschluss des AG B. vom 7.3.2005 widerrufen. H. verbüßte daraufhin vom 13.9.2005 bis 23.5.2006 die ihm auferlegte Freiheitsstrafe, bevor der Strafrest nach zwei Dritteln erneut zur Bewährung (Bewährungszeit: 2 Jahre) und mit der Auflage, sich umgehend einer ambulanten Alkoholentziehungstherapie zu unterziehen, ausgesetzt wurde (§ 57 Abs 1 StGB). Eine mit weiterem Urteil des AG B. vom 4.10.2005 (- 21 Ds 990 Js 16758/05 -) ergänzend ausgesprochene Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wurde auf Berufung des H. mit Urteil des Landgerichts B. vom 31.5.2006 (- 26 Ns 990 Js 16758/05 -) ebenfalls (mit weiteren Auflagen) zur Bewährung (Bewährungszeit: 3 Jahre) ausgesetzt.
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Die Klägerin wechselte im Verlaufe der Nachstellungen zweimal die Wohnanschrift, kam zeitweilig bei Bekannten unter und veranlasste eine Auskunftssperre bei der Meldebehörde. Zudem ließ sie sich vorübergehend eine Telefonnummer mit Auskunftssperre einrichten. Gleichwohl ermittelte H. jeweils nach kurzer Zeit erneut ihre Anschrift bzw Telefonnummer und setzte seine Annäherungshandlungen fort.
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Infolge der Nachstellungen leidet die Klägerin unter psychischen Beschwerden im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Erschöpfungs- und Angstzuständen, Nervosität, Konzentrations- und Schlafstörungen, die ua eine psychopharmakologische Medikation und einen stationären Aufenthalt in der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Dr. He., B., vom 2.3. bis 11.5.2004 erforderlich machten. Bei der Klägerin wurde wegen eines "psychischen Leidens" ein Grad der Behinderung von 50 ab dem 7.3.2005 festgestellt.
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Den Antrag der Klägerin vom 7.2.2005 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG lehnte die beklagte Freie Hansestadt durch Bescheid vom 23.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 mit der Begründung ab, dass die von der Klägerin geltend gemachten "Stalking"-Aktivitäten, wie etwa Morddrohung, Verfolgung, nicht erwünschte Brief- und Telefonkontakte, Warenbestellungen auf ihren Namen etc, als "gewaltlose" Handlungen nicht unter den Begriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG fallen würden. Dieses Tatbestandsmerkmal setze eine unmittelbar auf den Körper des anderen abzielende Einwirkung, zB einen Schlag, voraus, die im Fall der Klägerin nicht vorliege. Nach dem OEG würden nicht ausnahmslos alle Opfer von Straftaten entschädigt, sondern nur Betroffene einer Straftat mit Gewaltanwendung.
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Nach erfolgloser Klage (Urteil des Sozialgerichts
B. am 20.10.2006) hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 18.3.2010 hat das LSG die ablehnenden Entscheidungen des SG und der Beklagten aufgehoben sowie Letztere verurteilt, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es hat sein Urteil auf folgende Erwägungen gestützt:
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Für die Annahme eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG reiche es aus, dass H. durch seine Übergriffe den seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) verwirkliche, die Schädigung der Gesundheit der Klägerin zumindest billigend in Kauf genommen und seine Handlungen gerade auch mittels physischer Präsenz "unterstrichen" habe. Auch mit Rücksicht auf das strafrechtliche absolute Rückwirkungsverbot nach Art 103 Abs 2 GG könnten insoweit zwischenzeitliche Rechtsentwicklungen (§ 238 StGB) opferentschädigungsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben. Die einzelnen Handlungen des H. seien bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung des Gesamtgeschehens nicht jeweils für sich als isolierte Beschimpfungen, Beleidigungen, Bedrohungen etc, sondern deliktstypisch in ihrer Gesamtheit als beharrliche, systematische Belästigungen und Nachstellungen und (insgesamt) als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Das Handeln des H. weise keinen qualitativen Unterschied gegenüber einem Angriff auf, bei dem der Angreifer seinen Drohungen durch begleitende oder vorbereitende Sachbeschädigungen "körperlichen" Nachdruck verleihe oder das Opfer durch Versperren des Weges zu einem Flucht- oder Ausweichverhalten veranlasse, das zu einer Gesundheitsschädigung führe. Die Einordnung der Nachstellungen als tätlicher Angriff entspreche auch dem Schutzzweck des OEG, da der staatliche Schutz der Klägerin vor Gesundheitsschäden mit den (seinerzeit verfügbaren) Mitteln des GewSchG, des StGB, aber auch des allgemeinen Polizeirechts, unzureichend geblieben sei.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Mit Beschluss vom 8.3.2011 hat der Senat die Bundesrepublik Deutschland auf ihren Antrag zum Revisionsverfahren beigeladen. Zur Begründung ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs 1 Satz 1 OEG):
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Das LSG habe in rechtlich fehlerhafter Weise das Verhalten des H. als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Dieser Begriff erfordere grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines Anderen zielende gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung. Ausnahmen von der Körperlichkeit des Angriffs seien vom Bundessozialgericht (BSG) nur vereinzelt und unter exakt definierten Kriterien entwickelt worden; weder die Rechtsprechung zum sexuellen Missbrauch von Kindern noch die Grundsätze zur opferentschädigungsrechtlichen Bewertung von sog Schockschadensopfern seien auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Bei einer Bedrohung oder der Drohung mit Gewalt sei maßgeblich auf eine objektiv hohe Gefährdungslage des Opfers abzustellen.
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Im vorliegenden Fall liege - von dem einmaligen Festhalten der Klägerin am Arm abgesehen - weder eine gewaltsame bzw handgreifliche Einwirkung auf den Körper der Klägerin noch eine objektive Gefahr für Leib oder Leben vor. Entgegen der Auffassung des LSG reiche die reine "physische Präsenz" des H. nicht aus, um bei "gewaltlosen" Nachstellungen einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu bejahen. Auch könne zur Beurteilung der Strafbarkeit der Handlungen des H. nicht auf den erst seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB)zurückgegriffen werden; zum einen wegen des absoluten Rückwirkungsverbots des Art 103 Abs 2 GG und zum anderen wegen der möglichen Regressforderung des Staates gemäß § 5 OEG iVm § 81a BVG.
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Schließlich habe das LSG rechtsfehlerhaft die Handlungen des H. in ihrer Gesamtheit als einheitlichen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Die Systematik des Entschädigungstatbestands gebiete, zur Beurteilung eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs an die Einzelhandlungen anzuknüpfen; die Rechtsfrage wiederum, wie eine Kette tätlicher Angriffe, die nicht jeder für sich genommen, wohl aber in ihrer Gesamtwirkung allgemein geeignet sind, eine psychische Krankheit hervorzurufen, sei opferentschädigungsrechtlich zu bewerten und noch nicht höchstrichterlich entschieden.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 2006 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend macht sie geltend: Es entspreche dem Sinn und Zweck des OEG sowie dem Europäischen Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (BGBl II 1996, 1120), ihr eine Entschädigung für Gesundheitsschäden - auch im Hinblick auf das Versagen des staatlichen Gewaltmonopols beim Schutz vor Gewaltkriminalität - zuzubilligen. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht "körperlich" oder gar "handgreiflich" bzw "kämpferisch" sein, sondern könne sich insbesondere bei einem sexuellen Missbrauch von Kindern auch auf "seelische" Einwirkungen beziehen; die Hilflosigkeit und Schutzbedürftigkeit von Stalking-Opfern und das Versagen staatlichen Schutzes rechtfertige es, diese Grundsätze auch auf Stalking-Handlungen zu übertragen, auch wenn diese nicht unbedingt handgreiflich seien. Ohnehin hätten die Handlungen des H. unmittelbar auf ihren Körper eingewirkt, jedenfalls optisch und akustisch. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass sich die objektive Gefahr für ihre körperliche Unversehrtheit durch die psychische Erkrankung realisiert habe und die Handlungen des H. hierfür ursächlich gewesen seien. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob ein Schaden unmittelbar durch eine Handlung oder durch die Summe der Einzelakte verursacht worden sei.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und trägt ua vor: Es sei der gesetzgeberische Wille zu beachten, den tätlichen Angriff über eine "Körperlichkeit" zu definieren. Ein Verweis auf den Gesetzeszweck könne nicht dazu führen, diese Anspruchsvoraussetzung auszuhebeln. Ebenso wenig könne von einer Schädigungsfolge auf das Vorliegen eines tätlichen Angriffs geschlossen werden. Auch das vom Strafgesetzgeber anerkannte Schutzbedürfnis von Stalking-Opfern reiche nicht aus, um über das Tatbestandsmerkmal des tätlichen Angriffs hinwegzusehen. Etwaige Änderungen des OEG blieben dem Gesetzgeber vorbehalten.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Nach den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen, an die das BSG gemäß § 163 SGG gebunden ist, kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob das LSG die Beklagte zu Recht oder zu Unrecht verurteilt hat, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem GdS von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es fehlen hinreichende Tatsachenfeststellungen des LSG zur Beurteilung, ob die Klägerin durch die von ihr geltend gemachten Übergriffe des H. - vor allem in dem Zeitraum von Oktober 2001 bis Ende 2003 - Opfer von vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffen iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG gewesen ist und ob die von dem LSG angenommene Schädigungsfolge auf diese Angriffe zurückzuführen ist.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG)geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm § 31 Abs 1 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, ua auch Beschädigtenrente nach § 31 Abs 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
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Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen eine Entwicklung erfahren, die der Senat jüngst zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen dargelegt hat(vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff). Diese Rechtsprechung berücksichtigt seit jeher, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 29; vgl auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96); gleichwohl orientiert sich die Auslegung an der im Strafrecht gewonnenen Bedeutung des auch dort verwendeten rechtstechnischen Begriffs des "tätlichen Angriffs" (vgl insbesondere BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; vgl auch die Anmerkung zu dieser Entscheidung von Schlamelcher, SGb 1984, 593 ff). Mit Rücksicht auf den das OEG prägenden Gedanken des lückenlosen Opferschutzes hat sie sich aber weitestgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17
) . Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat vornehmlich aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25).
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Mit Blick auf die hier zu entscheidende Frage der Entschädigungspflicht des Staates nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bei dem Phänomen des sog "Stalking", das seit dem 31.3.2007 als Straftatbestand in das StGB aufgenommen ist (Nachstellen iS des § 238 StGB), hat der Senat erneut Veranlassung, seine Rechtsprechung zu präzisieren und dem unbestimmten Rechtsbegriff des vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG weitere Konturen zu verleihen.
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1. Der Senat geht bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG (a) und der Eingrenzung des schädigenden Vorgangs als erstem Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette (b) von folgenden Erwägungen aus:
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a) Grundsätzlich ist der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung(§§ 113, 121 StGB) auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN).
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aa) Soweit eine "gewaltsame" Einwirkung vorausgesetzt wird, hat der Senat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber durch den Begriff des "tätlichen Angriffs" den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat(vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9
; BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 240 RdNr 8 ff mwN) zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus(vgl insbesondere BT-Drucks 7/2506 S 10), wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein; dies entspricht in etwa dem strafrechtlichen Begriffsverständnis der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, dh als tätiger Einsatz materieller Zwangsmittel, insbesondere körperlicher Kraft(vgl Rosenau in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl 2009, § 113 RdNr 23 mwN; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 42).)
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Ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor(vgl BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 100 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 = SozR 3800 § 1 Nr 6; sowie Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f), setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; der Senat ist einem an Aggression orientiertem Begriffsverständnis des tätlichen Angriffs trotz dessen inhaltlicher Nähe zur Gewalttätigkeit iS des § 125 StGB(vgl Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 46; zu § 125 StGB vgl BGH Urteil vom 8.8.1969 - 2 StR 171/69 - BGHSt 23, 46, 52 f) letztlich nicht gefolgt (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7
; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 . Dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen.; so schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415 f; offen gelassen noch von BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; vgl auch BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6; vgl zum extensiven Versorgungsschutz auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96; Schlamelcher, SGb 1984, 593, 595; aA Schoreit/Düsseldorf, OEG, 1. Aufl 1977, § 1 RdNr 41; Wachholz, br 1991, 84, 87)
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Für die Annahme eines tätlichen Angriffs ist nicht maßgeblich, ob der vom Täter ggf beabsichtigte Verletzungserfolg eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 mwN; zur strafrechtlichen Auslegung des tätlichen Angriffs bereits Reichsgericht
Urteil vom 18.6.1925 - III 213/25 - RGSt 59, 264, 265) . Auch über das Versuchsstadium einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Opfers hinaus, kann eine Handlung des Täters als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden(vgl zu § 113 Abs 1 StGB etwa BundesgerichtshofUrteil vom 6.5.1982 - 4 StR 127/82 - NJW 1982, 2081) . Eine gewaltsame Einwirkung auf den Körper eines anderen kann auch schon bei einem physisch vermittelten Zwang vorliegen, ohne dass es zu einer körperlichen Berührung zwischen Täter und Opfer kommen muss (vgl etwa BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237; BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 Ungeachtet eines verwirklichten Verletzungserfolgs besteht in diesen Fällen wegen der Angriffshandlung bereits eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit der anderen Person; damit geht regelmäßig die reale Gefahr eines Körperschadens einher (vgl etwa BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 59; vgl auch zum Angriff iS des § 31 Abs 4 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz, Bundesverwaltungsgericht). Urteil vom 29.10.2009 - 2 C 134/07 - BVerwGE 135, 176 RdNr 17 f) . Ob in diesen Fällen die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG überschritten ist, beurteilt der Senat aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten und orientiert sich dabei an folgenden Grundsätzen:
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aaa) Je gewalttätiger die Angriffshandlung gegen eine Person nach ihrem äußeren Erscheinungsbild bzw je größer der Einsatz körperlicher Gewalt oder physischer Mittel ist, desto geringere Anforderungen sind zur Bejahung eines tätlichen Angriffs in objektiver Hinsicht zu stellen. Je geringer sich die Kraftanwendung durch den Täter bei der Begehung des Angriffs darstellt, desto genauer muss geprüft werden, inwiefern durch die Handlung - unter Berücksichtigung eines möglichen Geschehensablaufs - eine Gefahr für Leib oder Leben des Opfers bestand. Die Grenze zwischen einem sozialadäquaten Verhalten und einem tätlichen Angriff ist grundsätzlich so zu bestimmen, dass auch das bereits objektiv hochgefährdete Opfer bei Abwehr-, Ausweich- oder Fluchtreaktionen den Schutz des OEG genießt; sie ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Abwehr eines solchen Angriffs unter dem Gesichtspunkt der Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt wäre(BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f zur Drohung mit Gewalt). Die Angriffshandlung (bzw der Einsatz körperlicher Mittel) muss für sich genommen nicht gravierend sein, um - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - eine hinreichende Gefährdung von Leib oder Leben des Opfers und damit einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzunehmen.
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Der Senat hat insoweit in einem Fall der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) allein das Wegversperren und das Zurückstoßen und -drängen des Opfers zur Durchsetzung des Verbots, die Wohnung zu verlassen, ausreichen lassen, um das Vorliegen eines tätlichen Angriffs zu bejahen. Aus einem solchen Verhalten des Täters kann der Schluss auf eine drohende verstärkte Gewaltanwendung bei einem ggf beabsichtigten Widerstand des Opfers gezogen werden (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 14) und damit auf eine objektiv hohe Gefährdungslage für das Opfer. Entsprechendes gilt für das absichtliche Versperren eines Fahrradweges, das im Falle der Kollision mit einer erheblichen Verletzungsgefahr für das Opfer verbunden ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2), sowie für das Zünden von Feuerwerkskörpern in unmittelbarer Nähe einer anderen Person (vgl hierzu BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f).
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bbb) Für die - insbesondere bei dem Phänomen des "Stalkings" relevanten - Fälle der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, bei denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, hat das BSG noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen solche Handlungen für sich allein bereits als tätlicher Angriff zu werten sind (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Auch dabei ist jedenfalls auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib oder Leben des Opfers abzustellen.
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Das BSG hat es insoweit genügen lassen, dass eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter im Wege stand, sodass der Sachverhalt nicht allein auf Drohungen beschränkt war (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11). Es hat auch die Würdigung eines Sachverhalts, bei dem ein einschlägig vorbestrafter Täter mit dem Ausruf "Jetzt hab´ ich Euch, Ihr Schweine" auf offener Straße auf das Opfer zugestürzt ist, als tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht beanstandet (BSG Beschluss vom 29.9.1993 - 9 BVg 3/93 - juris RdNr 1, 5). Als tätlichen Angriff hat es das BSG zudem angesehen, wenn der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, auch wenn ein Tötungs- oder Verletzungsvorsatz noch gefehlt hat (BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), nicht aber die bloß verbale Drohung zu schießen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 20). Im Zusammenhang mit einer Aussetzung (§ 221 Abs 1 StGB) durch aktives Tun hat das BSG die bloße Aufforderung gegenüber einem 83 Jahre alten Gehbehinderten, den Wagen zu verlassen, als Ausübung von körperlichem Zwang und damit als tätlichen Angriff angesehen, weil diese erzwungene Ortsveränderung das letzte Glied in einer Kette von Gewalttaten des fortgesetzt aggressiv handelnden Täters war (BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237).
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Bei der Würdigung des Tatgeschehens sind insoweit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die auf eine objektiv hohe Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Integrität des Opfers schließen lassen. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte wird eine feste Grenzziehung zwischen bloßer Drohung mit Gewalt und ihrer Anwendung kaum möglich sein. Ein tätlicher Angriff wird indes umso eher zu bejahen sein, je größer die objektive Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten war (BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 16), je mehr also eine schädigende Gewaltanwendung unmittelbar bevorsteht.
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ccc) Mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll(vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), sieht der Senat die Grenze der Wortlautinterpretation jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (in diese Richtung bereits BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73
) . So hat der Senat für den Fall einer mit List durchgeführten, strafbaren Kindesentziehung die erheblichen Gefahren, die damit wegen der völligen Ungewissheit über das Schicksal des Kindes für die psychische Gesundheit des betroffenen Elternteils verbunden sind, für sich allein nicht ausreichen lassen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzuerkennen, sondern darüber hinaus zumindest ein Fortwirken einer körperlichen Gewaltanwendung gegenüber dem Elternteil gefordert(BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3) .
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Von den Kriterien eines tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG wird auch bei den Fällen des sog "Schockschadens"(vgl hierzu BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98 = SozR 3800 § 1 Nr 1) keine Ausnahme gemacht. Insoweit ist zwischen dem schädigenden Vorgang - der "unmittelbaren Einwirkung" auf den Körper des Primäropfers - und der geschädigten Person - der "unmittelbaren Schädigung" des Sekundäropfers - zu unterscheiden (vgl hierzu Trenk-Hinterberger in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 745, 751 ff).
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Selbst in Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat nicht vollständig auf das Erfordernis körperlicher Handlungen verzichtet. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes, die Möglichkeit seiner "sekundären Viktimisierung" im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie die Gefahr schwerwiegender seelischer Krankheiten hat ihn allerdings - beschränkt auf diese Fallgestaltungen - zu einem erweiterten Verständnis des Begriffs des tätlichen Angriffs veranlasst. Danach ist für die "unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Kindes" entscheidend, dass die erfolgten sexuellen Handlungen strafbar sind, unabhängig davon, ob bei der Tatbegehung das gewaltsam handgreifliche oder das spielerische Moment im Vordergrund steht (BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7).
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Demnach ist nicht - wie im Schrifttum teilweise vertreten wird - darauf abzustellen, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 22 aE; Heinz, VersorgVerw 2007, 36, 37 f; ders, ZfS 2005, 266, 268; ders, ZfS 2000, 65, 69; Eppenstein in Opferentschädigungsgesetz - Intention und Praxis opfergerecht?, Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern, 1995, S 92, 95) oder welches Individualrechtsgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit, Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl etwa Weiner, aaO, § 1 RdNr 16; Heinz, ZfS 2005, 266, 267 f).
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Schließlich führt auch der Hinweis der Klägerin auf das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) zu keiner anderen Beurteilung. Nach seinem Art 1 verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt:
Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist.
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Eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" enthält das Übereinkommen nicht (vgl Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14). Dementsprechend hat der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in zulässiger Weise von einem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber den Zielen des Übereinkommens durchaus entsprechen würde, wenn er - über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfassten Fallgestaltungen hinaus - Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG einbeziehen würde. Immerhin heißt es in dem Erläuternden Bericht des Europarats zum Übereinkommen (European Convention on the Compensation of Victims of Violent Crimes, Explanatory Report, http://conventions.coe.int/treaty/EN/Reports/Html/116.htm ): Die Gewalt sei nicht notwendig, physische Gewalt; Entschädigung könne auch geschuldet werden in Fällen psychischer Gewalt, zB bei schwerwiegenden Drohungen (vgl dazu auch Denkschrift, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14).
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bb) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die Einwirkung "unmittelbar" auf den Körper der anderen Person zielen muss. Dieses Tatbestandsmerkmal ist von dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Gesundheitsschädigung - dem zweiten Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette - zu unterscheiden und begrenzt die Entschädigungspflicht des Staates auf konkrete Gefährdungen des Opfers durch zielgerichtete Angriffshandlungen. Da die Zielrichtung einer Handlung allein auf dem Willen des Täters beruht, sind Feststellungen zu diesem Merkmal in erster Linie von der inneren Tatseite, dem Vorsatz des Täters, abhängig; bleibt der Täter unbekannt, müssen wenigstens die äußeren Tatumstände überzeugende Hinweise auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geben (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 10
; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 .)
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Insoweit dient das Merkmal auch der Abgrenzung von abstrakten bzw allgemeinen Gefährdungslagen, wie sie unter bestimmten Voraussetzungen von § 1 Abs 2 Nr 2 OEG erfasst sind(sog "mittelbarer Angriff", vgl hierzu Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders MedSach 2005, 148, 149); so hat der Senat bereits entschieden, dass das Entfernen des Deckels eines Abflusslochs (Gully) allein - ohne unmittelbare Ausrichtung auf andere Menschen - kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellt(BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5). Demgegenüber hat der Senat bei der Bewertung einer Blockade des Fahrwegs einer Fahrradfahrerin maßgeblich auf den Vorsatz der Täter, den Weg durch aktives Verhalten zu versperren, und auf die damit einhergehende ernsthafte Verletzungsgefahr im Falle einer Kollision abgestellt (BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f; mangels entsprechender Feststellungen offen gelassen durch BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 S 20 f
).
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cc) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung(vgl hierzu etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 f) hinaus an sich eine "feindselige Willensrichtung" voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient im Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozial adäquaten bzw gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters (so bereits BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6
; ähnlich auch schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415) . Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung (iS einer gewaltsamen Einwirkung auf eine andere Person durch Einsatz körperlicher Mittel) verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat (stRspr seit 1995, vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung. Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat (vgl Bischofs, SGb 2010, 693, 694).; Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 - juris RdNr 11, 13; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17 ).
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So verwirklicht ein Täter, der subjektiv dem Opfer helfen will oder aus Liebe handelt, dann einen rechtswidrigen tätlichen Angriff, wenn er in strafbarer Weise dessen körperliche Integrität verletzt (BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7). Dies gilt regelmäßig auch für Fälle, in denen sich der Angreifer möglicherweise nur einen groben oder gewalttätigen, aber die Grenze des sozial Üblichen überschreitenden Scherz erlauben wollte und gegenüber dem Opfer keine feindselige Einstellung gehabt hat (zum Zünden eines Feuerwerkskörpers vgl etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f). Diese Rechtsprechung hat jüngst eine Einschränkung für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs erfahren. Selbst wenn ein solcher Eingriff strafrechtlich als vorsätzliche Körperverletzung anzusehen ist, müssen bestimmte weitere Voraussetzungen hinzutreten, um die Grenze zu einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu überschreiten(vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 42-44).
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b) Der schädigende Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - das erste Glied der entschädigungsrechtlichen Ursachenkette - ist zeitlich nicht auf die Dauer des tätlichen Angriffs selbst oder die Vollendung der mit der Gewaltanwendung verbundenen Straftat begrenzt, vielmehr dauert er so lange an, wie das daraus folgende Geschehen noch wesentlich durch die Gewaltanwendung geprägt ist, also bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Opfer in Sicherheit ist bzw die Hilfe Dritter erhält(vgl BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2
; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237 Die strafrechtliche Einordnung als Erfolgs- oder Dauerdelikt ist für die Bewertung des entschädigungsrechtlichen Kerns des Geschehens ohne Belang (vgl BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237). ; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3 .; BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 15 )
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Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG kann als wesentliche Ursache für Gesundheitsschäden, die während des Tatgeschehens eintreten, auch dann angesehen werden, wenn das Opfer eine eigene Ursache für den weiteren Geschehensablauf (zB Flucht, Ausweichen, Notwehr) setzt. In diesen Fällen ist - anders als im Strafverfahren - nicht darauf abzustellen, ob die Tatumstände "objektiv geeignet" waren, das Verhalten des Opfers zu erklären, sondern auf dessen subjektive Sicht (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 16-17
; ähnlich auch zur Mitverursachung der Schädigung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 OEG BSG Urteil vom 18.6.1996 - 9 RVg 7/94 - BSGE 78, 270 = SozR 3-3800 § 2 Nr 4 . Insoweit rechnen zu den Folgen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs grundsätzlich auch die Verletzungsfolgen, die während einer Flucht entstanden sind (vgl auch BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10, RdNr 15; vgl auch Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders, MedSach 2005, 148, 149).)
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2. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für die opferentschädigungsrechtliche Bewertung von Stalking-Handlungen als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des § 238 StGB am 31.3.2007 und damit auch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (im Wesentlichen von Oktober 2001 bis Dezember 2003) Folgendes:
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a) Das Phänomen Stalking hat in jüngster Zeit zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen und zu besonderen Entwicklungen im Zivil- und Strafrecht geführt. Die unter dem englischen Begriff "Stalking" diskutierten Verhaltensweisen zeichnen sich dadurch aus, dass einer anderen Person fortwährend nachgestellt, aufgelauert oder auf andere Weise mit hoher Intensität Kontakt zu ihr gesucht bzw in ihren individuellen Lebensbereich eingegriffen wird (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1). Eine einheitliche Begriffsbestimmung ist wegen der äußerst facettenreichen Fallgestaltungen schwierig (vgl etwa Bieszk/Sadtler, NJW 2007, 3382, 3384). Allgemein handelt es sich um ein Verhalten der fortgesetzten Verfolgung, Belästigung und Bedrohung einer anderen Person gegen deren Willen (so die Gesetzentwürfe des Bundesrates vom 27.4.2005 und 23.3.2006, BT-Drucks 15/5410 S 1 und BT-Drucks 16/1030 S 1). Dabei sind die einzelnen Handlungen des Täters sehr vielgestaltig. Sie reichen von häufigen, vielfach wiederholten Telefonanrufen zu jeder Tages- und Nachtzeit, dem Übersenden von E-Mails, SMS oder Briefen, der Übermittlung von Geschenken, dem Auflauern vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz und Drohungen bis hin zu Zudringlichkeiten und tätlichen Angriffen. Durch ihre Häufigkeit und Kontinuität führen auch Einzelhandlungen, die jeweils für sich genommen als sozialadäquat angesehen werden könnten, zu unzumutbaren Beeinträchtigungen und einer erzwungenen Veränderung der Lebensumstände des Opfers (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1).
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In der mit Wirkung vom 31.3.2007 Gesetz gewordenen Fassung des § 238 Abs 1 StGB lautet der Tatbestand der Nachstellung:
Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1.
seine räumliche Nähe aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4.
ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5.
eine andere vergleichbare Handlung vornimmt
und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
- 59
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Durch § 238 StGB sollen nach dem Willen des Gesetzgebers beharrliche Nachstellungen, die einschneidend in das Leben des Opfers eingreifen, über die bereits bestehenden und in Betracht kommenden Straftatbestände - wie etwa der Nötigung(§ 240 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) oder des Zuwiderhandelns gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 4 GewSchG) - hinaus mittels eines weiteren Straftatbestandes verfolgt werden können, um auf diese Weise einen besseren Opferschutz zu erreichen und Strafbarkeitslücken zu schließen (BT-Drucks 16/575 S 1). Der neue Straftatbestand dient damit dem Schutz der eigenen Lebensführung vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung (vgl BGH Beschluss vom 19.11.2009 - 3 StR 244/09 - BGHSt 54, 189 - juris RdNr 14 mwN).
- 60
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Nach der Rechtsprechung des BGH (aaO) ist Tathandlung des § 238 Abs 1 StGB das unbefugte Nachstellen durch beharrliche unmittelbare und mittelbare Annäherungshandlungen an das Opfer und näher bestimmte Drohungen iS des § 238 Abs 1 Nr 1 bis 5 StGB. Das Merkmal der "Beharrlichkeit" soll ua die Deliktstypik des "Stalkings" zum Ausdruck bringen und einzelne, für sich genommen vom Gesetzgeber als sozialadäquat angesehene Handlungen (BT-Drucks 16/575 S 7) von unerwünschtem "Stalking" abgrenzen; ihm wohnen sowohl objektive Momente der Zeit sowie subjektive und normative Elemente der Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit inne, die in der Tatbegehung durch besondere Hartnäckigkeit und eine gesteigerte Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot zum Ausdruck kommt. Die Beharrlichkeit ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen Handlungen, bei der insbesondere auch der zeitliche Abstand zwischen den Angriffen und deren innerer Zusammenhang von Bedeutung sind (BGH, aaO, mwN).
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b) Solange der Gesetzgeber den Tatbestand des § 238 StGB nicht gesondert in den Schutzbereich des § 1 OEG einbezogen hat, sind die erfolgten Stalking-Handlungen daraufhin zu prüfen, ob jeweils nach den insoweit maßgeblichen Kriterien ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG vorliegt. Ein sich - wie hier - über Jahre erstreckendes Stalking, das aus einer Vielzahl einzelner, für sich abgeschlossener Sachverhalte besteht, kann entgegen der Auffassung des LSG nicht als ein einheitlicher schädigender Vorgang gewertet werden. Denn ein solcher umfasst nur den konkreten tätlichen Angriff und das diesem unmittelbar folgende gewaltgeprägte Geschehen.
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Soweit sich eine feindselige Willensrichtung des Täters nicht feststellen lässt, kommt es auch beim Stalking auf das Vorliegen einer mit Gewaltanwendung verbundenen vorsätzlichen Straftat an. Der Senat hat bereits zum Phänomen des sog Mobbings entschieden, dass sich diese Vorgänge des Arbeitslebens, die den Rahmen des zwar gesellschaftlich Missbilligten, aber nicht Strafbaren nicht verlassen und die Schwelle zum kriminellen Unrecht nicht überschreiten, nicht als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden können(BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Denn bei der Anwendung des OEG ist von dessen Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 7). Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Ebenso wenig reicht das Verwirklichen eines Straftatbestandes aus, wenn es (wie zB bei Vermögensdelikten) ohne körperliche Einwirkungen auf das Opfer geschieht. Dies gilt grundsätzlich auch für Stalking-Handlungen, die jedoch nach heute geltendem Recht wegen des Tatbestands der Nachstellung gemäß § 238 StGB eine besondere strafrechtliche Relevanz aufweisen können. Allerdings kann für den Zeitraum vor Inkrafttreten dieser Norm zum 31.3.2007 zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in Gestalt einer strafbaren Vorsatztat vorliegt, nicht auf diesen Straftatbestand zurückgegriffen werden(aa). Maßgeblich ist das zum Tatzeitpunkt geltende Recht (bb).
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aa) Entgegen der Auffassung des LSG kann hier das Vorliegen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - abgesehen von dem zusätzlichen Erfordernis einer Tätlichkeit - nicht mit der Begründung bejaht werden, es sei der ab dem 31.3.2007 geltende Tatbestand der Nachstellung iS des § 238 StGB erfüllt.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats dient das Merkmal der Rechtsfeindlichkeit, wie sie sich durch das Begehen einer vorsätzlichen Straftat zeigt, einer normativen Grenzziehung gegenüber Verhaltensweisen, die den Rahmen des gesellschaftlichen Lebens nicht überschreiten. Diese Abgrenzung erfordert nach Auffassung des Senats ein Abstellen auf die zum Zeitpunkt der Tat jeweils geltende Rechtslage. Ungeachtet des im Strafrecht geltenden absoluten Rückwirkungsverbots nach Art 103 Abs 2 GG drohen im Opferentschädigungsrecht anderenfalls Billigkeitserwägungen. Es müsste nämlich der Unrechtsgehalt einer erst im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung strafbaren Handlung auf Zeiträume erstreckt werden, in denen das entsprechende Täterverhalten nicht strafbar gewesen ist. Die für die Bewertung des Täterverhaltens maßgebende normative Grenze würde dadurch klare Konturen verlieren.
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Zum einen ist die Frage, auf welche Handlungen der Staat seinen Strafanspruch erstrecken will, dem Wandel gesellschaftlicher Phänomene und Anschauungen unterworfen (vgl hierzu auch Pollähne, NK 2002, 56, 58). Dies zeigt sich gerade auch in der Aufnahme des Tatbestands der Nachstellung in das StGB, die auf die zunehmende Bedeutung des Phänomens des Stalking und den als unzureichend angesehenen Schutz der betroffenen Personen zurückzuführen ist (vgl BT-Drucks 16/575 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 16/3641 S 1). Ein anderes Beispiel ist der erst seit 1.4.1998 strafbare Versuch einer Körperverletzung nach § 223 Abs 2 StGB(Gesetz vom 26.1.1998, BGBl I 164). Zum anderen kann von einer Feindlichkeit des Täters gegen das Strafgesetz nur bei einem - willentlichen - Bruch der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtsordnung gesprochen werden. Auf den von der Beklagten angesprochenen Gesichtspunkt eines Schutzes des Täters vor Regressforderungen des Staates nach § 5 OEG iVm § 81a BVG kommt es insofern nicht entscheidend an.
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bb) Ist danach stets auf die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen, kommen im vorliegenden Fall, der insbesondere Stalkinghandlungen in der Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2003 (jedenfalls vor Inkrafttreten des § 238 StGB) betrifft, opferentschädigungsrechtlich als Straftatbestände insbesondere die Körperverletzung(§§ 223, 229 StGB), die Nötigung (§ 240 StGB), die sexuelle Nötigung (§ 177 StGB), die Bedrohung (§ 241 StGB) und die Beleidigung (§ 185 StGB) in Betracht (vgl BT-Drucks 16/575 S 6).
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Zudem ist nach Auffassung des Senats für den Zeitraum ab 1.1.2002 eine Strafbarkeit des maßgeblichen Verhaltens nach § 4 GewSchG ausreichend, um - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - einen Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG begründen zu können. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe ist nach § 4 GewSchG ein Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG strafbar, die tatbestandlich eine vorangegangene vorsätzliche und rechtswidrige Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person voraussetzt(§ 1 Abs 1 Satz 1 GewSchG). Zum Schutz der betroffenen Person kann das Gericht gemäß § 1 Abs 1 Satz 3 GewSchG insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt, die Wohnung der verletzten Person zu betreten(Nr 1), sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten (Nr 2), zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält (Nr 3), Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen (Nr 4), Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen (Nr 5), soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. Entsprechende Anordnungen können bei einer widerrechtlichen Drohung mit einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 GewSchG)und bei einem widerrechtlichen Eindringen in die Wohnung einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG) ergehen, sowie gegenüber demjenigen, der eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass er ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG).
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Der Gesetzgeber hat insoweit den Schwerpunkt der rechtlichen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und "unzumutbare Belästigungen" (also "Stalking") zunächst nur auf zivilrechtlicher Ebene gesetzt und die Strafbarkeit des Verhaltens durch eine Kriminalisierung des Ungehorsams gegenüber vollstreckbaren gerichtlichen Anordnungen eröffnet (Pollähne, NK 2002, 56, 58). Wenngleich hierbei vorrangiges Ziel des Gesetzgebers war, die verfahrensrechtliche Geltendmachung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen zu erleichtern, die Effizienz der Vollstreckung zivilgerichtlicher Entscheidungen zu verbessern und bei dem Verstoß gegen eine gerichtliche Schutzanordnung ein Eingreifen der Polizei zu ermöglichen (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5.3.2001, BT-Drucks 14/5429 S 1, 10; Grziwotz, NJW 2002, 872, 873 f; vgl auch Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung zum Gewaltschutzgesetz, Berlin 2005, S 89 ff), ist die Einbeziehung solcher strafbaren Vorsatztaten in die opferentschädigungsrechtliche Bewertung nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht nur wegen der sachlichen Nähe zur sog Gewaltkriminalität gerechtfertigt, sondern auch wegen der mit einem Zuwiderhandeln gegen eine entsprechende Schutzanordnung des Gerichts eindeutig hervortretenden Rechtsfeindlichkeit des Täters, des willentlichen Bruchs der Rechtsordnung.
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Soweit der Täter durch sein Verhalten gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG verstößt und sich dadurch nach § 4 GewSchG strafbar macht, ist die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen die durch die Anordnung geschützte Person begangen wird und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird. Insoweit gelten ähnliche Grundsätze wie bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung der Freiheitsberaubung nach § 239 StGB(vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Auch mit einem nach § 4 GewSchG strafbaren Verhalten muss eine körperliche Gewaltanwendung einhergehen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bejahen zu können(offen gelassen für die Freiheitsberaubung, vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Aus einem Verstoß gegen eine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG kann nämlich nicht ohne Weiteres auf eine objektive Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit oder des Lebens des Opfers durch eine Tätlichkeit geschlossen werden.
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3. Gemessen an diesen Kriterien ist es dem erkennenden Senat anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht möglich, abschließend zu beurteilen, inwiefern die einzelnen Stalkinghandlungen des H. vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe gegen die Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellen.
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a) Eine Wertung als tätlicher Angriff scheidet allerdings von vornherein für alle Telefonate, SMS, Briefe, Karten, Geschenke und dergleichen sowie für das bloße Klingeln an der Haustür der Klägerin aus, wodurch H. die Klägerin allerdings in erheblicher Weise belästigt hat. Denn insoweit fehlt es an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung auch soweit einzelne Mitteilungen ernste Drohungen enthielten. Entsprechend verhält es sich mit den von H. missbräuchlich veranlassten Notfalleinsätzen, Dienstleistungen oder Lieferungen zur Wohnung der Klägerin, zumal die beauftragten Personen - soweit ersichtlich - in keiner Weise gegenüber der Klägerin gewalttätig geworden sind.
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b) Nach den festgestellten Gegebenheiten kann es nur bei persönlichen Begegnungen des H. mit der Klägerin zu einem tätlichen Angriff gekommen sein. Dabei ist es nach den Feststellungen des LSG wiederholt zu Drohungen und Belästigungen gekommen. Inwieweit eine Gewaltanwendung durch H. unmittelbar bevorstand, lässt sich den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen weitestgehend nicht entnehmen, zumal es nach der Rechtsauffassung des LSG nicht darauf ankam.
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Eine gewisse Sonderstellung nimmt das Geschehen am 18.7.2003 ein. Unter ständigem Einreden auf die Klägerin ist H. ihr an diesem Tag vom Hauseingang ihrer Wohnung gefolgt und mit ihr in demselben Bus gefahren, bis er sie vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts am Arm festgehalten und zu sich umgerissen hat. Hierin könnte ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen sein. Jedenfalls liegt es nahe, eine strafbare, unmittelbar auf den Körper der Klägerin zielende gewaltsame Einwirkung anzunehmen.
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Die Handlung des H. ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 4 GewSchG strafbar, da sie zeitlich vor der Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 liegt. Vielmehr kommt eine Strafbarkeit als Nötigung gemäß § 240 Abs 1 StGB in Betracht, da H. die Klägerin gegen ihren klar erkennbaren Willen durch körperliche Gewalt am Fortgehen gehindert hat. Diese - an sich nicht gravierende - Gewaltanwendung dürfte unter normalen Umständen zwischenmenschlicher Auseinandersetzungen in aller Regel nicht verwerflich iS des § 240 Abs 2 StGB sein(vgl zur umstrittenen Anwendung und Auslegung der Verwerflichkeitsklausel jüngst BVerfG Kammerbeschluss vom 7.3.2011 - 1 BvR 388/05 - juris RdNr 38 ff). Dies gilt angesichts der vorangegangenen Drohungen und Belästigungen durch H. seit Oktober 2001 im vorliegenden Fall hingegen nicht. Fraglich könnte allerdings sein, ob unter Berücksichtigung der Umstände des Tatgeschehens aus der Sicht eines objektiven vernünftigen Dritten eine hinreichende Gefahr für Leib oder Leben der Klägerin anzunehmen ist. Diese Feststellung obliegt der tatrichterlichen Würdigung, die der Senat im Revisionsverfahren nicht vornehmen kann (vgl § 163 SGG).
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Etwas anders verhält es sich mit den Vorgängen am 2. und 3.10.2003. An diesen Tagen hat H. auf die Klägerin vor ihrer Wohnungstür gewartet und ist ihr beim Verlassen des Hauses entgegengegangen, mit der Folge, dass die Klägerin in ihr Haus zurückgekehrt ist und sich zur Arbeit hat abholen lassen. Mit dieser Handlung hat H. in strafbarer Weise gegen die Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 verstoßen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen des LSG ist darin jedoch noch keine körperliche Gewaltanwendung gegenüber der Klägerin und damit kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen. Allein die Annäherung des H. kann - ohne Hinzutreten weiterer Umstände (zB Drohungen, aggressives Verhalten etc) - nicht als eine unmittelbar auf den Körper zielende Einwirkung gewertet werden.
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4. Da der erkennende Senat die danach noch fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Soweit das LSG nach weiteren Ermittlungen hinsichtlich einzelner Begegnungen der Klägerin mit H. zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG oder sogar von mehreren derartigen Angriffen geworden ist, wird es nach der entschädigungsrechtlichen Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung die Frage eines wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen den betreffenden schädigenden Vorgängen und der bei der Klägerin bestehenden psychischen Krankheit zu prüfen haben. Hierbei ist in aller Regel die Hinzuziehung medizinischen Sachverstands erforderlich.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob das Sozialgericht (SG) das damals zuständige (jetzt beigeladene) Land zu Recht verurteilt hat, eine bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS des § 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz
) festzustellen.
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Die am 2.10.1954 geborene Klägerin ließ sich im Jahr 2000 zwei Mal von einem Arzt für Gynäkologie operieren. Zunächst saugte dieser am 13.1.2000 im Rahmen eines kosmetischen Eingriffs Fett ab. Danach traten Komplikationen auf. Am 20.6.2000 versuchte der Arzt, eine bestehende Fettschürze zu korrigieren und saugte weiteres Fett ab. Nach diesem Eingriff kam es zu erheblichen Gesundheitsstörungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten.
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Zur Zeit der Operationen litt die Klägerin neben dem erheblichen Übergewicht an einer Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Darauf machte sie den Arzt vor den operativen Maßnahmen aufmerksam. Dieser wies sie sodann bewusst nicht darauf hin, dass angesichts der Vorerkrankungen bei den Operationen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen sei. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm bewusst war, dass die Klägerin sonst von den Operationen abgesehen hätte. Er dokumentierte weder ein Aufklärungsgespräch noch eine Einwilligung. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können.
- 4
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Das Landgericht Aachen verurteilte den Gynäkologen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 Strafgesetzbuch (StGB) aufgrund des operativen Eingriffs vom 13.1.2000 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie aufgrund des weiteren Eingriffs vom 20.6.2000 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Unter Einbeziehung zahlreicher weiterer Taten zum Nachteil anderer Patienten wurde der Gynäkologe zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt (rechtskräftiges Urteil vom 17.7.2002 - 61 KLs/42 Js 1109/00).
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Am 22.11.2003 beantragte die Klägerin beim seinerzeit zuständigen Versorgungsamt Aachen Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem OEG iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Diesen Antrag lehnte das Versorgungsamt nach Beiziehung des Strafurteils durch Bescheid vom 9.1.2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG lägen nicht vor. Das OEG bezwecke ausschließlich die Entschädigung von Kriminalitätsopfern, die vom Staat trotz des von diesem in Anspruch genommenen Gewaltmonopols im Einzelfall nicht ausreichend hätten geschützt werden können. Die hier der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden ärztlichen Kunstfehler seien von diesem Schutzzweck naturgemäß nicht erfasst. Es fehle an einer feindseligen Tendenz im Sinne des OEG. Den Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 22.6.2004 zurück.
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Das von der Klägerin angerufene SG Aachen hat nach Einholung mehrerer medizinischer Gutachten mit Urteil vom 21.12.2006 das (jetzt beigeladene) Land Nordrhein-Westfalen (NRW) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung "Zustand nach Abdominalplastik mit zwei großen quer verlaufenden Narben im Ober- und Unterbauch mit korrigiertem Nabel mit Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich" als durch ein schädigendes Ereignis iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hervorgerufene Gesundheitsstörung festzustellen. Die darüber hinausgehende Klage auf Gewährung von Versorgung hat das SG - mittlerweile (nach Rücknahme der Berufung der Klägerin) rechtskräftig - abgewiesen, weil die festgestellte Gesundheitsstörung lediglich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vH bedinge.
- 7
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Gegen seine Verurteilung hat das Land NRW Berufung eingelegt. Dieses Rechtsmittel ist nach Inkrafttreten des § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GVBl NRW 482,
) ab 1.1.2008 vom Landschaftsverband Rheinland weiter geführt und sodann vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) mit Urteil vom 21.5.2008 zurückgewiesen worden. Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:
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Zum 1.1.2008 sei ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Berufungsführer sei seitdem der Landschaftsverband Rheinland. Ob sich dieser als neuer Beklagter gegen die Anerkennung von Schädigungsfolgen wende oder dies dem notwendig beigeladenen Land als weiterhin materiell Verpflichtetem obliege, ändere am Tenor der Berufungsentscheidung nichts, denn weder das Land noch der Landschaftsverband hätten einen Anspruch auf Aufhebung des Urteils des SG.
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Zu Recht habe dieses die streitbefangenen ärztlichen Maßnahmen als tätliche Angriffe iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die der Senat sich zu eigen mache, habe der Gynäkologe die vor den Eingriffen notwendige Aufklärung aus finanziellen Motiven unterlassen. Er habe die Klägerin bewusst nicht darauf hingewiesen, dass angesichts der Vorerkrankungen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, während und nach den Operationen zu rechnen gewesen sei. Auch sei ihm klar gewesen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen die Operationen entschieden hätte. Dies habe der Gynäkologe zumindest billigend in Kauf genommen. Damit stellten die operativen Eingriffe tatbestandlich vorsätzliche Körperverletzungen iS des § 223 StGB dar, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) mangels wirksamer Einwilligung auch rechtswidrig gewesen seien. Eine wirksame Einwilligung liege danach nur vor, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden sei.
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Der Arzt habe durch die Operationen unmittelbar in die körperliche Integrität der Klägerin eingegriffen. Zwar habe er keinen Widerstand der Klägerin überwinden müssen. Diese Situation habe er sich jedoch nur verschaffen können, weil er die Klägerin zuvor über die Risiken der Operation und seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können, getäuscht habe. Ob zwischen dem Arzt und der Klägerin ein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden habe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die von dem Gynäkologen vorgenommenen Eingriffe stellten auch keine Heilbehandlung dar, denn es sei keine objektive Heiltendenz feststellbar. Zudem handle es sich bei der von § 1 Abs 1 OEG geforderten Feindseligkeit der Tathandlung nicht um eine innere Tatsache. Was feindselig sei, bestimme das Strafgesetz. Feindselig in diesem Sinne seien alle § 223 StGB zuzuordnenden, strafbewehrten Tathandlungen. Unschädlich sei, dass die im Rahmen der Operationen begangenen Kunst- und Behandlungsfehler nur fahrlässiger Natur gewesen seien.
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Die Klägerin habe durch die beiden durchgeführten Operationen eine gesundheitliche Schädigung erlitten, an deren Folgen sie fortdauernd leide. Art und Umfang der insoweit verbliebenen Gesundheitsstörung seien von den Beteiligten unstreitig gestellt worden.
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Der Beklagte macht mit seiner nach Zulassung durch den erkennenden Senat eingelegten Revision eine Verletzung von § 1 Abs 1 OEG geltend. Zur Begründung führt er ua aus:
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Durch die Regelungen des OEG wolle der Staat für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger insbesondere vor gesundheitlichen Schädigungen durch kriminelle Handlungen wie vor allem Gewalttaten einstehen. Im Lichte dieses Gesetzeszwecks seien auch die einzelnen Tatbestandsmerkmale auszulegen. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 OEG setze daher eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame, in der Regel auch handgreifliche Einwirkung voraus.
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An einer feindseligen Willensrichtung fehle es hier. Zwar hätten Eingriffe in die körperliche Integrität eines anderen grundsätzlich die Tendenz, diesen zum bloßen Objekt herabzuwürdigen; sie seien deshalb als feindselig zu werten. Wenn aber im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege, verliere der Eingriff in die körperliche Integrität seine feindselige Qualität. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin zwar ihre Einwilligung in beide Operationen gegeben habe, diese aber vom Täter erschlichen worden seien. Das LSG schließe ohne eigene Sachaufklärung aus den vom Landgericht in seinem Strafurteil benannten Motiven für das Erschleichen der Einwilligung und aus der Tatsache der strafrechtlichen Verurteilung, dass der Gynäkologe keine Heilbehandlung vorgenommen habe, weil die Eingriffe nicht zur Heilung geeignet gewesen seien. Letzteres lasse sich aber den einschlägigen Passagen des Landgerichtsurteils nicht entnehmen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Operateur der Klägerin insofern rechtsfeindlich gesonnen gewesen sei, als er sie dauerhaft habe schädigen wollen. Eine rechtsfeindliche Willensrichtung lasse sich zwar für die fehlerhafte Aufklärung über die Operationsrisiken bejahen. Hieraus resultiere aber nicht gleichzeitig eine rechtsfeindliche Willensrichtung hinsichtlich der anschließenden Operationen. Das Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte nur dann die Annahme einer feindseligen Willensrichtung hinsichtlich des operativen Eingriffs, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe.
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Der Beklagte beantragt,
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die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.5.2008 und des Sozialgerichts Aachen vom 21.12.2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.
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Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland hat wie folgt Stellung genommen: Generell liege bei ärztlichen Kunstfehlern keine Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG vor. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung führe zwar in der Regel auch zur Bejahung eines tätlichen Angriffs. Jedoch sei dies nicht zwangsläufig so. Zusätzlich sei nämlich auch ein tätlicher Angriff in feindseliger Willensrichtung erforderlich. Daran fehle es im konkreten Fall. Das LSG habe den feindseligen Akt wohl im Erschleichen der Einwilligung durch bewusst unzureichende Aufklärung gesehen. Es leuchte jedoch nicht ein, warum ein tätlicher Angriff im Sinne des OEG davon abhängen solle, dass der Arzt die Patientin mit Eventualvorsatz unzureichend aufgeklärt habe. Mit einer solchen Argumentation könne praktisch jeder ärztliche Heileingriff, bei dem eine wirksame Einwilligung fehle, als OEG-Fall anerkannt werden, und zwar selbst dann, wenn der ärztliche Eingriff richtig und erfolgreich ausgeführt worden sei und ein Kunstfehler daher überhaupt nicht vorliege. Eine entsprechende Ausweitung des vom OEG erfassten Personenkreises sei vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Die Rechtsentwicklung zum Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern lasse sich auf den Bereich ärztlicher Kunstfehler nicht anwenden. Die tatbestandliche Ausgangslage sei eine gänzlich andere.
Entscheidungsgründe
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1. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Richtiger Beklagter und Revisionskläger ist nunmehr der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland.
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a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass es mit Inkrafttreten von § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz zum 1.1.2008 im Verlauf des Berufungsverfahrens zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes auf der Beklagtenseite gekommen ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 13 f; BSG, Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, jeweils RdNr 20; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - juris RdNr 21; BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R -, juris RdNr 22; BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG, Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 26). Durch § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz wurden die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung vom 1.1.2008 rechtswirksam auf die Landschaftsverbände übertragen. Ab diesem Zeitpunkt ist der für die Klägerin örtlich zuständige Landschaftsverband Rheinland gemäß § 6 Abs 1 OEG für die Versorgung nach diesem Gesetz zuständig.
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b) Das LSG hat den Landschaftsverband Rheinland selbst als Beklagten behandelt. Die Klägerin hat ihre Klage im Verlauf des Revisionsverfahrens umgestellt und nunmehr gegen die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligtenfähige Behörde - den Direktor des Landschaftsverbandes - gerichtet. Mit dieser Umstellung trägt sie der Rechtsprechung des 8. Senats des BSG Rechnung, wonach die Klage zwingend gegen die nach § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärte Behörde zu richten ist, wenn ein Land - wie hier Nordrhein-Westfalen durch § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG - das Behördenprinzip eingeführt hat (vgl BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14). Demgegenüber hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten (vgl Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - juris RdNr 21), dass die nach § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähige juristische Person (hier der Landschaftsverband Rheinland) diese Fähigkeit nicht dadurch verliert, dass die für sie handelnde Behörde (hier der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland) durch Landesrecht iS des § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärt worden ist. Zur Vermeidung einer Divergenz hat der erkennende Senat deshalb eine Umstellung der Klage angeregt; dem steht § 168 Satz 1 SGG nicht entgegen, weil sich der Klagegrund, also der dem Klageantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt, nicht geändert hat(vgl § 99 Abs 3 SGG).
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2. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht dessen Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, mit dem dieses die entgegenstehende ablehnende Verwaltungsentscheidung aufgehoben und das seinerzeit beklagte Land zur Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG verurteilt hat. Eine Rechtskraft dieser Entscheidung erstreckt sich gemäß § 141 Abs 1 Nr 1 SGG auf den jetzigen Beklagten.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG)geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG(idF vom 11.5.1976, BGBl I 1181). Danach erhält ua derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Reicht - wie hier - der Grad der Schädigungsfolgen für einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente nicht aus (vgl § 31 Abs 1 BVG), hat der Beschädigte nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG einen Anspruch auf isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen sein, zB Ansprüche auf Heilbehandlung wegen der anerkannten Folgen einer Schädigung (vgl zum BVG bereits BSGE 9, 80, 83 f = SozR Nr 17 zu § 55 SGG; BSGE 12, 25, 26; BSGE 27, 22, 23 = SozR Nr 59 zu § 77 SGG; BSG, Urteil vom 2.6.1970 - 10 RV 69/68 - KOV 1971, 170; zum Soldatenversorgungsgesetz etwa BSGE 57, 171, 172 = SozR 1500 § 55 Nr 24 S 17; BSGE 68, 128, 129 f = SozR 3-3200 § 81 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 39; BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 73; zum OEG etwa BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9/9a RVg 4/92 - BSGE 77, 1, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 4 S 15).
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Wie SG und LSG im Ergebnis zutreffend erkannt haben, steht der Klägerin gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nach den Umständen des vorliegenden Falles ein Anspruch auf Feststellung der Gesundheitsstörungen zu, die Folgen der im Jahre 2000 von dem Gynäkologen durchgeführten Schönheitsoperationen sind. Denn diese ärztlichen Eingriffe sind als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu werten. Der erkennende Senat legt dabei zunächst seine bisherige Rechtsprechung zum Rechtsbegriff "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" zugrunde (dazu unter a). Darüber hinaus ist die Rechtsprechung des BGH zur Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung von Bedeutung (dazu unter b). Für diesen Bereich entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung dahin weiter, dass ein ärztlicher Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen als tätlicher Angriff anzusehen ist (dazu unter c). Diese Voraussetzungen liegen nach den für den Senat verbindlichen Tatsachenfeststellungen hier vor (dazu unter d).
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a) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat sich im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen entwickelt. Sie hat sich weitgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst und entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abgestellt. Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Betrachtungsweisen zugrunde gelegt. Leitlinie des erkennenden Senats war insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei in aller Regel die Angriffshandlung den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (vgl BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 f; BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f; BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f und zuletzt BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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Im Einzelnen hat der erkennende Senat bislang zu folgenden Fallkonstellationen entschieden:
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Zunächst hat er unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines OEG (BT-Drucks 7/2506 S 13) für die Annahme einer Angriffshandlung eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung verlangt und deshalb einen tätlichen Angriff bei der Flucht vor einem Einbrecher verneint (BSG, Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 99 f = SozR 3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Diese Rechtsprechung hat er später dahingehend präzisiert, dass unter einem tätlichen Angriff ein gewaltsames, handgreifliches Vorgehen gegen eine Person in kämpferischer, feindseliger Absicht zu verstehen ist, nicht jedoch sozial angemessenes Verhalten, wie das Hochheben einer jungen Frau auf einem Straßenfest (BSG, Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 ff = SozR 3800 § 1 Nr 6 S 18 ff).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat dann den Begriff des tätlichen Angriffs umfassender im Sinne von Rechtsfeindlichkeit verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat war allein entscheidend, dass die Begehensweise, nämlich sexuelle Handlungen, eine Straftat war, deretwegen die Täter in diesen Fällen auch bestraft worden sind (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f; BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f; ähnlich auch bei einer Aids-Infektion durch ungeschützten Geschlechtsverkehr: BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18, 19 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 S 7).
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Auch eine absichtliche Blockade mit einem Kraftfahrzeug ist als tätlicher Angriff angesehen worden, wenn das Opfer dem gegen ihn gerichteten körperlichen Angriff durch Ausweichen oder Flucht entgehen will und dadurch zu Schaden kommt. Der Senat hat es für genügend erachtet, dass das Handeln des Angreifers vorsätzlich und auf Rechtsbruch gerichtet war. In der Regel reicht danach der vorsätzliche rechtswidrige Angriff gegen die körperliche Integrität oder die körperliche Bewegungsfreiheit aus, um den Tatbestand (des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG) zu erfüllen (BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f).
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Ebenso hat es der erkennende Senat beim Zünden eines Feuerwerkskörpers durch einen unbekannt gebliebenen Täter ausreichen lassen, dass das Verhalten des Täters auf Rechtsbruch gerichtet war und dadurch seine Rechtsfeindlichkeit erkennen ließ. Rechtsfeindlich handele, wer vorsätzlich und rechtswidrig einen Angriff gegen die körperliche Integrität eines anderen richte (BSG, Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714).
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Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zur Gewalt gegen Sachen verbunden mit Drohungen gegenüber dem Opfer fortgeführt: Er ist dort zwar davon ausgegangen, dass ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende, gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung erfordert. Zugleich hat er jedoch klargestellt, dass nicht ein aggressives Verhalten, sondern die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des "tätlichen Angriffs" maßgeblich ist. Bei Drohungen gegenüber dem Opfer verbunden mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache hat er es deshalb als entscheidend angesehen, ob aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten ein unmittelbares Ansetzen zu einer gezielten Gewaltanwendung gegen eine Person gegeben ist (BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38 f, ähnlich BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 zur Verletzungshandlung eines strafrechtlich schuldunfähigen, aber handlungsfähigen Kindes).
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In seiner Entscheidung zur Verletzung durch Signalmunition in einer Silvesternacht hat der Senat ein zielgerichtetes, vorsätzliches, aggressives Verhalten gegen eine bestimmte Person nicht für erforderlich gehalten, sondern es für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" ausreichen lassen, dass sich der Angriff gegen andere Personen als das Opfer gerichtet hat (BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 ff). Weiter ist in dieser Entscheidung ausgeführt worden, dass die "Feindseligkeit", die den "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 OEG kennzeichnet, schon dann zu bejahen ist, wenn mit der Einwirkung auf den Körper des Opfers - zumindest versuchsweise - vorsätzlich ein Straftatbestand verwirklicht wird. "Feindselig" handelt der Täter auch dann, wenn er unter Verstoß gegen ein Strafgesetz vorsätzlich auf den Körper eines anderen einwirkt (BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46).
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass nur bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten werden könne; tätliche Angriffe lägen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt werde, wie zB durch einen Fußtritt (BSG, Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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In dem Fall einer Bedrohung mit einer scharf geladenen, entsicherten Schusswaffe hat der erkennende Senat, anknüpfend an sein Urteil vom 10.9.1997 (BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11), als tätlichen Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen. Er hat darauf hingewiesen, dass in aller Regel die Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG den Tatbestand einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllen wird. Daneben seien aber auch Begehungsweisen denkbar, bei denen kein strafrechtlich relevanter Erfolg angestrebt werde. Es sei nicht einmal die körperliche Berührung oder auch nur ein darauf zielender Vorsatz erforderlich. Bereits die absichtliche, rechtswidrige Bedrohung eines anderen mit einer scharf geladenen entsicherten Schusswaffe stellt danach einen tätlichen Angriff dar (BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f). Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zum Entfernen eines Gullydeckels fortgeführt und darin unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12) weiter festgestellt, dass eine Handlung dann nicht als tätlicher Angriff gegen eine Person angesehen werden kann, wenn ihr die erforderliche unmittelbare (feindliche) Ausrichtung auf andere Menschen fehlt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f). An diese Rechtsprechung hat der Senat auch in seiner Entscheidung zur körperlichen Durchsuchung einer Person durch falsche Polizeibeamte angeknüpft (BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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In Bezug auf eine Kindesentziehung durch List hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, dass der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Weise ausgelegt worden ist, dass er auch ohne Gewaltanwendung die Ausübung des Geschlechtsverkehrs eines erwachsenen Mannes mit einem Kind unter 14 Jahren erfasst. Bei einer Kindesentziehung hat der Senat jedoch ein entsprechendes Begriffsverständnis abgelehnt, weil dies zu einer Ausweitung der vom OEG erfassten Tatbestände führen würde, die mit der auf eine körperliche Gewaltanwendung abstellenden gesetzgeberischen Konzeption unvereinbar wäre. Eine erweiternde Auslegung ist auch nicht zum Schutz des betroffenen Kindes geboten (vgl BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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In seiner Entscheidung zur Freiheitsberaubung hat der erkennende Senat ebenfalls maßgeblich darauf abgestellt, dass die Grenze zur Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG jedenfalls dann überschritten ist, wenn eine Person durch Mittel körperlicher Gewalt ihrer Freiheit beraubt und/oder dieser Zustand durch Tätlichkeiten aufrecht erhalten wird(BSG, Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13).
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Schließlich hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung zu einem möglichen tätlichen Angriff eines 4 ½ jährigen Kindes gegen ein anderes Kind unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12)erneut hervorgehoben, dass der als "feindselige" Einwirkung auf den Körper eines anderen definierte tätliche Angriff lediglich erfordert, dass (objektiv) gegen ein Strafgesetz verstoßen wird, das die körperliche Unversehrtheit eines anderen schützt. Dies kann bei einem Stoßen ins Wasser unter Umständen der Fall sein (vgl BSG, Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17).
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b) Grundvoraussetzung für die Bewertung eines ärztlichen Eingriffs als "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG ist danach, dass dieser als vorsätzliche Körperverletzung strafbar ist. Deshalb ist die einschlägige Rechtsprechung der Strafgerichte, insbesondere des BGH, zu beachten. Danach erfüllt jeder ärztliche Eingriff den Tatbestand einer (vorsätzlichen) Körperverletzung iS des § 223 Abs 1 StGB. Er bedarf grundsätzlich der Einwilligung, um rechtmäßig zu sein. Diese Einwilligung kann nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden ist. Aufklärungsmängel können eine Strafbarkeit des Arztes wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung jedoch nur begründen, wenn der Patient bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht in den Eingriff eingewilligt hätte. Das Fehlen einer "hypothetischen Einwilligung" ist dem Arzt nachzuweisen. Eine Beschränkung der Strafbarkeit kann sich zudem unter dem Gesichtspunkt des Schutzzweckgedankens ergeben, wenn sich ein Risiko realisiert, das nicht in den Schutzbereich der verletzten Aufklärungspflicht fällt. Dies wird etwa dann in Betracht zu ziehen sein, wenn sich der Aufklärungsmangel lediglich aus dem unterlassenen Hinweis auf Behandlungsalternativen ergibt, der Patient jedoch eine Grundaufklärung über die Art sowie den Schweregrad des Eingriffs erhalten hat und auch über die schwerstmögliche Beeinträchtigung informiert ist (vgl aus der neueren Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 29.6.1995 - 4 StR 760/94 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 4 = MedR 1996, 22, 24
; BGH, Urteil vom 19.11.1997 - 3 StR 271/97 - BGHSt 43, 306, 308 f = NJW 1998, 1802, 1803; BGH, Beschluss vom 15.10.2003 - 1 StR 300/03 - JR 2004, 251, 252 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469, 470; BGH, Urteil vom ; BGH, Urteil vom 5.7.2007 - 4 StR 549/06 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 8 = MedR 2008, 158, 159 .; BGH, Urteil vom 23.10.2007 - 1 StR 238/07 - MedR 2008, 435, 436 <"Turboentzug">; dazu auch Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 9, 15 ff, § 228 RdNr 12 ff)
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c) Der erkennende Senat entwickelt seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für die besondere Fallkonstellation des als vorsätzliche Körperverletzung strafbaren ärztlichen Eingriffs weiter.
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In aller Regel wird zwar eine Handlung, die den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt, eine Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG sein. Die Verletzungshandlung im OEG hat jedoch durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" - allerdings in Anknüpfung an die Vorschriften des StGB - eine eigenständige gesetzliche Ausprägung gefunden (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56). Das bedeutet, dass nicht jeder als vorsätzliche Körperverletzung strafbare ärztliche Eingriff zugleich ein "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung sein muss.
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Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass ärztliche Eingriffe - wie die gesamte Tätigkeit des Arztes - von einem Heilauftrag iS des § 1 Abs 1 Bundesärzteordnung(danach dient der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes; vgl dazu auch § 1 Abs 1 Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte) bestimmt werden (vgl hierzu Laufs in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl 2009, S 17 f; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl 2008, S 233 f). Ärztliche Eingriffe werden demnach grundsätzlich in der Absicht durchgeführt, zu heilen und nicht in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten einzuwirken. Zum anderen ergibt sich die Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung gerade aus der Verknüpfung von vorsätzlichem Aufklärungsmangel, Fehlen einer wirksamen Einwilligung und damit rechtswidrigem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung kann bei einem ärztlichen Eingriff bereits dann vorliegen, wenn der Arzt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat und der Patient die Einwilligung zum ärztlichen Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erteilt hätte. Es sind deshalb durchaus Fälle denkbar, bei denen der vorsätzliche Aufklärungsmangel zwar zu einer strafbaren vorsätzlichen Körperverletzung führt, es wegen einer vorhandenen Heilungsabsicht jedoch nicht gerechtfertigt ist, den ärztlichen Eingriff als eine gezielte gewaltsame Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten, mithin als eine feindselige Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG, zu bewerten(vgl etwa den der Entscheidung des BGH vom 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469 zugrunde liegenden Fall der Durchführung einer zweiten Operation zur Bergung einer bei der ersten Operation abgebrochenen Bohrerspitze bei unterlassener Aufklärung über Grund und Anlass der Maßnahme).
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Für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs müssen deshalb - neben der Strafbarkeit als Vorsatztat - bestimmte weitere Voraussetzungen hinzukommen, bei deren Vorliegen die Grenze zur Gewalttat, also zum "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff", überschritten ist. Nach Auffassung des erkennenden Senats wird ein Patient unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des OEG dann zum Gewaltopfer, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff objektiv - also aus der Sicht eines verständigen Dritten - in keiner Weise dem Wohl des Patienten dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen leiten lässt und die gesundheitlichen Belange des Patienten hintangestellt hat. Mit dem Abstellen auf das Wohl des Patienten werden neben den Fällen der Heilung einer behandlungsbedürftigen Erkrankung auch die Fälle reiner Schönheitsoperationen erfasst, also Fälle, in denen ohne jede medizinische Indikation allein den Schönheitsvorstellungen des Patienten dienende Eingriffe (s § 52 Abs 2 SGB V)vorgenommen werden.
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Soweit der Beklagte mit der Revision einwendet, das besondere Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte die Annahme einer feindseligen Willensrichtung bei einem operativen Eingriff nur dann, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe, vermag ihm der Senat nicht in vollem Umfang zu folgen. Allein der Umstand, dass ein in keiner Weise zum Wohle des Patienten handelnder Operateur Arzt ist, kann die Annahme einer feindseligen Haltung nicht ausschließen. Auch ein Vertrags- und Vertrauensverhältnis, das der Arzt in rücksichtsloser, krimineller Weise verletzt, hindert es nicht, eine feindselige Willensrichtung bei der Operation anzunehmen, wenn die vom Senat als maßgebend angesehenen Umstände vorliegen. Ebenso wenig greift der Einwand durch, dass der Eingriff in die körperliche Integrität dann seine feindselige Qualität verliere, wenn im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege. Eine durch Täuschung erschlichene Einwilligung ist unwirksam. Sie steht daher weder einer Strafbarkeit noch der Bejahung einer Gewalttat entgegen.
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Mit der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland stimmt der Senat dahin überein, dass ärztliche Kunstfehler für sich genommen keine Gewalttaten iS des § 1 OEG sind. Denn Kunstfehler sind sorgfaltswidrige Verstöße gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, die lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB oder fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB begründen (vgl dazu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 13c). Stellt der ärztliche Eingriff allerdings einen tätlichen Angriff dar, so ist es unerheblich, ob dabei Kunstfehler unterlaufen. Denn der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf die eingetretene Schädigung beziehen (vgl BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 4; BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57).
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d) Gemessen an diesen Kriterien sind die von dem Gynäkologen im Jahr 2000 durchgeführten kosmetischen ärztlichen Eingriffe - im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG und dem LSG - nicht nur als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen iS der §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB, sondern auch als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit der Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Denn sie dienten aus der Sicht eines verständigen Dritten in keiner Weise dem Wohl der Klägerin.
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Das LSG hat dazu Folgendes festgestellt: Die Klägerin litt zum Zeitpunkt der Operationen neben dem erheblichen Übergewicht an Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Obwohl sie den Gynäkologen auf ihre Vorerkrankungen aufmerksam gemacht hatte, wies sie dieser vor den Eingriffen bewusst nicht darauf hin, dass bei ihr mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen war. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm klar war, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung von den Operationen abgesehen hätte. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können. Die an der Klägerin vorgenommenen Eingriffe waren insgesamt gesehen weder von einer objektiven noch einer subjektiven Heilungstendenz getragen. Das Landgericht hat beide kosmetischen ärztliche Eingriffe als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB bewertet und den Gynäkologen deswegen zu Freiheitsstrafen verurteilt.
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Diese Tatsachenfeststellungen des LSG sind für den Senat bindend (§ 163 SGG), denn der Beklagte hat dagegen in der Revisionsbegründung keine zulässigen und begründeten Verfahrensmängel vorgebracht. Soweit er darin die Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)des LSG angreift, hat er schon nicht dargelegt, dass die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten wurden, also gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen worden ist (stRspr; vgl etwa schon BSG SozR Nr 34 und Nr 56 zu § 128 SGG; hierzu auch BSG, Urteil vom 8.11.2005 - B 1 KR 18/04 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 16; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 10 ff). Der Senat hat deshalb bei der Beurteilung der Rechtslage von den Tatsachenfeststellungen des LSG auszugehen. Danach hat sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen Interessen leiten lassen und die gesundheitlichen Belange der Klägerin - gerade auch im Hinblick auf die erheblichen Vorerkrankungen - in sträflicher Weise hintangestellt.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
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die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Feststellungen von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der gesundheitlichen Folgen von Nachstellungen (sog "Stalking").
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Die 1950 geborene Klägerin hat zwei erwachsene Kinder, ist von Beruf Sozialpädagogin und war als Nachtwache in einer Wohnstätte für behinderte Menschen in B. beschäftigt. Seit Mai 2001 lebte sie in einer Beziehung mit dem 1960 geborenen H. (im Folgenden: H.). Die Beziehung mit H. entwickelte sich konfliktreich, so dass die Klägerin sie bereits ab Oktober 2001 wieder zu beenden versuchte.
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H. akzeptierte das nicht. Er belegte die Klägerin in der Folgezeit mit zahlreichen Telefonanrufen und elektronischen Kurznachrichten (SMS). Zudem alarmierte er wiederholt die Polizei, die Feuerwehr und den Notarzt zu vorgeblichen Streitigkeiten, Schlägereien bzw Bränden in der Wohnung der Klägerin, ohne dass bei Eintreffen der Einsatzkräfte entsprechende Gefährdungs- oder Schadenslagen festgestellt werden konnten. H. bestellte ua auch - ohne entsprechenden Bedarf - mehrfach Taxen zur Wohnanschrift der Klägerin. Ferner ließ er am Arbeitsplatz der Klägerin ausrichten, demnächst werde ein Gerichtsvollzieher "vor ihrer Tür stehen".
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Die Klägerin erwirkte daraufhin erstmals am 7.1.2002 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts (AG) B., nach der H. unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, untersagt wurde, die Klägerin zu bedrohen oder zu belästigen sowie in ihrem Namen "die Polizei und Feuerwehr, andere Rettungsdienste, Bestattungsunternehmen, Taxiunternehmen und so weiter zu alarmieren". Dies veranlasste H. indes nicht, sein Verhalten gegenüber der Klägerin zu ändern. Unter anderem ereigneten sich im Weiteren die folgenden Vorfälle:
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So drohte (vermutlich) H. telefonisch beim Arbeitsplatz der Klägerin mit Bombenexplosionen, insbesondere für den Fall, dass die Klägerin "noch mal in das Haus kommt". Weiter kündigte H. der - seinerzeit 81-jährigen - Mutter der Klägerin telefonisch den bevorstehenden Tod der Klägerin an und teilte ihr einige Minuten später telefonisch mit, dass die Klägerin nunmehr tot sei. Einem daraufhin alarmierten Polizeibeamten, der den Anruf in der Wohnung der Klägerin entgegennahm, teilte (vermutlich) H. wörtlich mit: "Jetzt muss sie fürchterliche Angst haben!" und legte auf. Am Abend desselben Tages meldeten sich mehrere "Pizza-Services" bei der Klägerin, die ihr eine vermeintlich von ihr bestellte Pizza bringen wollten.
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Derartige Telefonanrufe wiederholten sich auch in der Folgezeit mehrfach sowohl gegenüber der Klägerin als auch gegenüber ihrer Mutter und ihren Arbeitskollegen. Einen daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag, entsprechend der einstweiligen Verfügung vom 7.1.2002 ein Ordnungsgeld gegen H. festzusetzen, nahm die Klägerin am 22.5.2002 zurück, nachdem sich H. am 18.4.2002 ihr gegenüber verpflichtet hatte, entsprechende Anrufe zu unterlassen, in seinem Besitz befindliche persönliche Daten der Klägerin zu löschen, an ihrer Wohnung nicht mehr aufzutauchen oder zu klingeln, sie nicht mehr anzusprechen, "jegliche Kontaktaufnahme bei zufälligem Zusammentreffen" zu unterlassen und nichts mehr zu tun oder zu veranlassen, "was (der Klägerin) persönlich oder ihrer Familie schadet oder schaden könnte". Die Klägerin erklärte sich im Gegenzug bereit "zu dulden", dass H. ihr "ab und zu einen Brief" schreibt, "der per Post zugestellt wird".
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Ende März 2003 bedrohte der H. die Klägerin erneut in deren Haus. Er schrie sie an, sie werde ihn nun "von einer anderen Seite" kennen lernen; sie wisse nicht, wozu er fähig sei. Er fange zuerst mit der Tochter (der Klägerin) an; er habe "Beziehungen" in ganz O. (dem damaligen Wohnort der Tochter). Dann komme der Sohn (der Klägerin) "dran"; er solle auf sein Auto aufpassen. Der H. fügte hinzu: "Wenn du überfallen, vergewaltigt oder belästigt wirst, habe ich nichts damit zu tun. Ich wasche meine Hände in Unschuld. Du hast Zeit bis morgen, um mit mir zu reden. Dann geht der Tanz los. Du hast selber schuld, du hast mich fallen lassen!". Abschließend sagte er: "In vier Wochen sind F. und J. (die Kinder der Klägerin) tot."
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H. richtete an die Klägerin zudem eine Vielzahl von Briefen und Postkarten, teils beleidigenden, teils versöhnlichen Inhalts, lauerte ihr am Arbeitsplatz und vor ihrer Haustür auf, verfolgte sie, sprach sie an, belästigte und bedrohte sie und ihre Kinder, bestellte auf den Namen der Klägerin ungefragt Versandhausartikel und beauftragte ua ein Bestattungsunternehmen sowie einen Schlüsseldienst zur Wohnanschrift der Klägerin. Er rief auch wiederholt die Notrufnummer der Polizei an unter Vorgabe vermeintlicher Gewalttaten zu Lasten der Klägerin bzw seines eigenen (angeblich) bevorstehenden Freitodes, um entsprechende Einsätze zu bewirken.
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Am 18.7.2003 erwartete er die Klägerin vor dem Hauseingang ihrer Wohnung in B. und folgte ihr von dort bis zur Bushaltestelle, während er ununterbrochen auf sie einredete. Er bestieg sodann denselben Bus wie die Klägerin und folgte ihr nach dem Aussteigen unter weiterem Einreden weiter. Vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts hielt er die Klägerin am Arm fest und riss sie zu sich herum, ließ sie dann jedoch wieder los, worauf die Klägerin in dem Copy-Geschäft um Verständigung der Polizei bat.
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Am 26.7.2003 fand die Klägerin in ihrem Briefkasten einen von H. handschriftlich verfassten Brief vor, in dem es ua hieß: "Melde Dich doch wegen dem Geld. Du bekommst ab dem 2.8. Deine Ruhe, aber anders als Du denkst. Ich habe sehr viel angeleiert. H. "
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Mit Verfügung vom 28.7.2003 erließ die Ortspolizeibehörde B. daraufhin eine Wohnungsverweisungsverfügung mit Rückkehrverbot gegen H., ihm wurde verboten, sich ab dem 28.7.2003, 12.00 Uhr, bis zum 7.8.2003, 24.00 Uhr, in der Wohnung der Klägerin sowie einem Radius von 100 Metern darum aufzuhalten (Maßnahme nach § 14a Abs 1 Bremisches Polizeigesetz).
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Mit Beschluss des AG B. vom 19.8.2003 wurde H. im Wege einer weiteren einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsgeld bzw Ordnungshaft aufgegeben, es zu unterlassen, die Klägerin zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln, ihr nachzustellen, in irgendeiner Form Kontakt zu ihr aufzunehmen, die Wohnung der Klägerin zu betreten oder sich auf der Straße vor ihrem Haus bzw gegenüber dem Grundstück aufzuhalten, sich der Klägerin außerhalb der Wohnung auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern, sie anzusprechen, ihr zu folgen oder hinterherzulaufen und den Arbeitsplatz der Klägerin zu betreten oder sich ihm auf eine Entfernung von weniger als 100 Metern zu nähern.
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Diesen Anforderungen kam H. erneut nicht nach: Er warf ua immer wieder lose Zettel, Postkarten und Briefe in den Briefkasten der Klägerin und klingelte nahezu täglich an ihrer Haustür oder meldete sich telefonisch. Am 20.9.2003 belästigte und bedrohte er sie in einem öffentlichen Bus. Am 2. und 3.10.2003 wartete er vor dem Haus der Klägerin und ging auf sie zu, als sie das Haus auf dem Weg zur Arbeit verließ. Die Klägerin sah sich dadurch veranlasst, zunächst in das Haus zurückzukehren und sich zur Arbeit abholen zu lassen, was auch geschah. Darüber hinaus begegnete H. der Klägerin mehrfach offenbar absichtsvoll in verschiedenen Straßen B. und verfolgte sie, auch nachdem sie zur Vermeidung einer unmittelbaren Begegnung die Straßenseite gewechselt hatte.
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Das AG B. setzte daraufhin mit Ergänzungsbeschluss vom 13.11.2003 ein Ordnungsgeld in Höhe von 1000 Euro, ersatzweise für je 100 Euro einen Tag Ordnungshaft, gegen H. fest. Die dagegen erhobene Beschwerde nahm H. nach Reduzierung des Ordnungsgeldes auf 150 Euro zurück; zu einer Änderung seines Verhaltens kam es nicht.
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Schließlich wurde H. auf Strafanzeigen der Klägerin nach Verbindung mehrerer Verfahren vom AG B. mit Urteil vom 23.11.2004 (- 21 Gs 962 Js 31324/04 -) wegen Bedrohung (§ 241 Strafgesetzbuch - StGB) und Verstoßes gegen eine vollstreckbare Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach weiteren wiederholten Nachstellungen wurde die Strafaussetzung zur Bewährung mit Beschluss des AG B. vom 7.3.2005 widerrufen. H. verbüßte daraufhin vom 13.9.2005 bis 23.5.2006 die ihm auferlegte Freiheitsstrafe, bevor der Strafrest nach zwei Dritteln erneut zur Bewährung (Bewährungszeit: 2 Jahre) und mit der Auflage, sich umgehend einer ambulanten Alkoholentziehungstherapie zu unterziehen, ausgesetzt wurde (§ 57 Abs 1 StGB). Eine mit weiterem Urteil des AG B. vom 4.10.2005 (- 21 Ds 990 Js 16758/05 -) ergänzend ausgesprochene Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wurde auf Berufung des H. mit Urteil des Landgerichts B. vom 31.5.2006 (- 26 Ns 990 Js 16758/05 -) ebenfalls (mit weiteren Auflagen) zur Bewährung (Bewährungszeit: 3 Jahre) ausgesetzt.
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Die Klägerin wechselte im Verlaufe der Nachstellungen zweimal die Wohnanschrift, kam zeitweilig bei Bekannten unter und veranlasste eine Auskunftssperre bei der Meldebehörde. Zudem ließ sie sich vorübergehend eine Telefonnummer mit Auskunftssperre einrichten. Gleichwohl ermittelte H. jeweils nach kurzer Zeit erneut ihre Anschrift bzw Telefonnummer und setzte seine Annäherungshandlungen fort.
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Infolge der Nachstellungen leidet die Klägerin unter psychischen Beschwerden im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Erschöpfungs- und Angstzuständen, Nervosität, Konzentrations- und Schlafstörungen, die ua eine psychopharmakologische Medikation und einen stationären Aufenthalt in der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Dr. He., B., vom 2.3. bis 11.5.2004 erforderlich machten. Bei der Klägerin wurde wegen eines "psychischen Leidens" ein Grad der Behinderung von 50 ab dem 7.3.2005 festgestellt.
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Den Antrag der Klägerin vom 7.2.2005 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG lehnte die beklagte Freie Hansestadt durch Bescheid vom 23.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 mit der Begründung ab, dass die von der Klägerin geltend gemachten "Stalking"-Aktivitäten, wie etwa Morddrohung, Verfolgung, nicht erwünschte Brief- und Telefonkontakte, Warenbestellungen auf ihren Namen etc, als "gewaltlose" Handlungen nicht unter den Begriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG fallen würden. Dieses Tatbestandsmerkmal setze eine unmittelbar auf den Körper des anderen abzielende Einwirkung, zB einen Schlag, voraus, die im Fall der Klägerin nicht vorliege. Nach dem OEG würden nicht ausnahmslos alle Opfer von Straftaten entschädigt, sondern nur Betroffene einer Straftat mit Gewaltanwendung.
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Nach erfolgloser Klage (Urteil des Sozialgerichts
B. am 20.10.2006) hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 18.3.2010 hat das LSG die ablehnenden Entscheidungen des SG und der Beklagten aufgehoben sowie Letztere verurteilt, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es hat sein Urteil auf folgende Erwägungen gestützt:
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Für die Annahme eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG reiche es aus, dass H. durch seine Übergriffe den seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) verwirkliche, die Schädigung der Gesundheit der Klägerin zumindest billigend in Kauf genommen und seine Handlungen gerade auch mittels physischer Präsenz "unterstrichen" habe. Auch mit Rücksicht auf das strafrechtliche absolute Rückwirkungsverbot nach Art 103 Abs 2 GG könnten insoweit zwischenzeitliche Rechtsentwicklungen (§ 238 StGB) opferentschädigungsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben. Die einzelnen Handlungen des H. seien bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung des Gesamtgeschehens nicht jeweils für sich als isolierte Beschimpfungen, Beleidigungen, Bedrohungen etc, sondern deliktstypisch in ihrer Gesamtheit als beharrliche, systematische Belästigungen und Nachstellungen und (insgesamt) als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Das Handeln des H. weise keinen qualitativen Unterschied gegenüber einem Angriff auf, bei dem der Angreifer seinen Drohungen durch begleitende oder vorbereitende Sachbeschädigungen "körperlichen" Nachdruck verleihe oder das Opfer durch Versperren des Weges zu einem Flucht- oder Ausweichverhalten veranlasse, das zu einer Gesundheitsschädigung führe. Die Einordnung der Nachstellungen als tätlicher Angriff entspreche auch dem Schutzzweck des OEG, da der staatliche Schutz der Klägerin vor Gesundheitsschäden mit den (seinerzeit verfügbaren) Mitteln des GewSchG, des StGB, aber auch des allgemeinen Polizeirechts, unzureichend geblieben sei.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Mit Beschluss vom 8.3.2011 hat der Senat die Bundesrepublik Deutschland auf ihren Antrag zum Revisionsverfahren beigeladen. Zur Begründung ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs 1 Satz 1 OEG):
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Das LSG habe in rechtlich fehlerhafter Weise das Verhalten des H. als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Dieser Begriff erfordere grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines Anderen zielende gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung. Ausnahmen von der Körperlichkeit des Angriffs seien vom Bundessozialgericht (BSG) nur vereinzelt und unter exakt definierten Kriterien entwickelt worden; weder die Rechtsprechung zum sexuellen Missbrauch von Kindern noch die Grundsätze zur opferentschädigungsrechtlichen Bewertung von sog Schockschadensopfern seien auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Bei einer Bedrohung oder der Drohung mit Gewalt sei maßgeblich auf eine objektiv hohe Gefährdungslage des Opfers abzustellen.
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Im vorliegenden Fall liege - von dem einmaligen Festhalten der Klägerin am Arm abgesehen - weder eine gewaltsame bzw handgreifliche Einwirkung auf den Körper der Klägerin noch eine objektive Gefahr für Leib oder Leben vor. Entgegen der Auffassung des LSG reiche die reine "physische Präsenz" des H. nicht aus, um bei "gewaltlosen" Nachstellungen einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu bejahen. Auch könne zur Beurteilung der Strafbarkeit der Handlungen des H. nicht auf den erst seit 31.3.2007 geltenden Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB)zurückgegriffen werden; zum einen wegen des absoluten Rückwirkungsverbots des Art 103 Abs 2 GG und zum anderen wegen der möglichen Regressforderung des Staates gemäß § 5 OEG iVm § 81a BVG.
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Schließlich habe das LSG rechtsfehlerhaft die Handlungen des H. in ihrer Gesamtheit als einheitlichen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Die Systematik des Entschädigungstatbestands gebiete, zur Beurteilung eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs an die Einzelhandlungen anzuknüpfen; die Rechtsfrage wiederum, wie eine Kette tätlicher Angriffe, die nicht jeder für sich genommen, wohl aber in ihrer Gesamtwirkung allgemein geeignet sind, eine psychische Krankheit hervorzurufen, sei opferentschädigungsrechtlich zu bewerten und noch nicht höchstrichterlich entschieden.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. März 2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 20. Oktober 2006 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend macht sie geltend: Es entspreche dem Sinn und Zweck des OEG sowie dem Europäischen Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (BGBl II 1996, 1120), ihr eine Entschädigung für Gesundheitsschäden - auch im Hinblick auf das Versagen des staatlichen Gewaltmonopols beim Schutz vor Gewaltkriminalität - zuzubilligen. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht "körperlich" oder gar "handgreiflich" bzw "kämpferisch" sein, sondern könne sich insbesondere bei einem sexuellen Missbrauch von Kindern auch auf "seelische" Einwirkungen beziehen; die Hilflosigkeit und Schutzbedürftigkeit von Stalking-Opfern und das Versagen staatlichen Schutzes rechtfertige es, diese Grundsätze auch auf Stalking-Handlungen zu übertragen, auch wenn diese nicht unbedingt handgreiflich seien. Ohnehin hätten die Handlungen des H. unmittelbar auf ihren Körper eingewirkt, jedenfalls optisch und akustisch. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass sich die objektive Gefahr für ihre körperliche Unversehrtheit durch die psychische Erkrankung realisiert habe und die Handlungen des H. hierfür ursächlich gewesen seien. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob ein Schaden unmittelbar durch eine Handlung oder durch die Summe der Einzelakte verursacht worden sei.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie teilt die Rechtsauffassung der Beklagten und trägt ua vor: Es sei der gesetzgeberische Wille zu beachten, den tätlichen Angriff über eine "Körperlichkeit" zu definieren. Ein Verweis auf den Gesetzeszweck könne nicht dazu führen, diese Anspruchsvoraussetzung auszuhebeln. Ebenso wenig könne von einer Schädigungsfolge auf das Vorliegen eines tätlichen Angriffs geschlossen werden. Auch das vom Strafgesetzgeber anerkannte Schutzbedürfnis von Stalking-Opfern reiche nicht aus, um über das Tatbestandsmerkmal des tätlichen Angriffs hinwegzusehen. Etwaige Änderungen des OEG blieben dem Gesetzgeber vorbehalten.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Nach den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen, an die das BSG gemäß § 163 SGG gebunden ist, kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob das LSG die Beklagte zu Recht oder zu Unrecht verurteilt hat, bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung als Schädigungsfolge nach dem OEG festzustellen und eine Beschädigtenrente nach einem GdS von 50 ab dem 1.2.2005 zu gewähren. Es fehlen hinreichende Tatsachenfeststellungen des LSG zur Beurteilung, ob die Klägerin durch die von ihr geltend gemachten Übergriffe des H. - vor allem in dem Zeitraum von Oktober 2001 bis Ende 2003 - Opfer von vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffen iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG gewesen ist und ob die von dem LSG angenommene Schädigungsfolge auf diese Angriffe zurückzuführen ist.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG)geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm § 31 Abs 1 BVG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, ua auch Beschädigtenrente nach § 31 Abs 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
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Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen eine Entwicklung erfahren, die der Senat jüngst zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen dargelegt hat(vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff). Diese Rechtsprechung berücksichtigt seit jeher, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 29; vgl auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96); gleichwohl orientiert sich die Auslegung an der im Strafrecht gewonnenen Bedeutung des auch dort verwendeten rechtstechnischen Begriffs des "tätlichen Angriffs" (vgl insbesondere BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; vgl auch die Anmerkung zu dieser Entscheidung von Schlamelcher, SGb 1984, 593 ff). Mit Rücksicht auf den das OEG prägenden Gedanken des lückenlosen Opferschutzes hat sie sich aber weitestgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17
) . Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat vornehmlich aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25).
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Mit Blick auf die hier zu entscheidende Frage der Entschädigungspflicht des Staates nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bei dem Phänomen des sog "Stalking", das seit dem 31.3.2007 als Straftatbestand in das StGB aufgenommen ist (Nachstellen iS des § 238 StGB), hat der Senat erneut Veranlassung, seine Rechtsprechung zu präzisieren und dem unbestimmten Rechtsbegriff des vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG weitere Konturen zu verleihen.
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1. Der Senat geht bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG (a) und der Eingrenzung des schädigenden Vorgangs als erstem Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette (b) von folgenden Erwägungen aus:
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a) Grundsätzlich ist der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung(§§ 113, 121 StGB) auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN).
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aa) Soweit eine "gewaltsame" Einwirkung vorausgesetzt wird, hat der Senat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber durch den Begriff des "tätlichen Angriffs" den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat(vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9
; BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 240 RdNr 8 ff mwN) zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus(vgl insbesondere BT-Drucks 7/2506 S 10), wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein; dies entspricht in etwa dem strafrechtlichen Begriffsverständnis der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, dh als tätiger Einsatz materieller Zwangsmittel, insbesondere körperlicher Kraft(vgl Rosenau in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl 2009, § 113 RdNr 23 mwN; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 42).)
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Ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor(vgl BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 100 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 = SozR 3800 § 1 Nr 6; sowie Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f), setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; der Senat ist einem an Aggression orientiertem Begriffsverständnis des tätlichen Angriffs trotz dessen inhaltlicher Nähe zur Gewalttätigkeit iS des § 125 StGB(vgl Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl 2010, § 113 RdNr 46; zu § 125 StGB vgl BGH Urteil vom 8.8.1969 - 2 StR 171/69 - BGHSt 23, 46, 52 f) letztlich nicht gefolgt (stRspr seit 1995; vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7
; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 . Dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen.; so schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415 f; offen gelassen noch von BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4; vgl auch BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6; vgl zum extensiven Versorgungsschutz auch Geschwinder, SGb 1985, 95, 96; Schlamelcher, SGb 1984, 593, 595; aA Schoreit/Düsseldorf, OEG, 1. Aufl 1977, § 1 RdNr 41; Wachholz, br 1991, 84, 87)
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Für die Annahme eines tätlichen Angriffs ist nicht maßgeblich, ob der vom Täter ggf beabsichtigte Verletzungserfolg eingetreten ist (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 mwN; zur strafrechtlichen Auslegung des tätlichen Angriffs bereits Reichsgericht
Urteil vom 18.6.1925 - III 213/25 - RGSt 59, 264, 265) . Auch über das Versuchsstadium einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Opfers hinaus, kann eine Handlung des Täters als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden(vgl zu § 113 Abs 1 StGB etwa BundesgerichtshofUrteil vom 6.5.1982 - 4 StR 127/82 - NJW 1982, 2081) . Eine gewaltsame Einwirkung auf den Körper eines anderen kann auch schon bei einem physisch vermittelten Zwang vorliegen, ohne dass es zu einer körperlichen Berührung zwischen Täter und Opfer kommen muss (vgl etwa BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237; BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 Ungeachtet eines verwirklichten Verletzungserfolgs besteht in diesen Fällen wegen der Angriffshandlung bereits eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit der anderen Person; damit geht regelmäßig die reale Gefahr eines Körperschadens einher (vgl etwa BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 59; vgl auch zum Angriff iS des § 31 Abs 4 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz, Bundesverwaltungsgericht). Urteil vom 29.10.2009 - 2 C 134/07 - BVerwGE 135, 176 RdNr 17 f) . Ob in diesen Fällen die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG überschritten ist, beurteilt der Senat aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten und orientiert sich dabei an folgenden Grundsätzen:
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aaa) Je gewalttätiger die Angriffshandlung gegen eine Person nach ihrem äußeren Erscheinungsbild bzw je größer der Einsatz körperlicher Gewalt oder physischer Mittel ist, desto geringere Anforderungen sind zur Bejahung eines tätlichen Angriffs in objektiver Hinsicht zu stellen. Je geringer sich die Kraftanwendung durch den Täter bei der Begehung des Angriffs darstellt, desto genauer muss geprüft werden, inwiefern durch die Handlung - unter Berücksichtigung eines möglichen Geschehensablaufs - eine Gefahr für Leib oder Leben des Opfers bestand. Die Grenze zwischen einem sozialadäquaten Verhalten und einem tätlichen Angriff ist grundsätzlich so zu bestimmen, dass auch das bereits objektiv hochgefährdete Opfer bei Abwehr-, Ausweich- oder Fluchtreaktionen den Schutz des OEG genießt; sie ist jedenfalls dann überschritten, wenn die Abwehr eines solchen Angriffs unter dem Gesichtspunkt der Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt wäre(BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f zur Drohung mit Gewalt). Die Angriffshandlung (bzw der Einsatz körperlicher Mittel) muss für sich genommen nicht gravierend sein, um - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - eine hinreichende Gefährdung von Leib oder Leben des Opfers und damit einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzunehmen.
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Der Senat hat insoweit in einem Fall der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) allein das Wegversperren und das Zurückstoßen und -drängen des Opfers zur Durchsetzung des Verbots, die Wohnung zu verlassen, ausreichen lassen, um das Vorliegen eines tätlichen Angriffs zu bejahen. Aus einem solchen Verhalten des Täters kann der Schluss auf eine drohende verstärkte Gewaltanwendung bei einem ggf beabsichtigten Widerstand des Opfers gezogen werden (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 14) und damit auf eine objektiv hohe Gefährdungslage für das Opfer. Entsprechendes gilt für das absichtliche Versperren eines Fahrradweges, das im Falle der Kollision mit einer erheblichen Verletzungsgefahr für das Opfer verbunden ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2), sowie für das Zünden von Feuerwerkskörpern in unmittelbarer Nähe einer anderen Person (vgl hierzu BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f).
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bbb) Für die - insbesondere bei dem Phänomen des "Stalkings" relevanten - Fälle der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, bei denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, hat das BSG noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen solche Handlungen für sich allein bereits als tätlicher Angriff zu werten sind (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Auch dabei ist jedenfalls auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib oder Leben des Opfers abzustellen.
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Das BSG hat es insoweit genügen lassen, dass eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter im Wege stand, sodass der Sachverhalt nicht allein auf Drohungen beschränkt war (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11). Es hat auch die Würdigung eines Sachverhalts, bei dem ein einschlägig vorbestrafter Täter mit dem Ausruf "Jetzt hab´ ich Euch, Ihr Schweine" auf offener Straße auf das Opfer zugestürzt ist, als tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht beanstandet (BSG Beschluss vom 29.9.1993 - 9 BVg 3/93 - juris RdNr 1, 5). Als tätlichen Angriff hat es das BSG zudem angesehen, wenn der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, auch wenn ein Tötungs- oder Verletzungsvorsatz noch gefehlt hat (BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), nicht aber die bloß verbale Drohung zu schießen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 20). Im Zusammenhang mit einer Aussetzung (§ 221 Abs 1 StGB) durch aktives Tun hat das BSG die bloße Aufforderung gegenüber einem 83 Jahre alten Gehbehinderten, den Wagen zu verlassen, als Ausübung von körperlichem Zwang und damit als tätlichen Angriff angesehen, weil diese erzwungene Ortsveränderung das letzte Glied in einer Kette von Gewalttaten des fortgesetzt aggressiv handelnden Täters war (BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237).
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Bei der Würdigung des Tatgeschehens sind insoweit alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die auf eine objektiv hohe Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Integrität des Opfers schließen lassen. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte wird eine feste Grenzziehung zwischen bloßer Drohung mit Gewalt und ihrer Anwendung kaum möglich sein. Ein tätlicher Angriff wird indes umso eher zu bejahen sein, je größer die objektive Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten war (BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 16), je mehr also eine schädigende Gewaltanwendung unmittelbar bevorsteht.
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ccc) Mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung des Begriffs des tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich sein soll(vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), sieht der Senat die Grenze der Wortlautinterpretation jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (in diese Richtung bereits BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73
) . So hat der Senat für den Fall einer mit List durchgeführten, strafbaren Kindesentziehung die erheblichen Gefahren, die damit wegen der völligen Ungewissheit über das Schicksal des Kindes für die psychische Gesundheit des betroffenen Elternteils verbunden sind, für sich allein nicht ausreichen lassen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzuerkennen, sondern darüber hinaus zumindest ein Fortwirken einer körperlichen Gewaltanwendung gegenüber dem Elternteil gefordert(BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3) .
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Von den Kriterien eines tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG wird auch bei den Fällen des sog "Schockschadens"(vgl hierzu BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98 = SozR 3800 § 1 Nr 1) keine Ausnahme gemacht. Insoweit ist zwischen dem schädigenden Vorgang - der "unmittelbaren Einwirkung" auf den Körper des Primäropfers - und der geschädigten Person - der "unmittelbaren Schädigung" des Sekundäropfers - zu unterscheiden (vgl hierzu Trenk-Hinterberger in Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 745, 751 ff).
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Selbst in Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat nicht vollständig auf das Erfordernis körperlicher Handlungen verzichtet. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes, die Möglichkeit seiner "sekundären Viktimisierung" im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie die Gefahr schwerwiegender seelischer Krankheiten hat ihn allerdings - beschränkt auf diese Fallgestaltungen - zu einem erweiterten Verständnis des Begriffs des tätlichen Angriffs veranlasst. Danach ist für die "unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Kindes" entscheidend, dass die erfolgten sexuellen Handlungen strafbar sind, unabhängig davon, ob bei der Tatbegehung das gewaltsam handgreifliche oder das spielerische Moment im Vordergrund steht (BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7).
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Demnach ist nicht - wie im Schrifttum teilweise vertreten wird - darauf abzustellen, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 22 aE; Heinz, VersorgVerw 2007, 36, 37 f; ders, ZfS 2005, 266, 268; ders, ZfS 2000, 65, 69; Eppenstein in Opferentschädigungsgesetz - Intention und Praxis opfergerecht?, Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern, 1995, S 92, 95) oder welches Individualrechtsgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit, Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl etwa Weiner, aaO, § 1 RdNr 16; Heinz, ZfS 2005, 266, 267 f).
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Schließlich führt auch der Hinweis der Klägerin auf das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) zu keiner anderen Beurteilung. Nach seinem Art 1 verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt:
Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist.
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Eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" enthält das Übereinkommen nicht (vgl Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14). Dementsprechend hat der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in zulässiger Weise von einem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Richtig ist allerdings, dass der Gesetzgeber den Zielen des Übereinkommens durchaus entsprechen würde, wenn er - über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfassten Fallgestaltungen hinaus - Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG einbeziehen würde. Immerhin heißt es in dem Erläuternden Bericht des Europarats zum Übereinkommen (European Convention on the Compensation of Victims of Violent Crimes, Explanatory Report, http://conventions.coe.int/treaty/EN/Reports/Html/116.htm ): Die Gewalt sei nicht notwendig, physische Gewalt; Entschädigung könne auch geschuldet werden in Fällen psychischer Gewalt, zB bei schwerwiegenden Drohungen (vgl dazu auch Denkschrift, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14).
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bb) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zeichnet sich zudem dadurch aus, dass die Einwirkung "unmittelbar" auf den Körper der anderen Person zielen muss. Dieses Tatbestandsmerkmal ist von dem Erfordernis der Unmittelbarkeit der Gesundheitsschädigung - dem zweiten Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette - zu unterscheiden und begrenzt die Entschädigungspflicht des Staates auf konkrete Gefährdungen des Opfers durch zielgerichtete Angriffshandlungen. Da die Zielrichtung einer Handlung allein auf dem Willen des Täters beruht, sind Feststellungen zu diesem Merkmal in erster Linie von der inneren Tatseite, dem Vorsatz des Täters, abhängig; bleibt der Täter unbekannt, müssen wenigstens die äußeren Tatumstände überzeugende Hinweise auf den erforderlichen subjektiven Tatbestand geben (vgl BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 237 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 10
; BSG Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 .)
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Insoweit dient das Merkmal auch der Abgrenzung von abstrakten bzw allgemeinen Gefährdungslagen, wie sie unter bestimmten Voraussetzungen von § 1 Abs 2 Nr 2 OEG erfasst sind(sog "mittelbarer Angriff", vgl hierzu Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders MedSach 2005, 148, 149); so hat der Senat bereits entschieden, dass das Entfernen des Deckels eines Abflusslochs (Gully) allein - ohne unmittelbare Ausrichtung auf andere Menschen - kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellt(BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5). Demgegenüber hat der Senat bei der Bewertung einer Blockade des Fahrwegs einer Fahrradfahrerin maßgeblich auf den Vorsatz der Täter, den Weg durch aktives Verhalten zu versperren, und auf die damit einhergehende ernsthafte Verletzungsgefahr im Falle einer Kollision abgestellt (BSG Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f; mangels entsprechender Feststellungen offen gelassen durch BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 S 20 f
).
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cc) Der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung(vgl hierzu etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 f) hinaus an sich eine "feindselige Willensrichtung" voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient im Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung sozial adäquaten bzw gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters (so bereits BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46 = SozR 3800 § 1 Nr 6
; ähnlich auch schon Bayerisches LSG Urteil vom 16.3.1990 - L 10 Vg 1/89 - Breith 1991, 414, 415) . Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden, ob der Täter eine mit Gewaltanwendung (iS einer gewaltsamen Einwirkung auf eine andere Person durch Einsatz körperlicher Mittel) verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat (stRspr seit 1995, vgl BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 und 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 7 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 bzw BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7; Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 Anstelle einer feindseligen Absicht ist dann die Rechtsfeindlichkeit des Täters entscheidend, dokumentiert durch einen willentlichen Bruch der Rechtsordnung. Die einem Angriff innewohnende Feindseligkeit manifestiert sich insoweit durch die vorsätzliche Verwirklichung der Straftat (vgl Bischofs, SGb 2010, 693, 694).; Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 - juris RdNr 11, 13; jüngst BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17 ).
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So verwirklicht ein Täter, der subjektiv dem Opfer helfen will oder aus Liebe handelt, dann einen rechtswidrigen tätlichen Angriff, wenn er in strafbarer Weise dessen körperliche Integrität verletzt (BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7). Dies gilt regelmäßig auch für Fälle, in denen sich der Angreifer möglicherweise nur einen groben oder gewalttätigen, aber die Grenze des sozial Üblichen überschreitenden Scherz erlauben wollte und gegenüber dem Opfer keine feindselige Einstellung gehabt hat (zum Zünden eines Feuerwerkskörpers vgl etwa BSG Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714; vgl auch BSG Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 3 f). Diese Rechtsprechung hat jüngst eine Einschränkung für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs erfahren. Selbst wenn ein solcher Eingriff strafrechtlich als vorsätzliche Körperverletzung anzusehen ist, müssen bestimmte weitere Voraussetzungen hinzutreten, um die Grenze zu einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu überschreiten(vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 42-44).
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b) Der schädigende Vorgang iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - das erste Glied der entschädigungsrechtlichen Ursachenkette - ist zeitlich nicht auf die Dauer des tätlichen Angriffs selbst oder die Vollendung der mit der Gewaltanwendung verbundenen Straftat begrenzt, vielmehr dauert er so lange an, wie das daraus folgende Geschehen noch wesentlich durch die Gewaltanwendung geprägt ist, also bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Opfer in Sicherheit ist bzw die Hilfe Dritter erhält(vgl BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2
; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237 Die strafrechtliche Einordnung als Erfolgs- oder Dauerdelikt ist für die Bewertung des entschädigungsrechtlichen Kerns des Geschehens ohne Belang (vgl BSG Urteil vom 24.9.1992 - 9a RVg 5/91 - USK 9237). ; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 S 3 .; BSG Urteil vom 12.6.2003 - B 9 VG 8/01 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 2; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 15 )
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Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG kann als wesentliche Ursache für Gesundheitsschäden, die während des Tatgeschehens eintreten, auch dann angesehen werden, wenn das Opfer eine eigene Ursache für den weiteren Geschehensablauf (zB Flucht, Ausweichen, Notwehr) setzt. In diesen Fällen ist - anders als im Strafverfahren - nicht darauf abzustellen, ob die Tatumstände "objektiv geeignet" waren, das Verhalten des Opfers zu erklären, sondern auf dessen subjektive Sicht (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 16-17
; ähnlich auch zur Mitverursachung der Schädigung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 OEG BSG Urteil vom 18.6.1996 - 9 RVg 7/94 - BSGE 78, 270 = SozR 3-3800 § 2 Nr 4 . Insoweit rechnen zu den Folgen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs grundsätzlich auch die Verletzungsfolgen, die während einer Flucht entstanden sind (vgl auch BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11; BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10, RdNr 15; vgl auch Loytved, NZS 2004, 516, 517; ders, MedSach 2005, 148, 149).)
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2. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für die opferentschädigungsrechtliche Bewertung von Stalking-Handlungen als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des § 238 StGB am 31.3.2007 und damit auch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (im Wesentlichen von Oktober 2001 bis Dezember 2003) Folgendes:
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a) Das Phänomen Stalking hat in jüngster Zeit zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen und zu besonderen Entwicklungen im Zivil- und Strafrecht geführt. Die unter dem englischen Begriff "Stalking" diskutierten Verhaltensweisen zeichnen sich dadurch aus, dass einer anderen Person fortwährend nachgestellt, aufgelauert oder auf andere Weise mit hoher Intensität Kontakt zu ihr gesucht bzw in ihren individuellen Lebensbereich eingegriffen wird (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1). Eine einheitliche Begriffsbestimmung ist wegen der äußerst facettenreichen Fallgestaltungen schwierig (vgl etwa Bieszk/Sadtler, NJW 2007, 3382, 3384). Allgemein handelt es sich um ein Verhalten der fortgesetzten Verfolgung, Belästigung und Bedrohung einer anderen Person gegen deren Willen (so die Gesetzentwürfe des Bundesrates vom 27.4.2005 und 23.3.2006, BT-Drucks 15/5410 S 1 und BT-Drucks 16/1030 S 1). Dabei sind die einzelnen Handlungen des Täters sehr vielgestaltig. Sie reichen von häufigen, vielfach wiederholten Telefonanrufen zu jeder Tages- und Nachtzeit, dem Übersenden von E-Mails, SMS oder Briefen, der Übermittlung von Geschenken, dem Auflauern vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz und Drohungen bis hin zu Zudringlichkeiten und tätlichen Angriffen. Durch ihre Häufigkeit und Kontinuität führen auch Einzelhandlungen, die jeweils für sich genommen als sozialadäquat angesehen werden könnten, zu unzumutbaren Beeinträchtigungen und einer erzwungenen Veränderung der Lebensumstände des Opfers (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8.2.2006, BT-Drucks 16/575 S 1).
- 58
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In der mit Wirkung vom 31.3.2007 Gesetz gewordenen Fassung des § 238 Abs 1 StGB lautet der Tatbestand der Nachstellung:
Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1.
seine räumliche Nähe aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4.
ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5.
eine andere vergleichbare Handlung vornimmt
und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
- 59
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Durch § 238 StGB sollen nach dem Willen des Gesetzgebers beharrliche Nachstellungen, die einschneidend in das Leben des Opfers eingreifen, über die bereits bestehenden und in Betracht kommenden Straftatbestände - wie etwa der Nötigung(§ 240 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) oder des Zuwiderhandelns gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (§ 4 GewSchG) - hinaus mittels eines weiteren Straftatbestandes verfolgt werden können, um auf diese Weise einen besseren Opferschutz zu erreichen und Strafbarkeitslücken zu schließen (BT-Drucks 16/575 S 1). Der neue Straftatbestand dient damit dem Schutz der eigenen Lebensführung vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung (vgl BGH Beschluss vom 19.11.2009 - 3 StR 244/09 - BGHSt 54, 189 - juris RdNr 14 mwN).
- 60
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Nach der Rechtsprechung des BGH (aaO) ist Tathandlung des § 238 Abs 1 StGB das unbefugte Nachstellen durch beharrliche unmittelbare und mittelbare Annäherungshandlungen an das Opfer und näher bestimmte Drohungen iS des § 238 Abs 1 Nr 1 bis 5 StGB. Das Merkmal der "Beharrlichkeit" soll ua die Deliktstypik des "Stalkings" zum Ausdruck bringen und einzelne, für sich genommen vom Gesetzgeber als sozialadäquat angesehene Handlungen (BT-Drucks 16/575 S 7) von unerwünschtem "Stalking" abgrenzen; ihm wohnen sowohl objektive Momente der Zeit sowie subjektive und normative Elemente der Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit inne, die in der Tatbegehung durch besondere Hartnäckigkeit und eine gesteigerte Gleichgültigkeit des Täters gegenüber dem gesetzlichen Verbot zum Ausdruck kommt. Die Beharrlichkeit ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen Handlungen, bei der insbesondere auch der zeitliche Abstand zwischen den Angriffen und deren innerer Zusammenhang von Bedeutung sind (BGH, aaO, mwN).
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b) Solange der Gesetzgeber den Tatbestand des § 238 StGB nicht gesondert in den Schutzbereich des § 1 OEG einbezogen hat, sind die erfolgten Stalking-Handlungen daraufhin zu prüfen, ob jeweils nach den insoweit maßgeblichen Kriterien ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG vorliegt. Ein sich - wie hier - über Jahre erstreckendes Stalking, das aus einer Vielzahl einzelner, für sich abgeschlossener Sachverhalte besteht, kann entgegen der Auffassung des LSG nicht als ein einheitlicher schädigender Vorgang gewertet werden. Denn ein solcher umfasst nur den konkreten tätlichen Angriff und das diesem unmittelbar folgende gewaltgeprägte Geschehen.
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Soweit sich eine feindselige Willensrichtung des Täters nicht feststellen lässt, kommt es auch beim Stalking auf das Vorliegen einer mit Gewaltanwendung verbundenen vorsätzlichen Straftat an. Der Senat hat bereits zum Phänomen des sog Mobbings entschieden, dass sich diese Vorgänge des Arbeitslebens, die den Rahmen des zwar gesellschaftlich Missbilligten, aber nicht Strafbaren nicht verlassen und die Schwelle zum kriminellen Unrecht nicht überschreiten, nicht als tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG angesehen werden können(BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Denn bei der Anwendung des OEG ist von dessen Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 7). Das OEG deckt mithin nicht alle - sonstigen - aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken ab, die einem anderen als dem Geschädigten zuzurechnen sind (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18). Ebenso wenig reicht das Verwirklichen eines Straftatbestandes aus, wenn es (wie zB bei Vermögensdelikten) ohne körperliche Einwirkungen auf das Opfer geschieht. Dies gilt grundsätzlich auch für Stalking-Handlungen, die jedoch nach heute geltendem Recht wegen des Tatbestands der Nachstellung gemäß § 238 StGB eine besondere strafrechtliche Relevanz aufweisen können. Allerdings kann für den Zeitraum vor Inkrafttreten dieser Norm zum 31.3.2007 zur opferentschädigungsrechtlichen Beurteilung, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG in Gestalt einer strafbaren Vorsatztat vorliegt, nicht auf diesen Straftatbestand zurückgegriffen werden(aa). Maßgeblich ist das zum Tatzeitpunkt geltende Recht (bb).
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aa) Entgegen der Auffassung des LSG kann hier das Vorliegen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - abgesehen von dem zusätzlichen Erfordernis einer Tätlichkeit - nicht mit der Begründung bejaht werden, es sei der ab dem 31.3.2007 geltende Tatbestand der Nachstellung iS des § 238 StGB erfüllt.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats dient das Merkmal der Rechtsfeindlichkeit, wie sie sich durch das Begehen einer vorsätzlichen Straftat zeigt, einer normativen Grenzziehung gegenüber Verhaltensweisen, die den Rahmen des gesellschaftlichen Lebens nicht überschreiten. Diese Abgrenzung erfordert nach Auffassung des Senats ein Abstellen auf die zum Zeitpunkt der Tat jeweils geltende Rechtslage. Ungeachtet des im Strafrecht geltenden absoluten Rückwirkungsverbots nach Art 103 Abs 2 GG drohen im Opferentschädigungsrecht anderenfalls Billigkeitserwägungen. Es müsste nämlich der Unrechtsgehalt einer erst im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung strafbaren Handlung auf Zeiträume erstreckt werden, in denen das entsprechende Täterverhalten nicht strafbar gewesen ist. Die für die Bewertung des Täterverhaltens maßgebende normative Grenze würde dadurch klare Konturen verlieren.
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Zum einen ist die Frage, auf welche Handlungen der Staat seinen Strafanspruch erstrecken will, dem Wandel gesellschaftlicher Phänomene und Anschauungen unterworfen (vgl hierzu auch Pollähne, NK 2002, 56, 58). Dies zeigt sich gerade auch in der Aufnahme des Tatbestands der Nachstellung in das StGB, die auf die zunehmende Bedeutung des Phänomens des Stalking und den als unzureichend angesehenen Schutz der betroffenen Personen zurückzuführen ist (vgl BT-Drucks 16/575 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 16/3641 S 1). Ein anderes Beispiel ist der erst seit 1.4.1998 strafbare Versuch einer Körperverletzung nach § 223 Abs 2 StGB(Gesetz vom 26.1.1998, BGBl I 164). Zum anderen kann von einer Feindlichkeit des Täters gegen das Strafgesetz nur bei einem - willentlichen - Bruch der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtsordnung gesprochen werden. Auf den von der Beklagten angesprochenen Gesichtspunkt eines Schutzes des Täters vor Regressforderungen des Staates nach § 5 OEG iVm § 81a BVG kommt es insofern nicht entscheidend an.
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bb) Ist danach stets auf die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage abzustellen, kommen im vorliegenden Fall, der insbesondere Stalkinghandlungen in der Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2003 (jedenfalls vor Inkrafttreten des § 238 StGB) betrifft, opferentschädigungsrechtlich als Straftatbestände insbesondere die Körperverletzung(§§ 223, 229 StGB), die Nötigung (§ 240 StGB), die sexuelle Nötigung (§ 177 StGB), die Bedrohung (§ 241 StGB) und die Beleidigung (§ 185 StGB) in Betracht (vgl BT-Drucks 16/575 S 6).
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Zudem ist nach Auffassung des Senats für den Zeitraum ab 1.1.2002 eine Strafbarkeit des maßgeblichen Verhaltens nach § 4 GewSchG ausreichend, um - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - einen Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG begründen zu können. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe ist nach § 4 GewSchG ein Verstoß gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG strafbar, die tatbestandlich eine vorangegangene vorsätzliche und rechtswidrige Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person voraussetzt(§ 1 Abs 1 Satz 1 GewSchG). Zum Schutz der betroffenen Person kann das Gericht gemäß § 1 Abs 1 Satz 3 GewSchG insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt, die Wohnung der verletzten Person zu betreten(Nr 1), sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten (Nr 2), zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält (Nr 3), Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen (Nr 4), Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen (Nr 5), soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. Entsprechende Anordnungen können bei einer widerrechtlichen Drohung mit einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 GewSchG)und bei einem widerrechtlichen Eindringen in die Wohnung einer anderen Person (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG) ergehen, sowie gegenüber demjenigen, der eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass er ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Buchst a GewSchG).
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Der Gesetzgeber hat insoweit den Schwerpunkt der rechtlichen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt und "unzumutbare Belästigungen" (also "Stalking") zunächst nur auf zivilrechtlicher Ebene gesetzt und die Strafbarkeit des Verhaltens durch eine Kriminalisierung des Ungehorsams gegenüber vollstreckbaren gerichtlichen Anordnungen eröffnet (Pollähne, NK 2002, 56, 58). Wenngleich hierbei vorrangiges Ziel des Gesetzgebers war, die verfahrensrechtliche Geltendmachung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen zu erleichtern, die Effizienz der Vollstreckung zivilgerichtlicher Entscheidungen zu verbessern und bei dem Verstoß gegen eine gerichtliche Schutzanordnung ein Eingreifen der Polizei zu ermöglichen (so der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5.3.2001, BT-Drucks 14/5429 S 1, 10; Grziwotz, NJW 2002, 872, 873 f; vgl auch Rupp, Rechtstatsächliche Untersuchung zum Gewaltschutzgesetz, Berlin 2005, S 89 ff), ist die Einbeziehung solcher strafbaren Vorsatztaten in die opferentschädigungsrechtliche Bewertung nach § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nicht nur wegen der sachlichen Nähe zur sog Gewaltkriminalität gerechtfertigt, sondern auch wegen der mit einem Zuwiderhandeln gegen eine entsprechende Schutzanordnung des Gerichts eindeutig hervortretenden Rechtsfeindlichkeit des Täters, des willentlichen Bruchs der Rechtsordnung.
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Soweit der Täter durch sein Verhalten gegen eine vollstreckbare Anordnung nach § 1 GewSchG verstößt und sich dadurch nach § 4 GewSchG strafbar macht, ist die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen die durch die Anordnung geschützte Person begangen wird und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird. Insoweit gelten ähnliche Grundsätze wie bei der opferentschädigungsrechtlichen Bewertung der Freiheitsberaubung nach § 239 StGB(vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Auch mit einem nach § 4 GewSchG strafbaren Verhalten muss eine körperliche Gewaltanwendung einhergehen, um einen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bejahen zu können(offen gelassen für die Freiheitsberaubung, vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13; BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 15). Aus einem Verstoß gegen eine Schutzanordnung nach § 1 GewSchG kann nämlich nicht ohne Weiteres auf eine objektive Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit oder des Lebens des Opfers durch eine Tätlichkeit geschlossen werden.
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3. Gemessen an diesen Kriterien ist es dem erkennenden Senat anhand der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht möglich, abschließend zu beurteilen, inwiefern die einzelnen Stalkinghandlungen des H. vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe gegen die Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG darstellen.
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a) Eine Wertung als tätlicher Angriff scheidet allerdings von vornherein für alle Telefonate, SMS, Briefe, Karten, Geschenke und dergleichen sowie für das bloße Klingeln an der Haustür der Klägerin aus, wodurch H. die Klägerin allerdings in erheblicher Weise belästigt hat. Denn insoweit fehlt es an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung auch soweit einzelne Mitteilungen ernste Drohungen enthielten. Entsprechend verhält es sich mit den von H. missbräuchlich veranlassten Notfalleinsätzen, Dienstleistungen oder Lieferungen zur Wohnung der Klägerin, zumal die beauftragten Personen - soweit ersichtlich - in keiner Weise gegenüber der Klägerin gewalttätig geworden sind.
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b) Nach den festgestellten Gegebenheiten kann es nur bei persönlichen Begegnungen des H. mit der Klägerin zu einem tätlichen Angriff gekommen sein. Dabei ist es nach den Feststellungen des LSG wiederholt zu Drohungen und Belästigungen gekommen. Inwieweit eine Gewaltanwendung durch H. unmittelbar bevorstand, lässt sich den berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen weitestgehend nicht entnehmen, zumal es nach der Rechtsauffassung des LSG nicht darauf ankam.
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Eine gewisse Sonderstellung nimmt das Geschehen am 18.7.2003 ein. Unter ständigem Einreden auf die Klägerin ist H. ihr an diesem Tag vom Hauseingang ihrer Wohnung gefolgt und mit ihr in demselben Bus gefahren, bis er sie vor dem Eingang eines Copy-Geschäfts am Arm festgehalten und zu sich umgerissen hat. Hierin könnte ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen sein. Jedenfalls liegt es nahe, eine strafbare, unmittelbar auf den Körper der Klägerin zielende gewaltsame Einwirkung anzunehmen.
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Die Handlung des H. ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 4 GewSchG strafbar, da sie zeitlich vor der Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 liegt. Vielmehr kommt eine Strafbarkeit als Nötigung gemäß § 240 Abs 1 StGB in Betracht, da H. die Klägerin gegen ihren klar erkennbaren Willen durch körperliche Gewalt am Fortgehen gehindert hat. Diese - an sich nicht gravierende - Gewaltanwendung dürfte unter normalen Umständen zwischenmenschlicher Auseinandersetzungen in aller Regel nicht verwerflich iS des § 240 Abs 2 StGB sein(vgl zur umstrittenen Anwendung und Auslegung der Verwerflichkeitsklausel jüngst BVerfG Kammerbeschluss vom 7.3.2011 - 1 BvR 388/05 - juris RdNr 38 ff). Dies gilt angesichts der vorangegangenen Drohungen und Belästigungen durch H. seit Oktober 2001 im vorliegenden Fall hingegen nicht. Fraglich könnte allerdings sein, ob unter Berücksichtigung der Umstände des Tatgeschehens aus der Sicht eines objektiven vernünftigen Dritten eine hinreichende Gefahr für Leib oder Leben der Klägerin anzunehmen ist. Diese Feststellung obliegt der tatrichterlichen Würdigung, die der Senat im Revisionsverfahren nicht vornehmen kann (vgl § 163 SGG).
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Etwas anders verhält es sich mit den Vorgängen am 2. und 3.10.2003. An diesen Tagen hat H. auf die Klägerin vor ihrer Wohnungstür gewartet und ist ihr beim Verlassen des Hauses entgegengegangen, mit der Folge, dass die Klägerin in ihr Haus zurückgekehrt ist und sich zur Arbeit hat abholen lassen. Mit dieser Handlung hat H. in strafbarer Weise gegen die Schutzanordnung des AG B. vom 19.8.2003 verstoßen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen des LSG ist darin jedoch noch keine körperliche Gewaltanwendung gegenüber der Klägerin und damit kein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu sehen. Allein die Annäherung des H. kann - ohne Hinzutreten weiterer Umstände (zB Drohungen, aggressives Verhalten etc) - nicht als eine unmittelbar auf den Körper zielende Einwirkung gewertet werden.
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4. Da der erkennende Senat die danach noch fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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Soweit das LSG nach weiteren Ermittlungen hinsichtlich einzelner Begegnungen der Klägerin mit H. zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG oder sogar von mehreren derartigen Angriffen geworden ist, wird es nach der entschädigungsrechtlichen Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung die Frage eines wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen den betreffenden schädigenden Vorgängen und der bei der Klägerin bestehenden psychischen Krankheit zu prüfen haben. Hierbei ist in aller Regel die Hinzuziehung medizinischen Sachverstands erforderlich.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2012 und der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. April 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin bei einem Banküberfall Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) geworden ist.
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Die 1985 geborene Klägerin ist als Bankkauffrau bei einer Bank beschäftigt. Am 13.2.2009 wurde sie während ihrer Tätigkeit bei einem Banküberfall von dem Täter (S.) mit einer ungeladenen, jedoch wie eine echte Schusswaffe aussehenden Schreckschusspistole bedroht. S. richtete dabei die Waffe aus naher Entfernung deutlich sichtbar zunächst auf den Kollegen K. der Klägerin und forderte diesen auf, Bargeld in die mitgebrachte Stofftasche zu packen und ihm zu übergeben. K. und die Klägerin, die an einem Schreibtisch hinter dem Kundenschalter saß, gingen von der Echtheit der ihnen vorgehaltenen vermeintlichen Schusswaffe aus und fürchteten um ihr Leben. Nach der Tat war die Klägerin zwei Wochen arbeitsunfähig krank und wurde psychologisch behandelt. Aufgrund dieses Vorganges wurde S. vom Landgericht H. wegen schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 253, 255, 250 Abs 1 Nr 1b Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
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Der Antrag der Klägerin auf Entschädigung nach dem OEG blieb erfolglos (Bescheid des Beklagten vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010). Klage und Berufung sind für die Klägerin hingegen erfolgreich gewesen (Gerichtsbescheid des SG Heilbronn vom 23.4.2012 - S 2 VG 976/10 - und Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2012 - L 6 VG 2210/12).
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Das LSG hat die beigezogenen Überwachungsvideos vom Banküberfall in Augenschein genommen und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten zuvor den Streitgegenstand übereinstimmend auf die Feststellung beschränkt hatten, ob die Klägerin Opfer eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 OEG geworden ist. Das SG habe der Klage zu Recht stattgegeben, weil die Klägerin am 13.2.2009 Opfer eines Banküberfalles geworden sei. Hierbei handele es sich um einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff (auch) gegenüber der Klägerin. Der Annahme eines tätlichen Angriffs stehe nicht entgegen, dass S. hierbei "nur" eine Schreckschusspistole bei sich geführt und damit beide Bankangestellten bedroht habe, weil es sich hierbei um eine täuschend echt aussehende Attrappe gehandelt habe. S. sei wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden, dh wegen eines erschwerten Falles einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leben oder Leib iS des § 255 StGB. S. habe, wenn auch nicht durch unmittelbaren Körperkontakt, körperlich auf die Klägerin eingewirkt, da er sie durch die gezielte Bedrohung zur Aufgabe ihrer Bewegungsfreiheit gezwungen habe. Hierzu habe er ein physisches Mittel eingesetzt, das aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten als einsatzfähige Schusswaffe angesehen worden wäre. Mit dieser Waffe habe S. ua auf die Klägerin gezielt; aus der objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten habe kein Zweifel daran bestehen können, dass S. bereit gewesen sei, mit der Waffe auf die Klägerin zu schießen. Für die Klägerin habe nicht nur aus deren Sicht, sondern auch aus der maßgeblichen objektiven Sicht eines vernünftigen Dritten akute Leibes- und Lebensgefahr bestanden, die sich jederzeit hätte realisieren können. Es liege andererseits eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor, würde der mit einer geladenen und entsicherten Schusswaffe Bedrohte dem Schutz des OEG unterstellt, derjenige aber, der auch aus Sicht eines vernünftigen Dritten derselben Gefahrenlage ausgesetzt ist und deshalb zB beim Fluchtversuch oder einer Notwehrhandlung zu Schaden komme, vom Anwendungsbereich des OEG ausgenommen (Urteil vom 13.12.2012).
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Mit seiner Revision rügt das beklagte Land eine Verletzung von § 1 Abs 1 S 1 OEG. Bei der Drohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole und somit einer lediglich vorgetäuschten, vermeintlichen Gefährdungssituation könne ein tätlicher Angriff nicht angenommen werden. Die vom Täter benutzte Waffe sei objektiv nicht geeignet gewesen, das Leben oder die körperliche Integrität der Klägerin zu gefährden. Eine intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung reiche insoweit nicht aus.
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Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.12.2012 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.4.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Das in der Berufungsinstanz reduzierte isolierte Feststellungsbegehren der Klägerin, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist, ist bereits unzulässig(dazu unter 1.). Aber auch die vor dem SG noch zulässig erhobene Klage ist unbegründet, weil die Klägerin am 13.2.2009 nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden ist(dazu unter 2.). Die bloße Bedrohung mit einer ungeladenen Schreckschusspistole erfüllt die Voraussetzungen eines tätlichen Angriffs nicht. Eine erweiternde Auslegung von § 1 Abs 1 S 1 OEG kommt nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht in Betracht. Der angefochtene Bescheid vom 11.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Entsprechend waren der Gerichtsbescheid des SG vom 23.4.2012 sowie das Urteil des LSG vom 13.12.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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1. Die Klägerin konnte ihr Begehren in der Berufungsinstanz nicht zulässig auf die isolierte Feststellung und Antwort auf die Rechtsfrage beschränken, ob sie Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei.
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a) Das SG hatte im Tenor seines Gerichtsbescheids noch festgestellt, dass das bei der Klägerin vorliegende posttraumatische Belastungssyndrom Folge eines tätlichen Angriffs sei. Im Berufungsverfahren stellte das LSG fest, dass es insoweit an ausreichenden Tatsachenfeststellungen fehlte. Das LSG wies die Beteiligten hierauf hin und veranlasste sie, sich darüber zu einigen, dass streitgegenständlich lediglich die Feststellung des schädigenden Ereignisses sein solle. Auf entsprechende Frage des Gerichts verzichtete die anwaltlich vertretene Klägerin sodann insoweit auf die Rechte aus dem Gerichtsbescheid, als darin ein posttraumatisches Belastungssyndrom festgestellt war.
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Das LSG hätte in dieser prozessualen Situation in der Sache nicht mehr entscheiden dürfen. Die Klägerin konnte ihre vor dem SG ursprünglich zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 55 Abs 1 Nr 3 SGG; vgl Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 3b und 13) im Berufungsverfahren nicht in zulässiger Weise auf die isolierte Feststellung beschränken, sie sei am 13.2.2009 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden. Ihr Feststellungsbegehren kann weder auf § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(dazu unter b) noch auf § 55 Abs 1 Nr 1 SGG(dazu unter c) gestützt werden, weil nur eine isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen im Sinne des OEG zulässig ist, nicht aber die Klärung einzelner Elemente als Vorfrage des Anspruchs nach § 1 Abs 1 S 1 OEG.
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b) Nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Vorschrift ist ein Sonderfall der grundsätzlich unzulässigen Elementenfeststellungsklage (vgl hierzu allgemein: Keller, aaO, RdNr 9 f und 13 mwN). Sie dient der Klärung der haftungsbegründenden Kausalität, dh ob zwischen einer Schädigung im Sinne des BVG bzw des sozialen Entschädigungsrechts und dem Eintritt eines Primär- oder Erstschadens ein hinreichender Kausal- bzw Zurechnungszusammenhang besteht (vgl BSG Urteile vom 9.12.1998 - B 9 V 46/97 R - BSGE 83, 171 = SozR 3-3100 § 7 Nr 5, RdNr 11 nach Juris und - B 9 V 45/97 R - SozR 3-1500 § 141 Nr 6, RdNr 11 nach Juris). Der Senat hat zuletzt mit Urteil vom 29.4.2010 (B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 23 mwN) klargestellt, dass dies insbesondere dann von Bedeutung sein kann, wenn die eingetretene Gesundheitsstörung aktuell keinen Leistungsanspruch auslöst. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen (zB Heilbehandlung) sein (vgl auch Keller, aaO, RdNr 13, 13a mwN). Vor diesem Hintergrund hätte für die Klägerin rechtlich keine Veranlassung bestanden, ihr Klagebegehren zu reduzieren.
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Eine isolierte Feststellungsklage kommt auf der Grundlage des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG aber dann nicht in Betracht, wenn mit ihr nur die selbstständige Feststellung des Vorliegens anderer als in der Vorschrift genannter Tatbestandselemente des geltend gemachten Anspruchs begehrt wird(vgl BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 72 f mwN). Die Feststellung, ob ein bestimmtes Ereignis (hier: der Tathergang des Banküberfalls) ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, kommt nur im Zusammenhang mit der Feststellung bestimmter Schädigungsfolgen in Betracht. Liegen solche erkennbar nicht vor oder werden sie - wie vorliegend nicht (mehr) geltend gemacht - könnte die isolierte Feststellungsklage nur der Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage dienen. Selbst wenn diese im Sinne der Klägerin zu beantworten wäre, könnte dies als bloßes Teilelement der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG ohne Schädigungsfolgen keinerlei Ansprüche auslösen. Denn ein Vorgang, der keinen Körperschaden ausgelöst hat, führt nicht zur "Haftung" des Staates (vgl BSG, aaO).
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c) Ebenso scheidet eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG aus(aA LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 12.12.2007 - L 5 VG 15/05 - RdNr 25 Juris; vgl allgemein Keller, aaO, RdNr 13b). Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden(vgl Keller, aaO, RdNr 4). Ein derartiges öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis entsteht aber nicht bereits durch die bloße Feststellung der Vorfrage zu § 1 Abs 1 S 1 OEG, ob ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff in diesem Sinne vorgelegen hat. Zwar hat das BSG eine "isolierte" Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG für zulässig erachtet, wenn es um die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen geht, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls(§ 8 SGB VII) oder einer Berufskrankheit (§ 9 SGB VII) bestritten wird (vgl beispielhaft BSG Urteil vom 15.2.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 12 RdNr 12 f mwN; s auch Darstellung der Rechtsprechung bei Keller, aaO, RdNr 13b). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die hier vorliegende rechtliche Konstellation im sozialen Entschädigungsrecht scheidet aus den oben genannten Gründen aus; die bloße Feststellung des schädigenden Vorgangs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG begründet noch kein Leistungs- oder sonstiges Rechtsverhältnis nach dem BVG bzw sozialem Entschädigungsrecht.
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Ob das LSG auf die Berufung des beklagten Landes den Gerichtsbescheid des SG aufheben und die Klage aus den genannten Gründen hätte abweisen können, nachdem es das Begehren der Klägerin selbst auf eine - im vorliegenden Fall unzulässige - isolierte Feststellungsklage beschränken ließ, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte das LSG den Gerichtsbescheid aufgrund der festgestellten Tatsachen auch in der Sache aufheben und die Klage abweisen müssen. Denn die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG und damit auch für einen Anspruch auf Versorgung liegen nicht vor(dazu unter 2.).
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2. Die vom SG noch zu Recht für zulässig erachtete Klage war in der Sache materiell-rechtlich unbegründet, weil kein tätlicher Angriff vorgelegen hat.
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Nach § 1 Abs 1 S 1 OEG(in der Fassung vom 11.5.1976, BGBl I 1181) erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Zwar sind nicht nur physische Beeinträchtigungen, sondern auch psychische Gesundheitsschäden geeignet, einen Opferentschädigungsanspruch auszulösen. Sowohl physische als auch psychische Gesundheitsschäden müssen jedoch auf einen "tätlichen Angriff" zurückzuführen sein. Insoweit ist entscheidend, ob der Primärschaden und eventuelle Folgeschäden gerade die zurechenbare Folge einer körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person sind. Die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht für einen tätlichen Angriff dagegen nicht aus, auch wenn diese Drohung beim Opfer erhebliche gesundheitliche Folgen haben sollte.
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a) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung als einen "tätlichen Angriff" grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen (vgl zB Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN; Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 14 mwN) und die Entwicklung der Auslegung dieses Rechtsbegriffs zuletzt im Rahmen der Beurteilung von strafbaren ärztlichen Eingriffen (vgl Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 26 ff) und hinsichtlich des gesellschaftlichen Phänomens des "Stalking" umfassend dargelegt (vgl Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 33 ff). Dabei ist der Senat immer davon ausgegangen, dass die Verletzungshandlung im OEG nach dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10), obwohl sich die Auslegung des Begriffs des "tätlichen Angriffs" auch an der im Strafrecht zu den §§ 113, 121 StGB gewonnenen Bedeutung orientiert(vgl BSG, aaO, RdNr 32 mwN). Der Senat ist dabei soweit gegangen, eine erhebliche Drohung gegenüber dem Opfer für einen tätlichen Angriff genügen zu lassen, als sie zumindest mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache einherging, die als einziges Hindernis dem unmittelbaren körperlichen Zugriff auf das Opfer durch die Täter noch im Wege stand, sodass der Angriff nicht lediglich auf einer Drohung, sondern auch auf Anwendung tätlicher Gewalt basierte (BSG Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 44 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11).
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Soweit - wie im vorliegenden Fall - eine "gewaltsame" Einwirkung in Frage steht, ist nach der Senatsrechtsprechung schon immer zu berücksichtigen gewesen, "dass der Gesetzgeber durch den Begriff des 'tätlichen Angriffs' den schädigenden Vorgang iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt hat"(BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18
, RdNr 36; vgl auch: BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 279 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 73 . Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB(vgl hierzu Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 240 RdNr 8 ff mwN) wird der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person geprägt(vgl insbesondere Begründung des Regierungsentwurfs zum OEG, BT-Drucks 7/2506 S 10, 13 f) und wirkt damit körperlich (physisch) auf einen anderen ein. Dieses Verständnis der Norm entspricht am ehesten dem strafrechtlichen Begriff der Gewalt iS des § 113 Abs 1 StGB als einer durch tätiges Handeln bewirkten Kraftäußerung, also einem tätigen Einsatz materieller Zwangsmittel wie körperlicher Kraft(vgl Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 113 RdNr 23; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 36 mwN).; BSG Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9 ; s auch Darstellung bei Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigung anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 131 f)
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Der "tätliche Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG setzt trotz seiner inhaltlichen Nähe zur Gewalttätigkeit nach § 125 StGB auch nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus, sodass auch ein nicht zum (körperlichen) Widerstand fähiges Opfer von Straftaten unter dem Schutz des OEG steht(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 37 mwN).
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Andererseits reicht die bloße Verwirklichung eines Straftatbestandes, zB eines Vermögensdelikts, allein für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht aus(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97, 114 = SozR, aaO, RdNr 41 und 62 f), auch wenn das Opfer über den eingetretenen Schaden "verzweifelt" und zB seelische Gesundheitsschäden davonträgt. Demgemäß hat der Senat eine Wertung als tätlicher Angriff auch für Telefonate, SMS, Briefe, Karten und dergleichen abgelehnt, weil es insoweit bereits an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung fehlte (vgl BSG, aaO, RdNr 71). Der Senat sah schon immer in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt die Grenze der Wortlautinterpretation als erreicht an, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellen und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielen (vgl zuletzt: Beschlüsse vom 25.2.2014 - B 9 V 65/13 B - und vom 17. bzw 22.9.2014 - B 9 V 27 bis 29/14 B -, jeweils zu RdNr 6, wo den Opfern einer Erpressung ua damit gedroht wurde, Familienangehörige umzubringen und das Haus anzuzünden). Der Senat präzisiert dies dahingehend, dass ein tätlicher Angriff dann nicht vorliegt, wenn es an einer unmittelbaren Gewaltanwendung fehlt (dazu unter b).
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b) Soweit der Senat darüber hinaus einen "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG auch noch in einem Fall angenommen hat, in dem der Täter das Opfer vorsätzlich mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bedroht hat, weil eine derartige Bedrohung das Leben und die Unversehrtheit des Opfers objektiv hoch gefährde(vgl BSG Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 9 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f), hält er hieran nicht mehr fest. Dies gilt auch für die Senatsrechtsprechung, die im Umkehrschluss die bloße Drohung zu schießen, mangels einer objektiv erhöhten Gefährdung des Bedrohten nicht hat ausreichen lassen, wenn der Täter keine Schusswaffe bei sich führt (vgl Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 20).
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Nach dieser Rechtsprechung läge im vorliegenden Fall ein tätlicher Angriff schon deshalb nicht vor, weil der Täter der Klägerin lediglich eine objektiv ungefährliche Schreckschusspistole vorhielt. Der Senat sieht sich vor dem Hintergrund der aktuell vorliegenden Konstellation im Verhältnis zu den Entscheidungen vom 24.7.2002 (B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 - "Drohung mit einer scharfgeladenen und entsicherten Schusswaffe") und vom 2.10.2008 (B 9 VG 2/07 R - "bloße Drohung zu schießen, ohne Besitz einer Schusswaffe") veranlasst, seine bisherige Rechtsprechung zu ändern: Der Senat lässt eine objektive Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit einer anderen Person auch ohne physische Einwirkung (Schläge, Schüsse, Stiche, Berührung etc) nicht mehr bereits aufgrund der objektiven Gefährlichkeit der Situation (zB Drohung mit geladener Schusswaffe) für die Annahme eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ausreichen. Für das Vorliegen eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Situation im Nachhinein als tatsächlich objektiv (lebens-)gefährlich erweist, weil die Waffe scharf geladen und entsichert war, oder als ungefährlich, weil es sich um eine bloße - echt aussehende - Schreckschusswaffe handelte. In diesen Fällen steht die Drohwirkung der vorgehaltenen Waffe auf das Opfer und dessen psychische Belastung in der konkreten Situation im Vordergrund; diese unterscheidet sich insoweit in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig nicht.
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Die psychische Wirkung (hier: Drohwirkung) einer Straftat und eine hieraus resultierende zB sogenannte posttraumatische Belastungsstörung ist im Opferentschädigungsrecht keineswegs unbeachtlich. Sie ist vielmehr insoweit von Bedeutung, als für die Frage des Vorliegens eines Gesundheitsschadens nicht nur physische, sondern auch psychische Schäden beachtlich sind. Allerdings kann die psychische Wirkung einer Straftat das Erfordernis des "tätlichen Angriffs" iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG nicht ersetzen. Der eingetretene Schaden muss gerade auf einem solchen "tätlichen Angriff" und nicht - wie vorliegend - auf einer (bloßen) Drohung mit Gewalt beruhen. Bereits in seinem Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 47) hat der Senat klargestellt, dass entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung nicht darauf abzustellen ist, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (so beispielhaft wohl Geschwinder, Der tätliche Angriff nach dem OEG, SGb 1985, 95, 96 zu Fußnote 17 und 18 mwN) oder welches Individualgut (insbesondere körperliche Unversehrtheit und Leben) von der verletzten Strafrechtsnorm geschützt wird (vgl insgesamt: BSG, aaO, RdNr 47 mwN zur Literatur). Fehlt es allerdings an einem tätlichen - körperlichen - Angriff, ergeben sich aus § 1 Abs 1 S 1 OEG für die Opfer allein psychischer Gewalt keine Entschädigungsansprüche(vgl hierzu allgemein: BSG, aaO, RdNr 49; Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 233, 235).
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c) Entscheidend für einen Anspruch nach § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob die Folgen eines bestimmten Ereignisses (Primärschaden oder eventuelle Folgeschäden) gerade die zurechenbare Folge eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind. Wie der Senat mit Beschlüssen vom 25.2.2014 (B 9 V 65/13 B) und vom 17.9.2014 bzw 22.9.2014 (B 9 V 27 bis 29/14 B, jeweils zu RdNr 6) zu schriftlichen Erpressungsversuchen bereits angedeutet hat, reicht die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung für einen tätlichen Angriff nicht aus. Denn dieser Umstand allein stellt über die psychische Wirkung hinaus noch keinen tatsächlichen physischen "Angriff" dar. Aus der Sicht eines objektiven Dritten wie auch des unwissenden Opfers kann es keinen Unterschied machen, ob eine Schusswaffe geladen, nicht geladen oder eine echt wirkende Attrappe ist. Der tätliche Angriff in Gestalt der körperlichen Einwirkung auf den Körper eines anderen beginnt in diesen Fallkonstellationen erst mit dem Abfeuern des Schusses oder dem Aufsetzen der Waffe auf den Körper des Opfers. Maßgeblich iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG ist, ob ein tätlicher - körperlicher - Angriff tatsächlich begonnen hat.
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Daran fehlt es hier. Die auf die Klägerin als Opfer gerichtete Einwirkung beruhte ohne den Einsatz körperlicher Mittel allein auf einer intellektuell bzw psychisch vermittelten Beeinträchtigung. Die Klägerin sollte mit einer (hier: vorgetäuschten) Bedrohung für Leib oder Leben zu bestimmten Handlungen bzw Unterlassungen genötigt werden. Eine derartige Bedrohung stellt keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - aaO, RdNr 44 mwN; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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d) Vor allem die Entwicklung der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs 1 S 1 OEG lässt nach dem Verständnis des Senats eine Erstreckung der Opferentschädigung auf die bloße Drohung mit Gewalt ohne Vorliegen eines tätlichen Angriffs nicht zu. Bereits nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.5.1974 war der bestimmende Grundgedanke für die Schaffung des OEG der Umstand, dass Gewaltopfern ein Aufopferungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und damit dem Staat zustehen sollte, weil es dieser nicht vermocht hat, die unschuldigen Opfer vor Gewalttaten zu schützen (vgl BT-Drucks 7/2506 S 10, 13). Damit sollte der Staat für die Unvollkommenheit staatlicher Verbrechensbekämpfung aus Solidarität für den von einer Gewalttat betroffenen Bürger eintreten (BT-Drucks 7/2506 S 10; s auch BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 101 = SozR 3800 § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 2/78 - BSGE 49, 104, 105 = SozR 3800 § 2 Nr 1 mwN zur Gesetzesentwicklung; BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 4/83 - BSGE 59, 40, 44 = SozR 3800 § 1 Nr 5; Weiner in Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, OEG, 5. Aufl 2010, § 1 RdNr 1). Diese - auf Gewalt abzielende - inhaltliche Ausrichtung hat das Gesetz trotz einiger Erweiterungen seines Anwendungsbereiches (vgl dazu Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012 § 1 OEG RdNr 2 bis 6) bis heute beibehalten und wird "von dem Grundsatz der allgemeinen staatlichen Fürsorgepflicht getragen" (Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des OEG vom 17.3.2009, BT-Drucks 16/12273 S 6).
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Für das zentrale Tatbestandsmerkmal des "tätlichen Angriffs" war von Anfang an darauf verzichtet worden, auf das Strafrecht zurückzugreifen mit seinen vielfältigen und uneinheitlich weit gefassten Gewaltbegriffen (vgl zB Heinz, Zu neueren Entwicklungen im Bereich der Gewaltopferentschädigungen anlässlich neuerer Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung nach dem OEG bei erlittenem "Mobbing" und "Stalking", br 2011, 125, 132). Es sollten ausschließlich die Fälle der sogenannten "Gewaltkriminalität" in die Entschädigung einbezogen werden, die mit einem willentlichen Bruch der Rechtsordnung durch körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person einhergehen (BT-Drucks 7/2506 S 10). In Anlehnung an § 113 StGB hat der Gesetzgeber den "rechtswidrigen tätlichen Angriff gegen eine Person" als eine unmittelbare auf den Körper eines Menschen zielende feindselige Einwirkung verstanden und beim (vorsätzlichen) Tathergang als erforderlich angesehen, dass der Täter im Rahmen des bereits begonnenen tätlichen Angriffs auf einen Menschen zumindest Leib oder Leben eines anderen Menschen wenigstens fahrlässig gefährdet hat(BT-Drucks 7/2506 S 13, 14; zu aberratio ictus vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 11).
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Der Gesetzgeber hat es zudem ausdrücklich vermieden, strafrechtliche Tatbestände listenmäßig, wie zB die §§ 250, 253 und 255 StGB, zu benennen, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu der nach § 1 Abs 1 S 1 OEG allein zu berücksichtigenden körperlichen Gewaltanwendung gegen eine Person zu vermeiden(BT-Drucks 7/2506 S 10; vgl auch BSG Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 10 = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 25). Zwar kann auch Drohung mit Gewalt psychische Gesundheitsstörungen beim Betroffenen hervorrufen. Dieser ist aber nicht zu staatlicher Entschädigung berechtigtes Opfer krimineller Gewalt iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden, weil das Tatmittel nicht körperliche Gewalt ("tätlicher Angriff") gegen den Körper, sondern eine List oder Täuschung gewesen ist(zum Erfordernis "körperlicher Gewalt" vgl Rademacker, aaO, § 1 OEG RdNr 8, 32; Dau, jurisPR-SozR 10/2013 Anm 2 zu C).
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e) Auch das Europäische Übereinkommen vom 24.11.1983 über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Zustimmungsgesetz vom 17.7.1996, BGBl II 1120; Bekanntmachung vom 24.2.1997 über das Inkrafttreten des Übereinkommens in Deutschland am 1.3.1997, BGBl II 740) gebietet keine erweiternde Auslegung des § 1 Abs 1 S 1 OEG. Gemäß Art 1 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die in dessen Teil I enthaltenen Grundsätze zu verwirklichen. Art 2 Abs 1 Buchst a des Übereinkommens bestimmt: "Soweit eine Entschädigung nicht in vollem Umfang aus anderen Quellen erhältlich ist, trägt der Staat zur Entschädigung für Personen bei, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, die unmittelbar auf eine vorsätzliche Gewalttat zurückzuführen ist." Hierzu hat der Senat bereits mit Urteil vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 48 f) ausgeführt, dass das Übereinkommen eine Definition des Begriffs "vorsätzliche Gewalttat" nicht enthält (vgl auch Denkschrift zum Übereinkommen, BR-Drucks 508/95 S 14 = BT-Drucks 13/2477 S 14), sodass der bundesdeutsche Gesetzgeber durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" in § 1 Abs 1 S 1 OEG in zulässiger Weise von seinem durch das Übereinkommen belassenen Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat. Ein weitergehender Anspruch lässt sich aus dem Übereinkommen nicht ableiten. Zudem hat der Senat auch ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber entsprechend den Zielen des Übereinkommens unbenommen sei, über die von dem Begriff des tätlichen Angriffs erfasste Fallgestaltung hinaus auch Opfer psychischer Gewalt in den Schutzbereich des OEG mit einzubeziehen (vgl BSG, aaO, RdNr 49 mwN).
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f) Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, den Begriff des tätlichen Angriffs über den mit Bedacht gewählten und bis heute beibehaltenen engen Wortsinn des OEG auf Straftaten zu erstrecken, bei denen es an einem solchen tätlichen Angriff fehlt, weil das strafbare Verhalten zB in einer Drohung mit Gewalt, Erpressung oder einer Täuschung besteht. Soweit im Schrifttum vereinzelt vertreten wird, dass die Regelungen im OEG im Hinblick auf die Opfer von Straftaten nicht mehr zeitgemäß seien und unter Einbeziehung von Opfern psychischer Gewalt aktualisiert werden müssten (vgl hierzu insbesondere die umfassenden Ausführungen von Brettel/Bartsch, Staatliche Opferentschädigung nur bei Gewalttaten? Zum Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes, MedSach 2014, 263 ff, 267 mwN), handelt es sich um rechtspolitische Forderungen an den Gesetzgeber. Entsprechend ersten Vorschlägen im Werkstattgespräch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 24.6.2014 zur Reform des sozialen Entschädigungsrechts gibt es im BMAS offenbar Überlegungen, dass zukünftig psychische Schäden in größerem Umfang vom Gesetzgeber erfasst werden könnten (vgl Doering-Striening, Altes und Neues - zur Reform des Opferentschädigungsrechts, ASR 2014, 231, 235 ff mwN). Sollte der Gesetzgeber den Tatbestand des § 1 OEG im Hinblick auf solche Kritik(vgl hierzu insgesamt die Darstellung bei Doering-Striening, aaO, ASR 2014, 231; Brettel/Bartsch, aaO, MedSach 2014, 263) erweitern wollen, empfehlen sich aus der Sicht der Rechtsprechung zugleich Überlegungen, wie einer uferlosen Ausweitung von Opferentschädigungsansprüchen bei Erstreckung des OEG auf bloße Drohung mit Gewalt und psychische Einwirkungen auf das Opfer durch jedwede Straftat anderweitig als durch das Kriterium des tätlichen Angriffs entgegengewirkt werden kann.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob das Sozialgericht (SG) das damals zuständige (jetzt beigeladene) Land zu Recht verurteilt hat, eine bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS des § 1 Abs 1 Satz 1 Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz
) festzustellen.
- 2
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Die am 2.10.1954 geborene Klägerin ließ sich im Jahr 2000 zwei Mal von einem Arzt für Gynäkologie operieren. Zunächst saugte dieser am 13.1.2000 im Rahmen eines kosmetischen Eingriffs Fett ab. Danach traten Komplikationen auf. Am 20.6.2000 versuchte der Arzt, eine bestehende Fettschürze zu korrigieren und saugte weiteres Fett ab. Nach diesem Eingriff kam es zu erheblichen Gesundheitsstörungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten.
- 3
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Zur Zeit der Operationen litt die Klägerin neben dem erheblichen Übergewicht an einer Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Darauf machte sie den Arzt vor den operativen Maßnahmen aufmerksam. Dieser wies sie sodann bewusst nicht darauf hin, dass angesichts der Vorerkrankungen bei den Operationen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen sei. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm bewusst war, dass die Klägerin sonst von den Operationen abgesehen hätte. Er dokumentierte weder ein Aufklärungsgespräch noch eine Einwilligung. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können.
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Das Landgericht Aachen verurteilte den Gynäkologen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 Strafgesetzbuch (StGB) aufgrund des operativen Eingriffs vom 13.1.2000 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie aufgrund des weiteren Eingriffs vom 20.6.2000 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Unter Einbeziehung zahlreicher weiterer Taten zum Nachteil anderer Patienten wurde der Gynäkologe zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt (rechtskräftiges Urteil vom 17.7.2002 - 61 KLs/42 Js 1109/00).
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Am 22.11.2003 beantragte die Klägerin beim seinerzeit zuständigen Versorgungsamt Aachen Leistungen der Beschädigtenversorgung nach dem OEG iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Diesen Antrag lehnte das Versorgungsamt nach Beiziehung des Strafurteils durch Bescheid vom 9.1.2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG lägen nicht vor. Das OEG bezwecke ausschließlich die Entschädigung von Kriminalitätsopfern, die vom Staat trotz des von diesem in Anspruch genommenen Gewaltmonopols im Einzelfall nicht ausreichend hätten geschützt werden können. Die hier der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden ärztlichen Kunstfehler seien von diesem Schutzzweck naturgemäß nicht erfasst. Es fehle an einer feindseligen Tendenz im Sinne des OEG. Den Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 22.6.2004 zurück.
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Das von der Klägerin angerufene SG Aachen hat nach Einholung mehrerer medizinischer Gutachten mit Urteil vom 21.12.2006 das (jetzt beigeladene) Land Nordrhein-Westfalen (NRW) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die bei der Klägerin vorliegende Gesundheitsstörung "Zustand nach Abdominalplastik mit zwei großen quer verlaufenden Narben im Ober- und Unterbauch mit korrigiertem Nabel mit Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich" als durch ein schädigendes Ereignis iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hervorgerufene Gesundheitsstörung festzustellen. Die darüber hinausgehende Klage auf Gewährung von Versorgung hat das SG - mittlerweile (nach Rücknahme der Berufung der Klägerin) rechtskräftig - abgewiesen, weil die festgestellte Gesundheitsstörung lediglich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vH bedinge.
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Gegen seine Verurteilung hat das Land NRW Berufung eingelegt. Dieses Rechtsmittel ist nach Inkrafttreten des § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007, GVBl NRW 482,
) ab 1.1.2008 vom Landschaftsverband Rheinland weiter geführt und sodann vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) mit Urteil vom 21.5.2008 zurückgewiesen worden. Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:
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Zum 1.1.2008 sei ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Berufungsführer sei seitdem der Landschaftsverband Rheinland. Ob sich dieser als neuer Beklagter gegen die Anerkennung von Schädigungsfolgen wende oder dies dem notwendig beigeladenen Land als weiterhin materiell Verpflichtetem obliege, ändere am Tenor der Berufungsentscheidung nichts, denn weder das Land noch der Landschaftsverband hätten einen Anspruch auf Aufhebung des Urteils des SG.
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Zu Recht habe dieses die streitbefangenen ärztlichen Maßnahmen als tätliche Angriffe iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG bewertet. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die der Senat sich zu eigen mache, habe der Gynäkologe die vor den Eingriffen notwendige Aufklärung aus finanziellen Motiven unterlassen. Er habe die Klägerin bewusst nicht darauf hingewiesen, dass angesichts der Vorerkrankungen mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, während und nach den Operationen zu rechnen gewesen sei. Auch sei ihm klar gewesen, dass sich die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung gegen die Operationen entschieden hätte. Dies habe der Gynäkologe zumindest billigend in Kauf genommen. Damit stellten die operativen Eingriffe tatbestandlich vorsätzliche Körperverletzungen iS des § 223 StGB dar, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) mangels wirksamer Einwilligung auch rechtswidrig gewesen seien. Eine wirksame Einwilligung liege danach nur vor, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden sei.
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Der Arzt habe durch die Operationen unmittelbar in die körperliche Integrität der Klägerin eingegriffen. Zwar habe er keinen Widerstand der Klägerin überwinden müssen. Diese Situation habe er sich jedoch nur verschaffen können, weil er die Klägerin zuvor über die Risiken der Operation und seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können, getäuscht habe. Ob zwischen dem Arzt und der Klägerin ein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden habe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die von dem Gynäkologen vorgenommenen Eingriffe stellten auch keine Heilbehandlung dar, denn es sei keine objektive Heiltendenz feststellbar. Zudem handle es sich bei der von § 1 Abs 1 OEG geforderten Feindseligkeit der Tathandlung nicht um eine innere Tatsache. Was feindselig sei, bestimme das Strafgesetz. Feindselig in diesem Sinne seien alle § 223 StGB zuzuordnenden, strafbewehrten Tathandlungen. Unschädlich sei, dass die im Rahmen der Operationen begangenen Kunst- und Behandlungsfehler nur fahrlässiger Natur gewesen seien.
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Die Klägerin habe durch die beiden durchgeführten Operationen eine gesundheitliche Schädigung erlitten, an deren Folgen sie fortdauernd leide. Art und Umfang der insoweit verbliebenen Gesundheitsstörung seien von den Beteiligten unstreitig gestellt worden.
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Der Beklagte macht mit seiner nach Zulassung durch den erkennenden Senat eingelegten Revision eine Verletzung von § 1 Abs 1 OEG geltend. Zur Begründung führt er ua aus:
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Durch die Regelungen des OEG wolle der Staat für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger insbesondere vor gesundheitlichen Schädigungen durch kriminelle Handlungen wie vor allem Gewalttaten einstehen. Im Lichte dieses Gesetzeszwecks seien auch die einzelnen Tatbestandsmerkmale auszulegen. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 OEG setze daher eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame, in der Regel auch handgreifliche Einwirkung voraus.
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An einer feindseligen Willensrichtung fehle es hier. Zwar hätten Eingriffe in die körperliche Integrität eines anderen grundsätzlich die Tendenz, diesen zum bloßen Objekt herabzuwürdigen; sie seien deshalb als feindselig zu werten. Wenn aber im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege, verliere der Eingriff in die körperliche Integrität seine feindselige Qualität. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin zwar ihre Einwilligung in beide Operationen gegeben habe, diese aber vom Täter erschlichen worden seien. Das LSG schließe ohne eigene Sachaufklärung aus den vom Landgericht in seinem Strafurteil benannten Motiven für das Erschleichen der Einwilligung und aus der Tatsache der strafrechtlichen Verurteilung, dass der Gynäkologe keine Heilbehandlung vorgenommen habe, weil die Eingriffe nicht zur Heilung geeignet gewesen seien. Letzteres lasse sich aber den einschlägigen Passagen des Landgerichtsurteils nicht entnehmen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Operateur der Klägerin insofern rechtsfeindlich gesonnen gewesen sei, als er sie dauerhaft habe schädigen wollen. Eine rechtsfeindliche Willensrichtung lasse sich zwar für die fehlerhafte Aufklärung über die Operationsrisiken bejahen. Hieraus resultiere aber nicht gleichzeitig eine rechtsfeindliche Willensrichtung hinsichtlich der anschließenden Operationen. Das Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte nur dann die Annahme einer feindseligen Willensrichtung hinsichtlich des operativen Eingriffs, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe.
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Der Beklagte beantragt,
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die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21.5.2008 und des Sozialgerichts Aachen vom 21.12.2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.
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Die beigeladene Bundesrepublik Deutschland hat wie folgt Stellung genommen: Generell liege bei ärztlichen Kunstfehlern keine Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG vor. Eine strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung führe zwar in der Regel auch zur Bejahung eines tätlichen Angriffs. Jedoch sei dies nicht zwangsläufig so. Zusätzlich sei nämlich auch ein tätlicher Angriff in feindseliger Willensrichtung erforderlich. Daran fehle es im konkreten Fall. Das LSG habe den feindseligen Akt wohl im Erschleichen der Einwilligung durch bewusst unzureichende Aufklärung gesehen. Es leuchte jedoch nicht ein, warum ein tätlicher Angriff im Sinne des OEG davon abhängen solle, dass der Arzt die Patientin mit Eventualvorsatz unzureichend aufgeklärt habe. Mit einer solchen Argumentation könne praktisch jeder ärztliche Heileingriff, bei dem eine wirksame Einwilligung fehle, als OEG-Fall anerkannt werden, und zwar selbst dann, wenn der ärztliche Eingriff richtig und erfolgreich ausgeführt worden sei und ein Kunstfehler daher überhaupt nicht vorliege. Eine entsprechende Ausweitung des vom OEG erfassten Personenkreises sei vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Die Rechtsentwicklung zum Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern lasse sich auf den Bereich ärztlicher Kunstfehler nicht anwenden. Die tatbestandliche Ausgangslage sei eine gänzlich andere.
Entscheidungsgründe
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1. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Richtiger Beklagter und Revisionskläger ist nunmehr der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland.
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a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass es mit Inkrafttreten von § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz zum 1.1.2008 im Verlauf des Berufungsverfahrens zu einem Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes auf der Beklagtenseite gekommen ist (vgl hierzu BSG, Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 13 f; BSG, Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 13; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, jeweils RdNr 20; BSG, Urteil vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - juris RdNr 21; BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R -, juris RdNr 22; BSG, Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG, Urteil vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 26). Durch § 4 Abs 1 Eingliederungsgesetz wurden die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung vom 1.1.2008 rechtswirksam auf die Landschaftsverbände übertragen. Ab diesem Zeitpunkt ist der für die Klägerin örtlich zuständige Landschaftsverband Rheinland gemäß § 6 Abs 1 OEG für die Versorgung nach diesem Gesetz zuständig.
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b) Das LSG hat den Landschaftsverband Rheinland selbst als Beklagten behandelt. Die Klägerin hat ihre Klage im Verlauf des Revisionsverfahrens umgestellt und nunmehr gegen die nach § 70 Nr 3 SGG beteiligtenfähige Behörde - den Direktor des Landschaftsverbandes - gerichtet. Mit dieser Umstellung trägt sie der Rechtsprechung des 8. Senats des BSG Rechnung, wonach die Klage zwingend gegen die nach § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärte Behörde zu richten ist, wenn ein Land - wie hier Nordrhein-Westfalen durch § 3 Gesetz zur Ausführung des SGG - das Behördenprinzip eingeführt hat (vgl BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - RdNr 14). Demgegenüber hat der erkennende Senat die Auffassung vertreten (vgl Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - juris RdNr 21), dass die nach § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähige juristische Person (hier der Landschaftsverband Rheinland) diese Fähigkeit nicht dadurch verliert, dass die für sie handelnde Behörde (hier der Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland) durch Landesrecht iS des § 70 Nr 3 SGG für beteiligtenfähig erklärt worden ist. Zur Vermeidung einer Divergenz hat der erkennende Senat deshalb eine Umstellung der Klage angeregt; dem steht § 168 Satz 1 SGG nicht entgegen, weil sich der Klagegrund, also der dem Klageantrag zugrunde liegende Lebenssachverhalt, nicht geändert hat(vgl § 99 Abs 3 SGG).
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2. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht dessen Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, mit dem dieses die entgegenstehende ablehnende Verwaltungsentscheidung aufgehoben und das seinerzeit beklagte Land zur Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses iS von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG verurteilt hat. Eine Rechtskraft dieser Entscheidung erstreckt sich gemäß § 141 Abs 1 Nr 1 SGG auf den jetzigen Beklagten.
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Rechtsgrundlage für den von der Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG)geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses ist § 1 Abs 1 Satz 1 OEG(idF vom 11.5.1976, BGBl I 1181). Danach erhält ua derjenige, der im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Reicht - wie hier - der Grad der Schädigungsfolgen für einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente nicht aus (vgl § 31 Abs 1 BVG), hat der Beschädigte nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG einen Anspruch auf isolierte Feststellung (Anerkennung) von Schädigungsfolgen. Denn die Feststellung von Schädigungsfolgen kann als eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt Grundlage für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen sein, zB Ansprüche auf Heilbehandlung wegen der anerkannten Folgen einer Schädigung (vgl zum BVG bereits BSGE 9, 80, 83 f = SozR Nr 17 zu § 55 SGG; BSGE 12, 25, 26; BSGE 27, 22, 23 = SozR Nr 59 zu § 77 SGG; BSG, Urteil vom 2.6.1970 - 10 RV 69/68 - KOV 1971, 170; zum Soldatenversorgungsgesetz etwa BSGE 57, 171, 172 = SozR 1500 § 55 Nr 24 S 17; BSGE 68, 128, 129 f = SozR 3-3200 § 81 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 18 S 39; BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 16 S 73; zum OEG etwa BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9/9a RVg 4/92 - BSGE 77, 1, 6 = SozR 3-3800 § 1 Nr 4 S 15).
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Wie SG und LSG im Ergebnis zutreffend erkannt haben, steht der Klägerin gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 OEG nach den Umständen des vorliegenden Falles ein Anspruch auf Feststellung der Gesundheitsstörungen zu, die Folgen der im Jahre 2000 von dem Gynäkologen durchgeführten Schönheitsoperationen sind. Denn diese ärztlichen Eingriffe sind als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG zu werten. Der erkennende Senat legt dabei zunächst seine bisherige Rechtsprechung zum Rechtsbegriff "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" zugrunde (dazu unter a). Darüber hinaus ist die Rechtsprechung des BGH zur Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung von Bedeutung (dazu unter b). Für diesen Bereich entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung dahin weiter, dass ein ärztlicher Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen als tätlicher Angriff anzusehen ist (dazu unter c). Diese Voraussetzungen liegen nach den für den Senat verbindlichen Tatsachenfeststellungen hier vor (dazu unter d).
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a) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG hat sich im Laufe der Jahre anhand einzelner Fallgestaltungen entwickelt. Sie hat sich weitgehend von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) gelöst und entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abgestellt. Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Betrachtungsweisen zugrunde gelegt. Leitlinie des erkennenden Senats war insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei in aller Regel die Angriffshandlung den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (vgl BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 f; BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f; BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f und zuletzt BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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Im Einzelnen hat der erkennende Senat bislang zu folgenden Fallkonstellationen entschieden:
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Zunächst hat er unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf eines OEG (BT-Drucks 7/2506 S 13) für die Annahme einer Angriffshandlung eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung verlangt und deshalb einen tätlichen Angriff bei der Flucht vor einem Einbrecher verneint (BSG, Urteil vom 7.11.1979 - 9 RVg 1/78 - BSGE 49, 98, 99 f = SozR 3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 236 = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 9). Diese Rechtsprechung hat er später dahingehend präzisiert, dass unter einem tätlichen Angriff ein gewaltsames, handgreifliches Vorgehen gegen eine Person in kämpferischer, feindseliger Absicht zu verstehen ist, nicht jedoch sozial angemessenes Verhalten, wie das Hochheben einer jungen Frau auf einem Straßenfest (BSG, Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVg 5/84 - BSGE 59, 46, 47 ff = SozR 3800 § 1 Nr 6 S 18 ff).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat dann den Begriff des tätlichen Angriffs umfassender im Sinne von Rechtsfeindlichkeit verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat war allein entscheidend, dass die Begehensweise, nämlich sexuelle Handlungen, eine Straftat war, deretwegen die Täter in diesen Fällen auch bestraft worden sind (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f; BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f; ähnlich auch bei einer Aids-Infektion durch ungeschützten Geschlechtsverkehr: BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18, 19 = SozR 3-3800 § 2 Nr 3 S 7).
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Auch eine absichtliche Blockade mit einem Kraftfahrzeug ist als tätlicher Angriff angesehen worden, wenn das Opfer dem gegen ihn gerichteten körperlichen Angriff durch Ausweichen oder Flucht entgehen will und dadurch zu Schaden kommt. Der Senat hat es für genügend erachtet, dass das Handeln des Angreifers vorsätzlich und auf Rechtsbruch gerichtet war. In der Regel reicht danach der vorsätzliche rechtswidrige Angriff gegen die körperliche Integrität oder die körperliche Bewegungsfreiheit aus, um den Tatbestand (des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG) zu erfüllen (BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2 f).
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Ebenso hat es der erkennende Senat beim Zünden eines Feuerwerkskörpers durch einen unbekannt gebliebenen Täter ausreichen lassen, dass das Verhalten des Täters auf Rechtsbruch gerichtet war und dadurch seine Rechtsfeindlichkeit erkennen ließ. Rechtsfeindlich handele, wer vorsätzlich und rechtswidrig einen Angriff gegen die körperliche Integrität eines anderen richte (BSG, Urteil vom 28.5.1997 - 9 RVg 1/95 - USK 9714).
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Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zur Gewalt gegen Sachen verbunden mit Drohungen gegenüber dem Opfer fortgeführt: Er ist dort zwar davon ausgegangen, dass ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende, gewaltsame und in der Regel auch handgreifliche Einwirkung erfordert. Zugleich hat er jedoch klargestellt, dass nicht ein aggressives Verhalten, sondern die Rechtsfeindlichkeit des Täterhandelns für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des "tätlichen Angriffs" maßgeblich ist. Bei Drohungen gegenüber dem Opfer verbunden mit einer unmittelbaren Gewaltanwendung gegen eine Sache hat er es deshalb als entscheidend angesehen, ob aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten ein unmittelbares Ansetzen zu einer gezielten Gewaltanwendung gegen eine Person gegeben ist (BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38 f, ähnlich BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56 zur Verletzungshandlung eines strafrechtlich schuldunfähigen, aber handlungsfähigen Kindes).
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In seiner Entscheidung zur Verletzung durch Signalmunition in einer Silvesternacht hat der Senat ein zielgerichtetes, vorsätzliches, aggressives Verhalten gegen eine bestimmte Person nicht für erforderlich gehalten, sondern es für die Annahme eines "tätlichen Angriffs" ausreichen lassen, dass sich der Angriff gegen andere Personen als das Opfer gerichtet hat (BSG, Urteil vom 4.2.1998 - B 9 VG 5/96 R - BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 42 ff). Weiter ist in dieser Entscheidung ausgeführt worden, dass die "Feindseligkeit", die den "tätlichen Angriff" iS des § 1 Abs 1 OEG kennzeichnet, schon dann zu bejahen ist, wenn mit der Einwirkung auf den Körper des Opfers - zumindest versuchsweise - vorsätzlich ein Straftatbestand verwirklicht wird. "Feindselig" handelt der Täter auch dann, wenn er unter Verstoß gegen ein Strafgesetz vorsätzlich auf den Körper eines anderen einwirkt (BSGE 81, 288, 292 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12 S 46).
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass nur bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten werden könne; tätliche Angriffe lägen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt werde, wie zB durch einen Fußtritt (BSG, Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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In dem Fall einer Bedrohung mit einer scharf geladenen, entsicherten Schusswaffe hat der erkennende Senat, anknüpfend an sein Urteil vom 10.9.1997 (BSGE 81, 42 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11), als tätlichen Angriff grundsätzlich eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung angesehen. Er hat darauf hingewiesen, dass in aller Regel die Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG den Tatbestand einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllen wird. Daneben seien aber auch Begehungsweisen denkbar, bei denen kein strafrechtlich relevanter Erfolg angestrebt werde. Es sei nicht einmal die körperliche Berührung oder auch nur ein darauf zielender Vorsatz erforderlich. Bereits die absichtliche, rechtswidrige Bedrohung eines anderen mit einer scharf geladenen entsicherten Schusswaffe stellt danach einen tätlichen Angriff dar (BSG, Urteil vom 24.7.2002 - B 9 VG 4/01 R - BSGE 90, 6, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 22 S 103 f). Diese Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung zum Entfernen eines Gullydeckels fortgeführt und darin unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288, 289 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 12) weiter festgestellt, dass eine Handlung dann nicht als tätlicher Angriff gegen eine Person angesehen werden kann, wenn ihr die erforderliche unmittelbare (feindliche) Ausrichtung auf andere Menschen fehlt (BSG, Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VG 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 5 RdNr 6 f). An diese Rechtsprechung hat der Senat auch in seiner Entscheidung zur körperlichen Durchsuchung einer Person durch falsche Polizeibeamte angeknüpft (BSG, Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - juris RdNr 14 ff).
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In Bezug auf eine Kindesentziehung durch List hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, dass der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Weise ausgelegt worden ist, dass er auch ohne Gewaltanwendung die Ausübung des Geschlechtsverkehrs eines erwachsenen Mannes mit einem Kind unter 14 Jahren erfasst. Bei einer Kindesentziehung hat der Senat jedoch ein entsprechendes Begriffsverständnis abgelehnt, weil dies zu einer Ausweitung der vom OEG erfassten Tatbestände führen würde, die mit der auf eine körperliche Gewaltanwendung abstellenden gesetzgeberischen Konzeption unvereinbar wäre. Eine erweiternde Auslegung ist auch nicht zum Schutz des betroffenen Kindes geboten (vgl BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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In seiner Entscheidung zur Freiheitsberaubung hat der erkennende Senat ebenfalls maßgeblich darauf abgestellt, dass die Grenze zur Gewalttat iS des § 1 Abs 1 OEG jedenfalls dann überschritten ist, wenn eine Person durch Mittel körperlicher Gewalt ihrer Freiheit beraubt und/oder dieser Zustand durch Tätlichkeiten aufrecht erhalten wird(BSG, Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10 RdNr 13).
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Schließlich hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung zu einem möglichen tätlichen Angriff eines 4 ½ jährigen Kindes gegen ein anderes Kind unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 4.2.1998 (BSGE 81, 288 = SozR 3-3800 § 1 Nr 12)erneut hervorgehoben, dass der als "feindselige" Einwirkung auf den Körper eines anderen definierte tätliche Angriff lediglich erfordert, dass (objektiv) gegen ein Strafgesetz verstoßen wird, das die körperliche Unversehrtheit eines anderen schützt. Dies kann bei einem Stoßen ins Wasser unter Umständen der Fall sein (vgl BSG, Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a VG 3/06 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 11 RdNr 14, 17).
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b) Grundvoraussetzung für die Bewertung eines ärztlichen Eingriffs als "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG ist danach, dass dieser als vorsätzliche Körperverletzung strafbar ist. Deshalb ist die einschlägige Rechtsprechung der Strafgerichte, insbesondere des BGH, zu beachten. Danach erfüllt jeder ärztliche Eingriff den Tatbestand einer (vorsätzlichen) Körperverletzung iS des § 223 Abs 1 StGB. Er bedarf grundsätzlich der Einwilligung, um rechtmäßig zu sein. Diese Einwilligung kann nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient in der gebotenen Weise über den Eingriff, seinen Verlauf, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche Behandlungsalternativen aufgeklärt worden ist. Aufklärungsmängel können eine Strafbarkeit des Arztes wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung jedoch nur begründen, wenn der Patient bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht in den Eingriff eingewilligt hätte. Das Fehlen einer "hypothetischen Einwilligung" ist dem Arzt nachzuweisen. Eine Beschränkung der Strafbarkeit kann sich zudem unter dem Gesichtspunkt des Schutzzweckgedankens ergeben, wenn sich ein Risiko realisiert, das nicht in den Schutzbereich der verletzten Aufklärungspflicht fällt. Dies wird etwa dann in Betracht zu ziehen sein, wenn sich der Aufklärungsmangel lediglich aus dem unterlassenen Hinweis auf Behandlungsalternativen ergibt, der Patient jedoch eine Grundaufklärung über die Art sowie den Schweregrad des Eingriffs erhalten hat und auch über die schwerstmögliche Beeinträchtigung informiert ist (vgl aus der neueren Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 29.6.1995 - 4 StR 760/94 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 4 = MedR 1996, 22, 24
; BGH, Urteil vom 19.11.1997 - 3 StR 271/97 - BGHSt 43, 306, 308 f = NJW 1998, 1802, 1803; BGH, Beschluss vom 15.10.2003 - 1 StR 300/03 - JR 2004, 251, 252 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469, 470; BGH, Urteil vom ; BGH, Urteil vom 5.7.2007 - 4 StR 549/06 - BGHR StGB § 223 Abs 1 Heileingriff 8 = MedR 2008, 158, 159 .; BGH, Urteil vom 23.10.2007 - 1 StR 238/07 - MedR 2008, 435, 436 <"Turboentzug">; dazu auch Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 9, 15 ff, § 228 RdNr 12 ff)
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c) Der erkennende Senat entwickelt seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG für die besondere Fallkonstellation des als vorsätzliche Körperverletzung strafbaren ärztlichen Eingriffs weiter.
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In aller Regel wird zwar eine Handlung, die den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt, eine Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG sein. Die Verletzungshandlung im OEG hat jedoch durch das Tatbestandsmerkmal "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" - allerdings in Anknüpfung an die Vorschriften des StGB - eine eigenständige gesetzliche Ausprägung gefunden (vgl hierzu BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f = SozR 3800 § 1 Nr 4 S 8 f; BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 10.9.1997 - 9 RVg 1/96 - BSGE 81, 42, 43 = SozR 3-3800 § 1 Nr 11 S 38; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 56). Das bedeutet, dass nicht jeder als vorsätzliche Körperverletzung strafbare ärztliche Eingriff zugleich ein "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung sein muss.
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Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass ärztliche Eingriffe - wie die gesamte Tätigkeit des Arztes - von einem Heilauftrag iS des § 1 Abs 1 Bundesärzteordnung(danach dient der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes; vgl dazu auch § 1 Abs 1 Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte) bestimmt werden (vgl hierzu Laufs in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl 2009, S 17 f; Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl 2008, S 233 f). Ärztliche Eingriffe werden demnach grundsätzlich in der Absicht durchgeführt, zu heilen und nicht in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten einzuwirken. Zum anderen ergibt sich die Strafbarkeit eines ärztlichen Eingriffs als vorsätzliche Körperverletzung gerade aus der Verknüpfung von vorsätzlichem Aufklärungsmangel, Fehlen einer wirksamen Einwilligung und damit rechtswidrigem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Eine strafbare vorsätzliche Körperverletzung kann bei einem ärztlichen Eingriff bereits dann vorliegen, wenn der Arzt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hat und der Patient die Einwilligung zum ärztlichen Eingriff bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht erteilt hätte. Es sind deshalb durchaus Fälle denkbar, bei denen der vorsätzliche Aufklärungsmangel zwar zu einer strafbaren vorsätzlichen Körperverletzung führt, es wegen einer vorhandenen Heilungsabsicht jedoch nicht gerechtfertigt ist, den ärztlichen Eingriff als eine gezielte gewaltsame Einwirkung auf die körperliche Unversehrtheit des Patienten, mithin als eine feindselige Angriffshandlung iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG, zu bewerten(vgl etwa den der Entscheidung des BGH vom 20.1.2004 - 1 StR 319/03 - JR 2004, 469 zugrunde liegenden Fall der Durchführung einer zweiten Operation zur Bergung einer bei der ersten Operation abgebrochenen Bohrerspitze bei unterlassener Aufklärung über Grund und Anlass der Maßnahme).
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Für die besondere Fallkonstellation des ärztlichen Eingriffs müssen deshalb - neben der Strafbarkeit als Vorsatztat - bestimmte weitere Voraussetzungen hinzukommen, bei deren Vorliegen die Grenze zur Gewalttat, also zum "vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff", überschritten ist. Nach Auffassung des erkennenden Senats wird ein Patient unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des OEG dann zum Gewaltopfer, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff objektiv - also aus der Sicht eines verständigen Dritten - in keiner Weise dem Wohl des Patienten dient. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen leiten lässt und die gesundheitlichen Belange des Patienten hintangestellt hat. Mit dem Abstellen auf das Wohl des Patienten werden neben den Fällen der Heilung einer behandlungsbedürftigen Erkrankung auch die Fälle reiner Schönheitsoperationen erfasst, also Fälle, in denen ohne jede medizinische Indikation allein den Schönheitsvorstellungen des Patienten dienende Eingriffe (s § 52 Abs 2 SGB V)vorgenommen werden.
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Soweit der Beklagte mit der Revision einwendet, das besondere Vertrags- und Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gestatte die Annahme einer feindseligen Willensrichtung bei einem operativen Eingriff nur dann, wenn dies bestimmte äußere Umstände nahelegten, etwa wenn sich der Operierende fälschlich als Arzt ausgebe, vermag ihm der Senat nicht in vollem Umfang zu folgen. Allein der Umstand, dass ein in keiner Weise zum Wohle des Patienten handelnder Operateur Arzt ist, kann die Annahme einer feindseligen Haltung nicht ausschließen. Auch ein Vertrags- und Vertrauensverhältnis, das der Arzt in rücksichtsloser, krimineller Weise verletzt, hindert es nicht, eine feindselige Willensrichtung bei der Operation anzunehmen, wenn die vom Senat als maßgebend angesehenen Umstände vorliegen. Ebenso wenig greift der Einwand durch, dass der Eingriff in die körperliche Integrität dann seine feindselige Qualität verliere, wenn im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses die Einwilligung zur Operation vorliege. Eine durch Täuschung erschlichene Einwilligung ist unwirksam. Sie steht daher weder einer Strafbarkeit noch der Bejahung einer Gewalttat entgegen.
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Mit der beigeladenen Bundesrepublik Deutschland stimmt der Senat dahin überein, dass ärztliche Kunstfehler für sich genommen keine Gewalttaten iS des § 1 OEG sind. Denn Kunstfehler sind sorgfaltswidrige Verstöße gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, die lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB oder fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB begründen (vgl dazu Fischer, StGB, 57. Aufl 2010, § 223 RdNr 13c). Stellt der ärztliche Eingriff allerdings einen tätlichen Angriff dar, so ist es unerheblich, ob dabei Kunstfehler unterlaufen. Denn der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf die eingetretene Schädigung beziehen (vgl BSG, Urteil vom 24.4.1991 - 9a/9 RVg 1/89 - SozR 3-3800 § 1 Nr 1 S 4; BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RVg 1/94 - SozR 3-3800 § 10a Nr 1 S 2; BSG, Urteil vom 3.2.1999 - B 9 VG 7/97 R - SozR 3-3800 § 1 Nr 14 S 57).
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d) Gemessen an diesen Kriterien sind die von dem Gynäkologen im Jahr 2000 durchgeführten kosmetischen ärztlichen Eingriffe - im Ergebnis übereinstimmend mit dem SG und dem LSG - nicht nur als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen iS der §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB, sondern auch als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit der Klägerin iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG anzusehen. Denn sie dienten aus der Sicht eines verständigen Dritten in keiner Weise dem Wohl der Klägerin.
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Das LSG hat dazu Folgendes festgestellt: Die Klägerin litt zum Zeitpunkt der Operationen neben dem erheblichen Übergewicht an Koronarinsuffizienz, Bluthochdruck, Lungeninsuffizienz, insulinpflichtigem Diabetes mellitus sowie einer Darmerkrankung. Obwohl sie den Gynäkologen auf ihre Vorerkrankungen aufmerksam gemacht hatte, wies sie dieser vor den Eingriffen bewusst nicht darauf hin, dass bei ihr mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko, ggf sogar mit Todesfolge, zu rechnen war. Die notwendige Aufklärung unterließ der Gynäkologe aus finanziellen Motiven, weil ihm klar war, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung von den Operationen abgesehen hätte. Darüber hinaus täuschte er die Klägerin über seine Befähigung, die Eingriffe fachgerecht vornehmen zu können. Die an der Klägerin vorgenommenen Eingriffe waren insgesamt gesehen weder von einer objektiven noch einer subjektiven Heilungstendenz getragen. Das Landgericht hat beide kosmetischen ärztliche Eingriffe als strafbare vorsätzliche gefährliche Körperverletzungen gemäß §§ 223, 224 Abs 1 Nr 5 StGB bewertet und den Gynäkologen deswegen zu Freiheitsstrafen verurteilt.
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Diese Tatsachenfeststellungen des LSG sind für den Senat bindend (§ 163 SGG), denn der Beklagte hat dagegen in der Revisionsbegründung keine zulässigen und begründeten Verfahrensmängel vorgebracht. Soweit er darin die Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)des LSG angreift, hat er schon nicht dargelegt, dass die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten wurden, also gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen worden ist (stRspr; vgl etwa schon BSG SozR Nr 34 und Nr 56 zu § 128 SGG; hierzu auch BSG, Urteil vom 8.11.2005 - B 1 KR 18/04 R - SozR 4-2500 § 44 Nr 7 RdNr 16; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 10 ff). Der Senat hat deshalb bei der Beurteilung der Rechtslage von den Tatsachenfeststellungen des LSG auszugehen. Danach hat sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen Interessen leiten lassen und die gesundheitlichen Belange der Klägerin - gerade auch im Hinblick auf die erheblichen Vorerkrankungen - in sträflicher Weise hintangestellt.
(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds gehandelt hat.
(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich
- 1.
die vorsätzliche Beibringung von Gift, - 2.
die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.
(3) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind; Buchstabe e gilt auch für einen Unfall, den der Geschädigte bei der unverzüglichen Erstattung der Strafanzeige erleidet.
(4) Ausländerinnen und Ausländer haben dieselben Ansprüche wie Deutsche.
(5) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt.
(6) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die ein Berechtigter oder Leistungsempfänger nach Absatz 1 oder 5 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 oder 5 des Bundesversorgungsgesetzes, eine Pflegeperson oder eine Begleitperson bei einer notwendigen Begleitung des Geschädigten durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes erleidet.
(7) Einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne des Absatzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz gleich.
(8) Wird ein tätlicher Angriff im Sinne des Absatzes 1 durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verübt, werden Leistungen nach diesem Gesetz erbracht.
(9) § 1 Abs. 3, die §§ 64 bis 64d, 64f sowie 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde tritt, sofern ein Land Kostenträger ist (§ 4). Dabei sind die für deutsche Staatsangehörige geltenden Vorschriften auch für von diesem Gesetz erfaßte Ausländer anzuwenden.
(10) § 20 des Bundesversorgungsgesetzes ist mit den Maßgaben anzuwenden, daß an die Stelle der in Absatz 1 Satz 3 genannten Zahl die Zahl der rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen nach diesem Gesetz im Vergleich zur Zahl des Vorjahres tritt, daß in Absatz 1 Satz 4 an die Stelle der dort genannten Ausgaben der Krankenkassen je Mitglied und Rentner einschließlich Familienangehörige die bundesweiten Ausgaben je Mitglied treten, daß Absatz 2 Satz 1 für die oberste Landesbehörde, die für die Kriegsopferversorgung zuständig ist, oder die von ihr bestimmte Stelle gilt und daß in Absatz 3 an die Stelle der in Satz 1 genannten Zahl die Zahl 1,3 tritt und die Sätze 2 bis 4 nicht gelten.
(11) Im Rahmen der Heilbehandlung sind auch heilpädagogische Behandlung, heilgymnastische und bewegungstherapeutische Übungen zu gewähren, wenn diese bei der Heilbehandlung notwendig sind.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Die Versorgung nach diesem Gesetz obliegt den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden. Ist der Bund Kostenträger, so sind zuständig
- 1.
wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land hat, die Behörden dieses Landes; es finden die Übergangsregelungen gemäß § 4 Absatz 2 und 3 beschränkt auf die Zuständigkeit der Behörde entsprechend Anwendung, davon ausgenommen sind Versorgungen bei Schädigungen an einem Ort im Ausland, - 2.
wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat, die Behörden des Landes, das die Versorgung von Kriegsopfern in dem Wohnsitz- oder Aufenthaltsland durchführt.
(2) Die örtliche Zuständigkeit der Behörden bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung.
(3) Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, mit Ausnahme der §§ 3 bis5,sowie die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über das Vorverfahren sind anzuwenden.
(4) Absatz 3 gilt nicht, soweit die Versorgung in der Gewährung von Leistungen besteht, die den Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach den §§ 25 bis 27h des Bundesversorgungsgesetzes entsprechen.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat dem Kläger auch im Revisionsverfahren seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Streitig sind die Rücknahme der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und von Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 23.7.2003 bis 31.5.2004.
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Der Kläger bezog im Anschluss an Arbeitslosengeld (Alg) und Uhg ab 23.7.2003 Alhi (Bescheid vom 12.8.2003). Im Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" hatte er angegeben, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben und über ein Girokonto mit 2,00 Euro Guthaben zu verfügen. Im Übrigen verneinte er die Fragen nach vorhandenem Vermögen. Nach Wiederaufnahme seiner Umschulungsmaßnahme erhielt er ab 1.9.2003 erneut Uhg (Verfügung vom 7.10.2003).
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Im Mai 2004 erfuhr die Beklagte, dass der Freistellungsauftrag der C. (nachfolgend C-Bank) erteilt worden war. Auf Anfrage legte der Kläger einen Kontoauszug ("Finanzreport") per 2.6.2003 vor, der ein Guthaben von insgesamt 7108,55 Euro auswies, und teilte mit, es handele sich um ein Tagesgeldkonto mit Onlinedepot, das er vor Jahren eingerichtet habe, weil allein für die Einrichtung WEB.DE-Aktien im Wert von 100,00 DM gutgeschrieben worden seien. Danach sei es nur von seinem Vater verwendet worden, dem er auch alle Online-Zugangsdaten überlassen habe. In der Folgezeit legte er eine eidesstattliche Versicherung seines Vaters vor, welcher die Angaben des Klägers bestätigte.
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Die Beklagte hob die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 23.7. bis 31.8.2003 und von Uhg für die Zeit vom 1.9.2003 bis 31.5.2004 auf und forderte die Erstattung der gewährten Leistungen sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7784,76 Euro (Bescheid vom 1.7.2004). Den Widerspruch, den der Kläger mit zwei größeren Einzahlungen seiner Großmutter und des Käufers einer Küchenzeile zugunsten seines Vaters begründete, wies die Beklagte zurück. Der Kläger habe mangels Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen gehabt. Die Ausführungen, wonach es sich um Vermögen seines Vaters gehandelt habe, seien nicht überzeugend (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005).
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Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 21.11.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Anhörung des Klägers und erneuter Beweiserhebung die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei nach seiner Überzeugung nicht nachgewiesen, dass das auf dem Konto bei der C-Bank vorhandene Vermögen dem Kläger zuzuordnen sei. Soweit letzte Zweifel an der Zuordnung des Geldes bestünden, gingen diese zu Lasten der Beklagten. Für eine Beweislastumkehr sei kein Raum (Urteil vom 4.11.2009).
- 6
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Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und eine Verletzung materiellen Rechts, indem das LSG sie als beweisbelastet angesehen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehe es zu Lasten des Arbeitslosen, wenn seiner Sphäre zuzuordnende Vorgänge nicht aufklärbar seien. Davon sei auch auszugehen, wenn nach Ausschöpfung aller Beweismittel Restzweifel an der Zuordnung von Vermögenswerten verblieben. Da beim LSG trotz der für die Darstellung des Klägers sprechenden Umstände letzte Zweifel verblieben seien, habe es eine Beweislast des Klägers annehmen müssen.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Das angefochtene Urteil verletzt die Beklagte nicht in ihren Rechten. Nach den für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist das LSG rechtsfehlerfrei im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger bei Bewilligung der Alhi über ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt hat. Die Rücknahme der Bewilligung von Alhi (unter 1.) und Uhg (unter 2.) ist aus diesem Grund rechtswidrig.
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1. Rechtsgrundlage der zutreffend mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) angegriffenen Rücknahme der Alhi-Bewilligung durch den Bescheid vom 1.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005 ist § 45 Abs 1 und Abs 2 Satz 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Rechtsgrundlage der daran anknüpfenden Rückforderung ist im Hinblick auf zu Unrecht erbrachte Leistungen § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X und bezogen auf die gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge § 335 Abs 1 Satz 1 und Abs 5 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848 (zum insoweit geltenden Recht, wenn der Widerspruchsbescheid aus der Zeit nach dem 1.1.2005 datiert und der Ersatzanspruch vor dem 1.1.2005 entstanden ist: vgl BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1).
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Für die vorrangige Frage der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung kommt es in erster Linie darauf an, ob der Bescheid über die Bewilligung der Alhi vom 12.8.2003 als den Kläger begünstigender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig ist. Die anfängliche Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung wiederum hängt nach den Umständen des Falles davon ab, ob bei der Bewilligung von Alhi ab 23.7.2003 die Voraussetzungen eines Alhi-Anspruchs gegeben waren. Das richtet sich nach § 190 Abs 1 Nr 1 bis 5 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.3.1997 (BGBl I 594); fraglich ist hier insbesondere, ob der Kläger bedürftig war (Abs 1 Nr 5). Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi nicht gerechtfertigt ist ( § 193 Abs 2 SGB III idF des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften; Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001, BGBl I 266).
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Nähere Bestimmungen zur Berücksichtigung von Vermögen trifft die insoweit auf der Verordnungsermächtigung nach § 206 Nr 1 SGB III idF des AFRG beruhende Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) vom 13.12.2001 (BGBl I 3734). Danach ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt (§ 1 Abs 1 Nr 1 AlhiV 2002). Freibetrag ist, soweit hier von Bedeutung, ein Betrag von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen, der jedoch 13 000,00 Euro nicht übersteigen darf (§ 1 Abs 2 Satz 1 AlhiV 2002 idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607, mit Wirkung vom 1.1.2003). Für den am 23.12.1975 geborenen Kläger ergab sich demnach zu Beginn des streitigen Zeitraums (Alhi-Bezug ab 23.7.2003) ein Freibetrag von 5400,00 Euro (200,00 Euro x 27), weil er am 23.12.2002 das 27. Lebensjahr vollendet hatte.
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Das zu Beginn des streitigen Zeitraums vorhandene Guthaben auf dem Konto bei der C-Bank überstieg damit zwar den persönlichen Freibetrag. Die Vorinstanzen sind aber zu Recht davon ausgegangen, dass nicht allein deswegen eigenes Vermögen vorhanden war und die Bedürftigkeit des Klägers fehlte. Durch die Einrichtung und Unterhaltung des Kontos im eigenen Namen hat zwar der Kläger den vor allem für seine Rechtsbeziehungen zur Bank bedeutsamen Eindruck hervorgerufen, dass er als Kontoinhaber Vertragspartner der Bank ist und damit auch Gläubiger von Kontoguthaben (vgl Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl 2007, § 29 RdNr 9 ff). Der dadurch gesetzte Rechtsschein allein genügt aber nach der Rechtsprechung des Senats nicht, um das Kontoguthaben zu Lasten des Klägers als ein die Bedürftigkeit ausschließendes Vermögen zu behandeln. Denn bei der Bedürftigkeitsprüfung ist nur Vermögen zu berücksichtigen, das dem Arbeitslosen nicht nur dem äußeren Schein nach, sondern auch nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts als ihm gehörend zuzuordnen ist.
- 15
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Diesen Grundsatz hat der Senat mit Urteil vom 24.5.2006 ( B 11a AL 7/05 R , BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4) anhand der behaupteten stillen Zession des Anspruchs auf ein Sparguthaben herausgearbeitet sowie in einer Parallelentscheidung vom selben Tag für den Fall einer verdeckten Treuhand hinsichtlich eines Sparguthabens ( B 11a AL 49/05 R ). In weiteren Entscheidungen zu angeblich verdeckten Treuhandverhältnissen vom 13.9.2006 ( B 11a AL 13/06 R und B 11a AL 19/06 R ), vom 21.3.2007 (B 11a AL 21/06 R) und vom 28.8.2007 (B 7/7a AL 10/06 R) haben die in Angelegenheiten der Arbeitsförderung zuständigen Senate diese Rechtsprechung fortgeführt und bestätigt. Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung, auch wenn der vom LSG festgestellte Sachverhalt einer verdeckten Überlassung der Verfügung über ein Bankkonto ("Kontenüberlassung") teilweise anders gelagert ist als die Tatbestände, mit denen sich das BSG bereits befasst hat. Denn entscheidend ist, dass der durch die Vorinstanz festgestellte Sachverhalt eine mit dem äußeren Anschein übereinstimmende rechtliche Zuordnung des Vermögens ausschließt.
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a) Hiernach hat der Kläger das Konto zwar ursprünglich zur Erlangung einer Werbeprämie (Gutschrift von Aktien) eigennützig eingerichtet, aber dann nicht mehr selbst verwendet, sondern intern seinem Vater für Bankgeschäfte auf dessen eigene Rechnung überlassen. Für das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Vater ist insoweit auf eine Rechtsbeziehung zu schließen, die im Hinblick auf die Frage der Vermögenszuordnung nicht anders zu behandeln ist als eine verdeckte Treuhand. Da es keinen gesetzlich typisierten Treuhandvertrag gibt, richten sich die Rechtsbeziehungen innerhalb eines als Treuhand bezeichneten Vertragsverhältnisses nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach den jeweiligen Absprachen (vgl BGH WM 1969, 935). Gemeinsames Merkmal rechtsgeschäftlicher Treuhandverhältnisse ist aber jedenfalls, dass dem Treuhänder nach außen hin eine Rechtsmacht eingeräumt ist, in deren Ausübung er im Innenverhältnis zum Treugeber als dem wirtschaftlichen Eigentümer durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist (vgl BGHZ 157, 178; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl 2010, § 903 RdNr 33; Palandt/Ellenberger, aaO, Überblick vor § 104 RdNr 25).
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Von einer damit wenigstens vergleichbaren rechtlichen Konstellation ist auch nach den insoweit von der Beklagten nicht angegriffenen und demgemäß bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG auszugehen. Danach sind sich der Kläger und sein Vater stillschweigend darüber einig gewesen, dass der Kläger ungeachtet der Rechtsmacht, die er im Verhältnis zur Bank aufgrund seiner Stellung als deren Vertragspartner sowie formaler Kontoinhaber und Gläubiger von Guthaben inne hatte, nicht zu eigennützigen Verfügungen über das auf Rechnung des Vaters angelegte Geld befugt war. Das gilt insbesondere für die Zahlungen der Großmutter des Klägers und des Käufers einer Küchenzeile, ohne die sich gar kein den Freibetrag übersteigendes Guthaben ergeben hätte. Denn dabei handelte es sich um Leistungen, mit denen diese Personen bewusst und zielgerichtet das Vermögen des Vaters mehren wollten, so dass sich der außerhalb dieser Leistungsbeziehungen stehende Kläger ohne rechtlichen Grund bereichert hätte (§ 812 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch
) , falls er unter Ausnutzung der ihm als Kontoinhaber im Außenverhältnis zur Bank zukommenden Rechtsstellung auf eigene Rechnung über die seinem Vater zugedachten Geldbeträge verfügt hätte.
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b) Das LSG durfte sich auf der Grundlage erschöpfender Ermittlungen rechtsfehlerfrei auch davon überzeugen, es sei nicht nachgewiesen, das am 23.7.2003 und in der Folgezeit auf dem Konto bei der C-Bank vorhandene Vermögen sei dem Kläger zuzuordnen. Im Rahmen der Amtsermittlung (§ 103 SGG) hat es - was von der Beklagten nicht beanstandet wird - alle verfügbaren Erkenntnisquellen durch Einholung von Auskünften und Befragung von Zeugen ausgeschöpft, um die nötigen Feststellungen treffen zu können, und entsprechend dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) alle Besonderheiten des konkreten Falles in tatsächlicher Hinsicht erfasst und gewürdigt. Die Beklagte rügt (zu Recht) weder die Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 117 SGG ) durch die ergänzende Übernahme von Ergebnissen der erstinstanzlichen Ermittlungen (zu den Grenzen vgl BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 7; BSG Urteil vom 8.9.2010 - B 11 AL 4/09 R) noch die Überschreitung der Grenzen der freien Beweiswürdigung durch einen Verstoß gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze (hierzu BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 8; BSGE 95, 244, 254 = SozR 4-3100 § 1a Nr 1, jeweils RdNr 53 f).
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Soweit die Beklagte demgegenüber eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung ausdrücklich damit rügt, dass nach Ausschöpfung aller Beweismittel beim LSG Restzweifel verblieben seien, die nicht zu ihren Lasten gehen könnten, macht sie inhaltlich keinen Verfahrensmangel geltend. Denn die Revision beanstandet der Sache nach gar nicht, dass sich das LSG keine tatsächliche Überzeugung vom Vorhandensein eines die Bedürftigkeit ausschließenden Vermögens des Klägers bilden konnte. Die Rüge der Beklagten beschränkt sich im Kern vielmehr darauf, dass "letzte Zweifel an der Zuordnung des Geldes" das LSG nicht zu einer Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zu ihren Gunsten veranlasst haben. Dieser Angriff betrifft indessen keinen Fehler bei der Beweiswürdigung, sondern die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Entscheidung aufgrund der objektiven Beweislast (Feststellungslast).
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Die Grundsätze der objektiven Beweislast (Feststellungslast) greifen ein, wenn der Tatrichter keine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen und entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung gewinnen kann ("non liquet"), und sie bestimmen, zu wessen Lasten diese Unaufklärbarkeit geht (vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7). Die objektive Beweislast kennzeichnet mit anderen Worten das Risiko, wegen der Nichterweislichkeit rechtlich erheblicher Tatsachen im Prozess zu unterliegen. Welchen Beteiligten dieses Risiko trifft, ist grundsätzlich eine Frage des materiellen Rechts, weil sich die Beweislastverteilung nach dem Regelungsgefüge der jeweils maßgebenden Norm richtet (vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Art 19 Abs 4 RdNr 228, Stand 2003; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 103 RdNr 19a jeweils mwN). Eine Entscheidung nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast darf allerdings - wie ausgeführt - erst getroffen werden, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und sich das Gericht dennoch keine Überzeugung in der einen oder anderen Richtung bilden konnte. Im sozialgerichtlichen Verfahren stellt sich die Frage der Beweislastverteilung daher nur, wenn es dem Tatrichter trotz Erfüllung seiner insbesondere durch § 103 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG begründeten Pflicht zur eingehenden Erforschung des Sachverhalts und zur sorgfältigen Würdigung der erhobenen Beweise nicht gelungen ist, eine in tatsächlicher Hinsicht bestehende Ungewissheit zu beseitigen(stRspr, vgl zB BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7 mwN; BSGE 96, 238, 245 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 8.9.2010, B 11 AL 4/09 R).
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Beweismaßstab ist im sozialgerichtlichen Verfahren insoweit grundsätzlich der Vollbeweis. Das Gericht muss sich die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Die Maßstäbe der Wahrscheinlichkeit und Glaubhaftmachung reichen nicht aus (vgl BSG SozR 3-3900 § 15 Nr 4). Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Übertragen auf den vorliegenden Fall hindern deshalb auch die vom LSG parallel zur Überzeugung des fehlenden Nachweises der mangelnden Bedürftigkeit des Klägers geäußerten letzten Zweifel an der Zuordnung des Geldes den Vollbeweis nicht. Es steht daher mit der nötigen wie auch ausreichenden Gewissheit fest, dass die maßgeblichen aus Überweisungen zugunsten des Vaters stammenden Gelder auf dem Konto der C-Bank nicht dem Vermögen des Klägers zuzurechnen sind. Ist somit bereits nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Vollbeweis erbracht, lösen die erwähnten Restzweifel entgegen der Auffassung der Revision keine Entscheidung nach der objektiven Beweislast und erst recht keine Beweislastumkehr aus.
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Selbst wenn indes mit der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht von einem "non liquet" ausgegangen würde, ergäbe sich hieraus keine Entscheidung zu ihren Gunsten. Im Rahmen der Rücknahme einer Leistungsbewilligung obliegt grundsätzlich der Beklagten die objektive Beweislast für das Vorhandensein der Rücknahmevoraussetzungen, hier mithin für die Rechtswidrigkeit der Bewilligung, konkret für das Fehlen der Bedürftigkeit als Voraussetzung des Alhi-Anspruchs (vgl zur Beweislast bei Aufhebung von Bewilligungsentscheidungen zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 8.9.2010, B 11 AL 4/09 R). Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate haben allerdings ausgesprochen, dass unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Beweisnähe des Arbeitslosen eine Umkehr der Beweislast gerechtfertigt sein kann, wenn in seiner Sphäre wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind (BSGE 96, 238, 245 f = SozR 4-4220 § 6 Nr 4; BSG Urteil vom 24.5.2006, B 11a AL 49/05 R; BSG Urteile vom 13.9.2006, B 11a AL 13/06 R und B 11a AL 19/06 R; BSG Urteil vom 21.3.2007, B 11a AL 21/06 R; BSG Urteil vom 28.8.2007, B 7a AL 10/06 R). Das bedeutet aber keineswegs eine Beweislastumkehr stets und in allen Fällen, in denen nicht zweifelsfrei geklärte Tatsachen die persönliche Sphäre des Arbeitslosen betreffen. Die Grundsätze der Beweislastumkehr können jedoch dann eingreifen, wenn es um in der Sphäre des Arbeitslosen liegende Tatsachen geht, die die Beklagte in Ermangelung entsprechender Angaben des Arbeitslosen nicht kennt und nicht kennen muss (vgl BSG SozR 4-1500 § 128 Nr 5 RdNr 17 unter Hinweis auf BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7). Auf dieser Linie liegt es, dass das BSG im Urteil vom 24.5.2006 und in den nachfolgenden Entscheidungen (aaO) als Beispiele für eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe, die eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen kann, Verhaltensweisen des Arbeitslosen genannt hat, welche zu einer Erschwerung oder Verhinderung der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen führen. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten des Klägers sind nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht behauptet. Insoweit bedarf hier keiner näheren Vertiefung, dass - wie bereits vom LSG ausgeführt - der Kläger selbst beim Antrag auf Alhi angegeben hat, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben.
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2. Sind damit die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Alhi nicht gegeben, ist zugleich die Rücknahmeentscheidung hinsichtlich der Bewilligung des Uhg hinfällig. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Bewilligung des Uhg nach Maßgabe der §§ 153 ff SGB III idF des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) überhaupt von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängig war (vgl § 158 Abs 1 Satz 2 SGB III) oder nach Wiederaufnahme der Umschulung zum 1.9.2003 wegen der Klammerwirkung der zum 21.7.2003 abgebrochenen Weiterbildung und des dann entscheidenden Vorbezugs von Alg das Uhg nach dieser Leistung (vgl § 158 Abs 1 Satz 1 SGB III) zu bemessen war (hierzu BSG SozR 4-4300 § 158 Nr 3, BSG SozR 4-4300 § 158 Nr 4).
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Feststellung von Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung.
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Der 1941 geborene Kläger war von November 1963 bis April 1968 als Zugschaffner und Zugfertigsteller bei der Deutschen Reichsbahn am Bahnhof G. beschäftigt. In den Jahren 1966 bis 1968 wurde er nach den Feststellungen des LSG durch Mitarbeiter der Staatssicherheit bedroht und unter Druck gesetzt und als inoffizieller Mitarbeiter geworben. Im April 1968 löste der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit dem Bahnhof G. Danach war er als Reinigungsmüller bei den M., anschließend als Koch und Küchenleiter zunächst im R.-Heim und nach dortigen Verwerfungen ab 1976 im N. Krankenhaus in G. tätig.
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Seit 1976 befand sich der Kläger nach seinen Angaben in nervenärztlicher Behandlung. In den Sozialversicherungsausweisen sind seit dieser Zeit Psychosen, Neurosen und paranoide Zustände dokumentiert. Seit 1980 bezog der Kläger eine Invalidenrente, seit 1992 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1.1.1991 erkannte das Land Brandenburg - Landesversorgungsamt - bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 80 wegen psychovegetativer Störungen an und stellte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "B" fest (Bescheide vom 11.7.1995 und 7.9.1995). Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg hat nach dem Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG) später festgestellt, dass der Kläger durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt war, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren; diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Kläger Verfolgter iS des § 1 Abs 1 Nr 3 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) ist. Als berufliche Verfolgungszeit wurde der Zeitraum von 1968 bis 1990 angegeben (Bescheid vom 23.11.1999). Den Antrag des Klägers auf "Entschädigung aufgrund staatlicher Willkür aus der DDR-Zeit" nach dem VwRehaG lehnte das beklagte Land hingegen ua nach Einholung eines nervenärztlichen Kausalitätsgutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmediziner Dr. T. vom 29.5.2000 ab, nachdem dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass die bei dem Kläger vorliegende schwere Zwangsneurose nicht ursächlich auf Verfolgungsmaßnahmen in den Jahren 1966 bis 1968 zurückgeführt werden könne (Bescheid vom 22.6.2000). Das Widerspruchsverfahren wurde auf Wunsch des Klägers vorläufig eingestellt (Schreiben vom 25.8.2000). Im Februar 2005 beantragte der Kläger erfolglos die Überprüfung seiner Versorgungsleistungen nach dem VwRehaG (Bescheid vom 1.7.2005; Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005).
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Das SG hat im anschließenden Klageverfahren auf Antrag des Klägers ein Gutachten bei dem Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten Tr. eingeholt. Dieser hat nach ambulanten Untersuchungen des Klägers eine gemischte Angst-Zwangsstörung diagnostiziert, die chronifiziert und mit Wahrscheinlichkeit durch Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit in der - vom Sachverständigen angenommenen - Verfolgungszeit von 1968 bis 1990 hervorgerufen worden sei. Der Grad der schädigungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 70 vH. Das SG hat weiter Beweis erhoben ua durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. G. Dieser ist nach ambulanter Untersuchung zur Einschätzung gelangt, bei dem Kläger liege ua eine chronifizierte schwere Zwangsstörung mit Begleitphänomenen vor. Die Zwangsstörung weise entstehungsmäßig neben neurologisch relevanten Belastungsfaktoren insbesondere psychosoziale Belastungsfaktoren auf, nämlich Belastungen in Kindheit und Jugend (ua Vergewaltigung der Mutter im Krieg, Verachtung durch den Vater, Schläge durch den Bruder), die von April 1966 bis Juni 1968 erlittenen Verfolgungsmaßnahmen (ua mit der Drohung von Verfehlungen am Arbeitsplatz und Unterstellung von Straftaten) und die Vorkommnisse bei seinem späteren Arbeitgeber im R. Heim (ua Vorwurf der Gefährdung einer ordnungsgemäßen Essensversorgung der Heimbewohner). Diese psychosozial relevanten Belastungsfaktoren, die wesentlich für die Entstehung und Aufrechterhaltung der schweren Zwangsstörung des Klägers seien, seien von ihrer Bedeutung her etwa gleichwertig. Eine etwaig genauere und prozentuale Aussage sei nicht möglich. Wollte man die Kausalität bejahen, läge bei dem Kläger seit Oktober 1998 ein schädigungsbedingter Grad einer MdE von 70 vH vor. Das SG hat die Klage hierauf abgewiesen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die von dem Kläger geltend gemachte Angst- und Zwangsstörung Folge der rechtsstaatswidrigen Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit der ehemaligen DDR sei (Urteil vom 13.1.2009).
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Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Feststellung einer Schädigungsfolge und Versorgungsleistungen, auch wenn ein schädigendes Ereignis iS von § 1 VwRehaG für die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 vorliege. Die im Kern von allen Gutachtern gestellte Diagnose einer chronifizierten schweren Zwangsstörung sei nicht wesentlich ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen. Das in Bezug auf den richtigen Verfolgungszeitraum allein nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. G.
komme zu dem Ergebnis, dass die Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen auf drei gleichwertigen Ursachen beruhe. Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des BSG bedeute dies, dass die streitigen Verfolgungsmaßnahmen innerhalb des Ursachenkomplexes mit ca einem Drittel eine untergeordnete Rolle einnehmen. Die Rechtsprechung des 2. Senats des BSG, nach der auch eine rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache rechtlich wesentlich sein könne, komme im Versorgungsrecht nicht zum Tragen (Urteil vom 22.11.2012).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung der Kausalitätsnorm der (Theorie der) wesentlichen Bedingung und der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Das Berufungsgericht habe gegen Denkgesetze verstoßen, indem es aus drei nebeneinander bestehenden Einzelursachen geschlossen habe, dass keine dieser Ursachen wesentlich sein könne. Das LSG habe zudem Beweisanträge übergangen und das Fragerecht aus § 116 S 2 SGG verletzt.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 13. Januar 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 22. Juni 2000 sowie vom 1. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz eine Angst- und Zwangsstörung als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger ab dem 1. Oktober 1998 eine Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit/einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 vH zu gewähren,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Klage ist zwar zulässig (dazu 1.) Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenversorgung (dazu 2.). Insbesondere ist das LSG bei der Prüfung des Anspruchs von einem zutreffenden rechtlichen Prüfmaßstab der Kausalität ausgegangen (dazu 3.).
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1. Statthafte Klage ist die zutreffend vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 16 Abs 2 VwRehaG) erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 5 SGG; vgl BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 31). Gegenstand des Rechtsstreits ist die Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 22.6.2000, 1.7.2005 und 28.9.2005, die Anerkennung von Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenversorgung. Zu Recht ist das LSG deshalb auch nicht von einem auf Rücknahme des Bescheides vom 22.6.2000 gerichteten Überprüfungsbegehren iS des § 44 SGB X ausgegangen, auch wenn der Bescheid vom 1.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2005 diese Rechtsgrundlage benennt. Wenn Unanfechtbarkeit noch nicht eingetreten ist, wird das Verfahren nach § 44 SGB X im Regelfall nicht benötigt(BSG SozR 4-4300 § 330 Nr 2 Juris RdNr 17; BVerwGE 115, 302; hierzu Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2014, K § 44 RdNr 51). So verhält es sich hier. Denn in der Sache war der Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005 auf den noch ausstehenden Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.6.2000 gerichtet (vgl § 78 SGG).
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2. Die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge sowie auf Gewährung einer Versorgung allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 3 VwRehaG liegen nicht vollständig vor. Nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Maßnahme nach § 1 VwRehaG eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung auf Grund des BVG oder auf Grund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 3 Abs 1 S 2 VwRehaG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 3 Abs 5 S 1 RehaG).
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a) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist eine von mehreren Folgemaßnahmen im Rahmen der SED-Unrechtsbereinigung. Das VwRehaG ist zum 1.7.1994 zusammen mit dem BerRehaG als Art 1 und 2 des Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23.6.1994 (BGBl I 1311) mit dem Ziel eingeführt worden, neben der strafrechtlichen Rehabilitierung durch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), welches bereits Gegenstand des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 29.10.1992 (BGBl I 1814) war, eine Rehabilitierung durch Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen zu ermöglichen. Dementsprechend ist eine hoheitliche Maßnahme einer deutschen behördlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalls in dem in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8.5.1945 bis zum 2.10.1990 (Verwaltungsentscheidung), die zu einer gesundheitlichen Schädigung (§ 3), einem Eingriff in Vermögenswerte (§ 7) oder einer beruflichen Benachteiligung (§ 8) geführt hat, auf Antrag aufzuheben, soweit sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar ist und ihre Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken (§ 1 Abs 1 S 1 VwRehaG). Für eine hoheitliche Maßnahme, die nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend. An die Stelle der Aufhebung der Maßnahme tritt die Feststellung ihrer Rechtsstaatswidrigkeit (§ 1 Abs 5 S 1 und 2 VwRehaG). Die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit einer Maßnahme nach § 1 begründet Ansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes(§ 2 Abs 1 VwRehaG). Die Rehabilitierungsentscheidung ist danach von der Entscheidung über die - hier streitgegenständlichen - Folgeansprüche zu unterscheiden. Die Entscheidung über die Rehabilitierung obliegt der Rehabilitierungsbehörde (§ 12 VwRehaG), diejenige über den Ausgleich fortwirkender Folgen (vgl § 2 Abs 1 VwRehaG) je nach der Art des Primärschadens - wie hier bei Gesundheitsschädigung - der Versorgungsverwaltung (§ 12 Abs 4 VwRehaG), der nach dem Vermögensgesetz zuständigen Behörde bei Eingriffen in Vermögenswerte (§ 7 VwRehaG iVm dem Vermögensgesetz) und verschiedenen Sozialleistungsträgern bei beruflicher Benachteiligung (§ 8 VwRehaG iVm § 1 Abs 1 Nr 3 BerRehaG).
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b) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist nicht wegen konkurrierender Sozialleistungen ausgeschlossen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)kann davon ausgegangen werden, dass anderweitige Versorgungsleistungen, die den Anspruch nach § 3 Abs 1 S 2 VwRehaG ausschließen, nicht bezogen werden.
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c) Der Kläger ist Betroffener iS von § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG. Er gehört zu dem nach § 1 VwRehaG berechtigten Personenkreis. Der Kläger war durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren. Diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Die entsprechenden Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde im Bescheid vom 23.11.1999 sind für die nachgeschalteten Fachbehörden bindend (§ 12 Abs 1 S 3 VwRehaG; zur fehlenden Verbindlichkeit von Tatsachenfeststellungen der Behörden der ehemaligen DDR vgl BVerfG Beschluss vom 24.9.2014 - 2 BvR 2782/10). Dies betrifft zum einen die genaue Bezeichnung der hoheitlichen Maßnahme, die den Anknüpfungspunkt für mögliche Folgeansprüche bildet. Und es betrifft zum anderen die Qualifizierung dieser Maßnahme als rechtsstaatswidrig. Jedenfalls bei Eingriffen in das Rechtsgut Gesundheit hat die Rehabilitierungsbehörde sich jedoch im Übrigen auf eine bloße Schlüssigkeitsprüfung zu beschränken. Die gilt insoweit - anders als beim Rechtsgut Beruf - auch für die Bestimmung der Verfolgungszeit (BVerwGE 119, 102 Juris RdNr 10 ff). Nach dem beschriebenen zweistufigen Prüfsystem entfaltet der Rehabilitierungsbescheid deshalb lediglich eine auf die Verfügungssätze beschränkte Tatbestandswirkung (hierzu allgemein Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, vor § 39 RdNr 4 ff). Hiervon hat sich das LSG in der Sache leiten lassen und die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale im Übrigen einer eigenständigen Prüfung unterzogen. Nach den bindenden - mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen - Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) steht danach fest, dass sich die Dauer der Verfolgungszeit im Hinblick auf das Rechtsgut Gesundheit entgegen den berufsbezogenen Ausführungen im Rehabilitierungsbescheid auf die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 beschränkte.
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d) Der Kläger leidet auch an einer gesundheitlichen Störung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Tatsacheninstanzen besteht kein Zweifel, dass der Kläger an einer chronifizierten schweren Zwangsstörung leidet, auch wenn das LSG insoweit von einer exakten Klassifizierung nach ICD 10 abgesehen hat (ggf F42; zur Notwendigkeit einer solchen Feststellung im Unfallversicherungsrecht vgl BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Das LSG hat auch keine klare Differenzierung nach Primär- und Folgeschaden getroffen, sondern insoweit einheitlich auf den Beginn der nervenärztlichen Behandlung des Klägers im Jahr 1976 abgestellt. Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da es jedenfalls am nötigen Zurechnungszusammenhang fehlt (dazu sogleich unter 3.).
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3. Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass sich der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis der Verfolgung und der gesundheitlichen Erstschädigung (haftungsbegründende Kausalität) bzw den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen (haftungsausfüllende Kausalität; § 3 Abs 5 S 1 VwRehaG) nicht herstellen lässt. Das LSG hat die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität über den Bedingungszusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne hinaus zutreffend an der Theorie der wesentlichen Bedingung orientiert und frei von Rechtsfehlern verneint. Wie sonst im sozialen Entschädigungsrecht (vgl zB parallel § 1 Abs 1 StrRehaG, § 4 Abs 1 S 1 HHG, § 1 Abs 1 S 1 OEG) gilt trotz des Verweises auf das BVG nur wegen der Folgen der Schädigung (§ 3 Abs 1 S 1 VwRehaG) gleichwohl die Kausalnorm der wesentlichen Bedingung (BT-Drucks 12/4994 S 32 zu § 3; vgl Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, VwRehaG, §§ 1 bis 18 RdNr 9; allgemein BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9).
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a) Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs hat das LSG der versorgungsrechtlich relevanten Teilursache der Verfolgungsmaßnahmen mit etwa einem Drittel rechtsfehlerfrei eine untergeordnete und für den Ursachenzusammenhang unwesentliche Bedeutung beigemessen, in dem es die Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung in der spezifisch versorgungsrechtlichen Ausprägung zugrunde gelegt hat wie sie im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA - AN 1912, 930) in ständiger Rechtsprechung seit BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 durch den 9. Senat vertreten wird (zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in ihrer am 1.10.1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1.1.2009 durch die Anlage zu § 2 VersMedV vom 10.12.2008 inhaltgleich ersetzt worden ist (Teil C Nr 1 b der Anl zu § 2 VersMedV; vgl BR-Drucks 767/1/08 S 3, 4).
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Danach gilt als Ursache im Rechtssinn nicht jede Bedingung, gleichgültig mit welcher Intensität sie zum Erfolg beigetragen hat und in welchem Zusammenhang sie dazu steht. Als Ursachen sind vielmehr nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Das ist der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges als annähernd gleichwertig anzusehen sind. Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl zB BSG SozR Nr 23 zu § 30 BVG Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 20.7.2005 - B 9a V 1/05 R RdNr 38). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen (vgl in diesem Zusammenhang insbesondere BSGE 16, 216, 218 = SozR Nr 58 zu § 1 BVG). Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 = SozR BVG § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 Juris RdNr 32).
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b) Das LSG hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Anschluss an das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. G. unangegriffen und verbindlich festgestellt, dass - ohne abgrenzbare Vorschäden oder Verschlimmerungsanteile - für die Entstehung wie Aufrechterhaltung der Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen drei Ursachen gleichermaßen in Betracht kommen: Belastungen in Kindheit und Jugend, die streitgegenständlichen Verfolgungsmaßnahmen zwischen 1966 und 1968 und die Vorkommnisse im R.-Heim. Durchgreifende Verfahrensrügen hat der Kläger hiergegen nicht erhoben. Die Rüge der unterlassenen Aufklärung (§ 103 SGG) geht fehl. Der beantragten weiteren Beweiserhebung durch Befragung des Sachverständigen Dr. G. zu den Kausalfaktoren aus der Zeit vor der Verfolgung musste das LSG nicht nachkommen, nachdem der Sachverständige die Frage nach dem Ursachenanteil von Kindheit und Jugend bereits eindeutig beantwortet hat. Insbesondere besagen die Ursachen nichts über den Zeitpunkt der Entstehung der streitbefangenen Erkrankung und steht deshalb die Aussage des Gutachters Dr. T. zur Fixierung von Neurosen an unbewusste Konfliktsituationen der Kindheit in keinem noch aufzulösenden Widerspruch zur Aussage des Gutachters Dr. G., dass die Zwangsstörung des Klägers mangels entsprechender Symptomatik vor der Verfolgungszeit nicht bestanden habe (Revisionsbegründung S 18). Objektiv sachdienliche Fragen, deren Beantwortung das LSG entgegen § 116 S 2 SGG unterbunden haben könnte, macht die Revision nicht geltend(vgl BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7 ff im Anschluss an BVerfG NJW 1998, 2273). Hiervon ausgehend hat das LSG frei von Rechtsfehlern im Wege wertender Betrachtung nach der Formel der "annähernden Gleichwertigkeit" eine untergeordnete Bedeutung des schädigenden Ereignisses für die geltend gemachten Schädigungsfolgen angenommen. Die schädigungsunabhängigen Faktoren einer belasteten Kindheit und Jugend sowie die Arbeitssituation im R.-Heim haben danach auch in rechtlicher Hinsicht den überwiegenden Anteil am Eintritt und der Aufrechterhaltung der jetzt festgestellten Angststörung oder anders formuliert letztlich rechtlich überragende Bedeutung. Ein von der Revision behaupteter logisch ungültiger Schluss liegt nicht vor (vgl im Übrigen AHP Nr 70, wonach Erkrankungen mit neurotischen Anteilen - wie hier sachverständigerseits angenommen und vom LSG unangegriffen festgestellt - nur dann mit schädigenden Ereignissen in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn diese in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam waren; zur fortdauernden Gültigkeit der AHP als antizipierte Sachverständigengutachten, auch wenn die Kausalitätsbeurteilungen zu einzelnen Krankheitsbildern in der VersMedV nicht mehr enthalten sind, BR-Drucks 767/1/08 S 4; Rundschreiben des BMAS vom 15.12.2008 - IVc 3-48021 - 6).
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c) Die Revision verweist allerdings mit Recht darauf, dass der im Unfallversicherungsrecht zuständige 2. Senat des BSG für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache "wesentlich" nicht gleichsetzt mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann danach für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15). Diese Rechtsprechung, die ihren Ausgangspunkt ebenfalls in der Rechtsprechung des RVA (AN 1912, 930) und den frühen Entscheidungen des BSG in BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 nimmt, schließt die Wesentlichkeit einer von drei ungefähr gleichwertigen Teilursachen nicht bereits deshalb aus, weil die allein maßgebliche Teilursache nur zu einem Drittel Berücksichtigung finden kann (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO im Anschluss an BSGE 13, 175 = SozR Nr 32 zu § 542 RVO). In die Bewertung einfließen muss vielmehr auch, ob den verbleibenden sozialrechtlich nicht maßgeblichen Teilursachen überragende Bedeutung zukommt. Erst wenn angenommen werden kann, dass diesen eine überragende Bedeutung beizumessen ist, folgt daraus, dass die nicht annähernd gleichwertige sozialrechtlich relevante Teilursache unwesentlich ist. Es werden insoweit wohl etwas niedrigere Anforderungen an die Stärke der Mitwirkung angelegt (vgl Krasney in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 1, Stand Oktober 2013, § 8 RdNr 314; vgl auch Knickrehm, SGb 2010, 381, 384). Der erkennende Senat lässt offen, ob diese etwas andere Ausrichtung im Ansatz bei der nötigen Abwägung im Einzelfall die von der Revision gewünschten Ergebnisse ergäbe. Selbst wenn die behaupteten Unterschiede bestünden, sähe sich der Senat weder veranlasst, mit Blick auf eine etwaig besondere Ausrichtung der Theorie der wesentlichen Bedingung im Unfallversicherungsrecht seine langjährige Rechtsprechung zur "annähernden Gleichwertigkeit" im sozialen Entschädigungsrecht aufzugeben (dazu d) noch bestünde Anlass zu einer Anfrage bei dem mit Unfallversicherungsrecht befassten 2. Senat des BSG (dazu e).
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d) Der 9. Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Theorie der wesentlichen Bedingung unter Beibehaltung des Merkmals der "annähernden Gleichwertigkeit" fest. Die Rechtsprechung des 2. Senats mag Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung Rechnung tragen, die im sozialen Entschädigungsrecht grundsätzlich nicht von Bedeutung sind. In Betracht kommt insoweit insbesondere der Gesichtspunkt, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung seit jeher eine Ersetzung der zivilrechtlichen Haftung durch die Ansprüche der Unfallversicherung stattfindet (vgl §§ 104 f SGB VII; ferner die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO; vgl auch schon § 95 des UVG vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; grundlegend Gitter, Schadensausgleich im Arbeitsunfallrecht, 1969, S 51 ff). Diese Regelung gehört zum Kernbestand der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16)und legt damit auch wesentliche Umfangmerkmale des Schadensausgleichs fest (BSGE 73, 1 = SozR 3-2200 § 571 Nr 2 Juris RdNr 17). Strukturen dieser Art kennzeichnen das soziale Entschädigungsrecht nicht. Im sozialen Entschädigungsrecht, wo in der Regel die Folgen einer einmaligen schädigenden Einwirkung zu beurteilen sind, hat sich die Bestimmung der Wesentlichkeit nach der "annähernden Gleichwertigkeit" bewährt. Dies gilt unabhängig davon, dass in Einzelfällen auch im sozialen Entschädigungsrecht auf Wertungen etwa der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgegriffen wird (vgl im Bereich des SVG bei der Bestimmung unfallunabhängiger Krankheiten BSG Beschluss vom 11.10.1994 - 9 BV 55/94 - HVBG-INFO 1995, 970; hierzu Keller, SGb 2007, 248, 249).
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e) Eine Abweichung iS des § 41 Abs 2 SGG als Voraussetzung einer Anfrage beim 2. Senat bzw Vorlage an den Großen Senat kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um die unterschiedliche Beantwortung derselben Rechtsfrage handelt, auf der die frühere Entscheidung eines anderen Senats beruht, wenn also eine Identität der Rechtsfrage in der zu entscheidenden Sache und der früheren Entscheidung des anderen Senats besteht (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Insoweit entfiele die Vorlage auch nicht für den Fall der vorangehenden Missachtung der Vorlagepflicht durch einen anderen Senat (Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 14 mwN). Die genannte Entscheidung des 2. Senats (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15)ist auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 8 Abs 1 SGB VII) ergangen, während hier die Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG Gegenstand der Entscheidung ist. Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung vom 11.10.1994 (BSGE 75, 180, 182 mwN = SozR 3-3200 § 81 Nr 12) ausgeführt hat, die Grundentscheidungen des sozialen Unfallversicherungsrechts seien auch im Entschädigungsrecht zu beachten, würde damit die Rechtsfrage gleichwohl nicht zu einer solchen auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern beträfe weiterhin die Auslegung von Normen des sozialen Entschädigungsrechts, für die lediglich bestimmte Grundentscheidungen des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen werden (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Der Senat nimmt die Abgrenzung nach Wertungen vor, die sich von den Wertungen des SGB VII unterscheiden. Diese Unterscheidung ist durch das Gesetz und seine unterschiedliche Aufgabenstellung angelegt. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sich der erkennende wie auch Senate anderer Rechtsgebiete für die Ursachenbewertung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Ansatz maßgeblich auf die Rechtsprechung des 2. Senats beziehen (vgl BSG SozR 4-3200 § 81 Nr 5 RdNr 21 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 17 RdNr 21, 22).
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f) Das LSG brauchte deshalb den weiteren Beweisanträgen des Klägers zur bisher noch offengelassenen Brückensymptomatik (Revisionsbegründung S 19, 20; vgl zu Fällen einer möglichen Entbehrlichkeit der Brückensymptomatik BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 10) nicht nachgehen, da es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht mehr ankam (BSG Beschluss vom 31.1.2008 - B 13 R 53/07 B). Auch im Falle der Existenz der behaupteten Brückensymptome würde sich an der Zurechnung nach Maßgabe der aufgezeigten Theorie der wesentlichen Bedingung nichts ändern. Einen hinreichend klaren Beweisantrag zu einem Primärschaden vor 1976 hat der Kläger im Übrigen nicht gestellt.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Feststellung von Schädigungsfolgen und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung.
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Der 1941 geborene Kläger war von November 1963 bis April 1968 als Zugschaffner und Zugfertigsteller bei der Deutschen Reichsbahn am Bahnhof G. beschäftigt. In den Jahren 1966 bis 1968 wurde er nach den Feststellungen des LSG durch Mitarbeiter der Staatssicherheit bedroht und unter Druck gesetzt und als inoffizieller Mitarbeiter geworben. Im April 1968 löste der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit dem Bahnhof G. Danach war er als Reinigungsmüller bei den M., anschließend als Koch und Küchenleiter zunächst im R.-Heim und nach dortigen Verwerfungen ab 1976 im N. Krankenhaus in G. tätig.
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Seit 1976 befand sich der Kläger nach seinen Angaben in nervenärztlicher Behandlung. In den Sozialversicherungsausweisen sind seit dieser Zeit Psychosen, Neurosen und paranoide Zustände dokumentiert. Seit 1980 bezog der Kläger eine Invalidenrente, seit 1992 als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Ab dem 1.1.1991 erkannte das Land Brandenburg - Landesversorgungsamt - bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 80 wegen psychovegetativer Störungen an und stellte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "B" fest (Bescheide vom 11.7.1995 und 7.9.1995). Das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg hat nach dem Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz - VwRehaG) später festgestellt, dass der Kläger durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt war, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren; diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Des Weiteren wurde festgestellt, dass der Kläger Verfolgter iS des § 1 Abs 1 Nr 3 Berufliches Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) ist. Als berufliche Verfolgungszeit wurde der Zeitraum von 1968 bis 1990 angegeben (Bescheid vom 23.11.1999). Den Antrag des Klägers auf "Entschädigung aufgrund staatlicher Willkür aus der DDR-Zeit" nach dem VwRehaG lehnte das beklagte Land hingegen ua nach Einholung eines nervenärztlichen Kausalitätsgutachtens bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmediziner Dr. T. vom 29.5.2000 ab, nachdem dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass die bei dem Kläger vorliegende schwere Zwangsneurose nicht ursächlich auf Verfolgungsmaßnahmen in den Jahren 1966 bis 1968 zurückgeführt werden könne (Bescheid vom 22.6.2000). Das Widerspruchsverfahren wurde auf Wunsch des Klägers vorläufig eingestellt (Schreiben vom 25.8.2000). Im Februar 2005 beantragte der Kläger erfolglos die Überprüfung seiner Versorgungsleistungen nach dem VwRehaG (Bescheid vom 1.7.2005; Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005).
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Das SG hat im anschließenden Klageverfahren auf Antrag des Klägers ein Gutachten bei dem Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten Tr. eingeholt. Dieser hat nach ambulanten Untersuchungen des Klägers eine gemischte Angst-Zwangsstörung diagnostiziert, die chronifiziert und mit Wahrscheinlichkeit durch Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit in der - vom Sachverständigen angenommenen - Verfolgungszeit von 1968 bis 1990 hervorgerufen worden sei. Der Grad der schädigungsbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 70 vH. Das SG hat weiter Beweis erhoben ua durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. G. Dieser ist nach ambulanter Untersuchung zur Einschätzung gelangt, bei dem Kläger liege ua eine chronifizierte schwere Zwangsstörung mit Begleitphänomenen vor. Die Zwangsstörung weise entstehungsmäßig neben neurologisch relevanten Belastungsfaktoren insbesondere psychosoziale Belastungsfaktoren auf, nämlich Belastungen in Kindheit und Jugend (ua Vergewaltigung der Mutter im Krieg, Verachtung durch den Vater, Schläge durch den Bruder), die von April 1966 bis Juni 1968 erlittenen Verfolgungsmaßnahmen (ua mit der Drohung von Verfehlungen am Arbeitsplatz und Unterstellung von Straftaten) und die Vorkommnisse bei seinem späteren Arbeitgeber im R. Heim (ua Vorwurf der Gefährdung einer ordnungsgemäßen Essensversorgung der Heimbewohner). Diese psychosozial relevanten Belastungsfaktoren, die wesentlich für die Entstehung und Aufrechterhaltung der schweren Zwangsstörung des Klägers seien, seien von ihrer Bedeutung her etwa gleichwertig. Eine etwaig genauere und prozentuale Aussage sei nicht möglich. Wollte man die Kausalität bejahen, läge bei dem Kläger seit Oktober 1998 ein schädigungsbedingter Grad einer MdE von 70 vH vor. Das SG hat die Klage hierauf abgewiesen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens stehe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die von dem Kläger geltend gemachte Angst- und Zwangsstörung Folge der rechtsstaatswidrigen Verfolgungsmaßnahmen der Mitarbeiter der Staatssicherheit der ehemaligen DDR sei (Urteil vom 13.1.2009).
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Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Feststellung einer Schädigungsfolge und Versorgungsleistungen, auch wenn ein schädigendes Ereignis iS von § 1 VwRehaG für die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 vorliege. Die im Kern von allen Gutachtern gestellte Diagnose einer chronifizierten schweren Zwangsstörung sei nicht wesentlich ursächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen. Das in Bezug auf den richtigen Verfolgungszeitraum allein nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. G.
komme zu dem Ergebnis, dass die Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen auf drei gleichwertigen Ursachen beruhe. Nach der Rechtsprechung des 9. Senats des BSG bedeute dies, dass die streitigen Verfolgungsmaßnahmen innerhalb des Ursachenkomplexes mit ca einem Drittel eine untergeordnete Rolle einnehmen. Die Rechtsprechung des 2. Senats des BSG, nach der auch eine rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache rechtlich wesentlich sein könne, komme im Versorgungsrecht nicht zum Tragen (Urteil vom 22.11.2012).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung der Kausalitätsnorm der (Theorie der) wesentlichen Bedingung und der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Das Berufungsgericht habe gegen Denkgesetze verstoßen, indem es aus drei nebeneinander bestehenden Einzelursachen geschlossen habe, dass keine dieser Ursachen wesentlich sein könne. Das LSG habe zudem Beweisanträge übergangen und das Fragerecht aus § 116 S 2 SGG verletzt.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 13. Januar 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 22. Juni 2000 sowie vom 1. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz eine Angst- und Zwangsstörung als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger ab dem 1. Oktober 1998 eine Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit/einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 vH zu gewähren,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Klage ist zwar zulässig (dazu 1.) Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten Schädigungsfolgen und Gewährung von Beschädigtenversorgung (dazu 2.). Insbesondere ist das LSG bei der Prüfung des Anspruchs von einem zutreffenden rechtlichen Prüfmaßstab der Kausalität ausgegangen (dazu 3.).
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1. Statthafte Klage ist die zutreffend vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 16 Abs 2 VwRehaG) erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 5 SGG; vgl BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 31). Gegenstand des Rechtsstreits ist die Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 22.6.2000, 1.7.2005 und 28.9.2005, die Anerkennung von Schädigungsfolgen sowie die Gewährung einer Beschädigtenversorgung. Zu Recht ist das LSG deshalb auch nicht von einem auf Rücknahme des Bescheides vom 22.6.2000 gerichteten Überprüfungsbegehren iS des § 44 SGB X ausgegangen, auch wenn der Bescheid vom 1.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2005 diese Rechtsgrundlage benennt. Wenn Unanfechtbarkeit noch nicht eingetreten ist, wird das Verfahren nach § 44 SGB X im Regelfall nicht benötigt(BSG SozR 4-4300 § 330 Nr 2 Juris RdNr 17; BVerwGE 115, 302; hierzu Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2014, K § 44 RdNr 51). So verhält es sich hier. Denn in der Sache war der Widerspruchsbescheid vom 28.9.2005 auf den noch ausstehenden Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.6.2000 gerichtet (vgl § 78 SGG).
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2. Die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung einer Schädigungsfolge sowie auf Gewährung einer Versorgung allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 3 VwRehaG liegen nicht vollständig vor. Nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Maßnahme nach § 1 VwRehaG eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Dies gilt nicht, soweit er wegen desselben schädigenden Ereignisses bereits Versorgung auf Grund des BVG oder auf Grund von Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, erhält (§ 3 Abs 1 S 2 VwRehaG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 3 Abs 5 S 1 RehaG).
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a) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist eine von mehreren Folgemaßnahmen im Rahmen der SED-Unrechtsbereinigung. Das VwRehaG ist zum 1.7.1994 zusammen mit dem BerRehaG als Art 1 und 2 des Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23.6.1994 (BGBl I 1311) mit dem Ziel eingeführt worden, neben der strafrechtlichen Rehabilitierung durch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), welches bereits Gegenstand des Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 29.10.1992 (BGBl I 1814) war, eine Rehabilitierung durch Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen zu ermöglichen. Dementsprechend ist eine hoheitliche Maßnahme einer deutschen behördlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalls in dem in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8.5.1945 bis zum 2.10.1990 (Verwaltungsentscheidung), die zu einer gesundheitlichen Schädigung (§ 3), einem Eingriff in Vermögenswerte (§ 7) oder einer beruflichen Benachteiligung (§ 8) geführt hat, auf Antrag aufzuheben, soweit sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar ist und ihre Folgen noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken (§ 1 Abs 1 S 1 VwRehaG). Für eine hoheitliche Maßnahme, die nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend. An die Stelle der Aufhebung der Maßnahme tritt die Feststellung ihrer Rechtsstaatswidrigkeit (§ 1 Abs 5 S 1 und 2 VwRehaG). Die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit einer Maßnahme nach § 1 begründet Ansprüche nach Maßgabe dieses Gesetzes(§ 2 Abs 1 VwRehaG). Die Rehabilitierungsentscheidung ist danach von der Entscheidung über die - hier streitgegenständlichen - Folgeansprüche zu unterscheiden. Die Entscheidung über die Rehabilitierung obliegt der Rehabilitierungsbehörde (§ 12 VwRehaG), diejenige über den Ausgleich fortwirkender Folgen (vgl § 2 Abs 1 VwRehaG) je nach der Art des Primärschadens - wie hier bei Gesundheitsschädigung - der Versorgungsverwaltung (§ 12 Abs 4 VwRehaG), der nach dem Vermögensgesetz zuständigen Behörde bei Eingriffen in Vermögenswerte (§ 7 VwRehaG iVm dem Vermögensgesetz) und verschiedenen Sozialleistungsträgern bei beruflicher Benachteiligung (§ 8 VwRehaG iVm § 1 Abs 1 Nr 3 BerRehaG).
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b) Der Anspruch nach § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG ist nicht wegen konkurrierender Sozialleistungen ausgeschlossen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)kann davon ausgegangen werden, dass anderweitige Versorgungsleistungen, die den Anspruch nach § 3 Abs 1 S 2 VwRehaG ausschließen, nicht bezogen werden.
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c) Der Kläger ist Betroffener iS von § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG. Er gehört zu dem nach § 1 VwRehaG berechtigten Personenkreis. Der Kläger war durch Mitarbeiter der Staatssicherheit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt, die mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren. Diese Maßnahmen wurden nach § 1 Abs 1 und 5 VwRehaG für rechtsstaatswidrig erklärt. Die entsprechenden Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde im Bescheid vom 23.11.1999 sind für die nachgeschalteten Fachbehörden bindend (§ 12 Abs 1 S 3 VwRehaG; zur fehlenden Verbindlichkeit von Tatsachenfeststellungen der Behörden der ehemaligen DDR vgl BVerfG Beschluss vom 24.9.2014 - 2 BvR 2782/10). Dies betrifft zum einen die genaue Bezeichnung der hoheitlichen Maßnahme, die den Anknüpfungspunkt für mögliche Folgeansprüche bildet. Und es betrifft zum anderen die Qualifizierung dieser Maßnahme als rechtsstaatswidrig. Jedenfalls bei Eingriffen in das Rechtsgut Gesundheit hat die Rehabilitierungsbehörde sich jedoch im Übrigen auf eine bloße Schlüssigkeitsprüfung zu beschränken. Die gilt insoweit - anders als beim Rechtsgut Beruf - auch für die Bestimmung der Verfolgungszeit (BVerwGE 119, 102 Juris RdNr 10 ff). Nach dem beschriebenen zweistufigen Prüfsystem entfaltet der Rehabilitierungsbescheid deshalb lediglich eine auf die Verfügungssätze beschränkte Tatbestandswirkung (hierzu allgemein Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, vor § 39 RdNr 4 ff). Hiervon hat sich das LSG in der Sache leiten lassen und die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale im Übrigen einer eigenständigen Prüfung unterzogen. Nach den bindenden - mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen - Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) steht danach fest, dass sich die Dauer der Verfolgungszeit im Hinblick auf das Rechtsgut Gesundheit entgegen den berufsbezogenen Ausführungen im Rehabilitierungsbescheid auf die Zeit von März 1966 bis Juni 1968 beschränkte.
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d) Der Kläger leidet auch an einer gesundheitlichen Störung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Tatsacheninstanzen besteht kein Zweifel, dass der Kläger an einer chronifizierten schweren Zwangsstörung leidet, auch wenn das LSG insoweit von einer exakten Klassifizierung nach ICD 10 abgesehen hat (ggf F42; zur Notwendigkeit einer solchen Feststellung im Unfallversicherungsrecht vgl BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Das LSG hat auch keine klare Differenzierung nach Primär- und Folgeschaden getroffen, sondern insoweit einheitlich auf den Beginn der nervenärztlichen Behandlung des Klägers im Jahr 1976 abgestellt. Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da es jedenfalls am nötigen Zurechnungszusammenhang fehlt (dazu sogleich unter 3.).
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3. Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass sich der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis der Verfolgung und der gesundheitlichen Erstschädigung (haftungsbegründende Kausalität) bzw den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen (haftungsausfüllende Kausalität; § 3 Abs 5 S 1 VwRehaG) nicht herstellen lässt. Das LSG hat die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität über den Bedingungszusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne hinaus zutreffend an der Theorie der wesentlichen Bedingung orientiert und frei von Rechtsfehlern verneint. Wie sonst im sozialen Entschädigungsrecht (vgl zB parallel § 1 Abs 1 StrRehaG, § 4 Abs 1 S 1 HHG, § 1 Abs 1 S 1 OEG) gilt trotz des Verweises auf das BVG nur wegen der Folgen der Schädigung (§ 3 Abs 1 S 1 VwRehaG) gleichwohl die Kausalnorm der wesentlichen Bedingung (BT-Drucks 12/4994 S 32 zu § 3; vgl Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, VwRehaG, §§ 1 bis 18 RdNr 9; allgemein BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9).
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a) Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs hat das LSG der versorgungsrechtlich relevanten Teilursache der Verfolgungsmaßnahmen mit etwa einem Drittel rechtsfehlerfrei eine untergeordnete und für den Ursachenzusammenhang unwesentliche Bedeutung beigemessen, in dem es die Kausalitätsnorm der wesentlichen Bedingung in der spezifisch versorgungsrechtlichen Ausprägung zugrunde gelegt hat wie sie im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (RVA - AN 1912, 930) in ständiger Rechtsprechung seit BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 durch den 9. Senat vertreten wird (zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in ihrer am 1.10.1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend - seit Juli 2004 - den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1.1.2009 durch die Anlage zu § 2 VersMedV vom 10.12.2008 inhaltgleich ersetzt worden ist (Teil C Nr 1 b der Anl zu § 2 VersMedV; vgl BR-Drucks 767/1/08 S 3, 4).
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Danach gilt als Ursache im Rechtssinn nicht jede Bedingung, gleichgültig mit welcher Intensität sie zum Erfolg beigetragen hat und in welchem Zusammenhang sie dazu steht. Als Ursachen sind vielmehr nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Das ist der Fall, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges als annähernd gleichwertig anzusehen sind. Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen (vgl zB BSG SozR Nr 23 zu § 30 BVG Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 20.7.2005 - B 9a V 1/05 R RdNr 38). Im Einzelnen bedarf es dazu der wertenden Abwägung der in Betracht kommenden Bedingungen (vgl in diesem Zusammenhang insbesondere BSGE 16, 216, 218 = SozR Nr 58 zu § 1 BVG). Im Einzelfall muss die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinne als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (BSGE 1, 72 = SozR BVG § 1 Nr 1; BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 9 V 5/00 R - BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 Juris RdNr 32).
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b) Das LSG hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Anschluss an das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. G. unangegriffen und verbindlich festgestellt, dass - ohne abgrenzbare Vorschäden oder Verschlimmerungsanteile - für die Entstehung wie Aufrechterhaltung der Zwangsstörung des Klägers im Wesentlichen drei Ursachen gleichermaßen in Betracht kommen: Belastungen in Kindheit und Jugend, die streitgegenständlichen Verfolgungsmaßnahmen zwischen 1966 und 1968 und die Vorkommnisse im R.-Heim. Durchgreifende Verfahrensrügen hat der Kläger hiergegen nicht erhoben. Die Rüge der unterlassenen Aufklärung (§ 103 SGG) geht fehl. Der beantragten weiteren Beweiserhebung durch Befragung des Sachverständigen Dr. G. zu den Kausalfaktoren aus der Zeit vor der Verfolgung musste das LSG nicht nachkommen, nachdem der Sachverständige die Frage nach dem Ursachenanteil von Kindheit und Jugend bereits eindeutig beantwortet hat. Insbesondere besagen die Ursachen nichts über den Zeitpunkt der Entstehung der streitbefangenen Erkrankung und steht deshalb die Aussage des Gutachters Dr. T. zur Fixierung von Neurosen an unbewusste Konfliktsituationen der Kindheit in keinem noch aufzulösenden Widerspruch zur Aussage des Gutachters Dr. G., dass die Zwangsstörung des Klägers mangels entsprechender Symptomatik vor der Verfolgungszeit nicht bestanden habe (Revisionsbegründung S 18). Objektiv sachdienliche Fragen, deren Beantwortung das LSG entgegen § 116 S 2 SGG unterbunden haben könnte, macht die Revision nicht geltend(vgl BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7 ff im Anschluss an BVerfG NJW 1998, 2273). Hiervon ausgehend hat das LSG frei von Rechtsfehlern im Wege wertender Betrachtung nach der Formel der "annähernden Gleichwertigkeit" eine untergeordnete Bedeutung des schädigenden Ereignisses für die geltend gemachten Schädigungsfolgen angenommen. Die schädigungsunabhängigen Faktoren einer belasteten Kindheit und Jugend sowie die Arbeitssituation im R.-Heim haben danach auch in rechtlicher Hinsicht den überwiegenden Anteil am Eintritt und der Aufrechterhaltung der jetzt festgestellten Angststörung oder anders formuliert letztlich rechtlich überragende Bedeutung. Ein von der Revision behaupteter logisch ungültiger Schluss liegt nicht vor (vgl im Übrigen AHP Nr 70, wonach Erkrankungen mit neurotischen Anteilen - wie hier sachverständigerseits angenommen und vom LSG unangegriffen festgestellt - nur dann mit schädigenden Ereignissen in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn diese in früher Kindheit über längere Zeit und in erheblichem Umfang wirksam waren; zur fortdauernden Gültigkeit der AHP als antizipierte Sachverständigengutachten, auch wenn die Kausalitätsbeurteilungen zu einzelnen Krankheitsbildern in der VersMedV nicht mehr enthalten sind, BR-Drucks 767/1/08 S 4; Rundschreiben des BMAS vom 15.12.2008 - IVc 3-48021 - 6).
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c) Die Revision verweist allerdings mit Recht darauf, dass der im Unfallversicherungsrecht zuständige 2. Senat des BSG für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache "wesentlich" nicht gleichsetzt mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann danach für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15). Diese Rechtsprechung, die ihren Ausgangspunkt ebenfalls in der Rechtsprechung des RVA (AN 1912, 930) und den frühen Entscheidungen des BSG in BSGE 1, 72 und BSGE 1, 150 nimmt, schließt die Wesentlichkeit einer von drei ungefähr gleichwertigen Teilursachen nicht bereits deshalb aus, weil die allein maßgebliche Teilursache nur zu einem Drittel Berücksichtigung finden kann (vgl BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO im Anschluss an BSGE 13, 175 = SozR Nr 32 zu § 542 RVO). In die Bewertung einfließen muss vielmehr auch, ob den verbleibenden sozialrechtlich nicht maßgeblichen Teilursachen überragende Bedeutung zukommt. Erst wenn angenommen werden kann, dass diesen eine überragende Bedeutung beizumessen ist, folgt daraus, dass die nicht annähernd gleichwertige sozialrechtlich relevante Teilursache unwesentlich ist. Es werden insoweit wohl etwas niedrigere Anforderungen an die Stärke der Mitwirkung angelegt (vgl Krasney in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd 1, Stand Oktober 2013, § 8 RdNr 314; vgl auch Knickrehm, SGb 2010, 381, 384). Der erkennende Senat lässt offen, ob diese etwas andere Ausrichtung im Ansatz bei der nötigen Abwägung im Einzelfall die von der Revision gewünschten Ergebnisse ergäbe. Selbst wenn die behaupteten Unterschiede bestünden, sähe sich der Senat weder veranlasst, mit Blick auf eine etwaig besondere Ausrichtung der Theorie der wesentlichen Bedingung im Unfallversicherungsrecht seine langjährige Rechtsprechung zur "annähernden Gleichwertigkeit" im sozialen Entschädigungsrecht aufzugeben (dazu d) noch bestünde Anlass zu einer Anfrage bei dem mit Unfallversicherungsrecht befassten 2. Senat des BSG (dazu e).
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d) Der 9. Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Theorie der wesentlichen Bedingung unter Beibehaltung des Merkmals der "annähernden Gleichwertigkeit" fest. Die Rechtsprechung des 2. Senats mag Besonderheiten der gesetzlichen Unfallversicherung Rechnung tragen, die im sozialen Entschädigungsrecht grundsätzlich nicht von Bedeutung sind. In Betracht kommt insoweit insbesondere der Gesichtspunkt, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung seit jeher eine Ersetzung der zivilrechtlichen Haftung durch die Ansprüche der Unfallversicherung stattfindet (vgl §§ 104 f SGB VII; ferner die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO; vgl auch schon § 95 des UVG vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; grundlegend Gitter, Schadensausgleich im Arbeitsunfallrecht, 1969, S 51 ff). Diese Regelung gehört zum Kernbestand der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl BSG Urteil vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16)und legt damit auch wesentliche Umfangmerkmale des Schadensausgleichs fest (BSGE 73, 1 = SozR 3-2200 § 571 Nr 2 Juris RdNr 17). Strukturen dieser Art kennzeichnen das soziale Entschädigungsrecht nicht. Im sozialen Entschädigungsrecht, wo in der Regel die Folgen einer einmaligen schädigenden Einwirkung zu beurteilen sind, hat sich die Bestimmung der Wesentlichkeit nach der "annähernden Gleichwertigkeit" bewährt. Dies gilt unabhängig davon, dass in Einzelfällen auch im sozialen Entschädigungsrecht auf Wertungen etwa der gesetzlichen Unfallversicherung zurückgegriffen wird (vgl im Bereich des SVG bei der Bestimmung unfallunabhängiger Krankheiten BSG Beschluss vom 11.10.1994 - 9 BV 55/94 - HVBG-INFO 1995, 970; hierzu Keller, SGb 2007, 248, 249).
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e) Eine Abweichung iS des § 41 Abs 2 SGG als Voraussetzung einer Anfrage beim 2. Senat bzw Vorlage an den Großen Senat kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um die unterschiedliche Beantwortung derselben Rechtsfrage handelt, auf der die frühere Entscheidung eines anderen Senats beruht, wenn also eine Identität der Rechtsfrage in der zu entscheidenden Sache und der früheren Entscheidung des anderen Senats besteht (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Insoweit entfiele die Vorlage auch nicht für den Fall der vorangehenden Missachtung der Vorlagepflicht durch einen anderen Senat (Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 14 mwN). Die genannte Entscheidung des 2. Senats (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15)ist auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 8 Abs 1 SGB VII) ergangen, während hier die Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 VwRehaG Gegenstand der Entscheidung ist. Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung vom 11.10.1994 (BSGE 75, 180, 182 mwN = SozR 3-3200 § 81 Nr 12) ausgeführt hat, die Grundentscheidungen des sozialen Unfallversicherungsrechts seien auch im Entschädigungsrecht zu beachten, würde damit die Rechtsfrage gleichwohl nicht zu einer solchen auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern beträfe weiterhin die Auslegung von Normen des sozialen Entschädigungsrechts, für die lediglich bestimmte Grundentscheidungen des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen werden (vgl BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2 Juris RdNr 29, 30 mwN). Der Senat nimmt die Abgrenzung nach Wertungen vor, die sich von den Wertungen des SGB VII unterscheiden. Diese Unterscheidung ist durch das Gesetz und seine unterschiedliche Aufgabenstellung angelegt. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn sich der erkennende wie auch Senate anderer Rechtsgebiete für die Ursachenbewertung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung im Ansatz maßgeblich auf die Rechtsprechung des 2. Senats beziehen (vgl BSG SozR 4-3200 § 81 Nr 5 RdNr 21 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 17 RdNr 21, 22).
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f) Das LSG brauchte deshalb den weiteren Beweisanträgen des Klägers zur bisher noch offengelassenen Brückensymptomatik (Revisionsbegründung S 19, 20; vgl zu Fällen einer möglichen Entbehrlichkeit der Brückensymptomatik BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 10) nicht nachgehen, da es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht mehr ankam (BSG Beschluss vom 31.1.2008 - B 13 R 53/07 B). Auch im Falle der Existenz der behaupteten Brückensymptome würde sich an der Zurechnung nach Maßgabe der aufgezeigten Theorie der wesentlichen Bedingung nichts ändern. Einen hinreichend klaren Beweisantrag zu einem Primärschaden vor 1976 hat der Kläger im Übrigen nicht gestellt.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.
(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.
(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 aufgehoben, soweit es einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft.
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In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
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Die 1962 geborene Klägerin beantragte am 16.9.1999 beim damals zuständigen Versorgungsamt B. Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Sie gab an, ihre Gesundheitsstörungen seien Folge von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch im Elternhaus sowie von sexuellem Missbrauch durch einen Fremden. Die Taten hätten sich zwischen ihrem Geburtsjahr 1962 mit abnehmender Tendenz bis 1980 zugetragen.
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Nachdem das Versorgungsamt die Klägerin angehört, eine Vielzahl von Arztberichten, insbesondere über psychiatrische Behandlungen der Klägerin, sowie eine schriftliche Aussage ihrer Tante eingeholt hatte, stellte die Ärztin für Neurologie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. W. mit Gutachten vom 26.9.2001 für das Versorgungsamt zusammenfassend fest, die Untersuchung der Klägerin habe nur in Ansätzen detaillierte Angaben zu den geltend gemachten Misshandlungen und dem sexuellen Missbrauch erbracht. Diagnostisch sei von einer Persönlichkeitsstörung auszugehen. Aufgrund der Symptomatik sei nicht zu entscheiden, ob die psychische Störung der Klägerin ein Milieuschaden im weitesten Sinne sei oder mindestens gleichwertig auf Gewalttaten im Sinne des OEG zurückzuführen sei. Das Versorgungsamt lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Beschädigtenversorgung mit der Begründung ab: Die psychische Störung könne nicht als Folge tätlicher Gewalt anerkannt werden. Zwar seien einzelne körperliche Misshandlungen, Schläge und sexueller Missbrauch geschildert worden, insbesondere aber insgesamt zerrüttete Familienverhältnisse. Vor allem diese frühere, allgemeine familiäre Situation sei für die psychischen Probleme verantwortlich (Bescheid vom 15.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2002).
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Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die - zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und ab 1.1.2008 gegen den jetzt beklagten Landschaftsverband gerichtete - Klage nach Anhörung der Klägerin, Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Sozialmedizin Dr. S. vom 23.6.2005 sowie eines Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin H. vom 5.4.2005 auf aussagepsychologischem Gebiet durch Urteil vom 29.8.2008 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 16.12.2011), nachdem es ua zur Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ein auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattetes Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Sp. vom 25.9.2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 20.4.2011 beigezogen hatte. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach § 1 OEG iVm § 31 BVG, weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin, die zur Verursachung der bei ihr bestehenden Gesundheitsschäden geeignet wären, nicht hätten feststellen lassen. Unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei es nicht in einem die volle richterliche Überzeugung begründenden Maß wahrscheinlich, dass die Klägerin in ihrer Kindheit und Jugend Opfer der von ihr behaupteten körperlichen und sexuellen Misshandlungen und damit von Angriffen iS von § 1 Abs 1 S 1 OEG geworden sei. Keiner der durch das SG vernommenen Zeugen habe die von der Klägerin behaupteten anhaltenden und wiederholten Gewalttätigkeiten durch ihren Vater und ihre Mutter und erst recht nicht den von ihrem Vater angeblich verübten sexuellen Missbrauch bestätigt. Das LSG folge der Beweiswürdigung des SG, das keine generellen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen dargelegt habe. Es habe daher das ihm eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die Zeugen nicht erneut zu vernehmen. Angesichts des langen Zeitablaufs seit der Zeugenvernehmung durch das SG und mangels neuer Erkenntnisse zu den angeschuldigten Ereignissen, die noch wesentlich länger zurücklägen, gehe das LSG davon aus, dass eine erneute Zeugenvernehmung nicht ergiebig gewesen wäre und lediglich die Aussagen aus der ersten Instanz bestätigt hätte. Zudem hätten die Mutter der Klägerin sowie einer ihrer Brüder gegenüber dem LSG schriftlich angekündigt, im Fall einer Vernehmung erneut das Zeugnis aus persönlichen Gründen zu verweigern. Das LSG habe deswegen auf ihre erneute Ladung zur Vernehmung verzichtet.
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Ebenso wenig habe sich das LSG allein auf der Grundlage der Angaben der Klägerin die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 S 1 OEG bilden können, da es ihre Angaben in wesentlichen Teilen nicht als glaubhaft betrachte. Denn sie widersprächen im Kern den Aussagen ihres Vaters und ihres anderen Bruders. Die dadurch begründeten ernstlichen Zweifel am Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen habe die aussagepsychologische Begutachtung der Klägerin durch die vom SG beauftragte Sachverständige H. nicht ausgeräumt, sondern sogar bestärkt. Die vom Sachverständigen Sp. geäußerte Kritik an der aussagepsychologischen Begutachtung überzeuge das LSG nicht. Denn theoretischer Ansatz und methodische Vorgehensweise des vom SG eingeholten aussagepsychologischen Gutachtens entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Das Gutachten stütze sich insoweit zu Recht ausdrücklich auf die in der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Strafsachen (Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellten Grundsätze der aussagepsychologischen Begutachtung für Glaubhaftigkeitsgutachten, wie sie die Strafgerichte seitdem in ständiger Rechtsprechung anwendeten. Diese aussagepsychologischen Grundsätze seien auf den Sozialgerichtsprozess übertragbar. Dabei könne dahinstehen, ob im Strafprozess grundsätzlich andere Beweismaßstäbe gälten als im Sozialgerichtsprozess. Denn die genannten wissenschaftlichen Prinzipien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung beanspruchten Allgemeingültigkeit und entsprächen dem aktuellen Stand der psychologischen Wissenschaft. Ihre Anwendung sei der anschließenden Beweiswürdigung, die etwaigen Besonderheiten des jeweiligen Prozessrechts Rechnung tragen könne, vorgelagert und lasse sich davon trennen.
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Die nach diesen aussagepsychologischen Grundsätzen von der Sachverständigen H. gebildete Alternativhypothese, dass es sich bei den Schilderungen der Klägerin um irrtümliche, dh auf Gedächtnisfehlern beruhende Falschangaben handele, lasse sich nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nicht widerlegen, sondern gut mit den vorliegenden Daten vereinbaren. Hierfür sprächen die großen Erinnerungslücken der Klägerin hinsichtlich ihrer frühen Kindheit, wobei in der aussagepsychologischen Forschung ohnehin umstritten sei, ob es überhaupt aktuell nicht abrufbare, aber trotzdem zuverlässig gespeicherte Erinnerungen an lange zurückliegende Ereignisse gebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht bei der Beurteilung "wiedergefundener" Erinnerungen sachverständiger Hilfe nicht nur bedienen könne, sondern sogar bedienen müsse, obwohl die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie Beteiligten und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen grundsätzlich richterliche Aufgabe sei. Die Entscheidung des SG für eine aussagepsychologische Begutachtung sei angesichts der Besonderheiten der Aussageentstehung bei der Klägerin jedenfalls ermessensgerecht. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstands habe die Sachverständige H. darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Wahrnehmung durch die jahrelange psychotherapeutisch unterstützte mentale Auseinandersetzung der Klägerin mit den fraglichen Gewalterlebnissen durch nachträgliche Bewertungen überlagert und damit unzugänglich geworden sein könne. Daher hätten die Angaben der Klägerin, um als erlebnisbegründet angesehen zu werden, wegen der Gefahr einer möglichen Verwechslung von Gedächtnisquellen besonders handlungs- und wahrnehmungsnahe, raum-zeitlich vernetzte Situationsschilderungen enthalten müssen, die konsistent in die berichtete Gesamtdynamik eingebettet und konstant wiedergegeben würden. Diese Qualitätsanforderungen erfüllten die Schilderungen der Klägerin nicht, da sie nicht das erforderliche Maß an Detailreichtum, Konkretheit und Konstanz aufwiesen und nicht ausreichend situativ eingebettet seien.
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Das Gutachten des Sachverständigen Sp. habe das Ergebnis der aussagepsychologischen Begutachtung nicht entkräften können. Da er weder eine hypothesengeleitete Analyse der Angaben der Klägerin nach den genannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen noch ein Wortprotokoll seiner Exploration habe zur Verfügung stellen können, sei die objektive Überprüfbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse stark eingeschränkt. Er habe eingeräumt, als Psychiater die aussagepsychologische Begutachtung nicht überprüfen und bewerten zu können und seinerseits durch seinen klinisch-psychiatrischen Zugang nicht zur Wahrheitsfindung in der Lage zu sein. Schließlich sei der von ihm vorgenommene Rückschluss von psychiatrischen Krankheitsanzeichen der Klägerin, konkret dem Vorliegen einer von ihm festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung, auf konkrete schädigende Ereignisse iS des § 1 OEG in der Kindheit der Klägerin wegen der Vielzahl möglicher Ursachen einer Traumatisierung methodisch nicht haltbar.
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Der abgesenkte Beweismaßstab des § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) komme der Klägerin nicht zugute. Zwar sei diese Regelung analog anzuwenden, wenn andere Beweismittel, wie zB Zeugen, nicht vorhanden seien. Lägen dagegen - wie hier - Beweismittel vor und stützten diese das Begehren des Anspruchstellers nicht, könne die Beweiserleichterung des § 15 KOVVfG nicht angewendet werden, weil diese Norm gerade das Fehlen von Beweismitteln voraussetze. Selbst bei Anwendung des Beweismaßstabs der Glaubhaftigkeit bliebe allerdings die Berufung der Klägerin ohne Erfolg. Denn aufgrund des methodisch einwandfreien und inhaltlich überzeugenden aussagepsychologischen Gutachtens der Sachverständigen H. stehe für das LSG fest, dass die Angaben der Klägerin nicht als ausreichend glaubhaft angesehen werden könnten, weil zu viele Zweifel an der Zuverlässigkeit ihrer Erinnerungen verblieben.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 S 1 KOVVfG, des § 128 Abs 1 S 1 SGG sowie des § 1 Abs 1 OEG. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus: Das LSG habe seiner Entscheidung nicht die Regelung des § 15 S 1 KOVVfG zugrunde gelegt und damit den anzulegenden Beweismaßstab verkannt. Richtigerweise hätte es hinsichtlich des von ihr behaupteten sexuellen Missbrauchs der Erbringung des Vollbeweises nicht bedurft; vielmehr wäre insoweit eine Glaubhaftmachung allein aufgrund ihrer Angaben ausreichend gewesen. Denn bezüglich dieses Vorbringens seien - bis auf ihren Vater als möglichen Täter - keine Zeugen vorhanden. Die Möglichkeit, dass sich die von ihr beschriebenen Vorgänge tatsächlich so zugetragen hätten, sei nicht auszuschließen; das Verbleiben gewisser Zweifel schließe die Glaubhaftmachung nicht aus. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie sich erst durch Therapien im Laufe des Verwaltungsverfahrens an die Geschehnisse habe erinnern können.
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Das LSG habe ferner gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG verstoßen, da es ein aussagepsychologisches Gutachten berücksichtigt habe. Ein solches Gutachten habe nicht eingeholt und berücksichtigt werden dürfen, da aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen keine geeigneten Mittel der Sachverhaltsfeststellung darstellten. Die Arbeitsweise bei aussagepsychologischen Gutachten lasse sich entgegen der Auffassung des LSG nicht ohne Weiteres auf sozialrechtliche Entschädigungsprozesse übertragen, da diese nicht mit Strafverfahren vergleichbar seien. Denn in Strafverfahren sei die richterliche Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachen in der Weise gefordert, dass ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit bestehe, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden dürften. Das OEG hingegen sehe gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 S 1 KOVVfG einen herabgesetzten Beweismaßstab vor. Ein weiterer Grund, weshalb aussagepsychologische Gutachten in sozialgerichtlichen Entschädigungsprozessen nicht eingeholt werden dürften, sei die darin erfolgende Zugrundelegung der sog Nullhypothese. Diese entspreche im Strafverfahren dem Grundsatz "in dubio pro reo", sodass als Arbeitshypothese von der Unschuld des Angeklagten auszugehen sei; mit sozialgerichtlichen Verfahren sei dies jedoch nicht in Einklang zu bringen. Zudem unterscheide sich die Art der Gutachtenerstattung in den beiden Verfahrensordnungen; in sozialgerichtlichen Verfahren erstatte der Sachverständige das Gutachten aufgrund der Aktenlage und einer Untersuchung der Person, wohingegen der Sachverständige im Strafprozess während der gesamten mündlichen Verhandlung anwesend sei und dadurch weitere Eindrücke von dem Angeklagten gewinne. Schließlich könne eine aussagepsychologische Untersuchung der Aussage eines erwachsenen Zeugen zu kindlichen Traumatisierungen auf keinerlei empirisch gesicherte Datenbasis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen auto- oder fremdsuggerierten und erlebnisbasierten Erinnerungen zurückgreifen und sei daher wissenschaftlich nicht sinnvoll.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 128 Abs 1 S 1 SGG liege in einer widersprüchlichen, mitunter nicht nachvollziehbaren und teilweise einseitigen Beweiswürdigung des LSG begründet, womit es die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten habe. Das LSG habe den Aussagen ihres Bruders sowie ihres Vaters ein höheres Gewicht als ihren eigenen Angaben beigemessen und sich nicht kritisch mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Es sei einerseits von einer unberechenbaren Aggressivität des Vaters, einer aggressiven Atmosphäre und emotionalen Vernachlässigung in der Familie sowie einigen nachgewiesenen körperlichen Misshandlungen ausgegangen, halte andererseits jedoch ihre Angaben zu den Misshandlungen nicht für glaubhaft. Kaum berücksichtigt habe es zudem die Aussage ihrer Tante. Das LSG habe ferner ihre teilweise fehlenden, ungenauen oder verspäteten Erinnerungen nur einseitig zu ihrem Nachteil gewürdigt und dabei nicht in Erwägung gezogen, dass diese Erinnerungsfehler Folgen ihres Alters zum Zeitpunkt der Vorfälle, der großen Zeitspanne zwischen den Taten und dem durchgeführten Verfahren sowie ihrer Krankheit sein könnten. Im Rahmen des OEG könnten auch bruchstückhafte, lückenhafte oder voneinander abweichende Erinnerungen als Grundlage für eine Überzeugungsbildung ausreichen. Nicht umfassend gewürdigt habe das LSG schließlich das aussagepsychologische Gutachten, das selbst Anlass zur Kritik biete. Auch dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Erinnerungslücken und Abweichungen in den Angaben eine Erscheinungsform ihrer Krankheit sein könnten. Dieses Gutachten entspreche daher nicht den erforderlichen wissenschaftlichen Standards und könne auch aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden. Zudem hätte das Gutachten von einem auf Traumatisierung spezialisierten Psychologen erstattet werden müssen.
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Das LSG habe darüber hinaus verkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 OEG bereits durch ihre grobe Vernachlässigung als Schutzbefohlenen erfüllt seien. Das Verhalten ihrer Eltern sei nicht durch ein Züchtigungsrecht gedeckt gewesen. Die familiäre Atmosphäre sei - wie von den Vorinstanzen festgestellt - von elterlicher Aggression, gestörten Beziehungen und emotionaler Vernachlässigung geprägt gewesen. Zudem habe das LSG einige Schläge als erwiesen erachtet. Auch die fachärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass ihre psychische Störung jedenfalls durch die aggressive Familienatmosphäre verursacht worden sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Detmold vom 29. August 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen von sexuellem Missbrauch sowie körperlichen und seelischen Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
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Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland auf deren Antrag hin beigeladen (Beschluss vom 29.1.2013). Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist zulässig.
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Sie ist vom LSG zugelassen worden und damit statthaft (§ 160 Abs 1 SGG). Die Klägerin hat bei der Einlegung und Begründung der Revision Formen und Fristen eingehalten (§ 164 Abs 1 und 2 SGG). Die Revisionsbegründung genügt den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Entschädigungsanspruch nach dem OEG auf eine Vielzahl von schädigenden Vorgängen stützt. Demnach ist der Streitgegenstand derart teilbar, dass die Zulässigkeit und Begründetheit der Revision für jeden durch einen abgrenzbaren Sachverhalt bestimmten Teil gesondert zu prüfen ist (vgl BSG Urteil vom 18.5.2006 - B 9a V 2/05 R - SozR 4-3100 § 1 Nr 3). Dabei bietet es sich hier an, die verschiedenen Vorgänge in drei Gruppen zusammenzufassen: seelische Misshandlungen (Vernachlässigung, beeinträchtigende Familienatmosphäre), körperliche Misshandlungen und sexueller Missbrauch.
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Soweit die Klägerin Entschädigung wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern geltend macht, hat sie einen Verstoß gegen materielles Recht hinreichend dargetan. Sie ist der Ansicht, die betreffenden Vorgänge würden von § 1 OEG erfasst. Soweit das LSG umfangreichere körperliche Misshandlungen der Klägerin im Elternhaus sowie sexuellen Missbrauch durch ihren Vater bzw einen Fremden verneint hat, rügt die Klägerin zunächst substantiiert eine Verletzung von § 15 S 1 KOVVfG, also eine unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit einer besonderen Beweiserleichterung(vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 124 f = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass insbesondere dafür, ob sie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei, Beweismittel vorhanden seien. Im Hinblick darauf, dass die Vorinstanz hilfsweise auf § 15 S 1 KOVVfG abgestellt hat, bedarf es auch dazu einer ausreichenden Revisionsbegründung. Diese sieht der Senat vornehmlich in der Rüge der Klägerin, das LSG habe, indem es in diesem Zusammenhang auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 Bezug genommen habe, ein ungeeignetes Beweismittel verwertet (vgl allgemein dazu zB BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527; BGH Beschluss vom 15.3.2007 - 4 StR 66/07 - NStZ 2007, 476) und damit seiner Entscheidung zugleich einen falschen Beweismaßstab zugrunde gelegt. Dazu trägt die Klägerin ua vor, dass die Sachverständige H. ihr Glaubhaftigkeitsgutachen nach anderen Kriterien erstellt habe, als im Rahmen einer Glaubhaftmachung nach § 15 S 1 KOVVfG maßgebend seien.
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), soweit das Berufungsurteil einen Anspruch der Klägerin auf Beschädigtenrente wegen Folgen sexuellen Missbrauchs und körperlicher Misshandlungen im Kindes- und Jugendalter betrifft. Im Übrigen - also hinsichtlich Folgen seelischer Misshandlungen - ist die Revision unbegründet.
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1. Einer Sachentscheidung entgegenstehende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
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Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass bereits während des Klageverfahrens ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden hat und seit dem 1.1.2008 der beklagte Landschaftsverband passiv legitimiert ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 20 mwN). Denn § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung(= Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung mit Wirkung zum 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung, der Soldatenversorgung sowie der Opferentschädigung auf die kommunalen Landschaftsverbände in NRW nicht gegen höherrangiges Bundesrecht, insbesondere nicht gegen Vorschriften des GG verstößt (vgl hierzu Urteile vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 21, und - B 9 V 3/07 R - Juris RdNr 22; vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 24; vom 30.9.2009 - B 9 VG 3/08 R - BSGE 104, 245 = SozR 4-3100 § 60 Nr 6, RdNr 26). Diese Übertragung hat zur Folge, dass allein der im Laufe des Verfahrens zuständig gewordene Rechtsträger die von der Klägerin beanspruchte Leistung gewähren kann, sodass sich die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 und Abs 4 SGG)ab 1.1.2008 gemäß § 6 Abs 1 OEG gegen den für die Klägerin örtlich zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe zu richten hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, dass sie im vorliegenden Verfahren ausschließlich einen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente verfolgt (vgl dazu BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 12).
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2. Für einen Anspruch der Klägerin auf eine Beschädigtenrente nach dem OEG iVm dem BVG sind folgende rechtliche Grundsätze maßgebend:
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a) Ein Entschädigungsanspruch nach dem OEG setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs 1 S 1 OEG gegeben sind(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 VG 1/08 R - Juris RdNr 27 mwN). Danach erhält eine natürliche Person ("wer"), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs 1 S 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
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In Altfällen - also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des GG (23.5.1949) und dem Inkrafttreten des OEG (16.5.1976) - müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 S 2 OEG iVm § 10a Abs 1 S 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in der Zeit vom 23.5.1949 bis 15.5.1976 geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie (1.) allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und (2.) bedürftig sind und (3.) im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffs "vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff" iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen (wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht des Täters) hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (stRspr seit 1995; vgl hierzu BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 32 mwN). Dabei hat der erkennende Senat je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben. Leitlinie des erkennenden Senats ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat der Senat daher aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist er in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger bzw rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 25 mwN). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff iS des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 mwN).
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In Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern iS von § 176 StGB hat der Senat den Begriff des tätlichen Angriffs noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Für den Senat ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also sexuelle Handlungen, eine Straftat war (vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91 = SozR 4-3800 § 1 Nr 17, RdNr 28 mwN). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG sein(BSG Urteile vom 18.10.1995 - 9 RVg 4/93 - BSGE 77, 7, 8 f = SozR 3-3800 § 1 Nr 6 S 23 f, und - 9 RVg 7/93 - BSGE 77, 11, 13 = SozR 3-3800 § 1 Nr 7 S 28 f). Diese erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten. Eine Erstreckung dieses Begriffsverständnisses auf andere Fallgruppen hat das Bundessozialgericht (BSG) bislang abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VG 2/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 1 RdNr 12).
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Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung iS des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs 1 S 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (Rademacker in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 1 OEG RdNr 51). Auch insofern ist zu beachten, dass die erweiternde Auslegung des Begriffs des tätlichen Angriffs auf die Fälle sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Kindern beschränkt ist. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind.
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Zum "Mobbing" als einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer und Personen seines gesellschaftlichen Umfeldes hat der erkennende Senat entschieden, dass bei einzelnen "Mobbing"-Aktivitäten die Schwelle zur strafbaren Handlung und somit zum kriminellen Unrecht überschritten sein kann; tätliche Angriffe liegen allerdings nur vor, wenn auf den Körper des Opfers gezielt eingewirkt wird, wie zB durch einen Fußtritt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276, 278 = SozR 3-3800 § 1 Nr 18 S 72).
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Auch in Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt, in denen es unter Umständen an einer besonderen Kraftentfaltung gegen den Körper einer anderen Person bzw an einem beabsichtigten Verletzungserfolg gänzlich fehlt, ist maßgeblich auf das Kriterium der objektiven Gefahr für Leib und Leben des Opfers abzustellen. Die Grenze der Wortlautinterpretation hinsichtlich des Begriffs des tätlichen Angriffs sieht der Senat jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung - ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt (vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 44 mwN). So ist beim "Stalking" die Grenze zum tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG - ungeachtet ggf einschlägiger Straftatbestände nach dem StGB - erst überschritten, wenn die Tat durch Mittel körperlicher Gewalt gegen das Opfer begangen und/oder der rechtswidrig herbeigeführte Zustand mittels Tätlichkeiten aufrechterhalten wird(vgl BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 69 mwN).
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c) Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennt das soziale Entschädigungsrecht, also auch das OEG, drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG, der gemäß § 6 Abs 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung (also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff) im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrundezulegen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
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Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24.11.2010 - B 11 AL 35/09 R - Juris RdNr 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3b mwN).
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Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs 3 S 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht(vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 mwN). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
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Bei dem "Glaubhafterscheinen" iS des § 15 S 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), dh der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 14 f mwN). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, dh es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 3d mwN), weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses (kein deutliches) Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Gericht ist allerdings im Einzelfall grundsätzlich darin frei, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung, § 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 S 15).
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3. Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen der Folgen seelischer Misshandlungen durch ihre Eltern.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die von den Vorinstanzen angenommenen allgemeinen Verhältnisse in der Familie der Klägerin keinen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 S 1 OEG dar. Das SG hat hierzu festgestellt, die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen seien mehr auf ein Zusammenwirken atmosphärisch ungünstiger Entwicklungsbedingungen (ablehnende Haltung der Mutter gegenüber der Klägerin, unberechenbare Aggressivität sowie grenzüberschreitende weinerliche Anhänglichkeit des Vaters) zurückzuführen (S 23 des Urteils). Darauf hat das LSG Bezug genommen. Die Verhaltensweise der Eltern hat danach zwar seelische Misshandlungen der Klägerin umfasst, es fehlt insoweit jedoch an dem Merkmal der Gewaltanwendung im Sinne einer gegen den Körper der Klägerin gerichteten Tätlichkeit.
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4. Soweit die Klägerin Beschädigtenrente nach dem OEG wegen der Folgen körperlicher Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs im Kindes- und Jugendalter beansprucht, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung unmöglich. Derartige schädigende Vorgänge werden zwar von § 1 Abs 1 S 1 OEG erfasst, soweit sie nicht von dem seinerzeit noch anerkannten elterlichen Züchtigungsrecht(vgl BGH Beschluss vom 25.11.1986 - 4 StR 605/86 - JZ 1988, 617) gedeckt waren. Es fehlen jedoch hinreichende verwertbare Tatsachenfeststellungen.
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a) Das LSG hat unterstellt, dass als vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe einzelne Schläge durch die Eltern (ein heftiger Schlag durch den Vater sowie zwei "Ohrfeigen" durch die Mutter) nachgewiesen seien. Diese hätten jedoch nicht genügt, um die gravierenden seelischen Erkrankungen der Klägerin zu verursachen. Das LSG verweist hierbei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. S. sowie auf die Ausführungen des SG, wonach diese Taten keine posttraumatische Belastungsstörung hätten auslösen können. Die hierauf gründende tatrichterliche Wertung des LSG ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Weder lässt sich feststellen, dass die Vorinstanz insoweit von unrichtigen Rechtsbegriffen ausgegangen ist, noch hat die Klägerin die betreffenden Tatsachenfeststellungen mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen.
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b) Den überwiegenden Teil der von der Klägerin angegebenen körperlichen Misshandlungen durch deren Eltern sowie den behaupteten sexuellen Missbrauch durch deren Vater und einen Fremden hat das LSG nicht als nachgewiesen erachtet. Diese Beurteilung vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht zu bestätigen. Denn sie beruht auf einer Auslegung des § 15 S 1 KOVVfG, die der Senat nicht teilt.
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Nach § 15 S 1 KOVVfG sind die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen vorhanden sind(vgl grundlegend BSG Urteil vom 31.5.1989 - 9 RVg 3/89 - BSGE 65, 123, 125 = SozR 1500 § 128 Nr 39 S 46). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 S 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (vgl §§ 383 ff ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als Zeugen anzusehen. Entsprechendes gilt für eine als Täter in Betracht kommende Person, die eine schädigende Handlung bestreitet. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 S 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn der Täter unerkannt geblieben oder flüchtig ist. Die Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG gelangt damit auch zur Anwendung, wenn sich die Aussagen des Opfers und des vermeintlichen Täters gegenüberstehen und Tatzeugen nicht vorhanden sind(vgl BSG Beschluss vom 28.7.1999 - B 9 VG 6/99 B - Juris RdNr 6).
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Diesen Kriterien hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen, indem es eine Anwendbarkeit des § 15 S 1 KOVVfG mit der pauschalen Begründung verneint hat, es lägen Beweismittel vor. Zwar hat sich das LSG hinsichtlich der Verneinung umfangreicher körperlicher Misshandlungen der Klägerin durch ihre Eltern, insbesondere durch den Vater, auch auf die Zeugenaussage des Bruders T. der Klägerin gestützt. Es hätte insoweit jedoch näher prüfen müssen, inwiefern die Klägerin Misshandlungen behauptet hat, die dieser Zeuge (insbesondere wegen Abwesenheit) nicht wahrgenommen haben kann. Soweit es den angegebenen sexuellen Missbrauch betrifft, ist nicht ersichtlich, dass diesen eine als Zeuge in Betracht kommende Person wahrgenommen haben kann.
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c) Soweit das LSG den § 15 S 1 KOVVfG hilfsweise herangezogen hat, lassen seine Ausführungen nicht hinreichend deutlich erkennen, dass es dabei den von dieser Vorschrift eröffneten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung zugrunde gelegt hat. Aus der einschränkungslosen Bezugnahme auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 lässt sich eher der Schluss ziehen, dass das LSG insoweit einen unzutreffenden, nämlich zu strengen Beweismaßstab angewendet hat. Diese Sachlage gibt dem Senat Veranlassung, grundsätzlich auf die Verwendung von sog Glaubhaftigkeitsgutachten in Verfahren betreffend Ansprüche nach dem OEG einzugehen.
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aa) Die Einholung und Berücksichtigung psychologischer Glaubhaftigkeitsgutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze für die Einholung von Sachverständigengutachten zulässig.
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Grundsätzlich steht das Ausmaß von Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Einen Sachverständigen bestellt das Gericht, wenn es selbst nicht über ausreichende Sachkunde verfügt (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 118 RdNr 11b). Dies gilt auch für die Einholung eines sogenannten Glaubhaftigkeitsgutachtens. Dabei handelt es sich um eine aussagepsychologische Begutachtung, deren Gegenstand die Beurteilung ist, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben zutreffen, dh einem tatsächlichen Erleben der untersuchten Person entsprechen (vgl grundlegend BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167). Da eine solche Beurteilung an sich zu den Aufgaben eines Tatrichters gehört, kommt die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nur ausnahmsweise in Betracht (vgl BGH aaO, 182; BGH Urteil vom 16.5.2002 - 1 StR 40/02 - Juris RdNr 22). Ob eine derartige Beweiserhebung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Hinzuziehung eines aussagepsychologischen Sachverständigen kann insbesondere dann geboten sein, wenn die betreffenden Angaben das einzige das fragliche Geschehen belegende Beweismittel sind und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie durch eine psychische Erkrankung der Auskunftsperson (Zeuge, Beteiligter) und deren Behandlung beeinflusst sein können (vgl dazu BSG Beschluss vom 7.4.2011 - B 9 VG 15/10 B - Juris RdNr 6; Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9
= Juris RdNr 22) . Die Entscheidung, ob eine solche Fallgestaltung vorliegt und ob daher ein Glaubhaftigkeitsgutachten einzuholen ist, beurteilt und trifft das Tatsachengericht im Rahmen der Amtsermittlung nach § 103 SGG. Fußt seine Entscheidung auf einem hinreichenden Grund, so ist deren Überprüfung dem Revisionsgericht entzogen (vgl BSG Beschluss vom 24.5.2012 - B 9 V 4/12 B - SozR 4-1500 § 103 Nr 9= Juris RdNr 20, 23) .
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Von Seiten des Gerichts muss im Zusammenhang mit der Einholung, vor allem aber mit der anschließenden Würdigung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens stets beachtet werden, dass sich die psychologische Begutachtung von Aussagen nicht darauf beziehen kann, Angaben über die Faktizität eines Sachverhalts zu machen. Möglich ist lediglich herauszufinden, ob sich Aussagen auf Erlebtes beziehen, dh einen Erlebnishintergrund haben. Darüber hinaus besteht die Kompetenz und damit auch die Aufgabe des Sachverständigen darin abzuklären, ob sich dieser Erlebnishintergrund in der sog Wachwirklichkeit befindet, anstatt auf Träumen, Halluzinationen oder Vorstellungen zu beruhen. Ausschließlich auf diesen Aspekt des Wirklichkeitsbezuges einer Aussage kann sich die Glaubhaftigkeitsbegutachtung beziehen (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 27, 49). In einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung trifft der Sachverständige erfahrungswissenschaftlich gestützte Feststellungen zu Erlebnishaltigkeit und Zuverlässigkeit von Sachverhaltskonstruktionen, die ein Zeuge oder ein Beteiligter vorträgt. Durch das Gutachten vermittelt er dem Gericht daher auf den Einzelfall bezogene wissenschaftliche Erkenntnisse und stellt diesem aufgrund von Befundtatsachen wissenschaftlich gestützte Schlussfolgerungen zur Verfügung (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 280 f). Die umfassende rechtliche Würdigung dieser Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen obliegt sodann dem Gericht.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus den Ausführungen in dem Urteil des LSG NRW vom 28.11.2007 - L 10 VG 13/06 - (Juris RdNr 25) keine Hinweise auf die Unzulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialrechtlichen Verfahren. Vielmehr hat das LSG NRW hierbei lediglich die Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts gerügt, das anstelle der Vernehmung der durch die dortige Klägerin benannten Zeugen ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte (ua mit der Beweisfrage "Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - dh es darf kein begründbarer Zweifel bestehen - fest, dass die Klägerin Opfer sexuellen Missbrauchs - in welchem Zeitraum, in welcher Weise - geworden ist?"; Juris RdNr 9). Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen nachvollziehbar, wenn das LSG NRW zum einen die Vernehmung der Zeugen gefordert und zum anderen festgestellt hat, dass die an die Sachverständigen gestellte Frage keinem Beweis durch ein medizinisches oder aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zugänglich sei, sondern dass das Gericht diese Tatsache selbst aufzuklären habe. Ausdrücklich zu aussagepsychologischen Gutachten hat das LSG NRW ferner zutreffend festgestellt, auch bei diesen dürfe dem Sachverständigen nicht die Entscheidung überlassen werden, ob eine behauptete Tat stattgefunden habe oder nicht. Vielmehr dürfe dieser nur beurteilen, ob aussagepsychologische Kriterien für oder gegen den Wahrheitsgehalt der Angaben Betroffener sprächen und/oder ob die Aussagen und Erklärungen möglicherweise trotz subjektiv wahrheitsgemäßer Angaben nicht auf eigenen tatsächlichen Erinnerungen der Betroffenen beruhten (LSG NRW, aaO, Juris RdNr 25). Aus diesen Ausführungen lässt sich nicht der Schluss ziehen, das LSG NRW gehe grundsätzlich davon aus, dass in sozialrechtlichen Verfahren keine Glaubhaftigkeitsgutachten eingeholt und berücksichtigt werden könnten.
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bb) Für die Erstattung von Glaubhaftigkeitsgutachten gelten auch im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts zunächst die Grundsätze, die der BGH in der Entscheidung vom 30.7.1999 (1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164) dargestellt hat. Mit dieser Entscheidung hat der BGH die wissenschaftlichen Standards und Methoden für die psychologische Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen zusammengefasst. Nicht das jeweilige Prozessrecht schafft diese Anforderungen (zum Straf- und Strafprozessrecht vgl Fabian/Greuel/Stadler, StV 1996, 347 f), vielmehr handelt es sich hierbei um wissenschaftliche Erkenntnisse der Aussagepsychologie (vgl Vogl, NJ 1999, 603), die Glaubhaftigkeitsgutachten allgemein zu beachten haben, damit diese überhaupt belastbar sind und verwertet werden können (so auch BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f; vgl grundlegend hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 48 ff; Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 16 ff). Die grundsätzlichen wissenschaftlichen Anforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten stellen sich wie folgt dar (vgl zum Folgenden BGH Urteil vom 30.7.1999 - 1 StR 618/98 - BGHSt 45, 164, 167 ff mwN; basierend ua auf dem Gutachten von Steller/Volbert, wiedergegeben in Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46 ff):
Bei der psychologischen Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Aussagen besteht das methodische Grundprinzip darin, einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier: Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage) so lange zu negieren, bis diese Negation mit den gesammelten Fakten nicht mehr vereinbar ist. Der wissenschaftlich ausgebildete psychologische Sachverständige arbeitet (gedanklich) also zunächst mit der Unwahrannahme als sog Nullhypothese (Steller/Volbert, Praxis der Rechtspsychologie, 1999, 46, 61; den Begriff der Nullhypothese sowie das Ausgehen von dieser kritisierend Stanislawski/Blumer, Streit 2000, 65, 67 f). Der Sachverständige bildet dazu neben der "Wirklichkeitshypothese" (die Aussage ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert) die Gegenhypothese, die Aussage sei unwahr. Bestehen mehrere Möglichkeiten, aus welchen Gründen eine Aussage keinen Erlebnishintergrund haben könnte, hat der Sachverständige bezogen auf den konkreten Einzelfall passende Null- bzw Alternativhypothesen zu bilden (vgl beispielhaft hierzu Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 52 f; ebenso, zudem mit den jeweiligen diagnostischen Bezügen Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 61 ff). Die Bildung relevanter, also auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmter Hypothesen ist von ausschlaggebender Bedeutung für Inhalt und (methodischen) Ablauf einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung. Sie stellt nach wissenschaftlichen Prinzipien einen wesentlichen, unerlässlichen Teil des Begutachtungsprozesses dar. Im weiteren Verlauf hat der Sachverständige jede einzelne Alternativhypothese darauf zu untersuchen, ob diese mit den erhobenen Fakten in Übereinstimmung stehen kann; wird dies für sämtliche Null- bzw Alternativhypothesen verneint, gilt die Wirklichkeitshypothese, wonach es sich um eine wahre Aussage handelt.
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Die zentralen psychologischen Konstrukte, die den Begriff der Glaubhaftigkeit - aus psychologischer Sicht - ausfüllen und somit die Grundstruktur der psychodiagnostischen Informationsaufnahme und -verarbeitung vorgeben, sind Aussagetüchtigkeit (verfügt die Person über die notwendigen kognitiven Grundvoraussetzungen zur Erstattung einer verwertbaren Aussage?), Aussagequalität (weist die Aussage Merkmale auf, die in erlebnisfundierten Schilderungen zu erwarten sind?) sowie Aussagevalidität (liegen potentielle Störfaktoren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage begründen können?). Erst wenn die Aussagetüchtigkeit bejaht wird, kann der mögliche Erlebnisbezug der Aussage unter Berücksichtigung ihrer Qualität und Validität untersucht werden (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49; zur eventuell erforderlichen Hinzuziehung eines Psychiaters zur Bewertung der Aussagetüchtigkeit Schumacher, StV 2003, 641 ff). Das abschließende gutachterliche Urteil über die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann niemals allein auf einer einzigen Konstruktebene (zB der Ebene der Aussagequalität) erfolgen, sondern erfordert immer eine integrative Betrachtung der Befunde in Bezug auf sämtliche Ebenen (Greuel, MschrKrim 2000, S 59, 62).
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Die wesentlichen methodischen Mittel, die der Sachverständige zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen anzuwenden hat, sind die - die Aussagequalität überprüfende - Aussageanalyse (Inhalts- und Konstanzanalyse) und die - die Aussagevalidität betreffende - Fehlerquellen-, Motivations- sowie Kompetenzanalyse. Welche dieser Analyseschritte mit welcher Gewichtung durchzuführen sind, ergibt sich aus den zuvor gebildeten Null- bzw Alternativhypothesen; bei der Abgrenzung einer wahren Darstellung von einer absichtlichen Falschaussage sind andere Analysen erforderlich als bei deren Abgrenzung von einer subjektiv wahren, aber objektiv nicht zutreffenden, auf Scheinerinnerungen basierenden Darstellung (vgl hierzu Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 17 ff).
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Diese Prüfungsschritte müssen nicht in einer bestimmten Prüfungsstrategie angewendet werden und verlangen keinen vom Einzelfall losgelösten, schematischen Gutachtenaufbau. Die einzelnen Elemente der Begutachtung müssen auch nicht nach einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden (vgl BGH Beschluss vom 30.5.2000 - 1 StR 582/99 - NStZ 2001, 45 f). Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus einer Gesamtbetrachtung des Gutachtens ergibt, dass der Sachverständige das dargestellte methodische Grundprinzip angewandt hat. Vor allem muss überprüfbar sein, auf welchem Weg er zu seinen Ergebnissen gelangt ist.
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cc) Die aufgrund der dargestellten methodischen Vorgehensweise, insbesondere aufgrund des Ausgehens von der sog Nullhypothese, vorgebrachten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einholung und Berücksichtigung von Glaubhaftigkeitsgutachten in sozialgerichtlichen Verfahren (vgl hierzu SG Fulda Urteil vom 30.6.2008 - S 6 VG 16/06 - Juris RdNr 33 aE; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.7.2010 - L 13 VG 25/07 - Juris RdNr 36; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.6.2012 - L 4 VG 13/09 - Juris RdNr 44 ff; offenlassend, aber Zweifel an der Anwendbarkeit der Nullhypothese äußernd LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15.12.2011 - L 6 VG 584/11 - ZFSH/SGB 2012, 203, 206) überzeugen nicht.
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Nach derzeitigen Erkenntnissen gibt es für einen psychologischen Sachverständigen keine Alternative zu dem beschriebenen Vorgehen. Der Erlebnisbezug einer Aussage ist nicht anders als durch systematischen Ausschluss von Alternativhypothesen zur Wahrannahme zu belegen (Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 20, 22). Nach dem gegenwärtigen psychologischen Kenntnisstand kann die Wirklichkeitshypothese selbst nicht überprüft werden, da eine erlebnisbasierte Aussage eine hohe, aber auch eine niedrige Aussagequalität haben kann. Die Prüfung hat daher an der Unwahrhypothese bzw ihren möglichen Alternativen anzusetzen. Erst wenn sämtliche Unwahrhypothesen ausgeschlossen werden können, ist die Wahrannahme belegt (vgl Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 2004, S 22). Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass sämtliche Unwahrhypothesen geprüft werden, womit ein ausgewogenes Analyseergebnis erzielt werden kann (Schoreit, StV 2004, 284, 286).
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Es ist zutreffend, dass dieses methodische Vorgehen ein recht strenges Verfahren der Aussageprüfung darstellt (so auch Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 205), denn die Tatsache, dass eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, bedeutet nicht zwingend, dass diese Hypothese tatsächlich zutrifft. Gleichwohl würde das Gutachten in einem solchen Fall zu dem Ergebnis gelangen, dass eine wahre Aussage nicht belegt werden kann. Insoweit korrespondieren das methodische Grundprinzip der Aussagepsychologie und die rechtlichen Anforderungen in Strafverfahren besonders gut miteinander (vgl dazu Volbert, aaO S 20). Denn auch die Unschuldsvermutung hat zugunsten des Angeklagten bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten. Durch beide Prinzipien soll auf jeden Fall vermieden werden, dass eine tatsächlich nicht zutreffende Aussage als glaubhaft klassifiziert wird. Zwar soll möglichst auch der andere Fehler unterbleiben, dass also eine wahre Aussage als nicht zutreffend bewertet wird. In Zweifelsfällen gilt aber eine klare Entscheidungspriorität (vgl Volbert, aaO): Bestehen noch Zweifel hinsichtlich einer Unwahrhypothese, kann diese also nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, so gilt der Erlebnisbezug der Aussage als nicht bewiesen und die Aussage als nicht glaubhaft.
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Diese Konsequenz führt nicht dazu, dass Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialrechtlichen Entschädigungsverfahren nach dem OEG als Beweismittel schlichtweg ungeeignet sind. Soweit der Vollbeweis gilt, ist damit die Anwendung dieser methodischen Prinzipien der Aussagepsychologie ohne Weiteres zu vereinbaren. Denn dabei gilt eine Tatsache erst dann als bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Bestehen in einem solchen Verfahren noch Zweifel daran, dass eine Aussage erlebnisfundiert ist, weil eine bestimmte Unwahrhypothese nicht ausgeschlossen werden kann, geht dies zu Lasten des Klägers bzw der Klägerin (von der Zulässigkeit von Glaubhaftigkeitsgutachten ausgehend LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 9.9.2008 - L 11 VG 33/08 - Juris RdNr 24 ff; LSG NRW Urteil vom 29.9.2010 - L 6 (7) VG 16/05 - Juris RdNr 24; ebenso, jedoch bei Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 S 1 KOVVfG Bayerisches LSG Urteil vom 30.6.2005 - L 15 VG 13/02 - Juris RdNr 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 5.6.2008 - L 13 VG 1/05 - Juris RdNr 34 sowie Urteil vom 16.9.2011 - L 10 VG 26/07 - Juris RdNr 38 ff).
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Die grundsätzliche Bejahung der Beweiseignung von Glaubhaftigkeitsgutachten im sozialen Entschädigungsrecht wird auch dadurch gestützt, dass nach der dargestellten hypothesengeleiteten Methodik - unter Einschluss der sog Nullhypothese - erstattete Gutachten nicht nur in Strafverfahren Anwendung finden, sondern auch in Zivilverfahren (vgl BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527, 2528 f; Saarländisches OLG Urteil vom 13.7.2011 - 1 U 32/08 - Juris RdNr 50 ff) und in arbeitsrechtlichen Verfahren (vgl LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 20.7.2011 - 26 Sa 1269/10 - Juris RdNr 64 ff). In diesen Verfahren ist der Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatsachen bzw der Voraussetzungen für einen Kündigungsgrund (zumeist eine erhebliche Pflichtverletzung) ebenfalls erforderlich.
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dd) Soweit allerdings nach Maßgabe des § 15 S 1 KOVVfG eine Glaubhaftmachung ausreicht, ist ein nach der dargestellten Methodik erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten nicht ohne Weiteres geeignet, zur Entscheidungsfindung des Gerichts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG ausreicht, wenn die Möglichkeit, dass die Angaben des Antragstellers zutreffen, als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, während ein aussagepsychologischer Sachverständiger diese Angaben erst dann als glaubhaft ansieht, wenn er alle Alternativhypothesen ausschließen kann. Da ein sachgerecht erstelltes Glaubhaftigkeitsgutachten den Vollbeweis ermöglichen soll, muss ein für die Auskunftsperson ungünstiges Ergebnis eines solchen Gutachtens nicht bedeuten, dass die betreffenden Angaben nicht iS des § 15 S 1 KOVVfG als glaubhaft erscheinen können.
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Will sich ein Gericht auch bei Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG eines aussagepsychologischen Gutachtens bedienen, so hat es den Sachverständigen mithin auf den insoweit geltenden Beweismaßstab hinzuweisen und mit ihm zu klären, ob er sein Gutachten nach den insoweit maßgebenden Kriterien erstatten kann. Dabei sind auch die Beweisfragen entsprechend zu fassen. Im Falle von Glaubhaftigkeitsbegutachtungen lautet die übergeordnete psychologische Untersuchungsfragestellung: "Können die Angaben aus aussagepsychologischer Sicht als mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit erlebnisfundiert klassifiziert werden?" (Greuel/Offe/Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler, Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage, 1998, S 49). Demgegenüber sollte dann, wenn eine Glaubhaftmachung ausreicht, darauf abgestellt werden, ob die Angaben mit relativer Wahrscheinlichkeit als erlebnisfundiert angesehen werden können.
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Damit das Gericht den rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung in eigener Beweiswürdigung ausfüllen kann und nicht durch die Feststellung einer Glaubhaftigkeit seitens des Sachverständigen festgelegt ist, könnte es insoweit hilfreich sein, dem Sachverständigen aufzugeben, solange systematisch und unvoreingenommen nach Fakten zu den verschiedenen Hypothesen zu suchen, bis sich ein möglichst klarer Unterschied in ihrer Geltungswahrscheinlichkeit bzw praktischen Gewissheit ergibt (für eine solche Vorgehensweise im Asylverfahren vgl Lösel/Bender, Schriftenreihe des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Bd 7, 2001, S 175, 184). Denn dem Tatsachengericht ist am ehesten gedient, wenn der psychologische Sachverständige im Rahmen des Möglichen die Wahrscheinlichkeiten bzw Wahrscheinlichkeitsgrade für die unterschiedlichen Hypothesen darstellt.
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Diesen Maßgaben wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das LSG hat sich bei seiner Verneinung einer Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin nach § 15 S 1 KOVVfG ohne Weiteres auf das aussagepsychologische Gutachten der Sachverständigen H. vom 5.4.2005 gestützt. Dieses Glaubhaftigkeitsgutachten ist vom SG zu den Fragen eingeholt worden:
Sind die Angaben der Klägerin zu den Misshandlungen durch die Eltern und zum sexuellen Missbrauch durch den Vater (…) unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlich-aussagepsychologischen Kenntnisstandes insgesamt oder in Teilen glaubhaft? Sind die Angaben insbesondere inhaltlich konsistent und konstant und sind aussagerelevante Besonderheiten der Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin zu berücksichtigen? Welche Gründe sprechen insgesamt für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben?
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Ein Hinweis auf den im Rahmen des § 15 S 1 KOVVfG geltenden Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist dabei nach Aktenlage nicht erfolgt. Dementsprechend lässt das Gutachten der Sachverständigen H. nicht erkennen, dass sich diese der daraus folgenden Besonderheiten bewusst gewesen ist. Vielmehr hat die Sachverständige in der Einleitung zu ihrem Gutachten ("Formaler Rahmen der Begutachtung") erklärt, dass sich das Vorgehen bei der Begutachtung und die Darstellung der Ergebnisse nach den Standards wissenschaftlich fundierter Glaubhaftigkeitsbegutachtung richte, wie sie im Grundsatzurteil des BGH vom 30.7.1999 (BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746) dargelegt seien (S 1 des Gutachtens).
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Da das Berufungsurteil mithin - soweit es die Anwendung des § 15 S 1 KOVVfG betrifft - offenbar auf einer Tatsachenwürdigung beruht, der ein unzutreffender Beweismaßstab zugrunde liegt, vermag der erkennende Senat die Beurteilung des LSG auch zu diesem Punkt nicht zu bestätigen.
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5. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und einer Zurückverweisung der Sache an das LSG veranlasst (§ 170 Abs 2 S 2 SGG), weil die jetzt nach zutreffenden Beweismaßstäben vorzunehmenden Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigungen im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden können (§ 163 SGG).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, daß er bei seinen Angaben nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.10.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50.
3Der am 00.00.1980 geborene Kläger leidet maßgeblich an einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung. Bis zur achten Klasse besuchte er das Gymnasium, wechselte dann bis zur zehnten Klasse auf eine Privatschule und absolvierte sodann die Oberstufe am Berufskolleg für Hörgeschädigte, wo er das Abitur erwarb. Der Kläger studierte zunächst Wirtschaftswissenschaften, brach dieses Studium aber ab und studierte bis zuletzt Sportwissenschaften. Er besitzt eine Fußballtrainerlizenz und war bis Oktober 2014 ehrenamtlich als Trainer tätig.
4Auf einen ersten Antrag im Jahr 1993 stellte das Versorgungsamt E mit Bescheid vom 09.03.1994 einen GdB von 30 fest. Dem lag die Bewertung einer zentralen Fehlhörigkeit mit einem Einzel-GdB von 30 und einer Allergieneigung mit einem Einzel-GdB von 10 zugrunde. Im Rahmen einer Nachprüfung entstand Streit über den Umfang der Mitwirkungspflichten des Klägers, woraufhin das Versorgungsamt E den früheren Bescheid aufhob und die konkret begehrte Verlängerung der Bescheinigung für das Finanzamt nach §§ 60, 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) versagte. In einem hiergegen gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dortmund (S 20 (25) SB 321/98) erstellte die HNO-Ärztin Dr. I ein Sachverständigengutachten und sah aufgrund der auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung eine kognitive Teilleistungsschwäche, die mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Das damals beklagte Land hob daraufhin den angefochtenen Versagungsbescheid auf.
5Am 18.01.2001 beantragte der Kläger die rückwirkende Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab dem 01.01.1993. Wegen erneutem Streit über die Mitwirkungspflichten versagte das Versorgungsamt E 2003 nach §§ 60, 66 SGB I die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. In einem anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dortmund (S 20 SB 348/13) einigten sich die Beteiligten am 27.04.2004 auf die Veranlassung einer Begutachtung im Verwaltungsverfahren und Neubescheidung.
62006 erstellte die Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin Dr. C im Auftrag des Versorgungsamtes E ein Gutachten. Sie stellte eine durchschnittliche Intelligenz und unauffällige Wesenszüge fest, wobei das inhaltliche Denken auf das Bestehen einer cerebralen Leistungsminderung fixiert gewesen sei. Eine solche liege aber nicht vor. Sie diagnostizierte eine Entwicklungsstörung mit zentraler Fehlhörigkeit, die ebenso wie der GdB insgesamt mit 30 zu bewerten sei. Das Versorgungsamt E lehnte den Antrag auf Feststellung eines höheren GdB mit Bescheid vom 29.03.2007 ab. Der Kläger legte am 16.04.2007 Widerspruch ein. Sein psychischer Zustand habe sich verschlechtert, weshalb er eine Verhaltenstherapie begonnen habe. Das Versorgungsamt E holte einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. M und eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. M1 ein. Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 22.08.2007 zurück.
7Am 04.09.2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Dortmund Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) erhoben. Er hat vorgetragen, die Schwerbehinderung werde belegt durch die Schwierigkeiten in der Schule, die Übernahme der Kosten der Privatschule im Wege der Eingliederungshilfe, die fehlende Vermittelbarkeit einer geeigneten Ausbildungsstelle durch die Arbeitsverwaltung, den Abbruch des Studiums der Wirtschaftswissenschaften und die Länge des Studiums der Sportwissenschaften, die fortdauernde Notwendigkeit einer Therapie sowie die Fortzahlung des Kindergeldes durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV), das von einer Erwerbsunfähigkeit ausgehe. Es liege eine Hirnleistungsschwäche im mittleren Bereich vor, die bereits eine Schwerbehinderung bedeute.
8Das Sozialgericht hat Befundberichte des Neurologen und Psychiaters Dr. M, des praktischen Arztes O und des HNO-Arztes Dr. G sowie ein Sachverständigengutachten nach §§ 103, 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Neurologen und Psychiater Dr. I eingeholt. Dr. M hat einen GdB von 50 wegen ausgeprägter hirnorganischer Teilleistungsstörung befürwortet. Es bestünden u.a ein Tinnitus, Kopf- und Nackenschmerzen, aber auch eine psychophysische Stressreaktion, eine generalisierte Angststörung und ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Der behandelnde Arzt O hat u.a. ein chronisch-funktionelles Wirbelsäulenleiden sowie eine somatoforme Belastungs- und Angststörung angegeben. Dr. G hat ab 2007 einen Tinnitus aurium mit erheblichen psychischen Begleiterscheinungen angegeben. Der GdB liege insgesamt bei mindestens 40. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. I hat der Kläger diesem gegenüber einen seit zehn Jahren bestehenden Tinnitus angegeben. Er - der Kläger - habe in der Schulzeit häufig Kopfschmerzen gehabt, vor allem bei Stress. Teilweise könne er sich über längere Strecken gut konzentrieren, brauche dann aber eine entsprechende Erholung. Stimmungsschwankungen träten nur unter Stress auf. 2006 sei es ihm vorübergehend schlechter gegangen, die dann begonnene Therapie habe aber Wirkung gezeigt. Der Sachverständige Dr. I hat einen weitgehend unauffälligen psychopathologischen Befund bei lediglich leichter thematischer Einengung auf die Beschwerdesymptomatik festgestellt. Während der mehrstündigen Exploration habe sich kein Hinweis auf eine Störung der kognitiven Funktionen gefunden. Es lasse sich weder eine Agoraphobie noch ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom objektivieren. Die auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung sei entsprechend einer Niederschrift des Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) entsprechend einer sensorischen Aphasie zu bewerten. Das Ausmaß der Beeinträchtigung des Klägers entspreche einem leichten Hirnschaden und sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, zumal die Probleme nicht durchgängig, sondern nur zeitweise bzw. situationsabhängig bestünden. Eine Vergleichbarkeit mit einem Hirnschaden mit mittelgradigen kognitiven Leistungsstörungen liege eindeutig nicht vor. Es liege außerdem eine Angststörung vor, die 2006 vorübergehend mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten gewesen sei, so dass der GdB insgesamt grundsätzlich 30 und lediglich im Jahr 2006 für etwa 9 Monate 40 betragen habe.
9Der Kläger hat u.a. eingewandt, der Sachverständige habe die Kopfschmerzsymptomatik außer Acht gelassen. Er sei außerdem schon immer depressiv gewesen und weiterhin in Behandlung.
10Das Land NRW und nach Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung der an dessen Stelle getretene Beklagte haben unter Bezugnahme auf versorgungsärztliche Stellungnahmen der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. C, des Psychiaters und Sozialmediziners Dr. N sowie der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. X zunächst die Feststellung eines GdB von 40 ab Januar 2007, später nur noch die Feststellung eines GdB von 40 für April bis Dezember 2006 angeboten. Vor 2006 seien stärkere psychische Probleme nicht belegt.
11Das Sozialgericht hat den Beklagten unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten verurteilt, für den Zeitraum April bis Dezember 2006 einen GdB von 40 festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die vom Sachverständigen Dr. I vorgenommene Bewertung des führenden Leidens ergebe sich unabhängig davon, ob als Maßstab eine Aphasie, ein seelisches Leiden oder Hörstörungen herangezogen würden.
12Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 03.11.2011 zugestellte Urteil am 23.11.2011 Berufung eingelegt.
13Er trägt vor, er benötige einen Schwerbehindertenausweis für Prüfungserleichterungen und zur Abwendung jährlicher Begutachtungen durch die Kindergeldkasse. Die Untersuchung durch den Sachverständigen habe unter Optimalbedingungen stattgefunden und sei insofern nicht aussagekräftig. Es müsse festgestellt werden, ob ein Hirnschaden vorliege. Er sei besonders beruflich betroffen. Bei verfassungskonformer Auslegung sei dies im Schwerbehindertenrecht ebenfalls zu berücksichtigen. Das Arbeitsamt bestätige in regelmäßigen Abständen, dass er erwerbsunfähig sei. Er gehe nur einmal im Jahr in die Disco, im Kino sei er zuletzt 2006 gewesen, wo er kollabiert sei. Er nimmt u.a. Bezug auf einen Befund des "BlickLabor" Kevelaer, wonach auch eine Blickstörung vorliege. Zuletzt sei vom Kopfschmerzzentrum des Universitätsklinikums Essen ein chronischer Spannungskopfschmerz und eine Migräne ohne Aura festgestellt worden. Außerdem bestehe eine erhebliche Beeinträchtigung der Wirbelsäule.
14Der Kläger beantragt,
15das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.10.2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Versorgungsamtes E vom 29.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 22.08.2007 zu verurteilen, bei ihm ab dem 27.04.2004 einen GdB von mindestens 50 festzustellen, hilfsweise gemäß § 109 SGG ein neurologisches Gutachten von einem noch zu benennenden Arzt einzuholen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Der Beklagte nimmt Bezug auf versorgungsärztliche Stellungnahmen der Chirurgin Dr. N und der Ärztin L.
19Der Senat hat ein für die Agentur für Arbeit I erstelltes Gutachten des Neurologen, Psychotherapeuten und Sozialmediziners Dr. H, eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. I, einen Befundbericht der Orthopäden Dr. Q et al. sowie Sachverständigengutachten nach §§ 103, 106 SGG des Direktors der HNO-Klinik des Universitätsklinikums der Ruhr-Universität-C Prof. Dr. E und des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. X1 eingeholt. Dr. H hält das Leistungsvermögen für aufgehoben. Der Sachverständige Dr. I führt aus, das Gutachten von Dr. H enthalte keine Befunde, die seine Schlussfolgerung stützten. Er verweist darauf, dass der Kläger studiere, als Trainer tätig sei und üblichen Freizeitaktivitäten nachgehe. Dr. Q et al. gehen von mittelgradigen Beeinträchtigungen in einem Wirbelsäulenabschnitt aus. Der Sachverständige Prof. Dr. E führt aus, ton- und sprachaudiometrisch bestehe Normalhörigkeit. Der Tinnitus sei nicht lärmbedingt. Die mutmaßliche zentrale Hörstörung sei schon abstrakt kaum beweisbar. Im Fall des Klägers komme hinzu, dass dieser mit den Testmethoden seit langem vertraut sei. Es lägen zum Teil divergierende Testergebnisse vor. Es bestehe keine signifikante Intelligenzminderung. Der GdB betrage 30. Der Sachverständige Dr. X1 stellt eine nur geringgradige funktionelle Beeinträchtigung der Halswirbelsäule fest. Ein erst 2013 nachgewiesener Bandscheibenvorfall könne die schon länger geklagten Kopfschmerzen nicht erklären. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers bestünden erste Anzeichen einer chronifizierten Schmerzerkrankung. Der Einzel-GdB für den Rumpf könne unter deren Einbeziehung mit einem schwachen 20er Wert angesetzt werden, wirke sich aber nicht auf den Gesamt-GdB aus.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, die Gerichtsakten der Verfahren S 20 (25) SB 321/98 und S 20 SB 348/03 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
21Entscheidungsgründe:
22Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht im Wesentlichen abgewiesen. Denn der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nur in dem Umfang im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, als diese durch das Sozialgericht aufgehoben worden sind; im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig.
23Mit Auflösung der Landesversorgungsverwaltung und Übertragung der Aufgaben nach den §§ 69, 145 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) auf die Kreise und kreisfreien Städte durch §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des als Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 erlassenen Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen ist der Ennepe-Ruhr-Kreis als Funktionsnachfolger des Landes NRW kraft Gesetzes Beklagter geworden (vgl. hierzu grundlegend LSG NRW Urteil vom 12.02.2008 - L 6 SB 101/06, juris und Urteil vom 05.03.2008 - L 10 SB 40/06, juris; BSG Urteil vom 23.04.2009 - B 9 SB 3/08 R, juris Rn 15 ff; allgemein zum Beteiligtenwechsel bei Funktionsnachfolge Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 99 Rn 6a).
24Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bezugspunkt für die Frage einer wesentlichen Änderung ist die mit Bescheid vom 09.03.1994 erfolgte Feststellung eines GdB von 30. Eine wesentliche Änderung dergestalt, dass der GdB ab Antragstellung im Jahr 2004 mehr als 30 beträgt, liegt abgesehen von einer vorübergehenden Verschlechterung im Jahr 2006, der das Sozialgericht mit einer entsprechenden Teilstattgabe bereits Rechnung getragen hat, nicht vor.
25Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft von den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden festgestellt, § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für diese Feststellung die Maßstäbe der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassenen Rechtsverordnung (VersMedV vom 10.12.2008) und insbesondere ihrer Anlage 2 (VMG) entsprechend. Die Bemessung des (Gesamt-)GdB ist dabei in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B, juris Rn 5 m.w.N.). In einem ersten Schritt sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in den VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann, in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB, in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der maßgebliche (Gesamt-)GdB zu bilden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, juris Rn 18 m.w.N.). Außerdem sind nach Teil A Nr. 3b VMG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R, juris Rn 25; vgl. zum Ganzen auch LSG NRW, Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11, juris Rn 42 ff und daran anschließend BSG, Beschluss vom 17.04.2013 - B 9 SB 69/12 B, juris Rn 8 ff). Soweit im vorliegenden Fall für die Zeit bis zum Inkrafttreten der VersMedV die sogenannten "Anhaltspunkte" maßgeblich sind, sind diese im Hinblick auf die hier entscheidenden Tatbestände inhaltsgleich.
26Führendes Leiden ist die auditive Verarbeitungsstörung. Nach der Niederschrift des Sachverständigenbeirats vom 28./29.04.1999 sind auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen analog einer sensorischen Aphasie zu bewerten, wobei GdB-mindernd zu berücksichtigen sei, dass bei einer auditiven Störung typischerweise keine Hirnschädigungen vorliegen. Dass die Stellungnahme speziell zu Störungen bei Kindern erging, ist unschädlich. Gemäß Ziffer 26.3 AHP 2004/2008 sowie Teil B Nr. 3.1.2 VMG sind Hirnstörungen mit kognitiven Leistungseinschränkungen bei Leichtgradigkeit mit einem GdB von 30-40 und bei Mittelgradigkeit (z.B. Aphasie mit deutlicher bis sehr ausgeprägter Kommunikationsstörung) mit einem GdB von 50-80 zu bewerten. Eine Mittelgradigkeit, also etwa eine deutliche bis sehr deutliche Kommunikationsstörung, besteht hier nicht. Der Kläger ist nur dann beeinträchtigt, wenn er unter Stress steht bzw. wenn eine laute Geräuschkulisse vorherrscht. Dass dies kein Dauerzustand ist, ergibt sich sowohl aus den Beobachtungen der Sachverständigen selbst als auch aus den Angaben des Klägers gegenüber den Sachverständigen. Der Sachverständige Dr. I gab etwa an, über die mehrstündige Begutachtung hinweg seien keine Hinweise auf Störungen der kognitiven Funktionen zu beobachten gewesen. Der Kläger gab dort an, sich teilweise auch sehr lange konzentrieren zu können. So habe er einen Segelintensivkurs absolviert und die A-Lizenz als Fußballtrainer erworben. Probleme habe er vor allem in großen Hörsälen. Gemäß Teil A Nr. 2f Satz 3 VMG ist Schwankungen im Gesundheitszustand mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Dies ist auf die hier nur situativ gegebene Beeinträchtigung zu übertragen. Eine Hirnschädigung ist weder belegt noch bestehen hierfür trotz langjähriger ärztlicher Behandlung und diverser Begutachtungen Hinweise. Ein höherer Einzel-GdB als 30 ist damit nicht möglich. Dies zeigt auch der Vergleich mit Hörgeschädigten, bei denen gemäß Teil B Nr. 5.2.4 VMG ein Einzel-GdB von 40 erst dann erreicht wird, wenn auf einem Ohr eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit und auf dem anderen Ohr eine zumindest mittelgradige Schwerhörigkeit besteht. Soweit der Kläger über die reine Wahrnehmungs- bzw. Verarbeitungsstörung weitere Symptome wie Konzentrationsprobleme und zuletzt unter Bezugnahme auf den Befund des "BlickLabor" Kevelaer u.a. eine Blickstörung geltend macht, sind diese Symptome bereits in die Bewertung einbezogen worden, so etwa ausdrücklich vom Sachverständigen Prof. Dr. E.
27Eine von der auditiven Verarbeitungsstörung zu trennende relevante psychische Störung liegt nicht vor. Gemäß Teil B Nr. 3.7 VMG ist eine leichtere psychische Störung mit einem GdB von 10-20 und erst eine Erkrankung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem GdB von mindestens 30 zu bewerten. Ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oder eine Agoraphobie liegen nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. I nicht vor. Eine relevante depressive Symptomatik konnte von ihm ebenfalls nicht festgestellt werden. Der Kläger berichtete lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum in 2006 von einer stärkeren Beeinträchtigung. Unter der Therapie habe sich diese deutlich gebessert. Trotz der vom Klägervertreter betonten seltenen Disco- und Kinobesuche besteht ausweislich der vom Sachverständigen Dr. I wiedergegebenen Schilderungen des Klägers ein intaktes Sozialleben. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ergibt sich auch weder aus den wiederholt beschriebenen Somatisierungs- und hypochondrischen Tendenzen, noch wird sie durch die wohl fortdauernde therapeutische Behandlung belegt.
28Eine für die GdB-Bildung relevante Migräneerkrankung ist ebenfalls nicht gegeben. Eine echte Migräne bedingt nach Teil B Nr. 2.3 VMG erst ab einer Mittelgradigkeit (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) einen GdB von 20-40. Kopfschmerzen sind analog zu bewerten (Wendler/Schillings, 6. Aufl. 2013, S. 113 m.w.N.). Eine solche Mittelgradigkeit lässt sich hier nicht objektivieren. Der Kläger hat gegenüber dem Sachverständigen Dr. I Kopfschmerzen vor allem für die lange zurückliegende Schulzeit angegeben. In den Gutachten von Dr. C und dem Sachverständigen Prof. Dr. E findet sich kein bzw. kaum entsprechender Beschwerdevortrag. Gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. E gab der Kläger lediglich an, während der Untersuchung im Verlauf einer Inhaltsangabe zu einem auditiv gegebenen Text seien zunehmend u.a. Kopfschmerzen aufgetreten. Der Sachverständige Prof. Dr. E führt hierzu aus, diese Beschwerden seien äußerlich nicht erkennbar gewesen. Im Übrigen besteht eine Überschneidung mit der Verarbeitungsstörung bzw. mit der zuletzt vom Sachverständigen Dr. X1 angenommenen beginnenden chronischen Schmerzerkrankung.
29Die Gesamtheit der dem Funktionssystem Psyche zuzuordnenden Störungen nach den übereinstimmenden und überzeugenden Beurteilungen sämtlicher Sachverständigen, denen der Senat folgt, sind jedenfalls nicht derart ausgeprägt, dass sie einen GdB von mehr als 30 rechtfertigt. Die zum Teil deutlich nach oben abweichenden Einschätzungen behandelnder Ärzte überzeugen schon mangels entsprechender Begründungen nicht.
30Das Wirbelsäulenleiden führt zu keiner Anhebung des GdB. Gemäß Teil B Nr. 18.9 VMG können erst mittelgradige Schäden in einem Wirbelsäulenabschnitt einen GdB von 20 begründen. Der Sachverständige Dr. X1 sieht unter überzeugender Bezugnahme auf die nur leichte Bewegungseinschränkung nur geringe funktionelle Auswirkungen. Die von ihm angenommene beginnende chronische Schmerzerkrankung führt nach seinen Ausführungen nur zu einer moderaten und nicht Gesamt-GdB-relevanten Erhöhung.
31Weitere Leiden, die für die GdB-Bildung relevant sein könnten, sind nicht erkennbar.
32Ein besonderes berufliches Betroffensein ist gemäß Teil A Nr. 2b VMG und wegen des fehlenden Verweises auf § 30 Abs. 2 BVG in § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX nicht beachtlich (vgl. etwa LSG NRW, Urteil vom 17.08.2006 - L 7 SB 39/05, juris Rn 25), ein Verfassungsverstoß nicht ersichtlich.
33Nach Einholung neurologisch-psychiatrischer, hno-ärztlicher und chirurgisch-sozialmedizinischer Gutachten sind keine weiteren Ermittlungsansätze ersichtlich. Die vom Kläger zuletzt in den Vordergrund gerückten Kopfschmerzen waren bereits Gegenstand der genannten Gutachten. Eine gerade seit der neurologisch-psychiatrischen Begutachtung eingetretene wesentliche Verschlimmerung wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
34Dem hilfsweisen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG war nicht stattzugeben. Zum einen reicht die bloße Ankündigung der Benennung eines bestimmten Arztes für einen wirksamen Antrag nicht aus (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109 Rn 4). Zum anderen kann das Gericht den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist, § 109 Abs. 2 SGG. Das war hier der Fall. Eine Verzögerung wäre deshalb eingetreten, weil der Antrag erst in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist und bei einer Stattgabe eine Vertagung erforderlich gewesen wäre. Eine Verspätung aus grober Nachlässigkeit liegt vor, wenn der Beteiligte den Antrag nicht spätestens dann innerhalb angemessener Frist stellt, wenn er erkennen muss, dass das Gericht keine (weiteren) Erhebungen von Amts wegen durchführt (vgl. Keller, a.a.O., Rn 11). Hier war für den Kläger bereits Ende Oktober 2014 mit Erhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dr. X1 klar, dass der Senat keine weitere Sachaufklärung beabsichtigte. Denn der Senat hatte mit der Übersendung des Gutachtens angefragt, ob angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Berufung aufrechterhalten werde. Am 17.12.2014 wurde dem Kläger sodann die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung zugestellt. Selbst in seinem Schriftsatz vom 27.12.2014 erwähnte der Kläger einen Antrag nach § 109 SGG nicht.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
36Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.