Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 27. Juli 2016 - L 5 KR 4217/14

bei uns veröffentlicht am27.07.2016

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Krebstherapie mit Hyperthermie, Vitamin-C-Infusionen und Thymuspräparaten.
Die Klägerin ist (neben ihrer Tochter) als Witwe (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin (Erbin zu je ½ - Erbschein des Notariats S. vom 05.03.2013) des 1977 geborenen und am 30.01.2013 verstorbenen D. J. (im Folgenden: Versicherter). Sie hat zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Der Versicherte war bei der Sch. H. V. AG krankenversichert. Für die Leistungserbringung in Deutschland war die Beklagte zuständig.
Am 14.11.2011 diagnostizierte der Onkologe Dr. B. bei dem Versicherten ein fortgeschrittenes Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs (AEG-Karzinom) mit Leber- und Lymphknotenmetastasen (Arztbrief vom 18.11.2011). Am 23.11.2011 stellte sich der Versicherte zur Einholung einer Zweitmeinung im Klinikum r. der I. in M. vor. Dort wurde ihm wegen Inoperabilität des Tumors eine Chemotherapie nach dem PLF-Schema (Leukovorin, 5-FU sowie Cisplatin) empfohlen (Arztbrief vom 24.11.2011). Die Chemotherapie wurde im Dezember 2011 im H.-B.-Klinikum, S., aufgenommen (Arztbrief vom 21.12.2011).
Mit Schreiben vom 03.12.2011 beantragte der Versicherte die Übernahme der Kosten einer Hyperthermie-Behandlung. Da bei ihm wegen des fortgeschrittenen Stadiums der Krebserkrankung Aussicht auf Heilung nicht bestehe, habe ihm sein behandelnder Hausarzt Dr. Dr. R. die Durchführung einer Hyperthermie-Behandlung begleitend zur (schulmedizinischen) Chemotherapie angeraten. Dadurch sollten seine Beschwerden gelindert und sein Wohlbefinden solle aufrechterhalten werden. Dr. Dr. R. halte es auch für möglich, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen oder zumindest für einige Zeit aufzuhalten. Zur Stärkung des Immunsystems solle zusätzlich eine Thymus- und eine Misteltherapie durchgeführt werden.
Am 06.12.2011 nahm der Versicherte die ambulante Hyperthermie-Behandlung bei Dr. Dr. R. auf. Die Hyperthermie-Anwendung wurde vom 01.02.2012 bis 10.02.2012 und vom 03.07.2012 bis 11.07.2012 stationär in der B.-Klinik, Bad B., und im Übrigen ambulant in der F., F., und bei Dr. Dr. R. fortgeführt. In der F. ist der Versicherte darüber aufgeklärt worden, dass die lokoregionäre Tiefenhyperthermie als experimentelle Therapie von der Leistungspflicht der Krankenkassen nicht umfasst ist; ein entsprechendes Aufklärungsformular unterzeichnete der Versicherte am 03.04.2012. Die Hyperthermie-Behandlung wurde bis zum August 2012 durchgeführt. Bereits am 18.11.2011 hatte der Versicherte bei Dr. Dr. R. die (zusätzliche) Behandlung mit Thymuspräparaten aufgenommen. Ab 01.06.2012 wurden ihm von Dr. Dr. R. außerdem Vitamin-C-Infusionen verabreicht.
Dr. Dr. R. und Dr. H., F., stellten dem Versicherten für die als privatärztliche Leistungen erbrachte Hyperthermie-Behandlung, die Behandlung mit Thymuspräparaten und mit Vitamin-C- bzw. Seleninfusionen von November 2011 bis September 2012 Kosten von insgesamt 4.963,75 EUR bzw. 2.925,00 EUR und 220,14 EUR (Gesamtbetrag 8.108,89 EUR) in Rechnung (Rechnungen vom 27.12.2011, 03.04.2012, 09.05.2012, 05.06.2012, 02.07.2012, 13.08.2012 und 27.09.2012). Die Rechnungen sind bezahlt worden.
Mit Schreiben vom 22.12.2011 forderte die Beklagte den Versicherten auf, ihr weitere Informationen zur Hyperthermie-Behandlung von seinem behandelnden Arzt zukommen zu lassen.
Mit Bescheid vom 22.12.2011, der keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Thymus-Therapie ab. Diese gehöre nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe die Thymustherapie noch nicht bewertet.
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zur Hyperthermie-Behandlung des Versicherten.
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Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 27.01.2012 führte Dr. W. aus, nach Feststellung primärer Inoperabilität der Krebserkrankung des Versicherten sei eine Chemotherapie eingeleitet und es sei ein Stent (Speiseröhre) gelegt worden. Die Hyperthermie solle die Tumorzellen durch „Hitzestress“ empfindlicher gegenüber natürlichen Abbauprozessen oder der Strahlen- und Chemotherapie machen. Sie stelle keine Standardbehandlung dar. Der GBA habe sich mit der Krebsbehandlung durch Hyperthermie am 18.01.2005 befasst und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Stellenwert dieser Therapieform bei der Behandlung des Mammakarzinoms im Vergleich zu Standardtherapien (Operation, Strahlen- und Chemotherapie sowie Hormontherapie) noch unklar sei. Keine der unterschiedlichen Methoden der Hyperthermie sei bisher ausreichend standardisiert in Bezug auf Temperatur, Einwirkdauer usw. Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aufgestellten Voraussetzungen für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris) seien vorliegend nicht erfüllt. Empfohlen werde die Anwendung der leitliniengerechten Therapie durch Onkologen bzw. Gastroenterologen.
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Mit Bescheid vom 02.02.2012, der ebenfalls keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung des Versicherten ab.
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Der Versicherte legte den Arztbrief des Onkologen Dr. St. (H.-B.-Klinikum) vom 01.02.2012 vor. Darin ist ausgeführt, die Krebserkrankung des Versicherten werde derzeit mit Chemotherapie und simultan mit Hyperthermie behandelt. Die computertomographische Zwischenuntersuchung vom 26.01.2012 habe eine Größenrückbildung des Primärtumors, der regionären Lymphknotenmetastasen und eine zunehmende Einschmelzung der Leberherde (Tumornekrosen) ergeben. Korrelierend hiermit sei der Tumormarker CEA rückläufig (Therapiebeginn 1.416, maximal 1.856, aktuell 343 ng/ml). Zusammenfassend habe durch die aktuelle Therapie ein Ansprechen am Verlauf des Tumormarkers und bildgebend im CT dokumentiert werden können. Die Anpassung der Chemotherapie erfolge in Absprache mit Dr. Dr. R., wobei konkret die Oxaliplatindosis auf 66 % der Standarddosierung zurückgenommen worden sei. Dadurch sei die chemotherapeutische Behandlung nebenwirkungsärmer und es bestehe im Prinzip die Möglichkeit einer Behandlungsverlängerung, sofern auch im weiteren Verlauf eine Tumorrückbildung erreicht werden könne.
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Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der Sozialmedizinischen Fallberatung (nach Aktenlage) vom 09.03.2012 führte Dr. W. aus, aus dem Arztbrief des Dr. St. vom 01.02.2012 gehe nicht hervor, ob der Rückgang des Primärtumors und der Metastasen Folge der Hyperthermie oder der Kombination aus Chemotherapie und Hyperthermie sei. Möglicherweise handele es sich auch um einen Effekt, der allein von der Chemotherapie ausgehe. Es bleibe bei der Einschätzung im MDK-Gutachten vom 27.01.2012.
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Mit Bescheid vom 12.03.2012 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung des Versicherten erneut ab.
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Am 16.03.2012 erhob der Versicherte Widerspruch. Wie aus dem Arztbrief des Dr. St. vom 01.02.2012 hervorgehe, habe die Hyperthermie-Behandlung bei ihm eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
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Der Versicherte legte den Arztbrief des Dr. St. vom 19.03.2012 (mit Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis S. vom 16.03.2012) vor. Darin heißt es, bei guter Verträglichkeit habe unter der Chemotherapie nach dem FLOT-Protokoll in Kombination mit einer Hyperthermie-Behandlung ein sehr erfreuliches Therapieansprechen erreicht werden können. Am eindrucksvollsten zeige sich dies am Abfall des Tumormarkers CEA von max. 1.856 auf zuletzt 22 ng/ml. Auch in der bildgebenden Diagnostik mit CT-Abdomen nach 4 Zyklen Chemotherapie (einschmelzende Lebermetastasen) sowie nach 8 Zyklen (Größenregression > 50%, Referenzmetastase Segment V von 2,5 cm auf 1 cm) habe das Tumoransprechen bildmorphologisch dokumentiert werden können. In der ÖGD sei kein Primärtumor mehr nachweisbar. Man habe dem Versicherten vorgeschlagen, die Oxaliplatindosis, die vorübergehend (in den Chemotherapie-Zyklen 5 bis 7) auf 75 % erhöht worden sei, wieder auf 65 % (wie in den Zyklen 1 bis 4) zu reduzieren. Darunter sei unter der Hyperthermie ein optimales Therapieansprechen evaluiert worden. Durch die Oxaliplatin-Reduktion habe die Chemotherapie bisher nicht zu klinischen Zeichen einer Polyneuropathie geführt.
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Die Beklagte befragte erneut den MDK, auch zur beim Versicherten angewandten Thymustherapie. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 28.03.2012 führte der Arzt E. aus, die Krebsbehandlung durch Hyperthermie sei Gegenstand der medizinischen Forschung. Ein Wirksamkeitsnachweis stehe allerdings weiterhin aus. Die Behandlung mit Hyperthermie im Rahmen klinischer Studien wäre möglich, regelmäßig als stationäre oder teilstationäre Behandlung unter kontrollierten Bedingungen, einschließlich Temperaturmessung im Tumorbett. Außerhalb klinischer Studien könne die Übernahme der Kosten für eine Hyperthermie-Behandlung ohne kontrollierte Bedingungen jedoch nicht befürwortet werden. Thymus-Lysate seien als Wirkstoff lediglich als nicht-rezeptpflichtige, homöopathische Arzneimittel auf dem Markt. Diese könnten zulasten der Krankenkassen nicht verordnet werden.
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Mit Schreiben vom 30.03.2012 teilte die Beklagte dem Versicherten (u.a.) mit, die Kosten der Thymustherapie und der Hyperthermie könnten nicht übernommen werden.
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Im weiteren MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 11.05.2012 führte der Arzt E. ergänzend aus, Studien, aus denen sich eine verlängerte Überlebenszeit von Krebspatienten durch Thymustherapie ableiten lasse, seien bei der Literaturrecherche nicht gefunden worden. Die Ausschöpfung der Standardtherapie beim Versicherten sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Für die Thymustherapie finde sich keine Empfehlung in den Leitlinien. Als Alternative stehe dem Versicherten die leitliniengerechte onkologische und gastroenterologische Behandlung zur Verfügung.
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Mit Schreiben vom 18.05.2012 beantragte der Versicherte die Übernahme der Kosten für die Behandlung mit Selen- und Vitamin-C-Infusionen. Mit Bescheid vom 21.06.2012 lehnte die Beklagte (auch) diesen Antrag ab. Am 19.07.2012 legte der Versicherte dagegen Widerspruch ein.
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Mit Schreiben vom 29.06.2012 lehnte die H. V. AG die Übernahme von Behandlungskosten für den Versicherten ab.
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Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 21.08.2012 führte Dr. B.-N. (zur Misteltherapie) aus, bei dem Medikament Helixor P (wässriger Auszug aus Kiefernmistel) handele es sich um ein apothekenpflichtiges, aber nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Nach Maßgabe der Arzneimittelrichtlinien (AMR) könnten Mistelpräparate aperenteral auf Mistellektin normiert nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität zulasten der Krankenkassen eingesetzt werden. Helixor sei, ebenso wie andere Mistelpräparate der anthroposophischen Medizin, nicht auf Mistellektin normiert. Hintergrund sei, dass für die Behandlung aus anthroposophischer Sicht nicht der exakte Wirkstoffgehalt an Mistellektin, sondern der gesamte Gehalt des Mistelextraktes wichtig sei. Sowohl für allopathische, phytotherapeutische, nicht verschreibungspflichtige Mistelpräparate, wie Cefalektin, Eurixor und Lektinol, als auch für die anthroposophischen Mistelpräparate, wie Helixor, Abnoba viscum, Iscador, gelte, dass diese Arzneimittel bei malignen Tumoren für die palliative Therapie zulasten der Krankenkassen verordnet werden dürften. Das vom Versicherten begehrte Medikament sei daher zu gewähren.
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Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 22.08.2012 führte Dr. B.-N. (zur Hyperthermie- und Thymusbehandlung) aus, zu den Hyperthermie-Verfahren gehörten verschiedene Methoden, die eine lokale, regionale oder systemische Erwärmung des Körpers über die normale Körpertemperatur hinaus erzeugten. Die Wirksamkeit der Hyperthermie werde auf molekulare und physiologische Effekte von Wärme auf Zell- und Gewebeebene zurückgeführt. Dabei werde u.a. eine Sensibilisierung von Tumorzellen gegenüber der Radiotherapie und/oder der Anwendung von Zytostatika postuliert, ebenso eine „physiologische Umstimmung im Tumorgebiet in Abhängigkeit von der speziellen Tumorbiologie und der erzielten Temperatur“. Unterschieden werde zwischen der lokalen (oberflächlichen) Hyperthermie, der regionalen Tiefenhyperthermie, der interstitiellen Hyperthermie, der Extremitätenperfusion (der regionalen Hyperthermie zuordenbar) und der Teilkörper- und Ganzkörperhyperthermie. Die wissenschaftlich fundierte Krebsbehandlung mit regionaler Tiefenhyperthermie innerhalb klinischer Studien werde an spezialisierten akademischen Zentren (z.B. in D., E., M. und T.) durchgeführt. Dabei würden technische Geräte eingesetzt, die neben der Temperaturdosisplanung eine Verifikation der tatsächlich erzielten Temperaturen über Temperaturmessungen ermöglichten. Das sei erforderlich, weil der Temperaturbereich, in dem Hyperthermie gegen Tumore nachgewiesenermaßen wirksam sei, nahe an der Grenze liege, an der auch gesundes Gewebe irreversibel geschädigt werde. Verglichen mit den wissenschaftlichen Verfahren problematisch seien demgegenüber Hyperthermieverfahren, denen sowohl eine wissenschaftlich-technisch begründete Therapieplanung, die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet wie auch eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen fehle. Bei diesen Verfahren würden Niederfrequenzgeräte eingesetzt; die Behandler sprächen von „Elektro-Hyperthermie“ bzw. „Oncothermie“. Die Geräte verwendeten den niedrigsten und damit technisch und wirtschaftlich am einfachsten und kostengünstig darstellbaren Frequenzbereich, für den aufgrund erlaubter Störungen anderer Dienste keine aufwändigen Abschirmungsmaßnahmen erforderlich seien. Die offizielle Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft, in der die wissenschaftlich orientierte Hyperthermie in Deutschland organisiert sei, habe diese Methode wiederholt scharf kritisiert und die (Geräte-)Hersteller aufgefordert, Belege für die behaupteten Effekte oder die klinische Wirksamkeit des Verfahrens beizubringen, was jedoch nicht erfolgt sei. Nach Maßgabe des Medizinproduktegesetzes könnten die Niederfrequenzgeräte ohne Wirkungsnachweis angeboten werden. Sie würden gut vermarktet und vorwiegend an komplementäronkologische Einrichtungen und an Heilpraktiker verkauft. Studien, die den Nutzen dieser Hyperthermie-Methode für den Patienten belegten, gebe es nicht. Beim Versicherten seien offenbar unterschiedliche Hyperthermie-Verfahren, teils ambulant, teils stationär, angewendet worden. Hinsichtlich der Thymustherapie fänden sich in den Behandlungsunterlagen keine genauen Angaben zu Art und Herstellung der verwendeten Thymuspräparate. Thymuspräparate seien in den AMR von der Verordnung zulasten der Krankenkassen ausgeschlossen worden.
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Das beim Versicherten vorliegende metastasierende AEG-Karzinom stelle eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung dar. AEG-Karzinome würden wie Magenkarzinome behandelt. Mit verschiedenen Chemotherapieschemata seien Remissionen bis zu 40 % zu erreichen mit Verlängerung der Überlebenszeit. Dazu heiße es in der einschlägigen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“, eine palliative medikamentöse Tumortherapie solle zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Diagnosestellung der lokal fortgeschrittenen inoperablen oder metastasierten Erkrankung eingeleitet werden. Die Kombinationstherapie sei der Monotherapie mit 5-FU bzw. oralem Fluoropyrimidin in Bezug auf die Überlebenszeit signifikant überlegen. Indiziert sei eine systemische platin-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie. Eine Dreifachkombination mit Cisplatin, 5-FU und Docetaxel (DCF) führe bei einer jüngeren Patientenpopulation (median 55 Jahre) im Vergleich zu einer Zweifachtherapie mit Cisplatin/5-FU zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil, sei jedoch mit einer höheren Rate an Toxizitäten verbunden. Patienten in gutem Allgemeinzustand solle eine Zweit-Chemotherapie angeboten werden bei Progress. Insgesamt stünden für das beim Versicherten verfolgte Behandlungsziel vertragliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
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Nach Aussagen der offiziellen Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie hätten klinische Behandlungsprotokolle einen Nutzen der regionalen Tiefenhyperthermie bei lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinomen, kapselüberschreitenden Prostatakarzinomen, Hochrisiko-Weichgewebesarkomen, Gebärmutterhalskrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Harnblasen-karzinomen und bei Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen ergeben. Die Hyperthermie werde danach derzeit vor allem bei schwierigen Krebserkrankungen eingesetzt. Sie komme vor allem bei Tumoren in Frage, die schlecht oder gar nicht operabel seien und für Krebsgeschwülste, die trotz vorangegangener konventioneller Therapie ein- oder mehrfach wieder aufgetreten seien. In den Kliniken der Mitglieder der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie würden Hyperthermiepatienten in klinischen Studien erfasst. Deshalb werde die Überwärmungstherapie nur bei Indikationen angewendet, die gezielt wissenschaftlich erforscht würden. Dazu gehörten Magenkarzinome bzw. AEG-Tumore nicht. In der aktuell gültigen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ und in der entsprechenden amerikanischen Leitlinie würden Hyperthermie und Thymustherapie als Behandlung von AEG-Tumoren nicht erwähnt. Insgesamt ergäben sich nach Aktenlage keine neuen Erkenntnisse für Wirksamkeit und Nutzen der in Rede stehenden Krebsbehandlung. Viele Fragen zu Sicherheit, Wirksamkeit und Nutzen, wie Hitzeempfindlichkeit von Tumorzellen, methodisch-technische Aspekte, klinische Ansprechraten oder Überlebenszeiten, seien weiterhin offen. Aufgrund der Unterschiede bei den verschiedenen Systemen zur Erzeugung einer Hyperthermie und auch aufgrund der unzureichenden Standardisierung der Verfahren zur Anwendung am Patienten in einheitlichen und etablierten Protokollen sei es erforderlich, die postulierten Wirksamkeitseffekte durch Hyperthermie weiterhin unbedingt in kontrollierten klinischen Studien zu überprüfen. Die meisten der bei der Literaturrecherche aufgefundenen Arbeiten befassten sich mit der Anwendung von hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie in perioperativer Anwendung. Es gebe keine Studien, die Hinweise auf eine positive Einwirkung der Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie bzw. lokoregionale Tiefenhyperthermie) allein oder in Verbindung mit Chemotherapie auf den Krankheitsverlauf im vorliegenden Fall erbringen würden. Studien, die darauf hinweisen könnten, dass im Fall eines AEG-Karzinoms durch Thymustherapie eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf eingetreten sei, seien bei der Literaturrecherche ebenfalls nicht aufzufinden. Es gebe auch keine Hinweise auf eine positive Einwirkung der Thymustherapie auf den Krankheitsverlauf in Kombination mit Chemotherapie (und Hyperthermie). Zudem werde in vorliegenden Arztbriefen wiederholt erwähnt, dass Oxaliplatin nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt Dr. Dr. R. von Anfang an auf 65% (66 %) bzw. 75 % reduziert worden sei, ohne dass zuvor Nebenwirkungen wie Polyneuropathie aufgetreten wären. Darunter sei nach Auffassung des Dr. Dr. R. unter Hyperthermie ein optimales Therapieansprechen evaluiert worden. Bei der Literaturrecherche hätten sich indessen keine Hinweise auf Studien ergeben, in denen dies (auch bei Vorliegen eines Magenkarzinoms bzw. eines AEG-Karzinoms) habe belegt werden können bzw. untersucht worden sei.
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Insgesamt stünden zur Behandlung der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten leitliniengerechte vertragsärztliche Behandlungsmethoden für die palliative Therapiesituation zur Verfügung. Belastbare Hinweise für eine Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf mit den hier durchgeführten Modalitäten der Hyperthermie sowie der Thymustherapie gebe es nicht. Die vom Versicherten im Rahmen privatärztlicher Behandlung gewählte experimentelle Therapie habe bislang keinen Wirksamkeitsnachweis anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken erbracht. Eine Überlegenheit, ein medizinischer Nutzen oder die Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Standardverfahren seien nicht nachgewiesen.
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Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 30.08.2012 führte Dr. B.-N. (zur Infusionstherapie) aus, bei Vitamin-C-Injektionslösungen handele es sich um apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Diese seien zugelassen zur Prophylaxe eines Vitamin-C-Mangels bei längerer parenteraler Ernährung sowie bei Methämoglobinämie im Kindesalter. Die Dauer der Anwendung richte sich laut Fachinformation nach dem klinischen Bild und nach den labordiagnostischen Parametern. In den Behandlungsunterlagen befänden sich keine Angaben zu Präparat, Dosierung, Häufigkeit der Anwendung sowie zu den Laborwerten. Der verordnete Wirkstoff sei in den AMR als Therapiestandard bei schwerwiegenden Erkrankungen wie folgt anerkannt: Wasserlösliche Vitamine, Benfotiamin und Folsäure als Monopräparate nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann. Diese Fallgestaltung liege hier bei Anwendung in Kombination mit Hyperthermie, Thymustherapie und Selen-Infusionen jedoch nicht vor. Verschreibungspflichtige Selenpräparate zu Infusionszwecken seien in Deutschland zugelassen zur Behandlung von Patienten mit nachgewiesenem Selenmangel, der ernährungsgemäß nicht behoben werden könne. Zur Therapiekontrolle sei laut Fachinformation die Selenbestimmung im Vollblut bzw. im Serum sinnvoll. In den Behandlungsunterlagen fänden sich (auch insoweit) keine Angaben zu Präparat, Dosierung und Häufigkeit der Anwendung sowie zu den Laborwerten. Bei der Anwendung in Kombination mit Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C-Infusionen zur Behandlung der beim Versicherten vorliegenden Krebserkrankung handele es sich um einen indikationsüberschreitenden Off-Label-Use. Eine dafür in § 30 Abschnitt K AMR notwendige Empfehlung der Expertengruppe mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmens bzw. die Übernahme der Empfehlung durch den GBA in die AMR liege nicht vor. Wie bereits im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 dargelegt, stünden für das Behandlungsziel vertragliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. AEG-Karzinome würden wie Magenkarzinome behandelt. Diese seien chemosensibel. Wirksam seien Taxane, 5-FU, Doxorubicin, Mitomycin C, Methotrexat, Cisplatin, Irinotecan und Nitrose-Harnstoffe. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, dass ein wissenschaftlicher Konsens in Fachkreisen über den Einsatz von Selen-Infusionen zur Behandlung der Krebserkrankung des Versicherten bestehe. Ebenso wenig könne aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestätigt werden, dass mit dem in Rede stehenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Für die Zielindikation des Arzneimittels sei auch ein Zulassungsantrag in Deutschland bzw. Europa nicht gestellt; entsprechende Phase-III-Studien seien nicht publiziert. Die Anwendung von Vitamin-C-Infusionen und Selen-Infusionen im Fall des Versicherten sei nicht als Standard etabliert bzw. von nationalen oder internationalen Fachkreisen empfohlen, auch nicht als Begleittherapie zur Hyperthermie und Thymustherapie. Dr. St. habe die genannten Infusionen in seinen Arztbriefen auch nicht erwähnt. Entsprechendes gelte für die Arztberichte der Krankenhäuser, in denen der Versicherte untersucht bzw. behandelt worden sei. Im Hinblick auf die Regelung in § 2 Abs. 1a SGB V seien beim Versicherten die dem allgemein anerkannten Standard der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden palliativen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Begehrt werde daher eine Leistung, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2012 (dem Versicherten am 06.11.2012 zugestellt) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Behandlung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymus- und Infusionstherapie stelle keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Die Kosten hierfür könnten daher nicht übernommen werden.
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Am 06.12.2012 erhob der Versicherte Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Nach dem Tod des Versicherten am 30.01.2013 führte die Klägerin (gemeinsam mit ihrer Tochter) das Klageverfahren fort. Zur Begründung wurde vorgetragen, die neben der Chemotherapie durchgeführte Hyperthermie-Behandlung habe eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt. Aus den vorliegenden Arztberichten gehe hervor, dass der Tumormarker CEA rückläufig gewesen und dass es zu einer größeren Rückbildung des Primärtumors und der regionären Lymphknotenmetastasen sowie zu einer zunehmenden Einschmelzung der Leberherde (Tumornekrosen) gekommen sei. Außerdem habe man die Chemotherapie unter verringerter Dosis und damit nebenwirkungsärmer durchführen können. Insgesamt habe durch Kombination der Chemotherapie mit Hyperthermie ein Behandlungserfolg erzielt werden können; schließlich sei der Primärtumor nicht mehr nachweisbar gewesen. Die Beklagte gewähre die in Rede stehende Behandlung vollumfänglich im stationären Bereich, lehne aber die Kostenübernahme für die ambulante Durchführung ab; das sei sachlich nicht gerechtfertigt. Aus Statistiken gehe hervor, dass die Hyperthermie-Behandlung in Fällen der vorliegenden Art eine lebensverlängernde Wirkung habe, die mit Chemotherapie allein nicht erreichbar sei. Die Kombinationsbehandlung mit Chemotherapie, Hyperthermie, Thymus- und Infusionstherapie verringere die Nebenwirkungen einer Behandlung allein mit Chemotherapie.
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Die Klägerin trug ergänzend vor, der Versicherte habe ab Diagnosestellung dank der zusätzlichen Behandlung mit Hyperthermie, Thymus- und Infusionstherapie im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzepts 14,5 Monate überlebt; die durchschnittliche Überlebenszeit (bei männlichen Patienten) liege bei 9,2 Monaten. Im ersten Jahr würden 42,4 % der Erkrankten versterben. Außerdem hätten die Nebenwirkungen der Chemotherapie durch Dosisreduktion um die Hälfte deutlich vermindert werden können.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das SG zog weitere Arztunterlagen bei und befragte behandelnde Ärzte.
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Prof. Dr. H. (H.-B.-Klinik) führte im Bericht vom 15.08.2013 aus, beim Versicherten sei eine Chemotherapie mit 5-FU-Oxaliplatin und Taxotere angewandt worden. Da das Krebsleiden bereits primär metastasiert gewesen sei (Lebermetastasen) habe von vornherein kein kuratives Therapiekonzept bestanden.
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Dr. H. (F.) gab im Bericht vom 20.08.2013 an, der Versicherte habe sich erstmals am 03.04.2012 vorgestellt; der letzte Kontakt habe am 28.06.2012 stattgefunden. An diesem Tag sei auch die letzte Hyperthermie-Behandlung vorgenommen worden. Der Versicherte habe sich in einer palliativen Situation befunden. Leitliniengerecht sei eine palliative Chemotherapie durchgeführt worden. Ergänzend habe man schon von Beginn an in der Praxis des Dr. Dr. R. eine begleitende Hyperthermie-Behandlung angewandt. Bei der ersten Zwischenuntersuchung habe sich ein überdurchschnittlich gutes Ansprechen der Therapie gezeigt. Insofern sei evident, dass bei dem Versicherten die Kombination zwischen Chemotherapie und Hyperthermie ein Optimum in der Behandlung dargestellt habe. Dementsprechend habe man auch die Fortsetzung der Therapie geplant. Auf Wunsch des Versicherten habe man den Hyperthermie-Teil der Behandlung in der Zeit von April bis Juni 2012 durchgeführt. Prinzipiell habe zwar eine palliative Situation vorgelegen, da der Tumor metastasiert gewesen sei. Im Hinblick auf das junge Alter und den guten Allgemeinzustand des Versicherten sei aber auch daran gedacht worden, ob nicht durch intensiviertes Ansprechen auf die Therapie eine eventuelle sekundäre Resektion des Primärtumors und der Metastasen möglich werden würde. Unter diesem Gesichtspunkt habe der Versicherte eine maximal effektive Chemotherapie erhalten. Ergänzend habe man Hyperthermie angewandt. Es gebe gute Daten, die sowohl eine Intensivierung der Wirksamkeit der Chemotherapie und der Hyperthermie, aber auch einen direkt immunstimulierenden Effekt der Hyperthermie belegten. Insofern sei das Konzept der Kombination einer potenten Chemotherapie in Verbindung mit Hyperthermie im Fall des Versicherten sicher eine medizinisch sehr sinnvolle Entscheidung gewesen. Durch ein maximales Ansprechen habe zumindest theoretisch die Option bestanden, die primär palliative Situation eventuell dann doch in eine kurative Option durch Operation und nachfolgende adjuvante Therapie überzuführen. Die schulmedizinische Standardtherapie sei federführend von der H.-B.-Klinik durchgeführt worden. Man habe sich dort für eine Chemotherapie nach dem FLOT-Schema entschieden. Diese Kombinationstherapie sei sicher nach aktueller Datenlage eine der potentesten Kombinationstherapien bei der in Rede stehenden Tumorentität, weshalb man die Entscheidung der Klinik als sehr vernünftig einstufen könne. Es gebe Daten, wonach die Wirksamkeit (der schulmedizinischen Behandlung) durch die Hyperthermie noch gesteigert werden könne. Insofern mache auch die Hinzunahme der Hyperthermie durchaus Sinn. Das gewählte Behandlungskonzept scheine ein durchaus sinnvolles Behandlungskonzept in der gegebenen Situation gewesen zu sein.
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Dr. Dr. R. teilte unter dem 28.08.2013 mit, er habe den Versicherten vom 18.03.2011 bis 02.12.2012 hausärztlich behandelt. Nach der Diagnose der Krebserkrankung sei der Versicherte über die infauste Prognose bei allein schulmedizinischer Behandlung informiert worden. Deshalb sei in Absprache mit den Ärzten der H.-B.-Klinik ein Konzept für die onkologische komplementäre Begleitung entwickelt worden. Dieses habe eine vorsichtige Reduktion der schulmedizinischen Standardtherapie und die Ergänzung der Therapie durch parallele Hyperthermie und begleitende Infusionen mit Selen und Vitamin C sowie eine Thymustherapie umfasst. Diese Therapie habe einen kurativen Anspruch; er habe sie in jüngster Vergangenheit mehrfach erfolgreich durchgeführt. Nach der ersten Serie der Chemotherapie und der komplementären Begleittherapie habe sich der Versicherte im Stadium der partiellen Remission bei einem erstaunlich guten Allgemeinzustand befunden. Leider habe sodann über einen längeren Zeitraum eine weitere Behandlung nicht stattgefunden, da sich die Option der lokalen Operation oder der Embolisation der Lebermetastasen ergeben habe. Die partielle Remission habe bis Juli 2012 angehalten; sodann sei eine Progression der Lebermetastasen festgestellt worden. Trotz verschlechterter Ansprechbarkeit (der Chemotherapie) sei die Begleittherapie weitergeführt worden. Leider sei es zu einer deutlichen hepatischen und ossären Metastasierung gekommen, weshalb man auf ein weiteres Protokoll (der Chemotherapie) umgestellt habe. Auch dies habe nicht den gewünschten Erfolg erbracht. Die komplementäre Begleittherapie habe Anfang Dezember 2012 nicht mehr zufriedenstellend angesprochen und sei abgebrochen worden. Zur Thymustherapie existiere eine Fülle von Studien mit positivem Erfolg. Er wende diese Behandlung seit 25 Jahren erfolgreich bei Krebserkrankungen und bei schweren chronischen Erkrankungen an.
35 
Die Beklagte legte das MDK-Gutachten des Dr. T. vom 09.12.2013 (Fachreferat Onkologie) vor. Darin ist ausgeführt, im Hinblick auf das von Dr. H. erwähnte überdurchschnittlich gute Ansprechen des Versicherten auf die Therapie bleibe unklar, ob dies Folge der komplementären Hyperthermie-Behandlung gewesen sei. Auch bei Einsatz der Chemotherapie gebe es Patienten, die überdurchschnittlich bzw. unterdurchschnittlich auf die Behandlung reagierten. Insofern habe das überdurchschnittliche Therapieansprechen nicht die Bedeutung eines Wirksamkeitsnachweises für die Hyperthermie-Behandlung. Die Ansicht des Dr. H., der das (überdurchschnittliche) Therapieansprechen des Versicherten auf die Kombination von Chemotherapie und Hyperthermie zurückführe, sei aus wissenschaftlich-methodischer Sicht nicht gerechtfertigt. Nur eine vergleichende Studie könne einen entsprechenden symbiotischen Effekt belegen. Auch die Aussage, es gebe gute Daten, die sowohl die Intensivierung der Wirksamkeit der Chemotherapie durch Hyperthermie wie einen direkt immunstimulierenden Effekt der Hyperthermie belegten, könne aus sozialmedizinischer Sicht nicht nachvollzogen werden. Wie bereits in vorausgegangenen MDK-Gutachten dargelegt, gebe es hinsichtlich der Hyperthermie in Deutschland zwei verschiedene medizinische Strömungen. Die wissenschaftliche Hyperthermie organisiere sich in einer Interdisziplinären Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft (Atzelsberger Kreis) und in der Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie. Der Atzelsberger Kreis habe im Jahr 2012 erstmals eine Leitlinie zum Qualitätsmanagement bei der regionalen Tiefenhyperthermie herausgegeben. Die zweite Strömung stelle die Deutsche Gesellschaft für Hyperthermie dar. Diese sei Mitglied im Dachverband der Ärztegesellschaft für Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Dort würden für die Hyperthermie typischerweise andere Geräte als bei der wissenschaftlichen Hyperthermie eingesetzt. Die komplementäre Form der Hyperthermie werde auch als Elektro-Hyperthermie bezeichnet. Neben unterschiedlichen Leistungsmerkmalen der Geräte unterscheide sich die auf diese Weise betriebene Form der Hyperthermie vor allem in wichtigen Aspekten des Qualitätsmanagements. So erfolge in der komplementären Hyperthermie im Gegensatz zur wissenschaftlichen Hyperthermie z.B. keine Temperaturdosisplanung und keine Bestimmung der tatsächlich erreichten Temperatur im Zielgewebe. Insoweit gebe es zwischen den Hyperthermie-Konzepten der Schulmedizin und des komplementären Ansatzes Unterschiede, auch substantieller Art, nachdem in der komplementären Hyperthermie auch und sogar überwiegend (zu 80%) auf den Aufbau elektrischer Felder und deren Wirkung abgestellt werde. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, mit welchen Geräten die Hyperthermie-Behandlung beim Versicherten durchgeführt worden sei. Indizien sprächen allerdings für die Anwendung der komplementären Elektro-Hyperthermie; davon sei auszugehen. Zum Wirkungsnachweis der in der komplementären Hyperthermie angewandten Methode seien bei der Literaturrecherche keine klinischen Studien gefunden worden. Für die Angaben des Dr. H. gebe es aus sozialmedizinischer Sicht keine objektivierbaren wissenschaftlichen Belege. Für die Methode der Elektro-Hyperthermie liege derzeit indikationsunabhängig keinerlei Evidenz für einen Wirksamkeitsnachweis vor. Insbesondere bleibe unklar, ob die Elektro-Hyperthermie zusätzlich zur durchgeführten Chemotherapie mit einer spezifischen Wirksamkeit verbunden sei. Hinsichtlich des Berichtes des Dr. Dr. R. könne nicht nachvollzogen werden, wie für ein nicht evidenz-basiertes Therapiekonzept eine kurative Wirkung bei einem an einem metastasierenden AEG-Karzinom erkrankten Patienten postuliert werden könne. Die nicht weiter belegten Angaben des Dr. Dr. R. hinsichtlich des Erfolges der Thymustherapie könnten die Anforderungen der evidenz-basierten Medizin nicht ersetzen.
36 
Die Klägerin trug hierzu vor, Dr. T. habe nicht hinreichend bedacht, dass unkonventionelle Behandlungsmethoden auf den Grundsätzen der Erfahrungsmedizin und nicht der Schulmedizin beruhten. Er hätte das diesen Methoden zugrunde liegende therapeutische Konzept bzw. die besondere Therapierichtung und die darauf bezogene Binnenanerkennung der in Rede stehende Behandlungsmethoden in die Beurteilung einbeziehen müssen (vgl. Bundessozialgericht , Urteil vom 16.09.1997, - 1 RK 28/95 -; Urteil vom 08.09.1993, - 14a RKa 7/92 -; Urteil vom 11.05.2011, - 6 KA 25/10 R -, alle in juris). Fallbeispiele zeigten, dass die Thymustherapie als Teil der Organotherapie die Reaktion des Immunsystems bei Krebspatienten verbessere. Dem Versicherten seien bei infauster Prognose durch die Dosisreduktion der Chemotherapie belastende Nebenwirkungen (wie Übelkeit, Erbrechen oder Polyneuropathie) erspart geblieben.
37 
Vorgelegt wurde außerdem der Bericht des Dr. St. vom 31.03.2014. Darin ist (u.a.) ausgeführt, bei der Erstlinienchemotherapie habe durch begleitende Hyperthermieanwendungen ein erstaunlicher Verlauf mit Abfall des Tumormarkers CEA von 1.416 auf 5 ng/ml und eine partielle Regression mit Rückbildung sowohl des Primärtumors als auch der Lebermetastasen ohne höhergradige Nebenwirkungen erreicht werden können. Deswegen sei in der Universitätsklinik F. sogar eine erweiterte Hemihepatektomie als Empfehlung diskutiert worden. Wegen eines zwischenzeitlichen Progresses sei indessen die Therapiealternative mit einer Zweitlinienchemotherapie durchgeführt worden, im ersten und zweiten Zyklus mit, im dritten Zyklus ohne Hyperthermie. Hierunter sei es zu einer Progression mit CEA-Anstieg von 43 auf 334 ng/ml und auch zu einer deutlichen Progression der hepatischen Metastasen gekommen. Insgesamt habe unter der Erstlinientherapie in Kombination mit Hyperthermie und dadurch möglicher Reduktion der Oxaliplatindosis auf 65 % bis 75 % ein sehr gutes Therapieansprechen ohne relevante Nebenwirkungen erreicht werden können. Mit der Zweitlinientherapie sei dies allerdings nicht mehr gelungen, weder mit der Chemotherapie allein noch mit zusätzlicher Hyperthermie. Das belege, dass die Kombination von Oxaliplatin in reduzierter Dosierung mit Hyperthermie eine effektive Therapiekombination darstelle.
38 
Dr. Dr. R. teilte im Bericht vom 09.04.2014 mit, der Versicherte habe sowohl lokoregionale Hyperthermie wie (bei ihm) moderate Ganzkörperhyperthermie erhalten. Das neue Behandlungsverfahren sei im Hinblick auf die infauste Prognose des Versicherten (Lebenserwartung unter 1 Jahr) angewandt worden. Das von ihm praktizierte Verfahren - Reduktion der Oxaliplatindosis in Kombination mit Hyperthermie - sei recht neu und er habe es bislang nur bei Patienten mit infauster Prognose in weit fortgeschrittenem Tumorstadium angewandt. Zur Thymustherapie als Teil der Erfahrungsheilkunde gebe es seines Wissens keine neueren Studien, die den wissenschaftlichen Kriterien entsprächen, jedoch eine große Sammlung von positiven Erfahrungsberichten und Fallbeschreibungen.
39 
Die Beklagte legte hierzu abschließend das MDK-Gutachten des Dr. T. vom 19.05.2014 vor. Darin heißt es (u.a.), in den bislang eingeholten MDK-Gutachten sei nicht behauptet worden, dass die Hyperthermie „keinen Erfolg bringe“. Man habe vielmehr darauf hingewiesen, dass der wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweis bislang nicht erbracht sei, was aber zur Begründung der Leistungspflicht der Krankenkassen erforderlich wäre, weil die Hyperthermie vom GBA aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden sei. Für die Anwendung von Hyperthermie allein oder in Kombination mit Chemotherapie bei Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom sei bislang kein wissenschaftlich-basierter Wirksamkeitsnachweis erbracht worden. Daran ändere die Einschätzung des Dr. Dr. R. nichts. Auch besondere Therapierichtungen (vgl. § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) müssten sich an den einschlägigen Qualitätsstandards messen lassen (BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris). Aus dem Bericht des Dr. St. vom 31.03.2014 gehe nicht hervor, ob er die in Rede stehende Kombination von Chemotherapie und Hyperthermie generell als effektive Therapiekombination einstufe oder dies nur für den Fall des Versicherten annehmen wolle. Ungeachtet der subjektiven Einschätzung behandelnder Ärzte bleibe unklar, inwieweit der Hyperthermie im vorliegenden Fall ein spezifischer Anteil am Therapieeffekt zugesprochen werden könne. Aus wissenschaftlicher Sicht werde diese Unklarheit auch nicht dadurch ausgeräumt, dass eine dosisreduzierte Chemotherapie durchgeführt worden sei. Der vorliegende Fall belege die Notwendigkeit der Begutachtung ex-ante. Aus sozialmedizinischer Sicht erscheine grundsätzlich problematisch, den Therapieeffekt im Nachhinein über den Verlauf bei einem einzigen Patienten zu definieren, zumal, wenn eine anerkannte Methode (Chemotherapie) gemeinsam mit einer neuen Methode (Hyperthermie) verabreicht werde. Das könne dazu führen, dass die Behandlungskosten bei Versicherten, bei denen im Nachhinein ein Nutzen nicht ausgeschlossen werde, erstattet würden, bei anderen Versicherten, bei denen die jeweilige Behandlungsmethode erfolglos angewandt worden sei, jedoch nicht („pay for performance“).
40 
Mit Urteil vom 17.07.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte müsse die Aufwendungen für die (alternative) Krebsbehandlung des Versicherten gem. § 13 Abs. 3 SGB V nicht erstatten; sie habe die Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Anwendung von Tiefenhyperthermie als Begleitbehandlung zur (herkömmlichen) Chemotherapie stelle eine neue Behandlungsmethode i.S.d. § 135 Abs. 1 SGB V dar, die von den Krankenkassen nur zu gewähren sei, wenn der GBA eine positive Empfehlung zu deren therapeutischem Nutzen abgegeben habe. Dass die Behandlung nach eigener Einschätzung des Versicherten oder seiner behandelnden Ärzte positiv verlaufen sei oder von einzelnen Ärzte befürwortet werde, genüge nicht (BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 6/11 R -, in juris). Der GBA habe aber nicht nur eine positive Empfehlung zur Krebsbehandlung durch Hyperthermie nicht abgegeben, sondern diese Behandlungsmethode (u.a.: Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) ausdrücklich als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen (Anlage II Nr. 42 der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung - Method-RL -; Beschluss des GBA vom 18.01.2005, BAnz 2005, S. 7485). Ein Systemversagen liege nicht vor, da sich der GBA mit der Krebsbehandlung durch Hyperthermie befasst habe. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch könne auch nicht auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris, bzw. seit 01.01.2012 § 2 Abs. 1a SGB V) gestützt werden, wenngleich der Versicherte (unstreitig) an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gelitten habe. Die Frage, ob die Krankenkasse die Kosten einer alternativen Behandlungsmethode übernehmen müsse, könne nicht losgelöst davon beurteilt werden, was die anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermöge und was die alternative Behandlung zu leisten vorgebe (BVerfG, Beschluss vom 26.02.2013, - 1 BvR 2045/12 -, in juris). Hierfür müsse zunächst das konkrete Behandlungsziel geklärt werden. Biete die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachte, komme ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg bestehe. Die Versicherten dürften nicht auf eine nur auf die Linderung von Krankheitsbeschwerden abzielende Standardtherapie verwiesen werden, wenn durch eine Alternativbehandlung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung bestehe. Rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt werden könnten, reichten allerdings nicht aus (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.07.2012, - L 11 KR 2435/14 ER-B -, in juris). Hier könne offen bleiben, ob mit der ausschließlichen Chemotherapie nach dem PLF-Schema, wie vom Klinikum r. der I. empfohlen (Arztbrief vom 24.11.2011), eine Standardtherapie vorhanden gewesen sei, die den Rückgriff auf alternative und nicht anerkannte Behandlungsmethoden ausschließe. Für die Krebsbehandlung durch Hyperthermie fehle es nämlich zumindest an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Maßgeblich hierfür sei der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Behandlung (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris), hier also die Zeit von Dezember 2011 bis August 2012. Die ambulante Hyperthermie sei, wie bereits dargelegt, durch Beschluss des GBA vom 18.01.2005 (a.a.O.) aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden und könne von den Krankenkassen schon deshalb auch nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs nicht gewährt werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -, beide in juris). Die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt sei nämlich nach der dem zugrunde liegenden gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher sei die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -, in juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Beschluss des GBA vom 18.01.2005 (a.a.O.) auf einer fehlerhaften Grundlage beruhen würde oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte, gebe es nicht. Neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Krebsbehandlung durch Hyperthermie seien (bis August 2012) nicht gewonnen worden. Auch die F., in der der Versicherte behandelt worden sei, spreche (nach wie vor) von einer experimentellen Therapie. Dr. Dr. R. bezeichne die von ihm angewandte Form der Hyperthermie als neues Verfahren, das bislang nur bei einigen Patienten mit infausten Prognosen und weit fortgeschrittenem Tumorstadium angewandt worden sei und das nicht mit der Hyperthermiebehandlung, die Gegenstand von Studien gewesen sei, übereinstimme. Wissenschaftliche Studien über die von diesem Arzt angewandte Hyperthermie-Methode, vor allem direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, seien weder ersichtlich noch dargetan. Gleiches gelte für Meinungen anerkannter Experten oder Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen, die eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung durch die in Rede stehende Hyperthermiebehandlung beim Krankheitsbild des Versicherten begründen könnten. Zwar hätten sich Dr. Dr. R. und Dr. St. für die Weiterführung bzw. Wirksamkeit der Therapie ausgesprochen, wissenschaftliche Anknüpfungspunkte für die Wirksamkeit der Behandlung lägen indessen nicht vor und könnten auch aus dem Einzelfall des Versicherten nicht hergeleitet werden. Dessen überdurchschnittlich gutes Ansprechen auf die Behandlung könne auch auf die Chemotherapie für sich allein zurückzuführen sein. Vergleichsstudien fehlten insoweit. Die Beklagte müsse auch die Kosten für die Thymustherapie nicht erstatten. Thymuspräparate seien gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V als nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Arzneimittelversorgung durch die Krankenkassen ausgeschlossen (§ 31 SGB V). Die Präparate seien außerdem nicht in der Richtlinie des GBA aufgeführt, in der festgelegt werde, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gälten, ausnahmsweise verordnet werden könnten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die genannten Regelungen seien verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 12.12.2012, - 1 BvR 69/09 -; BSG, Urteil vom 06.11.2008, - B 1 KR 6/08 R -, beide in juris). Sollte man die Verabreichung der Thymuspräparate als ärztliche Behandlung einstufen, fehle es für diese (dann) neue Behandlungsmethode an der (positiven) Bewertung durch den GBA. Im Hinblick auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs fehle es an wissenschaftlichen Anknüpfungspunkten für die Wirksamkeit der Thymustherapie (als Teil der Erfahrungsheilkunde) zur Behandlung der Erkrankung des Versicherten und damit an der auf Indizien gestützten, nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung bzw. spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Die Übernahme der Kosten für die Infusionsbehandlung (Vitamin-C-Infusionen) scheitere schon daran, dass diese Behandlung am 01.06.2012 und damit vor Ergehen des Ablehnungsbescheids der Beklagten am 21.06.2012 aufgenommen worden sei; es fehle daher am Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Eine unaufschiebbare Behandlung stehe nicht in Rede. Der Versicherte habe die Kostenübernahme für die Infusionsbehandlung nämlich am 18.05.2012 beantragt, mit der Behandlung jedoch erst zwei Wochen später (am 01.06.2012) begonnen. Ob die später durchgeführten Vitamin-C-Infusionen Teil eines einheitlichen Behandlungsvorgangs oder selbstständige Behandlungen darstellten, könne offen bleiben, da die in Rede stehenden Behandlungsmaßnahmen ohnehin von den Krankenkassen nicht zu gewähren seien. Bei Vitamin-C-Injektionslösungen handele es sich um apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen seien. Eine Ausnahme für die Anwendung in Kombination mit Hyperthermie, Thymustherapie und Selen-Infusionen bei AEG-Karzinom sei, wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 dargelegt habe, nicht vorgesehen.
41 
Gegen das ihnen am 08.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin gemeinsam mit ihrer Tochter am 08.10.2014 Berufung eingelegt. Die Berufung der Tochter der Klägerin ist am 11.03.2016 zurückgenommen worden. Die Klägerin führt das Berufungsverfahren (allein) fort. Sie bekräftigt das bisherige Vorbringen. Ergänzend wird vorgetragen, die Durchführung der (palliativen) Chemotherapie mit Oxaliplatin führe wegen schwerwiegender Nebenwirkungen (regelmäßig Polyneuropathie) zu einer Verschlechterung der Lebensqualität. Beim Versicherten hätten die Neurotoxikation und die dadurch verursachten Schmerzen mit der simultan durchgeführten Hyperthermie verhindert werden können, weil die Dosis des Chemotherapeutikums um bis zu einem Drittel habe reduziert werden können. Außerdem habe man die Chemotherapie dreimal durchführen können, was bei der infausten Prognose des Versicherten üblicherweise nicht möglich sei. Das SG hätte nach Maßgabe des § 2 Abs. 1a SGB V eine Einzelfallbeurteilung an Hand der vom behandelnden Arzt angewandten Behandlungsmethode vornehmen müssen. Im Unterschied zur ambulanten Anwendung würden die Kosten für Hyperthermie, Thymustherapie, Selen und Vitamin C bei stationärer Behandlung regelmäßig übernommen. Das sei sachlich nicht gerechtfertigt. Für die regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung des Versicherten habe es zur Linderung der Symptome keine schulmedizinische Behandlungsmethode gegeben. Bei ausschließlicher Anwendung von Chemotherapie (durch Oxaliplatin) wären stärkere Nebenwirkungen aufgetreten und der Versicherte wäre wesentlich früher verstorben. Außerdem habe die Kombination aus Chemotherapie und Hyperthermie zu einer Verkleinerung des Primärtumors und der Metastasen geführt, weshalb man sogar über eine Operation diskutiert habe. Das wäre bei alleiniger Chemotherapie nicht möglich gewesen. Es liege auch ein Systemversagen vor. Der GBA habe die Parallelbehandlung moribunder Krebspatienten mit Hyperthermie und Chemotherapie bei infauster Prognose nicht bewertet, weil es sich dabei um eine neue Behandlungsmethode handele, für die es derzeit noch keine verwertbaren klinischen Ergebnisse mit wissenschaftlichen Statistiken gebe. Die aus der Erfahrungsmedizin stammenden Erkenntnisse des Dr. Dr. R. seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.
42 
Die Klägerin beantragt,
43 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 22.12.2011, 02.02.2012, 12.03.2012 und 21.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2012 zu verurteilen, ihr die Kosten für die Behandlung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen in der Zeit von November 2011 bis September 2012 i.H.v. 8.108,89 EUR zu erstatten.
44 
Die Beklagte beantragt,
45 
die Berufung zurückzuweisen.
46 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
47 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
48 
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Streitgegenstand des Klage- und des Berufungsverfahrens ist die Erstattung der Aufwendungen, die dem Versicherten für die ambulante Behandlung seiner Krebserkrankung durch Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen entstanden sind. Die Aufwendungen für die begleitende Misteltherapie sind nicht Streitgegenstand; die Beklagte hat die Kosten hierfür übernommen. Die Kosten, die dem Versicherten von Dr. Dr. R. für die streitgegenständliche Behandlung als privatärztliche Leistung in Rechnung gestellt worden sind, belaufen sich, wie im Klage- und Berufungsverfahren (unter Vorlage privatärztlicher Rechnungen) vorgetragen worden ist, auf 4.963,75 EUR (Hyperthermie), 2.925,00 EUR (Thymustherapie) und 220,14 EUR (Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen), insgesamt auf 8.108,89 EUR. Das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist damit überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig. Die Klägerin macht den Erstattungsanspruch zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Sie ist hierfür gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (als mit ihm zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebende Ehegattin) prozessführungsbefugt. Da der Erstattungsanspruch über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen zum Gegenstand hat, stellt er (in jedem Fall) einen Anspruch auf laufende Geldleistungen i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I dar (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 6/11 R -, in juris). Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 22.12.2011 die Übernahme der Kosten für die Thymus-Therapie abgelehnt; das Schreiben vom 30.03.2012 enthält insoweit nur eine wiederholende Verfügung, nicht jedoch einen erneuten Ablehnungsbescheid. Mit Bescheiden vom 02.02.2012 und (nach erneuter Prüfung) vom 12.03.2012 hat die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung abgelehnt. Die Übernahme der Kosten für die Selen- und Vitamin-C-Infusionen ist mit Bescheid vom 21.06.2012 abgelehnt worden.
II.
49 
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil eingehend und zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze für das Erstattungsbegehren der Klägerin maßgeblich sind, und dass sie die Erstattung der in Rede stehenden Aufwendungen nicht beanspruchen kann, weil die Beklagte die Gewährung der (zusätzlichen) ambulanten Behandlung der Krebserkrankung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymuspräparaten und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen durch Dr. Dr. R. und in der F. als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu Unrecht abgelehnt hat; die Ablehnungsbescheide der Beklagten entsprechen dem geltenden Recht und sind daher rechtmäßig. Der Senat nimmt auf die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
1.)
50 
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 (Fall 1 und 2) SGB V reicht daher nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen ist oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Die Selbstbeschaffung der Leistung muss außerdem zu einer (zivil-)rechtlich wirksamen Kostenlast des Versicherten geführt haben. Daran kann es insbesondere bei Verstößen gegen das einschlägige öffentlich-rechtliche Preisrecht fehlen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - zur Gebührenordnung für Ärzte und zum Preisrecht für Krankenhausleistungen; auch etwa jurisPK-SGB V Schlegel/Voelzke, § 33 Rdnr. 49).
51 
Der regelmäßig im Vordergrund stehende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V (rechtswidrige Leistungsablehnung) setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und außerdem einen Ursachenzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der dem Versicherten durch die Selbstbeschaffung der Leistung entstandenen Kostenlast voraus. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V) oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte. Das mit einer Entscheidung der Krankenkasse abzuschließende Verwaltungsverfahren stellt weder einen „Formalismus“ in dem Sinne dar, dass es ganz entbehrlich ist, noch in dem Sinne, dass es zwar durchlaufen werden muss, aber der Versicherte nicht gehalten ist, die Entscheidung der Krankenkasse in seine eigene Entscheidung inhaltlich einzubeziehen, sondern den Abschluss des Verwaltungsverfahrens nur „formal“ abwarten muss, jedoch schon vorbereitende Schritte einleiten darf, die Ausdruck seiner Entschlossenheit sind, sich die Leistung in jedem Fall endgültig zu verschaffen. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern der Krankenkasse. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse, verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht; sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt (so: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -, in juris) nicht in der Weise ausgelegt werden darf, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt.
52 
Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V (unaufschiebbare Leistung) setzt voraus, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z.B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Es kommt nicht (mehr) darauf an, ob es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten; die gegenteilige Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris) aufgegeben. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V erfasst auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Liegt hingegen nicht nur ein Eilfall in diesem Sinne, sondern (sogar) ein (medizinischer) Notfall i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, muss also ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden, ist der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nicht einschlägig, sondern ausgeschlossen. Der Leistungserbringer erhält seine Vergütung für Notfallleistungen nicht vom (erstattungsberechtigten) Versicherten, sondern bei ambulanter Leistungserbringung von der Kassenärztlichen Vereinigung (aus der Gesamtvergütung, § 85 SGB V) und bei stationärer Leistungserbringung von der Krankenkasse. Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V kann daher (gerade) auch dann erfüllt sein, wenn zwischen der erstmaligen Anfrage des Versicherten bei einem Behandler, einer etwaigen Voruntersuchung und dem eigentlichen Behandlungsbeginn längere (Warte-)Zeiten, ggf. auch mehrere Wochen, verstreichen (auch dazu: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris).
2.)
53 
Davon ausgehend kann die Klägerin die Erstattung der dem Versicherten für die ambulante Behandlung seiner Krebserkrankung durch Dr. Dr. R. und die F. entstandenen Aufwendungen nicht beanspruchen. Unaufschiebbare Leistungen i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V stehen unstreitig nicht in Rede, so dass nur ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V in Betracht kommt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nicht erfüllt. Die Beklagte hat die Gewährung der - im Vordergrund des Leistungs- bzw. Erstattungsbegehrens stehenden - ergänzenden ambulanten Krebsbehandlung durch Hyperthermie (zusätzlich zu der dem Versicherten gewährten schulmedizinischen Chemotherapie) nicht zu Unrecht abgelehnt (unten a). Gleiches gilt für die Gewährung der Behandlung mit Thymuspräparaten bzw. mit Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen (unten b). Der Leistungsanspruch des Versicherten hat diese Behandlungsleistungen nicht umfasst. Sie können von der Krankenkasse nicht als (Sach-)Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt werden. Für die Kosten ihrer Beschaffung als privatärztliche Behandlungsleistung kann (und darf) die Versichertengemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten nicht aufkommen. Mangels rechtswidriger Leistungsablehnung kommt es auf Fragen des Beschaffungswegs oder der Ursächlichkeit der Leistungsablehnung für die Selbstbeschaffung nicht mehr an.
a)
54 
Die ambulante Krebsbehandlung durch Hyperthermie (hier Elektro-Hyperthermie) als Ergänzung einer (schulmedizinischen) Chemotherapie ist nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der Krankenkassen.
55 
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung hat sich mit der Behandlung von Krebserkrankungen durch Hyperthermie (in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden) mehrfach befasst und regelmäßig entschieden, dass diese Behandlungsmethode vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht umfasst ist (vgl. beispielhaft nur etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.2015, - L16 KR 677/15 B ER - < Hyperthermie- und Laserbehandlung bei Pankreaskarzinom>; LSG Saarland, Urteil vom 21.10.2015, - L 2 KR 189/14 - ; Bayerisches LSG, Urteil vom 10.03.2015, - L 5 KR 52/12 - ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2014, - L 11 KR 3597/13 - ; Thüringer LSG, Urteil vom 01.10.2013, - L 6 KR 751/11 - ; anders etwa bei einem CUP-Syndrom, einer Krebserkrankung bei unbekanntem Primärtumor, bei dem es innerhalb kürzester Zeit trotz Chemotherapie und experimenteller Antikörpertherapie zu einer fortschreitenden Metastasierung in Leber, Lunge, Milz, Bauchspeicheldrüse, Magen, Magenwand und Lymphknoten gekommen war, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2014, - L 1 KR 21/13 -; alle in juris). Auch im vorliegenden Fall hat ein Leistungsanspruch des Versicherten auf Gewährung einer Hyperthermie-Behandlung nicht bestanden.
56 
Als Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Krebsbehandlung durch Hyperthermie kommen, wie das SG in seinem Urteil zutreffend dargelegt hat, weder die Vorschriften des § 27 Abs. 1 SGB V noch die Rechtsgrundsätze zum so genannten Systemversagen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern nur die in der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten Rechtsgrundsätze zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. für die Zeit ab 01.01.2012 die diese Rechtsgrundsätze kodifizierenden und nach deren Maßgaben auszulegenden Regelungen in § 2 Abs. 1a SGB V in Betracht. In seinem grundlegenden Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -, in juris) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, beide in juris - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit (BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht etwa bei BSG, Urteil vom 5.5.2009, - B 1 KR 15/08 R -, alle in juris) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage gegeben sein (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415713 -, beide in juris), wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; zu alledem auch Senatsurteil vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 -, in juris).
57 
Einem auf diese Rechtsgrundsätze bzw. auf die Vorschrift in § 2 Abs. 1a SGB V gestützten Leistungsanspruch des Versicherten hat hier schon entgegen gestanden, dass der GBA die Krebsbehandlung durch Hyperthermie (auch in Kombination mit Chemotherapie) durch Richtlinienentscheidung - in Anlage II Nr. 42 Method-RL - ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs aber kein Raum mehr, wenn der GBA zu einer negativen Bewertung gelangt ist (BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 -R -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 05.10.2015, - B 1 KR 69/15 B -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -; für vorläufige Rechtsschutzverfahren anders etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.02.2007, - L 5 B 8/07 KR ER - oder LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.07.2011, - 5 KR 99/11 B ER -; diese Frage offen lassend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2014,- L 11 KR 3597/13 -; alle in juris); stichhaltige Gründe, aus denen der maßgebliche Beschluss des GBA beanstandet werden könnte, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.
58 
Auch wenn man ungeachtet der genannten Richtlinienentscheidung des GBA einen verfassungs- bzw. grundrechtsunmittelbaren Leistungsanspruch (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415713 -, beide in juris) bzw. einen auf § 2 Abs. 1a SGB V gestützten Leistungsanspruch des Versicherten nicht von vornherein ausschließen wollte, wären die Voraussetzungen eines solchen Leistungsanspruchs jedenfalls nicht erfüllt gewesen. Es hat an der auf Indizien gestützten nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gefehlt (dazu näher, insbesondere zur abstrakten und konkret-individuellen Prüfung und Abwägung von Risiken und Nutzen der Behandlungsmethode, BSG, Urteil vom 02.09.2014, - B 1 KR 4/13 R -, in juris Rdnr. 16). Dieses Erfordernis darf einerseits zwar nicht überspannt werden, etwa durch die Forderung eines Wirksamkeits- und Nutzennachweises durch evidenzbasierte Studien (vgl. etwa Senatsurteil vom 19.03.2014, - L 5 KR 1496/13 - , nicht veröffentlicht). Im Unterschied zur Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -; Urteil vom 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -, beide in juris) genügen nämlich schon (Wirksamkeits-)Indizien, die sich auch außerhalb von Studien oder vergleichbaren Erkenntnisquellen oder von Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften finden können (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 02.09.2014, a.a.O.: wissenschaftliche Verlaufsbeobachtung anhand von 126 operierten Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle). Steht in den Fallgestaltungen des § 2 Abs. 1a SGB V (lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche bzw. wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode generell nicht zur Verfügung oder scheidet sie im konkreten Einzelfall (nachgewiesenermaßen) aus, sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen „je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise (so BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris Rdnr. 66) auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Andererseits darf die in Rede stehende und im Einzelfall vielfach maßgebliche Voraussetzung für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs auch nicht (gänzlich) aufgelöst werden. Das subjektive Empfinden des Versicherten, ggf. gestützt durch die entsprechende Einschätzung oder Empfehlung behandelnder Ärzte oder deren Erfahrungen bei Behandlungen der in Rede stehenden Art im Einzelfall, genügt für sich allein genommen nicht (vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris Rdnr 32 f.).
59 
Aus den vorliegenden MDK-Gutachten geht für den Senat überzeugend hervor, dass die vorstehend genannte Voraussetzung für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht erfüllt gewesen ist. Der Senat entnimmt dies insbesondere den fundierten und schlüssigen Darlegungen des Dr. T. (Fachreferat Onkologie des MDK) in dessen Gutachten vom 09.12.2013 und vom 19.05.2014. Danach muss im Ausgangspunkt unterschieden werden zwischen dem Verfahren der wissenschaftlichen Hyperthermie, deren Anwender sich in einer Interdisziplinären Arbeitsgruppe der Deutschen Krebsgesellschaft (Atzelsberger Kreis) und der Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie organisiert haben, und dem Verfahren der so genannten Elektro-Hyperthermie, deren Anwender organisiert sind in der Deutschen Gesellschaft für Hyperthermie als Mitglied des Dachverbands der Ärztegesellschaft für Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Dr. Dr. R. und die F. haben bei dem Versicherten ersichtlich das Verfahren der Elektro-Hyperthermie angewendet. Bei diesem Verfahren werden andere Geräte eingesetzt als bei den Verfahren der wissenschaftlichen Hyperthermie, von denen sich die Elektro-Hyperthermie nicht zuletzt deswegen hinsichtlich des Qualitätsmanagements substantiell unterscheidet. Bei der Elektro-Hyperthermie fehlt - so Dr. T. - vor allem die Temperaturdosisplanung bzw. die Bestimmung der im Zielgewebe tatsächlich erreichten Temperatur. Dr. T. hat demzufolge überzeugend dargelegt, dass für die Methode der Elektro-Hyperthermie indikationsunabhängig keinerlei Evidenz für einen Wirksamkeitsnachweis vorliegt (dazu auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2014, - L 11 KR 3597/13 -, in juris Rdnr. 36). Klinische Studien zum Wirksamkeitsnachweis der in der komplementären Elektro-Hyperthermie angewandten Methode (Elektro-Hyperthermie in Kombination mit schulmedizinischer Chemotherapie) hat Dr. T. nicht auffinden können. Deshalb bleibt namentlich auch unklar, ob die Elektro-Hyperthermie zusätzlich zu der beim Versicherten durchgeführten Chemotherapie mit einer speziellen Wirksamkeit verbunden gewesen ist. Für die abweichenden Annahmen der behandelnden Ärzte des Versicherten, des Dr. H. und des Dr. Dr. R., fehlen daher die evidenzbasierten medizinischen Grundlagen. Diese Ärzte stützen sich auf (auch nicht weiter wissenschaftlich substantiierte und für die sozialmedizinische Beurteilung nachvollziehbar dokumentierte) persönliche Erfahrungen in ihrer Behandlungspraxis. Für die Begründung eines Leistungsanspruchs aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung genügt das nicht. Das gilt auch für die ersichtlich positiven Feststellungen, die im Verlauf der Behandlung des Versicherten getroffen worden sind. Auch wenn daraus möglicherweise im Nachhinein Anhaltspunkte für ein Ansprechen der Behandlung im Einzelfall abzuleiten wären, würde das im Hinblick auf die eingangs dargestellten Anforderungen an die verfassungs- bzw. grundrechtsunmittelbare Begründung krankenversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche nicht genügen können. Die Gutachter des MDK haben außerdem schlüssig dargelegt, dass das von den behandelnden Ärzten beschriebene Ansprechen der Behandlung (etwa durch die Beobachtung des Verlaufs des Tumormarkers oder durch bildgebende Verfahren - Arztbriefe des Dr. St. vom 01.02.2012, 19.03.2012 und Bericht vom 31.03.2014; Berichte des Dr. H. vom 20.08.2013 und des Dr. Dr. R. vom 28.08.2013 und vom 09.04.2014) nicht ohne Weiteres auf die Anwendung der Elektro-Hyperthermie zusätzlich zur schulmäßigen Chemotherapie bzw. auf einen Synergieeffekt beider Behandlungsmethoden zurückgeführt werden kann; die bereits dargestellte Erkenntnislage in der medizinischen Wissenschaft kann diese Annahme nicht stützen. Dr. T. hat im MDK-Gutachten vom 09.12.2013 demzufolge überzeugend dargelegt, dass unklar ist, ob das genannte Therapieansprechen Folge der Kombination von Elektro-Hyperthermie und Chemotherapie gewesen ist oder ob es nur auf der Chemotherapie beruht hat, die auch ohne Elektro-Hyperthermie teils unter- teils aber auch überdurchschnittlich ansprechen kann (so auch Dr. W. im MDK-Gutachten vom 09.03.2012).
60 
Die weiter vorliegenden MDK-Gutachten stützen und bestätigen die Auffassung des Dr. T. zusätzlich. So hat vor allem Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 unter Abgrenzung der wissenschaftlichen Hyperthermie, die in klinischen Studien an speziellen Zentren (Universitätskliniken) durchgeführt wird, von der Elektro-Hyperthermie (weiter präzisierend) dargelegt, dass bei der wissenschaftlichen Hyperthermie anders als bei der Elektro-Hyperthermie technische Geräte eingesetzt werden, die neben der Temperaturdosisplanung eine Verifikation der tatsächlich erzielten Temperatur über Temperaturmessungen ermöglichen. Dies ist mit den bei der Elektro-Hyperthermie genutzten (einfacheren) Geräten nicht möglich, weshalb bei diesem Verfahren eine wissenschaftlich-technische Therapieplanung, die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet und eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen nicht möglich ist. Deswegen hat die Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft an der Elektro-Hyperthermie auch wiederholt (- so Dr. B.-N.: scharfe -) Kritik geäußert. Dr. B.-N. hat in Übereinstimmung mit Dr. T. betont, dass es keine Studien gibt, die (insbesondere) einen Nutzen der Elektro-Hyperthermie für die Krebsbehandlung belegen könnten. Es gibt - so Dr. B.-N. - keine Studien, die Hinweise auf eine positive Einwirkung der Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie bzw. lokoregionale Tiefenhyperthermie) allein oder in Verbindung mit Chemotherapie auf den Krankheitsverlauf im vorliegenden Fall erbringen würden. Die für die Behandlung des (wie ein Magenkarzinom zu behandelnden) AEG-Karzinoms einschlägige S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ der zuständigen deutschen Fachgesellschaft und ebenso die entsprechende Leitlinie der zuständigen amerikanischen Fachgesellschaft erwähnen die Hyperthermie als Methode zur Behandlung dieser Krebserkrankung nicht.
61 
Damit kann die - wissenschaftliche - Hyperthermie ggf. in klinischen Studien zur Behandlung schwieriger und fortgeschrittener Krebserkrankungen (worauf Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 ebenfalls hingewiesen hat) in spezialisierten (universitären) Zentren (etwa in D., E., M. und T.) auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, nicht jedoch die (ambulante) Elektro-Hyperthermie, auch nicht in Kombination mit anderen Behandlungsverfahren, wie der Chemotherapie. Angesichts der medizinisch und technisch begründeten Unterschiede beider Behandlungsmethoden kann die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsanspruch auf Gründe der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) ebenfalls nicht stützen.
b)
62 
Die Beklagte hat auch die Gewährung der (ergänzenden) Thymustherapie und der Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen zu Recht abgelehnt. Hierfür gilt das Vorstehende weitgehend entsprechend.
63 
Bei der Thymustherapie handelt es sich ersichtlich um eine Pharmakotherapie (zur Abgrenzung der Pharmakotherapie von der ärztlichen Behandlung näher Senatsurteil vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 -, in juris Rdnr. 39 m.w.N.). Das beim Versicherten angewandte Thymus-Präparat ist - so der Arzt E. im MDK-Gutachten vom 28.03.2012 - ein nicht verschreibungspflichtiges (homöopathisches) Arzneimittel. Es kann daher gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. mit den einschlägigen Vorschriften der AMR zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden (§ 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. Anlage I AMR; zur Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses etwa BSG, Urteil vom 15.12.2015, - B 1 KR 30/15 R -, in juris). Die dargestellten Grundsätze für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung führen auch hier nicht weiter. Wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 dargelegt hat (ebenso der Sache nach der Arzt E. im MDK-Gutachten vom 11.05.2012), gibt es keine Studien, die darauf hinweisen könnten, dass im Fall des AEG-Karzinoms durch Thymustherapie eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bewirkt werden kann, und es gibt auch keine Hinweise auf eine positive Einwirkung durch Thymustherapie in Kombination mit Chemotherapie und Hyperthermie. Die Literaturrecherche hat Hinweise auf Studien, die die von Dr. Dr. R. postulierten Therapieerfolge belegen oder dies (auch nur) untersuchen würden, nicht ergeben. Auch in der bereits erwähnten deutschen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ und in der entsprechenden amerikanischen Leitlinie wird die Thymustherapie als Behandlung von AEG-Tumoren nicht erwähnt (so Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012). Dr. Dr. R. hat im Bericht vom 09.04.2014 ebenfalls eingeräumt, dass es für die in Rede stehende Krebsbehandlung den Kriterien der medizinischen Wissenschaft entsprechende Studien nicht gibt.
64 
Die Behandlung mit Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen stellt ebenfalls eine Pharmakotherapie dar. Die beim Versicherten angewandte Injektionslösung ist wie das verabreichte Thymuspräparat ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel und kann aus den bereits zur Thymustherapie dargestellten Gründen zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden; die Ausnahmeindikation des schwerwiegenden, durch eine entsprechende Ernährung nicht behebbaren Vitaminmangels hat beim Versicherten (unstreitig) nicht vorgelegen. Dr. B.-N. hat das im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 näher dargelegt. Auch hier führen die Grundsätze zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung nicht weiter. Wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 ausgeführt hat, hat es nach der Datenlage an einer begründeten Aussicht auf die Erzielung eines Behandlungserfolgs bei der Krebserkrankung des Versicherten gefehlt. Dr. B.-N. hat seine Einschätzung unmittelbar zwar auf die Anwendung des in Rede stehenden Arzneimittels im (richterrechtlichen) Off-Label-Use (dazu etwa Senatsurteil vom 08.03.2015, - L 5 KR 3861712 -, in juris Rdnr. 44) bezogen. Seine Ausführungen belegen zugleich aber das Fehlen einer durch Indizien gestützten nicht ganz fernliegenden Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf der Krebserkrankung. Die Anwendung der in Rede stehenden Infusionen (ebenso der Thymus-Präparate) hat außerdem ersichtlich eine Begleitbehandlung der - ganz im Vordergrund stehenden - Hyperthermie-Behandlung des Versicherten (als Hauptbehandlung) dargestellt, die dadurch hat unterstützt werden sollen. Die Infusionsbehandlung kann damit in leistungsrechtlicher Hinsicht (bezogen auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs) letztendlich nicht wesentlich anders beurteilt werden als die genannte Hauptbehandlung selbst.
65 
Die Klägerin stützt sich für ihr Kostenerstattungsbegehren insgesamt (nachvollziehbar) im Kern auf die positive Selbsteinschätzung des Versicherten hinsichtlich eines für ihn spürbaren Behandlungserfolgs, auch durch die Möglichkeit, die Dosis der weiterhin angewandten Chemotherapeutika herabzusetzen und deren Nebenwirkungen abzumildern. Wie eingangs dargelegt, genügt das für die Aufnahme der in Rede stehenden Methoden zur Behandlung des AEG-Karzinoms in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung indessen ebenso wenig wie die Einschätzung der behandelnden Ärzte, die die Entscheidung des Versicherten zur Durchführung (vor allem) der Hyperthermie-Behandlung als in seiner Lage medizinisch sinnvoll angesehen haben.
66 
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht nicht auf.
67 
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
68 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
I.
48 
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Streitgegenstand des Klage- und des Berufungsverfahrens ist die Erstattung der Aufwendungen, die dem Versicherten für die ambulante Behandlung seiner Krebserkrankung durch Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen entstanden sind. Die Aufwendungen für die begleitende Misteltherapie sind nicht Streitgegenstand; die Beklagte hat die Kosten hierfür übernommen. Die Kosten, die dem Versicherten von Dr. Dr. R. für die streitgegenständliche Behandlung als privatärztliche Leistung in Rechnung gestellt worden sind, belaufen sich, wie im Klage- und Berufungsverfahren (unter Vorlage privatärztlicher Rechnungen) vorgetragen worden ist, auf 4.963,75 EUR (Hyperthermie), 2.925,00 EUR (Thymustherapie) und 220,14 EUR (Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen), insgesamt auf 8.108,89 EUR. Das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist damit überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig. Die Klägerin macht den Erstattungsanspruch zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Sie ist hierfür gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (als mit ihm zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebende Ehegattin) prozessführungsbefugt. Da der Erstattungsanspruch über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen zum Gegenstand hat, stellt er (in jedem Fall) einen Anspruch auf laufende Geldleistungen i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I dar (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 6/11 R -, in juris). Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 22.12.2011 die Übernahme der Kosten für die Thymus-Therapie abgelehnt; das Schreiben vom 30.03.2012 enthält insoweit nur eine wiederholende Verfügung, nicht jedoch einen erneuten Ablehnungsbescheid. Mit Bescheiden vom 02.02.2012 und (nach erneuter Prüfung) vom 12.03.2012 hat die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung abgelehnt. Die Übernahme der Kosten für die Selen- und Vitamin-C-Infusionen ist mit Bescheid vom 21.06.2012 abgelehnt worden.
II.
49 
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil eingehend und zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze für das Erstattungsbegehren der Klägerin maßgeblich sind, und dass sie die Erstattung der in Rede stehenden Aufwendungen nicht beanspruchen kann, weil die Beklagte die Gewährung der (zusätzlichen) ambulanten Behandlung der Krebserkrankung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymuspräparaten und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen durch Dr. Dr. R. und in der F. als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu Unrecht abgelehnt hat; die Ablehnungsbescheide der Beklagten entsprechen dem geltenden Recht und sind daher rechtmäßig. Der Senat nimmt auf die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
1.)
50 
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 (Fall 1 und 2) SGB V reicht daher nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen ist oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Die Selbstbeschaffung der Leistung muss außerdem zu einer (zivil-)rechtlich wirksamen Kostenlast des Versicherten geführt haben. Daran kann es insbesondere bei Verstößen gegen das einschlägige öffentlich-rechtliche Preisrecht fehlen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - zur Gebührenordnung für Ärzte und zum Preisrecht für Krankenhausleistungen; auch etwa jurisPK-SGB V Schlegel/Voelzke, § 33 Rdnr. 49).
51 
Der regelmäßig im Vordergrund stehende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V (rechtswidrige Leistungsablehnung) setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und außerdem einen Ursachenzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der dem Versicherten durch die Selbstbeschaffung der Leistung entstandenen Kostenlast voraus. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V) oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte. Das mit einer Entscheidung der Krankenkasse abzuschließende Verwaltungsverfahren stellt weder einen „Formalismus“ in dem Sinne dar, dass es ganz entbehrlich ist, noch in dem Sinne, dass es zwar durchlaufen werden muss, aber der Versicherte nicht gehalten ist, die Entscheidung der Krankenkasse in seine eigene Entscheidung inhaltlich einzubeziehen, sondern den Abschluss des Verwaltungsverfahrens nur „formal“ abwarten muss, jedoch schon vorbereitende Schritte einleiten darf, die Ausdruck seiner Entschlossenheit sind, sich die Leistung in jedem Fall endgültig zu verschaffen. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern der Krankenkasse. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse, verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht; sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt (so: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -, in juris) nicht in der Weise ausgelegt werden darf, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt.
52 
Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V (unaufschiebbare Leistung) setzt voraus, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z.B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Es kommt nicht (mehr) darauf an, ob es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten; die gegenteilige Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris) aufgegeben. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V erfasst auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Liegt hingegen nicht nur ein Eilfall in diesem Sinne, sondern (sogar) ein (medizinischer) Notfall i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, muss also ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden, ist der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nicht einschlägig, sondern ausgeschlossen. Der Leistungserbringer erhält seine Vergütung für Notfallleistungen nicht vom (erstattungsberechtigten) Versicherten, sondern bei ambulanter Leistungserbringung von der Kassenärztlichen Vereinigung (aus der Gesamtvergütung, § 85 SGB V) und bei stationärer Leistungserbringung von der Krankenkasse. Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V kann daher (gerade) auch dann erfüllt sein, wenn zwischen der erstmaligen Anfrage des Versicherten bei einem Behandler, einer etwaigen Voruntersuchung und dem eigentlichen Behandlungsbeginn längere (Warte-)Zeiten, ggf. auch mehrere Wochen, verstreichen (auch dazu: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris).
2.)
53 
Davon ausgehend kann die Klägerin die Erstattung der dem Versicherten für die ambulante Behandlung seiner Krebserkrankung durch Dr. Dr. R. und die F. entstandenen Aufwendungen nicht beanspruchen. Unaufschiebbare Leistungen i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V stehen unstreitig nicht in Rede, so dass nur ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V in Betracht kommt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nicht erfüllt. Die Beklagte hat die Gewährung der - im Vordergrund des Leistungs- bzw. Erstattungsbegehrens stehenden - ergänzenden ambulanten Krebsbehandlung durch Hyperthermie (zusätzlich zu der dem Versicherten gewährten schulmedizinischen Chemotherapie) nicht zu Unrecht abgelehnt (unten a). Gleiches gilt für die Gewährung der Behandlung mit Thymuspräparaten bzw. mit Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen (unten b). Der Leistungsanspruch des Versicherten hat diese Behandlungsleistungen nicht umfasst. Sie können von der Krankenkasse nicht als (Sach-)Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt werden. Für die Kosten ihrer Beschaffung als privatärztliche Behandlungsleistung kann (und darf) die Versichertengemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten nicht aufkommen. Mangels rechtswidriger Leistungsablehnung kommt es auf Fragen des Beschaffungswegs oder der Ursächlichkeit der Leistungsablehnung für die Selbstbeschaffung nicht mehr an.
a)
54 
Die ambulante Krebsbehandlung durch Hyperthermie (hier Elektro-Hyperthermie) als Ergänzung einer (schulmedizinischen) Chemotherapie ist nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der Krankenkassen.
55 
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung hat sich mit der Behandlung von Krebserkrankungen durch Hyperthermie (in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden) mehrfach befasst und regelmäßig entschieden, dass diese Behandlungsmethode vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht umfasst ist (vgl. beispielhaft nur etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.2015, - L16 KR 677/15 B ER - < Hyperthermie- und Laserbehandlung bei Pankreaskarzinom>; LSG Saarland, Urteil vom 21.10.2015, - L 2 KR 189/14 - ; Bayerisches LSG, Urteil vom 10.03.2015, - L 5 KR 52/12 - ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2014, - L 11 KR 3597/13 - ; Thüringer LSG, Urteil vom 01.10.2013, - L 6 KR 751/11 - ; anders etwa bei einem CUP-Syndrom, einer Krebserkrankung bei unbekanntem Primärtumor, bei dem es innerhalb kürzester Zeit trotz Chemotherapie und experimenteller Antikörpertherapie zu einer fortschreitenden Metastasierung in Leber, Lunge, Milz, Bauchspeicheldrüse, Magen, Magenwand und Lymphknoten gekommen war, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2014, - L 1 KR 21/13 -; alle in juris). Auch im vorliegenden Fall hat ein Leistungsanspruch des Versicherten auf Gewährung einer Hyperthermie-Behandlung nicht bestanden.
56 
Als Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Krebsbehandlung durch Hyperthermie kommen, wie das SG in seinem Urteil zutreffend dargelegt hat, weder die Vorschriften des § 27 Abs. 1 SGB V noch die Rechtsgrundsätze zum so genannten Systemversagen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern nur die in der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten Rechtsgrundsätze zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. für die Zeit ab 01.01.2012 die diese Rechtsgrundsätze kodifizierenden und nach deren Maßgaben auszulegenden Regelungen in § 2 Abs. 1a SGB V in Betracht. In seinem grundlegenden Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -, in juris) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, beide in juris - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit (BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht etwa bei BSG, Urteil vom 5.5.2009, - B 1 KR 15/08 R -, alle in juris) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage gegeben sein (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415713 -, beide in juris), wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; zu alledem auch Senatsurteil vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 -, in juris).
57 
Einem auf diese Rechtsgrundsätze bzw. auf die Vorschrift in § 2 Abs. 1a SGB V gestützten Leistungsanspruch des Versicherten hat hier schon entgegen gestanden, dass der GBA die Krebsbehandlung durch Hyperthermie (auch in Kombination mit Chemotherapie) durch Richtlinienentscheidung - in Anlage II Nr. 42 Method-RL - ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs aber kein Raum mehr, wenn der GBA zu einer negativen Bewertung gelangt ist (BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 -R -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 05.10.2015, - B 1 KR 69/15 B -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -; für vorläufige Rechtsschutzverfahren anders etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.02.2007, - L 5 B 8/07 KR ER - oder LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.07.2011, - 5 KR 99/11 B ER -; diese Frage offen lassend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2014,- L 11 KR 3597/13 -; alle in juris); stichhaltige Gründe, aus denen der maßgebliche Beschluss des GBA beanstandet werden könnte, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.
58 
Auch wenn man ungeachtet der genannten Richtlinienentscheidung des GBA einen verfassungs- bzw. grundrechtsunmittelbaren Leistungsanspruch (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415713 -, beide in juris) bzw. einen auf § 2 Abs. 1a SGB V gestützten Leistungsanspruch des Versicherten nicht von vornherein ausschließen wollte, wären die Voraussetzungen eines solchen Leistungsanspruchs jedenfalls nicht erfüllt gewesen. Es hat an der auf Indizien gestützten nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gefehlt (dazu näher, insbesondere zur abstrakten und konkret-individuellen Prüfung und Abwägung von Risiken und Nutzen der Behandlungsmethode, BSG, Urteil vom 02.09.2014, - B 1 KR 4/13 R -, in juris Rdnr. 16). Dieses Erfordernis darf einerseits zwar nicht überspannt werden, etwa durch die Forderung eines Wirksamkeits- und Nutzennachweises durch evidenzbasierte Studien (vgl. etwa Senatsurteil vom 19.03.2014, - L 5 KR 1496/13 - , nicht veröffentlicht). Im Unterschied zur Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -; Urteil vom 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -, beide in juris) genügen nämlich schon (Wirksamkeits-)Indizien, die sich auch außerhalb von Studien oder vergleichbaren Erkenntnisquellen oder von Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften finden können (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 02.09.2014, a.a.O.: wissenschaftliche Verlaufsbeobachtung anhand von 126 operierten Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle). Steht in den Fallgestaltungen des § 2 Abs. 1a SGB V (lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche bzw. wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode generell nicht zur Verfügung oder scheidet sie im konkreten Einzelfall (nachgewiesenermaßen) aus, sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen „je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise (so BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris Rdnr. 66) auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Andererseits darf die in Rede stehende und im Einzelfall vielfach maßgebliche Voraussetzung für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs auch nicht (gänzlich) aufgelöst werden. Das subjektive Empfinden des Versicherten, ggf. gestützt durch die entsprechende Einschätzung oder Empfehlung behandelnder Ärzte oder deren Erfahrungen bei Behandlungen der in Rede stehenden Art im Einzelfall, genügt für sich allein genommen nicht (vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris Rdnr 32 f.).
59 
Aus den vorliegenden MDK-Gutachten geht für den Senat überzeugend hervor, dass die vorstehend genannte Voraussetzung für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht erfüllt gewesen ist. Der Senat entnimmt dies insbesondere den fundierten und schlüssigen Darlegungen des Dr. T. (Fachreferat Onkologie des MDK) in dessen Gutachten vom 09.12.2013 und vom 19.05.2014. Danach muss im Ausgangspunkt unterschieden werden zwischen dem Verfahren der wissenschaftlichen Hyperthermie, deren Anwender sich in einer Interdisziplinären Arbeitsgruppe der Deutschen Krebsgesellschaft (Atzelsberger Kreis) und der Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie organisiert haben, und dem Verfahren der so genannten Elektro-Hyperthermie, deren Anwender organisiert sind in der Deutschen Gesellschaft für Hyperthermie als Mitglied des Dachverbands der Ärztegesellschaft für Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Dr. Dr. R. und die F. haben bei dem Versicherten ersichtlich das Verfahren der Elektro-Hyperthermie angewendet. Bei diesem Verfahren werden andere Geräte eingesetzt als bei den Verfahren der wissenschaftlichen Hyperthermie, von denen sich die Elektro-Hyperthermie nicht zuletzt deswegen hinsichtlich des Qualitätsmanagements substantiell unterscheidet. Bei der Elektro-Hyperthermie fehlt - so Dr. T. - vor allem die Temperaturdosisplanung bzw. die Bestimmung der im Zielgewebe tatsächlich erreichten Temperatur. Dr. T. hat demzufolge überzeugend dargelegt, dass für die Methode der Elektro-Hyperthermie indikationsunabhängig keinerlei Evidenz für einen Wirksamkeitsnachweis vorliegt (dazu auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2014, - L 11 KR 3597/13 -, in juris Rdnr. 36). Klinische Studien zum Wirksamkeitsnachweis der in der komplementären Elektro-Hyperthermie angewandten Methode (Elektro-Hyperthermie in Kombination mit schulmedizinischer Chemotherapie) hat Dr. T. nicht auffinden können. Deshalb bleibt namentlich auch unklar, ob die Elektro-Hyperthermie zusätzlich zu der beim Versicherten durchgeführten Chemotherapie mit einer speziellen Wirksamkeit verbunden gewesen ist. Für die abweichenden Annahmen der behandelnden Ärzte des Versicherten, des Dr. H. und des Dr. Dr. R., fehlen daher die evidenzbasierten medizinischen Grundlagen. Diese Ärzte stützen sich auf (auch nicht weiter wissenschaftlich substantiierte und für die sozialmedizinische Beurteilung nachvollziehbar dokumentierte) persönliche Erfahrungen in ihrer Behandlungspraxis. Für die Begründung eines Leistungsanspruchs aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung genügt das nicht. Das gilt auch für die ersichtlich positiven Feststellungen, die im Verlauf der Behandlung des Versicherten getroffen worden sind. Auch wenn daraus möglicherweise im Nachhinein Anhaltspunkte für ein Ansprechen der Behandlung im Einzelfall abzuleiten wären, würde das im Hinblick auf die eingangs dargestellten Anforderungen an die verfassungs- bzw. grundrechtsunmittelbare Begründung krankenversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche nicht genügen können. Die Gutachter des MDK haben außerdem schlüssig dargelegt, dass das von den behandelnden Ärzten beschriebene Ansprechen der Behandlung (etwa durch die Beobachtung des Verlaufs des Tumormarkers oder durch bildgebende Verfahren - Arztbriefe des Dr. St. vom 01.02.2012, 19.03.2012 und Bericht vom 31.03.2014; Berichte des Dr. H. vom 20.08.2013 und des Dr. Dr. R. vom 28.08.2013 und vom 09.04.2014) nicht ohne Weiteres auf die Anwendung der Elektro-Hyperthermie zusätzlich zur schulmäßigen Chemotherapie bzw. auf einen Synergieeffekt beider Behandlungsmethoden zurückgeführt werden kann; die bereits dargestellte Erkenntnislage in der medizinischen Wissenschaft kann diese Annahme nicht stützen. Dr. T. hat im MDK-Gutachten vom 09.12.2013 demzufolge überzeugend dargelegt, dass unklar ist, ob das genannte Therapieansprechen Folge der Kombination von Elektro-Hyperthermie und Chemotherapie gewesen ist oder ob es nur auf der Chemotherapie beruht hat, die auch ohne Elektro-Hyperthermie teils unter- teils aber auch überdurchschnittlich ansprechen kann (so auch Dr. W. im MDK-Gutachten vom 09.03.2012).
60 
Die weiter vorliegenden MDK-Gutachten stützen und bestätigen die Auffassung des Dr. T. zusätzlich. So hat vor allem Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 unter Abgrenzung der wissenschaftlichen Hyperthermie, die in klinischen Studien an speziellen Zentren (Universitätskliniken) durchgeführt wird, von der Elektro-Hyperthermie (weiter präzisierend) dargelegt, dass bei der wissenschaftlichen Hyperthermie anders als bei der Elektro-Hyperthermie technische Geräte eingesetzt werden, die neben der Temperaturdosisplanung eine Verifikation der tatsächlich erzielten Temperatur über Temperaturmessungen ermöglichen. Dies ist mit den bei der Elektro-Hyperthermie genutzten (einfacheren) Geräten nicht möglich, weshalb bei diesem Verfahren eine wissenschaftlich-technische Therapieplanung, die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet und eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen nicht möglich ist. Deswegen hat die Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft an der Elektro-Hyperthermie auch wiederholt (- so Dr. B.-N.: scharfe -) Kritik geäußert. Dr. B.-N. hat in Übereinstimmung mit Dr. T. betont, dass es keine Studien gibt, die (insbesondere) einen Nutzen der Elektro-Hyperthermie für die Krebsbehandlung belegen könnten. Es gibt - so Dr. B.-N. - keine Studien, die Hinweise auf eine positive Einwirkung der Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie bzw. lokoregionale Tiefenhyperthermie) allein oder in Verbindung mit Chemotherapie auf den Krankheitsverlauf im vorliegenden Fall erbringen würden. Die für die Behandlung des (wie ein Magenkarzinom zu behandelnden) AEG-Karzinoms einschlägige S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ der zuständigen deutschen Fachgesellschaft und ebenso die entsprechende Leitlinie der zuständigen amerikanischen Fachgesellschaft erwähnen die Hyperthermie als Methode zur Behandlung dieser Krebserkrankung nicht.
61 
Damit kann die - wissenschaftliche - Hyperthermie ggf. in klinischen Studien zur Behandlung schwieriger und fortgeschrittener Krebserkrankungen (worauf Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 ebenfalls hingewiesen hat) in spezialisierten (universitären) Zentren (etwa in D., E., M. und T.) auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, nicht jedoch die (ambulante) Elektro-Hyperthermie, auch nicht in Kombination mit anderen Behandlungsverfahren, wie der Chemotherapie. Angesichts der medizinisch und technisch begründeten Unterschiede beider Behandlungsmethoden kann die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsanspruch auf Gründe der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) ebenfalls nicht stützen.
b)
62 
Die Beklagte hat auch die Gewährung der (ergänzenden) Thymustherapie und der Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen zu Recht abgelehnt. Hierfür gilt das Vorstehende weitgehend entsprechend.
63 
Bei der Thymustherapie handelt es sich ersichtlich um eine Pharmakotherapie (zur Abgrenzung der Pharmakotherapie von der ärztlichen Behandlung näher Senatsurteil vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 -, in juris Rdnr. 39 m.w.N.). Das beim Versicherten angewandte Thymus-Präparat ist - so der Arzt E. im MDK-Gutachten vom 28.03.2012 - ein nicht verschreibungspflichtiges (homöopathisches) Arzneimittel. Es kann daher gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. mit den einschlägigen Vorschriften der AMR zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden (§ 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. Anlage I AMR; zur Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses etwa BSG, Urteil vom 15.12.2015, - B 1 KR 30/15 R -, in juris). Die dargestellten Grundsätze für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung führen auch hier nicht weiter. Wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 dargelegt hat (ebenso der Sache nach der Arzt E. im MDK-Gutachten vom 11.05.2012), gibt es keine Studien, die darauf hinweisen könnten, dass im Fall des AEG-Karzinoms durch Thymustherapie eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bewirkt werden kann, und es gibt auch keine Hinweise auf eine positive Einwirkung durch Thymustherapie in Kombination mit Chemotherapie und Hyperthermie. Die Literaturrecherche hat Hinweise auf Studien, die die von Dr. Dr. R. postulierten Therapieerfolge belegen oder dies (auch nur) untersuchen würden, nicht ergeben. Auch in der bereits erwähnten deutschen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ und in der entsprechenden amerikanischen Leitlinie wird die Thymustherapie als Behandlung von AEG-Tumoren nicht erwähnt (so Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012). Dr. Dr. R. hat im Bericht vom 09.04.2014 ebenfalls eingeräumt, dass es für die in Rede stehende Krebsbehandlung den Kriterien der medizinischen Wissenschaft entsprechende Studien nicht gibt.
64 
Die Behandlung mit Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen stellt ebenfalls eine Pharmakotherapie dar. Die beim Versicherten angewandte Injektionslösung ist wie das verabreichte Thymuspräparat ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel und kann aus den bereits zur Thymustherapie dargestellten Gründen zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden; die Ausnahmeindikation des schwerwiegenden, durch eine entsprechende Ernährung nicht behebbaren Vitaminmangels hat beim Versicherten (unstreitig) nicht vorgelegen. Dr. B.-N. hat das im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 näher dargelegt. Auch hier führen die Grundsätze zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung nicht weiter. Wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 ausgeführt hat, hat es nach der Datenlage an einer begründeten Aussicht auf die Erzielung eines Behandlungserfolgs bei der Krebserkrankung des Versicherten gefehlt. Dr. B.-N. hat seine Einschätzung unmittelbar zwar auf die Anwendung des in Rede stehenden Arzneimittels im (richterrechtlichen) Off-Label-Use (dazu etwa Senatsurteil vom 08.03.2015, - L 5 KR 3861712 -, in juris Rdnr. 44) bezogen. Seine Ausführungen belegen zugleich aber das Fehlen einer durch Indizien gestützten nicht ganz fernliegenden Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf der Krebserkrankung. Die Anwendung der in Rede stehenden Infusionen (ebenso der Thymus-Präparate) hat außerdem ersichtlich eine Begleitbehandlung der - ganz im Vordergrund stehenden - Hyperthermie-Behandlung des Versicherten (als Hauptbehandlung) dargestellt, die dadurch hat unterstützt werden sollen. Die Infusionsbehandlung kann damit in leistungsrechtlicher Hinsicht (bezogen auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs) letztendlich nicht wesentlich anders beurteilt werden als die genannte Hauptbehandlung selbst.
65 
Die Klägerin stützt sich für ihr Kostenerstattungsbegehren insgesamt (nachvollziehbar) im Kern auf die positive Selbsteinschätzung des Versicherten hinsichtlich eines für ihn spürbaren Behandlungserfolgs, auch durch die Möglichkeit, die Dosis der weiterhin angewandten Chemotherapeutika herabzusetzen und deren Nebenwirkungen abzumildern. Wie eingangs dargelegt, genügt das für die Aufnahme der in Rede stehenden Methoden zur Behandlung des AEG-Karzinoms in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung indessen ebenso wenig wie die Einschätzung der behandelnden Ärzte, die die Entscheidung des Versicherten zur Durchführung (vor allem) der Hyperthermie-Behandlung als in seiner Lage medizinisch sinnvoll angesehen haben.
66 
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht nicht auf.
67 
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
68 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 27. Juli 2016 - L 5 KR 4217/14

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 27. Juli 2016 - L 5 KR 4217/14

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 27. Juli 2016 - L 5 KR 4217/14 zitiert 26 §§.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

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(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 85 Gesamtvergütung


(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärzt

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei

Gesetz über Medizinprodukte


Medizinproduktegesetz - MPG

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(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander 1. dem Ehegatten,1a. dem Lebenspartner,2. den Kindern,3. den Eltern,4. dem Haushaltsführerzu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in ein

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 76 Freie Arztwahl


(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, de

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 19 Leistungen auf Antrag oder von Amts wegen


Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abw

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Referenzen

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 7055,12 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt ein nach § 108 Nr 1 SGB V zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Hochschulklinikum. In der dortigen Abteilung Kinderheilkunde I mit Poliklinik wurde der am 1984 geborene, bei der Beklagten versicherte R. H. (Versicherter) im September 2000 wegen eines T-zellreichen B-Zell-non-Hodgkin-Lymphoms (in der Folge: NHL) mit einer konventionellen Chemotherapie behandelt. Aufgrund eines im Dezember 2003 festgestellten Rezidivs erhielt der Versicherte im Januar 2004 zunächst erneut eine konventionelle Chemotherapie. In der Zeit vom 7.4. bis 7.5.2004 behandelte der Kläger den Versicherten zudem stationär mit Hochdosischemotherapie und autologer Stammzellgabe. Am 17.4.2004 erhielt der Versicherte autologe periphere Blutstammzellen, bei denen eine CD34+-Anreicherung durchgeführt worden war. Bei der CD34+-Anreicherung handelt es sich um eine Form der in-vitro Aufbereitung, mit der mögliche Tumorzellen aus dem Stammzellentransplantat entfernt werden sollen (in der Folge: in-vitro Aufbereitung).

2

Der Kläger stellte der Beklagten am 31.5.2004 auf der Basis der Diagnosis Related Group (DRG) A15b (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion, autogen, mit in-vitro Aufbereitung > 18 Jahre) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2004 insgesamt 33 966,75 Euro in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diesen Betrag und beauftragte sodann den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Rechnungsprüfung. Dieser kam in seinem Gutachten vom 13.9.2004 zu dem Ergebnis, dass eine CD34+-Anreicherung eindeutig nicht dem evidenzbasierten Standard entspreche. Ein klinischer Nutzen gegenüber der autologen Stammzellentransplantation ohne in-vitro Aufbereitung sei nicht belegt. Somit sei die Behandlung unwirtschaftlich. Es werde eine Abrechnung der erbrachten Leistung nach der DRG A15c (Knochenmarktransplantation/Stammzellentransfusion, autogen, ohne in-vitro Aufbereitung) empfohlen. Im weiteren Verfahren verwies der MDK darauf, dass sich aus den für erwachsene Patienten zur Verfügung stehenden Studien keine Senkung der Rückfallquote und auch keine Verbesserung der Überlebensrate ergebe. Die Beklagte ermittelte unter Zugrundelegung der DRG A15c einen Rechnungsbetrag von 26 913,63 Euro und forderte mit Schreiben vom 15.9.2004 vom Kläger 7055,12 Euro zurück. Diesen Betrag rechnete sie am 10.11.2004 gegen Forderungen des Klägers aus anderen Behandlungsfällen auf.

3

Der Kläger trat den Ausführungen des MDK durch die Vorlage verschiedener Stellungnahmen von Prof. Dr. L. entgegen, der auch der behandelnde Oberarzt des Versicherten war. Trotz des nunmehrigen Alters des Versicherten sei von einer pädiatrischen Erkrankung auszugehen, da diese erstmals im Kindesalter aufgetreten sei. Studien mit erwachsenen Patienten seien deshalb nicht maßgeblich. Vergleichsstudien mit pädiatrischen Patienten hingegen ergäben keine einheitliche Datenlage. Die Ersterkrankung des Versicherten sei im Rahmen der Therapieoptimierungsstudie NHL-BFM 95 im Kindes- und Jugendalter von Prof. Dr. R., Universität G., und damit auf der Behandlungsgrundlage für jede NHL-Erkrankung im Kindes- und Jugendalter therapiert worden. Die weitere Therapie des Versicherten, insbesondere des Rezidivs, sei in Rücksprache mit der NHL-BFM-Studienzentrale erfolgt. Die klägerische Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, in der die streitige Behandlung des Versicherten erfolgt sei, verfüge über eigene langjährige Erfahrungen mit der Transplantatbearbeitung bei autologen Stammzellentransplantationen. Die Ergebnisse von entsprechenden Projekten seien in den Jahren 1997 bis 2003 veröffentlicht worden. Die beim Versicherten angewandte Therapie sei das Ergebnis eigener Erfahrungen und Plausibilitätsüberlegungen der Klinik gewesen. Der Versicherte wäre in anderen hämatologisch-onkologischen Zentren der Kinderkliniken mit sehr großer Wahrscheinlichkeit genauso behandelt worden.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger 7055,12 Euro nebst Zinsen seit dem 10.11.2004 zu zahlen, weil die streitige Behandlung zum Zeitpunkt ihrer Anwendung nicht nach § 137c SGB V ausgeschlossen und jedenfalls vertretbar gewesen sei(Urteil vom 23.11.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die Entscheidung des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.1.2012): Der vom Kläger geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch bestehe nicht, da die ihm zugrunde liegende Behandlung bereits zum Zeitpunkt ihrer Anwendung nicht mehr den Qualitätsanforderungen des SGB V entsprochen habe.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Das LSG sei entgegen §§ 135 ff SGB V davon ausgegangen, dass auch nach § 137c SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) von der Leistungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht ausgeschlossene Behandlungsmethoden im Einzelfall auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden könnten. Dieser Auslegung widersprächen sowohl Gesetzessystematik als auch -wortlaut. Es sei zu klären, ob die - vom LSG in Bezug genommene - neuere Rechtsprechung des 1. Senats des BSG auf den vorliegenden Fall bzw vergleichbare Fällen anzuwenden sei, weil es sich um eine Hochschulklinik handele, die gerade in dem hier fraglichen Behandlungsbereich der Versorgung onkologischer Krankheitsbilder über eine unbestritten international anerkannte Erfahrung verfüge. Das LSG habe weiter gegen § 2 Abs 1 S 3 SGB V verstoßen, indem es unberücksichtigt gelassen habe, dass neben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auch der medizinische Fortschritt maßgeblich sei, so dass ebenso die Meinung weniger namhafter Spezialisten zu berücksichtigen sei. Weiter werde gegen § 6 Abs 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) verstoßen, da auch dort von einer ausschließlichen Kompetenz des GBA zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus ausgegangen werde. Die Entscheidung des LSG sei schließlich unter mehrfacher Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zustande gekommen. Insbesondere habe sich das LSG mit den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht befasst.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.1.2012 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.11.2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Entscheidung des LSG, das Urteil des SG zu ändern und die Zahlungsklage abzuweisen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitergehendes Entgelt für Krankenhausleistungen, da die Beklagte insoweit gegen die Klageforderung rechtswirksam mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung aufgerechnet hat (dazu 1.). Grundlage der Aufrechnung ist ein Erstattungsanspruch der Beklagten wegen des überzahlten Krankenhausentgelts für die im Rahmen der Behandlung des Versicherten durchgeführte in-vitro Aufbereitung. Auf dieses Entgelt hatte der Kläger keinen Anspruch, da die Behandlung insoweit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach (dazu 2.). An diesem Stand war die im April/Mai 2004 erfolgte Krankenhausbehandlung zu messen, obgleich die Behandlungsmethode nicht nach § 137c Abs 1 S 2 SGB V durch den GBA als Leistung der GKV ausgeschlossen war(dazu 3.). Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht auf die Grundsätze eines Seltenheitsfalles (dazu 4.) oder auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsanspruchs des Versicherten (dazu 5.) stützen. Seine Verfahrensrügen sind schließlich ebenfalls unbegründet (dazu 6.).

9

1. Dem zulässig im Wege der Leistungsklage (vgl dazu BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) geltend gemachten Anspruch des Krankenhauses steht die Aufrechnung der Beklagten mit der streitigen Erstattungsforderung entgegen. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche (Hauptforderung) der Kläger aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dem Kläger gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Gegenforderung - laufende Zahlungsansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten der Beklagten in Höhe von weiteren 7055,12 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit (vgl zu einer entsprechenden Prozesssituation BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 6).

10

2. Die Beklagte konnte gegen die Hauptforderung des Klägers in Höhe von 7055,12 Euro aufrechnen. Denn in diesem Umfang hat sie für die stationäre Behandlung des Versicherten in der Zeit April/Mai 2004 Krankenhausentgelt ohne Rechtsgrund gezahlt, weil dem Kläger insoweit kein Vergütungsanspruch zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 8 f).

11

a) Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung (BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, jeweils RdNr 13; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, jeweils RdNr 13; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3). Nach dem seit 1993 unverändert geltenden § 39 Abs 1 S 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist (…). Dabei umfasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs 1 S 3 Halbs 1 SGB V). Die Leistungspflicht der GKV besteht aber nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung; alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, müssen vielmehr den in §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien genügen(so bereits BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10 mwN; BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23).

12

b) Nach § 28 Abs 1 SGB V, auf den § 39 SGB V ausdrücklich Bezug nimmt, umfasst die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. § 2 Abs 1 S 3 SGB V bestimmt allgemein, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 S 3 SGB V schließlich entspricht eine Behandlung, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22, 24 ff mwN; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 23; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 38 RdNr 21 für den Bereich Hilfsmittel). Als Basis für die Herausbildung eines Konsenses können alle international zugänglichen einschlägigen Studien dienen; in ihrer Gesamtheit kennzeichnen sie den Stand der medizinischen Erkenntnisse (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 29).

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c) Diesen Anforderungen wurde die streitige in-vitro Aufbereitung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt April/Mai 2004 (zur Maßgeblichkeit des Behandlungszeitpunkts für die Beurteilung, ob eine Behandlungsmethode zum Leistungskatalog der Krankenkasse gehört, vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 12) nicht gerecht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Versicherte nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse wie ein Kind oder wie ein Erwachsener zu behandeln war. Denn gesicherte Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung sind in beiden Fällen weder vom Kläger benannt worden noch haben sich dafür im Laufe der Verfahrens andere Anhaltspunkte ergeben (zur Feststellung als generelle Tatsache, ob eine Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht, vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 38 RdNr 23; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18; BSG SozR 3-2500 § 18 Nr 6 S 26 f; BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19). Die vom Kläger benannten Studien bzw Veröffentlichungen dokumentieren zwar in Einzelfällen Überlebensvorteile bei Patienten mit in-vitro gereinigten Transplantaten bzw mit Transplantaten ohne Tumorzellen. Dieselben Studien stellen allerdings gleichzeitig fest, dass die Ursache hierfür unklar bzw dieses Ergebnis in anderen Studien unbestätigt geblieben ist (Alvarnas JC et alt 2004). Auch soweit in der Studie "Granena et alt 1999" ein signifikanter Überlebensvorteil für Hochrisiko-Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie nach Behandlung mit in-vitro gereinigtem Transplantat festgestellt wird, fordern die Verfasser im Anschluss gleichwohl die Durchführung einer Studie der Phase III, sehen selbst also ebenfalls noch keine gesicherte Wirksamkeit der Methode. Wie das LSG im Einzelnen ausführlich dargelegt hat (Urteilsumdruck S 27 ff), was im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und deshalb für den Senat verbindlich (§ 163 SGG) festgestellt ist, finden sich weitere Studien und Veröffentlichungen, die keine verlässlichen Aussagen über die Wirksamkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung hinsichtlich Überlebensvorteil oder Rezidivfreiheit zulassen, so dass beim Vergleich von Patienten mit und ohne in-vitro Aufbereitung signifikante und statistisch aussagekräftige Unterschiede im Hinblick auf Rezidivrate, rezidivfreie Überlebenszeit oder Gesamtüberlebenszeit gerade nicht festgestellt werden konnten. Nach der zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden Studienlage ergibt sich damit kein wissenschaftlicher Konsens über die Wirksamkeit der in-vitro Aufbereitung. Dies wird schließlich auch vom Kläger selbst eingeräumt, wenn er selbst für den aus seiner Sicht allein maßgeblichen pädiatrischen Bereich auf eine damals nicht einheitliche Datenlage verweist (Schriftsatz vom 26.2.2013, S 1).

14

Konsensfähige medizinische Erkenntnisse lassen sich auch nicht aus einschlägigen Leitlinien (zu deren Aussagekraft vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 33) ableiten. Für erwachsene Patienten haben sich im maßgeblichen Zeitraum keine einschlägigen Leitlinien feststellen lassen. Die Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu Non-Hodgkin-Lymphomen (zitiert nach Forum DKG 3/00 S 47 ff) sieht bei bestimmten Rezidivpatienten zwar die Durchführung von Knochenmarktransplantationen vor, nicht hingegen eine in-vitro Aufbereitung. Nachdem die in-vitro Aufbereitung damals in der medizinischen Fachdiskussion gerade keine breite Resonanz gefunden hatte, vermag auch der Hinweis des Klägers auf eine mutmaßlich entsprechende Behandlung des Versicherten in anderen hämatologischen Zentren und damit eine eventuelle Verbreitung in der Praxis den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht zu begründen (BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19; BSGE 81, 54, 70 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f - Systemversagen). Entsprechendes gilt für die vom Kläger in Anspruch genommene und zweifelsohne vorliegende langjährige Erfahrung der behandelnden Ärzte des Versicherten, da die Meinung einzelner Mediziner grundsätzlich nicht geeignet ist, einen allgemein anerkannten Stand zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 24).

15

Das Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V kann vorliegend ebenfalls nicht "unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts" als erfüllt angesehen werden. Denn dieses Tatbestandsmerkmal bedeutet - wie der Senat bereits entschieden hat - gerade nicht, dass Anspruch auch auf solche Behandlungen besteht, deren Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit noch erforscht wird, über die somit noch keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse vorliegen. Vielmehr wird damit nur klargestellt, dass die Versicherten in der GKV am medizinischen Fortschritt teilhaben und grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Kosten Anspruch auf diejenige Behandlung haben, die dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10; BSGE 81, 182, 187 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39). Letzteres ist - wie dargelegt - vorliegend nicht der Fall.

16

3. Auch der Kläger behauptet letztlich nicht, dass die streitige in-vitro Aufbereitung zum Zeitpunkt der Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach. Er meint vielmehr, dass es auf diesen Stand vorliegend nicht ankomme. Weder die Beklagte noch das Sozialgericht seien berechtigt, die Einhaltung des Qualitätsgebots zu überprüfen, da die streitige Behandlungsmethode vom GBA nicht nach § 137c SGB V als Leistung der GKV ausgeschlossen worden sei(vgl auch Felix, NZS 2012, 1, 7 ff sowie NZS 2013, 81, 87 f; Bender, NZS 2012, 761, 766 f; Vollmöller, NZS 2012, 921, 922; Trefz, Pflege- und Krankenhausrecht 2011, 104 f; Hessisches LSG Urteil vom 5.2.2013 - L 1 KR 391/12 - RdNr 19, Juris; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 13.11.2012 - L 11 KR 2254/10 - RdNr 33, Juris; aA hingegen Clemens in MedR 2012, 769, 772 - die insoweit vom Kläger in Bezug genommene Fußnote 59 betrifft aber nicht die hier streitige Frage). Etwas anderes könne nur für solche Behandlungen gelten, die offensichtlich nicht dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen, was auf die streitige Behandlung hier nicht zutreffe.

17

Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen, da sie keine Stütze im Gesetz findet.

18

a) Nach § 137c Abs 1 S 1 SGB V(in der hier maßgeblichen Fassung des Art 1 Nr 106 Gesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190) überprüft der GBA auf Antrag Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, darauf hin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den oa Kriterien entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie (§ 137c Abs 1 S 2 SGB V). Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs 2 S 2 SGB V).

19

§ 137c SGB V regelt damit ausdrücklich ausschließlich die Voraussetzungen, unter denen der GBA die Anwendung von Methoden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen ausschließen kann. Welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit die stationäre Behandlung eines Versicherten zu Lasten der GKV erbracht werden darf, ist für den Fall des Fehlens eines Negativvotums allein dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen und mithin durch Auslegung zu ermitteln.

20

b) Der Kläger geht davon aus, dass aus der ausdrücklichen Regelung in § 137c SGB V, wann eine Methode im Rahmen der Krankenhausbehandlung ausgeschlossen ist, zu schlussfolgern sei, dass nicht ausgeschlossene Methoden ohne weitere Prüfung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen. Dies widerspricht der Systematik des Gesetzes, die eine Leistungspflicht der GKV gerade nicht uneingeschränkt für jede Art von medizinischer Versorgung vorsieht. Vielmehr unterliegen alle Behandlungsformen, auch solche im Krankenhaus, den in § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V für die gesamte GKV festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsanforderungen(vgl hierzu bereits die oa Ausführungen 2 a. und b. sowie BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 10; BSGE 90, 289, 291 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1, RdNr 6; BSGE 81, 182, 187 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 39; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 71). Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für den Bereich des Leistungserbringerrechts (§ 70 Abs 1 SGB V idF des Art 1 Nr 27 des GKV-Gesundheitsreformgesetzes vom 22.12.1999, BGBl I 2626; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 10 mwN). Der Ansatz des Klägers, die Beklagte sei wegen des Fehlens eines Negativvotums nach § 137c Abs 2 S 2 SGB V von einer Prüfung des Falles ausgeschlossen, widerspricht zudem der gesetzlichen Verpflichtung der Krankenkassen, auch Krankenhausabrechnungen beim Vorliegen von Auffälligkeiten zu überprüfen(§ 275 Abs 1 Nr 1 SGB V, vgl BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 10; zu der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 137c SGB V geltenden Fassung des § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V bereits BSGE 90, 1, 3 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 22).

21

c) Die vom Kläger geforderte Außerachtlassung der Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V würde zudem dem aus den Gesetzesmaterialien ableitbaren Gesetzeszweck widersprechen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollte durch die GKV-Gesundheitsreform 2000 die Qualität der medizinischen Versorgung durch ein umfassendes System der Qualitätssicherung und die Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit medizinischer Technologien verbessert werden, indem für die stationäre Leistungserbringung im Krankenhaus der GBA beauftragt wurde, etablierte und neue medizinische Behandlungsmethoden zu überprüfen, ob sie - ähnlich wie in der vertragsärztlichen Versorgung - für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung erforderlich sind (Begründung - Allgemeiner Teil, BT-Drucks 14/1245 S 57). Zudem sollte die Qualität der medizinischen Versorgung gesichert und vermieden werden, dass medizinisch fragwürdige Leistungen zu Lasten der GKV erbracht werden (Begründung - Besonderer Teil, BT-Drucks 14/1245 S 90). Die mit der Einführung des § 137c SGB V verfolgte Zielsetzung entspricht damit der des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 2 Abs 1, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V, weshalb die Anwendung der §§ 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 28 Abs 1 SGB V auch nach Inkrafttreten des § 137c SGB V der in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Zielsetzung der Norm entspricht. Ihnen ist jedenfalls nicht zu entnehmen, dass durch die Einführung des § 137c SGB V für den Bereich der Krankenhausbehandlung jegliche bis dorthin bereits vorhandenen Qualitätsanforderungen und die diesbezügliche Prüfungspflicht der Krankenkassen entfallen sollten.

22

d) Der Kläger kann seine Auslegung schließlich weder auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Nutzenbewertung von nichtmedikamentösen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" vom 1.7.2011 (BT-Drucks 17/6397, insbesondere S 6 und 7) noch auf die Gesetzesmaterialien zum GKV-Modernisierungsgesetz - GMG - vom 14.11.2003 (BT-Drucks 15/1525 S 126) und zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011 (BT-Drucks 17/6906 S 86 zu Nr 54 <§ 137c> und S 88) stützen. Zwar ist diesen Unterlagen zu entnehmen, dass dort für den stationären Bereich von einer "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" ausgegangen wird, so dass erst ein negatives Votum den Einsatz einer Methode zu Lasten der GKV in den Krankenhäusern ausschließt. Hierbei handelt es sich allerdings methodisch um eine sog authentische Interpretation, an die der Senat nicht gebunden ist. Sie schränkt die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte nicht ein. Denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich allein die rechtsprechende Gewalt berufen, die nach Art 92 GG den Richtern anvertraut ist (BVerfGE 126, 369, 392 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 73). Dies wird schließlich auch dann übersehen, wenn mit Blick auf die zum 1.1.2012 mit dem GKV-VStG in Kraft getretene Änderung des § 137c SGB V gefordert wird, nunmehr die Rechtsprechung entsprechend der Ausführungen in den dortigen Materialien anzupassen(so insbesondere Felix, NZS 2013, 81 ff). Denn zum einen hat die zum 1.1.2012 in Kraft getretene Änderung des § 137c SGB V an der für die hier streitige Frage maßgeblichen Grundkonzeption des § 137c SGB V nichts geändert. Mit ihr wird lediglich der GBA ermächtigt, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet(§ 137c Abs 1 S 4 SGB V idF des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Aufgrund einer solchen Richtlinie dürfte die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dann in einem befristeten Zeitraum im Rahmen der Krankenbehandlung oder der Früherkennung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V idF des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Zur Anwendung des Qualitätsgebots bei einzelnen Krankenhausbehandlungen trifft § 137c SGB V aber weiter keine Regelung. Die Anwendung der Neuregelung des § 137c SGB V auf den vorliegenden Streitfall würde zum anderen die Annahme bedingen, dass der Gesetzgeber neben einer Gesetzesänderung für die Zukunft gleichzeitig im Wege einer Rechtsfortschreibung ohne Textänderung für die Vergangenheit angeordnet habe, den unveränderten Wortlaut des bisherigen § 137c Abs 1 S 2 und Abs 2 S 2 SGB V von Anfang an so zu verstehen, als habe er den vom Kläger gewünschten und allein in den Gesetzesmaterialien verlautbarten Inhalt auch schon früher gehabt. Diese Annahme lässt sich aber mit keiner der zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden begründen.

23

e) Auch der Verweis auf § 6 Abs 2 KHEntgG(idF des Art 2 Nr 4 Buchst b des Fallpauschalenänderungsgesetzes - FPÄndG - vom 17.7.2003, BGBl I 1461) kann die Auffassung des Klägers nicht stützen. Danach sollen die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG erstmals für das Kalenderjahr 2005 zeitlich befristete, fallbezogene Entgelte oder Zusatzentgelte vereinbaren für die Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die mit den Fallpauschalen und Zusatzentgelten nach § 7 S 1 Nr 1 und 2 KHEntgG noch nicht sachgerecht vergütet werden können und die nicht gemäß § 137c SGB V von der Finanzierung ausgeschlossen sind. Damit ist indes eine Aussage zu der hier streitigen Frage, ob eine Behandlungsmethode zu Lasten der GKV erbracht werden darf, nicht zu erkennen; diese ist vielmehr ausschließlich anhand des SGB V zu beantworten. Zudem schließt § 6 Abs 2 KHEntgG die Anwendung des Qualitätsgebots auf neue stationäre Behandlungsmethoden nicht aus, sondern ist für dessen Berücksichtigung im Rahmen der Auslegung völlig offen.

24

f) Insgesamt schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG an, wonach § 137c SGB V nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden darf(grundlegend BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff sowie BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23 und Urteil vom 18.12.2012 - B 1 KR 34/12 R - RdNr 34 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137 Nr 2 vorgesehen). Die Vorschrift setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft. Andernfalls würde die aufgezeigte Systematik des SGB V durchbrochen und die Einheit der Rechtsordnung gefährdet. Denn eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, muss nicht von den Krankenkassen bezahlt werden (BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, jeweils RdNr 51 ff). § 137c SGB V bewirkt vor diesem Hintergrund lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung - nicht in einem generalisierten, zentralisierten formellen Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit formalisiert überprüft wird, sondern die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus grundsätzlich prospektiv durch das Krankenhaus selbst und retrospektiv lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post erfolgt. Erst ein generalisiertes, zentralisiertes Prüfverfahren nach § 137c SGB V schafft über den Einzelfall hinaus Regelungsklarheit(BSG aaO), so dass es insoweit keiner Einzelfallprüfung mehr bedarf. Der 1. Senat des BSG hat schließlich auch schon entschieden, dass diese Rechtsauslegung nicht nur im Rahmen von Zulassungsverfahren nach § 109 SGB V maßgeblich ist, sondern ebenso bei der Bewertung des - für den Entgeltanspruch des Krankenhauses maßgeblichen - Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 39 SGB V zu berücksichtigen ist(BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18 RdNr 23). Hieran vermag die Stellung des Klägers als Universitätsklinikum nichts zu ändern, da das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) auch hier gilt (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 29.12.2012 - 1 BvR 1849/12 ua -, RdNr 11 f zitiert nach Juris).

25

4. Der Kläger kann den streitigen Vergütungsanspruch auch nicht auf die Grundsätze eines Seltenheitsfalles stützen, da ein solcher der streitigen Behandlung nicht zugrunde lag. Denn ein Seltenheitsfall setzt voraus, dass eine Krankheit weltweit nur extrem selten auftritt und deshalb im nationalen wie im internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann (grundlegend BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, jeweils RdNr 21 sowie in der Folge BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, jeweils RdNr 30; BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19, jeweils RdNr 21; BSGE 109, 218 = SozR 4-2500 § 31 Nr 20, jeweils RdNr 13 f; Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 25/11 R - BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, jeweils RdNr 18 ff). Vorliegend ergibt sich sowohl aus dem Vortrag des Klägers als auch aus den Stellungnahmen des MDK, dass eine systematische Erforschung sowohl der Behandlung der NHL-Erkrankung des Versicherten als auch der Wirksamkeit der streitigen in-vitro Aufbereitung erfolgt ist. Dabei kommt der Tatsache, dass die im Verfahren benannten Studien nicht genau zur Erkrankung des Versicherten, sondern teilweise zu anderen Unterarten des Non-Hodgking-Lymphoms durchgeführt worden sind, keine besondere Bedeutung zu, da die Beteiligten ungeachtet dessen davon ausgegangen sind, aus diesen auch Schlüsse über die Wirksamkeit der in-vitro Aufbereitung beim Versicherten ziehen zu können. Darüber hinaus hat die Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie zu Non-Hodgkin-Lymphomen im Kindesalter bereits in ihrer im Jahr 2000 veröffentlichten Fassung als ein vorrangiges Ziel die Entwicklung einer erfolgversprechenden Rezidivtherapie formuliert (zitiert nach Forum DKG 3/00 S 47, 50). Von einem Seltenheitsfall ist deshalb nicht auszugehen.

26

5. Auch unter Berücksichtigung der vom BVerfG entwickelten Grundsätze einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts ("Nikolausbeschluss", zB BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; vgl auch BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, jeweils RdNr 21 und 29 ff mwN; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, jeweils RdNr 31 f; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, jeweils RdNr 20 ff mwN; seit 1.1.2012: § 2 Abs 1a SGB V),ergibt sich kein Anspruch des Krankenhauses, da mit der Hochdosischemotherapie mit autogener Stammzelltransplantation eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung zur Verfügung stand (vgl BSG Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 6/11 R - BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, jeweils RdNr 17).

27

6. Die Revision hat schließlich auch keinen Erfolg mit den Verfahrensrügen, das LSG habe keine ordnungsgemäße Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse betrieben und insoweit gegen § 103 SGG verstoßen, da es seine Entscheidung auf die Gutachten des MDK gestützt und weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung der in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragten Sachverständigengutachten unterlassen habe.

28

Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei bestimmt das Tatsachengericht im Rahmen seines Ermessens die Ermittlungen und Maßnahmen, die nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind. Sein Ermessen ist dabei durch die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts in dem für die Entscheidung erforderlichen Umfang begrenzt. Ein Verstoß gegen § 103 SGG liegt deshalb nur dann vor, wenn das Berufungsgericht sich zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen(BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, jeweils RdNr 34; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 103 RdNr 20 mwN). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es konnte materiell-rechtlich weder auf die Auffassung des MDK noch auf die Auffassung eines Sachverständigen zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ankommen. Die Auffassung einzelner Mediziner - und als nichts anderes ist eine fachliche Stellungnahme des MDK zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu werten - ist bei der Beurteilung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gerade nicht maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 24). Auch auf die Anerkennung und Akzeptanz der streitigen Methode in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen zum Zeitpunkt der Behandlung konnte es aufgrund des fehlenden wissenschaftlichen Belegs der Wirksamkeit nicht ankommen (BSGE 84, 90, 96 f = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19; BSGE 81, 54, 70 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 26 f - Systemversagen).

29

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 geändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. November 2008 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für ambulante transarterielle Chemoperfusionen und eine Laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie (LITT).

2

Der Kläger war Ehemann und ist Erbe der 1927 geborenen und am 24.3.2008 verstorbenen Dr. K. M. (im Folgenden: Versicherte). Er lebte zur Zeit ihres Todes mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt. Die Versicherte, eine ehemalige Zahnärztin, war als Bezieherin einer Regelaltersrente bei der beklagten Krankenkasse (KK) freiwillig versichert. Die Versicherte litt an einem Sigmakarzinom, das sie im Juli 2003 operieren ließ. Kontrolluntersuchungen im Mai und Juni 2005 zeigten einen hepatischen und lymphatischen Progress der Erkrankung. Daraufhin leitete das Krankenhaus N. in F. eine Chemotherapie ein (16.6.2005). Die Versicherte setzte die Behandlung nicht fort. Vertragsarzt Dr. L. überwies sie zur "Chemoembolisation" in das Universitätsklinikum F. zur Mit-/Weiterbehandlung "Leber NPL" (17.6.2005). Chefarzt Prof. Dr. V. war dort mit Einschränkungen ua zur Chemoembolisation ermächtigt (GO-Nr 34286 EBM 2000 plus), nicht aber zur Chemoperfusion (kein Gegenstand des EBM 2000 plus), die er als "lokale Chemotherapie " bezeichnet. Er klärte die Versicherte nach seinen Angaben anlässlich der Untersuchung darüber auf, dass sie die Kosten der beabsichtigten Chemoperfusion selbst tragen müsse, da "derzeit keine Kostenübernahme durch Kassenzulassung" stattfinde. Weiter vereinbarte er mit ihr bei jeder Behandlungseinheit schriftlich private persönliche Beratung und Behandlung. Die Versicherte beantragte bei der Beklagten, die bei Prof. Dr. V./Universitätsklinikum F. anfallenden Kosten zu übernehmen. Prof. Dr. V. werde bereits am 21.6.2005 mit "einer lokalen Chemotherapie beginnen". Diese werde im Abstand von einem Monat noch zweimal wiederholt, damit der Tumor schrumpfe, um ihn dann "mit Laser-Technik zu vernichten" (18./20.6.2005). Die Beklagte antwortete ua, wenn sie eine Privatbehandlungsvereinbarung treffe, habe sie die Mehrkosten zu tragen. Es sei nicht zu erkennen, ob sie eine Privatbehandlung gewählt habe. Der behandelnde Arzt kläre sie vor Behandlungsbeginn hierüber auf. Die Versicherte erhielt ab 21.6.2005 transarterielle Chemoperfusionen sowie später eine LITT. Sie beantragte, die bereits für den 21.6.2005 gezahlten Behandlungs- und Fahrkosten zu übernehmen (17./19.8.2005). Prof. Dr. V. rechne "prinzipiell nur mit den Patienten direkt ab". Die Rechnungen für den 21.6.2005 wie für die beiden Folgetermine umfassen ua neben Positionen für bildgebende Verfahren die GOÄ-Ziffer 5357 - "Embolisation". Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da die Chemoperfusion keine vertragsärztliche Leistung sei, nur privat abgerechnet werden könne, die Versicherte hierüber aufgeklärt worden sei und Wahlerklärungen - auch für die folgenden Perfusionen - unterschrieben habe (Bescheid vom 22.9.2005). Mit ihrem Widerspruch trug die Versicherte vor, sie benötige dringend die lebensnotwendigen, als Methode etablierten Chemoperfusionen, die keine Wahlleistung seien, mit anschließender Laser-Therapie. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.3.2006). Die Versicherte hat Zahlungsklage erhoben und ihre Erstattungsforderung an den Kläger abgetreten. Das SG hat die Klage abgewiesen: Ambulante Chemoperfusionen seien umstritten und nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlen. Als Alternative sei eine systemische Chemotherapie möglich gewesen (Urteil vom 17.11.2008).

3

Mit seiner auf Zahlung von 77 700,92 Euro für die Behandlung bis 8.11.2007 nebst Fahrkosten gerichteten Berufung hat der Kläger vorgetragen, Prof. Dr. V. habe nicht darüber aufgeklärt, dass die Chemoperfusion eine Privatleistung sei, "die meine Frau dann unterschrieben habe". Das LSG hat die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - verurteilt, 18 708,87 Euro zu zahlen, Kosten für die vom 21.6. bis 13.9.2005 durchgeführten transarteriellen Chemoperfusionen und für die Fahrten zum Universitätsklinikum. Die Art der Rechtsnachfolge des Klägers sei unerheblich. Die Versicherte habe sich trotz der ihr abgerungenen Unterzeichnung privatärztlicher Behandlungsverträge bis zum Erlass des Bescheides vom 22.9.2005 in dem Glauben befunden, sie erhalte eine Chemoembolisation. Darin liege ein Systemversagen, das zur Kostenerstattung zwinge. Es sei nicht gewährleistet, dass die Zivilgerichte der Beurteilung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit folgten. Nach Bescheiderlass habe die Versicherte nicht mehr geirrt. Auf die weitere erbrachte Behandlung bei Prof. Dr. V. habe sie keinen Naturalleistungsanspruch gehabt, da die Leistungen nicht zur ambulanten Behandlung zugelassen gewesen seien und eine systemische Chemotherapie als zugelassene Alternative zur Verfügung gestanden habe (Urteil vom 28.4.2011).

4

Der Kläger rügt zur Begründung seiner Revision sinngemäß die Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und ausdrücklich mangelnde Sachaufklärung. Das LSG hätte Vertrauensschutz gewähren und klären müssen, dass nach Zugang des Bescheides vom 22.9.2005 ein Wechsel zu einer systemischen Chemotherapie noch zumutbar gewesen sei.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 17. November 2008 sowie den Bescheid vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2006 in vollem Umfang aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über die zuerkannten 18 708,87 Euro hinaus weitere 58 992,05 Euro zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, und insoweit die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen,
sowie
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 17. November 2008 in vollem Umfang zurückzuweisen.

7

Sie rügt zur Begründung ihrer Revision die Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und sinngemäß, das LSG habe das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend beachtet. Mangels Naturalleistungsanspruchs im Zeitpunkt der Behandlung bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet; die zulässige Revision des Klägers ist dagegen unbegründet. Das LSG-Urteil ist zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil ist in vollem Umfang zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung der Versicherten vom 21.6.2005 bis 8.11.2007 aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Obwohl die Versicherte ihren Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V während des Klageverfahrens an den Kläger abgetreten hat, blieb sie zunächst allein berechtigt, prozessual die Feststellung dieses Anspruchs zu betreiben(vgl entsprechend BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 11 ff und LS 1 mwN). Der Kläger handelte sinngemäß zunächst für die Versicherte. Er ist seit dem Tod der Versicherten als ihr Sonderrechtsnachfolger, nicht aber als Erbe prozessführungsbefugt (zum Begriff vgl BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 15 mwN), den Kostenerstattungsanspruch der Versicherten gerichtlich geltend zu machen (dazu 1.). Der Versicherten stand aber kein Zahlungsanspruch zu, da die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nicht erfüllt sind. Die Versicherte hatte nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die durchgeführte Krankenbehandlung (dazu 2.). Der abweichenden LSG-Auffassung ist nicht zu folgen (dazu 3.).

10

1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt, weil er Sonderrechtsnachfolger der Versicherten hinsichtlich des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V ist. Das folgt aus § 56 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. Danach stehen beim Tode des Berechtigten fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen an erster Stelle dem Ehegatten zu, wenn dieser mit der Berechtigten zur Zeit ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. So lag es beim Kläger. Bei dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch handelt es sich auch um einen fälligen Anspruch auf laufende Geldleistungen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Kostenerstattungsanspruch auf Geldleistungen gerichtet (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 13 mwN). Bestand ein Kostenerstattungsanspruch, war er mit seinem Entstehen fällig (§ 41 SGB I).

11

Der Kostenerstattungsanspruch ist im Rechtssinne auf "laufende" Geldleistungen jedenfalls dann gerichtet, wenn er - wie vorliegend - über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen betrifft. § 56 SGB I ist in diesem Sinne bei Todesfällen in der Zeit ab dem 2.1.2002 auszulegen. Die Regelung ist einer weiten Auslegung zugänglich. Sie kann sogar als Basis einer Analogie dienen (vgl dazu BSG SozR 1500 § 75 Nr 44 S 48). Den Begriff der laufenden Geldleistungen, dem der Begriff der "einmaligen" Geldleistung gegenübersteht, definiert das Gesetz nicht. Nach den Gesetzesmaterialien (Entwurf der Bundesregierung zum SGB I, BT-Drucks 7/868 S 31 zu § 48)handelt es sich um Leistungen, die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden; sie verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass sie verspätet oder als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden. Das kommt auch für die Kostenerstattungsansprüche nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei Systemmangel in Betracht (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V; § 15 Abs 1 SGB IX). Sie knüpfen daran an, dass der Berechtigte regelmäßig zu einer Vorfinanzierung für mehrere Zeitabschnitte gezwungen ist (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 13 mwN). Dem Zweck der Sonderrechtsnachfolge in § 56 SGB I wird es in besonderem Maße gerecht, solche Kostenerstattungsansprüche als Ansprüche auf laufende Geldleistungen anzusehen. Es beschränkt in aller Regel die Lebensführung nicht nur des Leistungsberechtigten, sondern aller Familienangehörigen, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn Ansprüche auf laufende Geldleistung nicht rechtzeitig erfüllt werden (vgl Entwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 7/868 S 33 zu den §§ 56 bis 59). Das gilt in gleicher Weise regelmäßig für die Fälle, in denen die KK ihre Pflicht zur Naturalleistungsgewährung (§ 2 Abs 2 und § 13 Abs 1 SGB V) nicht erfüllt, der Versicherte sich deshalb die zu beanspruchenden Leistungen selbst beschafft, vorfinanziert und später die Kostenerstattung von der KK erstreitet. Um die dadurch entstandene Benachteiligung auszugleichen, sieht § 56 SGB I in Abweichung vom Erbrecht, aber in Übereinstimmung mit Vorschriften des bis zum Inkrafttreten des SGB I geltenden Rechts und mit der Funktion solcher Leistungen eine Sonderrechtsnachfolge vor. Der Schutzbedarf der durch die Vorschriften der Sonderrechtsnachfolge erfassten Personen hat zwischenzeitlich noch dadurch zugenommen, dass § 183 S 1 SGG(hier idF durch Art 1 Nr 61 des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes <6. SGGÄndG> vom 17.8.2001, BGBl I 2144) seit dem 2.1.2002 allein Sonderrechtsnachfolger hinsichtlich der Gerichtskosten privilegiert, während sonstige Rechtsnachfolger nach § 183 S 2 SGG Kostenfreiheit nur in dem Rechtszug haben können, indem sie das Verfahren aufnehmen(vgl zum Ganzen BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 11 - Ilomedin).

12

Der Vorbehalt abweichender Regelungen (§ 37 SGB I; vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 17)steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Allerdings hatte das vor Inkrafttreten des SGB I geltende Recht der RVO für die GKV - anders als für das Recht der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung (vgl hierzu § 630 und § 1288 RVO, dementsprechend § 65 Angestelltenversicherungsgesetz und § 88 Reichsknappschaftsgesetz) - keine Regelung zur Sonderrechtsnachfolge enthalten. Deshalb nahm auch die Rechtsprechung des BSG zum alten Rechtszustand an, der galt, wenn ein Sozialleistungsberechtigter vor dem Inkrafttreten des SGB I (1.1.1976) gestorben war (vgl Art II § 19 SGB I idF vom 11.12.1975, BGBl I 3015), dass ein Erstattungsanspruch im Wege der Rechtsnachfolge auf die Erben übergeht (vgl BSG Urteil vom 10.10.1978 - 3 RK 11/78 - USK 78126). Die bewusst umfassend getroffene Regelung des § 56 SGB I erfasst dagegen auch das Recht der GKV. Die Besonderheiten dieses Rechtsgebiets erfordern es nicht, Kostenerstattungsansprüche von der Sonderrechtsnachfolge nach dem SGB I auszuschließen. Besondere Überlegungen, die im Recht der Sozialhilfe für den Ausschluss der Sonderrechtsnachfolge oder Modifikationen in Betracht kommen (vgl dazu BVerwGE 96, 18, 22 ff = Buchholz 435.11 § 58 SGB I Nr 2; BSG SozR 4-3500 § 19 Nr 3, RdNr 16 ff mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), greifen insoweit für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX nicht durch.

13

Der vorliegende Fall unterscheidet sich durch den Tod der Versicherten in der Zeit ab dem 2.1.2002, dem Tag des Inkrafttretens des 6. SGGÄndG, auch wesentlich von jenem, der dem Urteil des 9. Senats des BSG vom 10.12.2003 (vgl BSGE 92, 42 = SozR 4-3100 § 35 Nr 3)zugrunde lag. Jener Rechtsstreit betraf die Erstattung von bis zum Tode des Berechtigten im Jahr 1999 verauslagten Aufwendungen entsprechend § 18 Abs 3 und 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Blick auf Heimpflege nach § 35 Abs 6 BVG. Er war schon vor Inkrafttreten des 6. SGGÄndG rechtshängig geworden, sodass nach dem Übergangsrecht (Art 17 Abs 1 S 2 6. SGGÄndG) noch altes Kostenrecht anzuwenden war.

14

Der erkennende Senat kann diese Rechtsprechung fortführen (vgl grundlegend BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5 - Ilomedin), ohne den Großen Senat anrufen zu müssen. Denn der 3. Senat des BSG hat seine entgegenstehende, abweichende Rechtsauffassung aus den Urteilen vom 3.8.2006 und vom 25.8.2009 (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 10 RdNr 11)auf Anfrage des erkennenden Senats (BSG Beschluss vom 8.11.2011 - B 1 KR 6/11 R) aufgegeben (BSG Beschluss vom 15.3.2012 - B 3 KR 2/11 S).

15

2. Die Voraussetzungen des geltend gemachten - hier allein in Betracht kommenden - Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V sind nicht erfüllt. Die Rechtsnorm bestimmt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". Der Anspruch aus § 13 Abs 3 S 1 Fall 1 und 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch des Versicherten gegen seine KK. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 8 - Leucinose, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 - Lorenzos Öl; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT). Daran fehlt es.

16

Nach den insoweit unangegriffenen und damit den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hatte die Versicherte keinen Anspruch auf eine ambulante Behandlung mit Chemoperfusionen und LITT gegen die Beklagte. Die Beklagte war zwar nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung der Versicherten verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die KKn sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT, stRspr). Es fehlte zur Zeit der Behandlung der Versicherten an einer Empfehlung des GBA für eine ambulante Behandlung mit Chemoperfusionen und LITT.

17

Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 12 - ICL). Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl dazu BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 17 ff mwN - LITT; § 135 Abs 1 S 4 und 5 SGB V idF des Art 1 Nr 105 Buchst b des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - vom 26.3.2007, BGBl I 378). Auch die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung sind nicht erfüllt (vgl hierzu zB BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 29 ff mwN - Tomudex; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31 - 32 - D-Ribose; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 20 ff mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - Lorenzos Öl; ab 1.1.2012 § 2 Abs 1a SGB V). Es stand nämlich für die Versicherte im maßgeblichen Zeitpunkt Juni 2005 zu Beginn der Behandlung (vgl hierzu zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 28, 33 - LITT) mit der systemischen Chemotherapie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung (vgl hierzu zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 - LITT; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 31 - Tomudex). Entgegen der Auffassung des Klägers stellt sich die Frage nach einem zumutbaren Wechsel von der transarteriellen Chemoperfusion zur systemischen Chemotherapie zu einem späteren Zeitpunkt nicht.

18

3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist es für den Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V unerheblich, dass - wovon das LSG ausgeht, was aber die Beklagte angegriffen hat - Prof. Dr. V. angeblich die Versicherte nicht über die Verabreichung von Chemoperfusionen aufgeklärt hat, sodass sie von einer Chemoembolisation ausging. Es bedarf deshalb keiner Vertiefung, ob die Beklagte mit ihrem Vorbringen noch hinreichend sinngemäß als Verfahrensverstoß gerügt hat, dass das LSG bei seiner Annahme das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hat (vgl dazu BSG SozR Nr 56 zu § 128 SGG; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012 § 128 RdNr 13 mwN) und dass das LSG mit diesem Verfahrensverstoß die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hat. Hierfür spricht allerdings, dass es nicht darauf eingegangen ist, dass nach den vom LSG in Bezug genommenen Akteninhalt die Versicherte durch ihren Ehegatten schon am 18.6.2005, nach der Erstuntersuchung bei Prof. Dr. V. am 17.6.2005, Kostenerstattung für eine "lokale Chemotherapie" beantragte - so bezeichnet Prof. Dr. V. die Chemoperfusion; dass die Nachfrage der Beklagten im Sekretariat von Prof. Dr. V. ergab, dass die Versicherte über die nur privat abzurechnende Chemoperfusionen aufgeklärt wurde und entsprechende Wahlerklärungen unterschrieb; dass die Versicherte auf die Wiedergabe dieses Sachverhalts in ihrem Widerspruch nicht etwa überrascht reagierte, sondern ausführte, sie benötige dringend "die lebensnotwendige Chemoperfusion mit anschließender Laser-Therapie. Zu dieser Therapie gibt es keine Alternative"; dass Prof. Dr. V. selbst gegenüber dem SG angab, die Chemoperfusion habe er der Versicherten privat in Rechnung gestellt, weil "derzeit keine Kostenübernahme durch Kassenzulassung" erfolge, er habe mit der Versicherten eine private Kostenvereinbarung getroffen und ihr vor der Behandlung mit Chemoperfusion die Auskunft erteilt, dass die Kosten selbst getragen werden müssten; schließlich dass der Kläger dem bei Kenntnisnahme während des Klageverfahrens nicht etwa sofort widersprach, sondern die unmittelbar daneben aufgeführte Angabe von Prof. Dr. V. im gleichen Schreiben als entscheidend ansah, die Chemoembolisation wäre zu gefährlich gewesen.

19

Auch wenn man in Widerspruch zum Akteninhalt zugunsten des Klägers unterstellt, der hierzu nicht vom LSG persönlich angehörte Prof. Dr. V. habe die Versicherte nicht darüber aufgeklärt, Chemoperfusionen zu verabreichen, begründet dies entgegen der Auffassung des LSG kein "Systemversagen", welches das Erfordernis des Bestehens eines Primäranspruchs entfallen lässt und zur Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V führt. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck des § 13 Abs 3 S 1 SGB V geben für die Rechtsauffassung des LSG nichts her, Versicherten seien bei unterlassener ärztlicher Aufklärung über eine durchgeführte, nicht zu Lasten der GKV zu beanspruchende Behandlung Kosten zu erstatten. Schon der Wortlaut der abschließenden Regelung (vgl dazu BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 19 mwN)des § 13 Abs 3 S 1 SGB V knüpft an die Voraussetzung an, dass die KK "eine … Leistung" nicht rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht ablehnte, sie zu erbringen. Dreh- und Angelpunkt des Anspruchs ist die dem Versicherten geschuldete Leistung, hier also die Krankenbehandlung. Die Gesetzesmaterialien belegen Gleiches. Danach ersetzt die Vorschrift den Sachleistungsanspruch durch einen Kostenerstattungsanspruch, wenn die KK eine Leistung wegen ihrer Dringlichkeit … nicht mehr rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht abgelehnt hat. In anderen Fällen selbstbeschaffter Leistungen besteht keine Leistungspflicht der KK (vgl insgesamt Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BT-Drucks 11/2237 S 164, zu § 13 Abs 2). Sowohl § 13 Abs 3 S 1 Fall 1 SGB V als auch § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V knüpfen zwingend an die von der KK geschuldete, aber rechtswidrig nicht erbrachte Leistung an(vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; Brandts in Kasseler Komm, Stand April 2012, § 13 SGB V RdNr 52 ff; E. Hauck in Horst Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand September 2011, § 13 SGB V RdNr 233 ff mwN). Das Regelungssystem des SGB V begründet Ansprüche auf Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 SGB V)unter Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) grundsätzlich nach objektiven Kriterien (vgl beispielhaft für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30 f; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 19 ff mwN; Hauck, NZS 2007, 461 ff). Besteht die Möglichkeit, verschiedene Wege zu gehen, sind diese krankenversicherungsrechtlich auf ihre Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen (§ 12 Abs 1 SGB V). Nur wenn mehrere verschiedene in Betracht kommende Maßnahmen ärztlichen Handelns diesen Anforderungen genügen, hat der versicherte Patient auch hierüber aufgeklärt zu werden und die Auswahl zu treffen (vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - GesR 2007, 276 RdNr 54). Dieses Regelungssystem sichert die Gleichbehandlung der Versicherten (Art 3 Abs 1 GG) und richtet die Leistungen am Gesichtspunkt der Qualität und Wirtschaftlichkeit aus. Es vermeidet, den Anspruch Versicherter von dem in dieser Hinsicht ungeeigneten Maßstab ärztlicher Pflichtverletzungen abhängig zu machen, wie es bei der Rechtsauffassung des LSG der Fall wäre.

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Entgegen der Ansicht des LSG entstehen infolge der Regelung des Gesetzgebers keine Rechtsschutzdefizite zu Lasten der Versicherten. Erhalten Versicherte eine GKV-Leistung, müssen sie grundsätzlich hierfür abgesehen von der Zuzahlung nicht zahlen. Zahlen sie dennoch, können sie das Gezahlte im Zivilrechtsweg zurückfordern. Ihre Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, die Versicherten können zudem vom Leistungserbringer, etwa vom Arzt, Schadensersatz fordern (§ 76 Abs 4 SGB V). Deutet sich ein solcher Sachverhalt erst im Rechtsstreit der Sozialgerichtsbarkeit über Kostenerstattung an, kann der Versicherte nach dem SGG zwar nicht dem betroffenen Arzt den Streit verkünden. Das Gericht kann ihn aber - funktional gleichwertig - beiladen, um eine Bindungswirkung seiner Entscheidung zu erreichen (vgl dazu BSGE 40, 130, 132 = SozR 1750 § 41 Nr 1; zur rechtswegübergreifenden Interventionswirkung vgl auch BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr 1).

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§ 13 Abs 3 S 1 SGB V ist für einen solchen Fall nicht gedacht. Kosten im Sinne des § 13 Abs 3 S 1 SGB V sind dem Versicherten in einem solchen Fall nicht dadurch "entstanden", dass seine KK eine Leistung rechtswidrig abgelehnt hat oder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Seine KK kann ihn bei der Rückforderung unterstützen (vgl § 66 SGB V), hat aber nicht die Aufgabe, für solche ärztlichen Pflichtverletzungen nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V einzustehen.

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Die Regelung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V will vielmehr Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der KK geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht(vgl BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 25). Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine GKV-Leistung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will. So lag es nach den LSG-Feststellungen hinsichtlich der Chemotherapie für die Versicherte. Will ein Versicherter dagegen eine GKV-Leistung in Anspruch nehmen, weiß er, dass er diese - abgesehen von den gesetzlichen Zuzahlungen - frei von Honorar beanspruchen kann.

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§ 13 Abs 3 S 1 SGB V garantiert - wie dargelegt - lediglich, dass Versicherte tatsächlich bestehende Versorgungslücken des Naturalleistungssystems in den gesetzlich bestimmten Fällen zu Lasten der KKn beseitigen können, indem sie sich die geschuldete Leistung selbst verschaffen. Auch die irrige Annahme eines Versicherten, ihm werde eine GKV-Leistung erbracht, obwohl dies nicht der Fall ist, schafft keine Versorgungslücke. Denn die Fehlvorstellung ändert nicht den Umfang des GKV-Leistungskatalogs: Der Versicherte erhält eine Leistung, die er gerade nicht von der GKV beanspruchen kann. Hat der Leistungserbringer die Fehlvorstellung des Versicherten erzeugt, kann der Versicherte erst recht das Gezahlte nach den oben dargelegten Grundsätzen zurückverlangen. Schließt der zutreffend umfassend aufgeklärte Versicherte dagegen über die Leistung von vornherein eine private Honorarvereinbarung ab, begibt er sich des Schutzes des Naturalleistungssystems. Er ist in diesem Fall nicht schutzwürdig.

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Verletzt der behandelnde Arzt seine Aufklärungspflichten, kann dies zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs des Arztes führen (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 35 - LITT; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 18). Sollte der behandelnde Arzt mit Hilfe einer Honorarvereinbarung versuchen, ihn selbst treffende Risiken auf den Versicherten abzuwälzen, kommt nach der Rechtsprechung des Senats auch eine Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 32 SGB I in Betracht(vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 26; BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 16 f; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R - USK 2006-79 - juris RdNr 13; vgl auch die Auflistung der verschiedenen Fallgruppen fehlender Zahlungsverpflichtungen bei E. Hauck in Horst Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand September 2011, § 13 SGB V, RdNr 267 ff).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, weil der Kläger in seiner Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I klagt.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt als Witwer und Sonderrechtsnachfolger der am 1971 geborenen und am 2010 an einem Astrozytom verstorbenen P. F. (Versicherte) die Erstattung der Kosten für eine ambulante Behandlung mit alternativer Krebstherapie (Hyperthermie) in Höhe von EUR 1.349,80.
Die Versicherte war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2008 wurde bei ihr ein diffus infiltrierendes Astrozytom nach WHO Grad III rechts frontal festgestellt. Eine Operation war aufgrund des Tumortyps und der Art des Tumors nach Einschätzung der behandelnden Ärzte zu dem Zeitpunkt nicht möglich. In der Zeit von Februar bis April 2008 wurde der Tumor mit 60 Gy bestrahlt. In der Zeit von August bis November 2008 wurden vier Zyklen einer Chemotherapie mit Temodal durchgeführt. In den Monaten Januar, August und Dezember 2008 traten außerdem bei der Versicherten Krampfanfälle auf.
Die Versicherte beantragte unter Vorlage eines Attests des Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 08. Dezember 2008, der seit 01. Februar 2002 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, die Gewährung einer Hyperthermiebehandlung. Dr. W. führte in diesem Attest aus, die bisherigen Therapien hätten den Tumor nicht aufhalten können. Es habe sich jeweils in kernspintomographischen Kontrollen ein Fortschreiten der Erkrankung ergeben. Weitere Therapiemöglichkeiten bestünden in Zweit- oder Drittlinienprotokollen (Chemotherapie mit sehr fraglichen Wirkungen bei sicher zu erwartenden Nebenwirkungen). Aus diesem Grund sei die Beratung in seiner komplementär-onkologischen Sprechstunde erfolgt. Es seien schon eine gezielte Ernährungsumstellung und die Einnahme von hochdosierten redifferenzierenden und orthomolekularen Substanzen (Retinolpalmitat, Vitamin D3 und Selen 300) besprochen worden. Die beabsichtigte Elektrotiefenhyperthermie solle ein wesentlicher Therapiepfeiler sein. Ein entsprechendes Gerät (EHY 2000 der Firma O.) stehe in seiner Praxis zur Verfügung. Auch wenn diese Therapie nicht dem allgemein von der Krankenkasse zu übernehmendem Standard entspreche, müsse sie bei der Versicherten übernommen werden, weil die konservativen Therapien ausgereizt seien und es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung handle. Nach 30 Sitzungen werde die Wirksamkeit dieser Therapie im Rahmen einer Kernspintomographie überprüft. Dr. W. fügte seinem Attest eine Zusammenfassung von Studien zur Hyperthermiebehandlung bei Astrozytomen und Gliomen bei.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten bei Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein (Gutachten vom 20. Dezember 2008), der bestätigte, dass eine Tumorerkrankung mit ungünstiger Prognose ohne kurative Therapieaussicht vorliege. Eine lebensbedrohliche Situation sei zu bestätigen. Nach Ausschöpfen der Bestrahlungsoptionen und der Primärtherapie mit Temodal ergäben sich nur Sekundärchemotherapieprotokolle wie PCV, ACNU oder VM26. Ob eine relevante Krankheitsbeeinflussung noch möglich sei, bleibe offen. Bezüglich der Tiefenhyperthermie bei diffus infiltrierendem Astrozytom Grad III lägen keine validen Studienergebnisse vor. Die vorgelegte retrospektive Studie mit 200 Patienten und der Vergleich zu einer historischen Gruppe sei nicht ausreichend aussagekräftig. Eine fachärztliche Behandlung finde ebenfalls nicht statt. Die Kostenübernahme könne nicht empfohlen werden. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Versicherten ab.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 23. Januar 2009, zu dessen Begründung sie sich auf das Attest von Dr. W. und einem Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19. Oktober 2006 (S 11 KR 134/06 ER) bezog.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Versicherten als unbegründet zurück. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Die Hyperthermiebehandlung sei durch den GBA ausdrücklich als solche Behandlungsmethode aufgeführt worden, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfe. Die Therapie gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die die Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen könne. Zur Klärung der Frage, ob mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) ein Anspruch der Versicherten gegeben sei, sei durch den MDK eine Überprüfung des Einzelfalls gemäß § 275 SGB V erfolgt. Dieser sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Übernahme der Kosten sozialmedizinisch nicht empfohlen werden könne. Die Beurteilungen des MDK seien entsprechend ihrer Zweckbestimmung bei der Entscheidung der Kasse über die Gewährung oder Versagung einer Leistung nach der medizinischen Seite hin richtunggebend. Hinweise auf Versendungsart bzw. -datum des Widerspruchsbescheids finden sich in der Verwaltungsakte nicht.
Bereits am 18. Dezember 2008 hatte die Klägerin eine ambulante Tiefenhyperthermiebehandlung bei Dr. W. begonnen. An diesem Tage unterschrieben die Versicherte und Dr. W. zudem ein als „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie (EHT)“ überschriebenes Formular, in welchem die Versicherte darauf hingewiesen wurde, dass die angestrebte Behandlung nicht zu den von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfassten Behandlungsformen gehöre und die Versicherte daher die Kosten von EUR 145,14 je Sitzung bei Ablehnung der Kostenzusage durch die Krankenkasse selbst zu tragen habe. Die Tiefenhyperthermiebehandlung fand insgesamt zehnmal (nämlich außerdem am 22. , 24. und 29. Dezember 2008 sowie am 02., 05., 09., 12., 16. und 20. Januar 2009) statt. Die Kosten der Einzelbehandlungen beliefen sich auf jeweils EUR 145,14 bzw. einmalig EUR 43,54. Mit den Rechnungen vom 24. Dezember 2008, 29. Dezember 2008, 02. Januar 2009, 12. Januar 2009 und 20. Januar 2009, die jeweils innerhalb von vier Wochen zu bezahlen waren, berechnete Dr. W. nach der Gebührennummer 5854 der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) insgesamt EUR 1.349,80. Weitere Sitzungen wurden nicht durchgeführt. Vielmehr entschloss sich die Versicherte nun doch zu einer operativen Behandlung, welche am 03. Februar 2009 in der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums F. durchgeführt wurde (vgl. den Entlassungsbericht von Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009). In der Folge befand sich die Versicherte vom 23. Februar bis 27. März 2009 in einer medizinischen Reha-Maßnahme in den Kliniken S. in K. (vgl. den Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009).
Am 23. März 2009 (einem Montag) erhob die Versicherte zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und bezog sich insbesondere auf den Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005. In ihrem Fall hätten inzwischen (zum Zeitpunkt des Erhebens der Klage) fünf durchgeführte Chemotherapien keine Verbesserung ihres Gesundheitszustands mit sich gebracht. Eine Kombination von Chemotherapien und der beantragten Elektrotiefenhyperthermiebehandlung ließen eine Verbesserung des Gesundheitszustands mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bezog sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide. Eine Anwendung des Urteils des BVerfG vom 06. Dezember 2005 sei nicht möglich, weil der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 zur Änderung der Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), jetzt Anlage I Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), ausgeführt habe, dass die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermiebehandlung Ausdruck dafür sei, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde. Erprobungen sollten deshalb auf kontrollierte Studien begrenzt bleiben. Die Voraussetzungen für ausnahmsweise aus verfassungsrechtlichen Gründen zu gewährende Leistungen seien deshalb nicht erfüllt.
10 
Das Gericht hörte zur Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Versicherten schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. gab in seiner Auskunft vom 12. Juni 2009 an, die Versicherte habe ihn erstmals am 12. Mai 2008 aufgesucht. Sie habe über Krampfanfälle geklagt. Die Therapien seien durchweg erfolglos geblieben; die üblichen Standardverfahren eines Astrozytoms seien damit ausgereizt gewesen. Von der Neurochirurgie Freiburg sei bis zum Zeitpunkt seines Behandlungsbeginns eine Operation ausgeschlossen worden. Am 18. Dezember 2008 habe er daher mit einer Tiefenhyperthermiebehandlung begonnen, die mit dem Gerät EHY 2000 der Firma O. erfolgt sei. Parallel dazu sei eine erneute Chemotherapie von der betreuenden Onkologin Dr. M. begonnen worden. Dabei habe es sich um eine Therapie nach dem PCV-Schema gehandelt. Diese Therapie sei bis 07. Januar 2009 durchgeführt worden. Die Versicherte habe sich damals in einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Situation befunden. Die von ihm durchgeführte Therapie von Astrozytomen und auch Glioblastomen mit dem Gerät EHY 2000 sei etabliert und werde von einigen Dutzend Arztpraxen und Tumorkliniken bei dieser Indikation eingesetzt. Der Erfolg der bei ihm insgesamt durchgeführten neuen Hyperthermiebehandlungen habe nicht mehr eindeutig festgestellt werden können, da zwischenzeitlich aufgrund einer dringenden Bitte des primären Hausarztes Dr. R. die neurochirurgische Klinik eine gefährliche Operation nun doch in Erwägung gezogen habe. Zuvor habe jedoch keine allgemein anerkannte und medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Die Methode der Hyperthermie habe die Chance eines wenigstens spürbar positiven Einflusses auf den Krankheitsverlauf versprochen. Seiner Auskunft fügte Dr. W. eine Information zur Behandlung mit Hyperthermie und Auszüge aus Veröffentlichungen hierzu bei. Überdies legte er den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009 vor. Dieser berichtete von einer Hemiparese links mit Gangunsicherheit und Fallneigung sowie einer psychophysischen Belastbarkeitsminderung bei Zustand nach Resektion des Astrozytoms am 03. Februar 2009. Auch postoperativ sei es zu generalisierten epileptischen Anfällen gekommen. Durch die Folgen der strahlen- und chemotherapeutischen Behandlung sowie in der Folge der Tumoroperation sei die Klägerin in der selbstständigen Alltagsbewältigung deutlichst eingeschränkt. Ergänzend gab Dr. W. in seiner Auskunft vom 07. Dezember 2009 an, die Kombination der Elektrotiefenhyperthermie und Chemotherapie habe als Ziel die synergetische Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung gehabt bzw. mindestens in der Verhinderung weiteren Wachstums bestanden.
11 
Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. gab an (Auskunft vom 15. Juni 2009), die Klägerin habe sich bereits seit September 2006 sehr häufig in seiner ambulanten Behandlung befunden. Erst Anfang Januar 2008 sei die Diagnose klar gewesen. Im Laufe der Zeit sei es zu zunehmenden sensiblen Störungen und Ausfällen gekommen. Die Diagnose eines weit fortgeschrittenen diffus infiltrierenden Astrozytoms des Frontalhirns im Übergang zum Glioblastom sei im Zeitpunkt der Überlegung, die Hyperthermiebehandlung zu empfehlen, ein Todesurteil gewesen. Die Versicherte sei damals von den Onkologen eigentlich aufgegeben worden. Es habe eine bereits durchgeführte Chemotherapie wiederholt werden sollen. Auch die Strahlenbehandlung habe sich nur in den Nebenwirkungen als „erfolgreich“ erwiesen. Er habe daher die Hyperthermiebehandlung und auch deren Beginn vor einer Entscheidung der Beklagten empfohlen, um zu verhindern, dass sich die Frage nach der Übernahmefähigkeit der Kosten vor der Bewilligung „biologisch erledige“. Dr. R. fügte seiner Auskunft Arztunterlagen und Arztbriefe zum Verlauf der Erkrankung der Versicherten, insbesondere des O. Klinikums, des Radiologischen Instituts B. der Neurologin Dr. Wu., des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. N. des Neurozentrums vom Universitätsklinikum F. sowie den Bericht der Onkologin Dr. M. vom 19. Dezember 2008 bei. Letzterem zufolge wurde damals eine weitere Zunahme des Tumors festgestellt. Sie schlage daher einen Zyklus nach dem PCV-Schema und dann die erneute Vorstellung in der Neurochirurgie vor. Außerdem könne eine experimentelle Therapie mit Avastin, einem VEGF-Antikörper in Kombination mit Irinotecan versucht werden, die die Beklagte jedoch zunächst genehmigen müsse. In der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F. könne zumindest eine operative Teilresektion des Tumors versucht werden. Überdies legte Dr. R. den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. der Kliniken S. vom 26. Mai 2008 über eine bereits in der Zeit vom 25. April bis 22. Mai 2008 erfolgte medizinische Reha-Maßnahme der Versicherten vor. Seinerzeit war die Versicherte als für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig belastbar, jedoch wegen der Inoperabilität des Tumors mit einer ungünstigen Prognose entlassen worden. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens legte Dr. R. zudem den Operationsbericht der Oberärztin Dr. We. sowie den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009, beides Ärzte der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F., über die operative Behandlung der Versicherten am 03. Februar 2009 vor. Danach konnte eine weitgehende Tumorresektion erreicht werden.
12 
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. berichtete in seiner Auskunft vom 23. Juni 2009 davon, dass er die Versicherte aufgrund epileptischer Anfälle zur Kernspintomographie überwiesen habe. Die Diagnose beschreibe eine lebensbedrohliche Erkrankung. Er habe keine Erfahrung mit der Elektrotiefenhyperthermie und könne dazu keine Aussage treffen.
13 
Die Versicherte verstarb am 24. Mai 2010, was die Beteiligten dem SG nicht mitteilten.
14 
Mit Urteil vom 19. Oktober 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 zur Erstattung der Kosten für die im Dezember 2008 und Januar 2009 durchgeführte Hyperthermiebehandlung in Höhe von insgesamt EUR 1.349,80. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten sei § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Beklagte sei nach § 27 Abs. 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, allerdings unterliege der Behandlungs- und Versorgungsanspruch den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen und umfasse nur Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Dies sei bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Durch diese Richtlinien werde der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - z.B. Urteil vom 24. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - BSGE 97, 190). Bei der Elektrotiefenhyperthermie handle es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom GBA in der Anlage II der Methoden-Richtlinie nicht als anerkannte Behandlungsmethode für Astrozytome aufgeführt sei. Die Versicherte habe deshalb unter diesem Aspekt keinen Kostenerstattungsanspruch. Sie habe auch keinen Kostenerstattungsanspruch nach den Grundsätzen des so genannten Systemversagens. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen lägen im Falle der Versicherten erkennbar nicht vor. Weder habe diese an einer extrem seltenen Erkrankung, deren Erforschung praktisch ausgeschlossen sei, gelitten, noch habe der GBA verspätet entschieden. Dieser habe sich vielmehr bereits im Jahr 2005 mit der Hyperthermiebehandlung auseinandergesetzt und sie in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Das Vorliegen neuer Erkenntnisse habe die Versicherte weder vorgetragen, noch seien solche ersichtlich. Die Versicherte habe aber einen Kostenanspruch wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Situation unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (unter Verweis auf BVerfG, vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Dieses habe entschieden, dass die Vorschriften des SGB V verfassungskonform auszulegen seien. Danach komme ein Anspruch auf Kostenerstattung auch dann in Betracht, wenn
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1. eine lebensbedrohliche oder regelmäßige tödlich verlaufende Erkrankung vorliege,
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2. bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht (mehr) zur Verfügung stehe und
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3. bezüglich der anzuwendenden Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe.
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Die zweite Voraussetzung sei erfüllt, wenn feststehe, dass derartige dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethoden überhaupt nicht zur Verfügung stünden oder im konkreten Einzelfall, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht vertrage oder ihre Anwendung keinen Erfolg gebracht habe. Dabei sei zu unterscheiden, welchem Behandlungsziel die Methode diene: Sei zwar eine Methode verfügbar, die auf Linderung der Krankheitsbeschwerden abziele, könne sie der begehrten nicht anerkannten Behandlung dann nicht entgegengehalten werden, wenn letztere auf die Heilung oder langfristige Verzögerung des Krankheitsverlaufs abziele. Die dritte Bedingung für einen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Krankenbehandlung setze voraus, dass Erkenntnisse wissenschaftlicher Art dazu vorlägen, dass ein Behandlungserfolg möglich sei. Diese Erkenntnisse müssten objektivierbar sein. Die Behandlung müsse in der Regel fachärztlich durchgeführt werden. Der Erfüllung der dritten Voraussetzung stehe - anders als von der Beklagten und dem BSG im Urteil vom 24. November 2006 (B 1 KR 24/06 R, a.a.O.) vertreten - auch nicht in allen Fällen ein Beschluss des GBA entgegen, der die entsprechende Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen habe. Zwar sei verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode nichts einzuwenden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, die vom BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich ausgeschlossen worden sei (unter Verweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17). Das gelte jedenfalls dann, wenn aus den auf der Homepage des GBA veröffentlichten Gründen für den Ausschluss erkennbar sei, dass ein Ausschluss nicht wegen völliger Unwissenschaftlichkeit oder nachgewiesener Wirkungslosigkeit erfolgt sei, sondern davon ausgegangen werde, dass angesichts der Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie diese Technologie sich noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befunden habe. In diesen Fällen lägen nämlich ebenso wie bei Behandlungsmethoden, mit denen sich der GBA überhaupt noch nicht befasst habe, Indizien für eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf einen Behandlungserfolg vor. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, sei schließlich zu prüfen, ob auch andere anerkannte Methoden diesem Maßstab genügten. Ausgehend davon habe die Versicherte einen Anspruch auf Erstattung ihrer für die Hyperthermie aufgewandten Kosten. Sie leide an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit nach Diagnose eines Astrozytoms betrage elf bis zwölf Monate. Eine andere - anerkannte - Methode habe für die Behandlung der Versicherten nicht zur Verfügung gestanden. Diese habe bereits verschiedene Chemotherapien und eine Strahlentherapie hinter sich gehabt. Eine operative Entfernung des Tumors sei durch die Fachärzte als weitgehend unmöglich abgelehnt worden. Die Tatsache, dass später „quasi als Verzweiflungstat“ doch noch eine Operation durchgeführt worden sei, ändere an dieser Einschätzung nichts. Maßgeblich seien für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V die Erkenntnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung. Eine erneute Chemotherapie nach anderen Protokollen seien selbst vom MDK als wenig aussichtsreich oder allenfalls ergänzend möglich beurteilt worden. Es hätten nur die Möglichkeiten einer palliativen Chemotherapie bestanden. Demgegenüber habe die Behandlung mit Elektrohyperthermie nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. W. der Zerstörung des Tumors, jedenfalls aber der Verhinderung von dessen weiterem Wachstum gedient. Die Hyperthermiebehandlung sei also in erster Linie auf Heilung oder wenigstens spürbare Lebensverlängerung gerichtet gewesen, die als weitere Möglichkeit in Betracht gezogene Chemotherapie in erster Linie auf Verhinderung einer Verschlechterung bzw. auf Linderung der Krankheit. Auch die weiteren Voraussetzungen hätten vorgelegen. Es habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf einen Heilungserfolg oder wenigstens einen spürbar positiven Krankheitsverlauf gegeben. Es sei medizinisch keine abwegige Vorstellung, dass durch die Erhitzung des Tumorgewebes mittels Radiowellen eine Zerstörung oder wenigstens eine Hemmung des weiteren Tumorwachstums möglich sei. Nachdem die Behandlung im stationären Bereich auch schon zu Erfolgen geführt habe, reichten diese Erkenntnisse zur Annahme eines Indizes für eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf aus. Auch die Abwägung vom Risiko der Behandlung mit Hyperthermie, die immerhin in Krankenhäusern schon länger eingesetzt werde, mit dem zu erwartenden Nutzen sei zu Gunsten der Behandlung ausgefallen. Die Versicherte sei in einer verzweifelten Lage gewesen. Sie sei überdies darüber informiert gewesen, dass die Hyperthermiebehandlung keine anerkannte Methode gewesen sei; sie sei über den experimentellen Charakter der Behandlung aufgeklärt gewesen und habe ihr zugestimmt. Der Erbringung der Behandlung zu Lasten der Beklagten habe schließlich der Beschluss des GBA vom 14. Mai 2005 nicht entgegengestanden. Die Aufnahme zur Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie sei in erster Linie deshalb erfolgt, da die Hyperthermie nach deren Anwendern eine Vielzahl nicht näher spezifizierter Anwendungsgebiete gehabt habe, die nicht im einzelnen erforscht seien. Die Wirkungslosigkeit oder ihre völlige Unwissenschaftlichkeit habe der GBA ebenso wenig festgestellt wie eine besondere Gefährdung durch die Durchführung dieser Therapie. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe schließlich nicht entgegen, dass die Versicherte die Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe, bevor sie mit der Behandlung begonnen habe. Die Behandlung sei unaufschiebbar gewesen. Wie ihr behandelnder Hausarzt überzeugend ausgeführt habe, habe mit dem Beginn der Behandlung nicht abgewartet werden können, bis die Beklagte entschied, denn es habe die Gefahr bestanden, dass sie vor Beginn der Behandlung an den Folgen des Astrozytoms verstarb. Schließlich entsprächen die Rechnungen des Dr. W. auch den Voraussetzungen der GOÄ; eine ordnungsgemäße Abrechnung sei erfolgt.
19 
Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Oktober 2010 zum Landessozialgericht Baden- Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich durch Richtlinien des GBA festgelegt werde. Der GBA habe die Hyperthermie in Nr. 42 der Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Die dort aufgeführten Behandlungsverfahren dürften nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Die Methode gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 SGB V. Das BSG habe in seinem Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.) entschieden, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr sei, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Dann sei auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert seien. Auch in Bezug auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (a.a.O.) stehe der Versicherten die begehrte Leistung nicht zu. Anders als im dort entschiedenen Fall sei die Hyperthermiebehandlung vorliegend nicht zur Schmerzbekämpfung erfolgt, sondern habe nach der Stellungnahme des Dr. W. vom 07. Dezember 2009 das Ziel der synergetischen Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung bzw. mindestens in der Verhinderung des Wachstums gehabt. Von einem ausdrücklichen Ausschluss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch den GBA könne somit ausgegangen werden. Im Übrigen habe das BVerfG in seiner Entscheidung keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Das BVerfG habe ausgeführt, dass das Landessozialgericht - soweit es zu dem Ergebnis komme, dass auch die individuell im Fall der dortigen Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom GBA vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei - in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden habe, ob die im Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gälten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen worden sei. Für sie, die Beklagte, gelte weiterhin die Rechtsauffassung des BSG im Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.). Soweit der GBA zwischenzeitlich konkretisiert habe, dass bei einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit eine Methode, für die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare Linderung bestehe, grundsätzlich im Einzelfall von den Krankenkassen getragen werden könne, sei hieraus kein anderes Ergebnis abzuleiten. Im Falle der Hyperthermie habe der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 jedoch festgestellt, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des Hyperthermieverfahrens - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt seien, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht habe empfohlen werden können. Die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie sei, wie bei anderen medizinischen Entwicklungen, Ausdruck dafür, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde.
20 
Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat die Beklagte überdies das sozialmedizinische Gutachten des Dr. Bä. (MDK) vom 28. April 2011 vorgelegt. Dr. Bä. führt darin aus, dass von den vier verschiedenen Anwendungsformen der Hyperthermie vorliegend die regionale Tiefenhyperthermie relevant sei. Insoweit existiere ein patientenrelevanter methodischer Unterschied zwischen der wissenschaftlichen Hyperthermie, wie sie an Universitätskliniken angewandt werde, und der frei zugänglichen, auch von Heilpraktikern oder der „komplementären Onkologie“ ohne Bestrahlungsplanung und Temperaturmessung anwendbaren niederfrequenten „Onkothermie“, die auch als Hyperthermie bezeichnet werde. Diese lasse regelmäßig sowohl eine wissenschaftlich-technisch begründete Therapieplanung als auch die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet als auch eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen vermissen. Niederfrequente Geräte könnten besonders einfach und kostengünstig gebaut werden. Jedoch brächten diese Geräte eine meist geringe Energieleistung auf; gut durchblutete Organe könnten die eingestrahlte Energieleistung problemlos sofort wieder abführen. Von der Herstellerfirma der in diesem Bereich am weitesten verbreiteten Geräte (Hot O. GmbH) werde ein hypothetischer zweiter Wirkungsmechanismus konstruiert, der sich aus einem behaupteten besonderen Absorptionsverhalten der extrazellulären Flüssigkeit im Tumorgewebe und einem niedrigeren Wellenwiderstand des Tumors im Vergleich zum umliegenden Gewebe zusammensetzen solle. Für diese Behauptungen könnten sich die Leistungserbringer auf keinerlei naturwissenschaftliche Grundlagen stützen und entzögen ihre Gerätewirkung einer naturwissenschaftlichen Überprüfbarkeit. Unabhängig von der Form der angewandten Hyperthermie habe - nach Auswertung der einschlägigen Publikationen - zu keiner Zeit durch den Einsatz der Hyperthermie eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Der GBA habe sich seinerzeit mit 1.252 Titeln zur Hyperthermie befasst, darunter hätten sich 42 Studien mit vorrangiger Evidenz bei 11 Tumorindikationen befunden. In keiner Indikation habe die Stärke der Evidenz für eine positive Empfehlung von Hyperthermieanwendungen ausgereicht. Der GBA habe daher das Resümee gezogen, bei solchen experimentellen Therapien, auch in den Indikationen, in denen die Forschung schon weiter fortgeschritten sei, sollten Erprobungen auf die Durchführung kontrollierter Studien begrenzt bleiben. Zwischenzeitlich sei in Österreich vom Ludwig-Boltzmann-Institut, einer wissenschaftlich arbeitenden Institution des öffentlichen Gesundheitswesens in Österreich, ein systematischer Review erstellt worden, der die internationale Literatur im Zeitraum von 2005 bis 2010 bewerte. Die dortigen Autoren zögen das Resümee, dass sich die Lage der Evidenz in den letzten fünf Jahren seit dem GBA-Bericht gemessen an der Zahl neuer RCTs (randomisierter kontrollierter Studien) kaum geändert habe. Obwohl von vielen Studienautoren umfassendere Phase-III-Studien gefordert worden seien, sei für die meisten Indikationen die Evidenz nahezu unverändert. Die RCTs aus der aktuellen Recherche zeigten zusammengefasst in Bezug auf klinisch relevante Endpunkte keine Vorteile von Hyperthermie gegenüber allgemeiner Chemo- und/oder Radiotherapie. In der Summe sei die Evidenz daher derzeit zu schwach, um einen Nutzen durch die zusätzliche Hyperthermieanwendung ableiten zu können. Die von Dr. W. vorgelegten Studien seien nicht geeignet, Wirksamkeit und Überlebensvorteil bzw. einen Nutzen der Hyperthermie nachzuweisen. Es handle sich um eine Fallserie bei einer Tumorart, die mit der Erkrankung der Versicherten nicht vollständig identisch sei, die Daten seien nicht vollständig publiziert, eine Randomisierung habe nicht stattgefunden, dem Abstract sei nicht zu entnehmen, ob und mit welcher Kontrollgruppe verglichen worden sei. Nach der GBA-Klassifizierung entspreche die Publikation der niedrigen Evidenzstufe IV. Eine eigene, am 20. April 2011 durchgeführte Literatursuche in der medizinischen Datenbank PubMed habe keine randomisiert kontrollierte Studie zur Hyperthermie beim Astrozytom seit 2005 ergeben. Die Datenlage sei somit unverändert seit der GBA-Bewertung. Weder in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie noch in der amerikanischen NCCN-Leitlinie sei die Hyperthermie für die Therapie von Astrozytomen auch nur erwähnt. Somit ergäben sich nach Aktenlage keine neuen Erkenntnisse für Wirksamkeit und Nutzen der beantragten, von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Leistung. Stattdessen sei eine erhebliche Anzahl an Studien durchgeführt worden, die mit keiner Publikation abgeschlossen worden sei. Im Übrigen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die klinischen Studien der letzten Jahre vor allem in Universitätskliniken mit Hochfrequenz-Therapiegeräten durchgeführt würden, das Hyperthermiegerät in der Praxis des Dr. W. jedoch ein niederfrequentes Gerät sei, das die für die Hyperthermie notwendige technische Qualitätsanforderung nicht erfülle. Im konkreten Fall der Versicherten sei ein therapeutisches Gesamtkonzept der Hyperthermiebehandlung an keiner Stelle gemacht worden. In den Unterlägen fänden sich keine Antworten auf die Fragen, in welcher konkreten klinischen Indikation die lokale Behandlung mit welchen physikalischen Parametern erfolgt sei, ob die Hyperthermie begleitend zur Chemotherapie mit der onkologischen Fachpraxis abgestimmt worden sei, wie die Zeitabstände der Behandlung begründet worden seien und wie häufig und wie lange insgesamt die Behandlung habe erfolgen sollen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Versicherte hinreichend aufgeklärt worden sei. Im Übrigen hätten zum Zeitpunkt, an dem die Hyperthermie begonnen worden sei, leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. Aufgrund des fortgeschrittenen Befundes sei im vorliegenden Fall zwar eine primäre chirurgische Tumorresektion ausgeschlossen gewesen. Diese sei aber nach strahlentherapeutischer und chemotherapeutischer Vorbehandlung später möglich gewesen. Schulmedizinische/vertragsmedizinische Therapien einschließlich der palliativen Medizin hätten der Versicherten jederzeit zur Verfügung gestanden. In den Unterlagen fänden sich keine Aussagen, nach denen man die Versicherte aufgegeben habe oder ihr keine stadiengerechte Therapie habe anbieten können. Tatsächlich habe die Versicherte trotz Diagnosestellung in einem fortgeschrittenen Tumorstadium noch zweieinhalb Jahre überlebt.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
23 
Der Kläger beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Er hat zunächst darauf hingewiesen, als Ehemann der Versicherten das Verfahren „in Rechtsnachfolge“ fortzuführen. Der Sache nach hält er die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Soweit die Beklagte vortrage, dass der Versicherten ein Anspruch deshalb nicht zugestanden habe, weil die erfolgte Hyperthermiebehandlung nicht zur Schmerzbekämpfung, sondern zur Tumorzerstörung bzw. Verhinderung des Wachstums erfolgt sei, verkenne sie, dass der Wortlaut des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) wesentlich geringere Anforderungen an die Verpflichtung zur Kostenübernahme stelle als der GBA. Es reiche unter verfassungsrechtlichen Kriterien aus, dass eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Im Übrigen ergebe sich auch aus der Begutachtungsanleitung „Außervertragliche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ vom 08. Oktober 2008, die sich auch an die Gutachter des MDK und die Mitarbeiter der Krankenkassen wende, dass die Versicherte, die seinerzeit mit dem Leben gekämpft habe, aufgrund der Lebensbedrohlichkeit der Situation einen Anspruch auf Kostenübernahme gehabt habe. In Reaktion auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. hat der Kläger vortragen, das Gutachten genüge aus mehreren Gründen den Anforderungen an eine gewissenhafte und ordnungsgemäße Begutachtung nicht. Es stelle lediglich einseitig die der Beklagten günstigen Tatsachen auf. An mehreren Stellen würden Behauptungen und Schlussfolgerungen aufgestellt, die in keinster Weise belegt würden, so z. B. hinsichtlich der Behauptung, Hyperthermie führe bei hohen Temperaturen zur potentiell schädigenden Effekten auf innere Organe. Überdies ergebe sich aus Seite 8 des Gutachtens, dass die Ausführungen teilweise aus einem Gutachten des Kompetenzzentrums Onkologie stammten. Welche Teile dieses Gutachtens dies seien, bleibe offen. Bereits an dieser Stelle könne von einem gewissenhaften und ordnungsgemäßen Gutachten keine Rede mehr sein. Zudem sei ersichtlich, dass das Gutachten im Wesentlichen Ausdruck der persönlichen Meinung des Erstellers sei. Insbesondere lasse das Gutachten offen, wodurch die Unterscheidung in wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Hyperthermie begründet werde. Überdies habe das Gutachten die Publikation von Alexander Herzog zwar erwähnt, nicht jedoch hinreichend ausgewertet. Ein objektives Gutachten bedinge zur Verwertbarkeit in einem Gerichtsverfahren jedoch, dass alle verfügbaren Studien, Publikationen und Erkenntnisse ausgewertet würden und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den darin gewonnenen Erkenntnissen stattfinde. Dass sich ein Gutachter mit der zitierten, immerhin 40 Seiten umfassenden Publikation nicht in angemessenem Maße auseinander setze, sei nur dadurch zu erklären, dass die sehr wohl vorhandenen und auch publizierten Studien schlichtweg ausgelassen worden oder aber dem Ersteller nicht bekannt gewesen seien. Insoweit werde zudem auf die Studie von Dr. Sa. von der Universität W. sowie die Veröffentlichung des Department of Oncology des St. Giuseppe-General-Hospital in Florenz sowie fünf weitere konkret benannte Veröffentlichungen von Studien, die alle die Wirksamkeit und Verträglichkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode bestätigten, verwiesen. Der dem Gutachten beigefügte Endbericht des Ludwig-Boltzmann-Instituts verdeutliche entgegen den Ausführungen im Gutachten unter Punkt 4.2, dass Erkenntnisse der Wirksamkeit der Hyperthermie bei den vorliegend streitgegenständlichen Astrozytomen nicht vorlägen. Es heiße ausdrücklich „für Kopf-Hals-Tumoren gingen aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervor.“ Für die im Streit stehende Frage spiele der Endbericht somit keine beweiserhebliche Rolle. Aufgrund der Vielzahl an unbelegten Behauptungen und teilweise unvollständigen Recherchen sei insgesamt das Gutachten keineswegs geeignet, als Beweismittel für die streitgegenständliche Frage zu dienen. Ausdrücklich bestritten werde überdies die im Berufungsverfahren erstmalig geäußerte Behauptung, zu dem Zeitpunkt, zu dem die nicht evidenzbasierte Hypterthermie begonnen worden sei, hätten leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. In seinen vorangegangenen Äußerungen habe der MDK jedoch das Gegenteil bestätigt. Eine kurative Therapieaussicht habe danach nicht bestanden. Dies werde im Übrigen auch durch die Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. R. gestützt. Die angewandte Therapie habe seinerzeit das letzte Mittel dargestellt, um dem fortschreitenden Tumor entgegenzuwirken. Der Kläger hat Kopien der von ihm zitierten wissenschaftlichen Veröffentlichungen bzw. Zusammenfassungen hierzu vorgelegt. Er hat überdies eine Auskunft des Dr. W. vom 01. Februar 2011 dazu vorgelegt, aus welchen Gründen die Hyperthermiebehandlung seinerzeit ambulant erfolgt sei. Dr. W. hat insoweit angegeben, die Versicherte habe sich in einem zwar insgesamt schlechten Zustand befunden, sei jedoch mithilfe ihres Ehemannes noch transportfähig gewesen. Somit habe eine ambulante Behandlung durchgeführt werden können. Die Gesamtkosten für einen stationären Aufenthalt in einer Hyperthermie-befähigten komplementär-onkologischen Fachklinik hätten außerdem ein Vielfaches der in diesem Streitfall zur Diskussion stehenden Geldsumme gekostet. Da die Hyperthermie üblicherweise nur alle zwei bis drei Tage für bis zu 60 Minuten Therapiedauer durchgeführt werde, wäre eine stationäre Hyperthermie unwirtschaftlich gewesen.
26 
Der Senat hat den GBA dazu befragt, ob zwischenzeitlich eine erneute Befassung mit der Behandlungsmethode der Hyperthermie stattgefunden habe. In seiner Auskunft vom 21. Januar 2011 hat der GBA dies verneint. Auch liege kein Antrag zur Überprüfung der Hyperthermie auf Nutzen, medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit für die vertragsärztliche Versorgung vor. Dr. W. hat auf Anfrage des Senats unter dem 13. Februar 2012 angegeben, die Versicherte sei über alle Belange der lokalen Tiefenhyperthermie aufgeklärt worden und hat den „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ vorgelegt.
27 
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
28 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
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2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
44 
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
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2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
44 
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
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Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 geändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. November 2008 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für ambulante transarterielle Chemoperfusionen und eine Laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie (LITT).

2

Der Kläger war Ehemann und ist Erbe der 1927 geborenen und am 24.3.2008 verstorbenen Dr. K. M. (im Folgenden: Versicherte). Er lebte zur Zeit ihres Todes mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt. Die Versicherte, eine ehemalige Zahnärztin, war als Bezieherin einer Regelaltersrente bei der beklagten Krankenkasse (KK) freiwillig versichert. Die Versicherte litt an einem Sigmakarzinom, das sie im Juli 2003 operieren ließ. Kontrolluntersuchungen im Mai und Juni 2005 zeigten einen hepatischen und lymphatischen Progress der Erkrankung. Daraufhin leitete das Krankenhaus N. in F. eine Chemotherapie ein (16.6.2005). Die Versicherte setzte die Behandlung nicht fort. Vertragsarzt Dr. L. überwies sie zur "Chemoembolisation" in das Universitätsklinikum F. zur Mit-/Weiterbehandlung "Leber NPL" (17.6.2005). Chefarzt Prof. Dr. V. war dort mit Einschränkungen ua zur Chemoembolisation ermächtigt (GO-Nr 34286 EBM 2000 plus), nicht aber zur Chemoperfusion (kein Gegenstand des EBM 2000 plus), die er als "lokale Chemotherapie " bezeichnet. Er klärte die Versicherte nach seinen Angaben anlässlich der Untersuchung darüber auf, dass sie die Kosten der beabsichtigten Chemoperfusion selbst tragen müsse, da "derzeit keine Kostenübernahme durch Kassenzulassung" stattfinde. Weiter vereinbarte er mit ihr bei jeder Behandlungseinheit schriftlich private persönliche Beratung und Behandlung. Die Versicherte beantragte bei der Beklagten, die bei Prof. Dr. V./Universitätsklinikum F. anfallenden Kosten zu übernehmen. Prof. Dr. V. werde bereits am 21.6.2005 mit "einer lokalen Chemotherapie beginnen". Diese werde im Abstand von einem Monat noch zweimal wiederholt, damit der Tumor schrumpfe, um ihn dann "mit Laser-Technik zu vernichten" (18./20.6.2005). Die Beklagte antwortete ua, wenn sie eine Privatbehandlungsvereinbarung treffe, habe sie die Mehrkosten zu tragen. Es sei nicht zu erkennen, ob sie eine Privatbehandlung gewählt habe. Der behandelnde Arzt kläre sie vor Behandlungsbeginn hierüber auf. Die Versicherte erhielt ab 21.6.2005 transarterielle Chemoperfusionen sowie später eine LITT. Sie beantragte, die bereits für den 21.6.2005 gezahlten Behandlungs- und Fahrkosten zu übernehmen (17./19.8.2005). Prof. Dr. V. rechne "prinzipiell nur mit den Patienten direkt ab". Die Rechnungen für den 21.6.2005 wie für die beiden Folgetermine umfassen ua neben Positionen für bildgebende Verfahren die GOÄ-Ziffer 5357 - "Embolisation". Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da die Chemoperfusion keine vertragsärztliche Leistung sei, nur privat abgerechnet werden könne, die Versicherte hierüber aufgeklärt worden sei und Wahlerklärungen - auch für die folgenden Perfusionen - unterschrieben habe (Bescheid vom 22.9.2005). Mit ihrem Widerspruch trug die Versicherte vor, sie benötige dringend die lebensnotwendigen, als Methode etablierten Chemoperfusionen, die keine Wahlleistung seien, mit anschließender Laser-Therapie. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.3.2006). Die Versicherte hat Zahlungsklage erhoben und ihre Erstattungsforderung an den Kläger abgetreten. Das SG hat die Klage abgewiesen: Ambulante Chemoperfusionen seien umstritten und nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlen. Als Alternative sei eine systemische Chemotherapie möglich gewesen (Urteil vom 17.11.2008).

3

Mit seiner auf Zahlung von 77 700,92 Euro für die Behandlung bis 8.11.2007 nebst Fahrkosten gerichteten Berufung hat der Kläger vorgetragen, Prof. Dr. V. habe nicht darüber aufgeklärt, dass die Chemoperfusion eine Privatleistung sei, "die meine Frau dann unterschrieben habe". Das LSG hat die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - verurteilt, 18 708,87 Euro zu zahlen, Kosten für die vom 21.6. bis 13.9.2005 durchgeführten transarteriellen Chemoperfusionen und für die Fahrten zum Universitätsklinikum. Die Art der Rechtsnachfolge des Klägers sei unerheblich. Die Versicherte habe sich trotz der ihr abgerungenen Unterzeichnung privatärztlicher Behandlungsverträge bis zum Erlass des Bescheides vom 22.9.2005 in dem Glauben befunden, sie erhalte eine Chemoembolisation. Darin liege ein Systemversagen, das zur Kostenerstattung zwinge. Es sei nicht gewährleistet, dass die Zivilgerichte der Beurteilung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit folgten. Nach Bescheiderlass habe die Versicherte nicht mehr geirrt. Auf die weitere erbrachte Behandlung bei Prof. Dr. V. habe sie keinen Naturalleistungsanspruch gehabt, da die Leistungen nicht zur ambulanten Behandlung zugelassen gewesen seien und eine systemische Chemotherapie als zugelassene Alternative zur Verfügung gestanden habe (Urteil vom 28.4.2011).

4

Der Kläger rügt zur Begründung seiner Revision sinngemäß die Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und ausdrücklich mangelnde Sachaufklärung. Das LSG hätte Vertrauensschutz gewähren und klären müssen, dass nach Zugang des Bescheides vom 22.9.2005 ein Wechsel zu einer systemischen Chemotherapie noch zumutbar gewesen sei.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 17. November 2008 sowie den Bescheid vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2006 in vollem Umfang aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über die zuerkannten 18 708,87 Euro hinaus weitere 58 992,05 Euro zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, und insoweit die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen,
sowie
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 17. November 2008 in vollem Umfang zurückzuweisen.

7

Sie rügt zur Begründung ihrer Revision die Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und sinngemäß, das LSG habe das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend beachtet. Mangels Naturalleistungsanspruchs im Zeitpunkt der Behandlung bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet; die zulässige Revision des Klägers ist dagegen unbegründet. Das LSG-Urteil ist zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil ist in vollem Umfang zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung der Versicherten vom 21.6.2005 bis 8.11.2007 aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Obwohl die Versicherte ihren Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V während des Klageverfahrens an den Kläger abgetreten hat, blieb sie zunächst allein berechtigt, prozessual die Feststellung dieses Anspruchs zu betreiben(vgl entsprechend BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 11 ff und LS 1 mwN). Der Kläger handelte sinngemäß zunächst für die Versicherte. Er ist seit dem Tod der Versicherten als ihr Sonderrechtsnachfolger, nicht aber als Erbe prozessführungsbefugt (zum Begriff vgl BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 15 mwN), den Kostenerstattungsanspruch der Versicherten gerichtlich geltend zu machen (dazu 1.). Der Versicherten stand aber kein Zahlungsanspruch zu, da die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nicht erfüllt sind. Die Versicherte hatte nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die durchgeführte Krankenbehandlung (dazu 2.). Der abweichenden LSG-Auffassung ist nicht zu folgen (dazu 3.).

10

1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt, weil er Sonderrechtsnachfolger der Versicherten hinsichtlich des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V ist. Das folgt aus § 56 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. Danach stehen beim Tode des Berechtigten fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen an erster Stelle dem Ehegatten zu, wenn dieser mit der Berechtigten zur Zeit ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. So lag es beim Kläger. Bei dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch handelt es sich auch um einen fälligen Anspruch auf laufende Geldleistungen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Kostenerstattungsanspruch auf Geldleistungen gerichtet (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 13 mwN). Bestand ein Kostenerstattungsanspruch, war er mit seinem Entstehen fällig (§ 41 SGB I).

11

Der Kostenerstattungsanspruch ist im Rechtssinne auf "laufende" Geldleistungen jedenfalls dann gerichtet, wenn er - wie vorliegend - über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen betrifft. § 56 SGB I ist in diesem Sinne bei Todesfällen in der Zeit ab dem 2.1.2002 auszulegen. Die Regelung ist einer weiten Auslegung zugänglich. Sie kann sogar als Basis einer Analogie dienen (vgl dazu BSG SozR 1500 § 75 Nr 44 S 48). Den Begriff der laufenden Geldleistungen, dem der Begriff der "einmaligen" Geldleistung gegenübersteht, definiert das Gesetz nicht. Nach den Gesetzesmaterialien (Entwurf der Bundesregierung zum SGB I, BT-Drucks 7/868 S 31 zu § 48)handelt es sich um Leistungen, die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden; sie verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass sie verspätet oder als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden. Das kommt auch für die Kostenerstattungsansprüche nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei Systemmangel in Betracht (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V; § 15 Abs 1 SGB IX). Sie knüpfen daran an, dass der Berechtigte regelmäßig zu einer Vorfinanzierung für mehrere Zeitabschnitte gezwungen ist (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 13 mwN). Dem Zweck der Sonderrechtsnachfolge in § 56 SGB I wird es in besonderem Maße gerecht, solche Kostenerstattungsansprüche als Ansprüche auf laufende Geldleistungen anzusehen. Es beschränkt in aller Regel die Lebensführung nicht nur des Leistungsberechtigten, sondern aller Familienangehörigen, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn Ansprüche auf laufende Geldleistung nicht rechtzeitig erfüllt werden (vgl Entwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 7/868 S 33 zu den §§ 56 bis 59). Das gilt in gleicher Weise regelmäßig für die Fälle, in denen die KK ihre Pflicht zur Naturalleistungsgewährung (§ 2 Abs 2 und § 13 Abs 1 SGB V) nicht erfüllt, der Versicherte sich deshalb die zu beanspruchenden Leistungen selbst beschafft, vorfinanziert und später die Kostenerstattung von der KK erstreitet. Um die dadurch entstandene Benachteiligung auszugleichen, sieht § 56 SGB I in Abweichung vom Erbrecht, aber in Übereinstimmung mit Vorschriften des bis zum Inkrafttreten des SGB I geltenden Rechts und mit der Funktion solcher Leistungen eine Sonderrechtsnachfolge vor. Der Schutzbedarf der durch die Vorschriften der Sonderrechtsnachfolge erfassten Personen hat zwischenzeitlich noch dadurch zugenommen, dass § 183 S 1 SGG(hier idF durch Art 1 Nr 61 des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes <6. SGGÄndG> vom 17.8.2001, BGBl I 2144) seit dem 2.1.2002 allein Sonderrechtsnachfolger hinsichtlich der Gerichtskosten privilegiert, während sonstige Rechtsnachfolger nach § 183 S 2 SGG Kostenfreiheit nur in dem Rechtszug haben können, indem sie das Verfahren aufnehmen(vgl zum Ganzen BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 11 - Ilomedin).

12

Der Vorbehalt abweichender Regelungen (§ 37 SGB I; vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 17)steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Allerdings hatte das vor Inkrafttreten des SGB I geltende Recht der RVO für die GKV - anders als für das Recht der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung (vgl hierzu § 630 und § 1288 RVO, dementsprechend § 65 Angestelltenversicherungsgesetz und § 88 Reichsknappschaftsgesetz) - keine Regelung zur Sonderrechtsnachfolge enthalten. Deshalb nahm auch die Rechtsprechung des BSG zum alten Rechtszustand an, der galt, wenn ein Sozialleistungsberechtigter vor dem Inkrafttreten des SGB I (1.1.1976) gestorben war (vgl Art II § 19 SGB I idF vom 11.12.1975, BGBl I 3015), dass ein Erstattungsanspruch im Wege der Rechtsnachfolge auf die Erben übergeht (vgl BSG Urteil vom 10.10.1978 - 3 RK 11/78 - USK 78126). Die bewusst umfassend getroffene Regelung des § 56 SGB I erfasst dagegen auch das Recht der GKV. Die Besonderheiten dieses Rechtsgebiets erfordern es nicht, Kostenerstattungsansprüche von der Sonderrechtsnachfolge nach dem SGB I auszuschließen. Besondere Überlegungen, die im Recht der Sozialhilfe für den Ausschluss der Sonderrechtsnachfolge oder Modifikationen in Betracht kommen (vgl dazu BVerwGE 96, 18, 22 ff = Buchholz 435.11 § 58 SGB I Nr 2; BSG SozR 4-3500 § 19 Nr 3, RdNr 16 ff mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), greifen insoweit für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX nicht durch.

13

Der vorliegende Fall unterscheidet sich durch den Tod der Versicherten in der Zeit ab dem 2.1.2002, dem Tag des Inkrafttretens des 6. SGGÄndG, auch wesentlich von jenem, der dem Urteil des 9. Senats des BSG vom 10.12.2003 (vgl BSGE 92, 42 = SozR 4-3100 § 35 Nr 3)zugrunde lag. Jener Rechtsstreit betraf die Erstattung von bis zum Tode des Berechtigten im Jahr 1999 verauslagten Aufwendungen entsprechend § 18 Abs 3 und 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Blick auf Heimpflege nach § 35 Abs 6 BVG. Er war schon vor Inkrafttreten des 6. SGGÄndG rechtshängig geworden, sodass nach dem Übergangsrecht (Art 17 Abs 1 S 2 6. SGGÄndG) noch altes Kostenrecht anzuwenden war.

14

Der erkennende Senat kann diese Rechtsprechung fortführen (vgl grundlegend BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5 - Ilomedin), ohne den Großen Senat anrufen zu müssen. Denn der 3. Senat des BSG hat seine entgegenstehende, abweichende Rechtsauffassung aus den Urteilen vom 3.8.2006 und vom 25.8.2009 (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 10 RdNr 11)auf Anfrage des erkennenden Senats (BSG Beschluss vom 8.11.2011 - B 1 KR 6/11 R) aufgegeben (BSG Beschluss vom 15.3.2012 - B 3 KR 2/11 S).

15

2. Die Voraussetzungen des geltend gemachten - hier allein in Betracht kommenden - Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V sind nicht erfüllt. Die Rechtsnorm bestimmt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". Der Anspruch aus § 13 Abs 3 S 1 Fall 1 und 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch des Versicherten gegen seine KK. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 8 - Leucinose, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 - Lorenzos Öl; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT). Daran fehlt es.

16

Nach den insoweit unangegriffenen und damit den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hatte die Versicherte keinen Anspruch auf eine ambulante Behandlung mit Chemoperfusionen und LITT gegen die Beklagte. Die Beklagte war zwar nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung der Versicherten verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die KKn sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT, stRspr). Es fehlte zur Zeit der Behandlung der Versicherten an einer Empfehlung des GBA für eine ambulante Behandlung mit Chemoperfusionen und LITT.

17

Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 12 - ICL). Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl dazu BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 17 ff mwN - LITT; § 135 Abs 1 S 4 und 5 SGB V idF des Art 1 Nr 105 Buchst b des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - vom 26.3.2007, BGBl I 378). Auch die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung sind nicht erfüllt (vgl hierzu zB BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 29 ff mwN - Tomudex; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31 - 32 - D-Ribose; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 20 ff mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - Lorenzos Öl; ab 1.1.2012 § 2 Abs 1a SGB V). Es stand nämlich für die Versicherte im maßgeblichen Zeitpunkt Juni 2005 zu Beginn der Behandlung (vgl hierzu zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 28, 33 - LITT) mit der systemischen Chemotherapie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung (vgl hierzu zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 - LITT; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 31 - Tomudex). Entgegen der Auffassung des Klägers stellt sich die Frage nach einem zumutbaren Wechsel von der transarteriellen Chemoperfusion zur systemischen Chemotherapie zu einem späteren Zeitpunkt nicht.

18

3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist es für den Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V unerheblich, dass - wovon das LSG ausgeht, was aber die Beklagte angegriffen hat - Prof. Dr. V. angeblich die Versicherte nicht über die Verabreichung von Chemoperfusionen aufgeklärt hat, sodass sie von einer Chemoembolisation ausging. Es bedarf deshalb keiner Vertiefung, ob die Beklagte mit ihrem Vorbringen noch hinreichend sinngemäß als Verfahrensverstoß gerügt hat, dass das LSG bei seiner Annahme das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hat (vgl dazu BSG SozR Nr 56 zu § 128 SGG; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012 § 128 RdNr 13 mwN) und dass das LSG mit diesem Verfahrensverstoß die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hat. Hierfür spricht allerdings, dass es nicht darauf eingegangen ist, dass nach den vom LSG in Bezug genommenen Akteninhalt die Versicherte durch ihren Ehegatten schon am 18.6.2005, nach der Erstuntersuchung bei Prof. Dr. V. am 17.6.2005, Kostenerstattung für eine "lokale Chemotherapie" beantragte - so bezeichnet Prof. Dr. V. die Chemoperfusion; dass die Nachfrage der Beklagten im Sekretariat von Prof. Dr. V. ergab, dass die Versicherte über die nur privat abzurechnende Chemoperfusionen aufgeklärt wurde und entsprechende Wahlerklärungen unterschrieb; dass die Versicherte auf die Wiedergabe dieses Sachverhalts in ihrem Widerspruch nicht etwa überrascht reagierte, sondern ausführte, sie benötige dringend "die lebensnotwendige Chemoperfusion mit anschließender Laser-Therapie. Zu dieser Therapie gibt es keine Alternative"; dass Prof. Dr. V. selbst gegenüber dem SG angab, die Chemoperfusion habe er der Versicherten privat in Rechnung gestellt, weil "derzeit keine Kostenübernahme durch Kassenzulassung" erfolge, er habe mit der Versicherten eine private Kostenvereinbarung getroffen und ihr vor der Behandlung mit Chemoperfusion die Auskunft erteilt, dass die Kosten selbst getragen werden müssten; schließlich dass der Kläger dem bei Kenntnisnahme während des Klageverfahrens nicht etwa sofort widersprach, sondern die unmittelbar daneben aufgeführte Angabe von Prof. Dr. V. im gleichen Schreiben als entscheidend ansah, die Chemoembolisation wäre zu gefährlich gewesen.

19

Auch wenn man in Widerspruch zum Akteninhalt zugunsten des Klägers unterstellt, der hierzu nicht vom LSG persönlich angehörte Prof. Dr. V. habe die Versicherte nicht darüber aufgeklärt, Chemoperfusionen zu verabreichen, begründet dies entgegen der Auffassung des LSG kein "Systemversagen", welches das Erfordernis des Bestehens eines Primäranspruchs entfallen lässt und zur Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V führt. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck des § 13 Abs 3 S 1 SGB V geben für die Rechtsauffassung des LSG nichts her, Versicherten seien bei unterlassener ärztlicher Aufklärung über eine durchgeführte, nicht zu Lasten der GKV zu beanspruchende Behandlung Kosten zu erstatten. Schon der Wortlaut der abschließenden Regelung (vgl dazu BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 19 mwN)des § 13 Abs 3 S 1 SGB V knüpft an die Voraussetzung an, dass die KK "eine … Leistung" nicht rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht ablehnte, sie zu erbringen. Dreh- und Angelpunkt des Anspruchs ist die dem Versicherten geschuldete Leistung, hier also die Krankenbehandlung. Die Gesetzesmaterialien belegen Gleiches. Danach ersetzt die Vorschrift den Sachleistungsanspruch durch einen Kostenerstattungsanspruch, wenn die KK eine Leistung wegen ihrer Dringlichkeit … nicht mehr rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht abgelehnt hat. In anderen Fällen selbstbeschaffter Leistungen besteht keine Leistungspflicht der KK (vgl insgesamt Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BT-Drucks 11/2237 S 164, zu § 13 Abs 2). Sowohl § 13 Abs 3 S 1 Fall 1 SGB V als auch § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V knüpfen zwingend an die von der KK geschuldete, aber rechtswidrig nicht erbrachte Leistung an(vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; Brandts in Kasseler Komm, Stand April 2012, § 13 SGB V RdNr 52 ff; E. Hauck in Horst Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand September 2011, § 13 SGB V RdNr 233 ff mwN). Das Regelungssystem des SGB V begründet Ansprüche auf Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 SGB V)unter Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) grundsätzlich nach objektiven Kriterien (vgl beispielhaft für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30 f; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 19 ff mwN; Hauck, NZS 2007, 461 ff). Besteht die Möglichkeit, verschiedene Wege zu gehen, sind diese krankenversicherungsrechtlich auf ihre Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen (§ 12 Abs 1 SGB V). Nur wenn mehrere verschiedene in Betracht kommende Maßnahmen ärztlichen Handelns diesen Anforderungen genügen, hat der versicherte Patient auch hierüber aufgeklärt zu werden und die Auswahl zu treffen (vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - GesR 2007, 276 RdNr 54). Dieses Regelungssystem sichert die Gleichbehandlung der Versicherten (Art 3 Abs 1 GG) und richtet die Leistungen am Gesichtspunkt der Qualität und Wirtschaftlichkeit aus. Es vermeidet, den Anspruch Versicherter von dem in dieser Hinsicht ungeeigneten Maßstab ärztlicher Pflichtverletzungen abhängig zu machen, wie es bei der Rechtsauffassung des LSG der Fall wäre.

20

Entgegen der Ansicht des LSG entstehen infolge der Regelung des Gesetzgebers keine Rechtsschutzdefizite zu Lasten der Versicherten. Erhalten Versicherte eine GKV-Leistung, müssen sie grundsätzlich hierfür abgesehen von der Zuzahlung nicht zahlen. Zahlen sie dennoch, können sie das Gezahlte im Zivilrechtsweg zurückfordern. Ihre Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, die Versicherten können zudem vom Leistungserbringer, etwa vom Arzt, Schadensersatz fordern (§ 76 Abs 4 SGB V). Deutet sich ein solcher Sachverhalt erst im Rechtsstreit der Sozialgerichtsbarkeit über Kostenerstattung an, kann der Versicherte nach dem SGG zwar nicht dem betroffenen Arzt den Streit verkünden. Das Gericht kann ihn aber - funktional gleichwertig - beiladen, um eine Bindungswirkung seiner Entscheidung zu erreichen (vgl dazu BSGE 40, 130, 132 = SozR 1750 § 41 Nr 1; zur rechtswegübergreifenden Interventionswirkung vgl auch BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr 1).

21

§ 13 Abs 3 S 1 SGB V ist für einen solchen Fall nicht gedacht. Kosten im Sinne des § 13 Abs 3 S 1 SGB V sind dem Versicherten in einem solchen Fall nicht dadurch "entstanden", dass seine KK eine Leistung rechtswidrig abgelehnt hat oder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Seine KK kann ihn bei der Rückforderung unterstützen (vgl § 66 SGB V), hat aber nicht die Aufgabe, für solche ärztlichen Pflichtverletzungen nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V einzustehen.

22

Die Regelung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V will vielmehr Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der KK geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht(vgl BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 25). Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine GKV-Leistung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will. So lag es nach den LSG-Feststellungen hinsichtlich der Chemotherapie für die Versicherte. Will ein Versicherter dagegen eine GKV-Leistung in Anspruch nehmen, weiß er, dass er diese - abgesehen von den gesetzlichen Zuzahlungen - frei von Honorar beanspruchen kann.

23

§ 13 Abs 3 S 1 SGB V garantiert - wie dargelegt - lediglich, dass Versicherte tatsächlich bestehende Versorgungslücken des Naturalleistungssystems in den gesetzlich bestimmten Fällen zu Lasten der KKn beseitigen können, indem sie sich die geschuldete Leistung selbst verschaffen. Auch die irrige Annahme eines Versicherten, ihm werde eine GKV-Leistung erbracht, obwohl dies nicht der Fall ist, schafft keine Versorgungslücke. Denn die Fehlvorstellung ändert nicht den Umfang des GKV-Leistungskatalogs: Der Versicherte erhält eine Leistung, die er gerade nicht von der GKV beanspruchen kann. Hat der Leistungserbringer die Fehlvorstellung des Versicherten erzeugt, kann der Versicherte erst recht das Gezahlte nach den oben dargelegten Grundsätzen zurückverlangen. Schließt der zutreffend umfassend aufgeklärte Versicherte dagegen über die Leistung von vornherein eine private Honorarvereinbarung ab, begibt er sich des Schutzes des Naturalleistungssystems. Er ist in diesem Fall nicht schutzwürdig.

24

Verletzt der behandelnde Arzt seine Aufklärungspflichten, kann dies zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs des Arztes führen (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 35 - LITT; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 18). Sollte der behandelnde Arzt mit Hilfe einer Honorarvereinbarung versuchen, ihn selbst treffende Risiken auf den Versicherten abzuwälzen, kommt nach der Rechtsprechung des Senats auch eine Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 32 SGB I in Betracht(vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 26; BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 16 f; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R - USK 2006-79 - juris RdNr 13; vgl auch die Auflistung der verschiedenen Fallgruppen fehlender Zahlungsverpflichtungen bei E. Hauck in Horst Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand September 2011, § 13 SGB V, RdNr 267 ff).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, weil der Kläger in seiner Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I klagt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung nichts Abweichendes ergibt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt - als Rechtsnachfolger der A., geb.1967, verstorben 2012 -

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. B., B-Straße, B-Stadt

gegen

AOK ... - Die Gesundheitskasse, vertreten durch den Vorstand, ...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Der 5. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 10. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Rittweger als Vorsitzenden, die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Barkow-von Creytz und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Zieglmeier sowie die ehrenamtlichen Richter B. und H. für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beantragt Kostenerstattung in Höhe von 11.053,50 € für ambulante Behandlungen seiner 1967 geborenen und am 24.5.2012 verstorbenen Ehefrau A.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte A. (im Folgenden: Versicherte) erkrankte im Jahr 1999 an einem Karzinom der rechten Brust. Dieses wurde mit operativen Methoden behandelt, gleichzeitig wurden sechs von 22 untersuchten Lymphknoten als mit Absiedelungen befallen festgestellt. Die nachfolgende Chemotherapie und Radiotherapie mit Stammzelltherapie führte dazu, dass die Krebserkrankung zunächst nicht weiter fortschritt.

Bei stationären Behandlungen der Versicherten im Krankenhaus A.-B-Stadt August/September 2010 wurde ein Wiederauftreten des Karzinoms festgestellt in Gestalt eines Rippenfell-Tumors mit dortiger Erguss-Bildung bei multiplen osteoplastischen Metastasierungein sowie Lymphanginosis.

Am 7.10. 2010 beantragte die Versicherte, ihr zum Einen die Kosten zu erstatten, die ihr seit 10.7.2010 infolge Verschreibung von homöopathischen Globuli, von Nahrungsergänzungsmitteln und von Vitaminen sowie Akupunkturbehandlungen durch die Allgemeinärztin und Naturheilkundlerin S.-R. sowie durch privatärztliche Behandlungen des Dr. S. entstanden waren; wegen der Einzelheiten wird auf Bl 34 - 41 der Beklagtenakte (inhaltsgleich mit Blatt 1 - 8 des Anlagekonvolutes zum Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 30.8.2013). Zum anderen beantragte die Versicherte, ihr zukünftig Behandlungen der Hyperthermie und der Galvanotherapie als Sachleistungen zu erbringen. Die Beklagte holte dazu ein Gutachten des MDK Bayern ein (19.10.2010). Danach bestand wegen des Fortgeschrittenen Tumorstadiums mit multipler Metastasierung zwar keine kurative Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Palliativ standen Strahlentherapie und Chemotherapie bei unterstützender symptombezogener Behandlung sowie psycho-onkologische Begleitung zu Gebote. Für die begehrte ambulante Hyperthermie und Galvanotherapie bestand keine Heilungsaussicht, für erstere bestand zudem eine negative Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Für die Gabe von Spurenelementen, Vitaminen sowie Enzymen bestand kein Wirksamkeitsnachweis, Akupunktur war zur Krebsbehandlung nicht zugelassen. Dem folgte die Beklagte mit antragsablehnendem Bescheid vom 26.10.2010. Ein dagegen erhobener Widerspruch, zu dem Dr. D. - Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums St. G., R. Str. 6 - 8, Bad A. - am 25.11.2010 eine Empfehlung zugunsten der Hyperthermie aussprach, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 3.1.2011).

Dagegen hat die Versicherte Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und Kostenerstattung für die von der Beklagten abschlägig beschiedenen ambulanten alternativen Behandlungsmethoden sowie für mittlerweile von Dr. D. durchgeführte ambulante Behandlungen beantragt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, im Krankenhaus A.-B-Stadt sei sie chemotherapeutisch behandelt worden, was sie aber nicht hätte vertragen können. Dr. S. und Dr. D. hingegen hätten zunächst den Immun- und Hormonstatus ermittelt und das Immunsystem aufgebaut. Der Therapieverlauf zeige positive Effekte

Das Sozialgericht hat die einschlägigen Befund- und Behandlungsberichte beigezogen und mit Urteil vom 24. Oktober 2011 die Klage abgewiesen. Die Versicherte habe keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Die Hyperthermie sei eine neue Behandlungsmethode, die ausdrücklich mit Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses vom 14. Mai 2005 von der ärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei, weil Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht belegt seien. Insoweit sei den sachverständigen Stellungnahmen des MDK zu folgen. Neue Erkenntnisse, welche die Einschätzung des Gemeinsamen Bundesausschusses als überholt erscheinen ließen, bestünden nicht. Die Galvanotherapie sei ebenfalls eine neue Behandlungsmethode, welche mangels Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfe. Die Beklagte müsse keine Kosten erstatten für Leistungen, die die Versicherte vor Antragstellung bei der Beklagten in Anspruch genommen habe.

Dagegen hat die Versicherte am 14.2.2012 Berufung eingelegt zur Weiterverfolgung ihres Begehrens. Nach dem Ableben der Versicherten am 24.5.2012 hat der Kläger als Rechtsnachfolger mit Schriftsatz vom 30.8.2013 erklärt, der bis dahin geltend gemachte Anspruch der Versicherten, ihr stationäre Hyperthermie sowie elektrochemische Tumortherapie als Sachleistung zu erbringen, werde nicht mehr weiterverfolgt. Der Kläger hat eine Zusammenstellung der aufgewendeten Heilbehandlungskosten der versicherten vorgelegt (insoweit wird auf Blatt 107 bis 109 Berufungsakte Bezug genommen) und den noch streitgegenständlichen Kostenerstattungsanspruch mit 11.053,50 € beziffert.

Der Senat hat ein ärztliches Sachverständigengutachten des Dr. D. vom 10. Juli 2014 eingeholt einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 29. November 2014. Der Sachverständige hat ausgeführt, die körperliche Verfassung der Klägerin hätte den Einsatz von leitlinienkonformen Standardtherapien mittels Chemotherapie zugelassen. Der Sinn einer lokalen Tiefen- Hyperthermie bei bereits systemisch metastasierendem Karzinom sei nicht nachvollziehbar, für die Behandlung der Knochenmetastasen der Versicherten fehle jegliche Evidenz. Eine Hyperthermie des Rippenfelles sei keine Tiefenhyperthermie. Zur Behandlung der Versicherten habe die Chemotherapie als zugelassene Methode zur Verfügung gestanden, zur Unterstützung eine psychoonkologische Unterstützung. Der Einschätzung des Dr. G., welche der Kläger zu seinem Vortrag gemacht hatte (insoweit wird auf Blatt 159 bis 165 Berufungsakte Bezug genommen), sei nicht zu folgen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.10.2011 sowie den Bescheid vom 26.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Behandlungskosten in Höhe vom 11.053,50 € zu erstatten.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtzüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Der Kläger hat als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten (§ 56 Abs. 1 SGB I; vgl. BSG, Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 6/11 R, Rn. 10 - zitiert nach juris) keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.10.2011 ist damit ebenso wenig zu beanstanden wie der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 26.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2011. Gegenstand der Berufung sind die Leistungen, die der Kläger mit Schriftsatz vom 30.8.2013 einschließlich der dortigen Anlage geltend gemacht hat gem. § 99 Abs. 1 und Abs. 3 ebenso wie gem. § 99 Abs. 2 SGG infolge der festzustellenden rügelosen Einlassung der Beklagten.

Nicht mehr Streitgegenstand ist die stationäre Behandlung in den M. Kliniken GmbH & Co. KG (Kommanditisten: Dr. F. D., St. G. Hospital GmbH), gesetzlich vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter M. Kliniken Verwaltungs-GmbH, diese gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführerin R. D.. Diese Behandlung war Gegenstand des Bescheides vom 24.3.2011/Widerspruchsbescheides vom 9.5.2011 und der Klage vor dem Sozialgericht Landshut S 1 KR 157/11, welche zu dem hier strittigen Verfahren S 1 KR 22/11 hinzuverbunden war. Mit der Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 30.8.2013, diese Leistung werde nicht mehr weiterverfolgt und mit der alleinigen Stellung des Kostenerstattungsantrags ist insoweit die Erledigung des Rechtsstreites festzustellen.

1. Ein Kostenerstattungsanspruch besteht nicht, soweit der Kläger in der Zusammenstellung vom 30.8.2013 Erstattung von Zuzahlungen gem. § 61 SGB V zu Rezepten der Versicherten verlangt, da die Belastungsgrenze gem. § 62 SGB V zu keinem Zeitpunkt erreicht war.

Kosten i. H. v. 267,14 € für eine verlorengegangene ärztliche Schlussrechnung sind mangels Nachweises nicht von der Beklagten zu erstatten.

2. Der hier strittige Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V reicht im Übrigen nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und setzt voraus: Bestehen eines Primär-(Natural-)leistungsanspruchs der Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Sachleistung durch die Krankenkasse sowie Geltendmachung einer entsprechenden, notwendigen Leistung durch die Versicherte aufgrund der Leistungsablehnung (BSG, Urteil vom 02. September 2014 - B 1 KR 3/13 R).

Ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 2. Alt SGB V besteht damit nicht, soweit Kostenerstattung für Leistungen betroffen sind, die die Versicherte in der Zeit vor der Antragstellung am 7.10.2010 in Anspruch genommen hatte. Denn die Versicherte war nicht durch eine unrechtmäßige Sachleistungsverweigerung gezwungen, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Es fehlt insoweit an dem haftungsbegründenden Tatbestandsmerkmal des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Ablehnung und eingeschlagenem Beschaffungsweg (BSG vom 18.1.1996 - 1 RK 22/95); die Kosten dürfen also erst nach Ablehnung durch die Beklagte entstanden sein (BSG 15.4.1997 - 1 RK 31/96). Vorliegend hat sich die Versicherte vor ihren Therapieentscheidungen nicht um die Gewährung der Behandlung als Sachleistung bemüht, indem sie vorher mit der Beklagten Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet hätte. Dies wäre ihr trotz der Erkrankung im damaligen Stadium möglich und zumutbar gewesen. Nach der gesamten medizinischen Dokumentation lag kein Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V oder eine andere dringliche Bedarfslage vor. Die Erkrankung der Versicherten war damals weder so weit fortgeschritten noch in einem solch akuten Zustand, das es der Versicherte unzumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung der Beklagten abzuwarten oder eine zugelassene Leistung durch einen zugelassenen Leistungserbringen zu beanspruchen.

3. Nach § 28 Abs. 1 SGB V umfasst die vorliegend streitige ambulante ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; entsprechendes gilt für die Versorgung mit Arzneimitteln gem. § 31 SGB V und mit Hilfsmitteln gem. § 33 SGB V.

a) § 2 Abs. 1 S 3 SGB V bestimmt dazu, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben.

Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 S 3 SGB V schließlich entspricht eine Behandlung, wenn die „große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)“ die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG, Urteil vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R, Rn. 12 - zitiert nach juris).

Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i. V. m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R).

b) Zur Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind zunächst die nachfolgenden Feststellungen zu treffen. Die Versicherte war nach der vorgelegten und beigezogenen ärztlichen Dokumentation, nach den Stellungnahmen des MDK sowie nach den überzeugenden sachverständigen Ausführungen des Dr. D. im streitgegenständlichen Zeitraum ab Sommer/Herbst 2010 an einem fast 10 Jahre nach einem Mammakarzinom aufgetretenem bösartigen sekundären Rippenfell-Tumor mit Knochenmetastasen und Lymphanginosis erkrankt (TNM-Klassifikation, BSG vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R, Rn. 29). Zu dieser Neubildung war es trotz chirurgischer und chemotherapeutischer Behandlung sowie trotz Stammzelltransplantation des ursprünglichen Mamma-Karzinoms einschließlich anschließender rezeptoren-hemmender Medikation mit Tamoxifen gekommen. In diesem Stadium des sekundären metastasierten Karzinoms stand weder ein zugelassenes Arzneimittel noch eine zugelassene Methode zur Verfügung, mit welchen ein kuratives, d. h. die Erkrankung heilendes Behandlungsziel hätte verfolgt werden können. Eine chemotherapeutische Behandlung der Versicherten hatte Im Sommer/Herbst 2010 palliative Ziele, d. h. die bei Nichtbehandlung auf nicht allzu lange Zeit zu prognostizierende Lebenserwartung zu verlängern und die Krankheitsfolgen zu linderen, nicht aber das Ziel einer Heilung.

4. Den unter 3.a) dargelegten Anforderungen an die Qualität der Behandlung der Erkrankung der Versicherten im unter 3.b) dargestellten Stadium entsprach die Versorgung mit Handschmeichlern durch den Versender H.-de nicht.

Das Nämliche gilt für die Versorgung mit Spurenelementen, mit homöopathischen Globuli, mit Nahrungsergänzungsmitteln, Gewürzauszügen (Kurkuma) und mit Vitaminen sowie für die Akupunkturbehandlungen, für welche der Kläger nach der Aufstellung vom 30.8.2013 Kostenerstattung begehrt. Nicht erstattungsfähig sind auch die dort aufgeführten Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, § 34 Abs. 1 S. 1 SGB V; insoweit ist festzustellen, dass keiner der vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Ausnahmefälle i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V vorlag. Nicht erstattungsfähig sind die geltend gemachten Kosten für die Arzneimittel, die nach § 34 Abs. 1 S. 6 SGB V ausgeschlossen sind wie namentlich Emser Sole oder Klosterfrau Vitamin E.

Kosten für das Fiebermessgerät „Thermoscan IRT 4520“ sind nicht zu erstatten, Fieberthermometer sind Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V).

5. Nicht erstattungsfähig sind die Leistungen, die Dr. D. (nach der Aufstellung vom 30.8.2013) abgerechnet hat mit Schlussrechnungen vom 19.11.2010, 29.11.2010, 20.12.2010, 7.3.2012 sowie 23.3.2012 für Behandlungen der Hyperthermie einschließlich Begleitbehandlungen.

a) Zum einen ergibt sich aus dem Briefkopf, der Absenderzeile sowie aus den angegebenen Bankverbindung der Rechnungen (Schlussrechnung 20.12.2010 einerseits und Stellungnahme des Dr. D. vom 25.11.2010 - Bl 64 Verwaltungsakte Beklagte andererseits), dass diese Leistungen erbracht und abgerechnet sind von der M. Kliniken GmbH & Co. KG. Diese ist eine stationäre Einrichtung, die nicht mit dem MVZ des zur ambulanten Versorgung zugelassenen Vertragsarztes Dr. D. identisch ist. Es handelt sich vielmehr um eine Klinik, die im hier streitigen Zeitraum nicht in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen war und auch im Übrigen kein zugelassenes Krankenhaus war, so dass die Beklagte dort keine Leistungen erbringen lassen durfte, § 108 SGB V. Zugleich ist festzustellen, dass es sich damit um eine andere, als die am 7.10.2010 beantragte ambulante Leistung handelt, zu welcher Dr. D. als Leiter des ambulanten MVZ im Widerspruchsverfahren die benannte Stellungnahme abgegeben hatte. Auch insoweit scheitert die Kostenerstattung an der fehlenden Kausalität.

Zu beachten ist insoweit, dass die Gesetzliche Krankenversicherung zwischen ambulantem und stationärem Behandlungsbereich unterscheidet (§ 27 Abs.. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr.. 5 SGB V; § 135 SGB V einerseits und § 137c SGB V andererseits; vgl. BSG, Urteil vom 27.11.2014 - B 3 KR 27.11.2014, Rn. 17 ff - zitiert nach juris). Diese materielle Unterscheidung ist sachlich bereits begründet durch die umfassende, medizinisch und auch zeitlich stets gesicherte ärztliche Behandlungspräsenz im stationären Bereich, den die ambulante Versorgung nicht bietet. Es ist daher nicht zu begründen, dass die Beklagte die entsprechenden Kosten zu erstatten hätte, weil der ärztliche Leiter des MVZ und der M. Kliniken GmbH & Co. KG personenidentisch sind.

Soweit aber die Leistungen des Dr. D. als ambulante Leistungen anzusehen wären, scheiterte ein Anspruch des Klägers daran, dass für die Hyperthermie als neuer Behandlungsmethode für die Krebserkrankung der Klägerin im konkreten Stadium - wie vom MDK zutreffend mehrfach festgestellt - gem. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein negatives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses bestanden hatte.

b) Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis auch nicht aus einem verfassungsrechtlich begründeten grundrechtsorientierten Leistungsanspruch. Nach dem „Nikolausbeschluss“ (Kingreen) des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) ist es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten,

- für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung

- eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht,

- von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen,

- wenn nach medizinsicher Einschätzung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (vgl. BR-Drucks. 456/11 vom 2.8.2011 - S. 73 zur mittlerweile erfolgten gesetzgeberischen Umsetzung dieser Grundsätze in § 2 Abs. 1a SGB V).

Insoweit folgt der Senat den zutreffenden Einschätzungen des MDK und insbesondere den Feststellungen und Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. D. in dessen überzeugendem Gutachten vom 10. Juli 2014 einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 29. November 2014, welche auf Auswertung der relevanten medizinischen Erkenntnisse sowie der Behandlungsunterlagen der Versicherten beruhen. Danach stand für die Behandlung der Tumorerkrankung der Versicherten in dem seit Oktober 2010 bestehenden fortgeschrittenen Stadium zwar keine anerkannte Methode der Heilung zur Verfügung; zur medizinisch anerkannten palliativen Behandlung des Sekundärtumors mit Metastasen stand die Chemotherapie mit begleitender, lindernder und unterstützender Medikation und Therapie sowie die psycho-onkologische Begleitung zur Gebote. Dem gegenüber bestanden und stehen für die strittige Hyperthermie keine medizinisch ausreichend gesicherten Erkenntnisse zur Verfügung, dass diese bei dem bereits im Skelettsystem mehrfach metastasierenden bösartigen sekundären Mammakarzinom der Versicherten eine Aussicht auf Heilung oder auf palliative, den Krankheitsverlauf entschleunigende Wirkung sowie auf die Lebensqualität positive Beeinflussung hätte bieten können. Es handelt sich vielmehr um eine experimentelle Behandlung. Dem schließt sich der Senat an. Die insoweit erhobenen Einwendungen des Klägers basieren im Wesentlichen auf nicht ausreihend mit gesicherten medizinischen Erkenntnissen unterfütterten Einschätzungen namentlich der behandelnden Ärzte, sie vermögen die fundierten Ausführungen des Sachverständigen nicht zu entkräften oder Anhaltspunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung zu bieten.

5. Für die am 13.11.2011 erbrachten Leistungen des Allgemeinmediziners Dr. H. auf dem Gebiete der Traditionellen Chinesischen Medizin besteht mangels rechtzeitiger Antragstellung sowie mangels medizinisch begründbarer Aussicht auf kurative oder palliative Effekte im konkreten, weit fortgeschrittenen Krankheitsstatus der Versicherten kein Erstattungsanspruch.

Zusammengefasst sind damit die für die Versicherte geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche zu verneinen. Die Berufung bleibt damit vollumfänglich ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 SGG) sind nicht erkennbar.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

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2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt als Witwer und Sonderrechtsnachfolger der am 1971 geborenen und am 2010 an einem Astrozytom verstorbenen P. F. (Versicherte) die Erstattung der Kosten für eine ambulante Behandlung mit alternativer Krebstherapie (Hyperthermie) in Höhe von EUR 1.349,80.
Die Versicherte war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2008 wurde bei ihr ein diffus infiltrierendes Astrozytom nach WHO Grad III rechts frontal festgestellt. Eine Operation war aufgrund des Tumortyps und der Art des Tumors nach Einschätzung der behandelnden Ärzte zu dem Zeitpunkt nicht möglich. In der Zeit von Februar bis April 2008 wurde der Tumor mit 60 Gy bestrahlt. In der Zeit von August bis November 2008 wurden vier Zyklen einer Chemotherapie mit Temodal durchgeführt. In den Monaten Januar, August und Dezember 2008 traten außerdem bei der Versicherten Krampfanfälle auf.
Die Versicherte beantragte unter Vorlage eines Attests des Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 08. Dezember 2008, der seit 01. Februar 2002 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, die Gewährung einer Hyperthermiebehandlung. Dr. W. führte in diesem Attest aus, die bisherigen Therapien hätten den Tumor nicht aufhalten können. Es habe sich jeweils in kernspintomographischen Kontrollen ein Fortschreiten der Erkrankung ergeben. Weitere Therapiemöglichkeiten bestünden in Zweit- oder Drittlinienprotokollen (Chemotherapie mit sehr fraglichen Wirkungen bei sicher zu erwartenden Nebenwirkungen). Aus diesem Grund sei die Beratung in seiner komplementär-onkologischen Sprechstunde erfolgt. Es seien schon eine gezielte Ernährungsumstellung und die Einnahme von hochdosierten redifferenzierenden und orthomolekularen Substanzen (Retinolpalmitat, Vitamin D3 und Selen 300) besprochen worden. Die beabsichtigte Elektrotiefenhyperthermie solle ein wesentlicher Therapiepfeiler sein. Ein entsprechendes Gerät (EHY 2000 der Firma O.) stehe in seiner Praxis zur Verfügung. Auch wenn diese Therapie nicht dem allgemein von der Krankenkasse zu übernehmendem Standard entspreche, müsse sie bei der Versicherten übernommen werden, weil die konservativen Therapien ausgereizt seien und es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung handle. Nach 30 Sitzungen werde die Wirksamkeit dieser Therapie im Rahmen einer Kernspintomographie überprüft. Dr. W. fügte seinem Attest eine Zusammenfassung von Studien zur Hyperthermiebehandlung bei Astrozytomen und Gliomen bei.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten bei Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein (Gutachten vom 20. Dezember 2008), der bestätigte, dass eine Tumorerkrankung mit ungünstiger Prognose ohne kurative Therapieaussicht vorliege. Eine lebensbedrohliche Situation sei zu bestätigen. Nach Ausschöpfen der Bestrahlungsoptionen und der Primärtherapie mit Temodal ergäben sich nur Sekundärchemotherapieprotokolle wie PCV, ACNU oder VM26. Ob eine relevante Krankheitsbeeinflussung noch möglich sei, bleibe offen. Bezüglich der Tiefenhyperthermie bei diffus infiltrierendem Astrozytom Grad III lägen keine validen Studienergebnisse vor. Die vorgelegte retrospektive Studie mit 200 Patienten und der Vergleich zu einer historischen Gruppe sei nicht ausreichend aussagekräftig. Eine fachärztliche Behandlung finde ebenfalls nicht statt. Die Kostenübernahme könne nicht empfohlen werden. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Versicherten ab.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 23. Januar 2009, zu dessen Begründung sie sich auf das Attest von Dr. W. und einem Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19. Oktober 2006 (S 11 KR 134/06 ER) bezog.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Versicherten als unbegründet zurück. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Die Hyperthermiebehandlung sei durch den GBA ausdrücklich als solche Behandlungsmethode aufgeführt worden, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfe. Die Therapie gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die die Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen könne. Zur Klärung der Frage, ob mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) ein Anspruch der Versicherten gegeben sei, sei durch den MDK eine Überprüfung des Einzelfalls gemäß § 275 SGB V erfolgt. Dieser sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Übernahme der Kosten sozialmedizinisch nicht empfohlen werden könne. Die Beurteilungen des MDK seien entsprechend ihrer Zweckbestimmung bei der Entscheidung der Kasse über die Gewährung oder Versagung einer Leistung nach der medizinischen Seite hin richtunggebend. Hinweise auf Versendungsart bzw. -datum des Widerspruchsbescheids finden sich in der Verwaltungsakte nicht.
Bereits am 18. Dezember 2008 hatte die Klägerin eine ambulante Tiefenhyperthermiebehandlung bei Dr. W. begonnen. An diesem Tage unterschrieben die Versicherte und Dr. W. zudem ein als „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie (EHT)“ überschriebenes Formular, in welchem die Versicherte darauf hingewiesen wurde, dass die angestrebte Behandlung nicht zu den von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfassten Behandlungsformen gehöre und die Versicherte daher die Kosten von EUR 145,14 je Sitzung bei Ablehnung der Kostenzusage durch die Krankenkasse selbst zu tragen habe. Die Tiefenhyperthermiebehandlung fand insgesamt zehnmal (nämlich außerdem am 22. , 24. und 29. Dezember 2008 sowie am 02., 05., 09., 12., 16. und 20. Januar 2009) statt. Die Kosten der Einzelbehandlungen beliefen sich auf jeweils EUR 145,14 bzw. einmalig EUR 43,54. Mit den Rechnungen vom 24. Dezember 2008, 29. Dezember 2008, 02. Januar 2009, 12. Januar 2009 und 20. Januar 2009, die jeweils innerhalb von vier Wochen zu bezahlen waren, berechnete Dr. W. nach der Gebührennummer 5854 der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) insgesamt EUR 1.349,80. Weitere Sitzungen wurden nicht durchgeführt. Vielmehr entschloss sich die Versicherte nun doch zu einer operativen Behandlung, welche am 03. Februar 2009 in der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums F. durchgeführt wurde (vgl. den Entlassungsbericht von Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009). In der Folge befand sich die Versicherte vom 23. Februar bis 27. März 2009 in einer medizinischen Reha-Maßnahme in den Kliniken S. in K. (vgl. den Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009).
Am 23. März 2009 (einem Montag) erhob die Versicherte zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und bezog sich insbesondere auf den Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005. In ihrem Fall hätten inzwischen (zum Zeitpunkt des Erhebens der Klage) fünf durchgeführte Chemotherapien keine Verbesserung ihres Gesundheitszustands mit sich gebracht. Eine Kombination von Chemotherapien und der beantragten Elektrotiefenhyperthermiebehandlung ließen eine Verbesserung des Gesundheitszustands mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bezog sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide. Eine Anwendung des Urteils des BVerfG vom 06. Dezember 2005 sei nicht möglich, weil der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 zur Änderung der Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), jetzt Anlage I Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), ausgeführt habe, dass die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermiebehandlung Ausdruck dafür sei, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde. Erprobungen sollten deshalb auf kontrollierte Studien begrenzt bleiben. Die Voraussetzungen für ausnahmsweise aus verfassungsrechtlichen Gründen zu gewährende Leistungen seien deshalb nicht erfüllt.
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Das Gericht hörte zur Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Versicherten schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. gab in seiner Auskunft vom 12. Juni 2009 an, die Versicherte habe ihn erstmals am 12. Mai 2008 aufgesucht. Sie habe über Krampfanfälle geklagt. Die Therapien seien durchweg erfolglos geblieben; die üblichen Standardverfahren eines Astrozytoms seien damit ausgereizt gewesen. Von der Neurochirurgie Freiburg sei bis zum Zeitpunkt seines Behandlungsbeginns eine Operation ausgeschlossen worden. Am 18. Dezember 2008 habe er daher mit einer Tiefenhyperthermiebehandlung begonnen, die mit dem Gerät EHY 2000 der Firma O. erfolgt sei. Parallel dazu sei eine erneute Chemotherapie von der betreuenden Onkologin Dr. M. begonnen worden. Dabei habe es sich um eine Therapie nach dem PCV-Schema gehandelt. Diese Therapie sei bis 07. Januar 2009 durchgeführt worden. Die Versicherte habe sich damals in einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Situation befunden. Die von ihm durchgeführte Therapie von Astrozytomen und auch Glioblastomen mit dem Gerät EHY 2000 sei etabliert und werde von einigen Dutzend Arztpraxen und Tumorkliniken bei dieser Indikation eingesetzt. Der Erfolg der bei ihm insgesamt durchgeführten neuen Hyperthermiebehandlungen habe nicht mehr eindeutig festgestellt werden können, da zwischenzeitlich aufgrund einer dringenden Bitte des primären Hausarztes Dr. R. die neurochirurgische Klinik eine gefährliche Operation nun doch in Erwägung gezogen habe. Zuvor habe jedoch keine allgemein anerkannte und medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Die Methode der Hyperthermie habe die Chance eines wenigstens spürbar positiven Einflusses auf den Krankheitsverlauf versprochen. Seiner Auskunft fügte Dr. W. eine Information zur Behandlung mit Hyperthermie und Auszüge aus Veröffentlichungen hierzu bei. Überdies legte er den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009 vor. Dieser berichtete von einer Hemiparese links mit Gangunsicherheit und Fallneigung sowie einer psychophysischen Belastbarkeitsminderung bei Zustand nach Resektion des Astrozytoms am 03. Februar 2009. Auch postoperativ sei es zu generalisierten epileptischen Anfällen gekommen. Durch die Folgen der strahlen- und chemotherapeutischen Behandlung sowie in der Folge der Tumoroperation sei die Klägerin in der selbstständigen Alltagsbewältigung deutlichst eingeschränkt. Ergänzend gab Dr. W. in seiner Auskunft vom 07. Dezember 2009 an, die Kombination der Elektrotiefenhyperthermie und Chemotherapie habe als Ziel die synergetische Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung gehabt bzw. mindestens in der Verhinderung weiteren Wachstums bestanden.
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Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. gab an (Auskunft vom 15. Juni 2009), die Klägerin habe sich bereits seit September 2006 sehr häufig in seiner ambulanten Behandlung befunden. Erst Anfang Januar 2008 sei die Diagnose klar gewesen. Im Laufe der Zeit sei es zu zunehmenden sensiblen Störungen und Ausfällen gekommen. Die Diagnose eines weit fortgeschrittenen diffus infiltrierenden Astrozytoms des Frontalhirns im Übergang zum Glioblastom sei im Zeitpunkt der Überlegung, die Hyperthermiebehandlung zu empfehlen, ein Todesurteil gewesen. Die Versicherte sei damals von den Onkologen eigentlich aufgegeben worden. Es habe eine bereits durchgeführte Chemotherapie wiederholt werden sollen. Auch die Strahlenbehandlung habe sich nur in den Nebenwirkungen als „erfolgreich“ erwiesen. Er habe daher die Hyperthermiebehandlung und auch deren Beginn vor einer Entscheidung der Beklagten empfohlen, um zu verhindern, dass sich die Frage nach der Übernahmefähigkeit der Kosten vor der Bewilligung „biologisch erledige“. Dr. R. fügte seiner Auskunft Arztunterlagen und Arztbriefe zum Verlauf der Erkrankung der Versicherten, insbesondere des O. Klinikums, des Radiologischen Instituts B. der Neurologin Dr. Wu., des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. N. des Neurozentrums vom Universitätsklinikum F. sowie den Bericht der Onkologin Dr. M. vom 19. Dezember 2008 bei. Letzterem zufolge wurde damals eine weitere Zunahme des Tumors festgestellt. Sie schlage daher einen Zyklus nach dem PCV-Schema und dann die erneute Vorstellung in der Neurochirurgie vor. Außerdem könne eine experimentelle Therapie mit Avastin, einem VEGF-Antikörper in Kombination mit Irinotecan versucht werden, die die Beklagte jedoch zunächst genehmigen müsse. In der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F. könne zumindest eine operative Teilresektion des Tumors versucht werden. Überdies legte Dr. R. den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. der Kliniken S. vom 26. Mai 2008 über eine bereits in der Zeit vom 25. April bis 22. Mai 2008 erfolgte medizinische Reha-Maßnahme der Versicherten vor. Seinerzeit war die Versicherte als für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig belastbar, jedoch wegen der Inoperabilität des Tumors mit einer ungünstigen Prognose entlassen worden. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens legte Dr. R. zudem den Operationsbericht der Oberärztin Dr. We. sowie den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009, beides Ärzte der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F., über die operative Behandlung der Versicherten am 03. Februar 2009 vor. Danach konnte eine weitgehende Tumorresektion erreicht werden.
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Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. berichtete in seiner Auskunft vom 23. Juni 2009 davon, dass er die Versicherte aufgrund epileptischer Anfälle zur Kernspintomographie überwiesen habe. Die Diagnose beschreibe eine lebensbedrohliche Erkrankung. Er habe keine Erfahrung mit der Elektrotiefenhyperthermie und könne dazu keine Aussage treffen.
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Die Versicherte verstarb am 24. Mai 2010, was die Beteiligten dem SG nicht mitteilten.
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Mit Urteil vom 19. Oktober 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 zur Erstattung der Kosten für die im Dezember 2008 und Januar 2009 durchgeführte Hyperthermiebehandlung in Höhe von insgesamt EUR 1.349,80. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten sei § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Beklagte sei nach § 27 Abs. 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, allerdings unterliege der Behandlungs- und Versorgungsanspruch den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen und umfasse nur Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Dies sei bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Durch diese Richtlinien werde der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - z.B. Urteil vom 24. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - BSGE 97, 190). Bei der Elektrotiefenhyperthermie handle es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom GBA in der Anlage II der Methoden-Richtlinie nicht als anerkannte Behandlungsmethode für Astrozytome aufgeführt sei. Die Versicherte habe deshalb unter diesem Aspekt keinen Kostenerstattungsanspruch. Sie habe auch keinen Kostenerstattungsanspruch nach den Grundsätzen des so genannten Systemversagens. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen lägen im Falle der Versicherten erkennbar nicht vor. Weder habe diese an einer extrem seltenen Erkrankung, deren Erforschung praktisch ausgeschlossen sei, gelitten, noch habe der GBA verspätet entschieden. Dieser habe sich vielmehr bereits im Jahr 2005 mit der Hyperthermiebehandlung auseinandergesetzt und sie in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Das Vorliegen neuer Erkenntnisse habe die Versicherte weder vorgetragen, noch seien solche ersichtlich. Die Versicherte habe aber einen Kostenanspruch wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Situation unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (unter Verweis auf BVerfG, vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Dieses habe entschieden, dass die Vorschriften des SGB V verfassungskonform auszulegen seien. Danach komme ein Anspruch auf Kostenerstattung auch dann in Betracht, wenn
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1. eine lebensbedrohliche oder regelmäßige tödlich verlaufende Erkrankung vorliege,
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2. bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht (mehr) zur Verfügung stehe und
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3. bezüglich der anzuwendenden Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe.
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Die zweite Voraussetzung sei erfüllt, wenn feststehe, dass derartige dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethoden überhaupt nicht zur Verfügung stünden oder im konkreten Einzelfall, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht vertrage oder ihre Anwendung keinen Erfolg gebracht habe. Dabei sei zu unterscheiden, welchem Behandlungsziel die Methode diene: Sei zwar eine Methode verfügbar, die auf Linderung der Krankheitsbeschwerden abziele, könne sie der begehrten nicht anerkannten Behandlung dann nicht entgegengehalten werden, wenn letztere auf die Heilung oder langfristige Verzögerung des Krankheitsverlaufs abziele. Die dritte Bedingung für einen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Krankenbehandlung setze voraus, dass Erkenntnisse wissenschaftlicher Art dazu vorlägen, dass ein Behandlungserfolg möglich sei. Diese Erkenntnisse müssten objektivierbar sein. Die Behandlung müsse in der Regel fachärztlich durchgeführt werden. Der Erfüllung der dritten Voraussetzung stehe - anders als von der Beklagten und dem BSG im Urteil vom 24. November 2006 (B 1 KR 24/06 R, a.a.O.) vertreten - auch nicht in allen Fällen ein Beschluss des GBA entgegen, der die entsprechende Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen habe. Zwar sei verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode nichts einzuwenden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, die vom BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich ausgeschlossen worden sei (unter Verweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17). Das gelte jedenfalls dann, wenn aus den auf der Homepage des GBA veröffentlichten Gründen für den Ausschluss erkennbar sei, dass ein Ausschluss nicht wegen völliger Unwissenschaftlichkeit oder nachgewiesener Wirkungslosigkeit erfolgt sei, sondern davon ausgegangen werde, dass angesichts der Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie diese Technologie sich noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befunden habe. In diesen Fällen lägen nämlich ebenso wie bei Behandlungsmethoden, mit denen sich der GBA überhaupt noch nicht befasst habe, Indizien für eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf einen Behandlungserfolg vor. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, sei schließlich zu prüfen, ob auch andere anerkannte Methoden diesem Maßstab genügten. Ausgehend davon habe die Versicherte einen Anspruch auf Erstattung ihrer für die Hyperthermie aufgewandten Kosten. Sie leide an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit nach Diagnose eines Astrozytoms betrage elf bis zwölf Monate. Eine andere - anerkannte - Methode habe für die Behandlung der Versicherten nicht zur Verfügung gestanden. Diese habe bereits verschiedene Chemotherapien und eine Strahlentherapie hinter sich gehabt. Eine operative Entfernung des Tumors sei durch die Fachärzte als weitgehend unmöglich abgelehnt worden. Die Tatsache, dass später „quasi als Verzweiflungstat“ doch noch eine Operation durchgeführt worden sei, ändere an dieser Einschätzung nichts. Maßgeblich seien für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V die Erkenntnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung. Eine erneute Chemotherapie nach anderen Protokollen seien selbst vom MDK als wenig aussichtsreich oder allenfalls ergänzend möglich beurteilt worden. Es hätten nur die Möglichkeiten einer palliativen Chemotherapie bestanden. Demgegenüber habe die Behandlung mit Elektrohyperthermie nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. W. der Zerstörung des Tumors, jedenfalls aber der Verhinderung von dessen weiterem Wachstum gedient. Die Hyperthermiebehandlung sei also in erster Linie auf Heilung oder wenigstens spürbare Lebensverlängerung gerichtet gewesen, die als weitere Möglichkeit in Betracht gezogene Chemotherapie in erster Linie auf Verhinderung einer Verschlechterung bzw. auf Linderung der Krankheit. Auch die weiteren Voraussetzungen hätten vorgelegen. Es habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf einen Heilungserfolg oder wenigstens einen spürbar positiven Krankheitsverlauf gegeben. Es sei medizinisch keine abwegige Vorstellung, dass durch die Erhitzung des Tumorgewebes mittels Radiowellen eine Zerstörung oder wenigstens eine Hemmung des weiteren Tumorwachstums möglich sei. Nachdem die Behandlung im stationären Bereich auch schon zu Erfolgen geführt habe, reichten diese Erkenntnisse zur Annahme eines Indizes für eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf aus. Auch die Abwägung vom Risiko der Behandlung mit Hyperthermie, die immerhin in Krankenhäusern schon länger eingesetzt werde, mit dem zu erwartenden Nutzen sei zu Gunsten der Behandlung ausgefallen. Die Versicherte sei in einer verzweifelten Lage gewesen. Sie sei überdies darüber informiert gewesen, dass die Hyperthermiebehandlung keine anerkannte Methode gewesen sei; sie sei über den experimentellen Charakter der Behandlung aufgeklärt gewesen und habe ihr zugestimmt. Der Erbringung der Behandlung zu Lasten der Beklagten habe schließlich der Beschluss des GBA vom 14. Mai 2005 nicht entgegengestanden. Die Aufnahme zur Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie sei in erster Linie deshalb erfolgt, da die Hyperthermie nach deren Anwendern eine Vielzahl nicht näher spezifizierter Anwendungsgebiete gehabt habe, die nicht im einzelnen erforscht seien. Die Wirkungslosigkeit oder ihre völlige Unwissenschaftlichkeit habe der GBA ebenso wenig festgestellt wie eine besondere Gefährdung durch die Durchführung dieser Therapie. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe schließlich nicht entgegen, dass die Versicherte die Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe, bevor sie mit der Behandlung begonnen habe. Die Behandlung sei unaufschiebbar gewesen. Wie ihr behandelnder Hausarzt überzeugend ausgeführt habe, habe mit dem Beginn der Behandlung nicht abgewartet werden können, bis die Beklagte entschied, denn es habe die Gefahr bestanden, dass sie vor Beginn der Behandlung an den Folgen des Astrozytoms verstarb. Schließlich entsprächen die Rechnungen des Dr. W. auch den Voraussetzungen der GOÄ; eine ordnungsgemäße Abrechnung sei erfolgt.
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Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Oktober 2010 zum Landessozialgericht Baden- Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich durch Richtlinien des GBA festgelegt werde. Der GBA habe die Hyperthermie in Nr. 42 der Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Die dort aufgeführten Behandlungsverfahren dürften nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Die Methode gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 SGB V. Das BSG habe in seinem Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.) entschieden, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr sei, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Dann sei auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert seien. Auch in Bezug auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (a.a.O.) stehe der Versicherten die begehrte Leistung nicht zu. Anders als im dort entschiedenen Fall sei die Hyperthermiebehandlung vorliegend nicht zur Schmerzbekämpfung erfolgt, sondern habe nach der Stellungnahme des Dr. W. vom 07. Dezember 2009 das Ziel der synergetischen Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung bzw. mindestens in der Verhinderung des Wachstums gehabt. Von einem ausdrücklichen Ausschluss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch den GBA könne somit ausgegangen werden. Im Übrigen habe das BVerfG in seiner Entscheidung keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Das BVerfG habe ausgeführt, dass das Landessozialgericht - soweit es zu dem Ergebnis komme, dass auch die individuell im Fall der dortigen Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom GBA vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei - in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden habe, ob die im Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gälten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen worden sei. Für sie, die Beklagte, gelte weiterhin die Rechtsauffassung des BSG im Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.). Soweit der GBA zwischenzeitlich konkretisiert habe, dass bei einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit eine Methode, für die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare Linderung bestehe, grundsätzlich im Einzelfall von den Krankenkassen getragen werden könne, sei hieraus kein anderes Ergebnis abzuleiten. Im Falle der Hyperthermie habe der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 jedoch festgestellt, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des Hyperthermieverfahrens - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt seien, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht habe empfohlen werden können. Die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie sei, wie bei anderen medizinischen Entwicklungen, Ausdruck dafür, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde.
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Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat die Beklagte überdies das sozialmedizinische Gutachten des Dr. Bä. (MDK) vom 28. April 2011 vorgelegt. Dr. Bä. führt darin aus, dass von den vier verschiedenen Anwendungsformen der Hyperthermie vorliegend die regionale Tiefenhyperthermie relevant sei. Insoweit existiere ein patientenrelevanter methodischer Unterschied zwischen der wissenschaftlichen Hyperthermie, wie sie an Universitätskliniken angewandt werde, und der frei zugänglichen, auch von Heilpraktikern oder der „komplementären Onkologie“ ohne Bestrahlungsplanung und Temperaturmessung anwendbaren niederfrequenten „Onkothermie“, die auch als Hyperthermie bezeichnet werde. Diese lasse regelmäßig sowohl eine wissenschaftlich-technisch begründete Therapieplanung als auch die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet als auch eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen vermissen. Niederfrequente Geräte könnten besonders einfach und kostengünstig gebaut werden. Jedoch brächten diese Geräte eine meist geringe Energieleistung auf; gut durchblutete Organe könnten die eingestrahlte Energieleistung problemlos sofort wieder abführen. Von der Herstellerfirma der in diesem Bereich am weitesten verbreiteten Geräte (Hot O. GmbH) werde ein hypothetischer zweiter Wirkungsmechanismus konstruiert, der sich aus einem behaupteten besonderen Absorptionsverhalten der extrazellulären Flüssigkeit im Tumorgewebe und einem niedrigeren Wellenwiderstand des Tumors im Vergleich zum umliegenden Gewebe zusammensetzen solle. Für diese Behauptungen könnten sich die Leistungserbringer auf keinerlei naturwissenschaftliche Grundlagen stützen und entzögen ihre Gerätewirkung einer naturwissenschaftlichen Überprüfbarkeit. Unabhängig von der Form der angewandten Hyperthermie habe - nach Auswertung der einschlägigen Publikationen - zu keiner Zeit durch den Einsatz der Hyperthermie eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Der GBA habe sich seinerzeit mit 1.252 Titeln zur Hyperthermie befasst, darunter hätten sich 42 Studien mit vorrangiger Evidenz bei 11 Tumorindikationen befunden. In keiner Indikation habe die Stärke der Evidenz für eine positive Empfehlung von Hyperthermieanwendungen ausgereicht. Der GBA habe daher das Resümee gezogen, bei solchen experimentellen Therapien, auch in den Indikationen, in denen die Forschung schon weiter fortgeschritten sei, sollten Erprobungen auf die Durchführung kontrollierter Studien begrenzt bleiben. Zwischenzeitlich sei in Österreich vom Ludwig-Boltzmann-Institut, einer wissenschaftlich arbeitenden Institution des öffentlichen Gesundheitswesens in Österreich, ein systematischer Review erstellt worden, der die internationale Literatur im Zeitraum von 2005 bis 2010 bewerte. Die dortigen Autoren zögen das Resümee, dass sich die Lage der Evidenz in den letzten fünf Jahren seit dem GBA-Bericht gemessen an der Zahl neuer RCTs (randomisierter kontrollierter Studien) kaum geändert habe. Obwohl von vielen Studienautoren umfassendere Phase-III-Studien gefordert worden seien, sei für die meisten Indikationen die Evidenz nahezu unverändert. Die RCTs aus der aktuellen Recherche zeigten zusammengefasst in Bezug auf klinisch relevante Endpunkte keine Vorteile von Hyperthermie gegenüber allgemeiner Chemo- und/oder Radiotherapie. In der Summe sei die Evidenz daher derzeit zu schwach, um einen Nutzen durch die zusätzliche Hyperthermieanwendung ableiten zu können. Die von Dr. W. vorgelegten Studien seien nicht geeignet, Wirksamkeit und Überlebensvorteil bzw. einen Nutzen der Hyperthermie nachzuweisen. Es handle sich um eine Fallserie bei einer Tumorart, die mit der Erkrankung der Versicherten nicht vollständig identisch sei, die Daten seien nicht vollständig publiziert, eine Randomisierung habe nicht stattgefunden, dem Abstract sei nicht zu entnehmen, ob und mit welcher Kontrollgruppe verglichen worden sei. Nach der GBA-Klassifizierung entspreche die Publikation der niedrigen Evidenzstufe IV. Eine eigene, am 20. April 2011 durchgeführte Literatursuche in der medizinischen Datenbank PubMed habe keine randomisiert kontrollierte Studie zur Hyperthermie beim Astrozytom seit 2005 ergeben. Die Datenlage sei somit unverändert seit der GBA-Bewertung. Weder in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie noch in der amerikanischen NCCN-Leitlinie sei die Hyperthermie für die Therapie von Astrozytomen auch nur erwähnt. Somit ergäben sich nach Aktenlage keine neuen Erkenntnisse für Wirksamkeit und Nutzen der beantragten, von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Leistung. Stattdessen sei eine erhebliche Anzahl an Studien durchgeführt worden, die mit keiner Publikation abgeschlossen worden sei. Im Übrigen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die klinischen Studien der letzten Jahre vor allem in Universitätskliniken mit Hochfrequenz-Therapiegeräten durchgeführt würden, das Hyperthermiegerät in der Praxis des Dr. W. jedoch ein niederfrequentes Gerät sei, das die für die Hyperthermie notwendige technische Qualitätsanforderung nicht erfülle. Im konkreten Fall der Versicherten sei ein therapeutisches Gesamtkonzept der Hyperthermiebehandlung an keiner Stelle gemacht worden. In den Unterlägen fänden sich keine Antworten auf die Fragen, in welcher konkreten klinischen Indikation die lokale Behandlung mit welchen physikalischen Parametern erfolgt sei, ob die Hyperthermie begleitend zur Chemotherapie mit der onkologischen Fachpraxis abgestimmt worden sei, wie die Zeitabstände der Behandlung begründet worden seien und wie häufig und wie lange insgesamt die Behandlung habe erfolgen sollen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Versicherte hinreichend aufgeklärt worden sei. Im Übrigen hätten zum Zeitpunkt, an dem die Hyperthermie begonnen worden sei, leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. Aufgrund des fortgeschrittenen Befundes sei im vorliegenden Fall zwar eine primäre chirurgische Tumorresektion ausgeschlossen gewesen. Diese sei aber nach strahlentherapeutischer und chemotherapeutischer Vorbehandlung später möglich gewesen. Schulmedizinische/vertragsmedizinische Therapien einschließlich der palliativen Medizin hätten der Versicherten jederzeit zur Verfügung gestanden. In den Unterlagen fänden sich keine Aussagen, nach denen man die Versicherte aufgegeben habe oder ihr keine stadiengerechte Therapie habe anbieten können. Tatsächlich habe die Versicherte trotz Diagnosestellung in einem fortgeschrittenen Tumorstadium noch zweieinhalb Jahre überlebt.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
23 
Der Kläger beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Er hat zunächst darauf hingewiesen, als Ehemann der Versicherten das Verfahren „in Rechtsnachfolge“ fortzuführen. Der Sache nach hält er die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Soweit die Beklagte vortrage, dass der Versicherten ein Anspruch deshalb nicht zugestanden habe, weil die erfolgte Hyperthermiebehandlung nicht zur Schmerzbekämpfung, sondern zur Tumorzerstörung bzw. Verhinderung des Wachstums erfolgt sei, verkenne sie, dass der Wortlaut des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) wesentlich geringere Anforderungen an die Verpflichtung zur Kostenübernahme stelle als der GBA. Es reiche unter verfassungsrechtlichen Kriterien aus, dass eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Im Übrigen ergebe sich auch aus der Begutachtungsanleitung „Außervertragliche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ vom 08. Oktober 2008, die sich auch an die Gutachter des MDK und die Mitarbeiter der Krankenkassen wende, dass die Versicherte, die seinerzeit mit dem Leben gekämpft habe, aufgrund der Lebensbedrohlichkeit der Situation einen Anspruch auf Kostenübernahme gehabt habe. In Reaktion auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. hat der Kläger vortragen, das Gutachten genüge aus mehreren Gründen den Anforderungen an eine gewissenhafte und ordnungsgemäße Begutachtung nicht. Es stelle lediglich einseitig die der Beklagten günstigen Tatsachen auf. An mehreren Stellen würden Behauptungen und Schlussfolgerungen aufgestellt, die in keinster Weise belegt würden, so z. B. hinsichtlich der Behauptung, Hyperthermie führe bei hohen Temperaturen zur potentiell schädigenden Effekten auf innere Organe. Überdies ergebe sich aus Seite 8 des Gutachtens, dass die Ausführungen teilweise aus einem Gutachten des Kompetenzzentrums Onkologie stammten. Welche Teile dieses Gutachtens dies seien, bleibe offen. Bereits an dieser Stelle könne von einem gewissenhaften und ordnungsgemäßen Gutachten keine Rede mehr sein. Zudem sei ersichtlich, dass das Gutachten im Wesentlichen Ausdruck der persönlichen Meinung des Erstellers sei. Insbesondere lasse das Gutachten offen, wodurch die Unterscheidung in wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Hyperthermie begründet werde. Überdies habe das Gutachten die Publikation von Alexander Herzog zwar erwähnt, nicht jedoch hinreichend ausgewertet. Ein objektives Gutachten bedinge zur Verwertbarkeit in einem Gerichtsverfahren jedoch, dass alle verfügbaren Studien, Publikationen und Erkenntnisse ausgewertet würden und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den darin gewonnenen Erkenntnissen stattfinde. Dass sich ein Gutachter mit der zitierten, immerhin 40 Seiten umfassenden Publikation nicht in angemessenem Maße auseinander setze, sei nur dadurch zu erklären, dass die sehr wohl vorhandenen und auch publizierten Studien schlichtweg ausgelassen worden oder aber dem Ersteller nicht bekannt gewesen seien. Insoweit werde zudem auf die Studie von Dr. Sa. von der Universität W. sowie die Veröffentlichung des Department of Oncology des St. Giuseppe-General-Hospital in Florenz sowie fünf weitere konkret benannte Veröffentlichungen von Studien, die alle die Wirksamkeit und Verträglichkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode bestätigten, verwiesen. Der dem Gutachten beigefügte Endbericht des Ludwig-Boltzmann-Instituts verdeutliche entgegen den Ausführungen im Gutachten unter Punkt 4.2, dass Erkenntnisse der Wirksamkeit der Hyperthermie bei den vorliegend streitgegenständlichen Astrozytomen nicht vorlägen. Es heiße ausdrücklich „für Kopf-Hals-Tumoren gingen aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervor.“ Für die im Streit stehende Frage spiele der Endbericht somit keine beweiserhebliche Rolle. Aufgrund der Vielzahl an unbelegten Behauptungen und teilweise unvollständigen Recherchen sei insgesamt das Gutachten keineswegs geeignet, als Beweismittel für die streitgegenständliche Frage zu dienen. Ausdrücklich bestritten werde überdies die im Berufungsverfahren erstmalig geäußerte Behauptung, zu dem Zeitpunkt, zu dem die nicht evidenzbasierte Hypterthermie begonnen worden sei, hätten leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. In seinen vorangegangenen Äußerungen habe der MDK jedoch das Gegenteil bestätigt. Eine kurative Therapieaussicht habe danach nicht bestanden. Dies werde im Übrigen auch durch die Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. R. gestützt. Die angewandte Therapie habe seinerzeit das letzte Mittel dargestellt, um dem fortschreitenden Tumor entgegenzuwirken. Der Kläger hat Kopien der von ihm zitierten wissenschaftlichen Veröffentlichungen bzw. Zusammenfassungen hierzu vorgelegt. Er hat überdies eine Auskunft des Dr. W. vom 01. Februar 2011 dazu vorgelegt, aus welchen Gründen die Hyperthermiebehandlung seinerzeit ambulant erfolgt sei. Dr. W. hat insoweit angegeben, die Versicherte habe sich in einem zwar insgesamt schlechten Zustand befunden, sei jedoch mithilfe ihres Ehemannes noch transportfähig gewesen. Somit habe eine ambulante Behandlung durchgeführt werden können. Die Gesamtkosten für einen stationären Aufenthalt in einer Hyperthermie-befähigten komplementär-onkologischen Fachklinik hätten außerdem ein Vielfaches der in diesem Streitfall zur Diskussion stehenden Geldsumme gekostet. Da die Hyperthermie üblicherweise nur alle zwei bis drei Tage für bis zu 60 Minuten Therapiedauer durchgeführt werde, wäre eine stationäre Hyperthermie unwirtschaftlich gewesen.
26 
Der Senat hat den GBA dazu befragt, ob zwischenzeitlich eine erneute Befassung mit der Behandlungsmethode der Hyperthermie stattgefunden habe. In seiner Auskunft vom 21. Januar 2011 hat der GBA dies verneint. Auch liege kein Antrag zur Überprüfung der Hyperthermie auf Nutzen, medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit für die vertragsärztliche Versorgung vor. Dr. W. hat auf Anfrage des Senats unter dem 13. Februar 2012 angegeben, die Versicherte sei über alle Belange der lokalen Tiefenhyperthermie aufgeklärt worden und hat den „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ vorgelegt.
27 
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
28 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
42 
2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
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3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
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Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
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Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
42 
2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
44 
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

25

2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten in Höhe von 11 564 Euro für eine auf Kuba durchgeführte Augenbehandlung.

2

Der 1984 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger leidet an Retinitis pigmentosa, einer Netzhauterkrankung, die zu Tunnelblick und in ihrem Endstadium zur Erblindung führt. Im Jahr 2002 beantragte er - ua auf seine nur noch 3 % bis 5 % betragende Sehfähigkeit hinweisend - die Kostenübernahme für eine sog Kuba-Therapie bei Prof. Dr. P in H ; dieser Arzt habe eine Therapie entwickelt, die das weitere Absterben der Netzhaut verhindere und das Sehvermögen verbessern könne. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Behandlungsmethode schulmedizinisch nicht allgemein anerkannt sei (Bescheid vom 19.11.2002; Widerspruchsbescheid vom 5.2.2003). Vom 10.1. bis 31.1.2003 ließ sich der Kläger auf Kuba auf eigene Kosten (nach eigenen Angaben 11 564 Euro) entsprechend behandeln.

3

Die Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 24.3.2006; Urteil des LSG vom 1.8.2007). Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, soweit die Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für die auf Kuba durchgeführte Augenbehandlung betroffen gewesen ist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3), weil das LSG dem nach § 109 SGG gestellten Antrag des Klägers, Beweis zur Eignung der durchgeführten Heilbehandlung durch den Sachverständigen Prof. M (Universität Bologna) zu erheben, nicht nachgekommen war. Das LSG hat ein Gutachten nach Aktenlage bei Prof. M
dazu eingeholt, ob die Kuba-Therapie dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, und anschließend die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, es fehle an einem hinreichend objektiven Wirksamkeitsnachweis der sog Kuba-Therapie (Urteil vom 16.11.2011).

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 2 Abs 2 S 1 sowie von Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip. Das LSG verkenne mit seiner Forderung nach validen Studien oder aussagekräftige Statistiken die Anforderungen, die an Hinweise für eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine zumindest spürbare positive Einwirkung der Behandlung auf den Krankheitsverlauf zu stellen seien.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2003 zu verurteilen, ihm 11 564 Euro zu zahlen,

6

hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das an-gefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Ob der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von 11 564 Euro Kosten für die Auslandsbehandlung hat, vermag der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Auslegung des § 18 Abs 1 S 1 SGB V erfüllt sind.

10

Das LSG hat zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Erstattungsanspruch aus § 18 Abs 1 S 1 SGB V bei Beachtung des Qualitätsgebots(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) abgelehnt (dazu 1.), aber unzureichende Feststellungen zur grundrechtsorientierten Auslegung getroffen (dazu 2.). Eine grundrechtsorientierte Auslegung scheidet allerdings aus, wenn die Überprüfbarkeit der Methode an der langjährig fehlenden, aber in Fachveröffentlichungen geforderten Publikation grundsätzlich verfügbarer Daten scheitert (dazu 3.).

11

1. Nach den auch den erkennenden Senat bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30) beruht der geltend gemachte Anspruch auf § 18 Abs 1 S 1 SGB V(in der hier noch maßgeblichen bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Der Anspruch setzt ua nach den bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29) grundsätzlich voraus, dass die Leistung im Ausland den Anforderungen an das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) entspricht. Das hat das LSG im Ergebnis - unangegriffen und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - verneint, weil nicht die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie kein Konsens besteht.

12

2. Nach den bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30) kommen Abmilderungen der Anforderungen des Qualitätsgebots infolge grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der GKV auch im Anwendungsbereich des § 18 SGB V in Betracht. Ist für Versicherte eine nach Inlandsmaßstäben grundrechtsorientierter Leistungsbestimmung in der GKV zu beanspruchende Leistung nur im Ausland möglich, besteht ein Leistungs- und Kostenerstattungsanspruch nach § 18 Abs 1 S 1 SGB V.

13

Nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30), bedarf es hierfür zunächst der Feststellung, dass der Kläger im Zeitpunkt der Behandlung an einer Krankheit litt, die zumindest wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar ist. Diesbezüglich hat das erste Revisionsurteil vorgegeben, dass hierfür eine drohende Erblindung in Betracht kommt, hochgradige Sehstörungen demgegenüber nicht ausreichen (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 31). Sodann ist nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 32), die Feststellung erforderlich, ob, und wenn ja mit welcher Zielrichtung, bezüglich dieser Krankheit zumindest eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht und für den Kläger anwendbar ist. Des Weiteren ist nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 32), festzustellen, mit welcher Zielsetzung die sog Kuba-Therapie bei Prof. Dr. P durchgeführt wird und ob bezüglich dieser Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im Zeitpunkt der Behandlung des Klägers bestand. Hierzu bedarf es der Feststellungen, die für eine abstrakte Nutzen-Risiko-Analyse und für eine Abwägung der Chancen und Risiken dieser Behandlungsmethode gerade im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse bei dem Kläger erforderlich sind. Maßgeblich sind für diese Feststellungen nach den bindenden Vorgaben (§ 170 Abs 5 SGG) die Regeln der ärztlichen Kunst.

14

Das LSG hat zur konkreten Krankheitssituation des Klägers, zu den regelmäßigen, schulmäßigen Behandlungsmethoden bei seiner Augenkrankheit, zu einer Unverträglichkeit dieser Methoden bei dem Kläger und zu den Chancen und Risiken der Kuba-Therapie im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse des Klägers im Behandlungszeitpunkt keine Feststellungen getroffen. Soweit es eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verneint hat, weil es an einem objektiven Wirksamkeitsnachweis fehle, verkennt es die bindenden Vorgaben des ersten Revisionsurteils (§ 170 Abs 5 SGG).

15

Das LSG hat ausgeführt, die Methode sei nicht ausreichend an Menschen evaluiert und werde von der überwiegenden Mehrheit der einschlägigen Fachleute jedenfalls nicht befürwortet, vom wissenschaftlichen Beirat von Pro Retina Deutschland e.V. nicht empfohlen, vom "Health Council of the Netherlands" in den Niederlanden nicht anerkannt und auch in den USA und überwiegend in Europa nicht akzeptiert. Prof. M gehöre zur Minderheit der Befürworter und zu den wenigen Anwendern, gleichwohl vermöge er nur auf seine eigenen klinischen Erfahrungen an Menschen (und Tieren) hinzuweisen, ohne dass valide Studien oder aussagekräftige Statistiken zur Wirksamkeit der Therapie existierten. Die bisherigen Erkenntnisse würden zwar einen positiven Einfluss nicht ausschließen, genügten aber nicht, um von einer "ausreichend gesicherten" positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auszugehen, weil sich der Sachverständige nur auf die Feststellungen der von ihm operierten 126 Menschen stütze und eine graduelle Verzögerung des Sehschärfeverlustes um 18 bis 24 Monaten nicht ausreichend erscheine.

16

Damit überspannt das LSG die Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts. Nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30), ist es bei der abstrakten und konkreten Prüfung von Risiken und Nutzen geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel iS von § 27 Abs 1 S 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - aufgrund von Verfassungsrecht Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen. Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl zum Ganzen zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 25 f mwN - LITT, bezogen in BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30).

17

Die Folge dieser Rechtsprechung ist, dass, wenn eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode für eine wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbare Krankheit (generell) überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, der Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab unterfällt. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und 'hoffnungsloser' die Situation, desto geringere Anforderungen an die 'ernsthaften Hinweise' auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg" (BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 40; mit ähnlicher Tendenz schon: Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, 179; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 130 RdNr 23).

18

Wissenschaftliche Verlaufsbeobachtungen anhand von operierten 126 Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen im Rahmen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle sind ihrer Art nach ohne Weiteres geeignet, nach den Regeln der ärztlichen Kunst als Grundlage für "Indizien" im dargelegten Sinne für eine positive Einwirkung zu dienen. Nach den Feststellungen des LSG hat Prof. M 126 Patienten mit der Pelaez-Technik jeweils an einem Auge operiert - das nicht operierte Auge diente der Kontrolle - und stellte dabei fest, dass es zu Verbesserungen kam, die sich schrittweise verringerten, bis sie 18 bis 24 Monate nach Einsetzen des Implantats verschwanden.

19

Es entspricht auch nicht den dargelegten bindenden Vorgaben des ersten Revisionsurteils (§ 170 Abs 5 SGB V), einen Erhalt der Sehfähigkeit durch Verbesserung des Sehvermögens für 18 bis 24 Monate als unerheblich anzusehen. Vielmehr handelt es sich ohne Zweifel um eine offenkundig positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Zu den Behandlungszielen des § 27 Abs 1 S 1 SGB V gehören die Heilung einer Krankheit, die Verhütung ihrer Verschlimmerung sowie die Linderung von Krankheitsbeschwerden. Eine "Verhütung der Verschlimmerung" setzt nicht voraus, dass diese dauerhaft ist, also die Erkrankung zum Stillstand kommt. Bei schicksalhaftem Verlauf der Erkrankung genügt es vielmehr, dass ihr Eintritt - hier die Erblindung - hinausgezögert wird (Steege in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2014, K § 27 RdNr 59).

20

Ob die Kuba-Therapie im Zeitpunkt der Behandlung nach den aufgezeigten Maßstäben geeignet war, beim Kläger eine Verschlimmerung im oben genannten Sinne zu vermeiden, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Nach Angaben von Prof. M soll die Behandlung nur auf Fälle mit hoher Progredienz des Krankheitsverlaufs angewendet werden, bei denen andere Methoden fehlschlugen. Das LSG hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die Frage offen gelassen, ob bei dem Kläger eine derartig schnelle Degeneration vorliegt. Entsprechende und ggf die übrigen, oben umschriebenen Feststellungen wird es nachzuholen haben. Mit Blick auf die gebotene abstrakte Nutzen-Risiko-Bewertung genügt es nicht - wie durch das LSG geschehen - nur allgemein mögliche Risiken zu nennen, ohne deren Eintrittswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Die zu beurteilenden Risiken (nicht unerhebliches Operationsrisiko, Doppelsehen, welliges Sehen, schnellerer Verfall der Sehschärfe und des Gesichtsfelds als vor der Operation) wird das LSG deshalb abstrakt sowie bezogen auf den Einzelfall fest umreißen und mit dem möglichen Erfolg der Therapie in Anlehnung an Art 2 Abs 2 GG abzuwägen haben.

21

3. Die Notwendigkeit für das LSG, weitere ergänzende Feststellungen zu treffen, kann sich aus den in neuerer Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Anforderungen ergeben. Der erkennende Senat darf diese neueren Anforderungen trotz der grundsätzlichen Bindungswirkung (vgl § 170 Abs 5 SGG) seines ersten Revisionsurteils auch in diesem Verfahren zugrunde legen. Ein oberster Gerichtshof des Bundes ist nämlich, wenn er - wie hier der erkennende Senat - seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befasst wird, an seine zunächst vertretene Rechtsauffassung nicht gebunden (vgl GmSOGB BSGE 35, 293, 296 ff = SozR Nr 15 zu § 170 SGG; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 13 mwN).

22

Nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 22 f) verlangt die aus der grundrechtsorientierten Auslegung (heute: § 2 Abs 1a SGB V) resultierende Absenkung der Anforderungen, die ansonsten an den Evidenzgrad des Behandlungserfolgs zu stellen sind, unter dem Gesichtspunkt des Patientenschutzes die jeweils mögliche Erhebung und Zugänglichmachung von nach wissenschaftlichen Maßstäben verfügbaren Informationen durch die Behandler entsprechend ihrem Berufs- und Standesrecht. Die aktive Bereitschaft der Behandler, zum Abbau der (noch) vorhandenen Erkenntnisdefizite beizutragen, ist unverzichtbarer Teil des auch der grundrechtsorientierten Auslegung und § 2 Abs 1a SGB V zugrunde liegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses. Scheitert die Überprüfbarkeit der Methode nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft an der langjährig fehlenden, aber in Fachveröffentlichungen geforderten Publikation grundsätzlich verfügbarer Daten - womöglich als Teil eines Marketingkonzepts des Behandlers im Ausland -, sind derartige Erkenntnismängel nicht durch die grundrechtsorientierte Auslegung und § 2 Abs 1a SGB V zu überwinden(BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 22 f). Die auch und gerade dem Patientenschutz dienende, tatsächlich mögliche wissenschaftliche Kontrolle, die innerhalb von EU und EWR die Regelungen über die Zulassung neuer Behandlungsmethoden prägt, steht bei Auslandskrankenbehandlungen nach § 18 SGB V nicht zur Disposition der ausländischen Leistungserbringer. Die grundrechtsorientierte Auslegung des § 18 Abs 1 S 1 SGB V darf nicht dazu dienen, ein Anreizsystem dafür zu schaffen, dass in Deutschland versicherte Patienten Behandlungsleistungen außerhalb von EU und EWR nur deshalb erhalten, weil sich ihre Anbieter dauerhaft objektiv der tatsächlich möglichen wissenschaftlichen Kontrolle ihrer Leistungen entziehen, insbesondere keine Daten über die Einzelheiten der Behandlung einschließlich ihrer objektivierbaren Folgen veröffentlichen(BSG aaO mwN zur Sicherung des Qualitätsgebots gemäß § 2 Abs 1 S 3 SGB V durch § 135 Abs 1 SGB V). Das LSG hat zur Ursache bestehender Erkenntnismängel im Zeitpunkt der Behandlung des Klägers keine Feststellungen getroffen. Auch dies wird es nachzuholen haben.

23

4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.02.2013 und der Bescheid der Beklagten vom 20.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.9.2010 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 06.08.2009 zurückzunehmen und der Klägerin 12.601,79 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für eine Krebsbehandlung mit autologen dendritischen Zellen.
Die 1958 geborene Klägerin, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, erkrankte im Juni 2009 an einem malignen anorektalen Schleimhautmelanom. Am 05.06.2009 wurde eine operative Exzision des Tumors und am 13.07.2009 durch PD Dr. P. (Gemeinschaftspraxis PD Dr. P. und PD Dr. G. für onkologische, endokrinologische und minimalinvasive Chirurgie, N.-U.) eine transanale Tumornachresektion durchgeführt.
Am 09.07.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit dendritischen Zellen. Sie fügte zudem die Stellungnahme des PD Dr. G. vom 07.07.2009 bei. Darin ist u.a. ausgeführt, die Klägerin leide an einem fortgeschrittenen Melanom des Rektums. Für diese spezielle Melanom-Entität lägen keinerlei Therapieempfehlungen vor. Die Behandlung mit dendritischen Zellen sei als Ultima-Ratio-Therapie indiziert. Bei der Behandlung mit dendritischen Zellen handele es sich um eine individuelle Therapie zur Bekämpfung von Tumorerkrankungen. Aus kompetenten Vorläuferzellen, die aus dem Blut des Patienten gewonnen würden, könnten unter dem Einfluss von Zytokinen und Wachstumsfaktoren dendritische Zellen gezüchtet werden. Nach dem Zurückspritzen der aktivierten dendritischen Zellen in das Unterhautfettgewebe werde das körpereigene Immunsystem des Patienten zur Bildung von spezifischen Immunzellen und Antikörpern gegen den Tumor angeregt. Die Behandlung mit dendritischen Zellen, die in einem Unternehmen in U. (Firma C.) auf höchstem Niveau hergestellt würden, habe sich bereits bei einer nennenswerten Anzahl onkologischer Zentren durchgesetzt und werde von vielen Ärzten zur Behandlung von Tumorerkrankungen angewandt. Sie sei auch (bei moderaten Kosten) vorliegend indiziert, da sie die konventionellen Behandlungsformen ergänze und das körpereigene Immunsystem als weiteren Behandlungspfeiler zur Bekämpfung des Tumors in die Therapie einbeziehe.
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg. In der MDK-Stellungnahme vom 24.07.2009 führte Dr. P. aus, die Unterlagen seien nicht ausreichend. Für die Klägerin stehe die leitliniengerechte Melanomtherapie nach den Empfehlungen der wissenschaftlich anerkannten Fachgesellschaften zur Verfügung. Vermutlich seien die vertraglichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht ausgeschöpft. Durch die Anwendung der beantragten Maßnahme bestehe keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Mit Bescheid vom 06.08.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit dendritischen Zellen ab. Diese Behandlungsmethode gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs legte die Klägerin (u.a.) eine Stellungnahme PD Dr. P. vom 09.09.2009 vor. Darin ist ausgeführt, alle erfolgversprechenden konventionellen Behandlungsmethoden seien angewendet worden und würden auch weiter angewendet. Die Therapie mit dendritischen Zellen sei aus ärztlicher Sicht zwingend erforderlich. Unter der Kombinationstherapie mit dendritischen Zellen sei es bei vielen Patienten zu einem sehr erfreulichen Verlauf der schweren Krebserkrankung gekommen. Vergleichbare Therapien mit Behandlungserfolgen dieser Art gebe es nicht. Seit einer negativen Empfehlung des MDK aus dem Jahr 2000 sei eine Vielzahl weiterer Studien veröffentlicht worden. Die Annahme, bei der Therapie mit dendritischen Zellen komme es zu weitreichenden Nebenwirkungen und einer Verschlechterung der Lebensqualität, sei danach nicht zutreffend. Die Kosten der Therapie (ca. 4.100 EUR) seien erheblich niedriger als die Kosten einer Chemotherapie.
Vorgelegt wurde weiter der Bericht des Comprehensive Cancer Center des Universitätsklinikums U. vom 20.08.2009, in dem darauf hingewiesen wurde, dass im Tumor der Klägerin eine bisher nicht beschriebene c-kit-Mutation gefunden worden sei, und als Weiterbehandlungsmaßnahme eine adjuvante Therapie mit Interferon alpha in niedriger Dosierung empfohlen wurde.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 05.10.2009 führte der Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie, internistische Onkologie, medikamentöse Tumortherapie und Palliativmedizin Dr. G. aus, die Klägerin leide an einem kurativ operierten akral-lentiginösen malignen Melanom des anorektalen Übergangs. Hier sei eine den einschlägigen Leitlinien entsprechende Behandlung mit Interferon alpha in niedriger Dosierung vorgeschlagen worden. Eine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung liege nicht vor. Ohne Anwendung der beantragten Behandlung trete in wenigen Wochen keine schwere irreversible Schädigung ein. Für die Klägerin stehe als vertragsärztliche Behandlungsmöglichkeit die Therapie mit Interferon alpha zur Verfügung. Die vertragsärztlichen Behandlungsmöglichkeiten seien vermutlich nicht ausgeschöpft. Ob die vorgeschlagene Interferontherapie durchgeführt worden sei, gehe aus den Unterlagen nicht hervor. Durch die Behandlung mit dendritischen Zellen bestehe keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Nachdem die Klägerin ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten am 06.10.2009 (telefonisch) mitgeteilt haben soll, die Interferon-Behandlung werde seit 2 Wochen durchgeführt und solle noch 18 Monate andauern, bat die Beklagte den MDK erneut um Stellungnahme. Im MDK-Gutachten vom 08.10.2009 führte Dr. G. (ergänzend) aus, bei der Klägerin liege ein lokal begrenztes, kurativ operiertes akral-lentiginöses malignes Melanom des anorektalen Übergangs vor. Ca. 90 % aller malignen Melanome würden derzeit als Primärtumor ohne erkennbare Metastasierung diagnostiziert. Die Anwendung tumor-antigen-präsentierender dendritischer Zellen sei nach der gegenwärtig vorliegenden Literatur zunächst beim malignen Melanom und hellzelligem Nierenkarzinom im Blickpunkt des Interesses. Sie sei allerdings nicht über das experimentelle Stadium hinausgekommen und keineswegs als Standard etabliert. Die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift „Der Onkologe“ (Organ der Deutschen Krebsgesellschaft) von August 2009 behandele als Hauptthema das Melanom. Danach habe die Anwendung von Interferon alpha in niedriger Dosierung über 18 Monate in den Stadien II - III in prospektiv-randomisierten Studien zu einem signifikanten Vorteil für die Patienten geführt. Die Behandlung mit niedrig-dosiertem Interferon alpha über 18 Monate hinaus solle jedoch nicht empfohlen werden.
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Bislang habe keine größere kontrollierte Studie beweisen können, dass das rezidivfreie Intervall oder die Gesamtüberlebenszeit durch eine adjuvante Vakzinierung (Einsatz dendritischer Zellen) habe verlängert werden können; die Vakzinierung stelle immer noch eine experimentelle Therapie dar. Der Einsatz dendritischer Zellen als Adjuvanz oder Maßnahme nach Interferon alpha finde in der genannten Veröffentlichung keinen Niederschlag. Auch in der zuletzt im September 2007 überarbeiteten AWMF-Leitlinie „Malignes Melanom der Haut“ fänden sich keine Hinweise auf eine adjuvante Therapie mit dendritischen Zellen im kurativ operierten Stadium. Vielmehr werde ausdrücklich auf die Immuntherapie mit Interferon alpha hingewiesen, das als einzige Substanz in prospektiv-randomisierten Studien zu einem signifikanten Vorteil geführt habe. Eine kombinierte Behandlung mit Interferon alpha und dendritischen Zellen werde nicht erwähnt. Die Deutsche Leitlinie Malignes Melanom vom Februar 2005 beschreibe für das nicht-metastasierte Stadium nur therapeutische und immunologische Ansätze und stelle wiederum klar, dass eine chemotherapeutische Modalität keinen Vorteil biete. Eine explizite Empfehlung zum Einsatz dendritischer Zellen im adjuvanten Setting finde sich in den Leitlinien nicht. Über Phase-I-Studien hinaus gebe es keine belastbaren Daten; das Verfahren habe auch keinen Eingang in die klinische Routine gefunden. Außerdem würden bei der Herstellung dendritischer Zellen äußerst verschiedene Methoden angewandt; ein qualitätsgesichertes standardisiertes Verfahren sei nicht konsentiert. Eine Therapie mit dendritischen Zellen parallel oder sequentiell zu Interferon alpha sei in der Leitlinie nicht erwähnt. Hier habe eine prospektiv randomisierte doppelblind angelegte wissenschaftliche Prüfung mit harten klinischen Eckpunkten nicht stattgefunden. Aufzufinden seien später durchgeführte Arbeiten vor allem bei metastasierten Patienten, bei denen jedoch insgesamt keine schlüssigen konsistenten Ergebnisse hinsichtlich einer weiteren Untersuchung der Anwendung von autologen dendritischen Zellen beim malignen Melanom abgeleitet werden könnten. Auch insoweit handele es sich lediglich um Phase-I-Studien, aus denen zudem hervorgehe, dass die Art und Weise der Präparation dendritischer Zellen weiterhin sehr heterogen sei. Auch in den USA seien offenbar Phase-I/II-Studien anhängig, allerdings existierten keine Publikationen, die eine belastbare Grundlage für eine Anwendung der dendritischen Zellen beim Menschen nahelegten.
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Zusammenfassend könne man feststellen, dass auch nach der neuesten Literatur kein hinreichender Wirksamkeitsnachweis für die in Rede stehende Behandlungsmethode insbesondere als adjuvante Therapie vorliege. Es gebe (nur) präliminäre erste klinische Versuche, die eine hinreichende Sicherheit oder gar einen Nutzen hinsichtlich der Anwendung bei der Tumorentität der Klägerin nicht geben könnten. Darüber hinaus bestehe insbesondere keine Evidenz hinsichtlich eines Benefits für den Patienten insoweit, als eine Überlegenheit gegenüber oder gar ein Effekt nach und zusätzlich zur Standardtherapie mit Interferon alpha nachgewiesen wäre. Eine Prüfung habe hier nicht stattgefunden, weil die Entwicklung noch nicht soweit gediehen sei. In der Richtlinie Methoden der vertragsärztlichen Versorgung (MvV-Richtlinie) sei die Behandlung mit dendritischen Zellen ebenfalls nicht erwähnt. Die Übernahme der Kosten für autologe dendritische Zellen komme schließlich auch deshalb nicht in Betracht, weil diese gewerblich, nicht apothekenmäßig hergestellt würden und eine arzneimittelrechtliche Zulassung hierfür nicht vorliege. Eine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung liege bei der Klägerin nicht vor. Die Wirksamkeit der durchgeführten Therapie mit Interferon alpha lasse sich zunächst im definierten Therapieintervall von 18 Monaten feststellen. Danach solle die leitliniengerechte Nachsorge mit regelmäßigen Kontrollen erfolgen. Die medizinische Versorgung der Klägerin sei nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft durch die laufende Therapie mit Interferon alpha ausreichend sichergestellt. Eine Behandlung mit dendritischen Zellen sei keine wissenschaftlich geprüfte Methode zur Behandlung neben der laufenden Interferontherapie.
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Die Klägerin soll nach einem Aktenvermerk der Beklagten (vgl. Bl. 67 Verw.-Akten) am 08.10.2009 bei der Beklagten angerufen haben, sie sei mit einer Ablehnung nicht einverstanden, habe wegen ihrer angeschlagenen Gesundheit aber nicht die Kraft, weitere Schritte zu unternehmen; der Vermerk schließt mit der Bemerkung, der Widerspruch habe sich damit erledigt.
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Unter dem 12.02.2010 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten für eine Therapie mit dendritischen Zellen. Sie legte die Stellungnahme des PD Dr. G. vom 09.02.2010 vor. Darin ist ausgeführt, die Klägerin werde seit Juni 2009 wegen eines lokal fortgeschrittenen malignen Melanoms behandelt. Nach durchgeführter Operation sei eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen vorgenommen worden. Dadurch habe ein Rezidiv verhindert werden können. Wegen des offensichtlichen Erfolges der Therapie könne die Kostenübernahme nicht weiter abgelehnt werden. Insbesondere in den letzten Jahren sei der Einsatz dendritischer Zellen bei verschiedenen malignen Erkrankungen in zahlreichen Studien erprobt worden. Zu diesem Thema gebe es über 6000 wissenschaftliche Publikationen. Die Zulassung der Therapie durch die zuständige Behörde der USA stehe unmittelbar bevor.
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Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 12.05.2010 führte Dr. B. aus, bei der Klägerin stehe für die adjuvante - nicht einmal die kurative - Situation ein zugelassenes und verkehrsfähiges Arzneimittel (Interferon alpha) zur Verfügung. Ob diese Therapie durchgeführt worden sei, könne den vorliegenden Berichten nicht eindeutig entnommen werden. Für die Herstellung von dendritischen Zellen gebe es eine Vielzahl von Verfahren, die sich nicht unerheblich voneinander unterschieden. Außerdem müsse man bei immunologischen Ansätzen in der Onkologie nach den einzelnen Tumoren unterscheiden, wobei hier vor allem das Melanom und das Nierenzellkarzinom von Interesse seien. Nach wie vor lägen keine prospektiven randomisierten kontrollierten Studien mit dendritischen Zellvakzinen vor. Die in Rede stehende Behandlung könne nicht als erprobt angesehen werden. Außerdem liege die notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung für die Herstellung dendritischer Zellen nicht vor. Auch sei nicht nachgewiesen, dass es nicht zu gefährlichen Toleranzinduktionen komme.
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Derzeit könne man nicht erkennen, ob die dendritischen Zellen auf rechtmäßige Weise hergestellt würden. Nach Auffassung des Regierungspräsidiums T. (Leitstelle Arzneimittelüberwachung) liege hier ein arzneimittelrechtlich nicht mehr zulässiges Inverkehrbringen dendritischer Zellen durch die Firma C. vor, bei der PD Dr. G. die Zellen offenbar herstellen lassen wolle. Die Firma C. verfüge nicht über eine entsprechende Herstellungsgenehmigung und dürfe die Zellen daher nicht an den behandelnden Arzt weitergeben. Die von PD Dr. G. angeführte Zulassung in den USA beziehe sich auf die Herstellung dendritischer Zellen zur Behandlung des Prostatakarzinoms und nicht des Melanoms. Die übliche und ausreichende Therapie für die Klägerin wäre die niedrig dosierte Anwendung von Interferon mit einer engmaschigen Überwachung.
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Mit Bescheid vom 20.05.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter Hinweis auf das MDK-Gutachten vom 12.05.2010 erneut ab.
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Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie leide unter einer absoluten Sonderform des Melanoms mit äußerst schlechter Prognose. Deshalb sei die Behandlung mit dendritischen Zellen indiziert. Diese Therapie sei vor etwa einem Jahr eingeleitet worden und sie sei seitdem rezidivfrei. Die Behandlung mit Interferon alpha sei nicht ausreichend. Die Krankenkassen hätten die Kosten einer Behandlung mit dendritischen Zellen auch in Einzelfällen übernommen. Hinsichtlich der Herstellung der dendritischen Zellen durch PD Dr. G. seien die Übergangsregelungen in § 144 Abs. 7 Arzneimittelgesetz (AMG) einschlägig
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Die Klägerin legte Rechnungen der Firma C. über die Herstellung dendritischer Zellen vom 16.07.2009 und 22.02.2010 (Kosten 4.078,11 EUR bzw. 4.261,84 EUR) vor. Als Herstellungszeitpunkt ist der 07.07.2009 bzw. der 09.02.2010 angegeben.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Behandlung mit autologischen dendritischen Zellen handele es sich um eine unkonventionelle Methode, für die der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Empfehlung ausgesprochen habe. Die Behandlungskosten könnten daher grundsätzlich nicht übernommen werden. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach Maßgabe der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) seien nicht erfüllt. Nach Auffassung des MDK liege eine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung nicht vor. Außerdem stehe mit der Interferon-Behandlung im definierten Therapieintervall eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode zur Verfügung.
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Am 29.10.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm. Sie trug vor, sie leide an einer fortgeschrittenen Sonderform eines Melanoms mit äußerst schlechter Prognose. Nach Ansicht ihres behandelnden Arztes stünden hierfür konventionelle Behandlungsmethoden nicht ausreichend zur Verfügung, weshalb ihr die Therapie mit autologen dendritischen Zellvakzinen empfohlen worden sei. Diese sei als ultima ratio indiziert gewesen, um das Rezidivrisiko bzw. die Metastasenbildung auszuschließen oder zu verringern. Sie habe sich für die genannte Therapie entschieden und begehre nunmehr die Erstattung der hierfür entstandenen Kosten. Eine echte Behandlungsalternative gebe es für die Sonderform ihrer Krebserkrankung nicht; das gelte auch für die vom MDK angeführte Interferon-Behandlung. Diese sei allenfalls bei einem bereits metastasierenden Melanom als medizinischer Standard etabliert. Mit der seit 2009 durchgeführten Behandlung mit dendritischen Zellen habe bei ihr ein Rezidiv verhindert werden können. Das stelle einen erheblichen Therapieerfolg dar und rechtfertige die Anwendung der in Rede stehenden Behandlungsmethode.
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Die Klägerin legte eine Übersicht über die durchgeführte Behandlung mit dendritischen Zellen vor:
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Juni 2009
erste und zweite Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
16.02.2010
erste Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
15.03.2010
zweite Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
28.09.2010
erste Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
28.10.2010
zweite Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
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Die Rechnung der Firma C. vom 16.12.2010 (4.261,84 EUR; Herstellungszeitpunkt der dendritischen Zellen 21.09.2010), sei noch nicht beglichen.
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Das Sozialgericht erhob das Gutachten des Prof. Dr. K. (Hautklinik der Universitätsklinik E.) vom 02.03.2012.
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Der Gutachter führte aus, bei der Klägerin liege kein akral-lentiginöses Melanom, sondern ein Schleimhautmelanom vor; insoweit sei es bei den Vorgutachten offenbar zu einer Verwechslung gekommen. Schleimhautmelanome stellten eine seltene Untergruppe des Melanoms dar und träten mit 50- bis 100-mal geringerer Inzidenz auf. Sie hätten im Vergleich zu den häufigeren kutanen Melanomen (der Haut) eine wesentlich schlechtere Prognose mit 5-Jahres-Überlebensraten zwischen 10% und 20%. Die mittlere Überlebenszeit liege bei 10 bis 13 Monaten. Sie werde weder durch den Umfang der lokalen chirurgischen Therapie noch durch eine elektive Lymphknotenausräumung signifikant verbessert, da es rasch zu Fernmetastasen komme.
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Eine zugelassene wirksame adjuvante Therapie zur Verhinderung einer Fernmetastasierung beim Schleimhautmelanom gebe es bisher nicht, was auch daran liege, dass Patienten mit Schleimhautmelanomen wegen ihrer besonders schlechten Prognose von Studien, auch von allen Interferon-Studien, ausgeschlossen würden. Mangels Alternativen würden sie in verschiedenen Zentren mit Interferonen oder Chemotherapie adjuvant behandelt. Die Erfahrungen seien aber unbefriedigend und würden nur anekdotenhaft in Übersichtsarbeiten erwähnt. In der Literatur finde sich keine einzige Publikation, die über eine wirksame adjuvante Therapie beim Schleimhautmelanom berichte. Angesichts der Seltenheit der Erkrankung sei auch nicht zu erwarten, dass es je große randomisierte Studien geben werde, die die für die Zulassung eines Medikaments erforderlichen statistisch belastbaren Daten liefern könnten. Die Wirksamkeit der Interferontherapie beim kutanen Melanom sei insgesamt gering; weniger als 10% der Patienten hätten davon einen Nutzen. Bei anstehenden Studien sei das Schleimhautmelanom aber wiederum ausgeschlossen.
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Er habe Publikationen zum Einsatz dendritischer Zellen gesichtet. Mehr als 300 Publikationen berichteten über die Anwendung dendritischer Zellen beim Menschen; die Gesamtzahl der Patienten betrage 3.400. Das Spektrum der bisher behandelten Tumorentitäten umfasse neben den dominierenden Melanomen, Hypernephrome und Prostatakarzinome sowie (in 113 Fällen) Mamma-Karzinome. Die Anzahl der Studien werde vom Melanom mit 74 Studien angeführt. In der großen Mehrheit handele es sich um Phase-I/II-Studien mit in der Regel bis zu 30 Patienten. In 2 Studien würden Daten aus randomisierten Phase-III-Studien vorgestellt. Derzeit gebe es keinen allgemeinen Standard zur Generierung und Applizierung dendritischer Zellen. Auch die Beladung der Zellen mit Tumorantigenen und die pro Impfung eingesetzte Menge dendritischer Zellen sei heterogen. Dennoch werde in fast allen Studien und in allen Tumorentitäten von einem klinischen Ansprechen bei einem Teil der Patienten berichtet. Die Patienten hätten mit wenigen Ausnahmen schulmedizinische Therapien absolviert und seien weiter progredient gewesen, so dass das Ansprechen auf dendritische Zellen nicht auf die Auswahl von Patienten mit von sich aus langsamerem Krankheitsverlauf zurückzuführen sei.
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Die beiden randomisierten Studien beträfen das Prostatakarzinom. Am 29.04.2010 sei nach Abschluss einer weiteren klinischen Phase-III-Studie das erste dendritische Zellvakzin als Arzneimittel in den USA zugelassen worden. Die (als Übersicht zusammengestellten 46) Studien für die Tumorentität Melanom ergäben Ansprechraten von wenigen % bis 30%. In 14 der 46 Studien werde über komplette Remissionen, die auch andere Tumorentitäten beträfen (Nierenzellkarzinom, Lymphom) berichtet. Die Nebenwirkungen der Behandlung mit dendritischen Zellen seien mild (u.a. Grippesymptome, Übelkeit, Hautreaktionen). Über Todesfälle werde nicht berichtet und es würden nur wenige WHO Grad III-IV Reaktionen festgestellt. Die Sinnhaftigkeit der Aktivierung des Immunsystems zur Behandlung des Melanoms sei kürzlich durch eine randomisierte Studie eindrucksvoll belegt worden, allerdings mit sehr hoher Nebenwirkungsrate (2 bis 3 Todesfälle). Für diese Studie seien auch Patienten mit metastasierendem Schleimhaut- und Aderhautmelanom zugelassen worden. Allerdings fänden sich in der Publikation keine Aussagen zur Wirksamkeit in diesen seltenen Untergruppen.
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Nach derzeitigem Kenntnisstand würden über 90% der Patienten mit einem Schleimhautmelanom innerhalb von 5 Jahren versterben, auch beim Einsatz zugelassener Standards einer adjuvanten Therapie. Im Fall der Klägerin wäre sogar eine Hochdosis-Interferontherapie mit Kosten von 30.000 EUR bis 40.000 EUR von der Beklagten finanziert worden, obwohl die seltene Untergruppe (Schleimhautmelanom) in allen Interferonstudien ausgeschlossen gewesen sei. Beim Auftreten von Metastasen wäre sodann auch eine Therapie mit Yervoy mit Kosten um 100.000 EUR gewährt worden, die bei maximal 10% der Patienten einen längeren Nutzen, aber bei 30 % der Patienten schwere und zusätzlich kostenträchtige Nebenwirkungen verursache. Die bei der Klägerin abgelehnte kostengünstige Immuntherapie mit patienteneigenen dendritischen Zellen habe ein viel höheres Potential im Gegensatz zu den unspezifischen Immuntherapien mit Interferon oder letztendlich mit Yervoy, spezifische Immunantworten gegen relevante Antigene, wie gegen die bei der Klägerin festgestellte Mutation im cKIT-Rezeptor hervorzurufen. Nur solche Immunantworten gegen individuelle Mutationen seien stark genug, alle Tumorzellen eines Patienten zu vernichten. Deswegen habe auch der Entdecker der dendritischen Zellen 2011 den Nobelpreis erhalten.
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Auch wenn bei der Klägerin wegen des malignen Schleimhautmelanoms keine akute Lebensgefahr bestehe, handele es sich bei der Erkrankung doch um eine regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit mit äußerst schlechter Prognose. Die angewandten Therapien entsprächen den Leitlinien und publizierten Erfahrungen. Die Klägerin habe sodann im Laufe eines Jahres 6 Vakzinierungen mit dendritischen Zellen erhalten, die von der Firma C. aus Vorläuferzellen ihres Blutes gezüchtet worden seien. Gesicherte Standards für die Herstellung und Applikation dendritischer Zellen gebe es noch nicht. Allerdings habe es sich bei der hier angewandten Herstellungsmethode um ein übliches Vorgehen gehandelt. Abgesehen von der Chirurgie, bei der die Exzision des Tumors mit einem Sicherheitsabstand angestrebt werde, gebe es beim Schleimhautmelanom keine weitere konservative Therapie. Hier liege de facto ein Systemmangel vor, weshalb nach der Rechtsprechung des BVerfG zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs die Voraussetzungen für die Finanzierung auch unkonventioneller Behandlungsmethoden erfüllt seien. Bei der Klägerin wäre die Überlebensprognose weder durch eine größere lokale Operation noch durch eine diagnostische oder elektive Lymphknotenexstirpation/-dissektion verbessert worden. Auch für eine Wirksamkeit der im Tumorboard des Comprehensive Cancer Center U. vorgeschlagenen Interferontherapie fehle beim Schleimhautmelanom jeglicher Anhalt. Auf Basis der publizierten Erfahrungen und des Ausschlusses von Schleimhautmelanomen bei allen bisherigen Interferonstudien müsse davon ausgegangen werden, dass eine Interferontherapie der Klägerin keinen Nutzen gebracht hätte.
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Die Beklagte legte das Gutachten des MDK N. (Kompetenz Zentrum Onkologie, Dr. W., Prof. Dr. H.) vom 16.07.2012 vor. Darin ist ausgeführt, beim anorektalen Melanom handele es sich um eine seltene Erkrankung. Die operative Entfernung des Melanoms gelte derzeit als Therapie der Wahl. Chemotherapie, Immuntherapie und Strahlentherapie würden bei Patienten mit anorektalen Melanomen in neoadjuvanter, adjuvanter und palliativer Intention eingesetzt. Für die Immuntherapie stünden Zytokine und Interferon alpha 2b oder Interleukin zur Verfügung. Wegen der kleinen Fallzahlen gebe es keine Standardtherapieprotokolle und entsprechend liege keine Evidenz bei der Evaluierung der Ansprechraten vor. Genauso wenig Evidenz bestehe bisher für den Stellenwert der Strahlentherapie. Nach einer Phase-II-Studie in den USA habe man angenommen, dass Chemotherapie als adjuvante Therapie bei Schleimhautmelanomen im Vergleich zu Interferon oder der Beobachtung rezidivfreies Überleben und Gesamtüberleben signifikant verbessere. Die Studie zeige aber auch, dass durch Gabe von Interferon im Vergleich zum Verzicht auf eine adjuvante medikamentöse Tumortherapie eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeit erreicht werde (von 21 auf 41 Monate im Median). Die vermutete Wirksamkeit von Interferon auch beim Schleimhautmelanom habe somit bestätigt werden können.
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Wie von Prof. Dr. K. ausgeführt, gebe es keine zugelassene adjuvante Therapie zur Verhinderung von Fernmetastasen beim anorektalen Melanom. Interferon alpha 2a sei zur Therapie des malignen Melanoms des AJCC Stadiums II bei Patienten, die nach einer Tumorresektion krankheitsfrei seien, zugelassen. Interferon alpha 2b sei zur adjuvanten Therapie von Melanompatienten, die nach chirurgischem Eingriff tumorfrei, aber in hohem Maße rezidivgefährdet seien, zugelassen. Eine Unterscheidung zwischen kutanen Melanomen (der Haut) und Melanomen anderer, auch anorektaler Lokalisation sei der arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht zu entnehmen. Auf der anderen Seite seien anorektale bzw. allgemein Schleimhautmelanome in großen Phase-III-Studien entweder nicht explizit erwähnt, nicht eingeschlossen oder von diesen Studien sogar ausgeschlossen worden. Obwohl die Daten keinen so deutlichen Überlebensvorteil wie bei anderen Tumorentitäten zeigten, sei gültige Lehrmeinung, dass Patienten mit malignen Melanomen im AJCC-Stadium II B/C und III - C eine adjuvante Interferontherapie unter sorgfältiger Abwägung und Aufklärung angeboten werden sollte. Das bedeute, dass grundsätzlich eine Standardtherapie zur adjuvanten Therapie des malignen Melanoms zur Verfügung stehe; das sei die zugelassene Interferontherapie. Andere Standardtherapien gebe es nicht. Eine adjuvante Vakzinationstherapie (durch dendritische Zellen) werde hingegen nach der - allerdings erst in der Konsultationsfassung vorliegenden - interdisziplinären S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms“ der Deutschen Krebsgesellschaft wie auch in allen vorherigen Versionen der Leitlinie nicht empfohlen.
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Hinsichtlich der adjuvanten Therapie anorektaler Melanome gebe es nahezu keine gesicherten Erkenntnisse. In der Literatur fänden sich deutliche Hinweise darauf, dass Patienten mit anorektalem Melanom regelhaft in Analogie zum kutanen Melanom behandelt würden, wie es in der Onkologie auch bei anderen seltenen Tumorentitäten gehandhabt werde. Zusammenfassend sei die (der Klägerin erteilte) Therapieempfehlung der Tumorkonferenz der Universitätsklinik U. sachgerecht, wenn diese aufgrund der Seltenheit von Schleimhautmelanomen ein Vorgehen analog der Hautmelanome empfehle. Der abweichenden Auffassung von Prof. Dr. K. müsse entgegengehalten werden, dass für die spezielle Situation der adjuvanten Therapie des anorektalen Melanoms kein anderer Therapieansatz, insbesondere auch nicht der Einsatz dendritischer Zellen, begründet werden könne und kein Anhalt dafür bestehe, dass es sich bei schleimhautassoziierten Melanomen um eine tumorbiologisch grundsätzlich von kutanen Melanomen distinkte Entität handele, so dass die Therapie mit Interferon in Analogie zur Therapie kutaner Melanome der gegenwärtig besten externen wissenschaftlichen Evidenz zur Entscheidungsfindung und damit auch dem Therapiestandard (§ 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) entspreche.
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Die Anwendung dendritischer Zellen bei malignen Erkrankungen sei ein interessanter Therapieansatz. Deswegen gebe es hierzu auch viel Literatur, wenngleich ausgesprochen wenige Phase-III-Studien. Die Studienergebnisse zu dendritischen Zellen seien aufgrund der unzähligen verschiedenen Methoden schwer vergleichbar. Die allermeisten Studien hätten keine überzeugenden Ergebnisse liefern können. Die jetzt erforderliche Konsolidierung des Forschungsgebiets durch methodisch hochwertige vergleichende Studien sei aufgrund des erforderlichen Aufwands notwendigerweise mit einer Reduktion der Publikationsfrequenz verbunden; die Ära der kleinen, nicht kontrollierten Phase-I-Studien sei beendet. Der Nachweis klinischen Nutzens im Sinne einer positiven Einwirkung auf patientenorientierte Eckpunkte (wie Verlängerung der Überlebenszeit) sei bisher nicht bzw. nur in hier nicht einschlägigen Konstellationen erbracht worden. Die hierfür, auch von Prof. Dr. K., als Beleg für eine Wirksamkeit dendritischer Zellen angeführte Studie von Schadendorf sei kritisch kommentiert werden. Sie habe 98 Patienten mit malignen Melanomen in dem Stadium IV randomisiert, die mittels Standardchemotherapie oder mit Vakzinierung unter Verwendung von mit autologen Peptiden beladener dendritischer Zellen behandelt worden seien. Die Studie sei statistisch nur darauf ausgelegt gewesen, eine mögliche Überlegenheit der experimentellen Therapie (dendritische Zellen) zu zeigen. Ein Unterschied habe jedoch nicht herausgearbeitet werden können. Das mediane Überleben sei in beiden Gruppen nicht unterschiedlich ausgefallen. Die primären Endpunkte der Studie seien damit verfehlt worden. Es handele sich um eine hinsichtlich des Wirksamkeitsnachweises der Prüf-Intervention negative Studie. Die einzige auf Basis dieser Studie zulässig gesicherte Aussage sei, dass eine gegenüber DTIC bessere Wirkung hinsichtlich des Tumoransprechens und des Überlebens nicht nachgewiesen sei. Außerdem hätten an der Studie Patienten mit manifest metastasierten malignen Melanomen teilgenommen, also mit gegenwärtig makroskopischer Krankheitslast. Das sei von der adjuvanten Situation mit nur mikroskopischer Resterkrankung gerade bei immunologischen Ansätzen fundamental verschieden. Die Studie sei für die Situation der Klägerin daher nicht einschlägig. Eine andere von Prof. Dr. K. angeführte Studie betreffe Patienten mit Prostatakarzinomen. Das eingesetzte Antigen könne nur bei dieser Erkrankung wirksam sein. Eine Aussage für die Krebserkrankung der Klägerin sei daraus nicht zu gewinnen.
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Derzeit gebe es (im Hinblick auf den gegenwärtigen Forschungsstand) keinen allgemeinen Standard, wie dendritische Zellen generiert und appliziert würden. Welche Methode in der Praxis des PD Dr. G. angewandt werde, bleibe bewusst vage. Autologes patienteneigenes Tumorantigen könne bei der Klägerin jedenfalls nicht angewandt worden sein, weil der Tumor primär R0-reseziert worden sei und damit also bei der späteren Nachresektion am 13.07.2009 kein patienteneigenes Tumormaterial habe gewonnen werden können, das möglicherweise zur Beladung dendritischer Zellen nutzbar gewesen wäre.
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Mit der Herstellung der dendritischen Zellen ohne entsprechende Genehmigung verstoße die Firma C. gegen das Arzneimittelgesetz. Ein rechtswidrig hergestelltes Arzneimittel könne aber nicht Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkasse sein. PD Dr. G. halte 80 % der Kapitalanteile an der Firma C.. Hierüber sei die Klägerin offenbar nicht informiert worden. Insgesamt gebe es sehr vielfältige Möglichkeiten, dendritische Zellen zu veranlassen, immunologische Antworten des Organismus zur Bekämpfung von Tumorzellen in Gang zu setzen. Der Begriff dendritische Zelltherapie habe keinen spezifischen Inhalt; ohne nähere Erläuterung könne über das Therapieverfahren so keinerlei Aussage gemacht werden. Ferner sei eine Einordnung bezüglich belastbarer klinischer Daten aus Phase-III-Studien mit Belegen der Wirksamkeit der Therapie sowie valider Sicherheitsdaten zu fordern. Die vagen Angaben im Antrag der Klägerin seien so nicht prüffähig, insgesamt weit entfernt von einem konkreten Behandlungsplan und entbehrten jeden Hinweises auf vorherige wissenschaftliche Evaluation der konkret durchgeführten Therapie. Auch dem Gutachten des Prof. Dr. K. sei hierzu nichts Näheres zu entnehmen.
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Entgegen der Auffassung des Prof. Dr. K. habe man keine belastbaren wissenschaftlichen Studien gefunden, die einen Nutzen einer adjuvanten Therapie mit dendritischen Zellen bei malignen Melanomen belegten. Hier wäre ein Vergleich im Rahmen einer Phase-III-Studie zum zugelassenen und etablierten Standardmedikament Interferon zu fordern. Lediglich drei der von Prof. Dr. K. angeführten 46 Studien hätten die adjuvante Situation beim malignen Melanom betrachtet. Bezüglich dieser seien keine Effektivitätsdaten in der Tabelle berichtet. Auch die Nebenwirkungen seien angesichts des nicht nachgewiesenen Nutzens im Hinblick auf die angegebene Grad-III/IV-Toxizität ethisch nicht vertretbar.
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Letztendlich sei rein spekulativ, ob die dendritische Zelltherapie hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei Melanomen gegenüber den in der adjuvanten Situation belegten unspezifischen Immuntherapien, wie Interferon, geeigneter sei. Dafür gebe es, wie eingehend dargelegt, keine Daten. Dass die dendritische Zelltherapie ein geeigneter Einsatz sei, habe bislang nur für Prostatakarzinome, nicht jedoch für andere Tumorerkrankungen belegt werden können. Der Ansatz bei Prostatakarzinomen sei absolut prostataspezifisch und könne auf andere Tumore nicht übertragen werden.
39 
Bei der Klägerin liege eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung vor. Inwieweit die adjuvante Situation nach vollständiger Entfernung allen klinisch erkennbaren Tumors im Zustand der Heilungsbewährung die Definition der lebensbedrohlichen Erkrankung noch erfülle, sei fraglich. Regelmäßig tödlich verlaufend sei die Erkrankung in diesem Stadium nach dieser Behandlung jedenfalls nicht. Die operative Therapie sei leitliniengerecht erfolgt. Die anschließend vorgenommene Vakzinierung mit dendritischen Zellen sei jedoch hoch experimentell und aus den dargelegten Gründen abzulehnen. Die Erkrankung der Klägerin solle in Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin in Analogie zur adjuvanten Behandlung des kutanen malignen Melanoms therapiert werden. Somit sei die Gabe von Interferon leitliniengerecht und arzneimittelrechtlich zugelassen. Dass dies gängige Praxis bei nicht-kutanen Melanomen und dort auch erfolgreich sei, könne der Literatur entnommen werden. Dies sei auch gleichzeitig die allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG. Das gälte auch dann, wenn die Konferenz der Uniklinik U. der Klägerin empfohlen hätte, eine adjuvante Therapie sei nicht erforderlich. Allgemeinem medizinischem Standard entsprechend könne auch das Unterlassen einer spezifischen Therapie sein. Auch dann müsste die Überlegenheit alternativer Ansätze nachgewiesen werden. Ein Systemmangel liege nur dann vor, wenn es eine etablierte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Therapie gäbe, die aufgrund vorwerfbarer verzögerter Anerkennung durch die zuständigen Gremien den Versicherten vorenthalten würde; das sei hier nicht der Fall. Bei der Klägerin sei die adjuvante Therapie mit Interferon die geeignete, zumutbare und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Therapie der ersten Wahl. Der Einwand mangelnden Nutzens sei durch die neuere Literatur entkräftet. Die von der Klägerin nicht gewünschte Entfernung von Wächterlymphknoten wäre nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch indiziert gewesen. Es sei nicht erkennbar, dass dies mit nicht vertretbaren Risiken behaftet gewesen wäre. Die Klägerin sei insgesamt nicht austherapiert gewesen. Vielmehr habe eine leitliniengerechte Behandlung zur Verfügung gestanden.
40 
Nachdem die Klägerin abschließend zu den vorliegenden Gutachten Stellung genommen und in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 26.02.2013 erklärt hatte, alle Rechnungen der Firma C. über die Herstellung dendritischer Zellen bezahlt zu haben, wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 26.02.2013 ab.
41 
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, hinsichtlich der Rechnung der Firma C. vom 07.07.2009 sei ein Überprüfungsantrag gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Streitgegenstand. Der (allein in Betracht kommende) Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V setze voraus, dass der Versicherte vor der Beschaffung der Leistung die Entscheidung der Krankenkasse über sein Leistungsbegehren abwarte. Die Klägerin habe die Gewährung einer Therapie mit dendritischen Zellen erstmals am 10.07.2009 beantragt. Aus der Rechnung der Firma C. vom 16.07.2009 gehe aber hervor, dass die bei der Klägerin applizierten Zellen bereits am 07.07.2009 hergestellt worden seien. An diesem Tag habe die Behandlung daher begonnen. Betrachte man alle Behandlungen mit dendritischen Zellen im Juli 2009, im Februar/März 2010 und im September/Oktober 2010 als Behandlungseinheit, könne die Klägerin schon mangels Einhaltung des Beschaffungswegs Kostenerstattung für die selbst beschaffte Leistung nicht beanspruchen. Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, sie habe die Behandlung mit dendritischen Zellen gewählt, weil sie leben wolle, stelle die Ablehnungsentscheidung der Beklagten insoweit keine Zäsur dar. Die Klägerin sei von Anfang an darauf festgelegt gewesen, weitere Behandlungen mit dendritischen Zellen vornehmen zu lassen. Nichts anderes gälte, wenn man jede Zellbehandlung - was vorzugswürdig sei - als neue Behandlungsleistung einstufen würde. Die Kostenübernahme für den zweiten Behandlungszyklus habe die Klägerin am 12.02.2010 beantragt. Nach der Rechnung der Firma C. vom 22.02.2010 seien die dendritischen Zellen hierfür aber bereits am 9.2.2010 hergestellt worden; die Beklagte habe den Antrag erst mit Bescheid vom 20.05.2010 abgelehnt. Für den dritten Behandlungszyklus, auf den sich die Rechnung der Firma C. vom 16.12.2010 beziehe, habe die Klägerin gar keinen Antrag bei der Beklagten mehr gestellt. Eine Notfallsituation, bei der die Entscheidung der Beklagten nicht habe abgewartet werden können, habe nicht vorgelegen.
42 
Der Klägerin stehe ein Leistungsanspruch auch in der Sache nicht zu. Die Therapie mit dendritischen Zellen stelle eine neue Behandlungsmethode dar, für die es eine (positive) Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht gebe. Systemversagen liege nicht vor. Für die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen sei ein (Anerkennungs-)Antrag von den zuständigen Stellen nicht gestellt worden und dies sei offensichtlich auch nicht beabsichtigt. Die Klägerin könne ihr Leistungsbegehren schließlich nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs bzw. auf § 2 Abs. 1a SGB V stützen. Zwar liege (unstreitig) eine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Allerdings gebe es für die Anwendung dendritischer Zellen bei Schleimhautmelanomen kein wissenschaftlich ausreichendes Studienmaterial, aus dem auf eine durch Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf geschlossen werden könnte. Insoweit habe Prof. Dr. K. auf 46 Studien zur Behandlung des Melanoms mit dendritischen Zellen verwiesen. Zu den Ergebnissen dieser Studien habe er sich jedoch nicht geäußert, während im MDK-Gutachten des Kompetenz-Zentrums Onkologie vom 16.07.2012 auf diese Studien eingegangen und klargestellt werde, dass diese keinerlei Wirksamkeitsvorteile ergeben hätten, die größere Studie (Schadendorf, 2006) sogar negativ ausgefallen sei. Außerdem könnten die Studien nicht ohne Weiteres auf die bei der Klägerin vorliegende Sonderform des Melanoms übertragen werden. Die Behandlung mit dendritischen Zellen stelle - mit Ausnahme des Prostatakarzinoms - ein Verfahren dar, das sich noch in der wissenschaftlichen Entwicklung befinde. Die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen werde außerhalb klinischer Studien von der Deutschen Krebsgesellschaft nicht als Therapie empfohlen. Empfohlen werde vielmehr die Behandlung mit dendritischen Zellen nur innerhalb klinischer Studien. Die Deutsche Krebsgesellschaft fordere alle Ärzte auf, ihren Patienten von Therapieangeboten außerhalb von Studien auf privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- und Studienzentrum zu verweisen (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; LSG Hessen, Beschl. v. 27.08.2012, - L 8 KR 189/12 B ER - ; Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft vom 05.04.2011 - Presseinformation). Eine Kostenerstattung käme schließlich ohnehin nur für solche Behandlungen in Betracht, welche die Beklagte selbst rechtmäßig gewähren könnte. Der MDK habe insoweit darauf verwiesen, dass die Firma C. (unstreitig) nicht über eine behördliche Erlaubnis für die Herstellung dendritischer Zellen verfüge. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis sei lediglich beantragt. Ob möglicherweise ein Ausnahmefall nach § 144 AMG in Verbindung mit § 2 und § 4 Abs. 9, Abs. 4b AMG vorliege, sei dahingestellt; es komme entscheidungserheblich darauf nicht an.
43 
Auf das ihr am 06.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.04.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt ergänzend vor, auf Einzelheiten des Beschaffungswegs komme es nicht an, weil eine unaufschiebbare Leistung in Rede stehe. Sie sei unmittelbar auf die Inanspruchnahme einer Behandlung mit dendritischen Zellen angewiesen gewesen. Andernfalls hätte sie bereits binnen weniger Monate mit dem Tod rechnen müssen. Bei Leistungen, die nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs zu gewähren seien, müsse die Ablehnungsentscheidung der Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung nicht abgewartet werden. Auch in seinem Beschluss vom 06.12.2005 (a. a. O.) habe das BVerfG die Einhaltung des Beschaffungswegs jedenfalls offen gelassen. Sie stütze den geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht unmittelbar auf § 13 Abs. 3 SGB V, sondern auf das Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung. Die Beklagte lehne die Gewährung dendritischer Zellbehandlungen grundsätzlich ab, weshalb man von ihr - zumal bei einem dringlichen Behandlungsfall - nicht vE. dürfe, eine erfahrungsgemäß langwierige Antragsbearbeitung und die absehbare Antragsablehnung abzuwarten. In Fällen, in denen sich die Krankenkasse losgelöst vom konkreten Behandlungsfall gegen eine neuartige Therapiemethode ausspreche, der Versicherte jedoch nach fachärztlicher Empfehlung auf einen unverzüglichen Therapiebeginn angewiesen sei, müsse die nachträgliche Antragstellung bei der Krankenkasse genügen. Sie habe im Übrigen nicht vor Antragstellung mit der Therapie begonnen. Die Herstellung der dendritischen Zellen sei mit dem Therapiebeginn nicht gleichzusetzen, sondern stelle lediglich die Voraussetzung für die (künftige) ärztliche Behandlung dar. Das Sozialgericht habe aus ihrer Äußerung zu Ende der mündlichen Verhandlung, am Leben bleiben zu wollen, zu Unrecht geschlossen, sie sei von vornherein auf die Behandlung mit dendritischen Zellen festgelegt gewesen. Auf die Möglichkeit, ihre Klage - ungeachtet der Erhebung eines Gutachtens - (schon) mangels Einhaltung des Beschaffungswegs abzuweisen, habe man sie nicht hingewiesen und ihr insoweit nicht rechtliches Gehör gewährt.
44 
Sie habe am 07.07.2009 die Gewährung bzw. Übernahme der Kosten einer dendritischen Zelltherapie beantragt. Diesen Antrag haben sie vorsorglich erneut am 12.02.2010 gestellt. Bei Erbringung der den Rechnungen der Firma C. vom 22.02.2010 und 16.12.2010 zu Grunde liegenden Behandlungen habe der Beklagten daher ein Leistungsantrag vorgelegen. Im Bescheid vom 09.10.2009 habe die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf die fehlende Anerkennung der Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss und damit aus formal-rechtlichen Erwägungen abgelehnt. Die Ablehnungsgründe hätten auch für künftige Behandlungszyklen gegolten, weshalb sie einen erneuten Leistungsantrag als sinnlos hätte ansehen dürfen. Das Sozialgericht habe die Behandlung mit dendritischen Zellen auch zu Unrecht in unterschiedliche Behandlungszyklen aufgeteilt, die immer neu beginnen würden. Ihr behandelnder Arzt, PD Dr. G., gehe in aller Regel von einer einheitlichen und durchgehenden Immuntherapie, bestehend aus mehreren zeitlich aufeinanderfolgenden Zyklen, aus. Jeder Zyklus sei als Teil eines einheitlichen Therapieansatzes einzustufen, weshalb eine neue Indikationslage für die weitere Verabreichung dendritischer Zellen nicht erforderlich sei. Deswegen sei ein gesonderter Antrag vor jedem neuen Behandlungsschritt bzw. Zyklus nicht notwendig. Bei wiederkehrenden Behandlungsleistungen der vorliegenden Art setze die Ablehnungsentscheidung der Krankenkasse eine Zäsur mit der Folge, dass die Kostenerstattung (mangels Einhaltung des Beschaffungswegs) nur für die Zeit davor ausgeschlossen sei (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; BSG, Urt. v. 25.09.2000, - B 1 KR 5/99 R -). Für seine davon abweichende Auffassung hätte das Sozialgericht wenigstens den behandelnden Arzt nach Inhalt und Ablauf der Immuntherapie befragen müssen.
45 
Ihr stehe auch der Sache nach ein Anspruch auf Gewährung der in Rede stehenden Immuntherapie als neuartige Behandlungsmethode zu. Dass es hierfür eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht gebe, stehe dem nicht entgegen. Für sie gebe es eine anerkannte Behandlungsmethode mit ebenso positiver wie risikofreier Wirkungsweise nicht. Das gehe aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervor. Prof. Dr. K. sei ein renommierter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Onkologie, gerade im Bereich der malignen Melanome, und Koordinator des Hautkrebszentrums der Universitätsklinik E.. Die gegenteilige Auffassung des MDK könne nicht überzeugen. Das Fehlen klinischer Studien zur Behandlung ihrer Erkrankungen zeige gerade, dass sie auf die ihr angeratene Therapie mit dendritischen Zellen als ultima ratio angewiesen sei. Zumindest hätte das Sozialgericht ein weiteres (Ober-)Gutachten erheben oder Prof. Dr. K. zu den Einwendungen des MDK anhören müssen.
46 
Die Einschätzung der Deutschen Krebsgesellschaft aus dem Jahr 2011, wonach es der Behandlung mit dendritischen Zellen an einem ausreichenden Wirksamkeitsnachweis fehle, werde in der Wissenschaft nicht ausnahmslos geteilt. Für einen Leistungsanspruch nach Maßgabe einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs genüge es, wenn, außerhalb von klinischen Studien, zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmethode vorlägen; um eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode könne es in solchen Fällen naturgemäß nicht gehen. Außerdem genügten nach der Rechtsprechung des BVerfG auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussichten auf Heilung oder eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Dabei sei (auch) auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Der MDK habe das im Unterschied zu Prof. Dr. K. unterlassen und sich aus eher grundsätzlichen Erwägungen gegen die Therapie mit dendritischen Zellen ausgesprochen. Für die positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf genüge es, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten werde oder Komplikationen verhindert würden. Fehlten dabei theoretisch-wissenschaftliche Erklärungsmuster, könne im Einzelfall bei vertretbaren Risiken auch die bloße ärztliche Erfahrung für die Annahme eines Behandlungserfolges entscheidend sein, wenn sich diese Erkenntnisse durch andere Ärzte in ähnlicher Weise wiederholen ließen (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.06.2012, - L 11 KR 5856/09 -). Das sei hier der Fall. Relevante Risiken und Nebenwirkungen der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen seien bislang nicht aufgetreten oder bekannt geworden. Ein vom MDK und der Beklagten geforderter Wirksamkeitsnachweis sei nicht notwendig. Je schwerwiegender die Erkrankung, desto geringer müssten auch die Anforderungen an die Indizien für einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg ausfallen. Dabei könnten beim Fehlen evidenzbasierter Studien auch deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte und Meinungen anerkannter Experten oder Berichte von Konsensuskonferenzen in Betracht zu ziehen sein. Aus ihrer Sicht gebe es danach hinreichende Indizien für einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Man möge hierzu ggf. den Gutachter Prof. Dr. K. in der mündlichen Verhandlung befragen.
47 
Die Klägerin beantragt,
48 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.02.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06.08.2009 zurückzunehmen und ihr 12.601,79 EUR zu erstatten.
49 
Die Beklagte beantragt,
50 
die Berufung zurückzuweisen.
51 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, aufgrund der lebensbedrohlichen Grunderkrankung habe eine Notfallsituation nicht vorgelegen. Das folge auch daraus, dass es sich bei der dendritischen Zelltherapie um eine adjuvante (unterstützende) Therapie gehandelt habe. Hypothetisch sei auch das postulierte Versterben innerhalb weniger Monate ohne Durchführung der begehrten Therapie. Aus den vorliegenden Gutachten gehe hervor, dass das klinisch erkennbare, lokal begrenzte Tumorgewebe vollständig operativ entfernt worden sei. Anhaltspunkte für Metastasen hätten nicht vorgelegen. Die weitere Therapie, ob nun durch Interferon oder durch dendritische Zellen, sei (nur) vorsorglich zur Minimierung eines letztendlich noch verbleibenden Restrisikos durchgeführt worden. Eine Ultima-Ratio-Therapie habe nicht vorgelegen, weil es Behandlungsalternativen gegeben habe. Die Klägerin habe den Leistungsantrag auch erst gestellt, als sie sich zur Behandlung mit dendritischen Zellen entschlossen gehabt habe. Andernfalls sei kaum erklärbar, dass der behandelnde Arzt bereits vor dem 07.07.2009 einen Herstellungsauftrag an das Labor (der Firma C.) erteilt habe.
52 
Die Firma C. hat unter dem 27.02.2014 mitgeteilt, sie habe die Herstellung autologer dendritischer Zellen im April 2012 eingestellt. Die Herstellungstätigkeit sei bis dahin unter der Verantwortlichkeit des PD Dr. G. gem. § 4b AMG ausgeübt worden. Die Herstellung dendritischer Zellen werde nunmehr von dem Labor PD Dr. G. (auf der Grundlage einer Anzeige nach § 67 AMG) vorgenommen. Die abschließende Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG stehe noch aus.
53 
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat mit Schreiben vom 13.03.2014 (Bl. 51 LSG-Akte) dem Senat mitgeteilt, die Anwendung dendritischer Zellen zur Behandlung eines Schleimhautmelanoms oder anderer Erkrankungen sei bisher im Gemeinsamen Bundesausschuss nicht überprüft worden, auch sei ein entsprechender Antrag noch nicht gestellt worden. Schließlich bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Antragspflicht vorlägen.
54 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
55 
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem geltend gemachten Erstattungsbetrag von über 12.000 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet. Die Beklagte hat die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht abgelehnt.
56 
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte der Klägerin 12.601,79 EUR zu erstatten hat, die die Klägerin der Firma C. auf deren Rechnungen vom 16.07.2009, 22.02.2010 und 16.12.2010 gezahlt hat. Die Erstattung des Betrags der Rechnung vom 16.07.2009 war bereits Gegenstand des Bescheids vom 06.08.2010. Ob der Widerspruch gegen diesen Bescheid tatsächlich von der Klägerin am 08.10.2009 fernmündlich zurückgenommen wurde und ob ein nicht weiter bestätigter Telefonvermerk eines Mitarbeiters der Beklagten ausreicht, das Widerspruchsverfahren einzustellen, kann offenbleiben. Da die Klägerin mit dem eingereichten Schreiben vom 09.02.2010 die Übernahme der gesamten Kosten der bisherigen Behandlung mit dendritischen Zellen verlangt hat, bezieht sich der Bescheid vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 nicht nur auf die Rechnungen vom 22.02.2010 und 16.12.2010, sondern auch auf die Rechnung vom 16.07.2010. Jedenfalls der Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 enthält eine abschließende Stellungnahme der Beklagten zum gesamten Behandlungskomplex mit dendritischen Zellen als Folge des im Juni 2009 operativ entfernten Schleimhautmelanoms der Klägerin. Das SG hat deshalb zu Recht in diesen Bescheiden eine inzidente Ablehnung eines Antrags nach § 44 SGB X in Bezug auf den Bescheid vom 06.08.2009 gesehen. Die Beklagte hat die erneute Überprüfung des Bescheids nach § 44 SGB X durch den Senat im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt.
I.
57 
Rechtsgrundlage des mit Klage und Berufung verfolgten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift sieht in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urt. v. 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -).
58 
Der hier allein in Betracht kommende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und grundsätzlich auch einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus. Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche (selbst beschaffte) Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Der Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urt. v. 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V).
59 
§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V darf nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 19.03.2009 - 1 BvR 316/09) nicht in der Weise ausgelegt werden, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt. Dies gilt erst recht, wenn - wie nachstehend aufgezeigt - bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts des SGB V ein Anspruch auf Behandlung mit dendritischen Zellen besteht, den die Beklagte von Anfang an als Sachleistung hätte gewähren müssen und den sie in der Folge zu Unrecht abgelehnt hat. Bei der Rechtsanwendung im Einzelfall müssen dann die grundrechtlichen Maßgaben insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden, namentlich, wenn erhebliche und nicht wiedergutzumachende Schäden für Leib und Leben drohen (Art. 2 Abs. 2 GG) und der Versicherte deswegen existentielle Leistungen der Krankenversicherung begehrt. Auch insoweit gilt, dass sich das Gericht (genauso wie die Krankenkasse) schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B - zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung). Das verbietet es, im Einzelfall überzogene und damit unverhältnismäßige Verfahrenserfordernisse nicht nur für den Zugang des Versicherten zu den Leistungen der Krankenkasse, sondern auch für die Selbstbeschaffung einer Leistung und die Erstattung der hierfür entstandenen Aufwendungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 SGB V aufzustellen. Gerade in den Fällen des § 2 Abs. 1a SGB V, also bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden bzw. wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen wird es daher vielfach genügen müssen, wenn der Versicherte sich mit seinem Leistungsbegehren unverzüglich an die Krankenkasse wendet und dieser daher jedenfalls eine zeitnahe Prüfung ermöglicht wird. Einzelheiten des Beschaffungswegs werden dann für den Erstattungsanspruch keine ausschlaggebende Rolle spielen können, vielmehr wird die Krankenkasse und im Streitfall das Gericht zu prüfen haben, ob das Erstattungsverlangen in der Sache berechtigt ist.
II.
60 
Rechtsgrundlage des dem Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegenden Leistungsanspruchs auf Gewährung ärztlicher Behandlung ist § 27 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB V) auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB V). Der Anspruch auf Krankenbehandlung bzw. Arzneimittelversorgung unterliegt den für alle Leistungsansprüche (§ 11 SGB V) geltenden allgemeinen Maßgaben der §§ 2, 12 SGB V. Gem. § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Versicherten erhalten die ihnen danach zustehenden Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB V nichts anderes vorsieht.
1.)
61 
Bei der Versorgung der Versicherten mit ärztlicher Heilbehandlung ist hinsichtlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -). Die Sperrwirkung des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst „Methoden“, also Maßnahmen, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandt werden (BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -); dazu können ggf. auch über die bloße Verabreichung von Arzneimitteln hinausgehende Pharmakotherapien zählen.
62 
Neu ist eine Behandlungsmethode zunächst dann, wenn sie erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V - also erst in der Zeit seit dem 01.01.1989 - als kassen- bzw vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert worden ist. Neu ist auch eine Behandlungsmethode, für die eine entsprechende Leistungsposition im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zunächst nicht bestand, diese vielmehr erst später - nach dem 01.01.1989 - in das Leistungsverzeichnis des EBM-Ä aufgenommen wurde (zur Maßgeblichkeit des EBM auch BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -). Nach diesen Abgrenzungen ist bei Arzneitherapien - bei Arzneimitteln ist kein Raum für die Schaffung einer Leistungsposition im EBM-Ä - darauf abzustellen, ob sie schon vor dem 01.01.1989 oder erst nach dem 01.01.1989 praktiziert wurden. Wurden sie schon vorher praktiziert, so sind sie nicht neu; dann käme nur eine Überprüfung nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V in Betracht, wonach die Verordnungsfähigkeit erst ausgeschlossen wäre, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Behandlungsmethode ausdrücklich für unvereinbar mit den Erfordernissen des § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V erklärt hatte (BSG; Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -). Eine Behandlungsmethode kann auch dann als „neu“ zu beurteilen und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG; Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -).
63 
Näheres zur Arzneimittelversorgung der Versicherten ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt. Danach besteht Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Der (krankenversicherungsrechtliche) Arzneimittelbegriff in §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V knüpft an den (verwaltungsrechtlichen) Arzneimittelbegriff des AMG an. Dieser ist in der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG festgelegt; weitere Begriffsbestimmungen enthält § 4 AMG. Gem. § 2 Abs. 1. AMG sind Arzneimittel (u.a.) Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Krankheiten zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen; Stoffe in diesem Sinne sind gem. § 3 Nr. 3 AMG auch menschliche Stoffwechselprodukte in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, also auch Blut und Blutplasma (Rehmann, AMG § 3 Rdnr. 2). Gem. § 4 Abs. 2 AMG sind Blutzubereitungen Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten. § 4 Abs. 9 AMG (i. d. F. des Gesetzes v. 17.07.2009, BGBl. I, S. 1990, gültig ab 23.07.2009) bestimmt, dass (u.a.) somatische Zelltherapeutika (i. S. d. in dieser Vorschrift genannten EG-Verordnungen) Arzneimittel für neuartige Therapien sind. Das aus dem Blut des Patienten durch Beladung mit Antigenen hergestellte Präparat mit dendritischen Zellen stellt ein (zelluläres) Arzneimittel (Blutzubereitung bzw. somatisches Zelltherapeutikum nach § 4 Abs. 2, 9 AMG) dar (vgl. dazu auch etwa OLG München, Urt. v. 16.11.2005, - 20 U 3950/05 - sowie DÖSGHO-Jahrestagung, veröffentlicht unter www://haematologie-onlologie.universimed.com/artikel). Damit unterliegt die Herstellung dendritischer Zellen und deren Anwendung im Rahmen der Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V den Maßgaben des Arzneimittelrechts.
64 
Hinsichtlich der Herstellung dendritischer Zellen ist gem. § 20b Abs. 1 und 4 AMG (eingeführt durch Gesetz v. 20.07.2007, BGBl. I. S. 1574 zum 01.08.2007) im Grundsatz eine behördliche Erlaubnis notwendig. Hinsichtlich der Arzneimittel für neuartige Therapien nach § 4b AMG (eingeführt durch Gesetz v. 17.07.2009, a. a. O. zum 23.07.2009), also für Arzneimittel, die als individuelle Zubereitung für einen einzelnen Patienten ärztlich verschrieben, nach spezifischen Qualitätsnormen nicht routinemäßig hergestellt und in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung unter der fachlichen Verantwortung eines Arztes angewendet werden (§ 4b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AMG) sind in der (ebenfalls ab 23.07.2009 geltenden) Vorschrift des § 144 AMG Übergangsregelungen getroffen worden. Danach gilt (u.a.): Wer die in § 4b Abs. 1 AMG genannten Arzneimittel für neuartige Therapien am 23.07.2009 befugt herstellt und bis zum 01.012010 eine Herstellungserlaubnis beantragt, darf diese Arzneimittel bis zur Entscheidung über den gestellten Antrag weiter herstellen.
65 
Hinsichtlich des Inverkehrbringens dendritischer Zellen ist die für Fertigarzneimittel, wozu auch außerhalb der Apotheke gewerblich hergestellte Rezepturarzneimittel gehören (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG), gem. § 21 Abs. 1 AMG an sich notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung nicht erforderlich. Gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1a AMG bedarf es einer Zulassung nämlich nicht für Arzneimittel, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden; dies trifft auf das in Rede stehende zelluläre Arzneimittel zu. Nach näherer Maßgabe des § 21a Abs. 1 AMG kann demgegenüber ggf. eine Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde erforderlich sein (vgl. § 21a Abs. 1 Satz 3: Blutstammzellzubereitungen zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung).
2.)
66 
Bei der Anwendung von Arzneimitteln können die Maßgaben des Arzneimittelrechts, insbesondere arzneimittelrechtliche Verkehrsverbote mit ihren Folgewirkungen für das Krankenversicherungsrecht (dazu näher etwa Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -: Botoxinjektion zur Blasenvergrößerung), und der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt für die Anwendung neuer ärztlicher Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs. 1 SGB V gleichzeitig anzuwenden sein. Für die Abgrenzung der Pharmakotherapie durch bloße Verabreichung eines Arzneimittels - auch im Wege der Injektion - von der Pharmakotherapie als ärztliche Behandlungsmethode kommt es darauf an, welches Gewicht der ärztlichen Tätigkeit für den Therapieerfolg zukommt (vgl. näher BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. Urt. v. 15.5.2012, - L 11 KR 5817/10 -). Ist diese im Rahmen eines Zusammenspiels von ärztlicher Kunst und Arzneimittelgabe ebenso wichtig wie das Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes, liegt in jedem Fall eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausgehende ärztliche Behandlungsmethode vor. Die Anforderungen des Krankenversicherungsrechts sind dann ggf. im Erlaubnisverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu prüfen. Dessen krankenversicherungsrechtliche Prüfung kommt zur ggf. notwendigen arzneimittelrechtlichen Prüfung durch die hierfür zuständige Verwaltungsbehörde hinzu (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -). Für solche Pharmakotherapien besteht eine Leistungspflicht der Krankenkasse daher erst dann, wenn die aus dem Arzneimittelrecht folgenden leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen und die krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind, wenn also weder ein arzneimittelrechtliches Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Arzneimittel erfasst (BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 -; auch dazu Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -). Das gilt nach Auffassung des Senats für die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen als Anwendung eines zellulären Arzneimittels für neuartige Therapien i. S. d. § 4 Abs. 9 AMG. Dabei handelt es sich (wovon ersichtlich auch die Beteiligten ausgehen) nicht um die bloße Verabreichung eines Arzneimittels, sondern um eine ärztliche Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V.
3.)
67 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt und des Fehlens einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Auch bei Krankheiten, die wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbar sind, muss die Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheiden (vgl. dazu BSGE 93,236).
68 
Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG können sich (ansonsten nicht bestehende) Leistungsansprüche darüber hinaus auch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts ergeben. In seinem Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
69 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung (oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit - BSG, Urt. v. 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht bei BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr individuelle Notlage gegeben sein, wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschl. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -).
70 
Diese Grundsätze sind auf die Arzneimittelversorgung übertragen worden. Sie können ggf. einen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln begründen, die arzneimittelrechtlich noch gar nicht oder nicht für den in Rede stehenden Anwendungsbereich zugelassen sind. Ergänzend hat das BSG - im Hinblick auf die Versorgung mit Arzneimitteln - aber dargelegt, dass an das Krankheits-Kriterium (im Sinne der vorstehend unter 1. genannten Voraussetzung) strengere Anforderungen zu stellen sind als an das Kriterium der schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -; auch BSG, Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -).
71 
In der seit 01.01.2012 geltenden Vorschrift des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V hat der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG entwickelten Rechtgrundsätze zu grundrechtsfundierten Leistungsansprüchen in das SGB V aufgenommen. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende, insbesondere also eine in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (noch) nicht entsprechende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung festgestellt. Für Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V sind die Maßgaben der genannten Rechtsprechung des BVerfG und des BSG heranzuziehen (Senatsurteil vom 14.03.2012, - L 5 KR 5406/11 -).
III.
72 
Davon ausgehend steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von PD Dr. G. in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführte Behandlung mit dendritischen Zellen zu. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind erfüllt. Die Klägerin hat den in dieser Vorschrift vorgesehenen Beschaffungsweg eingehalten (unten 1). Die Beklagte hat die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung auch zu Unrecht abgelehnt (unten 2). Auch die Übrigen Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind erfüllt (unten 3).
1.)
73 
Die Klägerin hat sich die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen durch PD Dr. G. ohne Missachtung des in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Beschaffungswegs selbst beschafft. Die Frage nach der Einhaltung des Beschaffungswegs kann sich dabei nur auf die Rechnungen beziehen, die vor der grundsätzlichen Ablehnungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 06.08.2009 ergangen sind, das ist hier allein die Rechnung vom 16.07.2009. Die Klägerin hat nämlich mit ihrem Antrag vom 09.07.2009 initial für die gesamte Behandlung mit dendritischen Zellen den Antrag auf Kostenfreistellung bei der Beklagten gestellt; das genügt (BSG Urt. v. 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R - Juris Rn 30). Eine Beschränkung lediglich auf die im Juli 2009 angefallenen Kosten lässt sich diesem Antrag nicht entnehmen. Im Übrigen stellen sich die einzelnen Behandlungszyklen als unselbständige (Teil-)Leistungen der auf die Verhinderung der Metastasenbildung gerichteten adjuvanten Behandlung der Klägerin nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes dar, weshalb es mit dem (rechtzeitigen) Herantragen des Leistungsbegehrens an die Beklagte hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus sein Bewenden haben muss.
74 
Die Klägerin, die an einem im Juni 2009 diagnostizierten Schleimhautmelanom und damit - wie Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 03.02.2012 dargelegt hat - an einer seltenen Untergruppe des Melanoms mit wesentlich schlechterer Prognose als das Hautmelanom (kutane Melanom) leidet, ist am 05.06.2009 und am 13.07.2009 durch Exzision des Tumors und Nachresektion operativ behandelt worden. Die (weitere) Behandlung mit dendritischen Zellen ist danach im Juli 2009 aufgenommen und in mehreren Behandlungszyklen durchgeführt worden. Die Klägerin hat sich - hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus - erstmals am 09.07.2009, also noch vor der operativen Tumornachresektion am 13.07.2009, wegen einer sich an die operative Therapie anschließenden (adjuvanten) Nachbehandlung mit dendritischen Zellen (zur Metastasenprophylaxe) an die Beklagte gewandt und die Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung beantragt. Sie hat sich nicht von vornherein außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt, um sich von dort ohne weitere Prüfung durch die Krankenkasse eine vom Leistungskatalog nicht umfasste Behandlungsleistung zu verschaffen, sondern sie hat die Beklagte nach Lage der Dinge unverzüglich mit dem Leistungsbegehren konfrontiert und eine zeitnahe Prüfung ermöglicht. Dass mit der Herstellung der dendritischen Zellen wenige Tage vor Antragstellung - am 07.07.2009 - begonnen worden ist, ist demgegenüber unschädlich, ohne dass es noch darauf ankäme, ob man den Behandlungsbeginn der dendritischen Zelltherapie auf diesen Tag oder den Tag der erstmaligen Verabreichung der dendritischen Zellen festzulegen hätte. Angesichts der Gefahr einer Metastasierung der schweren Krebserkrankung und der damit verbundenen Todesgefahr ist es im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin auf Leben und Gesundheit bzw. die daraus folgenden Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu vereinbaren, ihr zur Vermeidung einer etwaigen Kostenbelastung vor der Aufnahme der in Rede stehenden Behandlung zur Metastasenprophylaxe auch das Abwarten einer (Ablehnungs-)Entscheidung der Beklagten abzuvE. (ebenso BSG Urt. v. 12.09.2012 - B 3 KR 20/11 R - Juris Rn 12 für den Fall einer verzögerten Entscheidung über eine Hilfsmittelgewährung), zumal angesichts der zu erwartenden Einschaltung des MDK mit einem länger dauernden Verwaltungsverfahren zu rechnen gewesen ist. Bei dieser Sachlage kommt es nicht in Betracht, den geltend gemachten Erstattungsanspruch schon wegen der Einzelheiten des Beschaffungsvorgangs abzulehnen, vielmehr ist eine Sachprüfung erforderlich.
2.)
75 
Die Beklagte hat die Gewährung der beantragten Behandlung mit dendritischen Zellen zu Unrecht abgelehnt. Die Beklagte hätte der Klägerin die in Rede stehende Behandlung nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs als Sachleistung gewähren müssen (unten a). Vorschriften des Arzneimittelrechts stehen dem nicht entgegen (unten b).
a.)
76 
Die Klägerin hatte Anspruch auf die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
77 
Bei der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode i. S. d § 135 Abs. 1 SGB V; für diese ärztliche Leistung ist eine Leistungsposition im EBM nicht vorhanden. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses existiert nicht. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist mit der hier streitigen Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen auch nicht befasst, wie er gegenüber dem Senat mit Schreiben vom 13.03.2014 dargelegt hat. Anhaltspunkte für ein so genanntes Systemversagen liegen nicht vor (Senatsbeschluss vom 16.05.2011, - L 5 KR 970/11 ER-B -). Bei dem Schleimhautmelanom, an dem die Klägerin leidet, handelt es sich zwar um eine seltene Untergruppe des Melanoms, jedoch nicht um eine wegen ihrer Seltenheit systematisch gar nicht erforschbare Krankheit. Hierüber herrscht unter den Beteiligten ersichtlich kein Streit. Danach kommt ein Leistungsanspruch nur nach Maßgabe der vom BVerfG (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) vorgenommenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (jetzt: § 2 Abs. 1a SGB V) in Betracht. Die in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt.
78 
Die Klägerin leidet (unstreitig) an einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Das Schleimhautmelanom, an dem sie erkrankt ist, hat, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, eine äußerst schlechte und (noch) ungünstigere Überlebensprognose als das kutane Melanom (der Haut) mit einer mittleren Überlebenszeit von 10 bis 13 Monaten. Über 90% der Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren. Entgegen der Auffassung der Beklagten (und des MDK, etwa Gutachten des Dr. G. vom 05.10.2009) scheitert die Leistungsgewährung auch nicht am Erfordernis einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage. Das BVerfG hat hierfür ersichtlich stets auf den Einzelfall abgestellt und eine rein zeitliche Betrachtung nicht vorgenommen, etwa auch ausreichen lassen, dass in Sonderfällen der Tod voraussichtlich erst in einigen Jahren eintreten wird (Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -). Auch die Unterscheidung zwischen einer adjuvanten und einer kurativen Behandlungssituation, auf die sich der MDK stützen will, ist für die hier maßgebliche grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Behandlung mit dendritischen Zellen hat nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes zum Ziel, die Bildung von Metastasen zu verhindern. Nur dann besteht Aussicht auf eine Heilung der Krebserkrankung. Sind demgegenüber Metastasen aufgetreten, bestehen praktisch keine aussichtsreichen Behandlungsmöglichkeiten mehr und es muss mit einem (baldigen, innerhalb von Monaten eintretenden) Tod des Patienten gerechnet werden. Der Senat entnimmt dies dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. K.. Danach liegt die (sehr) schlechte Prognose des Schleimhautmelanoms (u.a.) daran, dass es rasch zu Fernmetastasen kommt. Ist es dazu gekommen, besteht allenfalls noch eine Therapieoption durch Yervoy, was aber nur bei maximal 10% der Patienten einen längeren Nutzen hat (mit schweren Nebenwirkungen bei 30% der Patienten). Bei dieser Sachlage gibt es keine Zwischenzeit zwischen der operativen Entfernung des Tumorgewebes und dem jedenfalls im Stadium der Heilungsbewährung stattfindenden Auftreten von Metastasen, während der die für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs notwendige individuelle Notlage naher Lebensgefahr nicht bestünde und während der zunächst das ohne adjuvante Therapie (erst recht) zu erwartende Auftreten von Metastasen abzuwarten wäre. Die vorliegende Fallgestaltung ist nach Ansicht des Senats mit der Fallgestaltung eines Prostatakarzinoms im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) nicht vergleichbar. Der These, eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs sei auf die Situation der Rezidivprophylaxe nicht anwendbar (vgl. etwa LSG Schleswig- Holstein, Urt. v. 08.09.2011, L 5 KR 97/10 -), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen; sie findet in der Rechtsprechung des BVerfG keine ausreichende Stütze.
79 
Damit ist vorliegend letztendlich ausschlaggebend, ob für die - konkrete - Erkrankung der Klägerin eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht, und, wenn dies nicht festgestellt werden kann, ob für die bei ihr angewandte Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen eine durch Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Da für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs die Grundrechte des jeweiligen Versicherten und die diesem bei Verweigerung der Leistung im Einzelfall drohenden Grundrechtseingriffe bzw. Grundrechtsverletzungen maßgeblich sind, findet eine vom Einzelfall gelöste abstrakte Betrachtung, etwa im Sinne einer abstrakten wissenschaftlich-medizinischen Methodendiskussion, nicht statt.
80 
Für die adjuvante Therapie des Schleimhautmelanoms der Klägerin steht nach Auffassung des Senats eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende und die Anwendung der in Rede stehenden Alternativtherapie verdrängende Behandlungsmethode nicht zur Verfügung. Die Beklagte verweist (gestützt auf das MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) auf eine Interferonbehandlung, die man als eine Art „Analogbehandlung“ entsprechend der Behandlung des kutanen Melanoms auch beim (mit dem kutanen Melanom tumorbiologisch jedoch nicht ohne Weiteres gleichzusetzenden) Schleimhautmelanom anwenden könne. Die Wirksamkeit einer solchen Therapie wird aber - wenn auch gestützt durch eine von Prof. Dr. H. angeführte Phase-II-Studie in den USA - nur vermutet. Demgegenüber hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass es eine wirksame adjuvante Therapie zur Verhinderung einer Fernmetastasierung beim Schleimhautmelanom nicht gibt und darauf verwiesen, dass Patienten mit Schleimhautmelanomen von den Interferonstudien (gerade) ausgeschlossen werden. Die Erfahrungen mit der mangels Alternativen notgedrungen eingesetzten Interferon- und Chemotherapie hat Prof. Dr. K. als unbefriedigend eingestuft; sie würden nur „anekdotenhaft“ in Übersichtsarbeiten erwähnt. In der Literatur findet sich - so Prof. Dr. K. - keine einzige Publikation, die über eine wirksame adjuvante Therapie beim Schleimhautmelanom berichtet.
81 
Prof. Dr. H. hat im MDK-Gutachten vom 16.07.2012 der Auffassung des Prof. Dr. K. im Kern zugestimmt und ebenfalls dargelegt, dass es eine zugelassene adjuvante Therapie zur Verhinderung von Fernmetastasen beim anorektalen Melanom (dem Schleimhautmelanom der Klägerin) nicht gibt. Hierfür bestehen - so Prof. Dr. H. - nahezu keine gesicherten Erkenntnisse. Es finden sich vielmehr nur - und seien es auch deutliche - Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, dass Patienten mit anorektalem Melanom in Analogie zu Patienten mit kutanem Melanom behandelt werden, wie es in der Onkologie auch bei anderen Tumorentitäten gehandhabt wird. Der Erfolg der letztendlich auf die Vermutung einer (tumorbiologischen) Vergleichbarkeit des Schleimhautmelanoms mit dem kutanen Melanom gestützten Interferonbehandlung ist im Übrigen schon beim kutanen Melanom sehr gering; weniger als 10% der Patienten haben davon einen Nutzen. Insgesamt besteht daher nach der überzeugenden Auffassung des Prof. Dr. K. für die Wirksamkeit der der Klägerin im Tumorboard des Comprehensive Cancer Center U. vorgeschlagenen Interferontherapie beim Schleimhautmelanom jeglicher Anhalt und es muss auf der Grundlage der publizierten Erfahrungen davon ausgegangen werden, dass ihr eine Interferontherapie keinen Nutzen gebracht hätte. Sie kann damit nicht auf diese Therapie als Standardtherapie verwiesen werden. Dem ist im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. nichts wirklich Überzeugendes entgegengesetzt. Prof. Dr. H. hat sich der Sache nach mit einer eher vom Erkrankungsfall der Klägerin abstrahierenden Methodendiskussion befasst, etwa indem er es als gültige Lehrmeinung bezeichnet, Patienten mit malignen Melanomen (in einem bestimmten Stadium) eine adjuvante Interferontherapie unter sorgfältiger Abwägung und Aufklärung anzubieten; damit wird nicht ausreichend klar auf den Behandlungsfall der Klägerin eingegangen. Die Schlussfolgerung des Prof. Dr. H., für diese stehe mit der Interferontherapie - und das auch nur grundsätzlich - eine Standardtherapie zur adjuvanten Behandlung des malignen Melanoms zur Verfügung, ist im Kern zu allgemein gehalten. Der Senat kann ihr angesichts der überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. K., denen sich Prof. Dr. H. in wesentlichen Teilen auch angeschlossen hat, nicht folgen. Die Klägerin ist auch nicht auf eine weitere Operation, etwa die Entfernung von Wächterlymphnoten (MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) zu verweisen. Prof. Dr. K. hat in seinem Gutachten insoweit schlüssig dargelegt, dass die Überlebensprognose der Klägerin weder durch eine größere lokale Operation noch durch eine diagnostische oder elektive Lymphknotenexstirpation/-dissektion zu verbessern wäre. Außerdem ist Gegenstand des vorliegenden Streits keine (weitere) operative Heilbehandlung, sondern eine adjuvante Heilbehandlung durch Anwendung eines zellulären Arzneimittels zur Metastasenprophylaxe.
82 
Hinsichtlich der bei der Klägerin durch PD Dr. G. (ärztlich) angewandten Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen besteht eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
83 
Der Anspruch des Versicherten auf Gewährung ärztlicher Behandlung (§§ 27, 28 SGB V) als Sachleistung im Wege der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (bzw. jetzt nach Maßgabe des § 2 Abs. 1a SGB V) erfordert nach der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG nicht, dass die begehrte Behandlungsmethode bereits als Standard etabliert ist und dass ihre Wirksamkeit durch größere kontrollierte oder belastbare Studien (bereits) bewiesen ist oder dass sie Eingang in die klinische Routine gefunden hat; die entsprechenden Postulate im MDK-Gutachten des Dr. G. vom 08.10.2009 und auch im MDK-Gutachten des Dr. B. vom 12.05.2010 sowie im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. sind zu eng und so mit den verfassungsgerichtlichen Maßgaben der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs nicht vereinbar. Ein grundrechtsfundierter (bzw. in § 2 Abs. 1a SGB V verankerter) Leitungsanspruch ist auch nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die zuständige medizinische Fachgesellschaft - hier die Deutsche Krebsgesellschaft - die in Rede stehende Behandlungsmethode nicht als Therapie empfiehlt. Empfehlungen dieser Art haben tatsächliches Gewicht, jedoch keine den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nahekommende Ausschlusswirkung. Davon abgesehen hat die Deutsche Krebsgesellschaft die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen in ihrer Stellungnahme vom 03.11.2011 zur Therapie von Tumorpatienten mit onkologischen Viren auch nicht allgemein abgelehnt, sondern darauf verwiesen, dass hinsichtlich der onkologischen Virentherapie - die der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen entspricht - bei in der Regel sehr guter Verträglichkeit in einzelnen Fällen eine gute Wirksamkeit dokumentiert worden ist. Bedenken werden vor allem in Hinblick auf (derzeit nicht) auszuschließende negative Auswirkungen geäußert. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt die in Rede stehende Behandlung - immerhin - im Rahmen klinischer Studien. Ungeachtet des negativen Tenors sind der genannten Empfehlung damit - worauf alleine es für die Gewährung eines grundrechtsfundierten Leistungsanspruchs ankommt - (sogar) Indizien für eine nicht ganz fern liegende positive Wirkung der dendritischen Zellbehandlung zu entnehmen. Hinzukommt als weiteres stützendes Indiz, dass - so Prof. Dr. K. in seinem Gutachten - in fast allen von ihm gesichteten Studien zur Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen von einem klinischen Ansprechen bei einem Teil der Patienten berichtet wird mit Ansprechraten bei der Tumorentität Melanom von wenigen Prozent bis (immerhin) 30 %; in 14 von 46 Studien wird sogar über komplette Remissionen, die auch andere Tumorentitäten (wie Nierenzellkarzinom oder Lymphom) betreffen, berichtet. Dass es sich bei diesen Studien in der großen Mehrheit um Phase-I/II-Studien mit in der Regel bis zu 30 Patienten handelt, ist unerheblich. Im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs kommt es nicht auf einen - möglichst weitgehenden - Wirksamkeitsnachweis, sondern nur darauf an, ob eine nicht ganz fern liegende Aussicht wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auf (bloße) Indizien gestützt werden kann. Außerdem liegen (immerhin) 2 randomisierte Phase-III-Studien zur Behandlung des Prostatakarzinoms mit dendritischen Zellen vor. Der indiziellen Wirkung der von Prof. Dr. K. angeführten Studienergebnisse wird man nicht ohne Weiteres die Unterschiede der Tumorentitäten entgegenhalten dürfen, nachdem die Beklagte hinsichtlich der etablierten Behandlungsmethoden ebenfalls einen Analogschluss von der Wirksamkeit der Interferontherapie beim kutanen Melanom auf eine entsprechende Wirksamkeit beim Schleimhautmelanom vornimmt und „Analogbehandlungen“ - so Prof. Dr. H. in seinem MDK-Gutachten - in der Onkologie auch bei anderen seltenen Tumorarten praktiziert werden.
84 
Bei dieser Sachlage kann der an einer schweren Krebserkrankung leidenden Klägerin die Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen ohne Grundrechtsverstoß nicht als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung versagt werden, zumal - wie Prof. Dr. K. in Einklang mit der Deutschen Krebsgesellschaft dargelegt hat - (nur) mit eher milden Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Die begehrte Behandlungsmethode enthält als Krebsbehandlung mit zellulären Arzneimitteln im Rahmen neuartiger Therapien (vgl. §§ 4 Abs. 9, 4b AMG) keine „unseriösen“ Heilungsversprechen, für deren Kosten die Versichertengemeinschaft nicht aufzukommen braucht, stellt vielmehr eine (seriöse) ärztliche Behandlungsmethode dar, der Prof. Dr. K. als Koordinator des Hautkrebszentrums der Universitätsklinik E. bei der Krebserkrankung der Klägerin in der Summe ein viel höheres Potenzial als den unspezifischen Immuntherapien mit Interferon oder Yervoy beimisst. Die Beklagte und ersichtlich auch der MDK werden mit ihrer (zu engen) Auffassung den besonderen Leistungsanforderungen, die den gesetzlichen Krankenkassen nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung aus den Grundrechten der Versicherten erwachsen, im vorliegenden Fall nicht ausreichend gerecht (anders etwa LSG Hessen, Beschl. v. 28.03.2013, - L 8 KR 68/13 ZVW - ; LSG, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; zum Recht der beamtenrechtlichen Beihilfe etwa VGH Baden-Württemberg Urt. v. 14.07.2010, - 11 S 2730/09 -). Der Senat sieht sich mit dieser Rechtsprechung im Wesentlichen in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 26.2.2013, - 1 BvR 2045/12 -; zum Recht der privaten Krankenversicherung etwa BGH, Urt. v. 30.10.2013, - IV ZR 307/12 -).
b).
85 
Die auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachtenden Maßgaben des Arzneimittelrechts stehen der Leistungsgewährung nicht entgegen.
86 
Hinsichtlich der Herstellung der bei der Klägerin durch PD Dr. G. im mehreren Behandlungszyklen applizierten dendritischen Zellen als zelluläres Arzneimittel für neuartige Therapien (§§ 4 Abs. 9, 4b AMG) ist, wie der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. K. entnimmt, ein übliches Verfahren angewendet worden. Dass es keinen allgemein Herstellungsstandard gibt, ist nicht maßgeblich. Die Einwendungen im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H., der offenbar die angewandte Herstellungsmethode in ihrer Eigenart nicht hat nachvollziehen können, sind daher nicht berechtigt. Dass die Firma C. die dendritischen Zellen unter Verletzung des Arzneimittelrechts hergestellt und in Verkehr gebracht hätte, ist von der Beklagten letztendlich nur behauptet worden; stichhaltige Anhaltspunkte hierfür bestehen - auch im Hinblick auf das eingangs dargestellte - Übergangsrecht für Arzneimittel für neuartige Therapien nicht. Wie die Firma C. unter dem 27.02. 2014 mitgeteilt hat, hat sie die Herstellung dendritischer Zellen im April 2012 eingestellt. Die Herstellung dendritischer Zellen wird nunmehr von dem Labor Dr. G. vorgenommen. Die abschließende Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde über die von der Firma C. seinerzeit beantragte Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG ist offenbar nicht ergangen, so dass es für die streitige Zeit (2009, 2010) bei der Anwendung des Übergangsrechts (insbesondere § 144 Abs. 1 AMG) bleibt. Die Beklagte kann den grundrechtsfundierten Leistungsanspruch der Klägerin nicht unter Hinweis auf (verfahrensrechtliche) arzneimittelrechtliche Anforderungen an die Herstellung und Anwendung der bei der Klägerin applizierten dendritischen Zellen abwehren, nachdem insoweit sachliche Bedenken, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, nicht bestehen und auch weder von der Beklagten noch vom MDK (substantiiert) geltend gemacht werden.
3.)
87 
Die übrigen Voraussetzungen des von der Klägerin verfolgten Erstattungsbegehrens sind erfüllt. Die Klägerin hat die Behandlungskosten nach Maßgabe der Rechnungen des PD Dr. G. gezahlt und dessen Zahlungsanspruch erfüllt. Bedenken hinsichtlich der Höhe der Kosten sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.
88 
Insgesamt erweisen sich damit der Bescheid der Beklagten vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 sowie der Bescheid vom 06.08.2009 als rechtswidrig. Diese Bescheide können damit ebenso wenig Bestand haben wie das Urteil des SG. Der Berufung der Klägerin war in vollem Umfang stattzugeben.
IV.
89 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
90 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
55 
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem geltend gemachten Erstattungsbetrag von über 12.000 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet. Die Beklagte hat die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht abgelehnt.
56 
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte der Klägerin 12.601,79 EUR zu erstatten hat, die die Klägerin der Firma C. auf deren Rechnungen vom 16.07.2009, 22.02.2010 und 16.12.2010 gezahlt hat. Die Erstattung des Betrags der Rechnung vom 16.07.2009 war bereits Gegenstand des Bescheids vom 06.08.2010. Ob der Widerspruch gegen diesen Bescheid tatsächlich von der Klägerin am 08.10.2009 fernmündlich zurückgenommen wurde und ob ein nicht weiter bestätigter Telefonvermerk eines Mitarbeiters der Beklagten ausreicht, das Widerspruchsverfahren einzustellen, kann offenbleiben. Da die Klägerin mit dem eingereichten Schreiben vom 09.02.2010 die Übernahme der gesamten Kosten der bisherigen Behandlung mit dendritischen Zellen verlangt hat, bezieht sich der Bescheid vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 nicht nur auf die Rechnungen vom 22.02.2010 und 16.12.2010, sondern auch auf die Rechnung vom 16.07.2010. Jedenfalls der Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 enthält eine abschließende Stellungnahme der Beklagten zum gesamten Behandlungskomplex mit dendritischen Zellen als Folge des im Juni 2009 operativ entfernten Schleimhautmelanoms der Klägerin. Das SG hat deshalb zu Recht in diesen Bescheiden eine inzidente Ablehnung eines Antrags nach § 44 SGB X in Bezug auf den Bescheid vom 06.08.2009 gesehen. Die Beklagte hat die erneute Überprüfung des Bescheids nach § 44 SGB X durch den Senat im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt.
I.
57 
Rechtsgrundlage des mit Klage und Berufung verfolgten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift sieht in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urt. v. 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -).
58 
Der hier allein in Betracht kommende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und grundsätzlich auch einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus. Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche (selbst beschaffte) Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Der Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urt. v. 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V).
59 
§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V darf nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 19.03.2009 - 1 BvR 316/09) nicht in der Weise ausgelegt werden, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt. Dies gilt erst recht, wenn - wie nachstehend aufgezeigt - bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts des SGB V ein Anspruch auf Behandlung mit dendritischen Zellen besteht, den die Beklagte von Anfang an als Sachleistung hätte gewähren müssen und den sie in der Folge zu Unrecht abgelehnt hat. Bei der Rechtsanwendung im Einzelfall müssen dann die grundrechtlichen Maßgaben insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden, namentlich, wenn erhebliche und nicht wiedergutzumachende Schäden für Leib und Leben drohen (Art. 2 Abs. 2 GG) und der Versicherte deswegen existentielle Leistungen der Krankenversicherung begehrt. Auch insoweit gilt, dass sich das Gericht (genauso wie die Krankenkasse) schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B - zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung). Das verbietet es, im Einzelfall überzogene und damit unverhältnismäßige Verfahrenserfordernisse nicht nur für den Zugang des Versicherten zu den Leistungen der Krankenkasse, sondern auch für die Selbstbeschaffung einer Leistung und die Erstattung der hierfür entstandenen Aufwendungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 SGB V aufzustellen. Gerade in den Fällen des § 2 Abs. 1a SGB V, also bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden bzw. wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen wird es daher vielfach genügen müssen, wenn der Versicherte sich mit seinem Leistungsbegehren unverzüglich an die Krankenkasse wendet und dieser daher jedenfalls eine zeitnahe Prüfung ermöglicht wird. Einzelheiten des Beschaffungswegs werden dann für den Erstattungsanspruch keine ausschlaggebende Rolle spielen können, vielmehr wird die Krankenkasse und im Streitfall das Gericht zu prüfen haben, ob das Erstattungsverlangen in der Sache berechtigt ist.
II.
60 
Rechtsgrundlage des dem Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegenden Leistungsanspruchs auf Gewährung ärztlicher Behandlung ist § 27 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB V) auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB V). Der Anspruch auf Krankenbehandlung bzw. Arzneimittelversorgung unterliegt den für alle Leistungsansprüche (§ 11 SGB V) geltenden allgemeinen Maßgaben der §§ 2, 12 SGB V. Gem. § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Versicherten erhalten die ihnen danach zustehenden Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB V nichts anderes vorsieht.
1.)
61 
Bei der Versorgung der Versicherten mit ärztlicher Heilbehandlung ist hinsichtlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -). Die Sperrwirkung des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst „Methoden“, also Maßnahmen, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandt werden (BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -); dazu können ggf. auch über die bloße Verabreichung von Arzneimitteln hinausgehende Pharmakotherapien zählen.
62 
Neu ist eine Behandlungsmethode zunächst dann, wenn sie erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V - also erst in der Zeit seit dem 01.01.1989 - als kassen- bzw vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert worden ist. Neu ist auch eine Behandlungsmethode, für die eine entsprechende Leistungsposition im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zunächst nicht bestand, diese vielmehr erst später - nach dem 01.01.1989 - in das Leistungsverzeichnis des EBM-Ä aufgenommen wurde (zur Maßgeblichkeit des EBM auch BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -). Nach diesen Abgrenzungen ist bei Arzneitherapien - bei Arzneimitteln ist kein Raum für die Schaffung einer Leistungsposition im EBM-Ä - darauf abzustellen, ob sie schon vor dem 01.01.1989 oder erst nach dem 01.01.1989 praktiziert wurden. Wurden sie schon vorher praktiziert, so sind sie nicht neu; dann käme nur eine Überprüfung nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V in Betracht, wonach die Verordnungsfähigkeit erst ausgeschlossen wäre, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Behandlungsmethode ausdrücklich für unvereinbar mit den Erfordernissen des § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V erklärt hatte (BSG; Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -). Eine Behandlungsmethode kann auch dann als „neu“ zu beurteilen und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG; Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -).
63 
Näheres zur Arzneimittelversorgung der Versicherten ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt. Danach besteht Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Der (krankenversicherungsrechtliche) Arzneimittelbegriff in §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V knüpft an den (verwaltungsrechtlichen) Arzneimittelbegriff des AMG an. Dieser ist in der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG festgelegt; weitere Begriffsbestimmungen enthält § 4 AMG. Gem. § 2 Abs. 1. AMG sind Arzneimittel (u.a.) Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Krankheiten zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen; Stoffe in diesem Sinne sind gem. § 3 Nr. 3 AMG auch menschliche Stoffwechselprodukte in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, also auch Blut und Blutplasma (Rehmann, AMG § 3 Rdnr. 2). Gem. § 4 Abs. 2 AMG sind Blutzubereitungen Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten. § 4 Abs. 9 AMG (i. d. F. des Gesetzes v. 17.07.2009, BGBl. I, S. 1990, gültig ab 23.07.2009) bestimmt, dass (u.a.) somatische Zelltherapeutika (i. S. d. in dieser Vorschrift genannten EG-Verordnungen) Arzneimittel für neuartige Therapien sind. Das aus dem Blut des Patienten durch Beladung mit Antigenen hergestellte Präparat mit dendritischen Zellen stellt ein (zelluläres) Arzneimittel (Blutzubereitung bzw. somatisches Zelltherapeutikum nach § 4 Abs. 2, 9 AMG) dar (vgl. dazu auch etwa OLG München, Urt. v. 16.11.2005, - 20 U 3950/05 - sowie DÖSGHO-Jahrestagung, veröffentlicht unter www://haematologie-onlologie.universimed.com/artikel). Damit unterliegt die Herstellung dendritischer Zellen und deren Anwendung im Rahmen der Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V den Maßgaben des Arzneimittelrechts.
64 
Hinsichtlich der Herstellung dendritischer Zellen ist gem. § 20b Abs. 1 und 4 AMG (eingeführt durch Gesetz v. 20.07.2007, BGBl. I. S. 1574 zum 01.08.2007) im Grundsatz eine behördliche Erlaubnis notwendig. Hinsichtlich der Arzneimittel für neuartige Therapien nach § 4b AMG (eingeführt durch Gesetz v. 17.07.2009, a. a. O. zum 23.07.2009), also für Arzneimittel, die als individuelle Zubereitung für einen einzelnen Patienten ärztlich verschrieben, nach spezifischen Qualitätsnormen nicht routinemäßig hergestellt und in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung unter der fachlichen Verantwortung eines Arztes angewendet werden (§ 4b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AMG) sind in der (ebenfalls ab 23.07.2009 geltenden) Vorschrift des § 144 AMG Übergangsregelungen getroffen worden. Danach gilt (u.a.): Wer die in § 4b Abs. 1 AMG genannten Arzneimittel für neuartige Therapien am 23.07.2009 befugt herstellt und bis zum 01.012010 eine Herstellungserlaubnis beantragt, darf diese Arzneimittel bis zur Entscheidung über den gestellten Antrag weiter herstellen.
65 
Hinsichtlich des Inverkehrbringens dendritischer Zellen ist die für Fertigarzneimittel, wozu auch außerhalb der Apotheke gewerblich hergestellte Rezepturarzneimittel gehören (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG), gem. § 21 Abs. 1 AMG an sich notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung nicht erforderlich. Gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1a AMG bedarf es einer Zulassung nämlich nicht für Arzneimittel, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden; dies trifft auf das in Rede stehende zelluläre Arzneimittel zu. Nach näherer Maßgabe des § 21a Abs. 1 AMG kann demgegenüber ggf. eine Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde erforderlich sein (vgl. § 21a Abs. 1 Satz 3: Blutstammzellzubereitungen zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung).
2.)
66 
Bei der Anwendung von Arzneimitteln können die Maßgaben des Arzneimittelrechts, insbesondere arzneimittelrechtliche Verkehrsverbote mit ihren Folgewirkungen für das Krankenversicherungsrecht (dazu näher etwa Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -: Botoxinjektion zur Blasenvergrößerung), und der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt für die Anwendung neuer ärztlicher Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs. 1 SGB V gleichzeitig anzuwenden sein. Für die Abgrenzung der Pharmakotherapie durch bloße Verabreichung eines Arzneimittels - auch im Wege der Injektion - von der Pharmakotherapie als ärztliche Behandlungsmethode kommt es darauf an, welches Gewicht der ärztlichen Tätigkeit für den Therapieerfolg zukommt (vgl. näher BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. Urt. v. 15.5.2012, - L 11 KR 5817/10 -). Ist diese im Rahmen eines Zusammenspiels von ärztlicher Kunst und Arzneimittelgabe ebenso wichtig wie das Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes, liegt in jedem Fall eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausgehende ärztliche Behandlungsmethode vor. Die Anforderungen des Krankenversicherungsrechts sind dann ggf. im Erlaubnisverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu prüfen. Dessen krankenversicherungsrechtliche Prüfung kommt zur ggf. notwendigen arzneimittelrechtlichen Prüfung durch die hierfür zuständige Verwaltungsbehörde hinzu (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -). Für solche Pharmakotherapien besteht eine Leistungspflicht der Krankenkasse daher erst dann, wenn die aus dem Arzneimittelrecht folgenden leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen und die krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind, wenn also weder ein arzneimittelrechtliches Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Arzneimittel erfasst (BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 -; auch dazu Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -). Das gilt nach Auffassung des Senats für die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen als Anwendung eines zellulären Arzneimittels für neuartige Therapien i. S. d. § 4 Abs. 9 AMG. Dabei handelt es sich (wovon ersichtlich auch die Beteiligten ausgehen) nicht um die bloße Verabreichung eines Arzneimittels, sondern um eine ärztliche Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V.
3.)
67 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt und des Fehlens einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Auch bei Krankheiten, die wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbar sind, muss die Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheiden (vgl. dazu BSGE 93,236).
68 
Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG können sich (ansonsten nicht bestehende) Leistungsansprüche darüber hinaus auch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts ergeben. In seinem Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
69 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung (oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit - BSG, Urt. v. 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht bei BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr individuelle Notlage gegeben sein, wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschl. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -).
70 
Diese Grundsätze sind auf die Arzneimittelversorgung übertragen worden. Sie können ggf. einen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln begründen, die arzneimittelrechtlich noch gar nicht oder nicht für den in Rede stehenden Anwendungsbereich zugelassen sind. Ergänzend hat das BSG - im Hinblick auf die Versorgung mit Arzneimitteln - aber dargelegt, dass an das Krankheits-Kriterium (im Sinne der vorstehend unter 1. genannten Voraussetzung) strengere Anforderungen zu stellen sind als an das Kriterium der schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -; auch BSG, Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -).
71 
In der seit 01.01.2012 geltenden Vorschrift des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V hat der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG entwickelten Rechtgrundsätze zu grundrechtsfundierten Leistungsansprüchen in das SGB V aufgenommen. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende, insbesondere also eine in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (noch) nicht entsprechende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung festgestellt. Für Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V sind die Maßgaben der genannten Rechtsprechung des BVerfG und des BSG heranzuziehen (Senatsurteil vom 14.03.2012, - L 5 KR 5406/11 -).
III.
72 
Davon ausgehend steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von PD Dr. G. in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführte Behandlung mit dendritischen Zellen zu. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind erfüllt. Die Klägerin hat den in dieser Vorschrift vorgesehenen Beschaffungsweg eingehalten (unten 1). Die Beklagte hat die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung auch zu Unrecht abgelehnt (unten 2). Auch die Übrigen Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind erfüllt (unten 3).
1.)
73 
Die Klägerin hat sich die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen durch PD Dr. G. ohne Missachtung des in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Beschaffungswegs selbst beschafft. Die Frage nach der Einhaltung des Beschaffungswegs kann sich dabei nur auf die Rechnungen beziehen, die vor der grundsätzlichen Ablehnungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 06.08.2009 ergangen sind, das ist hier allein die Rechnung vom 16.07.2009. Die Klägerin hat nämlich mit ihrem Antrag vom 09.07.2009 initial für die gesamte Behandlung mit dendritischen Zellen den Antrag auf Kostenfreistellung bei der Beklagten gestellt; das genügt (BSG Urt. v. 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R - Juris Rn 30). Eine Beschränkung lediglich auf die im Juli 2009 angefallenen Kosten lässt sich diesem Antrag nicht entnehmen. Im Übrigen stellen sich die einzelnen Behandlungszyklen als unselbständige (Teil-)Leistungen der auf die Verhinderung der Metastasenbildung gerichteten adjuvanten Behandlung der Klägerin nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes dar, weshalb es mit dem (rechtzeitigen) Herantragen des Leistungsbegehrens an die Beklagte hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus sein Bewenden haben muss.
74 
Die Klägerin, die an einem im Juni 2009 diagnostizierten Schleimhautmelanom und damit - wie Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 03.02.2012 dargelegt hat - an einer seltenen Untergruppe des Melanoms mit wesentlich schlechterer Prognose als das Hautmelanom (kutane Melanom) leidet, ist am 05.06.2009 und am 13.07.2009 durch Exzision des Tumors und Nachresektion operativ behandelt worden. Die (weitere) Behandlung mit dendritischen Zellen ist danach im Juli 2009 aufgenommen und in mehreren Behandlungszyklen durchgeführt worden. Die Klägerin hat sich - hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus - erstmals am 09.07.2009, also noch vor der operativen Tumornachresektion am 13.07.2009, wegen einer sich an die operative Therapie anschließenden (adjuvanten) Nachbehandlung mit dendritischen Zellen (zur Metastasenprophylaxe) an die Beklagte gewandt und die Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung beantragt. Sie hat sich nicht von vornherein außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt, um sich von dort ohne weitere Prüfung durch die Krankenkasse eine vom Leistungskatalog nicht umfasste Behandlungsleistung zu verschaffen, sondern sie hat die Beklagte nach Lage der Dinge unverzüglich mit dem Leistungsbegehren konfrontiert und eine zeitnahe Prüfung ermöglicht. Dass mit der Herstellung der dendritischen Zellen wenige Tage vor Antragstellung - am 07.07.2009 - begonnen worden ist, ist demgegenüber unschädlich, ohne dass es noch darauf ankäme, ob man den Behandlungsbeginn der dendritischen Zelltherapie auf diesen Tag oder den Tag der erstmaligen Verabreichung der dendritischen Zellen festzulegen hätte. Angesichts der Gefahr einer Metastasierung der schweren Krebserkrankung und der damit verbundenen Todesgefahr ist es im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin auf Leben und Gesundheit bzw. die daraus folgenden Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu vereinbaren, ihr zur Vermeidung einer etwaigen Kostenbelastung vor der Aufnahme der in Rede stehenden Behandlung zur Metastasenprophylaxe auch das Abwarten einer (Ablehnungs-)Entscheidung der Beklagten abzuvE. (ebenso BSG Urt. v. 12.09.2012 - B 3 KR 20/11 R - Juris Rn 12 für den Fall einer verzögerten Entscheidung über eine Hilfsmittelgewährung), zumal angesichts der zu erwartenden Einschaltung des MDK mit einem länger dauernden Verwaltungsverfahren zu rechnen gewesen ist. Bei dieser Sachlage kommt es nicht in Betracht, den geltend gemachten Erstattungsanspruch schon wegen der Einzelheiten des Beschaffungsvorgangs abzulehnen, vielmehr ist eine Sachprüfung erforderlich.
2.)
75 
Die Beklagte hat die Gewährung der beantragten Behandlung mit dendritischen Zellen zu Unrecht abgelehnt. Die Beklagte hätte der Klägerin die in Rede stehende Behandlung nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs als Sachleistung gewähren müssen (unten a). Vorschriften des Arzneimittelrechts stehen dem nicht entgegen (unten b).
a.)
76 
Die Klägerin hatte Anspruch auf die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
77 
Bei der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode i. S. d § 135 Abs. 1 SGB V; für diese ärztliche Leistung ist eine Leistungsposition im EBM nicht vorhanden. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses existiert nicht. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist mit der hier streitigen Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen auch nicht befasst, wie er gegenüber dem Senat mit Schreiben vom 13.03.2014 dargelegt hat. Anhaltspunkte für ein so genanntes Systemversagen liegen nicht vor (Senatsbeschluss vom 16.05.2011, - L 5 KR 970/11 ER-B -). Bei dem Schleimhautmelanom, an dem die Klägerin leidet, handelt es sich zwar um eine seltene Untergruppe des Melanoms, jedoch nicht um eine wegen ihrer Seltenheit systematisch gar nicht erforschbare Krankheit. Hierüber herrscht unter den Beteiligten ersichtlich kein Streit. Danach kommt ein Leistungsanspruch nur nach Maßgabe der vom BVerfG (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) vorgenommenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (jetzt: § 2 Abs. 1a SGB V) in Betracht. Die in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt.
78 
Die Klägerin leidet (unstreitig) an einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Das Schleimhautmelanom, an dem sie erkrankt ist, hat, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, eine äußerst schlechte und (noch) ungünstigere Überlebensprognose als das kutane Melanom (der Haut) mit einer mittleren Überlebenszeit von 10 bis 13 Monaten. Über 90% der Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren. Entgegen der Auffassung der Beklagten (und des MDK, etwa Gutachten des Dr. G. vom 05.10.2009) scheitert die Leistungsgewährung auch nicht am Erfordernis einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage. Das BVerfG hat hierfür ersichtlich stets auf den Einzelfall abgestellt und eine rein zeitliche Betrachtung nicht vorgenommen, etwa auch ausreichen lassen, dass in Sonderfällen der Tod voraussichtlich erst in einigen Jahren eintreten wird (Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -). Auch die Unterscheidung zwischen einer adjuvanten und einer kurativen Behandlungssituation, auf die sich der MDK stützen will, ist für die hier maßgebliche grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Behandlung mit dendritischen Zellen hat nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes zum Ziel, die Bildung von Metastasen zu verhindern. Nur dann besteht Aussicht auf eine Heilung der Krebserkrankung. Sind demgegenüber Metastasen aufgetreten, bestehen praktisch keine aussichtsreichen Behandlungsmöglichkeiten mehr und es muss mit einem (baldigen, innerhalb von Monaten eintretenden) Tod des Patienten gerechnet werden. Der Senat entnimmt dies dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. K.. Danach liegt die (sehr) schlechte Prognose des Schleimhautmelanoms (u.a.) daran, dass es rasch zu Fernmetastasen kommt. Ist es dazu gekommen, besteht allenfalls noch eine Therapieoption durch Yervoy, was aber nur bei maximal 10% der Patienten einen längeren Nutzen hat (mit schweren Nebenwirkungen bei 30% der Patienten). Bei dieser Sachlage gibt es keine Zwischenzeit zwischen der operativen Entfernung des Tumorgewebes und dem jedenfalls im Stadium der Heilungsbewährung stattfindenden Auftreten von Metastasen, während der die für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs notwendige individuelle Notlage naher Lebensgefahr nicht bestünde und während der zunächst das ohne adjuvante Therapie (erst recht) zu erwartende Auftreten von Metastasen abzuwarten wäre. Die vorliegende Fallgestaltung ist nach Ansicht des Senats mit der Fallgestaltung eines Prostatakarzinoms im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) nicht vergleichbar. Der These, eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs sei auf die Situation der Rezidivprophylaxe nicht anwendbar (vgl. etwa LSG Schleswig- Holstein, Urt. v. 08.09.2011, L 5 KR 97/10 -), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen; sie findet in der Rechtsprechung des BVerfG keine ausreichende Stütze.
79 
Damit ist vorliegend letztendlich ausschlaggebend, ob für die - konkrete - Erkrankung der Klägerin eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht, und, wenn dies nicht festgestellt werden kann, ob für die bei ihr angewandte Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen eine durch Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Da für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs die Grundrechte des jeweiligen Versicherten und die diesem bei Verweigerung der Leistung im Einzelfall drohenden Grundrechtseingriffe bzw. Grundrechtsverletzungen maßgeblich sind, findet eine vom Einzelfall gelöste abstrakte Betrachtung, etwa im Sinne einer abstrakten wissenschaftlich-medizinischen Methodendiskussion, nicht statt.
80 
Für die adjuvante Therapie des Schleimhautmelanoms der Klägerin steht nach Auffassung des Senats eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende und die Anwendung der in Rede stehenden Alternativtherapie verdrängende Behandlungsmethode nicht zur Verfügung. Die Beklagte verweist (gestützt auf das MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) auf eine Interferonbehandlung, die man als eine Art „Analogbehandlung“ entsprechend der Behandlung des kutanen Melanoms auch beim (mit dem kutanen Melanom tumorbiologisch jedoch nicht ohne Weiteres gleichzusetzenden) Schleimhautmelanom anwenden könne. Die Wirksamkeit einer solchen Therapie wird aber - wenn auch gestützt durch eine von Prof. Dr. H. angeführte Phase-II-Studie in den USA - nur vermutet. Demgegenüber hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass es eine wirksame adjuvante Therapie zur Verhinderung einer Fernmetastasierung beim Schleimhautmelanom nicht gibt und darauf verwiesen, dass Patienten mit Schleimhautmelanomen von den Interferonstudien (gerade) ausgeschlossen werden. Die Erfahrungen mit der mangels Alternativen notgedrungen eingesetzten Interferon- und Chemotherapie hat Prof. Dr. K. als unbefriedigend eingestuft; sie würden nur „anekdotenhaft“ in Übersichtsarbeiten erwähnt. In der Literatur findet sich - so Prof. Dr. K. - keine einzige Publikation, die über eine wirksame adjuvante Therapie beim Schleimhautmelanom berichtet.
81 
Prof. Dr. H. hat im MDK-Gutachten vom 16.07.2012 der Auffassung des Prof. Dr. K. im Kern zugestimmt und ebenfalls dargelegt, dass es eine zugelassene adjuvante Therapie zur Verhinderung von Fernmetastasen beim anorektalen Melanom (dem Schleimhautmelanom der Klägerin) nicht gibt. Hierfür bestehen - so Prof. Dr. H. - nahezu keine gesicherten Erkenntnisse. Es finden sich vielmehr nur - und seien es auch deutliche - Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, dass Patienten mit anorektalem Melanom in Analogie zu Patienten mit kutanem Melanom behandelt werden, wie es in der Onkologie auch bei anderen Tumorentitäten gehandhabt wird. Der Erfolg der letztendlich auf die Vermutung einer (tumorbiologischen) Vergleichbarkeit des Schleimhautmelanoms mit dem kutanen Melanom gestützten Interferonbehandlung ist im Übrigen schon beim kutanen Melanom sehr gering; weniger als 10% der Patienten haben davon einen Nutzen. Insgesamt besteht daher nach der überzeugenden Auffassung des Prof. Dr. K. für die Wirksamkeit der der Klägerin im Tumorboard des Comprehensive Cancer Center U. vorgeschlagenen Interferontherapie beim Schleimhautmelanom jeglicher Anhalt und es muss auf der Grundlage der publizierten Erfahrungen davon ausgegangen werden, dass ihr eine Interferontherapie keinen Nutzen gebracht hätte. Sie kann damit nicht auf diese Therapie als Standardtherapie verwiesen werden. Dem ist im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. nichts wirklich Überzeugendes entgegengesetzt. Prof. Dr. H. hat sich der Sache nach mit einer eher vom Erkrankungsfall der Klägerin abstrahierenden Methodendiskussion befasst, etwa indem er es als gültige Lehrmeinung bezeichnet, Patienten mit malignen Melanomen (in einem bestimmten Stadium) eine adjuvante Interferontherapie unter sorgfältiger Abwägung und Aufklärung anzubieten; damit wird nicht ausreichend klar auf den Behandlungsfall der Klägerin eingegangen. Die Schlussfolgerung des Prof. Dr. H., für diese stehe mit der Interferontherapie - und das auch nur grundsätzlich - eine Standardtherapie zur adjuvanten Behandlung des malignen Melanoms zur Verfügung, ist im Kern zu allgemein gehalten. Der Senat kann ihr angesichts der überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. K., denen sich Prof. Dr. H. in wesentlichen Teilen auch angeschlossen hat, nicht folgen. Die Klägerin ist auch nicht auf eine weitere Operation, etwa die Entfernung von Wächterlymphnoten (MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) zu verweisen. Prof. Dr. K. hat in seinem Gutachten insoweit schlüssig dargelegt, dass die Überlebensprognose der Klägerin weder durch eine größere lokale Operation noch durch eine diagnostische oder elektive Lymphknotenexstirpation/-dissektion zu verbessern wäre. Außerdem ist Gegenstand des vorliegenden Streits keine (weitere) operative Heilbehandlung, sondern eine adjuvante Heilbehandlung durch Anwendung eines zellulären Arzneimittels zur Metastasenprophylaxe.
82 
Hinsichtlich der bei der Klägerin durch PD Dr. G. (ärztlich) angewandten Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen besteht eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
83 
Der Anspruch des Versicherten auf Gewährung ärztlicher Behandlung (§§ 27, 28 SGB V) als Sachleistung im Wege der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (bzw. jetzt nach Maßgabe des § 2 Abs. 1a SGB V) erfordert nach der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG nicht, dass die begehrte Behandlungsmethode bereits als Standard etabliert ist und dass ihre Wirksamkeit durch größere kontrollierte oder belastbare Studien (bereits) bewiesen ist oder dass sie Eingang in die klinische Routine gefunden hat; die entsprechenden Postulate im MDK-Gutachten des Dr. G. vom 08.10.2009 und auch im MDK-Gutachten des Dr. B. vom 12.05.2010 sowie im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. sind zu eng und so mit den verfassungsgerichtlichen Maßgaben der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs nicht vereinbar. Ein grundrechtsfundierter (bzw. in § 2 Abs. 1a SGB V verankerter) Leitungsanspruch ist auch nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die zuständige medizinische Fachgesellschaft - hier die Deutsche Krebsgesellschaft - die in Rede stehende Behandlungsmethode nicht als Therapie empfiehlt. Empfehlungen dieser Art haben tatsächliches Gewicht, jedoch keine den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nahekommende Ausschlusswirkung. Davon abgesehen hat die Deutsche Krebsgesellschaft die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen in ihrer Stellungnahme vom 03.11.2011 zur Therapie von Tumorpatienten mit onkologischen Viren auch nicht allgemein abgelehnt, sondern darauf verwiesen, dass hinsichtlich der onkologischen Virentherapie - die der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen entspricht - bei in der Regel sehr guter Verträglichkeit in einzelnen Fällen eine gute Wirksamkeit dokumentiert worden ist. Bedenken werden vor allem in Hinblick auf (derzeit nicht) auszuschließende negative Auswirkungen geäußert. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt die in Rede stehende Behandlung - immerhin - im Rahmen klinischer Studien. Ungeachtet des negativen Tenors sind der genannten Empfehlung damit - worauf alleine es für die Gewährung eines grundrechtsfundierten Leistungsanspruchs ankommt - (sogar) Indizien für eine nicht ganz fern liegende positive Wirkung der dendritischen Zellbehandlung zu entnehmen. Hinzukommt als weiteres stützendes Indiz, dass - so Prof. Dr. K. in seinem Gutachten - in fast allen von ihm gesichteten Studien zur Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen von einem klinischen Ansprechen bei einem Teil der Patienten berichtet wird mit Ansprechraten bei der Tumorentität Melanom von wenigen Prozent bis (immerhin) 30 %; in 14 von 46 Studien wird sogar über komplette Remissionen, die auch andere Tumorentitäten (wie Nierenzellkarzinom oder Lymphom) betreffen, berichtet. Dass es sich bei diesen Studien in der großen Mehrheit um Phase-I/II-Studien mit in der Regel bis zu 30 Patienten handelt, ist unerheblich. Im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs kommt es nicht auf einen - möglichst weitgehenden - Wirksamkeitsnachweis, sondern nur darauf an, ob eine nicht ganz fern liegende Aussicht wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auf (bloße) Indizien gestützt werden kann. Außerdem liegen (immerhin) 2 randomisierte Phase-III-Studien zur Behandlung des Prostatakarzinoms mit dendritischen Zellen vor. Der indiziellen Wirkung der von Prof. Dr. K. angeführten Studienergebnisse wird man nicht ohne Weiteres die Unterschiede der Tumorentitäten entgegenhalten dürfen, nachdem die Beklagte hinsichtlich der etablierten Behandlungsmethoden ebenfalls einen Analogschluss von der Wirksamkeit der Interferontherapie beim kutanen Melanom auf eine entsprechende Wirksamkeit beim Schleimhautmelanom vornimmt und „Analogbehandlungen“ - so Prof. Dr. H. in seinem MDK-Gutachten - in der Onkologie auch bei anderen seltenen Tumorarten praktiziert werden.
84 
Bei dieser Sachlage kann der an einer schweren Krebserkrankung leidenden Klägerin die Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen ohne Grundrechtsverstoß nicht als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung versagt werden, zumal - wie Prof. Dr. K. in Einklang mit der Deutschen Krebsgesellschaft dargelegt hat - (nur) mit eher milden Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Die begehrte Behandlungsmethode enthält als Krebsbehandlung mit zellulären Arzneimitteln im Rahmen neuartiger Therapien (vgl. §§ 4 Abs. 9, 4b AMG) keine „unseriösen“ Heilungsversprechen, für deren Kosten die Versichertengemeinschaft nicht aufzukommen braucht, stellt vielmehr eine (seriöse) ärztliche Behandlungsmethode dar, der Prof. Dr. K. als Koordinator des Hautkrebszentrums der Universitätsklinik E. bei der Krebserkrankung der Klägerin in der Summe ein viel höheres Potenzial als den unspezifischen Immuntherapien mit Interferon oder Yervoy beimisst. Die Beklagte und ersichtlich auch der MDK werden mit ihrer (zu engen) Auffassung den besonderen Leistungsanforderungen, die den gesetzlichen Krankenkassen nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung aus den Grundrechten der Versicherten erwachsen, im vorliegenden Fall nicht ausreichend gerecht (anders etwa LSG Hessen, Beschl. v. 28.03.2013, - L 8 KR 68/13 ZVW - ; LSG, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; zum Recht der beamtenrechtlichen Beihilfe etwa VGH Baden-Württemberg Urt. v. 14.07.2010, - 11 S 2730/09 -). Der Senat sieht sich mit dieser Rechtsprechung im Wesentlichen in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 26.2.2013, - 1 BvR 2045/12 -; zum Recht der privaten Krankenversicherung etwa BGH, Urt. v. 30.10.2013, - IV ZR 307/12 -).
b).
85 
Die auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachtenden Maßgaben des Arzneimittelrechts stehen der Leistungsgewährung nicht entgegen.
86 
Hinsichtlich der Herstellung der bei der Klägerin durch PD Dr. G. im mehreren Behandlungszyklen applizierten dendritischen Zellen als zelluläres Arzneimittel für neuartige Therapien (§§ 4 Abs. 9, 4b AMG) ist, wie der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. K. entnimmt, ein übliches Verfahren angewendet worden. Dass es keinen allgemein Herstellungsstandard gibt, ist nicht maßgeblich. Die Einwendungen im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H., der offenbar die angewandte Herstellungsmethode in ihrer Eigenart nicht hat nachvollziehen können, sind daher nicht berechtigt. Dass die Firma C. die dendritischen Zellen unter Verletzung des Arzneimittelrechts hergestellt und in Verkehr gebracht hätte, ist von der Beklagten letztendlich nur behauptet worden; stichhaltige Anhaltspunkte hierfür bestehen - auch im Hinblick auf das eingangs dargestellte - Übergangsrecht für Arzneimittel für neuartige Therapien nicht. Wie die Firma C. unter dem 27.02. 2014 mitgeteilt hat, hat sie die Herstellung dendritischer Zellen im April 2012 eingestellt. Die Herstellung dendritischer Zellen wird nunmehr von dem Labor Dr. G. vorgenommen. Die abschließende Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde über die von der Firma C. seinerzeit beantragte Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG ist offenbar nicht ergangen, so dass es für die streitige Zeit (2009, 2010) bei der Anwendung des Übergangsrechts (insbesondere § 144 Abs. 1 AMG) bleibt. Die Beklagte kann den grundrechtsfundierten Leistungsanspruch der Klägerin nicht unter Hinweis auf (verfahrensrechtliche) arzneimittelrechtliche Anforderungen an die Herstellung und Anwendung der bei der Klägerin applizierten dendritischen Zellen abwehren, nachdem insoweit sachliche Bedenken, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, nicht bestehen und auch weder von der Beklagten noch vom MDK (substantiiert) geltend gemacht werden.
3.)
87 
Die übrigen Voraussetzungen des von der Klägerin verfolgten Erstattungsbegehrens sind erfüllt. Die Klägerin hat die Behandlungskosten nach Maßgabe der Rechnungen des PD Dr. G. gezahlt und dessen Zahlungsanspruch erfüllt. Bedenken hinsichtlich der Höhe der Kosten sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.
88 
Insgesamt erweisen sich damit der Bescheid der Beklagten vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 sowie der Bescheid vom 06.08.2009 als rechtswidrig. Diese Bescheide können damit ebenso wenig Bestand haben wie das Urteil des SG. Der Berufung der Klägerin war in vollem Umfang stattzugeben.
IV.
89 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
90 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine selbst beschaffte augenärztliche Behandlung mit dem Arzneimittel Avastin (Wirkstoff Bevacizumab).

2

Die 1938 geborene Klägerin war bei der beklagten Krankenkasse (KK) bis zum 31.8.2008 versichert. Sie leidet an einer erheblichen Visuseinschränkung auf dem rechten Auge wegen rezidivierender Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem bei im Zeitraum 2006/2007 nahezu unbeeinträchtigtem Sehen auf dem linken Auge. Sie beantragte (14.9.2006), die Kosten für die intravitreale Injektion von Avastin zu übernehmen. Entsprechend einer Beurteilung von Prof. Dr. H. seien die Voraussetzungen eines Off-Label-Use von Avastin aufgrund eines diabetischen Makulaödems (zystoid persistierend) erfüllt. Avastin ist in Deutschland nur zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen zugelassen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 5.10.2006). Im November 2006, im Januar 2007 und im März 2007 ließ sich die Klägerin ärztlich intravitreal Avastin injizieren und wendete hierfür insgesamt 982,28 Euro auf. Ihr Überprüfungsantrag (12./15.10.2007) blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 18.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008). Das SG hat ihre Klage auf Kostenerstattung abgewiesen (Urteil vom 18.9.2008), das LSG ihre Berufung zurückgewiesen. Es fehle für einen Off-Label-Use an dem hierfür erforderlichen Wirksamkeitsnachweis. Es bestehe keine notstandsähnliche Situation und kein Seltenheitsfall (entsprechend BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 - Visudyne). Das Makulaödem trete eher häufig auf und sei deshalb erforschbar bzw sogar erforscht. Das Krankheitsbild der Klägerin könne von entsprechenden Studien "mit umfasst sein" (Urteil vom 25.5.2011).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und mangelhafte Sachverhaltsaufklärung. Zu Unrecht habe das LSG das Vorliegen des Kostenerstattungsanspruchs verneint. Es handele sich bei der rezidivierenden Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem um einen die Therapie mit Avastin rechtfertigenden Seltenheitsfall. Dies sei bei einer Inzidenz von 5 auf 10 000 Personen anzunehmen.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 2011, das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 18. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Oktober 2006 zurückzunehmen und ihr 982,28 Euro zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Denn die Klägerin hat gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung von 982,28 Euro Kosten dreier intravitrealer Injektionen von Avastin aus der hier allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage § 44 Abs 1 SGB X iVm § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046; vgl dazu 1.). Der Klägerin steht kein Anspruch zu, weil die Avastin-Injektionen nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehören (vgl dazu 2.-5.).

8

1. Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches - hier: § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20) - längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs 4 S 1 SGB X).

9

a) Es bedarf einer Einzelüberprüfung der Anspruchsvoraussetzungen trotz des zwischenzeitlich erfolgten Kassenwechsels der Klägerin. Zwar erlischt nach § 19 Abs 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft. Die Vorschrift findet auch bei einem Kassenwechsel Anwendung (vgl BSGE 99, 102 = SozR 4-2500 § 19 Nr 4 RdNr 12 mwN). Sie führt nach ihrem Sinn und Zweck aber nur zum Erlöschen der Naturalleistungspflicht der früheren Kasse (vgl BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34 RdNr 9 ff unter Aufgabe von BSGE 99, 220 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1 bzgl der Naturalleistungspflicht), nicht jedoch zum Erlöschen bereits entstandener Geldleistungsansprüche wie dem Anspruch auf Kostenerstattung für eine durch die bisherige KK zu Unrecht abgelehnte Leistung (vgl - dies stillschweigend voraussetzend - zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5; entsprechend zu höheren Krg-Ansprüchen zB BSG Urteil vom 10.5.2012 - B 1 KR 26/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; ausdrücklich für einen speziellen Fall BSGE 76, 45 = SozR 3-2500 § 29 Nr 2; vgl allgemein auch E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand November 2011, § 13 SGB V RdNr 82 ff mwN; Helbig in JurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 13 SGB V RdNr 87).

10

b) Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 SGB X sind indes nicht erfüllt. Die Beklagte wandte weder das Recht unrichtig an noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich als unrichtig erweist, als sie eine Kostenübernahme der Avastin-Injektionen für die Klägerin ablehnte (Bescheid vom 5.10.2006). Der Anspruch auf Kostenerstattung reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl nur BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 mwN - "Lorenzos Öl"). Es fehlt bereits an einem Naturalleistungsanspruch der Klägerin auf intravitreale Avastin-Injektionen.

11

Die Klägerin kann zwar nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um ihre rezidivierende Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem des rechten Auges zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung ua auch die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V). Das Arzneimittel Avastin ist aber mangels Arzneimittelzulassung für die Erkrankung der Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig (dazu 2.). Es besteht auch kein Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu 3.), der grundrechtsorientierten Leistungsausweitung (dazu 4.) oder des Seltenheitsfalles (dazu 5.). Da die Klägerin schon das Arzneimittel Avastin nicht als Naturalleistung beanspruchen kann, kommt es auf die weiteren Fragen nicht an, ob intravitreale Injektionen wegen ihrer Besonderheiten (etwa: Eigenarten der Applikation unter Beachtung der Spezifika des Zielgebiets; erforderlicher Hygienestandard; erforderliche Sicherungen für den Fall von Komplikationen) grundsätzlich einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) bedürfen oder - als der Art nach bekannte Anwendungsform einer Pharmakotherapie - gerade nicht (vgl § 135 SGB V),und ob das Fehlen einer ausdrücklichen EBM-Position einem Leistungsanspruch entgegensteht, oder etwa nach dem Rechtsgedanken eines Systemversagens überspielt werden kann (vgl dazu zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 13 f mwN; Hauck, NZS 2007, 461).

12

2. Die Klägerin konnte von der Beklagten Versorgung mit Avastin nach den allgemeinen Grundsätzen nicht verlangen. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV grundsätzlich ungeachtet weiterer Einschränkungen (vgl §§ 31, 34 SGB V) nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 ADHS/Methylphenidat).

13

So liegt es hier. Das begehrte Fertigarzneimittel Avastin ist zulassungspflichtig. Es ist weder in Deutschland noch EU-weit als Arzneimittel für die Indikation Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet zugelassen, das die genannte Erkrankung mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

14

3. Die Klägerin konnte eine Versorgung mit Avastin auch im Rahmen eines Off-Label-Use zur Behandlung ihres Makulaödems auf Kosten der GKV weder nach § 35c SGB V noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung beanspruchen. Für einen Anspruch aus § 35c SGB V liegt - schon mit Blick auf seinen zeitlichen Anwendungsbereich - nichts vor. Entsprechend dem Rechtsgedanken der heute geltenden Anmerkung zu Abschnitt K Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) (AM-RL vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 19.1.2012, BAnz AT 30.4.2012 B 3, in Kraft getreten am 1.5.2012) bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist (vgl BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - juris RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

15

Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

16

An einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten im dargelegten Sinne ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Klägerin bisher nicht gekommen.

17

4. Die Klägerin konnte Avastin nach den Grundsätzen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung zu Lasten der Beklagten ebenfalls nicht verlangen. Der erkennende Senat wendet diese Rechtsfigur für Arzneimittel nur einschränkend unter Beachtung der verfassungskonformen Wertungen des AMG an (vgl zB BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - USK 2007 - 25 RdNr 18 ff; BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 10 RdNr 9 ff; BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 17 RdNr 9 ff; dementsprechend Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der GKV - GKV-Versorgungsstrukturgesetz - BR-Drucks 456/11 S 74). Eine grundrechtsorientierte Leistungsauslegung setzt ua zumindest voraus, dass Versicherte an einer Krankheit leiden, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung wertungsmäßig vergleichbar ist (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31 - D-Ribose; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 mwN; vgl nunmehr auch § 2 Abs 1a SGB V idF durch Art 1 Nr 1 des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Hierzu zählt etwa der Fall einer drohenden Erblindung (vgl BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 31 mwN),nicht aber eine Krankheit unterhalb dieser Schwelle. So kann selbst zB eine hochgradige Beeinträchtigung der Sehfähigkeit nicht mit einer Erblindung auf eine Stufe gestellt werden (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 13 - ICL). An einer so weitgehenden Betroffenheit der Klägerin fehlt es. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)besteht bei ihr eine erhebliche Visuseinschränkung alleine auf dem rechten Auge, während sie mit dem linken Auge nahezu unbeeinträchtigt sehen kann.

18

5. Die Klägerin konnte Avastin auch nach den Grundsätzen eines Seltenheitsfalles nicht beanspruchen. Der erkennende Senat hält im Kern an seiner bisherigen Rechtsprechung zu den Anforderungen an einen Seltenheitsfall (dazu a) entgegen den Einwendungen der Klägerin (dazu b) fest. Die Behandlung der Klägerin erfüllte die danach maßgeblichen Anforderungen für einen Leistungsanspruch nicht (dazu c).

19

a) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats hat zu den Grundsätzen eines Seltenheitsfalles entschieden, dass ein Einzelimport eines Arzneimittels nach § 73 Abs 3 AMG ausnahmsweise zur Leistungspflicht der GKV führen kann, wenn das Mittel zur Behandlung einer einzigartigen Krankheit in einer außergewöhnlichen medizinischen Situation auf diesem Wege legal zu beschaffen ist(BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 23 ff - Visudyne). Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (vgl auch BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 14 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Leucinose). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht (BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 31 - Visudyne). Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann. Die Art möglicher wissenschaftlicher Studien über den Nutzen eines Arzneimittels spiegelt sich ua wider - geordnet nach den Stufen erreichbarer Evidenz im Rahmen der heute gesetzlich gebotenen Bewertung des therapeutischen Nutzens - im 4. Kapitel in § 7 Verfahrensordnung des GBA(VerfO vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.06.2009, zuletzt geändert am 19.1.2012, BAnz Nr 36 S 915 vom 2.3.2012, in Kraft getreten am 1.2.2012).

20

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es demgegenüber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (vgl zum Unterschied zwischen einem Seltenheitsfall nach der Rechtsprechung des Senats und "seltenen Erkrankungen" iS des Unionsrechts bzw der Zuerkennung eines "orphan-drug"-Status bereits BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 2, 17 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 5, 14 - Idebenone; kritisch gegenüber der Senatsrechtsprechung Lelgemann/Francke, Bundesgesundheitsbl 2008, 509, 513 ff; vgl auch BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 14 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Leucinose: Ursachen, Wirkungen und Therapiemöglichkeiten bekannt trotz einer Inzidenz von 1 auf 200 000 Geburten). Die Besonderheiten seltener Erkrankungen rechtfertigen es grds nicht, die Evidenzanforderungen an Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln für ihre Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV abzusenken. Es bestünde andernfalls die Gefahr, dass das für die Besonderheiten seltener Erkrankungen geschaffene differenzierte Zulassungssystem umgangen wird. Arzneimittelverwendung außerhalb der zugelassenen Indikationen bedeutet, Arzneimittel ohne die arzneimittelrechtlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheit und Qualität einzusetzen. Diese Kontrolle soll in erster Linie Patienten vor inakzeptablen unkalkulierbaren Risiken für die Gesundheit schützen. Ausnahmen kommen nur in engen Grenzen aufgrund einer Güterabwägung in Betracht, die der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegenwirkt (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 18 mwN - Idebenone; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 33 - Venimmun; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - USK 2007-25 = juris RdNr 21; BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 23 - Visudyne).

21

Eine Absenkung der genannten Evidenzanforderungen erschiene auch deshalb problematisch, weil sich das nationale GKV-Leistungsrecht in Widerspruch zu Wertungen des europäischen Zulassungsrechts für Arzneimittel setzen würde, insbesondere bei einer Ausdehnung der "Seltenheitsfälle" dem Zulassungsrecht für Arzneimittel seine praktische Wirksamkeit nehmen könnte (vgl im Hinblick auf die Unvereinbarkeit nationaler Regelungen mit dem - den notwendigen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dienenden - unionsrechtlichen Arzneimittelzulassungsrecht zuletzt EuGH Urteil vom 29.3.2012 C-185/10 Kommission/Polen - juris). Es widerspräche der Zielsetzung sowohl der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl L 311 vom 28.11.2001, S 67, zuletzt geändert durch Richtlinie 2011/62/EU vom 8.6.2011) als auch des deutschen Zulassungsrechts für Arzneimittel. Im Rahmen der Marktzulassung unterliegen Arzneimittel für seltene Leiden grundsätzlich dem "normalen Bewertungsverfahren" (vgl Erwägungsgrund 7 VO [EG] Nr 141/2000 vom 16.12.1999, ABl L 18 vom 22.1.2000, S 1). Denn an seltenen Erkrankungen leidende Patienten haben denselben Anspruch auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln wie andere Patienten (kritisch zu den in der Zulassungspraxis angelegten Evidenzanforderungen aber Joppi/Bertele/Garattini, British Journal of Clinical Pharmacology 2009, Bd 67, 494 ff; ferner Dupont/Van Wilder, British Journal of Clinical Pharmacology 2011, Bd 71, 488 ff).

22

Allein der anerkannte Status als Arzneimittel für seltene Leiden rechtfertigt nicht bereits für sich Einschränkungen der grundsätzlich bestehenden Notwendigkeit, umfassende Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels vorzulegen (vgl im Einzelnen EMA, Guideline on procedures for the granting of a marketing authorisation under exceptional circumstances, pursuant to Article 14 (8) of Regulation (EC) No 726/2004 vom 15.12.2005, Dokumentennummer EMEA/357981/2005, S 4). Denn hierfür ist die Prävalenzrate, die über die Anerkennung als seltene Erkrankung insbesondere entscheidet (vgl Art 3 Abs 1 VO [EG] Nr 141/2000 iVm Art 2 der VO [EG] Nr 847/2000 der Kommission vom 27.4.2000 zur Festlegung von Bestimmungen für die Anwendung der Kriterien für die Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden und von Definitionen für die Begriffe "ähnliches Arzneimittel" und "klinische Überlegenheit", ABl L 103 vom 28.4.2000, S 5), wenig aussagekräftig.

23

Im europäischen Sekundärrecht wird ein Arzneimittel als Arzneimittel für seltene Leiden ua ausgewiesen, wenn der Investor nachweisen kann, dass a) das Arzneimittel für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt ist, das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinschaft nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind, und b) in der Gemeinschaft noch keine zufriedenstellende Methode für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung des betreffenden Leidens zugelassen wurde oder dass das betreffende Arzneimittel - sofern eine solche Methode besteht - für diejenigen, die von diesem Leiden betroffen sind, von erheblichem Nutzen sein wird (vgl Art 3 Abs 1 VO [EG] Nr 141/2000 iVm Art 2 der VO [EG] Nr 847/2000 der Kommission vom 27.4.2000 zur Festlegung von Bestimmungen für die Anwendung der Kriterien für die Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden und von Definitionen für die Begriffe "ähnliches Arzneimittel" und "klinische Überlegenheit", ABl L 103 vom 28.4.2000, S 5; vgl hierzu auch Dear/Lilitkarntakul/Webb, British Journal of Clinical Pharmacology 2006, Bd 62, 264, 266 ua auch zu der Einführung der Begrifflichkeit sog "ultra-orphan diseases" für Erkrankungen mit einer deutlich geringeren Prävalenzrate als vom europäischen Sekundärrecht gefordert; vgl zu Herkunft und Entwicklung von Begriff und Definition der "seltenen Erkrankungen", insbesondere auch zu dem Versuch, das eigentliche Problem aus Herstellersicht nicht ausreichender Gewinnerwartungen mit Hilfe der Prävalenzrate einer Krankheit abzubilden, Huyard, Sociology of Health & Illness 2009, 463 ff).

24

Dementsprechend gilt das "normale" Verfahren zur Bewertung von Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit grundsätzlich auch für Arzneimittel für seltene Leiden. Die Regelung schließt es nur nicht aus, die besondere Situation seltener Erkrankungen zu berücksichtigen. Das unionsrechtliche Zulassungssystem ist vielmehr im Grundsatz offen für eine Berücksichtigung der beim Nachweis von Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit bei seltenen Erkrankungen bestehenden strukturellen Schwierigkeiten. Nach Nr 4 des Anhangs der VO [EG] Nr 726/2004 vom 31.3.2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl L 136 vom 30.4.2004, S 1, zuletzt geändert durch VO [EG] Nr 470/2009 vom 6.5.2009) sind Arzneimittel, die als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der VO [EG] Nr 141/2000 ausgewiesen sind, von der Union im zentralen Zulassungsverfahren zu genehmigen, um verkehrsfähig zu sein (vgl Art 3 Abs 1 und - für den fakultativen Anwendungsbereich des zentralisierten Zulassungsverfahrens - Abs 2 und 3 VO [EG] Nr 726/2004). Im Hinblick auf die für die Genehmigung vorzulegenden Nachweise verweist Art 6 Abs 1 S 1 VO [EG] Nr 726/2004 ua auf Anhang I der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl L 311 vom 28.11.2001, S 67, zuletzt geändert durch Richtlinie 2011/62/EU vom 8.6.2011).

25

Nach dem sich mit sog orphan drugs befassenden Teil III Nr 5 des Anhangs I des Gemeinschaftskodexes idF der Richtlinie 2003/63/EG vom 25.6.2003 können für entsprechend der VO [EG] Nr 141/2000 als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesene Arzneimittel die allgemeinen Bestimmungen von Teil II Nr 6 ("Unterlagen bei Anträgen unter außergewöhnlichen Umständen") gelten, wenn der Antragsteller in den präklinischen und klinischen Zusammenfassungen begründet, warum er keine vollständigen Angaben vorlegen kann und er das Nutzen/Risiko-Verhältnis des betreffenden Arzneimittels für seltene Leiden begründet. Nach Teil II Nr 6 kann unter bestimmten spezifischen Auflagen (zB Durchführung eines Versuchsprogramms mit anschließender Neubeurteilung des Nutzen/Risikoprofils, besonderen Anforderungen an die Abgabe des Arzneimittels oder an die Packungsbeilage und die Fachinformation) eine Zulassung erteilt werden, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass er keine vollständigen Auskünfte über die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei bestimmungsgemäßen Gebrauch erteilen kann, weil die Indikationen, für die das betreffende Arzneimittel bestimmt ist, so selten vorkommen, dass dem Antragsteller billigerweise nicht zugemutet werden kann, die vollständigen Angaben vorzulegen (vgl hierzu näher die entsprechenden Leitlinien der EMA, insbesondere den "Guideline on procedures for the granting of a marketing authorisation under exceptional circumstances, pursuant to Article 14 (8) of Regulation (EC) No 726/2004" vom 15.12.2005, Dokumentennummer EMEA/357981/2005). Damit korrespondiert Art 14 Abs 8 S 2 VO [EG] Nr 726/2004. Hiernach kann der Antragsteller im Rahmen einer solchen Genehmigung aufgrund außergewöhnlicher Umstände verpflichtet werden, besondere Verfahren zu schaffen, die insbesondere die Sicherheit des Arzneimittels, die Information der zuständigen Behörden über alle Zwischenfälle im Zusammenhang mit seiner Verwendung und die zu ergreifenden Maßnahmen betreffen. Nach S 3 ist die Aufrechterhaltung einer solchen im Ausnahmefall erteilten Genehmigung von der jährlichen Neubeurteilung ihrer Erteilungsvoraussetzungen abhängig.

26

Aus dem nationalen Zulassungsrecht ergibt sich für einen Antrag auf Zulassung im dezentralen Verfahren nichts Anderes. Die für die Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel (§ 1 AMG)vorzulegenden Zulassungsunterlagen bestimmt insbesondere § 22 AMG. Die dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechenden Anforderungen an diese Unterlagen lassen sich den auf der Grundlage des § 26 AMG erlassenen und zurzeit noch in der Form von Verwaltungsvorschriften geltenden Arzneimittelprüfrichtlinien entnehmen. Art 2 Nr 2 der Zweiten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien vom 11.10.2004 (BAnz 2004, Nr 197 S 22037) verweist vollständig auf Überschrift und Wortlaut des Anhangs I zur Richtlinie 2001/83/EG ("Gemeinschaftskodex") idF der Richtlinie 2003/63/EG. Auch insoweit besteht - ausgehend von den allgemeinen Anforderungen - lediglich die Möglichkeit einer erleichterten Zulassung unter Auflagen bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände wie dem seltenen Auftreten einer Erkrankung.

27

c) Das LSG hat die danach rechtlich maßgebliche Feststellung, dass die Erkrankung der Klägerin aufgrund ihrer Einzigartigkeit im dargelegten Sinne medizinisch nicht erforschbar ist, im angegriffenen Urteil verneint. Es hat festgestellt, dass das Krankheitsbild der Klägerin erforschbar sei, weil es von Studien zum eher häufig auftretenden Makulaödem "mit umfasst sein" könne. Der Senat ist an diese getroffene Feststellung gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit der Revision rügt, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, diese Annahme zu überprüfen, hat sie iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen(vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 68 ff mwN).

28

Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49). Bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, muss der Revisionskläger deshalb die Tatsachen bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 69 mwN; BSG SozR 1500 § 160a Nr 34 S 50; BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; BSG SozR Nr 7 zu § 103 SGG). Hierzu gehört auch die Benennung konkreter Beweismittel, deren Erhebung sich dem LSG hätte aufdrängen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2010, § 164 RdNr 12a). Es ist ferner darzulegen, zu welchem Ergebnis nach Auffassung des Revisionsklägers die für erforderlich gehaltenen Ermittlungen geführt hätten (vgl BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 30).

29

Die Klägerin genügt diesen Anforderungen nicht. Sie legt mit ihrer Rüge nicht dar, aufgrund welcher Tatsachen sich das LSG zu einer weiteren Tatsachenermittlung hätte gedrängt fühlen müssen. Sie geht nicht darauf ein, dass bereits das SG unter Berufung auf den Zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 22.1.2001 über die Beratungen gemäß § 135 Abs 1 SGB V zur Photodynamischen Therapie (PDT) mit Verteporfin bei altersabhängiger feuchter Makuladegeneration mit subfoveolären klassischen choriodalen Neovaskularisationen die Möglichkeit bejaht hat, das Krankheitsbild der Klägerin zu erforschen. Sie legt nicht dar, mit Blick auf welches Vorbringen sich das LSG zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Im Übrigen bezeichnet die Klägerin auch die zu erhebenden Beweismittel nicht konkret.

30

Die Klägerin versäumt es ferner, das Ergebnis der für erforderlich gehaltenen Ermittlungen darzulegen und auszuführen, ob und inwieweit dieses nach dem sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG zu einer anderen Berufungsentscheidung geführt hätte. Diese Ausführungen wären erforderlich gewesen, denn nur so ist für das Revisionsgericht allein aus der Revisionsbegründung ersichtlich, ob das angegriffene Urteil auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann.

31

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die ambulante Versorgung des Klägers mit Fertigarzneimitteln, die das bakterielle Nervengift Clostridium botulinum Toxin Typ A (Botulinumtoxin A ) enthalten.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1954 geborene Kläger leidet an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Paraparese der Beine. Wegen zunehmender, die Gangstörung weiter verschlechternder Beinspastik mit Betonung der Oberschenkelinnenseiten (Adduktorenspastik) behandelte ihn die Universitätsklinik für Neurologie des Universitätsklinikums M. ab Mai 2001 bis April 2005 im Rahmen mehrerer, jeweils mehrtägiger stationärer Aufenthalte auf Kosten der Beklagten mit einem BTX/A-Präparat. Die Beklagte lehnte den bereits im August 2001 gestellten Antrag ab, die Kosten für eine ambulante BTX/A-Therapie zu übernehmen (Bescheid vom 7.9.2001, Widerspruchsbescheid vom 17.1.2002). BTX/A sei nämlich nicht für die Behandlung einer Adduktorenspastik zugelassen. Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine ambulante BTX/A-Therapie als zulassungsüberschreitende Anwendung (Off-Label-Use) zu gewähren (Urteil vom 28.2.2006). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die nunmehr auf Fortsetzungsfeststellung gerichtete Klage abgewiesen: Zwar sei derzeit keine BTX/A-Therapie der fortbestehenden Adduktorenspastik des Klägers erforderlich. Doch bestehe ein Feststellungsinteresse, weil die BTX/A-Therapie der Adduktorenspastik jederzeit wieder notwendig werden könne. Der Kläger habe nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 31 Abs 1 SGB V keinen Anspruch auf Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff BTX/A, da ihnen eine Zulassung für die Indikation "Adduktorenspastik" fehle. Sie erfüllten auch nicht die Voraussetzungen eines Off-Label-Use, da keine abgeschlossene einschlägige Phase III-Studie veröffentlicht sei. Eine notstandsähnliche Situation, die eine grundrechtsorientierte Erweiterung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rechtfertige, bestehe ebenfalls nicht. Das den Kläger behandelnde Krankenhaus sei nicht nach § 116b SGB V berechtigt, die begehrten ambulanten Behandlungen der Adduktorenspastik zu erbringen. Ein Behandlungsanspruch nach § 117 SGB V scheitere daran, dass auch die Hochschulambulanzen nur innerhalb der von § 135 SGB V vorgegebenen Grenzen Leistungen erbringen dürften(Urteil vom 17.6.2010).

3

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung des Art 2 Abs 2 GG und des § 117 SGB V. Er habe wegen seiner schweren Erkrankung auch ohne Phase III-Studien Anspruch auf die ambulante BTX/A-Therapie seiner Adduktorenspastik. Außerdem rügt er, das LSG habe eine im Jahr 2004 vorgestellte multizentrische doppelblinde, plazebokontrollierte Studie nicht berücksichtigt.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. Februar 2006 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte durch den Bescheid vom 7. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2002 rechtswidrig dem Kläger bei vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit Fertigarzneimitteln, die den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthalten, zur ambulanten Behandlung seiner Adduktorenspastik verweigert hat.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

7

II. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten KK das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klage ist zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.-6.). Der Kläger hat gegen die Beklagte nämlich keinen Anspruch auf ambulante Behandlung seiner Adduktorenspastik mit einer BTX/A-Therapie, auch nicht in einer Hochschulambulanz.

8

1. Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässig mit der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG). Diese Regelung des SGG gilt ausdrücklich für Anfechtungsklagen, ist aber entsprechend auf kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen anzuwenden (stRspr, vgl zB BSGE 92, 46 = SozR 4-2500 § 61 Nr 1; Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 131 RdNr 59 mwN). Das ursprüngliche Leistungsbegehren des Klägers hat sich während des Rechtsstreits erledigt, weil eine BTX/A-Therapie der Adduktorenspastik des Klägers im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim LSG (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 5 mit Blick auf die Zukunftsausrichtung des Naturalleistungsbegehrens; s dazu etwa BSGE 88, 166, 167 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 26 mwN; BSGE 91, 32 = SozR 4-2500 § 28 Nr 1, RdNr 7)nach dessen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) medizinisch nicht erforderlich war.

9

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte sein Begehren rechtswidrig abgelehnt hat, da nach den Feststellungen des LSG Wiederholungsgefahr besteht (vgl zu den Fallgruppen des berechtigten Interesses Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 131 RdNr 75 ff mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 131 RdNr 10b mwN). Eine Wiederholungsgefahr setzt die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage beim Kläger voraus (vgl BSG SozR 4-2500 § 17 Nr 3 RdNr 13 mwN). So liegt es etwa, wenn sich konkret abzeichnet, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen oder rechtlichen Umständen ein gleichartiges Leistungsbegehren wieder auftreten kann. Nach den Feststellungen des LSG kann bei der fortbestehenden Krankheit jederzeit wieder ein BTX/A-Therapiebedarf im Adduktorenbereich auftreten.

10

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem den Wirkstoff BTX/A enthaltenden Fertigarzneimittel im Rahmen ambulanter Behandlung seiner Adduktorenspastik. Die begehrten Fertigarzneimittel besitzen weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der beim Kläger bestehenden Krankheit (dazu 3.) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu 4.). Der Kläger kann auch keinen Einzelimport von BTX/A enthaltenden Fertigarzneimitteln verlangen, weil weder ein sog Seltenheitsfall noch ein Fall grundrechtsorientierter Leistungsausweitung gegeben ist. Auf ein sog Systemversagen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu 5.). Schließlich ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die BTX/A-Therapie durch die Universitätsklinik für Neurologie des Universitätsklinikums M. nach § 117 SGB V als ambulante Therapie durchgeführt worden ist und weiterhin durchgeführt werden kann(dazu 6.).

11

3. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - hier mit dem Wirkstoff BTX/A - grundsätzlich ungeachtet weiterer Einschränkungen (vgl §§ 31, 34 SGB V)nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V) nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 ADHS/Methylphenidat). So liegt es hier. Die begehrten Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff BTX/A sind zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für die Indikation Adduktorenspastik oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Adduktorenspastik mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

12

Keine Zulassung für Deutschland liegt darin, dass angeblich in Italien eine Zulassung BTX/A enthaltender Arzneimittel für Beinspastik ohne Bedeutung der Ursache, damit uU auch für eine Adduktorenspastik besteht. Insoweit eröffnet zwar § 25b Abs 2 AMG die Möglichkeit eines erleichterten Verfahrens der gegenseitigen Anerkennung mit der Folge, dass das bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassene Arzneimittel grundsätzlich auch im Inland zuzulassen ist(näher dazu Friese in Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, 2010, § 5 RdNr 5 f und 156 ff; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand Januar 2011, § 25b AMG RdNr 13 ff). Die bloße Möglichkeit, dass es einem pharmazeutischen Unternehmen offensteht, im Verfahren nach § 25b Abs 2 AMG die Zulassung eines bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassenen Arzneimittels herbeizuführen, ersetzt aber nicht die Zulassungsentscheidung.

13

4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit BTX/A-haltigen Fertigarzneimitteln im Rahmen eines Off-Label-Use zur Behandlung der Adduktorenspastik auf Kosten der GKV, weder nach § 35c SGB V(dazu a) noch nach allgemeinen Grundsätzen (dazu b).

14

a) Bei der streitigen BTX/A-Therapie handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 6 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V und zu Empfehlungen nach § 137f SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 Satz 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2011, BAnz Nr 156 S 3609 vom 14.10.2011) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI Teil A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL benennt hierbei BTX/A nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 Satz 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, b), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

15

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Absatzes 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Der Kläger beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

16

b) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

17

Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das (konkrete) Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann nur angenommen werden, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder (b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sind. Soweit man aus der früheren Rspr des Senats (BSGE 89, 184, 192 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36)ein unterschiedliches Schutzniveau vor und während laufender Zulassungsverfahren ableiten kann, gibt der Senat diese Rspr klarstellend auf. Außerhalb und während eines Zulassungsverfahrens muss die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich entsprechen. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 16 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 ADHS/Methylphenidat). Dies bedeutet, dass der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens zu erbringende wissenschaftliche Nachweis durch Studien erbracht werden muss, die die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllen. Daran fehlt es. Nach den Feststellungen des LSG, welche nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen und damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), ist es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie der Phase III mit Relevanz für den Kläger bisher nicht gekommen.

18

Die sinngemäß erhobene Rüge des Klägers, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG)verletzt, greift nicht durch. Eine Verletzung des § 103 SGG liegt lediglich vor, wenn das Tatsachengericht Ermittlungen unterlässt, obwohl es sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen(stRspr vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 5; Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 103 RdNr 86 ff mwN). Daran fehlt es. Das LSG hat die Anforderungen des BSG zugrunde gelegt, wonach für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV - wie dargelegt - einschlägige Studien der Phase III veröffentlicht sein müssen. Bei diesem Ausgangspunkt drängt es sich nicht auf, für den 1954 geborenen Kläger eine Studie zu würdigen, die im Jahre 2004 anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie in Bern vorgestellt wurde und der Frage des Effektes von BTX/A bei der Behandlung der Adduktorenspastik bei Kindern mit Zerebralparese im Alter von zwei bis zu zehn Jahren nachging. Dies gilt erst recht unter Beachtung der Wertungen der Rspr, wonach in der GKV versicherte Erwachsene grundsätzlich keinen Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung eines nur zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassenen Arzneimittels unter erleichterten Voraussetzungen haben, selbst wenn eine gleiche Wirksamkeit des Mittels unterstellt wird (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15).

19

Es ist für den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers auch ohne Belang, dass eine Stellungnahme des Arbeitskreises Botulinumtoxin eV vom 4.5.2006 die Anwendung von BTX/A unabhängig von der Ursache befürwortet und nationale sowie europäische Konsensusgruppen explizit BTX/A bei Adduktorenspastik empfehlen (vgl Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Therapie des spastischen Syndroms, Stand 2008, S 8). Grundsätzlich bestimmen nicht Leitlinien und Konsensempfehlungen medizinischer Fachgesellschaften den Umfang der Leistungsansprüche der Versicherten der GKV. Das Leistungsrecht ist vielmehr insbesondere von den Vorgaben des § 2 Abs 1 Satz 1 und 3, § 12 SGB V geprägt, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen müssen. Für Fertigarzneimittel werden diese Anforderungen in der oben dargelegten Weise konkretisiert.

20

5. Der Kläger kann auch keinen Einzelimport nach § 73 Abs 3 AMG von BTX/A enthaltenden Fertigarzneimitteln zu Lasten der Beklagten verlangen. Weder ist ein sog Seltenheitsfall (dazu a) noch ein Fall grundrechtsorientierter Leistungsausweitung gegeben (dazu b). Auf ein sog Systemversagen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu c).

21

a) Der erkennende Senat zieht im Rahmen des § 73 Abs 3 AMG ausnahmsweise die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV selbst ohne Inlandszulassung in Erwägung, wenn es sich um einen Fall der Seltenheit handelt(vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 43 mwN). Die Voraussetzungen eines sog Seltenheitsfalls sind indes nicht erfüllt. Die Inzidenz der spastischen Beinparese ist, wie schon die Zulassung von BTX/A für den spastischen Spitzfuß belegt, für eine systematische wissenschaftliche Erforschung ausreichend hoch, um auch die Behandlung der Adduktorenspastik mittels BTX/A auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen. Das zieht auch der Kläger letztlich nicht in Zweifel.

22

b) Auch ein Anspruch auf BTX/A enthaltende Fertigarzneimittel zu Lasten der Beklagten im Rahmen eines Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung besteht nicht(vgl zu den Voraussetzungen BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31/32 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 23 - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 16 mwN - Mnesis/Idebenone; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - "Lorenzos Öl"; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 45 f mwN - ADHS/Methylphenidat).

23

Die verfassungskonforme Auslegung setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt. Um eine solche Erkrankung geht es bei dem Leiden des Klägers nicht. Nach den unangegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) leidet der Kläger an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Paraparese der Beine, Sekundärschäden am knöchernen Apparat (Coxarthrose, Pseudoradikulärsyndrom) und sich dadurch verstärkender Spastik bei in Ruhe einschießenden schmerzhaften Spasmen. Mit diesen Auswirkungen seiner Krankheit wird nicht die Schwelle erreicht, welche allgemein für eine grundrechtskonforme erweiternde Auslegung des Leistungsrechts der GKV zu fordern ist. Das Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, umschreibt nämlich eine strengere Voraussetzung, als sie mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use formuliert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 34 - Neuropsychologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 17 - Mnesis/Idebenone). Das BSG hat dementsprechend das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit den in diesem Bereich zu verlangenden notstandsähnlichen Extremsituationen auch schon in ähnlichen Fällen mit durchaus gravierenden Beeinträchtigungen verneint (vgl die Übersicht in BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 15 - ICL).

24

c) Ein sog Systemversagen aufgrund zögerlicher oder willkürlicher Bearbeitung spielt weder im Rahmen des Einzelimports noch - über das oben Ausgeführte hinaus - für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV eine Rolle, soweit allein die Versorgung mit einem Fertigarzneimittel betroffen ist. Anders liegt es lediglich, wenn zugleich und parallel hierzu eine neue vertragsärztliche Behandlungsmethode betroffen ist (vgl dazu BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 22 ff - Visudyne).

25

6. Die Begrenzung des Anspruchs des Klägers auf die Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln wird abgesehen von den dargestellten und hier verneinten Ausnahmen nicht dadurch aufgehoben oder geändert, dass eine Hochschulambulanz nach § 117 SGB V behandelt oder zur Behandlung in Betracht kommt.

26

§ 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind weiterhin Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V) ist nach § 117 Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) verpflichtet, auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken die Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen. § 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Satz 1 SGB V(ab 1.7.2008 idF von Art 6 Nr 16 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28.5.2008, BGBl I 874) beschreiben näher die Rechtsfolge einer solchen Ermächtigung: Die ermächtigte Einrichtung ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet.

27

Hiernach vermag die Behandlung durch Ärzte einer Hochschulambulanz zugunsten des Klägers keinen anderen Versorgungsanspruch zu begründen als den, der ihm zusteht, wenn er sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begibt. Auch die Ärzte einer Hochschulambulanz dürfen dem Kläger nur für die jeweilige Indikation zugelassene Fertigarzneimittel verordnen, es sei denn, dass eine gesetzliche oder richterrechtliche Ausnahme eingreift. Das ist indes - wie oben dargestellt - hier nicht der Fall.

28

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für das selbst beschaffte Arzneimittel Iscador M (Iscador).

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin erkrankte an einem Mammakarzinom, das im Juli 2007 operativ entfernt wurde. Die Klägerin erhielt im Anschluss an die durchgeführte Chemotherapie eine Therapie mit dem apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen anthroposophischen Mistelpräparat Iscador zunächst zu Lasten der Beklagten. Die Klägerin beantragte, die von ihrer Hausärztin und dem Gynäkologen Dr. S. befürwortete adjuvante Iscador-Therapie für weitere fünf Jahre zu übernehmen (13.12.2011). Die Beklagte lehnte dies ab: Die Tumorbehandlung mit Mistelpräparaten zu Lasten der KK sei auf die palliative Behandlung beschränkt (Bescheid vom 27.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 15.6.2012). Die Klägerin hat sich deshalb schrittweise Iscador aufgrund privatärztlicher Verordnung für insgesamt 1504,27 Euro selbst verschafft. Ihre Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 18.12.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V lägen nicht vor. Die Verordnung von Mistelpräparaten unterliege Anwendungsbeschränkungen (§ 34 Abs 1 S 1 und 2 SGB V, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V iVm § 12 Abs 6 und der Anlage I zum Abschnitt F der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Arzneimittel-Richtlinie ). Mistelpräparate seien danach zu Lasten der KK nicht im Rahmen einer adjuvanten, sondern nur einer palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität verordnungsfähig. Das habe auch schon vor der klarstellenden Änderung des § 12 Abs 6 S 1 AM-RL mWv 21.6.2012 gegolten (Urteil vom 12.11.2014).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der § 34 Abs 1 S 2, 3, Abs 3 S 2 und § 2 Abs 1 S 2 SGB V und macht Verfahrensfehler geltend.

4

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Dezember 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 1504,27 Euro zu erstatten,

 hilfsweise,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das selbstbeschaffte anthroposophische Mistelpräparat Iscador gegen die beklagte KK.

8

Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten - § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(dazu 1.) - sind nicht erfüllt. Iscador ist als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel für die adjuvante Krebstherapie grundsätzlich nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Der GBA macht hiervon in der AM-RL lediglich für Mistelpräparate beschränkt auf den Einsatz in der palliativen Therapie eine Ausnahme, indem er diese in die Liste der verordnungsfähigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel aufnahm. Die Anwendungsbeschränkung "in der palliativen Therapie" gilt auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtung Anthroposophie (dazu 2.). Die Regelung der AM-RL steht mit Gesetzesrecht (dazu 3.) und Verfassungsrecht in Einklang (dazu 4.). Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Verletzung europäischen Rechts berufen (dazu 5.).

9

1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Die Norm bestimmt: Hat die KK eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand: Juni 2015, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Hierfür genügt schon ein sachleistungsersetzender Kostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens (vgl BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 8). An einem Naturalleistungsanspruch in diesem Sinne fehlt es.

10

2. Die Versorgung Versicherter mit dem Arzneimittel Iscador zur adjuvanten Krebstherapie ist nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Das Mittel ist mangels Verschreibungspflicht gesetzlich grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen (dazu a). Der GBA hat es auch nicht in die Liste dennoch verordnungsfähiger Arzneimittel aufgenommen (dazu b).

11

a) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V ausgeschlossen sind(§ 31 Abs 1 S 1 SGB V). Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Iscador sind gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB V von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen.

12

b) Der GBA hat keine Ausnahme vom grundsätzlich bestehenden Versorgungsausschluss für Iscador geregelt. Der GBA legt in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs 1 S 3 SGB V). Das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Iscador ist nach der AM-RL des GBA lediglich palliativ, nicht aber in der adjuvanten Krebstherapie ausnahmsweise verordnungsfähig. Dies gilt sowohl für die Zeit bis 20.6.2012 (dazu aa) als auch für die Zeit ab dem 21.6.2012 (dazu bb).

13

aa) Die ab Dezember 2011 geltende Fassung der AM-RL lässt lediglich die Versorgung mit Mistel-Präparaten zu Lasten der GKV in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität zu. Die AM-RL wiederholt zunächst den grundsätzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V(vgl § 4 Abs 2 Nr 2, § 12 Abs 1 AM-RL 2011 in der ab 1.12.2011 maßgebenden Fassung vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009 Nr 49a vom 31.3.2009, zuletzt geändert am 20.10.2011, BAnz Nr 173 vom 17.11.2011 S 4041), sodann den vom GBA auszufüllenden Ausnahmetatbestand (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V), dass Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten (vgl § 4 Abs 4, § 12 Abs 2 AM-RL). Sie definiert Krankheiten als schwerwiegend, die lebensbedrohlich sind oder aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen (§ 12 Abs 3 AM-RL). Als Therapiestandard gilt nach der AM-RL ein Arzneimittel, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§ 12 Abs 4 AM-RL). Die AM-RL führt sodann schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung in ihrer Anlage I (OTC-Übersicht) auf (§ 12 Abs 5 AM-RL). Die Anlage I der AM-RL bezeichnet in Nr 32 als ausnahmsweise verordnungsfähige Arzneimittel Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität. Die Regelung erfasst dagegen nicht die betroffene Versorgung der Klägerin mit Iscador, auch wenn es auf Mistellektin normiert sein sollte. Hierzu wie auch zum Schweregrad der Erkrankung der Klägerin fast fünf Jahre nach der Tumorentfernung hat das LSG - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Denn die Klägerin erhielt Iscador im Rahmen einer adjuvanten, nicht einer palliativen Therapie.

14

Die AM-RL bezieht die adjuvante Tumortherapie mit Iscador auch nicht durch die Regelung über Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie in den GKV-Leistungskatalog ein (§ 12 Abs 6 AM-RL). Danach kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist.

15

Die Verordnung eines anthroposophischen Arzneimittels (zur Legaldefinition s § 4 Abs 33 Arzneimittelgesetz) zu Lasten der GKV "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen" setzt schon nach dem klaren Wortlaut voraus, dass ua alle in der Anlage I Nr 32 genannten Merkmale erfüllt sind. Sie umfasst nach ihrem Wortlaut mit dem Begriff "Indikationsgebiete" auch die Anwendungsvoraussetzungen - hier in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität -, die den zweckbestimmten Einsatz der Wirkstoffe beschreiben. In der medizinischen Wissenschaft bezeichnet der Begriff "Indikation" bei einem Arzneimittel die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung. Die Anwendungsbezogenheit eines Arzneimittels zeigt sich auch bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Danach ist der Begriff Indikation bzw Anwendungsgebiet gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff "Indikation". Er bezeichnet die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, umschreibt also das Gebiet, in dem das Arzneimittel im konkreten Fall eingesetzt werden soll (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 f; BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 35 f; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12 RdNr 43; Kloesel/Cyran, Kommentar zum Arzneimittelrecht - AMG, Stand 1.4.2014, Bd 2, § 11 Anm 36; zum Begriff der Indikation siehe auch Hauck, NJW 2013, 3334).

16

Die Regelung des § 12 Abs 6 AM-RL unterscheidet zudem systematisch zwischen dem "Indikationsgebiet" und der "schwerwiegenden Erkrankung". Sie ergäbe einen anderen Sinn, reichte - wie die Klägerin meint - die schwerwiegende Erkrankung für eine Verordnung des Mistelpräparats aus. Der GBA hat gerade nicht geregelt, dass "für die in der Anlage I aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen kann, sofern dies nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist".

17

Die Regelung des § 12 Abs 6 AM-RL bezweckt, an die gesetzliche Voraussetzung der "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", anzuknüpfen, und zwar konkret an die "in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen". Eine Voraussetzung für die Verordnung des Arzneimittels Iscador ist dementsprechend jedenfalls auch dessen Einsatz in der palliativen Tumortherapie zur Verbesserung der Lebensqualität. Daran fehlte es bei der Klägerin.

18

Die Entwicklungsgeschichte der AM-RL und der OTC-Übersicht bestätigt die Auslegung des erkennenden Senats. Vorgängerregelung zu § 12 Abs 6 AM-RL war die im Wesentlichen wortgleiche Regelung in Nr 16.5 AM-RL aF, die ebenfalls eine vollumfängliche Bezugnahme auf alle in - der OTC-Übersicht entsprechenden - Nr 16.4 AM-RL aF genannten Merkmale also auch auf den Einsatz in der Palliativmedizin enthielt. Dies wird bereits in der Überschrift zu 16.4 AM-RL aF "Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika" deutlich, die nicht zwischen "Anwendungsvoraussetzungen" und "Indikationsgebiete" unterscheidet. Wenn 16.5 AM-RL aF nun auf die im Abschnitt 16.4 AM-RL aF "aufgeführten Indikationsgebiete" verweist, kann damit nur eine vollumfängliche Bezugnahme auf die in 16.4 AM-RL aF genannten Voraussetzungen gemeint sein. Anderenfalls hätte es genügt, in 16.5 der AM-RL auf die im Abschnitt 16.4 AM-RL aF genannten "schwerwiegenden Erkrankungen" zu verweisen.

19

Nachdem dennoch eine Diskussion darüber entstand, ob durch den Passus der Nr 16.5 AM-RL aF "für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt" eine vollumfängliche Bezugnahme auf alle in Nr 16.4 AM-RL aF jeweils genannten Merkmale erfolgt sei, nahm der GBA eine Änderung der Nr 16.5 AM-RL aF vor. Er beschloss am 21.12.2004, dass nach dem (zweiten) Wort "Indikationsgebiete" in der Formulierung der Nr 16.5 AM-RL aF die Wörter "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt werden. Damit sollte klargestellt werden, dass die Anwendungseingrenzung auf den Einsatz "nur in der palliativen Therapie" auch für die anthroposophische und homöopathische Medikation Geltung beansprucht. Der GBA hat damit als Normgeber selbst eine "authentische Interpretation" des genannten Passus vorgenommen, an der er auch festhielt, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) diesen Beschluss beanstandete (18.2.2005). Die vom GBA hiergegen erhobene Klage war vor dem BSG erfolgreich (Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 25/10 R - BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12). Das BSG bestätigte die Rechtsauffassung des GBA zum Umgang mit homöopathischen und anthroposophischen Präparaten im Sinne einer formalen Gleichstellung zu allopathischen nicht verschreibungspflichtigen Präparaten auch bezüglich der eingrenzenden Anwendungsvoraussetzungen. Eine weitergehende Verpflichtung des GBA, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, als dies mit Nr 16.5 AM-RL aF geschehen ist, bestehe nicht. Nach der Entscheidung des BSG gab der GBA den Änderungsbeschluss vom 21.12.2004 - redaktionell angepasst - nach § 94 Abs 2 SGB V bekannt, wonach in § 12 Abs 6 S 1 AM-RL nach den Wörtern "für diese Indikationsgebiete" die Wörter "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt wurden.

20

bb) Für die Zeit ab dem 21.6.2012 gilt das Gleiche wie zuvor. Die wirksame Einfügung der Worte in § 12 Abs 6 S 1 AM-RL seit 21.6.2012: "und Anwendungsvoraussetzungen" bedeutet - wie dargelegt - keine sachliche Änderung, sondern lediglich eine redaktionelle Klarstellung.

21

Der GBA machte die Änderung der AM-RL wirksam am 20.6.2012 bekannt. Den Richtlinien des GBA kommt rechtliche Bedeutung erst ab ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger (§ 94 Abs 2 SGB V) zu; der Zeitpunkt der Beschlussfassung ist nicht maßgebend (vgl grundlegend BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70). Der GBA durfte sich formell darauf beschränken, den ursprünglich am 21.12.2004 gefassten, wegen der Beanstandung des Ministeriums zunächst nicht veröffentlichten Beschluss zur Änderung der AM-RL idF vom 31.8.1993 nebst späterer Änderung (GBA Beschluss vom 16.3.2004, Bekanntmachung im BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) redaktionell anzupassen und die tragenden Gründe entsprechend zu ergänzen, um ihn wirksam werden zu lassen (zum Fehlen des Erfordernisses, ein neues Stellungnahmeverfahren durchzuführen, vgl unten II 3. a). Die vom GBA beschlossenen Richtlinien sind dem BMG vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden (vgl § 94 Abs 1 S 1 und S 2 Halbs 1 SGB V). Unterbleibt die Beanstandung, sind sie zu veröffentlichen (§ 94 Abs 2 S 1 SGB V). Dem Unterbleiben einer Beanstandung ist es zunächst gleich zu erachten, wenn das Ministerium eine Richtlinie beanstandet, der GBA sich dagegen mit der Anfechtungs- oder Aufsichtsklage wendet und das Gericht die Beanstandung aufhebt. Denn mit der Rechtskraft des Urteils ist die Beanstandung beseitigt. Dasselbe muss gelten, wenn der GBA entsprechend gerichtlicher Anregung seine ursprünglich gegen eine Beanstandung erhobene Anfechtungs- oder Aufsichtsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellt, weil das Gericht nach lediglich formeller Änderung der Richtlinie - hier: Ersetzung der römischen Ziffern durch Paragraphen ohne inhaltliche Änderung - von einer Erledigung nach Klageerhebung ausgeht. Auch in einem solchen Fall gebietet es der Grundsatz der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG), dem GBA zu ermöglichen, nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beanstandung die nunmehr in der Sache nicht zu beanstandende Richtlinie unter redaktioneller Anpassung zu veröffentlichen. Die Bekanntmachung der Richtlinie muss in diesem Fall nicht nur einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten (§ 94 Abs 2 S 2 SGB V), sondern in den tragenden Gründen auf diesen Sonderfall eingehen.

22

Der GBA ist verfahrensmäßig korrekt diesen Weg gegangen: Er beschloss nach gerichtlicher Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beanstandung, die AM-RL entsprechend dem Ausgangsbeschluss vom 21.12.2004 redaktionell angepasst zu veröffentlichen (Beschluss vom 19.4.2012). Das Ministerium beanstandete diesen Beschluss nicht. Der GBA gab ihn daraufhin am 20.6.2012 formgerecht im Bundesanzeiger bekannt und verwies für den Inhalt der hierzu von ihm verfassten tragenden Gründe auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet.

23

3. Es steht mit Gesetzesrecht in Einklang, dass die adjuvante Tumortherapie mit Iscador nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig ist. Die Entscheidung des GBA in der AM-RL aF (Nr 16.5 idF durch den Beschluss vom 16.3.2004, BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905; § 12 Abs 6 in der bis 20.6.2012 geltenden Fassung, aaO) und in der AM-RL nF (§ 12 Abs 6 idF ab 21.6.2012, aaO) nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V beachtet die gesetzlichen Vorgaben. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Entscheidung des GBA, die nach § 34 Abs 1 S 1 SGB V ausgeschlossene adjuvante Tumortherapie mit Iscador nicht durch die AM-RL in den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimittel einzubeziehen, mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar. Richtlinien des GBA - hier speziell zum Ausnahmekatalog apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel (§ 34 Abs 1 S 2, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V)- sind nach der Gesetzeskonzeption (§§ 91, 92, 94 SGB V)entsprechend der Rechtsprechung des BSG untergesetzliche Rechtsnormen. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten sieht das Gesetz ausdrücklich vor (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen sind gerichtlich nicht nur formell, sondern auch inhaltlich in der Weise zu überprüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (bisher stRspr; vgl zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 32, 37; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 21, 26 mwN). Zusätzlich ist besonderes Augenmerk auf die Normdichte der gesetzlichen Ermächtigung in Relation zur Eingriffstiefe zu richten, um verfassungsrechtlich die hinreichende Legitimation des GBA zu überprüfen (vgl dazu unten, unter II 4.).

24

Die Rechtmäßigkeit der Nichtaufnahme der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador als verordnungsfähig in die AM-RL aF und die AM-RL ist insbesondere an den Regelungen des § 34 Abs 1 S 2 und 3 SGB V zu messen. Nach § 34 Abs 1 S 3 SGB V ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Hinsichtlich der Auslegung der gesetzlichen Rechtsbegriffe "nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", und "der therapeutischen Vielfalt Rechnung tragen" verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl hierzu zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 37).

25

Erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes entscheidet der GBA als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Nach diesem Maßstab hat der GBA über die Nichtaufnahme der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador inhaltlich gesetzeskonform entschieden.

26

a) Der GBA hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung (VerfO) des GBA (vgl jetzt Kap 4 der VerfO des GBA) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte gewahrt. Diese stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die den Beteiligten bekannten "tragenden Gründe zum Beschluss" des GBA vom 19.4.2012 und die ebenso bekannte Pressemitteilung des GBA vom 16.3.2004 belegen konkret sein formal korrektes Vorgehen ab Ende 2003 (durch den Vorgänger des GBA), 2004 und 2012, soweit - und sei es auch nur mittelbar - Rechte der Klägerin betroffen sein können. Dagegen kann es der erkennende Senat offenlassen, ob der GBA auch insoweit korrekt vorgegangen ist, als lediglich Rechte Dritter betroffen sein könnten.

27

Die Klägerin zieht - dementsprechend zutreffend - zwar nicht die Rechtmäßigkeit des Verfahrens für den Erlass der Ursprungsrichtlinie (GBA Beschluss vom 16.3.2004, Bekanntmachung im BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) und die Fassung des Änderungsbeschlusses vom 21.12.2004 in Zweifel, wohl aber die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung 2012 ohne erneutes Stellungnahmeverfahren (§ 92 Abs 3a SGB V). Damit vermag sie ungeachtet der Frage nach einer Verletzung in eigenen Rechten nicht durchzudringen. Denn es bedurfte keines neuen Stellungnahmeverfahrens.

28

Ein erneutes Stellungnahmeverfahren ist durchzuführen, wenn sich die Tatsachengrundlage oder der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben und die Stellungnahmeberechtigten von den Änderungen unmittelbar betroffen sind (Kap 1 § 14 Abs 1 S 1 VerfO des GBA vom 18.12.2008, Beilage BAnz Nr 84a vom 10.6.2009). Diese Regelung ist gesetzeskonform (vgl § 91 Abs 4 S 1 Nr 1, § 92 Abs 3a SGB V). Der GBA durfte rechtmäßig davon ausgehen, dass sich weder die Tatsachengrundlage noch der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben.

29

Der ursprünglich zur Stellungnahme gestellte Entwurf mündete im Beschluss vom 21.12.2004. Die Korrektheit des seinerzeit gewählten Verfahrens wird daraus deutlich, dass der GBA die stellungnahmeberechtigten Organisationen zur Stellungnahme aufforderte (Beschluss vom 17.8.2004, Schreiben vom 10.9.2004), hierbei die in Nr 16.5 beabsichtigte Änderung in Gestalt der Einführung der Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" mitteilte und die eingegangenen Stellungnahmen in der 3. Sitzung der Arbeitsgruppe "OTC" des Unterausschusses "Arzneimittel" beraten ließ. Der Arbeitsgruppe "OTC" gehörten Vertreter der Kassen- und der Ärzteseite sowie Patientenvertreter an. Nach der Abschlussdiskussion im Unterausschuss "Arzneimittel" (7.12.2004) wertete der GBA die Stellungnahmen zur beabsichtigten Änderung (Nr 16.5 der AM-RL) ausführlich aus (tragende Gründe des Beschlusses vom 21.12.2004).

30

Der Inhalt des Beschlusses vom 19.4.2012 änderte jenen Beschluss vom 21.12.2004 lediglich redaktionell, indem er "Nummer 16.5" durch die Angabe "§ 12 Abs. 6 Satz 1" ersetzte. Zudem entschied der GBA, den Beschluss vom 21.12.2004 in der redaktionell angepassten Form nunmehr im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, da das BSG die Rechtswidrigkeit der Beanstandung festgestellt hatte (vgl oben). Der GBA prüfte und verneinte auch, dass sich die Tatsachengrundlage gegenüber jener im Jahre 2004 wesentlich geändert hatte. Für eine wesentliche Änderung der relevanten Tatsachengrundlage - ausgehend von einem am Qualitätsgebot ausgerichteten Begriff des Therapiestandards - hat die Klägerin nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Klägerin beruft sich lediglich auf abweichende Standards der Anthroposophie, auf die es indes nicht ankommt.

31

b) Der GBA hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt, denn er hat sich auf die relevanten verfügbaren Fachveröffentlichungen gestützt. Er hat hierbei auch - wie dargelegt - die im Anhörungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen berücksichtigt. Die Klägerin zieht das nicht substantiiert in Zweifel, sondern verweist - ausgehend von ihrem abweichenden Rechtsstandpunkt - lediglich auf abweichende Auffassungen aus dem Kreis der besonderen Therapierichtungen, insbesondere der Anthroposophie. Die Festlegung des GBA beruht demgegenüber gesetzeskonform (vgl dazu sogleich c bis e) auf einer an den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin durchgeführten Bewertung des therapeutischen Nutzens von Mistelpräparaten gemäß den Vorgaben des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dabei kam der Unterausschuss "Arzneimittel" zu dem Ergebnis, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über den Nutzen der Misteltherapie bei der kurativen, adjuvanten Behandlung maligner Tumoren, insbesondere des Mammakarzinoms, nicht besteht. Nichts anderes ergibt sich, wenn Iscador - wie die Klägerin behauptet - nicht auf Mistellektin normiert ist. Dann scheidet eine Verordnung nach Anlage I Nr 32 der OTC-Übersicht selbst in der palliativen Therapie aus. Für diesen Bereich konnte der GBA gerade keinen gebotenen Konsens feststellen.

32

c) Der Ausgangspunkt der Entscheidung des GBA ist rechtmäßig, nämlich die Definition einer schwerwiegenden Erkrankung. § 12 Abs 3 AM-RL bezeichnet eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Das stimmt mit der Definition der schwerwiegenden Krankheit überein, die die Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use entwickelt hat (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN)und die auch hier anwendbar ist. Der Gesetzgeber hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 34 Abs 1 S 2 SGB V bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen(vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26 mwN; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 40 mwN).

33

d) Der GBA hat es auch gesetzeskonform abgelehnt, die Versorgung mit der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador als verordnungsfähigen Therapiestandard in die AM-RL aF oder die AM-RL nF aufzunehmen. In Einklang mit dem Gesetz beantwortet der GBA die Frage nach dem Bestehen eines Therapiestandards gemäß § 12 Abs 4 AM-RL übergreifend für alle Therapierichtungen zumindest danach, ob der therapeutische Nutzen eines Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das gesetzliche Erfordernis des Beachtens des "Therapiestandards" verlangt, dass ohne die Einbeziehung der Therapie mit dem nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel der Standard der Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung - das nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse Gebotene - nicht gewährleistet ist. In diesem Sinne muss der therapeutische Nutzen des betroffenen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (ebenso die Vereinbarkeit von § 12 Abs 4 AM-RL mit dem Gesetzesrecht bejahend 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 53 mwN). Das entspricht dem bereits dargelegten klaren Wortlaut, dem Regelungssystem (dazu aa), der Entstehungsgeschichte (dazu bb) und dem Regelungszweck des § 34 Abs 1 S 2 SGB V(dazu cc).

34

aa) Das Erfordernis des "Therapiestandards" setzt nach dem Regelungssystem auf den schon nach allgemeinen Grundsätzen geltenden Anforderungen an eine Pharmakotherapie zu Lasten der GKV auf und verlangt mehr als deren Beachtung und das Bestehen einer schwerwiegenden Erkrankung. Schon die Binnensystematik der Regelung des § 34 Abs 1 S 2 SGB V verdeutlicht, dass der "Therapiestandard bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" ein herausgehobenes Erfordernis bedeutet. Es umschreibt die konkretisierungsbedürftige Ausnahme vom grundsätzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV. Das Gesetz umreißt den Ausnahmebereich nicht etwa dadurch, dass die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel bloß als Therapie zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen arzneimittelrechtlich zugelassen sind. Seine Anforderungen gehen darüber hinaus, indem sie einen Therapiestandard fordern.

35

Die Anwendung eines arzneimittelrechtlich zugelassenen Fertigarzneimittels (zum hier nicht betroffenen Bereich der Rezepturarzneimittel vgl zB BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22, RdNr 18 - Orthomol vision diabet; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 47 - Lorenzos Öl)zu Lasten der GKV setzt grundsätzlich nicht nur die arzneimittelrechtliche Zulassung voraus, sondern den Einsatz gerade im Rahmen des arzneimittelrechtlich zugelassenen Anwendungsgebiets. Schon die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 61 mwN). Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die GKV immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt (stRspr, vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23). Obwohl das AMG einem Arzt die indikations- und zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht verbietet, darf selbst ein zugelassenes Arzneimittel grundsätzlich nicht (sondern nur unter qualifizierten Voraussetzungen) zu Lasten der KK in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich seine Zulassung nicht erstreckt (stRspr, vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb des Indikationsgebiets der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies grundsätzlich eine arzneimittelrechtliche Zulassung (zur Ausnahme des zulässigen Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG bei Fällen grundrechtsorientierter Auslegung vgl grundlegend BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 - Tomudex)und ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde (stRspr, vgl zB BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin). Hätte der Gesetzgeber sich für die Ausnahmeregelung vom Verordnungsausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit diesen Anforderungen begnügt, hätte er "Arzneimittel für schwerwiegende Erkrankungen" in § 34 Abs 1 S 2 SGB V einbezogen. Demgegenüber schränkt die erlassene Gesetzesregelung den Ausnahmebereich mit dem zusätzlichen Erfordernis des "Therapiestandards" weiter ein.

36

Nach der Gesamtsystematik fordert - entgegen der Ansicht der Klägerin - das Gesetzesrecht nicht, für die Qualifikation als "Therapiestandard" die bloße Binnensicht einer Therapierichtung zugrunde zu legen. Vielmehr begründet dieses Erfordernis eine für alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel gleiche Hürde unter Achtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V). Das Gesetz bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass es zunächst die generelle Aufgabe des GBA normiert, festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Die Norm spricht nicht etwa einen Standard nach Maßgabe der jeweiligen Therapierichtung an, sondern einheitlich Festlegungen betreffend die "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten". Erst in einem zweiten Schritt ("Dabei") hat der GBA der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs 1 S 3 SGB V; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 56 mwN).

37

bb) Auch die Entstehungsgeschichte spricht für das aufgezeigte sachgerechte Verständnis des Begriffs "Therapiestandard". So fordert die Gesetzesbegründung die Aufnahme solcher Fertigarzneimittel in die OTC-Liste, die "unverzichtbare Standardwirkstoffe" für die Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung enthalten (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 86). Die Gesetzesmaterialien reden dagegen hierbei keiner Bevorzugung der besonderen Therapierichtungen das Wort.

38

cc) Die aufgezeigte Auslegung des Begriffs "Therapiestandard" entspricht auch dem Sinn der Regelung des § 34 Abs 1 SGB V, gerade nicht schon jede indikationsgerechte, nach allgemeinen Grundsätzen verordnungsfähige Pharmakotherapie schwerwiegender Erkrankungen in die OTC-Liste aufzunehmen. Mit einem solch weiten Verständnis würde nicht nur das Erfordernis des "Therapiestandards" weitgehend funktionslos, sondern auch die beabsichtigte einschränkende Wirkung der Gesamtregelung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel weitgehend obsolet.

39

e) Die Klägerin kann auch nichts für sich daraus herleiten, dass Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen generell gesetzlich nicht ausgeschlossen sind (vgl § 2 Abs 1 S 2 SGB V). Schon das umfassende Verständnis des "Therapiestandards" (vgl oben zu § 34 Abs 1 S 2 SGB V)und die Pflicht des GBA, in einem zweiten Schritt der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (vgl oben zu § 34 Abs 1 S 3 SGB V), sichern die Möglichkeit, Versicherte im gesetzlich geregelten, vom GBA konkretisierten Ausnahmebereich mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie Anthroposophie oder Phytotherapie zu versorgen. Hinzu kommen die Gestaltungsleistungen bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln kraft Satzung (vgl § 11 Abs 6 S 1 SGB V; vgl zu dessen Regelungsgrenzen - bzgl § 27a SGB V - BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 11 ff).

40

Die Reichweite der Regelung des § 2 Abs 1 S 2 SGB V ist zudem begrenzt. Sie setzt das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)nicht außer Kraft. Eine Begünstigung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen mit der Folge, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts entsprechen, widerspräche den gesetzlichen Vorgaben (vgl Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand: Juni 2015, § 34 SGB V RdNr 33). Nach den Gesetzesmaterialien sollte die Regelung lediglich klarstellen, dass die Ausrichtung der Gesundheitsleistungen am "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) die Leistungen der besonderen Therapierichtungen nicht ausschließt; den besonderen Therapierichtungen sollte hingegen keine Sonderstellung eingeräumt werden; allerdings sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden (vgl Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung <11. Ausschuss> zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , zu § 2 Abs 1 S 2 SGB V, BT-Drucks 11/3480 S 49; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 57). Soweit man der früheren Rechtsprechung des erkennenden Senats hiervon Abweichendes entnehmen will (vgl BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f; BSGE 94, 221 RdNr 27 f = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28 f), gibt er diese Rechtsprechung auf.

41

f) Es entspricht den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben, dass nach der Regelung des GBA die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt - anknüpfend an den gesetzeskonform konkretisierten Therapiestandard - für die in der Anlage I der AM-RL aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen kann, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete (nF: und Anwendungsvoraussetzungen) nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist (§ 12 Abs 6 S 1 AM-RL).

42

4. Die Regelung der AM-RL, ihre gesetzliche Grundlage und die Rechtsanwendung stehen auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass der betroffenen AM-RL (dazu a). Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu b). Die Klägerin kann eine Einbeziehung des Mittels in den Leistungskatalog auch nicht aus den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung herleiten (dazu c).

43

a) Es ist verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass der Gesetzgeber den GBA nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V und § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V konkret ermächtigt hat, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Der erkennende Senat hält mit ergänzenden Erwägungen im Ergebnis an der bisherigen Rechtsprechung des BSG fest (zur bisherigen stRspr vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19). Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass der betroffenen AM-RL. Im hier einschlägigen Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr bei hinreichend normdichter gesetzlicher Ausgestaltung ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind, ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt und die Wahrung der Interessen der Betroffenen rechtssicher gewährleistet ist. Der GBA droht die Grenzen hinreichender demokratischer Legitimation für eine Richtlinie zu überschreiten, wenn sie mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht haben mitwirken können. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der GBA für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist (vgl BVerfG Beschluss vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - Juris RdNr 22). Diesen Anforderungen wird die Ermächtigung des GBA zur Bestimmung von Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gerecht.

44

aa) Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehindert, außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der gemeindlichen Selbstverwaltung für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben durch Gesetz besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit bei der Schaffung und näheren Ausgestaltung von Organisationseinheiten erlaubt es auch, den Selbstverwaltungsträger zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter zu ermächtigen (BVerfGE 107, 59, 90 ff; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2). Im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip (Art 20 Abs 2 GG) nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt (BVerfGE 107, 59, 94; 111, 191, 217 f; zur historischen Entwicklung der Normsetzungsbefugnis ausführlich BSGE 78, 70, 78 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; vgl auch Hauck, NZS 2010, 600, 606 ff). Der Gesetzgeber muss allerdings für die Wahrung der Interessen der Betroffenen sorgen; die Organisationsstruktur des Trägers muss deren angemessene Partizipation an der Willensbildung gewährleisten und darf nicht die Interessen Einzelner bevorzugen, ohne dass insoweit das Gebot strikter formeller Gleichheit besteht (BVerfGE 111, 191, 217; BSGE, aaO). Diese Grundsätze gelten auch für die Entscheidung des Gesetzgebers, dem GBA als Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung die Aufgabe zu übertragen, Ausnahmen vom generellen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in einer Richtlinie festzulegen.

45

bb) Der GBA ist verfassungskonform kraft Gesetzes zur Konkretisierung des sich aus § 34 Abs 1 SGB V ergebenden Regelungsprogramms ermächtigt, außenwirksame Normen im Range untergesetzlichen Rechts in Gestalt von Richtlinien zu erlassen(§ 34 Abs 1 S 2 iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6; zur Gesetzeskonzeption vgl bereits oben, II 3.). Die vorgeschriebene Handlungsform ist gesetzlich präzise ausgeformt und genügt rechtsstaatlichen Anforderungen. Das Verfahren zum Erlass der Richtlinien ist transparent, die Publizität gesichert und die Reichweite der Bindungswirkung gegenüber den Systembeteiligten gesetzlich festgelegt (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 GMG; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

46

Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlich ausgestalteten Handlungsform des GBA steht für die betroffene AM-RL schon entgegen, dass die Handlungsform der Normsetzung durch eine andere verfassungskonforme spezifische Form der Normanwendung wirkungsgleich substituiert werden könnte: Das Grundgesetz stellt der vollziehenden Gewalt weder einen abschließenden Katalog bestimmter Handlungsformen zur Verfügung noch werden ausdrücklich erwähnte Handlungsformen inhaltlich im Einzelnen definiert (BVerfGE 100, 249, 258; BSGE 81, 73, 82 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7). Der GBA könnte als rechtlich verselbstständigter Teil der sozialversicherungsrechtlichen Selbstverwaltung (§ 91 Abs 1 SGB V) nach dem hinreichend dichten Normprogramm des § 34 Abs 1 S 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel auch durch Allgemeinverfügung nach § 31 S 2 SGB X nach pflichtgemäßem Ermessen ermessensfehlerfrei anordnen(vgl auch BVerfGE 106, 275, 305 ff = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 ff, zur Festsetzung der Festbeträge nach § 35 SGB V durch Allgemeinverfügung; vgl auch BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 21 ff, wonach das Bundesversicherungsamt Regelungen über das Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen nach pflichtgemäßem Ermessen durch Allgemeinverfügung treffen kann), wenn der Gesetzgeber ihm nicht durch § 34 Abs 1 S 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V die untergesetzliche Normsetzung als Handlungsform vorgegeben hätte(vgl BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 12 ff; s ferner BSGE 117, 94 = SozR 4-2500 § 137 Nr 5, RdNr 22 und 24).

47

cc) Der GBA unterliegt bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Handlungsbefugnisse - hier speziell beim Erlass der AM-RL nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V - der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter. Das SGB V regelt in § 91 Abs 8, § 94 Abs 1 im Zusammenspiel mit dem SGB IV(§ 91 Abs 8 S 2 SGB V iVm §§ 67, 88, 89 SGB IV) detailliert und umfassend die staatliche Aufsicht über den GBA generell und speziell beim Erlass von Richtlinien. Danach sind die vom GBA beschlossenen Richtlinien dem BMG vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Das BMG kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom GBA zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Zweimonatsfrist für eine Beanstandung unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom BMG mit Auflagen verbunden werden; es kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des GBA nicht oder nicht innerhalb einer vom BMG gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des BMG nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erlässt es die Richtlinien selbst.

48

§ 94 Abs 1 SGB V ermöglicht damit eine präventive aufsichtsrechtliche Kontrolle, bevor die Richtlinien des GBA im Bundesanzeiger publiziert und damit grundsätzlich wirksam werden. Die aufsichtsrechtlichen Befugnisse des BMG sind auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Das entspricht dem Grundsatz, dass die Staatsaufsicht gegenüber Selbstverwaltungsträgern prinzipiell auf eine Rechtsaufsicht begrenzt und für eine weiterreichende Zweckmäßigkeitskontrolle nur Raum ist, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich angeordnet hat (vgl hierzu BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40 mwN). Die danach gebotene reine Rechtmäßigkeitskontrolle führt beim Prüfmaßstab zum Gleichlauf mit der gerichtlichen Kontrolle. Die Kontrolle ist - wie oben dargelegt (vgl II 3. a) - in der Prüfdichte nur dort eingeschränkt, wo dem GBA ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.

49

dd) Die verfassungsrechtlich erforderliche Beteiligtenpartizipation wird durch § 92 Abs 3a SGB V gewahrt. Danach ist vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die Beteiligungsrechte sind durch das SGB V damit so umfassend ausgestaltet und verfahrensmäßig auch durch die VerfO des GBA abgesichert, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt, auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen (zur Betroffenenpartizipation Hauck, NZS 2010, 600, 603 ff). Die eingehenden Stellungnahmen werden auch - institutionell abgesichert - in die Entscheidung des GBA einbezogen, ohne dass der GBA an sie gebunden ist.

50

ee) Der GBA ist auch inhaltlich hinreichend normdicht für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Bedeutung und Reichweite dieser Entscheidung ist von vornherein durch den gesetzlich normierten Grundsatz begrenzt, dass apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel idR nicht zum GKV-Leistungskatalog gehören. Welche Arzneimittel nach dem gesetzlichen Normprogramm "apothekenpflichtig" (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB V),aber "nicht verschreibungspflichtig" sind, ist präzise durch die Regelung des § 48 AMG iVm der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln bestimmt(vgl dazu zB BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 18). Die Begriffe der "Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" und "als Therapiestandard" sind jedenfalls durch die Rechtsprechung des BSG (vgl oben) so präzisiert, dass dem GBA kein nennenswerter Auslegungsspielraum verbleibt. Auch bei der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse zur Operationalisierung der genannten Rechtsbegriffe unterliegt der GBA weitgehender gerichtlicher Kontrolle: So überprüft das Gericht bei entsprechendem Anlass auch die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl zB BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 15)und - so diese Voraussetzung erfüllt ist - die Vertretbarkeit seiner Schlussfolgerung (vgl auch BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 28).

51

Der Gesetzgeber wählte diese Ausgestaltung der Ausnahmeentscheidung durch den GBA, um die Qualität der Leistungserbringung zu sichern, eine Gleichbehandlung der Versicherten zu erreichen und um die Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit auszurichten. Dies gewährleistet, dass die betroffenen Pharmakotherapien auf ihren therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Ausnahmeentscheidungen zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Ein solches Vorgehen darf dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt sein (vgl entsprechend BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19).

52

ff) Die Intensität, mit der die Richtlinie zu Ausnahmen vom generellen Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an der Regelsetzung Beteiligte und Unbeteiligte trifft, ist insgesamt gering. Nichtärztliche Leistungserbringer in einem weiteren Sinne sind durch die Richtlinie nicht betroffen. Zwar verändert jede Neugestaltung des Leistungsrechts den Leistungsanspruch des Versicherten und damit auch den Umfang dessen, woran die Leistungserbringer teilhaben. Das aber ist ein unvermeidlicher Reflex geänderter Leistungsansprüche und gerade kein Eingriff in subjektive, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Rechte (Berufsfreiheit) dieser Leistungserbringer. Dies liefe auf ein Mitspracherecht des "Verkäufers" an der Entscheidung über die Produktwahl hinaus (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 14 ff mwN zur Rspr des BVerfG; BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 13; vgl auch Neumann, NZS 2010, 593, 597; Hauck, GesR 2011, 69 ff, Fn 29 mwN).

53

Betroffen von Änderungen des Leistungsrechts sind hingegen in erster Linie Versicherte, zudem Ärzte in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit (vgl zur Bedeutung als dienende Freiheit Hauck, SGb 2014, 8 f mwN). Die Eingriffsintensität ist insoweit aber gering. Denn zur Beurteilung der Betroffenheit ist zunächst die vom Bundesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende (dazu 4. b) Entscheidung in den Blick zu nehmen, nicht verschreibungspflichtige Medikamente generell aus dem Leistungskatalog auszuschließen. In diesem gesetzlichen Ausschluss liegt die eigentliche Belastung Betroffener. Die Ermächtigung des GBA, hiervon in Richtlinien unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen Ausnahmen zu machen, benachteiligt den betroffenen Personenkreis nicht, sondern begünstigt ihn. Einen gesetzlichen Anspruch, bestimmte Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufzunehmen, billigt der Gesetzgeber diesem Personenkreis nicht zu.

54

b) Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundrechten aus Art 2 Abs 2 und Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar.

55

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 12; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3, stRspr). Daran fehlt es. Das BVerfG (vgl BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - BVerfGK 20, 159 = NJW 2013, 1220) und der erkennende Senat (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 12 ff)haben dies unter Berücksichtigung der im Gesetz angelegten Abmilderungen geprüft und verneint. Der erkennende Senat verweist hierauf.

56

Gleiches gilt für die Vereinbarkeit der Leistungsbegrenzung in § 34 Abs 1 SGB V mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit(Art 2 Abs 2 S 1 GG) und dem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (vgl dazu BVerfGE 115, 25, 43 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 21, 24). Denn der Gesetzgeber hat lediglich in verhältnismäßiger Weise von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, den Bereich der Eigenvorsorge zu umreißen (vgl BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - BVerfGK 20, 159 = NJW 2013, 1220; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 20).

57

c) Ein anderes Ergebnis folgt schließlich für die Klägerin nicht aus den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfG Beschluss vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - Juris RdNr 18).

58

Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Schon die Voraussetzungen der Regelung des am 1.1.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V sind nach den Feststellungen des LSG nicht erfüllt.

59

Es ist nach den nicht angegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits nicht erkennbar, dass die Klägerin bei Antragstellung und danach (noch) an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung litt. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Dies behauptet selbst die Klägerin nicht. Zudem fehlen hierfür nach den Feststellungen des LSG Anhaltspunkte. Denn die Klägerin wurde im Jahr 2007 operiert, erhielt in der Folgezeit wegen des rezeptor-negativen Tumors eine begleitende Chemotherapie und stellte ihren Antrag auf Versorgung mit dem anthroposophischen Arzneimittel zur adjuvanten Therapie Ende 2011. Zudem stand mit der Chemotherapie für die Klägerin eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung, die sie auch erhielt. Schließlich hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht, durch die Eigenfinanzierung der adjuvanten Therapie unzumutbar belastet zu werden.

60

5. Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf einen Verstoß der AM-RL gegen die Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme berufen (sog Transparenz-Richtlinie; ABl EG L vom 11.2.1989, 40, 8). Dies hat der erkennende Senat bereits entschieden (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 21 ff). Hieran hält er fest.

61

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 geändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. November 2008 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren und im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für ambulante transarterielle Chemoperfusionen und eine Laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie (LITT).

2

Der Kläger war Ehemann und ist Erbe der 1927 geborenen und am 24.3.2008 verstorbenen Dr. K. M. (im Folgenden: Versicherte). Er lebte zur Zeit ihres Todes mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt. Die Versicherte, eine ehemalige Zahnärztin, war als Bezieherin einer Regelaltersrente bei der beklagten Krankenkasse (KK) freiwillig versichert. Die Versicherte litt an einem Sigmakarzinom, das sie im Juli 2003 operieren ließ. Kontrolluntersuchungen im Mai und Juni 2005 zeigten einen hepatischen und lymphatischen Progress der Erkrankung. Daraufhin leitete das Krankenhaus N. in F. eine Chemotherapie ein (16.6.2005). Die Versicherte setzte die Behandlung nicht fort. Vertragsarzt Dr. L. überwies sie zur "Chemoembolisation" in das Universitätsklinikum F. zur Mit-/Weiterbehandlung "Leber NPL" (17.6.2005). Chefarzt Prof. Dr. V. war dort mit Einschränkungen ua zur Chemoembolisation ermächtigt (GO-Nr 34286 EBM 2000 plus), nicht aber zur Chemoperfusion (kein Gegenstand des EBM 2000 plus), die er als "lokale Chemotherapie " bezeichnet. Er klärte die Versicherte nach seinen Angaben anlässlich der Untersuchung darüber auf, dass sie die Kosten der beabsichtigten Chemoperfusion selbst tragen müsse, da "derzeit keine Kostenübernahme durch Kassenzulassung" stattfinde. Weiter vereinbarte er mit ihr bei jeder Behandlungseinheit schriftlich private persönliche Beratung und Behandlung. Die Versicherte beantragte bei der Beklagten, die bei Prof. Dr. V./Universitätsklinikum F. anfallenden Kosten zu übernehmen. Prof. Dr. V. werde bereits am 21.6.2005 mit "einer lokalen Chemotherapie beginnen". Diese werde im Abstand von einem Monat noch zweimal wiederholt, damit der Tumor schrumpfe, um ihn dann "mit Laser-Technik zu vernichten" (18./20.6.2005). Die Beklagte antwortete ua, wenn sie eine Privatbehandlungsvereinbarung treffe, habe sie die Mehrkosten zu tragen. Es sei nicht zu erkennen, ob sie eine Privatbehandlung gewählt habe. Der behandelnde Arzt kläre sie vor Behandlungsbeginn hierüber auf. Die Versicherte erhielt ab 21.6.2005 transarterielle Chemoperfusionen sowie später eine LITT. Sie beantragte, die bereits für den 21.6.2005 gezahlten Behandlungs- und Fahrkosten zu übernehmen (17./19.8.2005). Prof. Dr. V. rechne "prinzipiell nur mit den Patienten direkt ab". Die Rechnungen für den 21.6.2005 wie für die beiden Folgetermine umfassen ua neben Positionen für bildgebende Verfahren die GOÄ-Ziffer 5357 - "Embolisation". Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da die Chemoperfusion keine vertragsärztliche Leistung sei, nur privat abgerechnet werden könne, die Versicherte hierüber aufgeklärt worden sei und Wahlerklärungen - auch für die folgenden Perfusionen - unterschrieben habe (Bescheid vom 22.9.2005). Mit ihrem Widerspruch trug die Versicherte vor, sie benötige dringend die lebensnotwendigen, als Methode etablierten Chemoperfusionen, die keine Wahlleistung seien, mit anschließender Laser-Therapie. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 16.3.2006). Die Versicherte hat Zahlungsklage erhoben und ihre Erstattungsforderung an den Kläger abgetreten. Das SG hat die Klage abgewiesen: Ambulante Chemoperfusionen seien umstritten und nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlen. Als Alternative sei eine systemische Chemotherapie möglich gewesen (Urteil vom 17.11.2008).

3

Mit seiner auf Zahlung von 77 700,92 Euro für die Behandlung bis 8.11.2007 nebst Fahrkosten gerichteten Berufung hat der Kläger vorgetragen, Prof. Dr. V. habe nicht darüber aufgeklärt, dass die Chemoperfusion eine Privatleistung sei, "die meine Frau dann unterschrieben habe". Das LSG hat die Beklagte - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - verurteilt, 18 708,87 Euro zu zahlen, Kosten für die vom 21.6. bis 13.9.2005 durchgeführten transarteriellen Chemoperfusionen und für die Fahrten zum Universitätsklinikum. Die Art der Rechtsnachfolge des Klägers sei unerheblich. Die Versicherte habe sich trotz der ihr abgerungenen Unterzeichnung privatärztlicher Behandlungsverträge bis zum Erlass des Bescheides vom 22.9.2005 in dem Glauben befunden, sie erhalte eine Chemoembolisation. Darin liege ein Systemversagen, das zur Kostenerstattung zwinge. Es sei nicht gewährleistet, dass die Zivilgerichte der Beurteilung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit folgten. Nach Bescheiderlass habe die Versicherte nicht mehr geirrt. Auf die weitere erbrachte Behandlung bei Prof. Dr. V. habe sie keinen Naturalleistungsanspruch gehabt, da die Leistungen nicht zur ambulanten Behandlung zugelassen gewesen seien und eine systemische Chemotherapie als zugelassene Alternative zur Verfügung gestanden habe (Urteil vom 28.4.2011).

4

Der Kläger rügt zur Begründung seiner Revision sinngemäß die Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und ausdrücklich mangelnde Sachaufklärung. Das LSG hätte Vertrauensschutz gewähren und klären müssen, dass nach Zugang des Bescheides vom 22.9.2005 ein Wechsel zu einer systemischen Chemotherapie noch zumutbar gewesen sei.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 17. November 2008 sowie den Bescheid vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2006 in vollem Umfang aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über die zuerkannten 18 708,87 Euro hinaus weitere 58 992,05 Euro zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, und insoweit die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen,
sowie
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2011 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 17. November 2008 in vollem Umfang zurückzuweisen.

7

Sie rügt zur Begründung ihrer Revision die Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und sinngemäß, das LSG habe das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend beachtet. Mangels Naturalleistungsanspruchs im Zeitpunkt der Behandlung bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der beklagten KK ist begründet; die zulässige Revision des Klägers ist dagegen unbegründet. Das LSG-Urteil ist zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das SG-Urteil ist in vollem Umfang zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung der Versicherten vom 21.6.2005 bis 8.11.2007 aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF des Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046). Obwohl die Versicherte ihren Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V während des Klageverfahrens an den Kläger abgetreten hat, blieb sie zunächst allein berechtigt, prozessual die Feststellung dieses Anspruchs zu betreiben(vgl entsprechend BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 11 ff und LS 1 mwN). Der Kläger handelte sinngemäß zunächst für die Versicherte. Er ist seit dem Tod der Versicherten als ihr Sonderrechtsnachfolger, nicht aber als Erbe prozessführungsbefugt (zum Begriff vgl BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 15 mwN), den Kostenerstattungsanspruch der Versicherten gerichtlich geltend zu machen (dazu 1.). Der Versicherten stand aber kein Zahlungsanspruch zu, da die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nicht erfüllt sind. Die Versicherte hatte nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die durchgeführte Krankenbehandlung (dazu 2.). Der abweichenden LSG-Auffassung ist nicht zu folgen (dazu 3.).

10

1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt, weil er Sonderrechtsnachfolger der Versicherten hinsichtlich des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V ist. Das folgt aus § 56 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I. Danach stehen beim Tode des Berechtigten fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen an erster Stelle dem Ehegatten zu, wenn dieser mit der Berechtigten zur Zeit ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. So lag es beim Kläger. Bei dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch handelt es sich auch um einen fälligen Anspruch auf laufende Geldleistungen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Kostenerstattungsanspruch auf Geldleistungen gerichtet (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 13 mwN). Bestand ein Kostenerstattungsanspruch, war er mit seinem Entstehen fällig (§ 41 SGB I).

11

Der Kostenerstattungsanspruch ist im Rechtssinne auf "laufende" Geldleistungen jedenfalls dann gerichtet, wenn er - wie vorliegend - über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen betrifft. § 56 SGB I ist in diesem Sinne bei Todesfällen in der Zeit ab dem 2.1.2002 auszulegen. Die Regelung ist einer weiten Auslegung zugänglich. Sie kann sogar als Basis einer Analogie dienen (vgl dazu BSG SozR 1500 § 75 Nr 44 S 48). Den Begriff der laufenden Geldleistungen, dem der Begriff der "einmaligen" Geldleistung gegenübersteht, definiert das Gesetz nicht. Nach den Gesetzesmaterialien (Entwurf der Bundesregierung zum SGB I, BT-Drucks 7/868 S 31 zu § 48)handelt es sich um Leistungen, die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden; sie verlieren ihren Charakter nicht dadurch, dass sie verspätet oder als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden. Das kommt auch für die Kostenerstattungsansprüche nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei Systemmangel in Betracht (§ 13 Abs 3 S 1 SGB V; § 15 Abs 1 SGB IX). Sie knüpfen daran an, dass der Berechtigte regelmäßig zu einer Vorfinanzierung für mehrere Zeitabschnitte gezwungen ist (vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 13 mwN). Dem Zweck der Sonderrechtsnachfolge in § 56 SGB I wird es in besonderem Maße gerecht, solche Kostenerstattungsansprüche als Ansprüche auf laufende Geldleistungen anzusehen. Es beschränkt in aller Regel die Lebensführung nicht nur des Leistungsberechtigten, sondern aller Familienangehörigen, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn Ansprüche auf laufende Geldleistung nicht rechtzeitig erfüllt werden (vgl Entwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 7/868 S 33 zu den §§ 56 bis 59). Das gilt in gleicher Weise regelmäßig für die Fälle, in denen die KK ihre Pflicht zur Naturalleistungsgewährung (§ 2 Abs 2 und § 13 Abs 1 SGB V) nicht erfüllt, der Versicherte sich deshalb die zu beanspruchenden Leistungen selbst beschafft, vorfinanziert und später die Kostenerstattung von der KK erstreitet. Um die dadurch entstandene Benachteiligung auszugleichen, sieht § 56 SGB I in Abweichung vom Erbrecht, aber in Übereinstimmung mit Vorschriften des bis zum Inkrafttreten des SGB I geltenden Rechts und mit der Funktion solcher Leistungen eine Sonderrechtsnachfolge vor. Der Schutzbedarf der durch die Vorschriften der Sonderrechtsnachfolge erfassten Personen hat zwischenzeitlich noch dadurch zugenommen, dass § 183 S 1 SGG(hier idF durch Art 1 Nr 61 des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes <6. SGGÄndG> vom 17.8.2001, BGBl I 2144) seit dem 2.1.2002 allein Sonderrechtsnachfolger hinsichtlich der Gerichtskosten privilegiert, während sonstige Rechtsnachfolger nach § 183 S 2 SGG Kostenfreiheit nur in dem Rechtszug haben können, indem sie das Verfahren aufnehmen(vgl zum Ganzen BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 11 - Ilomedin).

12

Der Vorbehalt abweichender Regelungen (§ 37 SGB I; vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 17)steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Allerdings hatte das vor Inkrafttreten des SGB I geltende Recht der RVO für die GKV - anders als für das Recht der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung (vgl hierzu § 630 und § 1288 RVO, dementsprechend § 65 Angestelltenversicherungsgesetz und § 88 Reichsknappschaftsgesetz) - keine Regelung zur Sonderrechtsnachfolge enthalten. Deshalb nahm auch die Rechtsprechung des BSG zum alten Rechtszustand an, der galt, wenn ein Sozialleistungsberechtigter vor dem Inkrafttreten des SGB I (1.1.1976) gestorben war (vgl Art II § 19 SGB I idF vom 11.12.1975, BGBl I 3015), dass ein Erstattungsanspruch im Wege der Rechtsnachfolge auf die Erben übergeht (vgl BSG Urteil vom 10.10.1978 - 3 RK 11/78 - USK 78126). Die bewusst umfassend getroffene Regelung des § 56 SGB I erfasst dagegen auch das Recht der GKV. Die Besonderheiten dieses Rechtsgebiets erfordern es nicht, Kostenerstattungsansprüche von der Sonderrechtsnachfolge nach dem SGB I auszuschließen. Besondere Überlegungen, die im Recht der Sozialhilfe für den Ausschluss der Sonderrechtsnachfolge oder Modifikationen in Betracht kommen (vgl dazu BVerwGE 96, 18, 22 ff = Buchholz 435.11 § 58 SGB I Nr 2; BSG SozR 4-3500 § 19 Nr 3, RdNr 16 ff mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen), greifen insoweit für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX nicht durch.

13

Der vorliegende Fall unterscheidet sich durch den Tod der Versicherten in der Zeit ab dem 2.1.2002, dem Tag des Inkrafttretens des 6. SGGÄndG, auch wesentlich von jenem, der dem Urteil des 9. Senats des BSG vom 10.12.2003 (vgl BSGE 92, 42 = SozR 4-3100 § 35 Nr 3)zugrunde lag. Jener Rechtsstreit betraf die Erstattung von bis zum Tode des Berechtigten im Jahr 1999 verauslagten Aufwendungen entsprechend § 18 Abs 3 und 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Blick auf Heimpflege nach § 35 Abs 6 BVG. Er war schon vor Inkrafttreten des 6. SGGÄndG rechtshängig geworden, sodass nach dem Übergangsrecht (Art 17 Abs 1 S 2 6. SGGÄndG) noch altes Kostenrecht anzuwenden war.

14

Der erkennende Senat kann diese Rechtsprechung fortführen (vgl grundlegend BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5 - Ilomedin), ohne den Großen Senat anrufen zu müssen. Denn der 3. Senat des BSG hat seine entgegenstehende, abweichende Rechtsauffassung aus den Urteilen vom 3.8.2006 und vom 25.8.2009 (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 10 RdNr 11)auf Anfrage des erkennenden Senats (BSG Beschluss vom 8.11.2011 - B 1 KR 6/11 R) aufgegeben (BSG Beschluss vom 15.3.2012 - B 3 KR 2/11 S).

15

2. Die Voraussetzungen des geltend gemachten - hier allein in Betracht kommenden - Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V sind nicht erfüllt. Die Rechtsnorm bestimmt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war". Der Anspruch aus § 13 Abs 3 S 1 Fall 1 und 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch des Versicherten gegen seine KK. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 8 - Leucinose, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 - Lorenzos Öl; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT). Daran fehlt es.

16

Nach den insoweit unangegriffenen und damit den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hatte die Versicherte keinen Anspruch auf eine ambulante Behandlung mit Chemoperfusionen und LITT gegen die Beklagte. Die Beklagte war zwar nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung der Versicherten verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die KKn sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein. Dies ist bei - wie hier - neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs 1 S 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der KKn erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den KKn geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 12 - LITT, stRspr). Es fehlte zur Zeit der Behandlung der Versicherten an einer Empfehlung des GBA für eine ambulante Behandlung mit Chemoperfusionen und LITT.

17

Ein Ausnahmefall, in dem es keiner positiven Empfehlung des GBA bedarf, liegt nicht vor (vgl hierzu zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 12 - ICL). Für ein Systemversagen wegen verzögerter Bearbeitung eines Antrags auf Empfehlung einer neuen Methode ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl dazu BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 17 ff mwN - LITT; § 135 Abs 1 S 4 und 5 SGB V idF des Art 1 Nr 105 Buchst b des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - vom 26.3.2007, BGBl I 378). Auch die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung sind nicht erfüllt (vgl hierzu zB BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 29 ff mwN - Tomudex; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31 - 32 - D-Ribose; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 20 ff mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - Lorenzos Öl; ab 1.1.2012 § 2 Abs 1a SGB V). Es stand nämlich für die Versicherte im maßgeblichen Zeitpunkt Juni 2005 zu Beginn der Behandlung (vgl hierzu zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 28, 33 - LITT) mit der systemischen Chemotherapie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung (vgl hierzu zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 21 - LITT; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 31 - Tomudex). Entgegen der Auffassung des Klägers stellt sich die Frage nach einem zumutbaren Wechsel von der transarteriellen Chemoperfusion zur systemischen Chemotherapie zu einem späteren Zeitpunkt nicht.

18

3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist es für den Erstattungsanspruch aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V unerheblich, dass - wovon das LSG ausgeht, was aber die Beklagte angegriffen hat - Prof. Dr. V. angeblich die Versicherte nicht über die Verabreichung von Chemoperfusionen aufgeklärt hat, sodass sie von einer Chemoembolisation ausging. Es bedarf deshalb keiner Vertiefung, ob die Beklagte mit ihrem Vorbringen noch hinreichend sinngemäß als Verfahrensverstoß gerügt hat, dass das LSG bei seiner Annahme das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hat (vgl dazu BSG SozR Nr 56 zu § 128 SGG; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012 § 128 RdNr 13 mwN) und dass das LSG mit diesem Verfahrensverstoß die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hat. Hierfür spricht allerdings, dass es nicht darauf eingegangen ist, dass nach den vom LSG in Bezug genommenen Akteninhalt die Versicherte durch ihren Ehegatten schon am 18.6.2005, nach der Erstuntersuchung bei Prof. Dr. V. am 17.6.2005, Kostenerstattung für eine "lokale Chemotherapie" beantragte - so bezeichnet Prof. Dr. V. die Chemoperfusion; dass die Nachfrage der Beklagten im Sekretariat von Prof. Dr. V. ergab, dass die Versicherte über die nur privat abzurechnende Chemoperfusionen aufgeklärt wurde und entsprechende Wahlerklärungen unterschrieb; dass die Versicherte auf die Wiedergabe dieses Sachverhalts in ihrem Widerspruch nicht etwa überrascht reagierte, sondern ausführte, sie benötige dringend "die lebensnotwendige Chemoperfusion mit anschließender Laser-Therapie. Zu dieser Therapie gibt es keine Alternative"; dass Prof. Dr. V. selbst gegenüber dem SG angab, die Chemoperfusion habe er der Versicherten privat in Rechnung gestellt, weil "derzeit keine Kostenübernahme durch Kassenzulassung" erfolge, er habe mit der Versicherten eine private Kostenvereinbarung getroffen und ihr vor der Behandlung mit Chemoperfusion die Auskunft erteilt, dass die Kosten selbst getragen werden müssten; schließlich dass der Kläger dem bei Kenntnisnahme während des Klageverfahrens nicht etwa sofort widersprach, sondern die unmittelbar daneben aufgeführte Angabe von Prof. Dr. V. im gleichen Schreiben als entscheidend ansah, die Chemoembolisation wäre zu gefährlich gewesen.

19

Auch wenn man in Widerspruch zum Akteninhalt zugunsten des Klägers unterstellt, der hierzu nicht vom LSG persönlich angehörte Prof. Dr. V. habe die Versicherte nicht darüber aufgeklärt, Chemoperfusionen zu verabreichen, begründet dies entgegen der Auffassung des LSG kein "Systemversagen", welches das Erfordernis des Bestehens eines Primäranspruchs entfallen lässt und zur Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V führt. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck des § 13 Abs 3 S 1 SGB V geben für die Rechtsauffassung des LSG nichts her, Versicherten seien bei unterlassener ärztlicher Aufklärung über eine durchgeführte, nicht zu Lasten der GKV zu beanspruchende Behandlung Kosten zu erstatten. Schon der Wortlaut der abschließenden Regelung (vgl dazu BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 19 mwN)des § 13 Abs 3 S 1 SGB V knüpft an die Voraussetzung an, dass die KK "eine … Leistung" nicht rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht ablehnte, sie zu erbringen. Dreh- und Angelpunkt des Anspruchs ist die dem Versicherten geschuldete Leistung, hier also die Krankenbehandlung. Die Gesetzesmaterialien belegen Gleiches. Danach ersetzt die Vorschrift den Sachleistungsanspruch durch einen Kostenerstattungsanspruch, wenn die KK eine Leistung wegen ihrer Dringlichkeit … nicht mehr rechtzeitig erbringen konnte oder zu Unrecht abgelehnt hat. In anderen Fällen selbstbeschaffter Leistungen besteht keine Leistungspflicht der KK (vgl insgesamt Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BT-Drucks 11/2237 S 164, zu § 13 Abs 2). Sowohl § 13 Abs 3 S 1 Fall 1 SGB V als auch § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V knüpfen zwingend an die von der KK geschuldete, aber rechtswidrig nicht erbrachte Leistung an(vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 25; Brandts in Kasseler Komm, Stand April 2012, § 13 SGB V RdNr 52 ff; E. Hauck in Horst Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand September 2011, § 13 SGB V RdNr 233 ff mwN). Das Regelungssystem des SGB V begründet Ansprüche auf Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 SGB V)unter Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) grundsätzlich nach objektiven Kriterien (vgl beispielhaft für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 30 f; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 19 ff mwN; Hauck, NZS 2007, 461 ff). Besteht die Möglichkeit, verschiedene Wege zu gehen, sind diese krankenversicherungsrechtlich auf ihre Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen (§ 12 Abs 1 SGB V). Nur wenn mehrere verschiedene in Betracht kommende Maßnahmen ärztlichen Handelns diesen Anforderungen genügen, hat der versicherte Patient auch hierüber aufgeklärt zu werden und die Auswahl zu treffen (vgl BSG Beschluss vom 7.11.2006 - B 1 KR 32/04 R - GesR 2007, 276 RdNr 54). Dieses Regelungssystem sichert die Gleichbehandlung der Versicherten (Art 3 Abs 1 GG) und richtet die Leistungen am Gesichtspunkt der Qualität und Wirtschaftlichkeit aus. Es vermeidet, den Anspruch Versicherter von dem in dieser Hinsicht ungeeigneten Maßstab ärztlicher Pflichtverletzungen abhängig zu machen, wie es bei der Rechtsauffassung des LSG der Fall wäre.

20

Entgegen der Ansicht des LSG entstehen infolge der Regelung des Gesetzgebers keine Rechtsschutzdefizite zu Lasten der Versicherten. Erhalten Versicherte eine GKV-Leistung, müssen sie grundsätzlich hierfür abgesehen von der Zuzahlung nicht zahlen. Zahlen sie dennoch, können sie das Gezahlte im Zivilrechtsweg zurückfordern. Ihre Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, die Versicherten können zudem vom Leistungserbringer, etwa vom Arzt, Schadensersatz fordern (§ 76 Abs 4 SGB V). Deutet sich ein solcher Sachverhalt erst im Rechtsstreit der Sozialgerichtsbarkeit über Kostenerstattung an, kann der Versicherte nach dem SGG zwar nicht dem betroffenen Arzt den Streit verkünden. Das Gericht kann ihn aber - funktional gleichwertig - beiladen, um eine Bindungswirkung seiner Entscheidung zu erreichen (vgl dazu BSGE 40, 130, 132 = SozR 1750 § 41 Nr 1; zur rechtswegübergreifenden Interventionswirkung vgl auch BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr 1).

21

§ 13 Abs 3 S 1 SGB V ist für einen solchen Fall nicht gedacht. Kosten im Sinne des § 13 Abs 3 S 1 SGB V sind dem Versicherten in einem solchen Fall nicht dadurch "entstanden", dass seine KK eine Leistung rechtswidrig abgelehnt hat oder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Seine KK kann ihn bei der Rückforderung unterstützen (vgl § 66 SGB V), hat aber nicht die Aufgabe, für solche ärztlichen Pflichtverletzungen nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V einzustehen.

22

Die Regelung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V will vielmehr Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der KK geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht(vgl BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 25). Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine GKV-Leistung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will. So lag es nach den LSG-Feststellungen hinsichtlich der Chemotherapie für die Versicherte. Will ein Versicherter dagegen eine GKV-Leistung in Anspruch nehmen, weiß er, dass er diese - abgesehen von den gesetzlichen Zuzahlungen - frei von Honorar beanspruchen kann.

23

§ 13 Abs 3 S 1 SGB V garantiert - wie dargelegt - lediglich, dass Versicherte tatsächlich bestehende Versorgungslücken des Naturalleistungssystems in den gesetzlich bestimmten Fällen zu Lasten der KKn beseitigen können, indem sie sich die geschuldete Leistung selbst verschaffen. Auch die irrige Annahme eines Versicherten, ihm werde eine GKV-Leistung erbracht, obwohl dies nicht der Fall ist, schafft keine Versorgungslücke. Denn die Fehlvorstellung ändert nicht den Umfang des GKV-Leistungskatalogs: Der Versicherte erhält eine Leistung, die er gerade nicht von der GKV beanspruchen kann. Hat der Leistungserbringer die Fehlvorstellung des Versicherten erzeugt, kann der Versicherte erst recht das Gezahlte nach den oben dargelegten Grundsätzen zurückverlangen. Schließt der zutreffend umfassend aufgeklärte Versicherte dagegen über die Leistung von vornherein eine private Honorarvereinbarung ab, begibt er sich des Schutzes des Naturalleistungssystems. Er ist in diesem Fall nicht schutzwürdig.

24

Verletzt der behandelnde Arzt seine Aufklärungspflichten, kann dies zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs des Arztes führen (vgl BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 35 - LITT; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 18). Sollte der behandelnde Arzt mit Hilfe einer Honorarvereinbarung versuchen, ihn selbst treffende Risiken auf den Versicherten abzuwälzen, kommt nach der Rechtsprechung des Senats auch eine Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 32 SGB I in Betracht(vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 26; BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 16 f; BSG Urteil vom 18.7.2006 - B 1 KR 9/05 R - USK 2006-79 - juris RdNr 13; vgl auch die Auflistung der verschiedenen Fallgruppen fehlender Zahlungsverpflichtungen bei E. Hauck in Horst Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand September 2011, § 13 SGB V, RdNr 267 ff).

25

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, weil der Kläger in seiner Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I klagt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung nichts Abweichendes ergibt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2, den nach § 72a Abs. 3 vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme der Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 1 und 2 Satz 1 richtet sich nach den hierüber abgeschlossenen Verträgen. Die Zahl der Eigeneinrichtungen darf auf Grund vertraglicher Vereinbarung vermehrt werden, wenn die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 Satz 1 erfüllt sind.

(1a) In den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 7 können Versicherte auch zugelassene Krankenhäuser in Anspruch nehmen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen; dies gilt auch, wenn die Terminservicestelle Versicherte in den Fällen des § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 in eine Notfallambulanz vermittelt. Die Inanspruchnahme umfasst auch weitere auf den Termin folgende notwendige Behandlungen, die dazu dienen, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen.

(2) Wird ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren in Anspruch genommen, hat der Versicherte die Mehrkosten zu tragen.

(3) Die Versicherten sollen den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt innerhalb eines Kalendervierteljahres nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Der Versicherte wählt einen Hausarzt. Der Arzt hat den Versicherten vorab über Inhalt und Umfang der hausärztlichen Versorgung (§ 73) zu unterrichten; eine Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung hat er auf seinem Praxisschild anzugeben.

(3a) Die Partner der Verträge nach § 82 Abs. 1 haben geeignete Maßnahmen zu vereinbaren, die einer unkoordinierten Mehrfachinanspruchnahme von Vertragsärzten entgegenwirken und den Informationsaustausch zwischen vor- und nachbehandelnden Ärzten gewährleisten.

(4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

(5) Die Versicherten der knappschaftlichen Krankenversicherung können unter den Knappschaftsärzten und den in Absatz 1 genannten Personen und Einrichtungen frei wählen. Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen.

(2) Die Höhe der Gesamtvergütung wird im Gesamtvertrag vereinbart; die Landesverbände der Krankenkassen treffen die Vereinbarung mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen; sie kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig. Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für nichtärztliche Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeit und für eine besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren; das Nähere ist jeweils im Bundesmantelvertrag zu vereinbaren. Die Vergütungen der Untersuchungen nach den §§ 22, 25 Abs. 1 und 2, § 26 werden als Pauschalen vereinbart. Beim Zahnersatz sind Vergütungen für die Aufstellung eines Heil- und Kostenplans nicht zulässig. Soweit die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen vereinbart wird, ist der Betrag des Ausgabenvolumens nach Satz 2 zu bestimmen. Ausgaben für Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 und nach § 53 Abs. 4 mit Ausnahme der Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 6 und Ausgaben auf Grund der Mehrkostenregelung nach § 28 Abs. 2 Satz 3 sind auf das Ausgabenvolumen nach Satz 2 anzurechnen.

(2a) (weggefallen)

(2b) (weggefallen)

(2c) Die Vertragspartner nach § 82 Abs. 1 können vereinbaren, daß für die Gesamtvergütungen getrennte Vergütungsanteile für die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Arztgruppen zugrunde gelegt werden; sie können auch die Grundlagen für die Bemessung der Vergütungsanteile regeln. § 89 Abs. 1 gilt nicht.

(2d) Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Punktwerte für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Punktwerte nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(3) In der vertragszahnärztlichen Versorgung vereinbaren die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbiditätsentwicklung, der Kosten- und Versorgungsstruktur, der für die vertragszahnärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der zahnärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer Veränderung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsumfangs beruhen. Bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen ist der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragszahnärztlichen Leistungen ohne Zahnersatz neben den Kriterien nach Satz 1 zu berücksichtigen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Die Krankenkassen haben den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen die Zahl ihrer Versicherten vom 1. Juli eines Jahres, die ihren Wohnsitz im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung haben, gegliedert nach den Altersgruppen des Vordrucks KM 6 der Statistik über die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 1. Oktober des Jahres mitzuteilen.

(3a) Die Gesamtvergütungen nach Absatz 3 dürfen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Im Jahr 2024 dürfen die Gesamtvergütungen für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz gegenüber dem Vorjahr höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate nach § 71 Absatz 3 angehoben werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Leistungen nach den §§ 22, 22a, 26 Absatz 1 Satz 5, § 87 Absatz 2i und 2j sowie Leistungen zur Behandlung von Parodontitis für Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind oder in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind. Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert bis zum 30. September 2023 die Auswirkungen der Begrenzung der Anhebungen der Gesamtvergütungen nach Satz 1 auf den Umfang der Versorgung der Versicherten mit Leistungen zur Behandlung von Parodontitis.

(4) Die Kassenzahnärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragszahnärzte. Sie wendet dabei in der vertragszahnärztlichen Versorgung den im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragszahnärzte zugrunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde zu legen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragszahnarztes entsprechend seinem Versorgungsauftrag nach § 95 Absatz 3 Satz 1 vorzusehen. Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt - als Rechtsnachfolger der A., geb.1967, verstorben 2012 -

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. B., B-Straße, B-Stadt

gegen

AOK ... - Die Gesundheitskasse, vertreten durch den Vorstand, ...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Der 5. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 10. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Rittweger als Vorsitzenden, die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Barkow-von Creytz und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Zieglmeier sowie die ehrenamtlichen Richter B. und H. für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beantragt Kostenerstattung in Höhe von 11.053,50 € für ambulante Behandlungen seiner 1967 geborenen und am 24.5.2012 verstorbenen Ehefrau A.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte A. (im Folgenden: Versicherte) erkrankte im Jahr 1999 an einem Karzinom der rechten Brust. Dieses wurde mit operativen Methoden behandelt, gleichzeitig wurden sechs von 22 untersuchten Lymphknoten als mit Absiedelungen befallen festgestellt. Die nachfolgende Chemotherapie und Radiotherapie mit Stammzelltherapie führte dazu, dass die Krebserkrankung zunächst nicht weiter fortschritt.

Bei stationären Behandlungen der Versicherten im Krankenhaus A.-B-Stadt August/September 2010 wurde ein Wiederauftreten des Karzinoms festgestellt in Gestalt eines Rippenfell-Tumors mit dortiger Erguss-Bildung bei multiplen osteoplastischen Metastasierungein sowie Lymphanginosis.

Am 7.10. 2010 beantragte die Versicherte, ihr zum Einen die Kosten zu erstatten, die ihr seit 10.7.2010 infolge Verschreibung von homöopathischen Globuli, von Nahrungsergänzungsmitteln und von Vitaminen sowie Akupunkturbehandlungen durch die Allgemeinärztin und Naturheilkundlerin S.-R. sowie durch privatärztliche Behandlungen des Dr. S. entstanden waren; wegen der Einzelheiten wird auf Bl 34 - 41 der Beklagtenakte (inhaltsgleich mit Blatt 1 - 8 des Anlagekonvolutes zum Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 30.8.2013). Zum anderen beantragte die Versicherte, ihr zukünftig Behandlungen der Hyperthermie und der Galvanotherapie als Sachleistungen zu erbringen. Die Beklagte holte dazu ein Gutachten des MDK Bayern ein (19.10.2010). Danach bestand wegen des Fortgeschrittenen Tumorstadiums mit multipler Metastasierung zwar keine kurative Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Palliativ standen Strahlentherapie und Chemotherapie bei unterstützender symptombezogener Behandlung sowie psycho-onkologische Begleitung zu Gebote. Für die begehrte ambulante Hyperthermie und Galvanotherapie bestand keine Heilungsaussicht, für erstere bestand zudem eine negative Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Für die Gabe von Spurenelementen, Vitaminen sowie Enzymen bestand kein Wirksamkeitsnachweis, Akupunktur war zur Krebsbehandlung nicht zugelassen. Dem folgte die Beklagte mit antragsablehnendem Bescheid vom 26.10.2010. Ein dagegen erhobener Widerspruch, zu dem Dr. D. - Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums St. G., R. Str. 6 - 8, Bad A. - am 25.11.2010 eine Empfehlung zugunsten der Hyperthermie aussprach, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 3.1.2011).

Dagegen hat die Versicherte Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und Kostenerstattung für die von der Beklagten abschlägig beschiedenen ambulanten alternativen Behandlungsmethoden sowie für mittlerweile von Dr. D. durchgeführte ambulante Behandlungen beantragt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, im Krankenhaus A.-B-Stadt sei sie chemotherapeutisch behandelt worden, was sie aber nicht hätte vertragen können. Dr. S. und Dr. D. hingegen hätten zunächst den Immun- und Hormonstatus ermittelt und das Immunsystem aufgebaut. Der Therapieverlauf zeige positive Effekte

Das Sozialgericht hat die einschlägigen Befund- und Behandlungsberichte beigezogen und mit Urteil vom 24. Oktober 2011 die Klage abgewiesen. Die Versicherte habe keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Die Hyperthermie sei eine neue Behandlungsmethode, die ausdrücklich mit Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses vom 14. Mai 2005 von der ärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei, weil Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht belegt seien. Insoweit sei den sachverständigen Stellungnahmen des MDK zu folgen. Neue Erkenntnisse, welche die Einschätzung des Gemeinsamen Bundesausschusses als überholt erscheinen ließen, bestünden nicht. Die Galvanotherapie sei ebenfalls eine neue Behandlungsmethode, welche mangels Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfe. Die Beklagte müsse keine Kosten erstatten für Leistungen, die die Versicherte vor Antragstellung bei der Beklagten in Anspruch genommen habe.

Dagegen hat die Versicherte am 14.2.2012 Berufung eingelegt zur Weiterverfolgung ihres Begehrens. Nach dem Ableben der Versicherten am 24.5.2012 hat der Kläger als Rechtsnachfolger mit Schriftsatz vom 30.8.2013 erklärt, der bis dahin geltend gemachte Anspruch der Versicherten, ihr stationäre Hyperthermie sowie elektrochemische Tumortherapie als Sachleistung zu erbringen, werde nicht mehr weiterverfolgt. Der Kläger hat eine Zusammenstellung der aufgewendeten Heilbehandlungskosten der versicherten vorgelegt (insoweit wird auf Blatt 107 bis 109 Berufungsakte Bezug genommen) und den noch streitgegenständlichen Kostenerstattungsanspruch mit 11.053,50 € beziffert.

Der Senat hat ein ärztliches Sachverständigengutachten des Dr. D. vom 10. Juli 2014 eingeholt einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 29. November 2014. Der Sachverständige hat ausgeführt, die körperliche Verfassung der Klägerin hätte den Einsatz von leitlinienkonformen Standardtherapien mittels Chemotherapie zugelassen. Der Sinn einer lokalen Tiefen- Hyperthermie bei bereits systemisch metastasierendem Karzinom sei nicht nachvollziehbar, für die Behandlung der Knochenmetastasen der Versicherten fehle jegliche Evidenz. Eine Hyperthermie des Rippenfelles sei keine Tiefenhyperthermie. Zur Behandlung der Versicherten habe die Chemotherapie als zugelassene Methode zur Verfügung gestanden, zur Unterstützung eine psychoonkologische Unterstützung. Der Einschätzung des Dr. G., welche der Kläger zu seinem Vortrag gemacht hatte (insoweit wird auf Blatt 159 bis 165 Berufungsakte Bezug genommen), sei nicht zu folgen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.10.2011 sowie den Bescheid vom 26.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Behandlungskosten in Höhe vom 11.053,50 € zu erstatten.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtzüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Der Kläger hat als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten (§ 56 Abs. 1 SGB I; vgl. BSG, Urteil vom 3.7.2012 - B 1 KR 6/11 R, Rn. 10 - zitiert nach juris) keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.10.2011 ist damit ebenso wenig zu beanstanden wie der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 26.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2011. Gegenstand der Berufung sind die Leistungen, die der Kläger mit Schriftsatz vom 30.8.2013 einschließlich der dortigen Anlage geltend gemacht hat gem. § 99 Abs. 1 und Abs. 3 ebenso wie gem. § 99 Abs. 2 SGG infolge der festzustellenden rügelosen Einlassung der Beklagten.

Nicht mehr Streitgegenstand ist die stationäre Behandlung in den M. Kliniken GmbH & Co. KG (Kommanditisten: Dr. F. D., St. G. Hospital GmbH), gesetzlich vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter M. Kliniken Verwaltungs-GmbH, diese gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführerin R. D.. Diese Behandlung war Gegenstand des Bescheides vom 24.3.2011/Widerspruchsbescheides vom 9.5.2011 und der Klage vor dem Sozialgericht Landshut S 1 KR 157/11, welche zu dem hier strittigen Verfahren S 1 KR 22/11 hinzuverbunden war. Mit der Erklärung des Klägers im Schriftsatz vom 30.8.2013, diese Leistung werde nicht mehr weiterverfolgt und mit der alleinigen Stellung des Kostenerstattungsantrags ist insoweit die Erledigung des Rechtsstreites festzustellen.

1. Ein Kostenerstattungsanspruch besteht nicht, soweit der Kläger in der Zusammenstellung vom 30.8.2013 Erstattung von Zuzahlungen gem. § 61 SGB V zu Rezepten der Versicherten verlangt, da die Belastungsgrenze gem. § 62 SGB V zu keinem Zeitpunkt erreicht war.

Kosten i. H. v. 267,14 € für eine verlorengegangene ärztliche Schlussrechnung sind mangels Nachweises nicht von der Beklagten zu erstatten.

2. Der hier strittige Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V reicht im Übrigen nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und setzt voraus: Bestehen eines Primär-(Natural-)leistungsanspruchs der Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Sachleistung durch die Krankenkasse sowie Geltendmachung einer entsprechenden, notwendigen Leistung durch die Versicherte aufgrund der Leistungsablehnung (BSG, Urteil vom 02. September 2014 - B 1 KR 3/13 R).

Ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 2. Alt SGB V besteht damit nicht, soweit Kostenerstattung für Leistungen betroffen sind, die die Versicherte in der Zeit vor der Antragstellung am 7.10.2010 in Anspruch genommen hatte. Denn die Versicherte war nicht durch eine unrechtmäßige Sachleistungsverweigerung gezwungen, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Es fehlt insoweit an dem haftungsbegründenden Tatbestandsmerkmal des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Ablehnung und eingeschlagenem Beschaffungsweg (BSG vom 18.1.1996 - 1 RK 22/95); die Kosten dürfen also erst nach Ablehnung durch die Beklagte entstanden sein (BSG 15.4.1997 - 1 RK 31/96). Vorliegend hat sich die Versicherte vor ihren Therapieentscheidungen nicht um die Gewährung der Behandlung als Sachleistung bemüht, indem sie vorher mit der Beklagten Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet hätte. Dies wäre ihr trotz der Erkrankung im damaligen Stadium möglich und zumutbar gewesen. Nach der gesamten medizinischen Dokumentation lag kein Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V oder eine andere dringliche Bedarfslage vor. Die Erkrankung der Versicherten war damals weder so weit fortgeschritten noch in einem solch akuten Zustand, das es der Versicherte unzumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung der Beklagten abzuwarten oder eine zugelassene Leistung durch einen zugelassenen Leistungserbringen zu beanspruchen.

3. Nach § 28 Abs. 1 SGB V umfasst die vorliegend streitige ambulante ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; entsprechendes gilt für die Versorgung mit Arzneimitteln gem. § 31 SGB V und mit Hilfsmitteln gem. § 33 SGB V.

a) § 2 Abs. 1 S 3 SGB V bestimmt dazu, dass die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben.

Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 S 3 SGB V schließlich entspricht eine Behandlung, wenn die „große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)“ die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG, Urteil vom 21.3.2013 - B 3 KR 2/12 R, Rn. 12 - zitiert nach juris).

Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i. V. m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R).

b) Zur Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind zunächst die nachfolgenden Feststellungen zu treffen. Die Versicherte war nach der vorgelegten und beigezogenen ärztlichen Dokumentation, nach den Stellungnahmen des MDK sowie nach den überzeugenden sachverständigen Ausführungen des Dr. D. im streitgegenständlichen Zeitraum ab Sommer/Herbst 2010 an einem fast 10 Jahre nach einem Mammakarzinom aufgetretenem bösartigen sekundären Rippenfell-Tumor mit Knochenmetastasen und Lymphanginosis erkrankt (TNM-Klassifikation, BSG vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R, Rn. 29). Zu dieser Neubildung war es trotz chirurgischer und chemotherapeutischer Behandlung sowie trotz Stammzelltransplantation des ursprünglichen Mamma-Karzinoms einschließlich anschließender rezeptoren-hemmender Medikation mit Tamoxifen gekommen. In diesem Stadium des sekundären metastasierten Karzinoms stand weder ein zugelassenes Arzneimittel noch eine zugelassene Methode zur Verfügung, mit welchen ein kuratives, d. h. die Erkrankung heilendes Behandlungsziel hätte verfolgt werden können. Eine chemotherapeutische Behandlung der Versicherten hatte Im Sommer/Herbst 2010 palliative Ziele, d. h. die bei Nichtbehandlung auf nicht allzu lange Zeit zu prognostizierende Lebenserwartung zu verlängern und die Krankheitsfolgen zu linderen, nicht aber das Ziel einer Heilung.

4. Den unter 3.a) dargelegten Anforderungen an die Qualität der Behandlung der Erkrankung der Versicherten im unter 3.b) dargestellten Stadium entsprach die Versorgung mit Handschmeichlern durch den Versender H.-de nicht.

Das Nämliche gilt für die Versorgung mit Spurenelementen, mit homöopathischen Globuli, mit Nahrungsergänzungsmitteln, Gewürzauszügen (Kurkuma) und mit Vitaminen sowie für die Akupunkturbehandlungen, für welche der Kläger nach der Aufstellung vom 30.8.2013 Kostenerstattung begehrt. Nicht erstattungsfähig sind auch die dort aufgeführten Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, § 34 Abs. 1 S. 1 SGB V; insoweit ist festzustellen, dass keiner der vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Ausnahmefälle i. S. d. § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V vorlag. Nicht erstattungsfähig sind die geltend gemachten Kosten für die Arzneimittel, die nach § 34 Abs. 1 S. 6 SGB V ausgeschlossen sind wie namentlich Emser Sole oder Klosterfrau Vitamin E.

Kosten für das Fiebermessgerät „Thermoscan IRT 4520“ sind nicht zu erstatten, Fieberthermometer sind Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB V).

5. Nicht erstattungsfähig sind die Leistungen, die Dr. D. (nach der Aufstellung vom 30.8.2013) abgerechnet hat mit Schlussrechnungen vom 19.11.2010, 29.11.2010, 20.12.2010, 7.3.2012 sowie 23.3.2012 für Behandlungen der Hyperthermie einschließlich Begleitbehandlungen.

a) Zum einen ergibt sich aus dem Briefkopf, der Absenderzeile sowie aus den angegebenen Bankverbindung der Rechnungen (Schlussrechnung 20.12.2010 einerseits und Stellungnahme des Dr. D. vom 25.11.2010 - Bl 64 Verwaltungsakte Beklagte andererseits), dass diese Leistungen erbracht und abgerechnet sind von der M. Kliniken GmbH & Co. KG. Diese ist eine stationäre Einrichtung, die nicht mit dem MVZ des zur ambulanten Versorgung zugelassenen Vertragsarztes Dr. D. identisch ist. Es handelt sich vielmehr um eine Klinik, die im hier streitigen Zeitraum nicht in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommen war und auch im Übrigen kein zugelassenes Krankenhaus war, so dass die Beklagte dort keine Leistungen erbringen lassen durfte, § 108 SGB V. Zugleich ist festzustellen, dass es sich damit um eine andere, als die am 7.10.2010 beantragte ambulante Leistung handelt, zu welcher Dr. D. als Leiter des ambulanten MVZ im Widerspruchsverfahren die benannte Stellungnahme abgegeben hatte. Auch insoweit scheitert die Kostenerstattung an der fehlenden Kausalität.

Zu beachten ist insoweit, dass die Gesetzliche Krankenversicherung zwischen ambulantem und stationärem Behandlungsbereich unterscheidet (§ 27 Abs.. 1 Satz 2 Nr. 1, Nr.. 5 SGB V; § 135 SGB V einerseits und § 137c SGB V andererseits; vgl. BSG, Urteil vom 27.11.2014 - B 3 KR 27.11.2014, Rn. 17 ff - zitiert nach juris). Diese materielle Unterscheidung ist sachlich bereits begründet durch die umfassende, medizinisch und auch zeitlich stets gesicherte ärztliche Behandlungspräsenz im stationären Bereich, den die ambulante Versorgung nicht bietet. Es ist daher nicht zu begründen, dass die Beklagte die entsprechenden Kosten zu erstatten hätte, weil der ärztliche Leiter des MVZ und der M. Kliniken GmbH & Co. KG personenidentisch sind.

Soweit aber die Leistungen des Dr. D. als ambulante Leistungen anzusehen wären, scheiterte ein Anspruch des Klägers daran, dass für die Hyperthermie als neuer Behandlungsmethode für die Krebserkrankung der Klägerin im konkreten Stadium - wie vom MDK zutreffend mehrfach festgestellt - gem. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein negatives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses bestanden hatte.

b) Etwas anderes ergibt sich im Ergebnis auch nicht aus einem verfassungsrechtlich begründeten grundrechtsorientierten Leistungsanspruch. Nach dem „Nikolausbeschluss“ (Kingreen) des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) ist es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten,

- für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung

- eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht,

- von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen,

- wenn nach medizinsicher Einschätzung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (vgl. BR-Drucks. 456/11 vom 2.8.2011 - S. 73 zur mittlerweile erfolgten gesetzgeberischen Umsetzung dieser Grundsätze in § 2 Abs. 1a SGB V).

Insoweit folgt der Senat den zutreffenden Einschätzungen des MDK und insbesondere den Feststellungen und Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. D. in dessen überzeugendem Gutachten vom 10. Juli 2014 einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 29. November 2014, welche auf Auswertung der relevanten medizinischen Erkenntnisse sowie der Behandlungsunterlagen der Versicherten beruhen. Danach stand für die Behandlung der Tumorerkrankung der Versicherten in dem seit Oktober 2010 bestehenden fortgeschrittenen Stadium zwar keine anerkannte Methode der Heilung zur Verfügung; zur medizinisch anerkannten palliativen Behandlung des Sekundärtumors mit Metastasen stand die Chemotherapie mit begleitender, lindernder und unterstützender Medikation und Therapie sowie die psycho-onkologische Begleitung zur Gebote. Dem gegenüber bestanden und stehen für die strittige Hyperthermie keine medizinisch ausreichend gesicherten Erkenntnisse zur Verfügung, dass diese bei dem bereits im Skelettsystem mehrfach metastasierenden bösartigen sekundären Mammakarzinom der Versicherten eine Aussicht auf Heilung oder auf palliative, den Krankheitsverlauf entschleunigende Wirkung sowie auf die Lebensqualität positive Beeinflussung hätte bieten können. Es handelt sich vielmehr um eine experimentelle Behandlung. Dem schließt sich der Senat an. Die insoweit erhobenen Einwendungen des Klägers basieren im Wesentlichen auf nicht ausreihend mit gesicherten medizinischen Erkenntnissen unterfütterten Einschätzungen namentlich der behandelnden Ärzte, sie vermögen die fundierten Ausführungen des Sachverständigen nicht zu entkräften oder Anhaltspunkte für eine weitere Sachverhaltsermittlung zu bieten.

5. Für die am 13.11.2011 erbrachten Leistungen des Allgemeinmediziners Dr. H. auf dem Gebiete der Traditionellen Chinesischen Medizin besteht mangels rechtzeitiger Antragstellung sowie mangels medizinisch begründbarer Aussicht auf kurative oder palliative Effekte im konkreten, weit fortgeschrittenen Krankheitsstatus der Versicherten kein Erstattungsanspruch.

Zusammengefasst sind damit die für die Versicherte geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche zu verneinen. Die Berufung bleibt damit vollumfänglich ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 SGG) sind nicht erkennbar.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

25

2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt als Witwer und Sonderrechtsnachfolger der am 1971 geborenen und am 2010 an einem Astrozytom verstorbenen P. F. (Versicherte) die Erstattung der Kosten für eine ambulante Behandlung mit alternativer Krebstherapie (Hyperthermie) in Höhe von EUR 1.349,80.
Die Versicherte war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Januar 2008 wurde bei ihr ein diffus infiltrierendes Astrozytom nach WHO Grad III rechts frontal festgestellt. Eine Operation war aufgrund des Tumortyps und der Art des Tumors nach Einschätzung der behandelnden Ärzte zu dem Zeitpunkt nicht möglich. In der Zeit von Februar bis April 2008 wurde der Tumor mit 60 Gy bestrahlt. In der Zeit von August bis November 2008 wurden vier Zyklen einer Chemotherapie mit Temodal durchgeführt. In den Monaten Januar, August und Dezember 2008 traten außerdem bei der Versicherten Krampfanfälle auf.
Die Versicherte beantragte unter Vorlage eines Attests des Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 08. Dezember 2008, der seit 01. Februar 2002 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, die Gewährung einer Hyperthermiebehandlung. Dr. W. führte in diesem Attest aus, die bisherigen Therapien hätten den Tumor nicht aufhalten können. Es habe sich jeweils in kernspintomographischen Kontrollen ein Fortschreiten der Erkrankung ergeben. Weitere Therapiemöglichkeiten bestünden in Zweit- oder Drittlinienprotokollen (Chemotherapie mit sehr fraglichen Wirkungen bei sicher zu erwartenden Nebenwirkungen). Aus diesem Grund sei die Beratung in seiner komplementär-onkologischen Sprechstunde erfolgt. Es seien schon eine gezielte Ernährungsumstellung und die Einnahme von hochdosierten redifferenzierenden und orthomolekularen Substanzen (Retinolpalmitat, Vitamin D3 und Selen 300) besprochen worden. Die beabsichtigte Elektrotiefenhyperthermie solle ein wesentlicher Therapiepfeiler sein. Ein entsprechendes Gerät (EHY 2000 der Firma O.) stehe in seiner Praxis zur Verfügung. Auch wenn diese Therapie nicht dem allgemein von der Krankenkasse zu übernehmendem Standard entspreche, müsse sie bei der Versicherten übernommen werden, weil die konservativen Therapien ausgereizt seien und es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung handle. Nach 30 Sitzungen werde die Wirksamkeit dieser Therapie im Rahmen einer Kernspintomographie überprüft. Dr. W. fügte seinem Attest eine Zusammenfassung von Studien zur Hyperthermiebehandlung bei Astrozytomen und Gliomen bei.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten bei Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein (Gutachten vom 20. Dezember 2008), der bestätigte, dass eine Tumorerkrankung mit ungünstiger Prognose ohne kurative Therapieaussicht vorliege. Eine lebensbedrohliche Situation sei zu bestätigen. Nach Ausschöpfen der Bestrahlungsoptionen und der Primärtherapie mit Temodal ergäben sich nur Sekundärchemotherapieprotokolle wie PCV, ACNU oder VM26. Ob eine relevante Krankheitsbeeinflussung noch möglich sei, bleibe offen. Bezüglich der Tiefenhyperthermie bei diffus infiltrierendem Astrozytom Grad III lägen keine validen Studienergebnisse vor. Die vorgelegte retrospektive Studie mit 200 Patienten und der Vergleich zu einer historischen Gruppe sei nicht ausreichend aussagekräftig. Eine fachärztliche Behandlung finde ebenfalls nicht statt. Die Kostenübernahme könne nicht empfohlen werden. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Versicherten ab.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 23. Januar 2009, zu dessen Begründung sie sich auf das Attest von Dr. W. und einem Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19. Oktober 2006 (S 11 KR 134/06 ER) bezog.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch der Versicherten als unbegründet zurück. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Die Hyperthermiebehandlung sei durch den GBA ausdrücklich als solche Behandlungsmethode aufgeführt worden, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfe. Die Therapie gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die die Versicherte als Sachleistung oder im Wege der Kostenerstattung beanspruchen könne. Zur Klärung der Frage, ob mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) ein Anspruch der Versicherten gegeben sei, sei durch den MDK eine Überprüfung des Einzelfalls gemäß § 275 SGB V erfolgt. Dieser sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Übernahme der Kosten sozialmedizinisch nicht empfohlen werden könne. Die Beurteilungen des MDK seien entsprechend ihrer Zweckbestimmung bei der Entscheidung der Kasse über die Gewährung oder Versagung einer Leistung nach der medizinischen Seite hin richtunggebend. Hinweise auf Versendungsart bzw. -datum des Widerspruchsbescheids finden sich in der Verwaltungsakte nicht.
Bereits am 18. Dezember 2008 hatte die Klägerin eine ambulante Tiefenhyperthermiebehandlung bei Dr. W. begonnen. An diesem Tage unterschrieben die Versicherte und Dr. W. zudem ein als „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie (EHT)“ überschriebenes Formular, in welchem die Versicherte darauf hingewiesen wurde, dass die angestrebte Behandlung nicht zu den von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfassten Behandlungsformen gehöre und die Versicherte daher die Kosten von EUR 145,14 je Sitzung bei Ablehnung der Kostenzusage durch die Krankenkasse selbst zu tragen habe. Die Tiefenhyperthermiebehandlung fand insgesamt zehnmal (nämlich außerdem am 22. , 24. und 29. Dezember 2008 sowie am 02., 05., 09., 12., 16. und 20. Januar 2009) statt. Die Kosten der Einzelbehandlungen beliefen sich auf jeweils EUR 145,14 bzw. einmalig EUR 43,54. Mit den Rechnungen vom 24. Dezember 2008, 29. Dezember 2008, 02. Januar 2009, 12. Januar 2009 und 20. Januar 2009, die jeweils innerhalb von vier Wochen zu bezahlen waren, berechnete Dr. W. nach der Gebührennummer 5854 der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) insgesamt EUR 1.349,80. Weitere Sitzungen wurden nicht durchgeführt. Vielmehr entschloss sich die Versicherte nun doch zu einer operativen Behandlung, welche am 03. Februar 2009 in der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums F. durchgeführt wurde (vgl. den Entlassungsbericht von Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009). In der Folge befand sich die Versicherte vom 23. Februar bis 27. März 2009 in einer medizinischen Reha-Maßnahme in den Kliniken S. in K. (vgl. den Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009).
Am 23. März 2009 (einem Montag) erhob die Versicherte zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und bezog sich insbesondere auf den Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005. In ihrem Fall hätten inzwischen (zum Zeitpunkt des Erhebens der Klage) fünf durchgeführte Chemotherapien keine Verbesserung ihres Gesundheitszustands mit sich gebracht. Eine Kombination von Chemotherapien und der beantragten Elektrotiefenhyperthermiebehandlung ließen eine Verbesserung des Gesundheitszustands mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie bezog sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide. Eine Anwendung des Urteils des BVerfG vom 06. Dezember 2005 sei nicht möglich, weil der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 zur Änderung der Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien), jetzt Anlage I Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), ausgeführt habe, dass die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermiebehandlung Ausdruck dafür sei, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde. Erprobungen sollten deshalb auf kontrollierte Studien begrenzt bleiben. Die Voraussetzungen für ausnahmsweise aus verfassungsrechtlichen Gründen zu gewährende Leistungen seien deshalb nicht erfüllt.
10 
Das Gericht hörte zur Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Versicherten schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. W. gab in seiner Auskunft vom 12. Juni 2009 an, die Versicherte habe ihn erstmals am 12. Mai 2008 aufgesucht. Sie habe über Krampfanfälle geklagt. Die Therapien seien durchweg erfolglos geblieben; die üblichen Standardverfahren eines Astrozytoms seien damit ausgereizt gewesen. Von der Neurochirurgie Freiburg sei bis zum Zeitpunkt seines Behandlungsbeginns eine Operation ausgeschlossen worden. Am 18. Dezember 2008 habe er daher mit einer Tiefenhyperthermiebehandlung begonnen, die mit dem Gerät EHY 2000 der Firma O. erfolgt sei. Parallel dazu sei eine erneute Chemotherapie von der betreuenden Onkologin Dr. M. begonnen worden. Dabei habe es sich um eine Therapie nach dem PCV-Schema gehandelt. Diese Therapie sei bis 07. Januar 2009 durchgeführt worden. Die Versicherte habe sich damals in einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Situation befunden. Die von ihm durchgeführte Therapie von Astrozytomen und auch Glioblastomen mit dem Gerät EHY 2000 sei etabliert und werde von einigen Dutzend Arztpraxen und Tumorkliniken bei dieser Indikation eingesetzt. Der Erfolg der bei ihm insgesamt durchgeführten neuen Hyperthermiebehandlungen habe nicht mehr eindeutig festgestellt werden können, da zwischenzeitlich aufgrund einer dringenden Bitte des primären Hausarztes Dr. R. die neurochirurgische Klinik eine gefährliche Operation nun doch in Erwägung gezogen habe. Zuvor habe jedoch keine allgemein anerkannte und medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Die Methode der Hyperthermie habe die Chance eines wenigstens spürbar positiven Einflusses auf den Krankheitsverlauf versprochen. Seiner Auskunft fügte Dr. W. eine Information zur Behandlung mit Hyperthermie und Auszüge aus Veröffentlichungen hierzu bei. Überdies legte er den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. März 2009 vor. Dieser berichtete von einer Hemiparese links mit Gangunsicherheit und Fallneigung sowie einer psychophysischen Belastbarkeitsminderung bei Zustand nach Resektion des Astrozytoms am 03. Februar 2009. Auch postoperativ sei es zu generalisierten epileptischen Anfällen gekommen. Durch die Folgen der strahlen- und chemotherapeutischen Behandlung sowie in der Folge der Tumoroperation sei die Klägerin in der selbstständigen Alltagsbewältigung deutlichst eingeschränkt. Ergänzend gab Dr. W. in seiner Auskunft vom 07. Dezember 2009 an, die Kombination der Elektrotiefenhyperthermie und Chemotherapie habe als Ziel die synergetische Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung gehabt bzw. mindestens in der Verhinderung weiteren Wachstums bestanden.
11 
Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. gab an (Auskunft vom 15. Juni 2009), die Klägerin habe sich bereits seit September 2006 sehr häufig in seiner ambulanten Behandlung befunden. Erst Anfang Januar 2008 sei die Diagnose klar gewesen. Im Laufe der Zeit sei es zu zunehmenden sensiblen Störungen und Ausfällen gekommen. Die Diagnose eines weit fortgeschrittenen diffus infiltrierenden Astrozytoms des Frontalhirns im Übergang zum Glioblastom sei im Zeitpunkt der Überlegung, die Hyperthermiebehandlung zu empfehlen, ein Todesurteil gewesen. Die Versicherte sei damals von den Onkologen eigentlich aufgegeben worden. Es habe eine bereits durchgeführte Chemotherapie wiederholt werden sollen. Auch die Strahlenbehandlung habe sich nur in den Nebenwirkungen als „erfolgreich“ erwiesen. Er habe daher die Hyperthermiebehandlung und auch deren Beginn vor einer Entscheidung der Beklagten empfohlen, um zu verhindern, dass sich die Frage nach der Übernahmefähigkeit der Kosten vor der Bewilligung „biologisch erledige“. Dr. R. fügte seiner Auskunft Arztunterlagen und Arztbriefe zum Verlauf der Erkrankung der Versicherten, insbesondere des O. Klinikums, des Radiologischen Instituts B. der Neurologin Dr. Wu., des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. N. des Neurozentrums vom Universitätsklinikum F. sowie den Bericht der Onkologin Dr. M. vom 19. Dezember 2008 bei. Letzterem zufolge wurde damals eine weitere Zunahme des Tumors festgestellt. Sie schlage daher einen Zyklus nach dem PCV-Schema und dann die erneute Vorstellung in der Neurochirurgie vor. Außerdem könne eine experimentelle Therapie mit Avastin, einem VEGF-Antikörper in Kombination mit Irinotecan versucht werden, die die Beklagte jedoch zunächst genehmigen müsse. In der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F. könne zumindest eine operative Teilresektion des Tumors versucht werden. Überdies legte Dr. R. den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. der Kliniken S. vom 26. Mai 2008 über eine bereits in der Zeit vom 25. April bis 22. Mai 2008 erfolgte medizinische Reha-Maßnahme der Versicherten vor. Seinerzeit war die Versicherte als für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig belastbar, jedoch wegen der Inoperabilität des Tumors mit einer ungünstigen Prognose entlassen worden. Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens legte Dr. R. zudem den Operationsbericht der Oberärztin Dr. We. sowie den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Z. vom 10. Februar 2009, beides Ärzte der Neurochirurgie des Universitätsklinikums F., über die operative Behandlung der Versicherten am 03. Februar 2009 vor. Danach konnte eine weitgehende Tumorresektion erreicht werden.
12 
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. berichtete in seiner Auskunft vom 23. Juni 2009 davon, dass er die Versicherte aufgrund epileptischer Anfälle zur Kernspintomographie überwiesen habe. Die Diagnose beschreibe eine lebensbedrohliche Erkrankung. Er habe keine Erfahrung mit der Elektrotiefenhyperthermie und könne dazu keine Aussage treffen.
13 
Die Versicherte verstarb am 24. Mai 2010, was die Beteiligten dem SG nicht mitteilten.
14 
Mit Urteil vom 19. Oktober 2010 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 zur Erstattung der Kosten für die im Dezember 2008 und Januar 2009 durchgeführte Hyperthermiebehandlung in Höhe von insgesamt EUR 1.349,80. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten sei § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Beklagte sei nach § 27 Abs. 1 SGB V zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet, allerdings unterliege der Behandlungs- und Versorgungsanspruch den sich aus §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen und umfasse nur Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Dies sei bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe. Durch diese Richtlinien werde der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - z.B. Urteil vom 24. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - BSGE 97, 190). Bei der Elektrotiefenhyperthermie handle es sich um eine neue Behandlungsmethode, die vom GBA in der Anlage II der Methoden-Richtlinie nicht als anerkannte Behandlungsmethode für Astrozytome aufgeführt sei. Die Versicherte habe deshalb unter diesem Aspekt keinen Kostenerstattungsanspruch. Sie habe auch keinen Kostenerstattungsanspruch nach den Grundsätzen des so genannten Systemversagens. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen lägen im Falle der Versicherten erkennbar nicht vor. Weder habe diese an einer extrem seltenen Erkrankung, deren Erforschung praktisch ausgeschlossen sei, gelitten, noch habe der GBA verspätet entschieden. Dieser habe sich vielmehr bereits im Jahr 2005 mit der Hyperthermiebehandlung auseinandergesetzt und sie in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Das Vorliegen neuer Erkenntnisse habe die Versicherte weder vorgetragen, noch seien solche ersichtlich. Die Versicherte habe aber einen Kostenanspruch wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Situation unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (unter Verweis auf BVerfG, vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Dieses habe entschieden, dass die Vorschriften des SGB V verfassungskonform auszulegen seien. Danach komme ein Anspruch auf Kostenerstattung auch dann in Betracht, wenn
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1. eine lebensbedrohliche oder regelmäßige tödlich verlaufende Erkrankung vorliege,
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2. bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht (mehr) zur Verfügung stehe und
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3. bezüglich der anzuwendenden Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe.
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Die zweite Voraussetzung sei erfüllt, wenn feststehe, dass derartige dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethoden überhaupt nicht zur Verfügung stünden oder im konkreten Einzelfall, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht vertrage oder ihre Anwendung keinen Erfolg gebracht habe. Dabei sei zu unterscheiden, welchem Behandlungsziel die Methode diene: Sei zwar eine Methode verfügbar, die auf Linderung der Krankheitsbeschwerden abziele, könne sie der begehrten nicht anerkannten Behandlung dann nicht entgegengehalten werden, wenn letztere auf die Heilung oder langfristige Verzögerung des Krankheitsverlaufs abziele. Die dritte Bedingung für einen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Krankenbehandlung setze voraus, dass Erkenntnisse wissenschaftlicher Art dazu vorlägen, dass ein Behandlungserfolg möglich sei. Diese Erkenntnisse müssten objektivierbar sein. Die Behandlung müsse in der Regel fachärztlich durchgeführt werden. Der Erfüllung der dritten Voraussetzung stehe - anders als von der Beklagten und dem BSG im Urteil vom 24. November 2006 (B 1 KR 24/06 R, a.a.O.) vertreten - auch nicht in allen Fällen ein Beschluss des GBA entgegen, der die entsprechende Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen habe. Zwar sei verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode nichts einzuwenden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, die vom BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich ausgeschlossen worden sei (unter Verweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17). Das gelte jedenfalls dann, wenn aus den auf der Homepage des GBA veröffentlichten Gründen für den Ausschluss erkennbar sei, dass ein Ausschluss nicht wegen völliger Unwissenschaftlichkeit oder nachgewiesener Wirkungslosigkeit erfolgt sei, sondern davon ausgegangen werde, dass angesichts der Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie diese Technologie sich noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befunden habe. In diesen Fällen lägen nämlich ebenso wie bei Behandlungsmethoden, mit denen sich der GBA überhaupt noch nicht befasst habe, Indizien für eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf einen Behandlungserfolg vor. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, sei schließlich zu prüfen, ob auch andere anerkannte Methoden diesem Maßstab genügten. Ausgehend davon habe die Versicherte einen Anspruch auf Erstattung ihrer für die Hyperthermie aufgewandten Kosten. Sie leide an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit nach Diagnose eines Astrozytoms betrage elf bis zwölf Monate. Eine andere - anerkannte - Methode habe für die Behandlung der Versicherten nicht zur Verfügung gestanden. Diese habe bereits verschiedene Chemotherapien und eine Strahlentherapie hinter sich gehabt. Eine operative Entfernung des Tumors sei durch die Fachärzte als weitgehend unmöglich abgelehnt worden. Die Tatsache, dass später „quasi als Verzweiflungstat“ doch noch eine Operation durchgeführt worden sei, ändere an dieser Einschätzung nichts. Maßgeblich seien für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V die Erkenntnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung. Eine erneute Chemotherapie nach anderen Protokollen seien selbst vom MDK als wenig aussichtsreich oder allenfalls ergänzend möglich beurteilt worden. Es hätten nur die Möglichkeiten einer palliativen Chemotherapie bestanden. Demgegenüber habe die Behandlung mit Elektrohyperthermie nach den überzeugenden Ausführungen des Dr. W. der Zerstörung des Tumors, jedenfalls aber der Verhinderung von dessen weiterem Wachstum gedient. Die Hyperthermiebehandlung sei also in erster Linie auf Heilung oder wenigstens spürbare Lebensverlängerung gerichtet gewesen, die als weitere Möglichkeit in Betracht gezogene Chemotherapie in erster Linie auf Verhinderung einer Verschlechterung bzw. auf Linderung der Krankheit. Auch die weiteren Voraussetzungen hätten vorgelegen. Es habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf einen Heilungserfolg oder wenigstens einen spürbar positiven Krankheitsverlauf gegeben. Es sei medizinisch keine abwegige Vorstellung, dass durch die Erhitzung des Tumorgewebes mittels Radiowellen eine Zerstörung oder wenigstens eine Hemmung des weiteren Tumorwachstums möglich sei. Nachdem die Behandlung im stationären Bereich auch schon zu Erfolgen geführt habe, reichten diese Erkenntnisse zur Annahme eines Indizes für eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf aus. Auch die Abwägung vom Risiko der Behandlung mit Hyperthermie, die immerhin in Krankenhäusern schon länger eingesetzt werde, mit dem zu erwartenden Nutzen sei zu Gunsten der Behandlung ausgefallen. Die Versicherte sei in einer verzweifelten Lage gewesen. Sie sei überdies darüber informiert gewesen, dass die Hyperthermiebehandlung keine anerkannte Methode gewesen sei; sie sei über den experimentellen Charakter der Behandlung aufgeklärt gewesen und habe ihr zugestimmt. Der Erbringung der Behandlung zu Lasten der Beklagten habe schließlich der Beschluss des GBA vom 14. Mai 2005 nicht entgegengestanden. Die Aufnahme zur Behandlung in Anlage II der Methoden-Richtlinie sei in erster Linie deshalb erfolgt, da die Hyperthermie nach deren Anwendern eine Vielzahl nicht näher spezifizierter Anwendungsgebiete gehabt habe, die nicht im einzelnen erforscht seien. Die Wirkungslosigkeit oder ihre völlige Unwissenschaftlichkeit habe der GBA ebenso wenig festgestellt wie eine besondere Gefährdung durch die Durchführung dieser Therapie. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe schließlich nicht entgegen, dass die Versicherte die Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet habe, bevor sie mit der Behandlung begonnen habe. Die Behandlung sei unaufschiebbar gewesen. Wie ihr behandelnder Hausarzt überzeugend ausgeführt habe, habe mit dem Beginn der Behandlung nicht abgewartet werden können, bis die Beklagte entschied, denn es habe die Gefahr bestanden, dass sie vor Beginn der Behandlung an den Folgen des Astrozytoms verstarb. Schließlich entsprächen die Rechnungen des Dr. W. auch den Voraussetzungen der GOÄ; eine ordnungsgemäße Abrechnung sei erfolgt.
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Gegen dieses ihr am 25. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Oktober 2010 zum Landessozialgericht Baden- Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich durch Richtlinien des GBA festgelegt werde. Der GBA habe die Hyperthermie in Nr. 42 der Anlage II der Methoden-Richtlinie aufgenommen. Die dort aufgeführten Behandlungsverfahren dürften nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Die Methode gehöre damit nicht zur Behandlung im Sinne des § 27 SGB V. Das BSG habe in seinem Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.) entschieden, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr sei, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Dann sei auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert seien. Auch in Bezug auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (a.a.O.) stehe der Versicherten die begehrte Leistung nicht zu. Anders als im dort entschiedenen Fall sei die Hyperthermiebehandlung vorliegend nicht zur Schmerzbekämpfung erfolgt, sondern habe nach der Stellungnahme des Dr. W. vom 07. Dezember 2009 das Ziel der synergetischen Wirkung in der erwünschten Tumorzerstörung bzw. mindestens in der Verhinderung des Wachstums gehabt. Von einem ausdrücklichen Ausschluss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung durch den GBA könne somit ausgegangen werden. Im Übrigen habe das BVerfG in seiner Entscheidung keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Das BVerfG habe ausgeführt, dass das Landessozialgericht - soweit es zu dem Ergebnis komme, dass auch die individuell im Fall der dortigen Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom GBA vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei - in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden habe, ob die im Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gälten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen worden sei. Für sie, die Beklagte, gelte weiterhin die Rechtsauffassung des BSG im Urteil vom 07. November 2006 (a.a.O.). Soweit der GBA zwischenzeitlich konkretisiert habe, dass bei einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit eine Methode, für die eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare Linderung bestehe, grundsätzlich im Einzelfall von den Krankenkassen getragen werden könne, sei hieraus kein anderes Ergebnis abzuleiten. Im Falle der Hyperthermie habe der GBA in seiner Beschlussbegründung vom 18. Januar 2005 jedoch festgestellt, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des Hyperthermieverfahrens - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt seien, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht habe empfohlen werden können. Die Vielzahl der technischen Varianten der Hyperthermie sei, wie bei anderen medizinischen Entwicklungen, Ausdruck dafür, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde.
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Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat die Beklagte überdies das sozialmedizinische Gutachten des Dr. Bä. (MDK) vom 28. April 2011 vorgelegt. Dr. Bä. führt darin aus, dass von den vier verschiedenen Anwendungsformen der Hyperthermie vorliegend die regionale Tiefenhyperthermie relevant sei. Insoweit existiere ein patientenrelevanter methodischer Unterschied zwischen der wissenschaftlichen Hyperthermie, wie sie an Universitätskliniken angewandt werde, und der frei zugänglichen, auch von Heilpraktikern oder der „komplementären Onkologie“ ohne Bestrahlungsplanung und Temperaturmessung anwendbaren niederfrequenten „Onkothermie“, die auch als Hyperthermie bezeichnet werde. Diese lasse regelmäßig sowohl eine wissenschaftlich-technisch begründete Therapieplanung als auch die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet als auch eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen vermissen. Niederfrequente Geräte könnten besonders einfach und kostengünstig gebaut werden. Jedoch brächten diese Geräte eine meist geringe Energieleistung auf; gut durchblutete Organe könnten die eingestrahlte Energieleistung problemlos sofort wieder abführen. Von der Herstellerfirma der in diesem Bereich am weitesten verbreiteten Geräte (Hot O. GmbH) werde ein hypothetischer zweiter Wirkungsmechanismus konstruiert, der sich aus einem behaupteten besonderen Absorptionsverhalten der extrazellulären Flüssigkeit im Tumorgewebe und einem niedrigeren Wellenwiderstand des Tumors im Vergleich zum umliegenden Gewebe zusammensetzen solle. Für diese Behauptungen könnten sich die Leistungserbringer auf keinerlei naturwissenschaftliche Grundlagen stützen und entzögen ihre Gerätewirkung einer naturwissenschaftlichen Überprüfbarkeit. Unabhängig von der Form der angewandten Hyperthermie habe - nach Auswertung der einschlägigen Publikationen - zu keiner Zeit durch den Einsatz der Hyperthermie eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Der GBA habe sich seinerzeit mit 1.252 Titeln zur Hyperthermie befasst, darunter hätten sich 42 Studien mit vorrangiger Evidenz bei 11 Tumorindikationen befunden. In keiner Indikation habe die Stärke der Evidenz für eine positive Empfehlung von Hyperthermieanwendungen ausgereicht. Der GBA habe daher das Resümee gezogen, bei solchen experimentellen Therapien, auch in den Indikationen, in denen die Forschung schon weiter fortgeschritten sei, sollten Erprobungen auf die Durchführung kontrollierter Studien begrenzt bleiben. Zwischenzeitlich sei in Österreich vom Ludwig-Boltzmann-Institut, einer wissenschaftlich arbeitenden Institution des öffentlichen Gesundheitswesens in Österreich, ein systematischer Review erstellt worden, der die internationale Literatur im Zeitraum von 2005 bis 2010 bewerte. Die dortigen Autoren zögen das Resümee, dass sich die Lage der Evidenz in den letzten fünf Jahren seit dem GBA-Bericht gemessen an der Zahl neuer RCTs (randomisierter kontrollierter Studien) kaum geändert habe. Obwohl von vielen Studienautoren umfassendere Phase-III-Studien gefordert worden seien, sei für die meisten Indikationen die Evidenz nahezu unverändert. Die RCTs aus der aktuellen Recherche zeigten zusammengefasst in Bezug auf klinisch relevante Endpunkte keine Vorteile von Hyperthermie gegenüber allgemeiner Chemo- und/oder Radiotherapie. In der Summe sei die Evidenz daher derzeit zu schwach, um einen Nutzen durch die zusätzliche Hyperthermieanwendung ableiten zu können. Die von Dr. W. vorgelegten Studien seien nicht geeignet, Wirksamkeit und Überlebensvorteil bzw. einen Nutzen der Hyperthermie nachzuweisen. Es handle sich um eine Fallserie bei einer Tumorart, die mit der Erkrankung der Versicherten nicht vollständig identisch sei, die Daten seien nicht vollständig publiziert, eine Randomisierung habe nicht stattgefunden, dem Abstract sei nicht zu entnehmen, ob und mit welcher Kontrollgruppe verglichen worden sei. Nach der GBA-Klassifizierung entspreche die Publikation der niedrigen Evidenzstufe IV. Eine eigene, am 20. April 2011 durchgeführte Literatursuche in der medizinischen Datenbank PubMed habe keine randomisiert kontrollierte Studie zur Hyperthermie beim Astrozytom seit 2005 ergeben. Die Datenlage sei somit unverändert seit der GBA-Bewertung. Weder in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie noch in der amerikanischen NCCN-Leitlinie sei die Hyperthermie für die Therapie von Astrozytomen auch nur erwähnt. Somit ergäben sich nach Aktenlage keine neuen Erkenntnisse für Wirksamkeit und Nutzen der beantragten, von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Leistung. Stattdessen sei eine erhebliche Anzahl an Studien durchgeführt worden, die mit keiner Publikation abgeschlossen worden sei. Im Übrigen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die klinischen Studien der letzten Jahre vor allem in Universitätskliniken mit Hochfrequenz-Therapiegeräten durchgeführt würden, das Hyperthermiegerät in der Praxis des Dr. W. jedoch ein niederfrequentes Gerät sei, das die für die Hyperthermie notwendige technische Qualitätsanforderung nicht erfülle. Im konkreten Fall der Versicherten sei ein therapeutisches Gesamtkonzept der Hyperthermiebehandlung an keiner Stelle gemacht worden. In den Unterlägen fänden sich keine Antworten auf die Fragen, in welcher konkreten klinischen Indikation die lokale Behandlung mit welchen physikalischen Parametern erfolgt sei, ob die Hyperthermie begleitend zur Chemotherapie mit der onkologischen Fachpraxis abgestimmt worden sei, wie die Zeitabstände der Behandlung begründet worden seien und wie häufig und wie lange insgesamt die Behandlung habe erfolgen sollen. Es stelle sich daher die Frage, ob die Versicherte hinreichend aufgeklärt worden sei. Im Übrigen hätten zum Zeitpunkt, an dem die Hyperthermie begonnen worden sei, leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. Aufgrund des fortgeschrittenen Befundes sei im vorliegenden Fall zwar eine primäre chirurgische Tumorresektion ausgeschlossen gewesen. Diese sei aber nach strahlentherapeutischer und chemotherapeutischer Vorbehandlung später möglich gewesen. Schulmedizinische/vertragsmedizinische Therapien einschließlich der palliativen Medizin hätten der Versicherten jederzeit zur Verfügung gestanden. In den Unterlagen fänden sich keine Aussagen, nach denen man die Versicherte aufgegeben habe oder ihr keine stadiengerechte Therapie habe anbieten können. Tatsächlich habe die Versicherte trotz Diagnosestellung in einem fortgeschrittenen Tumorstadium noch zweieinhalb Jahre überlebt.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hat zunächst darauf hingewiesen, als Ehemann der Versicherten das Verfahren „in Rechtsnachfolge“ fortzuführen. Der Sache nach hält er die angegriffene Entscheidung des SG für zutreffend. Soweit die Beklagte vortrage, dass der Versicherten ein Anspruch deshalb nicht zugestanden habe, weil die erfolgte Hyperthermiebehandlung nicht zur Schmerzbekämpfung, sondern zur Tumorzerstörung bzw. Verhinderung des Wachstums erfolgt sei, verkenne sie, dass der Wortlaut des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) wesentlich geringere Anforderungen an die Verpflichtung zur Kostenübernahme stelle als der GBA. Es reiche unter verfassungsrechtlichen Kriterien aus, dass eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Im Übrigen ergebe sich auch aus der Begutachtungsanleitung „Außervertragliche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ vom 08. Oktober 2008, die sich auch an die Gutachter des MDK und die Mitarbeiter der Krankenkassen wende, dass die Versicherte, die seinerzeit mit dem Leben gekämpft habe, aufgrund der Lebensbedrohlichkeit der Situation einen Anspruch auf Kostenübernahme gehabt habe. In Reaktion auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. hat der Kläger vortragen, das Gutachten genüge aus mehreren Gründen den Anforderungen an eine gewissenhafte und ordnungsgemäße Begutachtung nicht. Es stelle lediglich einseitig die der Beklagten günstigen Tatsachen auf. An mehreren Stellen würden Behauptungen und Schlussfolgerungen aufgestellt, die in keinster Weise belegt würden, so z. B. hinsichtlich der Behauptung, Hyperthermie führe bei hohen Temperaturen zur potentiell schädigenden Effekten auf innere Organe. Überdies ergebe sich aus Seite 8 des Gutachtens, dass die Ausführungen teilweise aus einem Gutachten des Kompetenzzentrums Onkologie stammten. Welche Teile dieses Gutachtens dies seien, bleibe offen. Bereits an dieser Stelle könne von einem gewissenhaften und ordnungsgemäßen Gutachten keine Rede mehr sein. Zudem sei ersichtlich, dass das Gutachten im Wesentlichen Ausdruck der persönlichen Meinung des Erstellers sei. Insbesondere lasse das Gutachten offen, wodurch die Unterscheidung in wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Hyperthermie begründet werde. Überdies habe das Gutachten die Publikation von Alexander Herzog zwar erwähnt, nicht jedoch hinreichend ausgewertet. Ein objektives Gutachten bedinge zur Verwertbarkeit in einem Gerichtsverfahren jedoch, dass alle verfügbaren Studien, Publikationen und Erkenntnisse ausgewertet würden und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den darin gewonnenen Erkenntnissen stattfinde. Dass sich ein Gutachter mit der zitierten, immerhin 40 Seiten umfassenden Publikation nicht in angemessenem Maße auseinander setze, sei nur dadurch zu erklären, dass die sehr wohl vorhandenen und auch publizierten Studien schlichtweg ausgelassen worden oder aber dem Ersteller nicht bekannt gewesen seien. Insoweit werde zudem auf die Studie von Dr. Sa. von der Universität W. sowie die Veröffentlichung des Department of Oncology des St. Giuseppe-General-Hospital in Florenz sowie fünf weitere konkret benannte Veröffentlichungen von Studien, die alle die Wirksamkeit und Verträglichkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode bestätigten, verwiesen. Der dem Gutachten beigefügte Endbericht des Ludwig-Boltzmann-Instituts verdeutliche entgegen den Ausführungen im Gutachten unter Punkt 4.2, dass Erkenntnisse der Wirksamkeit der Hyperthermie bei den vorliegend streitgegenständlichen Astrozytomen nicht vorlägen. Es heiße ausdrücklich „für Kopf-Hals-Tumoren gingen aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervor.“ Für die im Streit stehende Frage spiele der Endbericht somit keine beweiserhebliche Rolle. Aufgrund der Vielzahl an unbelegten Behauptungen und teilweise unvollständigen Recherchen sei insgesamt das Gutachten keineswegs geeignet, als Beweismittel für die streitgegenständliche Frage zu dienen. Ausdrücklich bestritten werde überdies die im Berufungsverfahren erstmalig geäußerte Behauptung, zu dem Zeitpunkt, zu dem die nicht evidenzbasierte Hypterthermie begonnen worden sei, hätten leitliniengerechte Therapieoptionen entsprechend dem Facharztstandard zur Verfügung gestanden. In seinen vorangegangenen Äußerungen habe der MDK jedoch das Gegenteil bestätigt. Eine kurative Therapieaussicht habe danach nicht bestanden. Dies werde im Übrigen auch durch die Aussagen der behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. R. gestützt. Die angewandte Therapie habe seinerzeit das letzte Mittel dargestellt, um dem fortschreitenden Tumor entgegenzuwirken. Der Kläger hat Kopien der von ihm zitierten wissenschaftlichen Veröffentlichungen bzw. Zusammenfassungen hierzu vorgelegt. Er hat überdies eine Auskunft des Dr. W. vom 01. Februar 2011 dazu vorgelegt, aus welchen Gründen die Hyperthermiebehandlung seinerzeit ambulant erfolgt sei. Dr. W. hat insoweit angegeben, die Versicherte habe sich in einem zwar insgesamt schlechten Zustand befunden, sei jedoch mithilfe ihres Ehemannes noch transportfähig gewesen. Somit habe eine ambulante Behandlung durchgeführt werden können. Die Gesamtkosten für einen stationären Aufenthalt in einer Hyperthermie-befähigten komplementär-onkologischen Fachklinik hätten außerdem ein Vielfaches der in diesem Streitfall zur Diskussion stehenden Geldsumme gekostet. Da die Hyperthermie üblicherweise nur alle zwei bis drei Tage für bis zu 60 Minuten Therapiedauer durchgeführt werde, wäre eine stationäre Hyperthermie unwirtschaftlich gewesen.
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Der Senat hat den GBA dazu befragt, ob zwischenzeitlich eine erneute Befassung mit der Behandlungsmethode der Hyperthermie stattgefunden habe. In seiner Auskunft vom 21. Januar 2011 hat der GBA dies verneint. Auch liege kein Antrag zur Überprüfung der Hyperthermie auf Nutzen, medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit für die vertragsärztliche Versorgung vor. Dr. W. hat auf Anfrage des Senats unter dem 13. Februar 2012 angegeben, die Versicherte sei über alle Belange der lokalen Tiefenhyperthermie aufgeklärt worden und hat den „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ vorgelegt.
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Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
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Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
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Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
42 
2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
44 
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
29 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 19. Oktober 2010 auf die zulässige Klage der Versicherten (dazu I.) zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der durch die erfolgten Hyperthermiebehandlungen entstandenen Kosten von EUR 1.349,80 verurteilt. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt auch den Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nicht in seinen Rechten. Da schon der Versicherten weder ein Sachleistungsanspruch auf Zurverfügungstellung der ambulanten Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. noch ein an seine Stelle getretener Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V zugestanden hatte, kann auch der Kläger als vorrangiger Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlungen in Höhe von EUR 1.349,80 verlangen (dazu insgesamt II.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Sonderrechtsnachfolger befugt ist, einen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen (vgl. BSG, Beschluss vom 08. November 2011 - B 1 KR 6/11 R -, juris; anderer Ansicht: BSG, Urteil vom 25. August 2009 - B 3 KR 25/08 R - SozR 4-2500 § 37 Nr. 10).
I.
30 
Die Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere - noch durch die Versicherte - fristgerecht gem. § 87 Abs. 2 SGG vor dem SG erhoben worden. Da sich in der Verwaltungsakte keine anderweitigen Hinweise finden, ist davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid - frühestens - am 19. Februar 2009 im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG formlos bekannt gegeben wurde. Dann gilt der Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 37 Abs. 1 und 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Vorliegend war das - frühestens - der 22. Februar 2009. Die am 23. März 2009 (einem Montag) erhobene Klage ist damit gem. § 64 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG innerhalb des Monatsfrist des § 87 Abs. 2 SGG erhoben worden.
II.
31 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 1.349,80.
32 
Zwar sind der Versicherten Kosten in dieser Höhe aufgrund der Durchführung von insgesamt zehn Hyperthermiebehandlungen bei Dr. W. entstanden. Ausweislich des von Dr. W. vorgelegten, mit „Aufklärungsbogen über die Lokoregionale Elektro-Tiefenhyperthermie“ überschriebenen Formulars, welches die Versicherte und Dr. W. am 18. Dezember 2009 und folglich vor Durchführung der Hyperthermiebehandlungen unterschrieben haben, war die Versicherte auf die Pflicht zur Selbsttragung der Kosten aufgeklärt worden und hierzu von ihr die schriftliche Zustimmung eingeholt worden. Aus Sicht des Senats ist die Aufklärung, da sie über den experimentellen Status der Hyperthermie und die sich daraus ergebende Kostenpflicht einschließlich der Höhe der Kosten hinreichend deutlich informiert, auch in ausreichendem Umfang mit der Folge einer vertraglichen Verpflichtung der Versicherten zur Zahlung der Behandlungen als Privatpatientin erfolgt. Dr. W. hat die dann durchgeführten Hyperthermiebehandlungen zudem alle nach der GOÄ und folglich privatärztlich in Rechnung gestellt. Dr. W. ist damit auch der ihm als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt nach § 21 Abs. 8 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassen-vertrag (EKV), der auf der Rechtsgrundlage des § 82 Abs. 1 SGB V beruht und für die zugelassenen Vertragsärzte nach § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V verbindlich ist, obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Danach darf der Vertragsarzt von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
33 
Diese Kosten sind dem Kläger jedoch nicht zu erstatten. Da die Versicherte nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Kosten der ambulant durchgeführten Hyperthermiebehandlung in Höhe von EUR 1.349,80 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
34 
Der Senat lässt dahingestellt, ob die Erstattung der ersten vier Hyperthermiebehandlungen am 18., 22., 24. und 29. Dezember 2008 (je nach Zugang des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 zudem hinsichtlich der fünften Sitzung am 02. Januar 2009) bereits deshalb ausscheidet, weil der Versicherten Kosten nicht dadurch entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da diese vier (möglicherweise fünf) Behandlungen schon vor Erlass des ablehnenden Bescheids vom 30. Dezember 2008 erfolgt sind, käme insoweit ein Kostenerstattungsanspruch nur nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 Erste Alternative SGB V in Betracht. Ob die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, insbesondere ob die begehrte Leistung der Hyperthermie unaufschiebbar im Sinne dieser Tatbestandsalternative war, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Denn in jedem Falle fehlt es hinsichtlich aller zehn durchgeführten Hyperthermiebehandlungen an der für beide Tatbestandsalternativen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Erste und Zweite Alternative SGB V) erforderlichen Voraussetzung, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den durch die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu gewährenden Leistungen gehört.
35 
1. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2009 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.).
36 
Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung sowie die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 SGB V) durch zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigte Behandler (§ 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4 2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch LSG, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).
37 
Die Behandlung der Versicherten bei Dr. W. bestand in der Anwendung einer lokalen Hyperthermie. Diese Behandlung erfolgte ambulant. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Therapie als ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Es fehlt an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des GBA, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Vielmehr hat der GBA nach Anlage II Nr. 42 der Methoden-Richtlinie, die Hyperthermiebehandlung (u.a. Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) gerade umgekehrt ausdrücklich als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode angesehen (Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005, BAnz 2005, S. 7485).
38 
Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend auch einschlägig. Die Hyperthermie neben gleichzeitiger Anwendung einer Chemotherapie ist eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt bzw. zu Grunde liegen soll, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Sie war zum Zeitpunkt der Durchführung von Dezember 2008 bis Januar 2009 nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, weil sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten war (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
39 
2. Ein Ausnahmefall des "Systemversagens" liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8) kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden. Dieser Fallgestaltung steht schon entgegen, dass sich der GBA mit der streitigen Behandlungsmethode der Hyperthermie befasst hat.
40 
3. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr 5) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne‘sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (vgl. z.B. Urteil vom 02. September 2011 - L 4 KR 1931/10 - in juris). Danach (z.B. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
41 
1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor;
42 
2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und
43 
3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
44 
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung hat das BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) ergänzend Folgendes ausgeführt: Art. 2 GG verlangt eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf eine bestimmte Versorgung der Versicherten entgegenstehen. Dagegen bleibt die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unberührt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten sollen einerseits verhindern, dass die den Versicherten durch Gesetz eingeräumten Leistungsansprüche in einer dem Zweck des Art. 2 GG zuwiderlaufenden Weise eingeschränkt werden; so lag der Fall nach Ansicht des BVerfG im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.). Andererseits setzen die verfassungsrechtlichen Schutzpflichten dem Leistungsbegehren der Versicherten selbst im Falle regelmäßig tödlich verlaufender Krankheiten Grenzen. Sie sollen die Versicherten in solchen Fällen auch davor bewahren, auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird. Gesetzes- und Verfassungsrecht fordern und akzeptieren, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung allein nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu beanspruchen und zu erbringen sind (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3; § 15 Abs. 1; § 70 Abs. 1; § 72 Abs. 2; §§ 135 ff SGB V; BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - Rn. 35). Die Erkenntnisse müssen folglich wissenschaftlicher Art, also objektivierbar sein. Dementsprechend hat das BVerfG das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 111/77 - SozR 2200 § 368 Nr. 11). In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es auch, dass das BVerfG es als verfassungskonform angesehen hat, wenn der Gesetzgeber zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung, im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten und zum Zweck der Ausrichtung der Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ein Verfahren vorsieht, in dem neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Anwendung dieser Methode zu Lasten der Krankenkassen auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 06. Dezember 2005, a.a.O.). Besteht ein solches, vom Gesetzgeber vorgesehenes Verfahren mit dem Ziel, den Versicherten und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen zu schützen, entspricht es den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten auch, den Ergebnissen dieses Verfahrens bei der Konkretisierung von Leistungsansprüchen Rechnung zu tragen. Ein solches Verfahren sieht das SGB V in § 135 zum Schutze der Versicherten und der Versichertengemeinschaft vor, in dem generalisierend zu den vorgenannten Kriterien Stellung zu nehmen ist. Für den Zeitraum, bis zu dem in einem solchen Verfahren noch Ergebnisse fehlen, ist für zumindest hilfsweise eingreifende Sicherungen zu sorgen und für die Zeitdauer bis zu einer Entscheidung des GBA aus verfassungsrechtlichen Gründen unter den Voraussetzungen des Beschlusses vom 06. Dezember 2005 ausnahmsweise ein Anspruch auf Anwendung einer neuen, noch nicht zugelassenen Behandlungsmethode denkbar; allerdings muss an die Stelle der noch nicht abgeschlossenen Prüfung durch den Bundesausschuss die generalisierende Prüfung von Risiken und Nutzen anlässlich des - wie hier - konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfalles treten. Andererseits ist für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind.
45 
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte ausnahmsweise die ambulante Behandlung mit der lokalen Hyperthermie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen hatte, nicht gegeben.
46 
Zwar litt die Versicherte an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Auch dürfte davon auszugehen sein, dass es - zum Zeitpunkt des Beginns der Hyperthermiebehandlung am 18. Dezember 2008 - an der Durchführung weiterer Therapieoptionen fehlte. Nach Einschätzung des Gutachters Dr. M. (MDK) in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2008 bestand damals keine kurative Therapieaussicht. Die Bestrahlungsoptionen und die Primärchemotherapie mit Temodal waren ausgeschöpft. Es verblieben nur noch Sekundärchemotherapieprotokolle, deren Wirkung im Sinne einer Krankheitsbeeinflussung Dr. M. jedoch als zweifelhaft ansah. Da nach Auskunft des Dr. W. demgegenüber der Tiefenhyperthermie eine entsprechende Wirkung zukommen sollte, sprechen (anders als von der Beklagten unter Verweis auf die Stellungnahme des Dr. Bä. nunmehr erstmals im Berufungsverfahren vertreten) wesentliche Argumente dafür, dass seinerzeit die herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft waren. Dass die Versicherte - offenbar unter Inkaufnahme eines hohen gesundheitlichen Risikos - später doch noch operiert wurde, belegt diese Einschätzung letztlich gerade, nachdem eine Operation zuvor als zu risikobehaftet abgelehnt worden war.
47 
Es fehlt jedoch nach Auffassung des Senats hinsichtlich der Behandlung mittels Hyperthermie an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Erstattung von Kosten für eine durchgeführte Behandlung begehrt, ist abzustellen auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 15), hier mithin den Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009. Was die ambulante Hyperthermie im Besonderen angeht, ist diese - wie dargelegt - durch Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 mit Wirkung vom 15. Mai 2005 als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden. Für eine Anspruchsbegründung auf Grund grundrechtsorientierter Auslegung ist - wie ebenfalls dargelegt - nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) aber regelmäßig kein Raum mehr, wenn der GBA nach nicht zu beanstandender Prüfung zu einer negativen Bewertung gelangt ist. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat ausdrücklich an. Er hält sie für richtig und zutreffend, weil die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt nach seiner gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden ist.
48 
Dass diese Rechtsprechung im konkreten Fall nicht einschlägig sein soll mit der Begründung, der Beschluss des GBA schließe die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie letztlich nicht endgültig aus, sondern sehe sie bislang (nur) als nicht hinreichend erwiesen an (so die Argumentation des SG), vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Abgesehen davon, dass der Senat dieses Argument schon grundsätzlich für nicht stichhaltig erachtet, weil ein Beschluss des GBA über die Aufnahme einer Behandlungsmethode in Anlage II der Methoden-Richtlinie letztlich immer Folge fehlender Erwiesenheit der Validität einer Methode zu einem bestimmten Auswertungszeitpunkt darstellt, vermag der Senat dieser Argumentation im Besonderen für den vorliegenden Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 nicht zu folgen. In den tragenden Gründen des Beschlusses hat der GBA ausgeführt, dass „für alle überprüften (…) Anwendungsindikationen die Überprüfung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V erbracht hat, dass der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der hier beratenen Hyperthermieverfahren - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden - nach gegenwärtigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht valide belegt sind, so dass eine Anerkennung und Einführung für die vertragsärztliche Versorgung nicht empfohlen werden kann“. Diese Begründung kann nur so verstanden werden, dass die wissenschaftliche Auswertung bisher vorhandener Studienergebnisse deutlich gegen die Anwendung von Hyperthermie spricht, nicht jedoch, dass der Beschluss nur eine - daher in Zweifelsfällen nicht verbindliche - Feststellung einer wissenschaftlich offenen Situation beinhaltet. Anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus dem „Zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses “Ärztliche Behandlung“ des GBA über die Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie“, der auf insgesamt 882 Seiten die medizinische Grundlage des Beschlusses vom 18. Januar 2005 darstellt. Dieser Bericht legt auch die Auswertung aller seinerzeit über die Hyperthermiebehandlung bei Hirntumoren vorhandener Studien offen (vgl. S. 154 bis 171 des Berichts) und qualifiziert diese als nicht hinreichende Belegbasis einer Methodenwirksamkeit.
49 
Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfung, auf der der Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 beruht, fehlerhaft war oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte. Seit dem Beschluss des GBA vom 18. Januar 2005 bis zum Ende der Behandlung im Januar 2009 ist nicht erkennbar, dass sich neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Hyperthermie ergeben hätten. Aus Sicht des Senats sind auch insoweit - jedenfalls dort, wo der GBA eine Methode bereits ausdrücklich negativ bewertet hat - die durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin unter Sichtung und qualitativer Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen zugrundezulegen (vgl. zu diesen Maßstäben BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Die höchste Hinweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64).
50 
Vorliegend existieren jedoch bis heute - und folglich erst Recht bis Dezember 2008 - keinerlei Veröffentlichungen hinreichend valider Daten, die eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle eines Astrozytoms hinreichend belegen. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Form und mithilfe welchen Gerätes die Hyperthermiebehandlung erfolgt. Der Senat stützt sich insoweit auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten des Dr. Bä. vom 28. April 2011. Diesem lässt sich überzeugend entnehmen, dass es - auf der Grundlage einer durch Dr. Bä. am 20. April 2011 selbst durchgeführten Literaturrecherche - seit 2005 überhaupt keine einzige Veröffentlichung einer randomisiert kontrollierten Studie zur Hyperthermie als Behandlungsmethode eines Astrozytoms (unabhängig von verwandtem Gerät oder Therapieform) gibt. Dem hat auch der Kläger nichts zu entgegnen vermocht, wenn er - um dies zu widerlegen - auf eine Studie von Sa., Groenemeyer u.a. verwiesen hat. Dr. Bä. hat sich mit dem Inhalt dieser durch den Kläger ins Feld geführten Veröffentlichung auseinander gesetzt, jedoch für den Senat überzeugend eingewandt, dass die Autoren nicht einmal alle Daten veröffentlicht haben, insbesondere aber keine Randomisierung vorgenommen wurde. Überdies behandelt die Studie die Durchführung einer Hyperthermie bei Erkrankung an einem Glioblastom, nicht dagegen Astrozytom, so dass für den Senat die Einschätzung des Dr. Bä. überzeugend war, dass diese Studie lediglich der Evidenzklasse IV zuzuordnen ist und daher aus ihr für die Erkrankung an Astrozytomen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des GBA ableitbar sind. Dieses Ergebnis wird im Übrigen gestützt durch den Endbericht „Hyperthermie“ des Ludwig Boltzmann-Instituts aus März 2010. Der Kläger zitiert diesen Bericht völlig zutreffend hinsichtlich des Fazits, dass „für Hals-Kopf-Tumore aus der Recherche keine prospektiven Vergleichsstudien hervorgingen“. Diese Feststellung spricht jedoch nicht für, sondern gerade gegen seine Argumentation. Das Ludwig Boltzmann-Institut zieht hieraus das Fazit: „keine Evidenz“ der Wirksamkeit der Hyperthermie in den Fällen derartiger Tumore. Auch aus diesem Bericht kann daher nur abgeleitet werden, dass von vornherein keinerlei Hinweise für eine Wirksamkeit der Hyperthermie im Falle von Kopftumoren bestehen. Die vom Kläger vorgelegten weiteren Veröffentlichungen gelangen alle (nur) zu dem Fazit, dass weitere Studien erforderlich seien, um eine Wirksamkeit der Hyperthermie wissenschaftlich hinreichend zu belegen. Auch aus ihnen lassen sich daher Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses des GBA nicht ableiten. Insgesamt ist daher zum Zeitpunkt der Durchführung der Behandlung im Dezember 2008 bis Januar 2009 auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss dieser Behandlungsmethode gegen ein Astrozytom aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Indizien für eine medizinische Notwendigkeit, für einen diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie für eine Wirtschaftlichkeit nicht erkennbar waren. Im Übrigen hat der GBA in seiner vom Senat eingeholten Auskunft vom 21. Januar 2011 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bislang nicht einmal ein neuer Antrag auf Neubewertung der ambulant durchgeführten Hyperthermie gestellt wurde.
51 
Der Kläger vermag sein Begehren auch nicht auf den Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 (1 BvR 2496/07 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 17) zu stützen. Die Fallkonstellation, die dem Beschluss des BVerfG vom 29. November 2007 zugrunde lag, betraf eine Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung. Das BVerfG hatte es insofern als noch nicht geklärt angesehen, ob der durch den GBA bewirkte Leistungsausschluss auch eine Hyperthermiebehandlung erfasst, die nicht anstelle einer konventionellen Krebstherapie, sondern simultan hierzu zur Schmerzbehandlung erbracht wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die Hyperthermie in Kombination mit der Chemotherapie erbracht; diese Konstellation wird vom Leistungsausschluss des GBA vom 18. Januar 2005 ausdrücklich erfasst. Zwar hat das BVerfG in dieser Entscheidung darüber hinaus nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass die in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (a.a.O.) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden sein können, in welchem eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom GBA ausgeschlossen wurde. Jedoch hat es eine solche Betrachtungsweise umgekehrt auch nicht für ausdrücklich erforderlich erachtet. Seine Ausführungen lauten insoweit:
52 
„Soweit das Landessozialgericht zu dem Ergebnis kommt, dass auch die individuell im Fall der Beschwerdeführerin durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom Gemeinsamen Bundesausschuss vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde, wird es in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden haben, ob die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) für eine im dortigen verfahrengegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde (ablehnend BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385 <1388> Rn. 24).“
53 
Diesen Ausführungen ist nur zu entnehmen, dass das dort erkennende Landessozialgericht sich mit einer Übertragbarkeit der Maßstäbe aus dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 auf eine bereits ausdrücklich ausgeschlossene Behandlungsmethode anhand der Besonderheiten des konkreten Falles auseinanderzusetzen hat; nicht jedoch, dass diese Auseinandersetzung zu einem von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Ergebnis führen muss. Vorliegend kann der Kläger daher aus dieser Rechtsprechung des BVerfG für sich keine weitergehenden Rechte ableiten. Wie zuvor umfänglich ausgeführt, hat der GBA gerade in der Fallkonstellation der Versicherten die Wirksamkeit der Methode der Hyperthermie in nicht zu beanstandender Weise verneint, ohne dass sich im Folgenden Hinweise darauf ergebenden hätten, dass an diesem Ergebnis nicht festzuhalten ist.
54 
Schließlich ergibt sich eine andere Beurteilung nicht aus dem Beschluss des GBA über die Änderung der Methoden-Richtlinie unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 in der Methodenbewertung vom 20. Januar 2011 (BAnz. Nr. 56 vom 08. April 2011 S. 1342). Insoweit wird nur klargestellt, dass der Anspruch der Versicherten gemäß dem Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 durch Ausschlussentscheidungen des GBA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt wird (Nr. 2 a) der tragenden Gründe zum Beschluss).
55 
Die Versicherte hatte deshalb auch unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechts auf körperliche Unversehrtheit keinen Anspruch auf Zurverfügungstellung der lokalen Hyperthermie durch Dr. W. als Sachleistung und damit auch keinen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG war hier nicht anwendbar, denn der Kläger war als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten nach § 183 Satz 1 SGG ein kostenrechtlich privilegierter Beteiligter (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 1/06 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 5).
IV.
57 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

25

2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten in Höhe von 11 564 Euro für eine auf Kuba durchgeführte Augenbehandlung.

2

Der 1984 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger leidet an Retinitis pigmentosa, einer Netzhauterkrankung, die zu Tunnelblick und in ihrem Endstadium zur Erblindung führt. Im Jahr 2002 beantragte er - ua auf seine nur noch 3 % bis 5 % betragende Sehfähigkeit hinweisend - die Kostenübernahme für eine sog Kuba-Therapie bei Prof. Dr. P in H ; dieser Arzt habe eine Therapie entwickelt, die das weitere Absterben der Netzhaut verhindere und das Sehvermögen verbessern könne. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Behandlungsmethode schulmedizinisch nicht allgemein anerkannt sei (Bescheid vom 19.11.2002; Widerspruchsbescheid vom 5.2.2003). Vom 10.1. bis 31.1.2003 ließ sich der Kläger auf Kuba auf eigene Kosten (nach eigenen Angaben 11 564 Euro) entsprechend behandeln.

3

Die Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 24.3.2006; Urteil des LSG vom 1.8.2007). Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, soweit die Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für die auf Kuba durchgeführte Augenbehandlung betroffen gewesen ist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3), weil das LSG dem nach § 109 SGG gestellten Antrag des Klägers, Beweis zur Eignung der durchgeführten Heilbehandlung durch den Sachverständigen Prof. M (Universität Bologna) zu erheben, nicht nachgekommen war. Das LSG hat ein Gutachten nach Aktenlage bei Prof. M
dazu eingeholt, ob die Kuba-Therapie dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, und anschließend die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, es fehle an einem hinreichend objektiven Wirksamkeitsnachweis der sog Kuba-Therapie (Urteil vom 16.11.2011).

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 2 Abs 2 S 1 sowie von Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip. Das LSG verkenne mit seiner Forderung nach validen Studien oder aussagekräftige Statistiken die Anforderungen, die an Hinweise für eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine zumindest spürbare positive Einwirkung der Behandlung auf den Krankheitsverlauf zu stellen seien.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2003 zu verurteilen, ihm 11 564 Euro zu zahlen,

6

hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das an-gefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Ob der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von 11 564 Euro Kosten für die Auslandsbehandlung hat, vermag der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Auslegung des § 18 Abs 1 S 1 SGB V erfüllt sind.

10

Das LSG hat zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Erstattungsanspruch aus § 18 Abs 1 S 1 SGB V bei Beachtung des Qualitätsgebots(§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) abgelehnt (dazu 1.), aber unzureichende Feststellungen zur grundrechtsorientierten Auslegung getroffen (dazu 2.). Eine grundrechtsorientierte Auslegung scheidet allerdings aus, wenn die Überprüfbarkeit der Methode an der langjährig fehlenden, aber in Fachveröffentlichungen geforderten Publikation grundsätzlich verfügbarer Daten scheitert (dazu 3.).

11

1. Nach den auch den erkennenden Senat bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30) beruht der geltend gemachte Anspruch auf § 18 Abs 1 S 1 SGB V(in der hier noch maßgeblichen bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Der Anspruch setzt ua nach den bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29) grundsätzlich voraus, dass die Leistung im Ausland den Anforderungen an das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) entspricht. Das hat das LSG im Ergebnis - unangegriffen und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - verneint, weil nicht die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie kein Konsens besteht.

12

2. Nach den bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30) kommen Abmilderungen der Anforderungen des Qualitätsgebots infolge grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der GKV auch im Anwendungsbereich des § 18 SGB V in Betracht. Ist für Versicherte eine nach Inlandsmaßstäben grundrechtsorientierter Leistungsbestimmung in der GKV zu beanspruchende Leistung nur im Ausland möglich, besteht ein Leistungs- und Kostenerstattungsanspruch nach § 18 Abs 1 S 1 SGB V.

13

Nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30), bedarf es hierfür zunächst der Feststellung, dass der Kläger im Zeitpunkt der Behandlung an einer Krankheit litt, die zumindest wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar ist. Diesbezüglich hat das erste Revisionsurteil vorgegeben, dass hierfür eine drohende Erblindung in Betracht kommt, hochgradige Sehstörungen demgegenüber nicht ausreichen (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 31). Sodann ist nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 32), die Feststellung erforderlich, ob, und wenn ja mit welcher Zielrichtung, bezüglich dieser Krankheit zumindest eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht und für den Kläger anwendbar ist. Des Weiteren ist nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 32), festzustellen, mit welcher Zielsetzung die sog Kuba-Therapie bei Prof. Dr. P durchgeführt wird und ob bezüglich dieser Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im Zeitpunkt der Behandlung des Klägers bestand. Hierzu bedarf es der Feststellungen, die für eine abstrakte Nutzen-Risiko-Analyse und für eine Abwägung der Chancen und Risiken dieser Behandlungsmethode gerade im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse bei dem Kläger erforderlich sind. Maßgeblich sind für diese Feststellungen nach den bindenden Vorgaben (§ 170 Abs 5 SGG) die Regeln der ärztlichen Kunst.

14

Das LSG hat zur konkreten Krankheitssituation des Klägers, zu den regelmäßigen, schulmäßigen Behandlungsmethoden bei seiner Augenkrankheit, zu einer Unverträglichkeit dieser Methoden bei dem Kläger und zu den Chancen und Risiken der Kuba-Therapie im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse des Klägers im Behandlungszeitpunkt keine Feststellungen getroffen. Soweit es eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verneint hat, weil es an einem objektiven Wirksamkeitsnachweis fehle, verkennt es die bindenden Vorgaben des ersten Revisionsurteils (§ 170 Abs 5 SGG).

15

Das LSG hat ausgeführt, die Methode sei nicht ausreichend an Menschen evaluiert und werde von der überwiegenden Mehrheit der einschlägigen Fachleute jedenfalls nicht befürwortet, vom wissenschaftlichen Beirat von Pro Retina Deutschland e.V. nicht empfohlen, vom "Health Council of the Netherlands" in den Niederlanden nicht anerkannt und auch in den USA und überwiegend in Europa nicht akzeptiert. Prof. M gehöre zur Minderheit der Befürworter und zu den wenigen Anwendern, gleichwohl vermöge er nur auf seine eigenen klinischen Erfahrungen an Menschen (und Tieren) hinzuweisen, ohne dass valide Studien oder aussagekräftige Statistiken zur Wirksamkeit der Therapie existierten. Die bisherigen Erkenntnisse würden zwar einen positiven Einfluss nicht ausschließen, genügten aber nicht, um von einer "ausreichend gesicherten" positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auszugehen, weil sich der Sachverständige nur auf die Feststellungen der von ihm operierten 126 Menschen stütze und eine graduelle Verzögerung des Sehschärfeverlustes um 18 bis 24 Monaten nicht ausreichend erscheine.

16

Damit überspannt das LSG die Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts. Nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30), ist es bei der abstrakten und konkreten Prüfung von Risiken und Nutzen geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel iS von § 27 Abs 1 S 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - aufgrund von Verfassungsrecht Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen. Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl zum Ganzen zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 25 f mwN - LITT, bezogen in BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30).

17

Die Folge dieser Rechtsprechung ist, dass, wenn eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode für eine wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbare Krankheit (generell) überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, der Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab unterfällt. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und 'hoffnungsloser' die Situation, desto geringere Anforderungen an die 'ernsthaften Hinweise' auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg" (BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 40; mit ähnlicher Tendenz schon: Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, 179; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 130 RdNr 23).

18

Wissenschaftliche Verlaufsbeobachtungen anhand von operierten 126 Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen im Rahmen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle sind ihrer Art nach ohne Weiteres geeignet, nach den Regeln der ärztlichen Kunst als Grundlage für "Indizien" im dargelegten Sinne für eine positive Einwirkung zu dienen. Nach den Feststellungen des LSG hat Prof. M 126 Patienten mit der Pelaez-Technik jeweils an einem Auge operiert - das nicht operierte Auge diente der Kontrolle - und stellte dabei fest, dass es zu Verbesserungen kam, die sich schrittweise verringerten, bis sie 18 bis 24 Monate nach Einsetzen des Implantats verschwanden.

19

Es entspricht auch nicht den dargelegten bindenden Vorgaben des ersten Revisionsurteils (§ 170 Abs 5 SGB V), einen Erhalt der Sehfähigkeit durch Verbesserung des Sehvermögens für 18 bis 24 Monate als unerheblich anzusehen. Vielmehr handelt es sich ohne Zweifel um eine offenkundig positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Zu den Behandlungszielen des § 27 Abs 1 S 1 SGB V gehören die Heilung einer Krankheit, die Verhütung ihrer Verschlimmerung sowie die Linderung von Krankheitsbeschwerden. Eine "Verhütung der Verschlimmerung" setzt nicht voraus, dass diese dauerhaft ist, also die Erkrankung zum Stillstand kommt. Bei schicksalhaftem Verlauf der Erkrankung genügt es vielmehr, dass ihr Eintritt - hier die Erblindung - hinausgezögert wird (Steege in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2014, K § 27 RdNr 59).

20

Ob die Kuba-Therapie im Zeitpunkt der Behandlung nach den aufgezeigten Maßstäben geeignet war, beim Kläger eine Verschlimmerung im oben genannten Sinne zu vermeiden, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Nach Angaben von Prof. M soll die Behandlung nur auf Fälle mit hoher Progredienz des Krankheitsverlaufs angewendet werden, bei denen andere Methoden fehlschlugen. Das LSG hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die Frage offen gelassen, ob bei dem Kläger eine derartig schnelle Degeneration vorliegt. Entsprechende und ggf die übrigen, oben umschriebenen Feststellungen wird es nachzuholen haben. Mit Blick auf die gebotene abstrakte Nutzen-Risiko-Bewertung genügt es nicht - wie durch das LSG geschehen - nur allgemein mögliche Risiken zu nennen, ohne deren Eintrittswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Die zu beurteilenden Risiken (nicht unerhebliches Operationsrisiko, Doppelsehen, welliges Sehen, schnellerer Verfall der Sehschärfe und des Gesichtsfelds als vor der Operation) wird das LSG deshalb abstrakt sowie bezogen auf den Einzelfall fest umreißen und mit dem möglichen Erfolg der Therapie in Anlehnung an Art 2 Abs 2 GG abzuwägen haben.

21

3. Die Notwendigkeit für das LSG, weitere ergänzende Feststellungen zu treffen, kann sich aus den in neuerer Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Anforderungen ergeben. Der erkennende Senat darf diese neueren Anforderungen trotz der grundsätzlichen Bindungswirkung (vgl § 170 Abs 5 SGG) seines ersten Revisionsurteils auch in diesem Verfahren zugrunde legen. Ein oberster Gerichtshof des Bundes ist nämlich, wenn er - wie hier der erkennende Senat - seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befasst wird, an seine zunächst vertretene Rechtsauffassung nicht gebunden (vgl GmSOGB BSGE 35, 293, 296 ff = SozR Nr 15 zu § 170 SGG; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 13 mwN).

22

Nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 22 f) verlangt die aus der grundrechtsorientierten Auslegung (heute: § 2 Abs 1a SGB V) resultierende Absenkung der Anforderungen, die ansonsten an den Evidenzgrad des Behandlungserfolgs zu stellen sind, unter dem Gesichtspunkt des Patientenschutzes die jeweils mögliche Erhebung und Zugänglichmachung von nach wissenschaftlichen Maßstäben verfügbaren Informationen durch die Behandler entsprechend ihrem Berufs- und Standesrecht. Die aktive Bereitschaft der Behandler, zum Abbau der (noch) vorhandenen Erkenntnisdefizite beizutragen, ist unverzichtbarer Teil des auch der grundrechtsorientierten Auslegung und § 2 Abs 1a SGB V zugrunde liegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses. Scheitert die Überprüfbarkeit der Methode nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft an der langjährig fehlenden, aber in Fachveröffentlichungen geforderten Publikation grundsätzlich verfügbarer Daten - womöglich als Teil eines Marketingkonzepts des Behandlers im Ausland -, sind derartige Erkenntnismängel nicht durch die grundrechtsorientierte Auslegung und § 2 Abs 1a SGB V zu überwinden(BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 22 f). Die auch und gerade dem Patientenschutz dienende, tatsächlich mögliche wissenschaftliche Kontrolle, die innerhalb von EU und EWR die Regelungen über die Zulassung neuer Behandlungsmethoden prägt, steht bei Auslandskrankenbehandlungen nach § 18 SGB V nicht zur Disposition der ausländischen Leistungserbringer. Die grundrechtsorientierte Auslegung des § 18 Abs 1 S 1 SGB V darf nicht dazu dienen, ein Anreizsystem dafür zu schaffen, dass in Deutschland versicherte Patienten Behandlungsleistungen außerhalb von EU und EWR nur deshalb erhalten, weil sich ihre Anbieter dauerhaft objektiv der tatsächlich möglichen wissenschaftlichen Kontrolle ihrer Leistungen entziehen, insbesondere keine Daten über die Einzelheiten der Behandlung einschließlich ihrer objektivierbaren Folgen veröffentlichen(BSG aaO mwN zur Sicherung des Qualitätsgebots gemäß § 2 Abs 1 S 3 SGB V durch § 135 Abs 1 SGB V). Das LSG hat zur Ursache bestehender Erkenntnismängel im Zeitpunkt der Behandlung des Klägers keine Feststellungen getroffen. Auch dies wird es nachzuholen haben.

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4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.02.2013 und der Bescheid der Beklagten vom 20.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.9.2010 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 06.08.2009 zurückzunehmen und der Klägerin 12.601,79 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für eine Krebsbehandlung mit autologen dendritischen Zellen.
Die 1958 geborene Klägerin, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, erkrankte im Juni 2009 an einem malignen anorektalen Schleimhautmelanom. Am 05.06.2009 wurde eine operative Exzision des Tumors und am 13.07.2009 durch PD Dr. P. (Gemeinschaftspraxis PD Dr. P. und PD Dr. G. für onkologische, endokrinologische und minimalinvasive Chirurgie, N.-U.) eine transanale Tumornachresektion durchgeführt.
Am 09.07.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit dendritischen Zellen. Sie fügte zudem die Stellungnahme des PD Dr. G. vom 07.07.2009 bei. Darin ist u.a. ausgeführt, die Klägerin leide an einem fortgeschrittenen Melanom des Rektums. Für diese spezielle Melanom-Entität lägen keinerlei Therapieempfehlungen vor. Die Behandlung mit dendritischen Zellen sei als Ultima-Ratio-Therapie indiziert. Bei der Behandlung mit dendritischen Zellen handele es sich um eine individuelle Therapie zur Bekämpfung von Tumorerkrankungen. Aus kompetenten Vorläuferzellen, die aus dem Blut des Patienten gewonnen würden, könnten unter dem Einfluss von Zytokinen und Wachstumsfaktoren dendritische Zellen gezüchtet werden. Nach dem Zurückspritzen der aktivierten dendritischen Zellen in das Unterhautfettgewebe werde das körpereigene Immunsystem des Patienten zur Bildung von spezifischen Immunzellen und Antikörpern gegen den Tumor angeregt. Die Behandlung mit dendritischen Zellen, die in einem Unternehmen in U. (Firma C.) auf höchstem Niveau hergestellt würden, habe sich bereits bei einer nennenswerten Anzahl onkologischer Zentren durchgesetzt und werde von vielen Ärzten zur Behandlung von Tumorerkrankungen angewandt. Sie sei auch (bei moderaten Kosten) vorliegend indiziert, da sie die konventionellen Behandlungsformen ergänze und das körpereigene Immunsystem als weiteren Behandlungspfeiler zur Bekämpfung des Tumors in die Therapie einbeziehe.
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg. In der MDK-Stellungnahme vom 24.07.2009 führte Dr. P. aus, die Unterlagen seien nicht ausreichend. Für die Klägerin stehe die leitliniengerechte Melanomtherapie nach den Empfehlungen der wissenschaftlich anerkannten Fachgesellschaften zur Verfügung. Vermutlich seien die vertraglichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht ausgeschöpft. Durch die Anwendung der beantragten Maßnahme bestehe keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Mit Bescheid vom 06.08.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit dendritischen Zellen ab. Diese Behandlungsmethode gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs legte die Klägerin (u.a.) eine Stellungnahme PD Dr. P. vom 09.09.2009 vor. Darin ist ausgeführt, alle erfolgversprechenden konventionellen Behandlungsmethoden seien angewendet worden und würden auch weiter angewendet. Die Therapie mit dendritischen Zellen sei aus ärztlicher Sicht zwingend erforderlich. Unter der Kombinationstherapie mit dendritischen Zellen sei es bei vielen Patienten zu einem sehr erfreulichen Verlauf der schweren Krebserkrankung gekommen. Vergleichbare Therapien mit Behandlungserfolgen dieser Art gebe es nicht. Seit einer negativen Empfehlung des MDK aus dem Jahr 2000 sei eine Vielzahl weiterer Studien veröffentlicht worden. Die Annahme, bei der Therapie mit dendritischen Zellen komme es zu weitreichenden Nebenwirkungen und einer Verschlechterung der Lebensqualität, sei danach nicht zutreffend. Die Kosten der Therapie (ca. 4.100 EUR) seien erheblich niedriger als die Kosten einer Chemotherapie.
Vorgelegt wurde weiter der Bericht des Comprehensive Cancer Center des Universitätsklinikums U. vom 20.08.2009, in dem darauf hingewiesen wurde, dass im Tumor der Klägerin eine bisher nicht beschriebene c-kit-Mutation gefunden worden sei, und als Weiterbehandlungsmaßnahme eine adjuvante Therapie mit Interferon alpha in niedriger Dosierung empfohlen wurde.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 05.10.2009 führte der Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie, internistische Onkologie, medikamentöse Tumortherapie und Palliativmedizin Dr. G. aus, die Klägerin leide an einem kurativ operierten akral-lentiginösen malignen Melanom des anorektalen Übergangs. Hier sei eine den einschlägigen Leitlinien entsprechende Behandlung mit Interferon alpha in niedriger Dosierung vorgeschlagen worden. Eine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung liege nicht vor. Ohne Anwendung der beantragten Behandlung trete in wenigen Wochen keine schwere irreversible Schädigung ein. Für die Klägerin stehe als vertragsärztliche Behandlungsmöglichkeit die Therapie mit Interferon alpha zur Verfügung. Die vertragsärztlichen Behandlungsmöglichkeiten seien vermutlich nicht ausgeschöpft. Ob die vorgeschlagene Interferontherapie durchgeführt worden sei, gehe aus den Unterlagen nicht hervor. Durch die Behandlung mit dendritischen Zellen bestehe keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Nachdem die Klägerin ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten am 06.10.2009 (telefonisch) mitgeteilt haben soll, die Interferon-Behandlung werde seit 2 Wochen durchgeführt und solle noch 18 Monate andauern, bat die Beklagte den MDK erneut um Stellungnahme. Im MDK-Gutachten vom 08.10.2009 führte Dr. G. (ergänzend) aus, bei der Klägerin liege ein lokal begrenztes, kurativ operiertes akral-lentiginöses malignes Melanom des anorektalen Übergangs vor. Ca. 90 % aller malignen Melanome würden derzeit als Primärtumor ohne erkennbare Metastasierung diagnostiziert. Die Anwendung tumor-antigen-präsentierender dendritischer Zellen sei nach der gegenwärtig vorliegenden Literatur zunächst beim malignen Melanom und hellzelligem Nierenkarzinom im Blickpunkt des Interesses. Sie sei allerdings nicht über das experimentelle Stadium hinausgekommen und keineswegs als Standard etabliert. Die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift „Der Onkologe“ (Organ der Deutschen Krebsgesellschaft) von August 2009 behandele als Hauptthema das Melanom. Danach habe die Anwendung von Interferon alpha in niedriger Dosierung über 18 Monate in den Stadien II - III in prospektiv-randomisierten Studien zu einem signifikanten Vorteil für die Patienten geführt. Die Behandlung mit niedrig-dosiertem Interferon alpha über 18 Monate hinaus solle jedoch nicht empfohlen werden.
10 
Bislang habe keine größere kontrollierte Studie beweisen können, dass das rezidivfreie Intervall oder die Gesamtüberlebenszeit durch eine adjuvante Vakzinierung (Einsatz dendritischer Zellen) habe verlängert werden können; die Vakzinierung stelle immer noch eine experimentelle Therapie dar. Der Einsatz dendritischer Zellen als Adjuvanz oder Maßnahme nach Interferon alpha finde in der genannten Veröffentlichung keinen Niederschlag. Auch in der zuletzt im September 2007 überarbeiteten AWMF-Leitlinie „Malignes Melanom der Haut“ fänden sich keine Hinweise auf eine adjuvante Therapie mit dendritischen Zellen im kurativ operierten Stadium. Vielmehr werde ausdrücklich auf die Immuntherapie mit Interferon alpha hingewiesen, das als einzige Substanz in prospektiv-randomisierten Studien zu einem signifikanten Vorteil geführt habe. Eine kombinierte Behandlung mit Interferon alpha und dendritischen Zellen werde nicht erwähnt. Die Deutsche Leitlinie Malignes Melanom vom Februar 2005 beschreibe für das nicht-metastasierte Stadium nur therapeutische und immunologische Ansätze und stelle wiederum klar, dass eine chemotherapeutische Modalität keinen Vorteil biete. Eine explizite Empfehlung zum Einsatz dendritischer Zellen im adjuvanten Setting finde sich in den Leitlinien nicht. Über Phase-I-Studien hinaus gebe es keine belastbaren Daten; das Verfahren habe auch keinen Eingang in die klinische Routine gefunden. Außerdem würden bei der Herstellung dendritischer Zellen äußerst verschiedene Methoden angewandt; ein qualitätsgesichertes standardisiertes Verfahren sei nicht konsentiert. Eine Therapie mit dendritischen Zellen parallel oder sequentiell zu Interferon alpha sei in der Leitlinie nicht erwähnt. Hier habe eine prospektiv randomisierte doppelblind angelegte wissenschaftliche Prüfung mit harten klinischen Eckpunkten nicht stattgefunden. Aufzufinden seien später durchgeführte Arbeiten vor allem bei metastasierten Patienten, bei denen jedoch insgesamt keine schlüssigen konsistenten Ergebnisse hinsichtlich einer weiteren Untersuchung der Anwendung von autologen dendritischen Zellen beim malignen Melanom abgeleitet werden könnten. Auch insoweit handele es sich lediglich um Phase-I-Studien, aus denen zudem hervorgehe, dass die Art und Weise der Präparation dendritischer Zellen weiterhin sehr heterogen sei. Auch in den USA seien offenbar Phase-I/II-Studien anhängig, allerdings existierten keine Publikationen, die eine belastbare Grundlage für eine Anwendung der dendritischen Zellen beim Menschen nahelegten.
11 
Zusammenfassend könne man feststellen, dass auch nach der neuesten Literatur kein hinreichender Wirksamkeitsnachweis für die in Rede stehende Behandlungsmethode insbesondere als adjuvante Therapie vorliege. Es gebe (nur) präliminäre erste klinische Versuche, die eine hinreichende Sicherheit oder gar einen Nutzen hinsichtlich der Anwendung bei der Tumorentität der Klägerin nicht geben könnten. Darüber hinaus bestehe insbesondere keine Evidenz hinsichtlich eines Benefits für den Patienten insoweit, als eine Überlegenheit gegenüber oder gar ein Effekt nach und zusätzlich zur Standardtherapie mit Interferon alpha nachgewiesen wäre. Eine Prüfung habe hier nicht stattgefunden, weil die Entwicklung noch nicht soweit gediehen sei. In der Richtlinie Methoden der vertragsärztlichen Versorgung (MvV-Richtlinie) sei die Behandlung mit dendritischen Zellen ebenfalls nicht erwähnt. Die Übernahme der Kosten für autologe dendritische Zellen komme schließlich auch deshalb nicht in Betracht, weil diese gewerblich, nicht apothekenmäßig hergestellt würden und eine arzneimittelrechtliche Zulassung hierfür nicht vorliege. Eine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung liege bei der Klägerin nicht vor. Die Wirksamkeit der durchgeführten Therapie mit Interferon alpha lasse sich zunächst im definierten Therapieintervall von 18 Monaten feststellen. Danach solle die leitliniengerechte Nachsorge mit regelmäßigen Kontrollen erfolgen. Die medizinische Versorgung der Klägerin sei nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft durch die laufende Therapie mit Interferon alpha ausreichend sichergestellt. Eine Behandlung mit dendritischen Zellen sei keine wissenschaftlich geprüfte Methode zur Behandlung neben der laufenden Interferontherapie.
12 
Die Klägerin soll nach einem Aktenvermerk der Beklagten (vgl. Bl. 67 Verw.-Akten) am 08.10.2009 bei der Beklagten angerufen haben, sie sei mit einer Ablehnung nicht einverstanden, habe wegen ihrer angeschlagenen Gesundheit aber nicht die Kraft, weitere Schritte zu unternehmen; der Vermerk schließt mit der Bemerkung, der Widerspruch habe sich damit erledigt.
13 
Unter dem 12.02.2010 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung bzw. die Übernahme der Kosten für eine Therapie mit dendritischen Zellen. Sie legte die Stellungnahme des PD Dr. G. vom 09.02.2010 vor. Darin ist ausgeführt, die Klägerin werde seit Juni 2009 wegen eines lokal fortgeschrittenen malignen Melanoms behandelt. Nach durchgeführter Operation sei eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen vorgenommen worden. Dadurch habe ein Rezidiv verhindert werden können. Wegen des offensichtlichen Erfolges der Therapie könne die Kostenübernahme nicht weiter abgelehnt werden. Insbesondere in den letzten Jahren sei der Einsatz dendritischer Zellen bei verschiedenen malignen Erkrankungen in zahlreichen Studien erprobt worden. Zu diesem Thema gebe es über 6000 wissenschaftliche Publikationen. Die Zulassung der Therapie durch die zuständige Behörde der USA stehe unmittelbar bevor.
14 
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten vom 12.05.2010 führte Dr. B. aus, bei der Klägerin stehe für die adjuvante - nicht einmal die kurative - Situation ein zugelassenes und verkehrsfähiges Arzneimittel (Interferon alpha) zur Verfügung. Ob diese Therapie durchgeführt worden sei, könne den vorliegenden Berichten nicht eindeutig entnommen werden. Für die Herstellung von dendritischen Zellen gebe es eine Vielzahl von Verfahren, die sich nicht unerheblich voneinander unterschieden. Außerdem müsse man bei immunologischen Ansätzen in der Onkologie nach den einzelnen Tumoren unterscheiden, wobei hier vor allem das Melanom und das Nierenzellkarzinom von Interesse seien. Nach wie vor lägen keine prospektiven randomisierten kontrollierten Studien mit dendritischen Zellvakzinen vor. Die in Rede stehende Behandlung könne nicht als erprobt angesehen werden. Außerdem liege die notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung für die Herstellung dendritischer Zellen nicht vor. Auch sei nicht nachgewiesen, dass es nicht zu gefährlichen Toleranzinduktionen komme.
15 
Derzeit könne man nicht erkennen, ob die dendritischen Zellen auf rechtmäßige Weise hergestellt würden. Nach Auffassung des Regierungspräsidiums T. (Leitstelle Arzneimittelüberwachung) liege hier ein arzneimittelrechtlich nicht mehr zulässiges Inverkehrbringen dendritischer Zellen durch die Firma C. vor, bei der PD Dr. G. die Zellen offenbar herstellen lassen wolle. Die Firma C. verfüge nicht über eine entsprechende Herstellungsgenehmigung und dürfe die Zellen daher nicht an den behandelnden Arzt weitergeben. Die von PD Dr. G. angeführte Zulassung in den USA beziehe sich auf die Herstellung dendritischer Zellen zur Behandlung des Prostatakarzinoms und nicht des Melanoms. Die übliche und ausreichende Therapie für die Klägerin wäre die niedrig dosierte Anwendung von Interferon mit einer engmaschigen Überwachung.
16 
Mit Bescheid vom 20.05.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter Hinweis auf das MDK-Gutachten vom 12.05.2010 erneut ab.
17 
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie leide unter einer absoluten Sonderform des Melanoms mit äußerst schlechter Prognose. Deshalb sei die Behandlung mit dendritischen Zellen indiziert. Diese Therapie sei vor etwa einem Jahr eingeleitet worden und sie sei seitdem rezidivfrei. Die Behandlung mit Interferon alpha sei nicht ausreichend. Die Krankenkassen hätten die Kosten einer Behandlung mit dendritischen Zellen auch in Einzelfällen übernommen. Hinsichtlich der Herstellung der dendritischen Zellen durch PD Dr. G. seien die Übergangsregelungen in § 144 Abs. 7 Arzneimittelgesetz (AMG) einschlägig
18 
Die Klägerin legte Rechnungen der Firma C. über die Herstellung dendritischer Zellen vom 16.07.2009 und 22.02.2010 (Kosten 4.078,11 EUR bzw. 4.261,84 EUR) vor. Als Herstellungszeitpunkt ist der 07.07.2009 bzw. der 09.02.2010 angegeben.
19 
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Behandlung mit autologischen dendritischen Zellen handele es sich um eine unkonventionelle Methode, für die der Gemeinsame Bundesausschuss noch keine Empfehlung ausgesprochen habe. Die Behandlungskosten könnten daher grundsätzlich nicht übernommen werden. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach Maßgabe der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) seien nicht erfüllt. Nach Auffassung des MDK liege eine akut lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung nicht vor. Außerdem stehe mit der Interferon-Behandlung im definierten Therapieintervall eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode zur Verfügung.
20 
Am 29.10.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm. Sie trug vor, sie leide an einer fortgeschrittenen Sonderform eines Melanoms mit äußerst schlechter Prognose. Nach Ansicht ihres behandelnden Arztes stünden hierfür konventionelle Behandlungsmethoden nicht ausreichend zur Verfügung, weshalb ihr die Therapie mit autologen dendritischen Zellvakzinen empfohlen worden sei. Diese sei als ultima ratio indiziert gewesen, um das Rezidivrisiko bzw. die Metastasenbildung auszuschließen oder zu verringern. Sie habe sich für die genannte Therapie entschieden und begehre nunmehr die Erstattung der hierfür entstandenen Kosten. Eine echte Behandlungsalternative gebe es für die Sonderform ihrer Krebserkrankung nicht; das gelte auch für die vom MDK angeführte Interferon-Behandlung. Diese sei allenfalls bei einem bereits metastasierenden Melanom als medizinischer Standard etabliert. Mit der seit 2009 durchgeführten Behandlung mit dendritischen Zellen habe bei ihr ein Rezidiv verhindert werden können. Das stelle einen erheblichen Therapieerfolg dar und rechtfertige die Anwendung der in Rede stehenden Behandlungsmethode.
21 
Die Klägerin legte eine Übersicht über die durchgeführte Behandlung mit dendritischen Zellen vor:
22 
Juni 2009
erste und zweite Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
16.02.2010
erste Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
15.03.2010
zweite Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
28.09.2010
erste Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
28.10.2010
zweite Immunisierung in der Praxis PD Dr. G.
23 
Die Rechnung der Firma C. vom 16.12.2010 (4.261,84 EUR; Herstellungszeitpunkt der dendritischen Zellen 21.09.2010), sei noch nicht beglichen.
24 
Das Sozialgericht erhob das Gutachten des Prof. Dr. K. (Hautklinik der Universitätsklinik E.) vom 02.03.2012.
25 
Der Gutachter führte aus, bei der Klägerin liege kein akral-lentiginöses Melanom, sondern ein Schleimhautmelanom vor; insoweit sei es bei den Vorgutachten offenbar zu einer Verwechslung gekommen. Schleimhautmelanome stellten eine seltene Untergruppe des Melanoms dar und träten mit 50- bis 100-mal geringerer Inzidenz auf. Sie hätten im Vergleich zu den häufigeren kutanen Melanomen (der Haut) eine wesentlich schlechtere Prognose mit 5-Jahres-Überlebensraten zwischen 10% und 20%. Die mittlere Überlebenszeit liege bei 10 bis 13 Monaten. Sie werde weder durch den Umfang der lokalen chirurgischen Therapie noch durch eine elektive Lymphknotenausräumung signifikant verbessert, da es rasch zu Fernmetastasen komme.
26 
Eine zugelassene wirksame adjuvante Therapie zur Verhinderung einer Fernmetastasierung beim Schleimhautmelanom gebe es bisher nicht, was auch daran liege, dass Patienten mit Schleimhautmelanomen wegen ihrer besonders schlechten Prognose von Studien, auch von allen Interferon-Studien, ausgeschlossen würden. Mangels Alternativen würden sie in verschiedenen Zentren mit Interferonen oder Chemotherapie adjuvant behandelt. Die Erfahrungen seien aber unbefriedigend und würden nur anekdotenhaft in Übersichtsarbeiten erwähnt. In der Literatur finde sich keine einzige Publikation, die über eine wirksame adjuvante Therapie beim Schleimhautmelanom berichte. Angesichts der Seltenheit der Erkrankung sei auch nicht zu erwarten, dass es je große randomisierte Studien geben werde, die die für die Zulassung eines Medikaments erforderlichen statistisch belastbaren Daten liefern könnten. Die Wirksamkeit der Interferontherapie beim kutanen Melanom sei insgesamt gering; weniger als 10% der Patienten hätten davon einen Nutzen. Bei anstehenden Studien sei das Schleimhautmelanom aber wiederum ausgeschlossen.
27 
Er habe Publikationen zum Einsatz dendritischer Zellen gesichtet. Mehr als 300 Publikationen berichteten über die Anwendung dendritischer Zellen beim Menschen; die Gesamtzahl der Patienten betrage 3.400. Das Spektrum der bisher behandelten Tumorentitäten umfasse neben den dominierenden Melanomen, Hypernephrome und Prostatakarzinome sowie (in 113 Fällen) Mamma-Karzinome. Die Anzahl der Studien werde vom Melanom mit 74 Studien angeführt. In der großen Mehrheit handele es sich um Phase-I/II-Studien mit in der Regel bis zu 30 Patienten. In 2 Studien würden Daten aus randomisierten Phase-III-Studien vorgestellt. Derzeit gebe es keinen allgemeinen Standard zur Generierung und Applizierung dendritischer Zellen. Auch die Beladung der Zellen mit Tumorantigenen und die pro Impfung eingesetzte Menge dendritischer Zellen sei heterogen. Dennoch werde in fast allen Studien und in allen Tumorentitäten von einem klinischen Ansprechen bei einem Teil der Patienten berichtet. Die Patienten hätten mit wenigen Ausnahmen schulmedizinische Therapien absolviert und seien weiter progredient gewesen, so dass das Ansprechen auf dendritische Zellen nicht auf die Auswahl von Patienten mit von sich aus langsamerem Krankheitsverlauf zurückzuführen sei.
28 
Die beiden randomisierten Studien beträfen das Prostatakarzinom. Am 29.04.2010 sei nach Abschluss einer weiteren klinischen Phase-III-Studie das erste dendritische Zellvakzin als Arzneimittel in den USA zugelassen worden. Die (als Übersicht zusammengestellten 46) Studien für die Tumorentität Melanom ergäben Ansprechraten von wenigen % bis 30%. In 14 der 46 Studien werde über komplette Remissionen, die auch andere Tumorentitäten beträfen (Nierenzellkarzinom, Lymphom) berichtet. Die Nebenwirkungen der Behandlung mit dendritischen Zellen seien mild (u.a. Grippesymptome, Übelkeit, Hautreaktionen). Über Todesfälle werde nicht berichtet und es würden nur wenige WHO Grad III-IV Reaktionen festgestellt. Die Sinnhaftigkeit der Aktivierung des Immunsystems zur Behandlung des Melanoms sei kürzlich durch eine randomisierte Studie eindrucksvoll belegt worden, allerdings mit sehr hoher Nebenwirkungsrate (2 bis 3 Todesfälle). Für diese Studie seien auch Patienten mit metastasierendem Schleimhaut- und Aderhautmelanom zugelassen worden. Allerdings fänden sich in der Publikation keine Aussagen zur Wirksamkeit in diesen seltenen Untergruppen.
29 
Nach derzeitigem Kenntnisstand würden über 90% der Patienten mit einem Schleimhautmelanom innerhalb von 5 Jahren versterben, auch beim Einsatz zugelassener Standards einer adjuvanten Therapie. Im Fall der Klägerin wäre sogar eine Hochdosis-Interferontherapie mit Kosten von 30.000 EUR bis 40.000 EUR von der Beklagten finanziert worden, obwohl die seltene Untergruppe (Schleimhautmelanom) in allen Interferonstudien ausgeschlossen gewesen sei. Beim Auftreten von Metastasen wäre sodann auch eine Therapie mit Yervoy mit Kosten um 100.000 EUR gewährt worden, die bei maximal 10% der Patienten einen längeren Nutzen, aber bei 30 % der Patienten schwere und zusätzlich kostenträchtige Nebenwirkungen verursache. Die bei der Klägerin abgelehnte kostengünstige Immuntherapie mit patienteneigenen dendritischen Zellen habe ein viel höheres Potential im Gegensatz zu den unspezifischen Immuntherapien mit Interferon oder letztendlich mit Yervoy, spezifische Immunantworten gegen relevante Antigene, wie gegen die bei der Klägerin festgestellte Mutation im cKIT-Rezeptor hervorzurufen. Nur solche Immunantworten gegen individuelle Mutationen seien stark genug, alle Tumorzellen eines Patienten zu vernichten. Deswegen habe auch der Entdecker der dendritischen Zellen 2011 den Nobelpreis erhalten.
30 
Auch wenn bei der Klägerin wegen des malignen Schleimhautmelanoms keine akute Lebensgefahr bestehe, handele es sich bei der Erkrankung doch um eine regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit mit äußerst schlechter Prognose. Die angewandten Therapien entsprächen den Leitlinien und publizierten Erfahrungen. Die Klägerin habe sodann im Laufe eines Jahres 6 Vakzinierungen mit dendritischen Zellen erhalten, die von der Firma C. aus Vorläuferzellen ihres Blutes gezüchtet worden seien. Gesicherte Standards für die Herstellung und Applikation dendritischer Zellen gebe es noch nicht. Allerdings habe es sich bei der hier angewandten Herstellungsmethode um ein übliches Vorgehen gehandelt. Abgesehen von der Chirurgie, bei der die Exzision des Tumors mit einem Sicherheitsabstand angestrebt werde, gebe es beim Schleimhautmelanom keine weitere konservative Therapie. Hier liege de facto ein Systemmangel vor, weshalb nach der Rechtsprechung des BVerfG zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs die Voraussetzungen für die Finanzierung auch unkonventioneller Behandlungsmethoden erfüllt seien. Bei der Klägerin wäre die Überlebensprognose weder durch eine größere lokale Operation noch durch eine diagnostische oder elektive Lymphknotenexstirpation/-dissektion verbessert worden. Auch für eine Wirksamkeit der im Tumorboard des Comprehensive Cancer Center U. vorgeschlagenen Interferontherapie fehle beim Schleimhautmelanom jeglicher Anhalt. Auf Basis der publizierten Erfahrungen und des Ausschlusses von Schleimhautmelanomen bei allen bisherigen Interferonstudien müsse davon ausgegangen werden, dass eine Interferontherapie der Klägerin keinen Nutzen gebracht hätte.
31 
Die Beklagte legte das Gutachten des MDK N. (Kompetenz Zentrum Onkologie, Dr. W., Prof. Dr. H.) vom 16.07.2012 vor. Darin ist ausgeführt, beim anorektalen Melanom handele es sich um eine seltene Erkrankung. Die operative Entfernung des Melanoms gelte derzeit als Therapie der Wahl. Chemotherapie, Immuntherapie und Strahlentherapie würden bei Patienten mit anorektalen Melanomen in neoadjuvanter, adjuvanter und palliativer Intention eingesetzt. Für die Immuntherapie stünden Zytokine und Interferon alpha 2b oder Interleukin zur Verfügung. Wegen der kleinen Fallzahlen gebe es keine Standardtherapieprotokolle und entsprechend liege keine Evidenz bei der Evaluierung der Ansprechraten vor. Genauso wenig Evidenz bestehe bisher für den Stellenwert der Strahlentherapie. Nach einer Phase-II-Studie in den USA habe man angenommen, dass Chemotherapie als adjuvante Therapie bei Schleimhautmelanomen im Vergleich zu Interferon oder der Beobachtung rezidivfreies Überleben und Gesamtüberleben signifikant verbessere. Die Studie zeige aber auch, dass durch Gabe von Interferon im Vergleich zum Verzicht auf eine adjuvante medikamentöse Tumortherapie eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeit erreicht werde (von 21 auf 41 Monate im Median). Die vermutete Wirksamkeit von Interferon auch beim Schleimhautmelanom habe somit bestätigt werden können.
32 
Wie von Prof. Dr. K. ausgeführt, gebe es keine zugelassene adjuvante Therapie zur Verhinderung von Fernmetastasen beim anorektalen Melanom. Interferon alpha 2a sei zur Therapie des malignen Melanoms des AJCC Stadiums II bei Patienten, die nach einer Tumorresektion krankheitsfrei seien, zugelassen. Interferon alpha 2b sei zur adjuvanten Therapie von Melanompatienten, die nach chirurgischem Eingriff tumorfrei, aber in hohem Maße rezidivgefährdet seien, zugelassen. Eine Unterscheidung zwischen kutanen Melanomen (der Haut) und Melanomen anderer, auch anorektaler Lokalisation sei der arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht zu entnehmen. Auf der anderen Seite seien anorektale bzw. allgemein Schleimhautmelanome in großen Phase-III-Studien entweder nicht explizit erwähnt, nicht eingeschlossen oder von diesen Studien sogar ausgeschlossen worden. Obwohl die Daten keinen so deutlichen Überlebensvorteil wie bei anderen Tumorentitäten zeigten, sei gültige Lehrmeinung, dass Patienten mit malignen Melanomen im AJCC-Stadium II B/C und III - C eine adjuvante Interferontherapie unter sorgfältiger Abwägung und Aufklärung angeboten werden sollte. Das bedeute, dass grundsätzlich eine Standardtherapie zur adjuvanten Therapie des malignen Melanoms zur Verfügung stehe; das sei die zugelassene Interferontherapie. Andere Standardtherapien gebe es nicht. Eine adjuvante Vakzinationstherapie (durch dendritische Zellen) werde hingegen nach der - allerdings erst in der Konsultationsfassung vorliegenden - interdisziplinären S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms“ der Deutschen Krebsgesellschaft wie auch in allen vorherigen Versionen der Leitlinie nicht empfohlen.
33 
Hinsichtlich der adjuvanten Therapie anorektaler Melanome gebe es nahezu keine gesicherten Erkenntnisse. In der Literatur fänden sich deutliche Hinweise darauf, dass Patienten mit anorektalem Melanom regelhaft in Analogie zum kutanen Melanom behandelt würden, wie es in der Onkologie auch bei anderen seltenen Tumorentitäten gehandhabt werde. Zusammenfassend sei die (der Klägerin erteilte) Therapieempfehlung der Tumorkonferenz der Universitätsklinik U. sachgerecht, wenn diese aufgrund der Seltenheit von Schleimhautmelanomen ein Vorgehen analog der Hautmelanome empfehle. Der abweichenden Auffassung von Prof. Dr. K. müsse entgegengehalten werden, dass für die spezielle Situation der adjuvanten Therapie des anorektalen Melanoms kein anderer Therapieansatz, insbesondere auch nicht der Einsatz dendritischer Zellen, begründet werden könne und kein Anhalt dafür bestehe, dass es sich bei schleimhautassoziierten Melanomen um eine tumorbiologisch grundsätzlich von kutanen Melanomen distinkte Entität handele, so dass die Therapie mit Interferon in Analogie zur Therapie kutaner Melanome der gegenwärtig besten externen wissenschaftlichen Evidenz zur Entscheidungsfindung und damit auch dem Therapiestandard (§ 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) entspreche.
34 
Die Anwendung dendritischer Zellen bei malignen Erkrankungen sei ein interessanter Therapieansatz. Deswegen gebe es hierzu auch viel Literatur, wenngleich ausgesprochen wenige Phase-III-Studien. Die Studienergebnisse zu dendritischen Zellen seien aufgrund der unzähligen verschiedenen Methoden schwer vergleichbar. Die allermeisten Studien hätten keine überzeugenden Ergebnisse liefern können. Die jetzt erforderliche Konsolidierung des Forschungsgebiets durch methodisch hochwertige vergleichende Studien sei aufgrund des erforderlichen Aufwands notwendigerweise mit einer Reduktion der Publikationsfrequenz verbunden; die Ära der kleinen, nicht kontrollierten Phase-I-Studien sei beendet. Der Nachweis klinischen Nutzens im Sinne einer positiven Einwirkung auf patientenorientierte Eckpunkte (wie Verlängerung der Überlebenszeit) sei bisher nicht bzw. nur in hier nicht einschlägigen Konstellationen erbracht worden. Die hierfür, auch von Prof. Dr. K., als Beleg für eine Wirksamkeit dendritischer Zellen angeführte Studie von Schadendorf sei kritisch kommentiert werden. Sie habe 98 Patienten mit malignen Melanomen in dem Stadium IV randomisiert, die mittels Standardchemotherapie oder mit Vakzinierung unter Verwendung von mit autologen Peptiden beladener dendritischer Zellen behandelt worden seien. Die Studie sei statistisch nur darauf ausgelegt gewesen, eine mögliche Überlegenheit der experimentellen Therapie (dendritische Zellen) zu zeigen. Ein Unterschied habe jedoch nicht herausgearbeitet werden können. Das mediane Überleben sei in beiden Gruppen nicht unterschiedlich ausgefallen. Die primären Endpunkte der Studie seien damit verfehlt worden. Es handele sich um eine hinsichtlich des Wirksamkeitsnachweises der Prüf-Intervention negative Studie. Die einzige auf Basis dieser Studie zulässig gesicherte Aussage sei, dass eine gegenüber DTIC bessere Wirkung hinsichtlich des Tumoransprechens und des Überlebens nicht nachgewiesen sei. Außerdem hätten an der Studie Patienten mit manifest metastasierten malignen Melanomen teilgenommen, also mit gegenwärtig makroskopischer Krankheitslast. Das sei von der adjuvanten Situation mit nur mikroskopischer Resterkrankung gerade bei immunologischen Ansätzen fundamental verschieden. Die Studie sei für die Situation der Klägerin daher nicht einschlägig. Eine andere von Prof. Dr. K. angeführte Studie betreffe Patienten mit Prostatakarzinomen. Das eingesetzte Antigen könne nur bei dieser Erkrankung wirksam sein. Eine Aussage für die Krebserkrankung der Klägerin sei daraus nicht zu gewinnen.
35 
Derzeit gebe es (im Hinblick auf den gegenwärtigen Forschungsstand) keinen allgemeinen Standard, wie dendritische Zellen generiert und appliziert würden. Welche Methode in der Praxis des PD Dr. G. angewandt werde, bleibe bewusst vage. Autologes patienteneigenes Tumorantigen könne bei der Klägerin jedenfalls nicht angewandt worden sein, weil der Tumor primär R0-reseziert worden sei und damit also bei der späteren Nachresektion am 13.07.2009 kein patienteneigenes Tumormaterial habe gewonnen werden können, das möglicherweise zur Beladung dendritischer Zellen nutzbar gewesen wäre.
36 
Mit der Herstellung der dendritischen Zellen ohne entsprechende Genehmigung verstoße die Firma C. gegen das Arzneimittelgesetz. Ein rechtswidrig hergestelltes Arzneimittel könne aber nicht Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkasse sein. PD Dr. G. halte 80 % der Kapitalanteile an der Firma C.. Hierüber sei die Klägerin offenbar nicht informiert worden. Insgesamt gebe es sehr vielfältige Möglichkeiten, dendritische Zellen zu veranlassen, immunologische Antworten des Organismus zur Bekämpfung von Tumorzellen in Gang zu setzen. Der Begriff dendritische Zelltherapie habe keinen spezifischen Inhalt; ohne nähere Erläuterung könne über das Therapieverfahren so keinerlei Aussage gemacht werden. Ferner sei eine Einordnung bezüglich belastbarer klinischer Daten aus Phase-III-Studien mit Belegen der Wirksamkeit der Therapie sowie valider Sicherheitsdaten zu fordern. Die vagen Angaben im Antrag der Klägerin seien so nicht prüffähig, insgesamt weit entfernt von einem konkreten Behandlungsplan und entbehrten jeden Hinweises auf vorherige wissenschaftliche Evaluation der konkret durchgeführten Therapie. Auch dem Gutachten des Prof. Dr. K. sei hierzu nichts Näheres zu entnehmen.
37 
Entgegen der Auffassung des Prof. Dr. K. habe man keine belastbaren wissenschaftlichen Studien gefunden, die einen Nutzen einer adjuvanten Therapie mit dendritischen Zellen bei malignen Melanomen belegten. Hier wäre ein Vergleich im Rahmen einer Phase-III-Studie zum zugelassenen und etablierten Standardmedikament Interferon zu fordern. Lediglich drei der von Prof. Dr. K. angeführten 46 Studien hätten die adjuvante Situation beim malignen Melanom betrachtet. Bezüglich dieser seien keine Effektivitätsdaten in der Tabelle berichtet. Auch die Nebenwirkungen seien angesichts des nicht nachgewiesenen Nutzens im Hinblick auf die angegebene Grad-III/IV-Toxizität ethisch nicht vertretbar.
38 
Letztendlich sei rein spekulativ, ob die dendritische Zelltherapie hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei Melanomen gegenüber den in der adjuvanten Situation belegten unspezifischen Immuntherapien, wie Interferon, geeigneter sei. Dafür gebe es, wie eingehend dargelegt, keine Daten. Dass die dendritische Zelltherapie ein geeigneter Einsatz sei, habe bislang nur für Prostatakarzinome, nicht jedoch für andere Tumorerkrankungen belegt werden können. Der Ansatz bei Prostatakarzinomen sei absolut prostataspezifisch und könne auf andere Tumore nicht übertragen werden.
39 
Bei der Klägerin liege eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung vor. Inwieweit die adjuvante Situation nach vollständiger Entfernung allen klinisch erkennbaren Tumors im Zustand der Heilungsbewährung die Definition der lebensbedrohlichen Erkrankung noch erfülle, sei fraglich. Regelmäßig tödlich verlaufend sei die Erkrankung in diesem Stadium nach dieser Behandlung jedenfalls nicht. Die operative Therapie sei leitliniengerecht erfolgt. Die anschließend vorgenommene Vakzinierung mit dendritischen Zellen sei jedoch hoch experimentell und aus den dargelegten Gründen abzulehnen. Die Erkrankung der Klägerin solle in Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin in Analogie zur adjuvanten Behandlung des kutanen malignen Melanoms therapiert werden. Somit sei die Gabe von Interferon leitliniengerecht und arzneimittelrechtlich zugelassen. Dass dies gängige Praxis bei nicht-kutanen Melanomen und dort auch erfolgreich sei, könne der Literatur entnommen werden. Dies sei auch gleichzeitig die allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG. Das gälte auch dann, wenn die Konferenz der Uniklinik U. der Klägerin empfohlen hätte, eine adjuvante Therapie sei nicht erforderlich. Allgemeinem medizinischem Standard entsprechend könne auch das Unterlassen einer spezifischen Therapie sein. Auch dann müsste die Überlegenheit alternativer Ansätze nachgewiesen werden. Ein Systemmangel liege nur dann vor, wenn es eine etablierte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Therapie gäbe, die aufgrund vorwerfbarer verzögerter Anerkennung durch die zuständigen Gremien den Versicherten vorenthalten würde; das sei hier nicht der Fall. Bei der Klägerin sei die adjuvante Therapie mit Interferon die geeignete, zumutbare und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Therapie der ersten Wahl. Der Einwand mangelnden Nutzens sei durch die neuere Literatur entkräftet. Die von der Klägerin nicht gewünschte Entfernung von Wächterlymphknoten wäre nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch indiziert gewesen. Es sei nicht erkennbar, dass dies mit nicht vertretbaren Risiken behaftet gewesen wäre. Die Klägerin sei insgesamt nicht austherapiert gewesen. Vielmehr habe eine leitliniengerechte Behandlung zur Verfügung gestanden.
40 
Nachdem die Klägerin abschließend zu den vorliegenden Gutachten Stellung genommen und in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 26.02.2013 erklärt hatte, alle Rechnungen der Firma C. über die Herstellung dendritischer Zellen bezahlt zu haben, wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 26.02.2013 ab.
41 
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, hinsichtlich der Rechnung der Firma C. vom 07.07.2009 sei ein Überprüfungsantrag gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Streitgegenstand. Der (allein in Betracht kommende) Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V setze voraus, dass der Versicherte vor der Beschaffung der Leistung die Entscheidung der Krankenkasse über sein Leistungsbegehren abwarte. Die Klägerin habe die Gewährung einer Therapie mit dendritischen Zellen erstmals am 10.07.2009 beantragt. Aus der Rechnung der Firma C. vom 16.07.2009 gehe aber hervor, dass die bei der Klägerin applizierten Zellen bereits am 07.07.2009 hergestellt worden seien. An diesem Tag habe die Behandlung daher begonnen. Betrachte man alle Behandlungen mit dendritischen Zellen im Juli 2009, im Februar/März 2010 und im September/Oktober 2010 als Behandlungseinheit, könne die Klägerin schon mangels Einhaltung des Beschaffungswegs Kostenerstattung für die selbst beschaffte Leistung nicht beanspruchen. Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, sie habe die Behandlung mit dendritischen Zellen gewählt, weil sie leben wolle, stelle die Ablehnungsentscheidung der Beklagten insoweit keine Zäsur dar. Die Klägerin sei von Anfang an darauf festgelegt gewesen, weitere Behandlungen mit dendritischen Zellen vornehmen zu lassen. Nichts anderes gälte, wenn man jede Zellbehandlung - was vorzugswürdig sei - als neue Behandlungsleistung einstufen würde. Die Kostenübernahme für den zweiten Behandlungszyklus habe die Klägerin am 12.02.2010 beantragt. Nach der Rechnung der Firma C. vom 22.02.2010 seien die dendritischen Zellen hierfür aber bereits am 9.2.2010 hergestellt worden; die Beklagte habe den Antrag erst mit Bescheid vom 20.05.2010 abgelehnt. Für den dritten Behandlungszyklus, auf den sich die Rechnung der Firma C. vom 16.12.2010 beziehe, habe die Klägerin gar keinen Antrag bei der Beklagten mehr gestellt. Eine Notfallsituation, bei der die Entscheidung der Beklagten nicht habe abgewartet werden können, habe nicht vorgelegen.
42 
Der Klägerin stehe ein Leistungsanspruch auch in der Sache nicht zu. Die Therapie mit dendritischen Zellen stelle eine neue Behandlungsmethode dar, für die es eine (positive) Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht gebe. Systemversagen liege nicht vor. Für die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen sei ein (Anerkennungs-)Antrag von den zuständigen Stellen nicht gestellt worden und dies sei offensichtlich auch nicht beabsichtigt. Die Klägerin könne ihr Leistungsbegehren schließlich nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs bzw. auf § 2 Abs. 1a SGB V stützen. Zwar liege (unstreitig) eine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Allerdings gebe es für die Anwendung dendritischer Zellen bei Schleimhautmelanomen kein wissenschaftlich ausreichendes Studienmaterial, aus dem auf eine durch Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf geschlossen werden könnte. Insoweit habe Prof. Dr. K. auf 46 Studien zur Behandlung des Melanoms mit dendritischen Zellen verwiesen. Zu den Ergebnissen dieser Studien habe er sich jedoch nicht geäußert, während im MDK-Gutachten des Kompetenz-Zentrums Onkologie vom 16.07.2012 auf diese Studien eingegangen und klargestellt werde, dass diese keinerlei Wirksamkeitsvorteile ergeben hätten, die größere Studie (Schadendorf, 2006) sogar negativ ausgefallen sei. Außerdem könnten die Studien nicht ohne Weiteres auf die bei der Klägerin vorliegende Sonderform des Melanoms übertragen werden. Die Behandlung mit dendritischen Zellen stelle - mit Ausnahme des Prostatakarzinoms - ein Verfahren dar, das sich noch in der wissenschaftlichen Entwicklung befinde. Die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen werde außerhalb klinischer Studien von der Deutschen Krebsgesellschaft nicht als Therapie empfohlen. Empfohlen werde vielmehr die Behandlung mit dendritischen Zellen nur innerhalb klinischer Studien. Die Deutsche Krebsgesellschaft fordere alle Ärzte auf, ihren Patienten von Therapieangeboten außerhalb von Studien auf privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- und Studienzentrum zu verweisen (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; LSG Hessen, Beschl. v. 27.08.2012, - L 8 KR 189/12 B ER - ; Stellungnahme der Deutschen Krebsgesellschaft vom 05.04.2011 - Presseinformation). Eine Kostenerstattung käme schließlich ohnehin nur für solche Behandlungen in Betracht, welche die Beklagte selbst rechtmäßig gewähren könnte. Der MDK habe insoweit darauf verwiesen, dass die Firma C. (unstreitig) nicht über eine behördliche Erlaubnis für die Herstellung dendritischer Zellen verfüge. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis sei lediglich beantragt. Ob möglicherweise ein Ausnahmefall nach § 144 AMG in Verbindung mit § 2 und § 4 Abs. 9, Abs. 4b AMG vorliege, sei dahingestellt; es komme entscheidungserheblich darauf nicht an.
43 
Auf das ihr am 06.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.04.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt ergänzend vor, auf Einzelheiten des Beschaffungswegs komme es nicht an, weil eine unaufschiebbare Leistung in Rede stehe. Sie sei unmittelbar auf die Inanspruchnahme einer Behandlung mit dendritischen Zellen angewiesen gewesen. Andernfalls hätte sie bereits binnen weniger Monate mit dem Tod rechnen müssen. Bei Leistungen, die nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs zu gewähren seien, müsse die Ablehnungsentscheidung der Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung nicht abgewartet werden. Auch in seinem Beschluss vom 06.12.2005 (a. a. O.) habe das BVerfG die Einhaltung des Beschaffungswegs jedenfalls offen gelassen. Sie stütze den geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht unmittelbar auf § 13 Abs. 3 SGB V, sondern auf das Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung. Die Beklagte lehne die Gewährung dendritischer Zellbehandlungen grundsätzlich ab, weshalb man von ihr - zumal bei einem dringlichen Behandlungsfall - nicht vE. dürfe, eine erfahrungsgemäß langwierige Antragsbearbeitung und die absehbare Antragsablehnung abzuwarten. In Fällen, in denen sich die Krankenkasse losgelöst vom konkreten Behandlungsfall gegen eine neuartige Therapiemethode ausspreche, der Versicherte jedoch nach fachärztlicher Empfehlung auf einen unverzüglichen Therapiebeginn angewiesen sei, müsse die nachträgliche Antragstellung bei der Krankenkasse genügen. Sie habe im Übrigen nicht vor Antragstellung mit der Therapie begonnen. Die Herstellung der dendritischen Zellen sei mit dem Therapiebeginn nicht gleichzusetzen, sondern stelle lediglich die Voraussetzung für die (künftige) ärztliche Behandlung dar. Das Sozialgericht habe aus ihrer Äußerung zu Ende der mündlichen Verhandlung, am Leben bleiben zu wollen, zu Unrecht geschlossen, sie sei von vornherein auf die Behandlung mit dendritischen Zellen festgelegt gewesen. Auf die Möglichkeit, ihre Klage - ungeachtet der Erhebung eines Gutachtens - (schon) mangels Einhaltung des Beschaffungswegs abzuweisen, habe man sie nicht hingewiesen und ihr insoweit nicht rechtliches Gehör gewährt.
44 
Sie habe am 07.07.2009 die Gewährung bzw. Übernahme der Kosten einer dendritischen Zelltherapie beantragt. Diesen Antrag haben sie vorsorglich erneut am 12.02.2010 gestellt. Bei Erbringung der den Rechnungen der Firma C. vom 22.02.2010 und 16.12.2010 zu Grunde liegenden Behandlungen habe der Beklagten daher ein Leistungsantrag vorgelegen. Im Bescheid vom 09.10.2009 habe die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf die fehlende Anerkennung der Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss und damit aus formal-rechtlichen Erwägungen abgelehnt. Die Ablehnungsgründe hätten auch für künftige Behandlungszyklen gegolten, weshalb sie einen erneuten Leistungsantrag als sinnlos hätte ansehen dürfen. Das Sozialgericht habe die Behandlung mit dendritischen Zellen auch zu Unrecht in unterschiedliche Behandlungszyklen aufgeteilt, die immer neu beginnen würden. Ihr behandelnder Arzt, PD Dr. G., gehe in aller Regel von einer einheitlichen und durchgehenden Immuntherapie, bestehend aus mehreren zeitlich aufeinanderfolgenden Zyklen, aus. Jeder Zyklus sei als Teil eines einheitlichen Therapieansatzes einzustufen, weshalb eine neue Indikationslage für die weitere Verabreichung dendritischer Zellen nicht erforderlich sei. Deswegen sei ein gesonderter Antrag vor jedem neuen Behandlungsschritt bzw. Zyklus nicht notwendig. Bei wiederkehrenden Behandlungsleistungen der vorliegenden Art setze die Ablehnungsentscheidung der Krankenkasse eine Zäsur mit der Folge, dass die Kostenerstattung (mangels Einhaltung des Beschaffungswegs) nur für die Zeit davor ausgeschlossen sei (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; BSG, Urt. v. 25.09.2000, - B 1 KR 5/99 R -). Für seine davon abweichende Auffassung hätte das Sozialgericht wenigstens den behandelnden Arzt nach Inhalt und Ablauf der Immuntherapie befragen müssen.
45 
Ihr stehe auch der Sache nach ein Anspruch auf Gewährung der in Rede stehenden Immuntherapie als neuartige Behandlungsmethode zu. Dass es hierfür eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht gebe, stehe dem nicht entgegen. Für sie gebe es eine anerkannte Behandlungsmethode mit ebenso positiver wie risikofreier Wirkungsweise nicht. Das gehe aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervor. Prof. Dr. K. sei ein renommierter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Onkologie, gerade im Bereich der malignen Melanome, und Koordinator des Hautkrebszentrums der Universitätsklinik E.. Die gegenteilige Auffassung des MDK könne nicht überzeugen. Das Fehlen klinischer Studien zur Behandlung ihrer Erkrankungen zeige gerade, dass sie auf die ihr angeratene Therapie mit dendritischen Zellen als ultima ratio angewiesen sei. Zumindest hätte das Sozialgericht ein weiteres (Ober-)Gutachten erheben oder Prof. Dr. K. zu den Einwendungen des MDK anhören müssen.
46 
Die Einschätzung der Deutschen Krebsgesellschaft aus dem Jahr 2011, wonach es der Behandlung mit dendritischen Zellen an einem ausreichenden Wirksamkeitsnachweis fehle, werde in der Wissenschaft nicht ausnahmslos geteilt. Für einen Leistungsanspruch nach Maßgabe einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs genüge es, wenn, außerhalb von klinischen Studien, zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Qualität und Wirksamkeit der Behandlungsmethode vorlägen; um eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode könne es in solchen Fällen naturgemäß nicht gehen. Außerdem genügten nach der Rechtsprechung des BVerfG auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussichten auf Heilung oder eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Dabei sei (auch) auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Der MDK habe das im Unterschied zu Prof. Dr. K. unterlassen und sich aus eher grundsätzlichen Erwägungen gegen die Therapie mit dendritischen Zellen ausgesprochen. Für die positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf genüge es, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten werde oder Komplikationen verhindert würden. Fehlten dabei theoretisch-wissenschaftliche Erklärungsmuster, könne im Einzelfall bei vertretbaren Risiken auch die bloße ärztliche Erfahrung für die Annahme eines Behandlungserfolges entscheidend sein, wenn sich diese Erkenntnisse durch andere Ärzte in ähnlicher Weise wiederholen ließen (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 26.06.2012, - L 11 KR 5856/09 -). Das sei hier der Fall. Relevante Risiken und Nebenwirkungen der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen seien bislang nicht aufgetreten oder bekannt geworden. Ein vom MDK und der Beklagten geforderter Wirksamkeitsnachweis sei nicht notwendig. Je schwerwiegender die Erkrankung, desto geringer müssten auch die Anforderungen an die Indizien für einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg ausfallen. Dabei könnten beim Fehlen evidenzbasierter Studien auch deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte und Meinungen anerkannter Experten oder Berichte von Konsensuskonferenzen in Betracht zu ziehen sein. Aus ihrer Sicht gebe es danach hinreichende Indizien für einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Man möge hierzu ggf. den Gutachter Prof. Dr. K. in der mündlichen Verhandlung befragen.
47 
Die Klägerin beantragt,
48 
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.02.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06.08.2009 zurückzunehmen und ihr 12.601,79 EUR zu erstatten.
49 
Die Beklagte beantragt,
50 
die Berufung zurückzuweisen.
51 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, aufgrund der lebensbedrohlichen Grunderkrankung habe eine Notfallsituation nicht vorgelegen. Das folge auch daraus, dass es sich bei der dendritischen Zelltherapie um eine adjuvante (unterstützende) Therapie gehandelt habe. Hypothetisch sei auch das postulierte Versterben innerhalb weniger Monate ohne Durchführung der begehrten Therapie. Aus den vorliegenden Gutachten gehe hervor, dass das klinisch erkennbare, lokal begrenzte Tumorgewebe vollständig operativ entfernt worden sei. Anhaltspunkte für Metastasen hätten nicht vorgelegen. Die weitere Therapie, ob nun durch Interferon oder durch dendritische Zellen, sei (nur) vorsorglich zur Minimierung eines letztendlich noch verbleibenden Restrisikos durchgeführt worden. Eine Ultima-Ratio-Therapie habe nicht vorgelegen, weil es Behandlungsalternativen gegeben habe. Die Klägerin habe den Leistungsantrag auch erst gestellt, als sie sich zur Behandlung mit dendritischen Zellen entschlossen gehabt habe. Andernfalls sei kaum erklärbar, dass der behandelnde Arzt bereits vor dem 07.07.2009 einen Herstellungsauftrag an das Labor (der Firma C.) erteilt habe.
52 
Die Firma C. hat unter dem 27.02.2014 mitgeteilt, sie habe die Herstellung autologer dendritischer Zellen im April 2012 eingestellt. Die Herstellungstätigkeit sei bis dahin unter der Verantwortlichkeit des PD Dr. G. gem. § 4b AMG ausgeübt worden. Die Herstellung dendritischer Zellen werde nunmehr von dem Labor PD Dr. G. (auf der Grundlage einer Anzeige nach § 67 AMG) vorgenommen. Die abschließende Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG stehe noch aus.
53 
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat mit Schreiben vom 13.03.2014 (Bl. 51 LSG-Akte) dem Senat mitgeteilt, die Anwendung dendritischer Zellen zur Behandlung eines Schleimhautmelanoms oder anderer Erkrankungen sei bisher im Gemeinsamen Bundesausschuss nicht überprüft worden, auch sei ein entsprechender Antrag noch nicht gestellt worden. Schließlich bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Antragspflicht vorlägen.
54 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
55 
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem geltend gemachten Erstattungsbetrag von über 12.000 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet. Die Beklagte hat die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht abgelehnt.
56 
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte der Klägerin 12.601,79 EUR zu erstatten hat, die die Klägerin der Firma C. auf deren Rechnungen vom 16.07.2009, 22.02.2010 und 16.12.2010 gezahlt hat. Die Erstattung des Betrags der Rechnung vom 16.07.2009 war bereits Gegenstand des Bescheids vom 06.08.2010. Ob der Widerspruch gegen diesen Bescheid tatsächlich von der Klägerin am 08.10.2009 fernmündlich zurückgenommen wurde und ob ein nicht weiter bestätigter Telefonvermerk eines Mitarbeiters der Beklagten ausreicht, das Widerspruchsverfahren einzustellen, kann offenbleiben. Da die Klägerin mit dem eingereichten Schreiben vom 09.02.2010 die Übernahme der gesamten Kosten der bisherigen Behandlung mit dendritischen Zellen verlangt hat, bezieht sich der Bescheid vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 nicht nur auf die Rechnungen vom 22.02.2010 und 16.12.2010, sondern auch auf die Rechnung vom 16.07.2010. Jedenfalls der Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 enthält eine abschließende Stellungnahme der Beklagten zum gesamten Behandlungskomplex mit dendritischen Zellen als Folge des im Juni 2009 operativ entfernten Schleimhautmelanoms der Klägerin. Das SG hat deshalb zu Recht in diesen Bescheiden eine inzidente Ablehnung eines Antrags nach § 44 SGB X in Bezug auf den Bescheid vom 06.08.2009 gesehen. Die Beklagte hat die erneute Überprüfung des Bescheids nach § 44 SGB X durch den Senat im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt.
I.
57 
Rechtsgrundlage des mit Klage und Berufung verfolgten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift sieht in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urt. v. 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -).
58 
Der hier allein in Betracht kommende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und grundsätzlich auch einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus. Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche (selbst beschaffte) Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Der Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urt. v. 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V).
59 
§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V darf nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 19.03.2009 - 1 BvR 316/09) nicht in der Weise ausgelegt werden, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt. Dies gilt erst recht, wenn - wie nachstehend aufgezeigt - bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts des SGB V ein Anspruch auf Behandlung mit dendritischen Zellen besteht, den die Beklagte von Anfang an als Sachleistung hätte gewähren müssen und den sie in der Folge zu Unrecht abgelehnt hat. Bei der Rechtsanwendung im Einzelfall müssen dann die grundrechtlichen Maßgaben insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden, namentlich, wenn erhebliche und nicht wiedergutzumachende Schäden für Leib und Leben drohen (Art. 2 Abs. 2 GG) und der Versicherte deswegen existentielle Leistungen der Krankenversicherung begehrt. Auch insoweit gilt, dass sich das Gericht (genauso wie die Krankenkasse) schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B - zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung). Das verbietet es, im Einzelfall überzogene und damit unverhältnismäßige Verfahrenserfordernisse nicht nur für den Zugang des Versicherten zu den Leistungen der Krankenkasse, sondern auch für die Selbstbeschaffung einer Leistung und die Erstattung der hierfür entstandenen Aufwendungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 SGB V aufzustellen. Gerade in den Fällen des § 2 Abs. 1a SGB V, also bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden bzw. wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen wird es daher vielfach genügen müssen, wenn der Versicherte sich mit seinem Leistungsbegehren unverzüglich an die Krankenkasse wendet und dieser daher jedenfalls eine zeitnahe Prüfung ermöglicht wird. Einzelheiten des Beschaffungswegs werden dann für den Erstattungsanspruch keine ausschlaggebende Rolle spielen können, vielmehr wird die Krankenkasse und im Streitfall das Gericht zu prüfen haben, ob das Erstattungsverlangen in der Sache berechtigt ist.
II.
60 
Rechtsgrundlage des dem Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegenden Leistungsanspruchs auf Gewährung ärztlicher Behandlung ist § 27 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB V) auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB V). Der Anspruch auf Krankenbehandlung bzw. Arzneimittelversorgung unterliegt den für alle Leistungsansprüche (§ 11 SGB V) geltenden allgemeinen Maßgaben der §§ 2, 12 SGB V. Gem. § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Versicherten erhalten die ihnen danach zustehenden Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB V nichts anderes vorsieht.
1.)
61 
Bei der Versorgung der Versicherten mit ärztlicher Heilbehandlung ist hinsichtlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -). Die Sperrwirkung des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst „Methoden“, also Maßnahmen, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandt werden (BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -); dazu können ggf. auch über die bloße Verabreichung von Arzneimitteln hinausgehende Pharmakotherapien zählen.
62 
Neu ist eine Behandlungsmethode zunächst dann, wenn sie erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V - also erst in der Zeit seit dem 01.01.1989 - als kassen- bzw vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert worden ist. Neu ist auch eine Behandlungsmethode, für die eine entsprechende Leistungsposition im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zunächst nicht bestand, diese vielmehr erst später - nach dem 01.01.1989 - in das Leistungsverzeichnis des EBM-Ä aufgenommen wurde (zur Maßgeblichkeit des EBM auch BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -). Nach diesen Abgrenzungen ist bei Arzneitherapien - bei Arzneimitteln ist kein Raum für die Schaffung einer Leistungsposition im EBM-Ä - darauf abzustellen, ob sie schon vor dem 01.01.1989 oder erst nach dem 01.01.1989 praktiziert wurden. Wurden sie schon vorher praktiziert, so sind sie nicht neu; dann käme nur eine Überprüfung nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V in Betracht, wonach die Verordnungsfähigkeit erst ausgeschlossen wäre, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Behandlungsmethode ausdrücklich für unvereinbar mit den Erfordernissen des § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V erklärt hatte (BSG; Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -). Eine Behandlungsmethode kann auch dann als „neu“ zu beurteilen und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG; Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -).
63 
Näheres zur Arzneimittelversorgung der Versicherten ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt. Danach besteht Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Der (krankenversicherungsrechtliche) Arzneimittelbegriff in §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V knüpft an den (verwaltungsrechtlichen) Arzneimittelbegriff des AMG an. Dieser ist in der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG festgelegt; weitere Begriffsbestimmungen enthält § 4 AMG. Gem. § 2 Abs. 1. AMG sind Arzneimittel (u.a.) Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Krankheiten zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen; Stoffe in diesem Sinne sind gem. § 3 Nr. 3 AMG auch menschliche Stoffwechselprodukte in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, also auch Blut und Blutplasma (Rehmann, AMG § 3 Rdnr. 2). Gem. § 4 Abs. 2 AMG sind Blutzubereitungen Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten. § 4 Abs. 9 AMG (i. d. F. des Gesetzes v. 17.07.2009, BGBl. I, S. 1990, gültig ab 23.07.2009) bestimmt, dass (u.a.) somatische Zelltherapeutika (i. S. d. in dieser Vorschrift genannten EG-Verordnungen) Arzneimittel für neuartige Therapien sind. Das aus dem Blut des Patienten durch Beladung mit Antigenen hergestellte Präparat mit dendritischen Zellen stellt ein (zelluläres) Arzneimittel (Blutzubereitung bzw. somatisches Zelltherapeutikum nach § 4 Abs. 2, 9 AMG) dar (vgl. dazu auch etwa OLG München, Urt. v. 16.11.2005, - 20 U 3950/05 - sowie DÖSGHO-Jahrestagung, veröffentlicht unter www://haematologie-onlologie.universimed.com/artikel). Damit unterliegt die Herstellung dendritischer Zellen und deren Anwendung im Rahmen der Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V den Maßgaben des Arzneimittelrechts.
64 
Hinsichtlich der Herstellung dendritischer Zellen ist gem. § 20b Abs. 1 und 4 AMG (eingeführt durch Gesetz v. 20.07.2007, BGBl. I. S. 1574 zum 01.08.2007) im Grundsatz eine behördliche Erlaubnis notwendig. Hinsichtlich der Arzneimittel für neuartige Therapien nach § 4b AMG (eingeführt durch Gesetz v. 17.07.2009, a. a. O. zum 23.07.2009), also für Arzneimittel, die als individuelle Zubereitung für einen einzelnen Patienten ärztlich verschrieben, nach spezifischen Qualitätsnormen nicht routinemäßig hergestellt und in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung unter der fachlichen Verantwortung eines Arztes angewendet werden (§ 4b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AMG) sind in der (ebenfalls ab 23.07.2009 geltenden) Vorschrift des § 144 AMG Übergangsregelungen getroffen worden. Danach gilt (u.a.): Wer die in § 4b Abs. 1 AMG genannten Arzneimittel für neuartige Therapien am 23.07.2009 befugt herstellt und bis zum 01.012010 eine Herstellungserlaubnis beantragt, darf diese Arzneimittel bis zur Entscheidung über den gestellten Antrag weiter herstellen.
65 
Hinsichtlich des Inverkehrbringens dendritischer Zellen ist die für Fertigarzneimittel, wozu auch außerhalb der Apotheke gewerblich hergestellte Rezepturarzneimittel gehören (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG), gem. § 21 Abs. 1 AMG an sich notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung nicht erforderlich. Gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1a AMG bedarf es einer Zulassung nämlich nicht für Arzneimittel, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden; dies trifft auf das in Rede stehende zelluläre Arzneimittel zu. Nach näherer Maßgabe des § 21a Abs. 1 AMG kann demgegenüber ggf. eine Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde erforderlich sein (vgl. § 21a Abs. 1 Satz 3: Blutstammzellzubereitungen zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung).
2.)
66 
Bei der Anwendung von Arzneimitteln können die Maßgaben des Arzneimittelrechts, insbesondere arzneimittelrechtliche Verkehrsverbote mit ihren Folgewirkungen für das Krankenversicherungsrecht (dazu näher etwa Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -: Botoxinjektion zur Blasenvergrößerung), und der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt für die Anwendung neuer ärztlicher Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs. 1 SGB V gleichzeitig anzuwenden sein. Für die Abgrenzung der Pharmakotherapie durch bloße Verabreichung eines Arzneimittels - auch im Wege der Injektion - von der Pharmakotherapie als ärztliche Behandlungsmethode kommt es darauf an, welches Gewicht der ärztlichen Tätigkeit für den Therapieerfolg zukommt (vgl. näher BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. Urt. v. 15.5.2012, - L 11 KR 5817/10 -). Ist diese im Rahmen eines Zusammenspiels von ärztlicher Kunst und Arzneimittelgabe ebenso wichtig wie das Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes, liegt in jedem Fall eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausgehende ärztliche Behandlungsmethode vor. Die Anforderungen des Krankenversicherungsrechts sind dann ggf. im Erlaubnisverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu prüfen. Dessen krankenversicherungsrechtliche Prüfung kommt zur ggf. notwendigen arzneimittelrechtlichen Prüfung durch die hierfür zuständige Verwaltungsbehörde hinzu (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -). Für solche Pharmakotherapien besteht eine Leistungspflicht der Krankenkasse daher erst dann, wenn die aus dem Arzneimittelrecht folgenden leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen und die krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind, wenn also weder ein arzneimittelrechtliches Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Arzneimittel erfasst (BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 -; auch dazu Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -). Das gilt nach Auffassung des Senats für die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen als Anwendung eines zellulären Arzneimittels für neuartige Therapien i. S. d. § 4 Abs. 9 AMG. Dabei handelt es sich (wovon ersichtlich auch die Beteiligten ausgehen) nicht um die bloße Verabreichung eines Arzneimittels, sondern um eine ärztliche Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V.
3.)
67 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt und des Fehlens einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Auch bei Krankheiten, die wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbar sind, muss die Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheiden (vgl. dazu BSGE 93,236).
68 
Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG können sich (ansonsten nicht bestehende) Leistungsansprüche darüber hinaus auch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts ergeben. In seinem Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
69 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung (oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit - BSG, Urt. v. 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht bei BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr individuelle Notlage gegeben sein, wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschl. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -).
70 
Diese Grundsätze sind auf die Arzneimittelversorgung übertragen worden. Sie können ggf. einen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln begründen, die arzneimittelrechtlich noch gar nicht oder nicht für den in Rede stehenden Anwendungsbereich zugelassen sind. Ergänzend hat das BSG - im Hinblick auf die Versorgung mit Arzneimitteln - aber dargelegt, dass an das Krankheits-Kriterium (im Sinne der vorstehend unter 1. genannten Voraussetzung) strengere Anforderungen zu stellen sind als an das Kriterium der schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -; auch BSG, Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -).
71 
In der seit 01.01.2012 geltenden Vorschrift des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V hat der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG entwickelten Rechtgrundsätze zu grundrechtsfundierten Leistungsansprüchen in das SGB V aufgenommen. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende, insbesondere also eine in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (noch) nicht entsprechende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung festgestellt. Für Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V sind die Maßgaben der genannten Rechtsprechung des BVerfG und des BSG heranzuziehen (Senatsurteil vom 14.03.2012, - L 5 KR 5406/11 -).
III.
72 
Davon ausgehend steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von PD Dr. G. in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführte Behandlung mit dendritischen Zellen zu. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind erfüllt. Die Klägerin hat den in dieser Vorschrift vorgesehenen Beschaffungsweg eingehalten (unten 1). Die Beklagte hat die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung auch zu Unrecht abgelehnt (unten 2). Auch die Übrigen Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind erfüllt (unten 3).
1.)
73 
Die Klägerin hat sich die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen durch PD Dr. G. ohne Missachtung des in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Beschaffungswegs selbst beschafft. Die Frage nach der Einhaltung des Beschaffungswegs kann sich dabei nur auf die Rechnungen beziehen, die vor der grundsätzlichen Ablehnungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 06.08.2009 ergangen sind, das ist hier allein die Rechnung vom 16.07.2009. Die Klägerin hat nämlich mit ihrem Antrag vom 09.07.2009 initial für die gesamte Behandlung mit dendritischen Zellen den Antrag auf Kostenfreistellung bei der Beklagten gestellt; das genügt (BSG Urt. v. 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R - Juris Rn 30). Eine Beschränkung lediglich auf die im Juli 2009 angefallenen Kosten lässt sich diesem Antrag nicht entnehmen. Im Übrigen stellen sich die einzelnen Behandlungszyklen als unselbständige (Teil-)Leistungen der auf die Verhinderung der Metastasenbildung gerichteten adjuvanten Behandlung der Klägerin nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes dar, weshalb es mit dem (rechtzeitigen) Herantragen des Leistungsbegehrens an die Beklagte hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus sein Bewenden haben muss.
74 
Die Klägerin, die an einem im Juni 2009 diagnostizierten Schleimhautmelanom und damit - wie Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 03.02.2012 dargelegt hat - an einer seltenen Untergruppe des Melanoms mit wesentlich schlechterer Prognose als das Hautmelanom (kutane Melanom) leidet, ist am 05.06.2009 und am 13.07.2009 durch Exzision des Tumors und Nachresektion operativ behandelt worden. Die (weitere) Behandlung mit dendritischen Zellen ist danach im Juli 2009 aufgenommen und in mehreren Behandlungszyklen durchgeführt worden. Die Klägerin hat sich - hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus - erstmals am 09.07.2009, also noch vor der operativen Tumornachresektion am 13.07.2009, wegen einer sich an die operative Therapie anschließenden (adjuvanten) Nachbehandlung mit dendritischen Zellen (zur Metastasenprophylaxe) an die Beklagte gewandt und die Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung beantragt. Sie hat sich nicht von vornherein außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt, um sich von dort ohne weitere Prüfung durch die Krankenkasse eine vom Leistungskatalog nicht umfasste Behandlungsleistung zu verschaffen, sondern sie hat die Beklagte nach Lage der Dinge unverzüglich mit dem Leistungsbegehren konfrontiert und eine zeitnahe Prüfung ermöglicht. Dass mit der Herstellung der dendritischen Zellen wenige Tage vor Antragstellung - am 07.07.2009 - begonnen worden ist, ist demgegenüber unschädlich, ohne dass es noch darauf ankäme, ob man den Behandlungsbeginn der dendritischen Zelltherapie auf diesen Tag oder den Tag der erstmaligen Verabreichung der dendritischen Zellen festzulegen hätte. Angesichts der Gefahr einer Metastasierung der schweren Krebserkrankung und der damit verbundenen Todesgefahr ist es im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin auf Leben und Gesundheit bzw. die daraus folgenden Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu vereinbaren, ihr zur Vermeidung einer etwaigen Kostenbelastung vor der Aufnahme der in Rede stehenden Behandlung zur Metastasenprophylaxe auch das Abwarten einer (Ablehnungs-)Entscheidung der Beklagten abzuvE. (ebenso BSG Urt. v. 12.09.2012 - B 3 KR 20/11 R - Juris Rn 12 für den Fall einer verzögerten Entscheidung über eine Hilfsmittelgewährung), zumal angesichts der zu erwartenden Einschaltung des MDK mit einem länger dauernden Verwaltungsverfahren zu rechnen gewesen ist. Bei dieser Sachlage kommt es nicht in Betracht, den geltend gemachten Erstattungsanspruch schon wegen der Einzelheiten des Beschaffungsvorgangs abzulehnen, vielmehr ist eine Sachprüfung erforderlich.
2.)
75 
Die Beklagte hat die Gewährung der beantragten Behandlung mit dendritischen Zellen zu Unrecht abgelehnt. Die Beklagte hätte der Klägerin die in Rede stehende Behandlung nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs als Sachleistung gewähren müssen (unten a). Vorschriften des Arzneimittelrechts stehen dem nicht entgegen (unten b).
a.)
76 
Die Klägerin hatte Anspruch auf die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
77 
Bei der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode i. S. d § 135 Abs. 1 SGB V; für diese ärztliche Leistung ist eine Leistungsposition im EBM nicht vorhanden. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses existiert nicht. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist mit der hier streitigen Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen auch nicht befasst, wie er gegenüber dem Senat mit Schreiben vom 13.03.2014 dargelegt hat. Anhaltspunkte für ein so genanntes Systemversagen liegen nicht vor (Senatsbeschluss vom 16.05.2011, - L 5 KR 970/11 ER-B -). Bei dem Schleimhautmelanom, an dem die Klägerin leidet, handelt es sich zwar um eine seltene Untergruppe des Melanoms, jedoch nicht um eine wegen ihrer Seltenheit systematisch gar nicht erforschbare Krankheit. Hierüber herrscht unter den Beteiligten ersichtlich kein Streit. Danach kommt ein Leistungsanspruch nur nach Maßgabe der vom BVerfG (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) vorgenommenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (jetzt: § 2 Abs. 1a SGB V) in Betracht. Die in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt.
78 
Die Klägerin leidet (unstreitig) an einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Das Schleimhautmelanom, an dem sie erkrankt ist, hat, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, eine äußerst schlechte und (noch) ungünstigere Überlebensprognose als das kutane Melanom (der Haut) mit einer mittleren Überlebenszeit von 10 bis 13 Monaten. Über 90% der Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren. Entgegen der Auffassung der Beklagten (und des MDK, etwa Gutachten des Dr. G. vom 05.10.2009) scheitert die Leistungsgewährung auch nicht am Erfordernis einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage. Das BVerfG hat hierfür ersichtlich stets auf den Einzelfall abgestellt und eine rein zeitliche Betrachtung nicht vorgenommen, etwa auch ausreichen lassen, dass in Sonderfällen der Tod voraussichtlich erst in einigen Jahren eintreten wird (Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -). Auch die Unterscheidung zwischen einer adjuvanten und einer kurativen Behandlungssituation, auf die sich der MDK stützen will, ist für die hier maßgebliche grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Behandlung mit dendritischen Zellen hat nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes zum Ziel, die Bildung von Metastasen zu verhindern. Nur dann besteht Aussicht auf eine Heilung der Krebserkrankung. Sind demgegenüber Metastasen aufgetreten, bestehen praktisch keine aussichtsreichen Behandlungsmöglichkeiten mehr und es muss mit einem (baldigen, innerhalb von Monaten eintretenden) Tod des Patienten gerechnet werden. Der Senat entnimmt dies dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. K.. Danach liegt die (sehr) schlechte Prognose des Schleimhautmelanoms (u.a.) daran, dass es rasch zu Fernmetastasen kommt. Ist es dazu gekommen, besteht allenfalls noch eine Therapieoption durch Yervoy, was aber nur bei maximal 10% der Patienten einen längeren Nutzen hat (mit schweren Nebenwirkungen bei 30% der Patienten). Bei dieser Sachlage gibt es keine Zwischenzeit zwischen der operativen Entfernung des Tumorgewebes und dem jedenfalls im Stadium der Heilungsbewährung stattfindenden Auftreten von Metastasen, während der die für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs notwendige individuelle Notlage naher Lebensgefahr nicht bestünde und während der zunächst das ohne adjuvante Therapie (erst recht) zu erwartende Auftreten von Metastasen abzuwarten wäre. Die vorliegende Fallgestaltung ist nach Ansicht des Senats mit der Fallgestaltung eines Prostatakarzinoms im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) nicht vergleichbar. Der These, eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs sei auf die Situation der Rezidivprophylaxe nicht anwendbar (vgl. etwa LSG Schleswig- Holstein, Urt. v. 08.09.2011, L 5 KR 97/10 -), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen; sie findet in der Rechtsprechung des BVerfG keine ausreichende Stütze.
79 
Damit ist vorliegend letztendlich ausschlaggebend, ob für die - konkrete - Erkrankung der Klägerin eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht, und, wenn dies nicht festgestellt werden kann, ob für die bei ihr angewandte Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen eine durch Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Da für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs die Grundrechte des jeweiligen Versicherten und die diesem bei Verweigerung der Leistung im Einzelfall drohenden Grundrechtseingriffe bzw. Grundrechtsverletzungen maßgeblich sind, findet eine vom Einzelfall gelöste abstrakte Betrachtung, etwa im Sinne einer abstrakten wissenschaftlich-medizinischen Methodendiskussion, nicht statt.
80 
Für die adjuvante Therapie des Schleimhautmelanoms der Klägerin steht nach Auffassung des Senats eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende und die Anwendung der in Rede stehenden Alternativtherapie verdrängende Behandlungsmethode nicht zur Verfügung. Die Beklagte verweist (gestützt auf das MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) auf eine Interferonbehandlung, die man als eine Art „Analogbehandlung“ entsprechend der Behandlung des kutanen Melanoms auch beim (mit dem kutanen Melanom tumorbiologisch jedoch nicht ohne Weiteres gleichzusetzenden) Schleimhautmelanom anwenden könne. Die Wirksamkeit einer solchen Therapie wird aber - wenn auch gestützt durch eine von Prof. Dr. H. angeführte Phase-II-Studie in den USA - nur vermutet. Demgegenüber hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass es eine wirksame adjuvante Therapie zur Verhinderung einer Fernmetastasierung beim Schleimhautmelanom nicht gibt und darauf verwiesen, dass Patienten mit Schleimhautmelanomen von den Interferonstudien (gerade) ausgeschlossen werden. Die Erfahrungen mit der mangels Alternativen notgedrungen eingesetzten Interferon- und Chemotherapie hat Prof. Dr. K. als unbefriedigend eingestuft; sie würden nur „anekdotenhaft“ in Übersichtsarbeiten erwähnt. In der Literatur findet sich - so Prof. Dr. K. - keine einzige Publikation, die über eine wirksame adjuvante Therapie beim Schleimhautmelanom berichtet.
81 
Prof. Dr. H. hat im MDK-Gutachten vom 16.07.2012 der Auffassung des Prof. Dr. K. im Kern zugestimmt und ebenfalls dargelegt, dass es eine zugelassene adjuvante Therapie zur Verhinderung von Fernmetastasen beim anorektalen Melanom (dem Schleimhautmelanom der Klägerin) nicht gibt. Hierfür bestehen - so Prof. Dr. H. - nahezu keine gesicherten Erkenntnisse. Es finden sich vielmehr nur - und seien es auch deutliche - Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, dass Patienten mit anorektalem Melanom in Analogie zu Patienten mit kutanem Melanom behandelt werden, wie es in der Onkologie auch bei anderen Tumorentitäten gehandhabt wird. Der Erfolg der letztendlich auf die Vermutung einer (tumorbiologischen) Vergleichbarkeit des Schleimhautmelanoms mit dem kutanen Melanom gestützten Interferonbehandlung ist im Übrigen schon beim kutanen Melanom sehr gering; weniger als 10% der Patienten haben davon einen Nutzen. Insgesamt besteht daher nach der überzeugenden Auffassung des Prof. Dr. K. für die Wirksamkeit der der Klägerin im Tumorboard des Comprehensive Cancer Center U. vorgeschlagenen Interferontherapie beim Schleimhautmelanom jeglicher Anhalt und es muss auf der Grundlage der publizierten Erfahrungen davon ausgegangen werden, dass ihr eine Interferontherapie keinen Nutzen gebracht hätte. Sie kann damit nicht auf diese Therapie als Standardtherapie verwiesen werden. Dem ist im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. nichts wirklich Überzeugendes entgegengesetzt. Prof. Dr. H. hat sich der Sache nach mit einer eher vom Erkrankungsfall der Klägerin abstrahierenden Methodendiskussion befasst, etwa indem er es als gültige Lehrmeinung bezeichnet, Patienten mit malignen Melanomen (in einem bestimmten Stadium) eine adjuvante Interferontherapie unter sorgfältiger Abwägung und Aufklärung anzubieten; damit wird nicht ausreichend klar auf den Behandlungsfall der Klägerin eingegangen. Die Schlussfolgerung des Prof. Dr. H., für diese stehe mit der Interferontherapie - und das auch nur grundsätzlich - eine Standardtherapie zur adjuvanten Behandlung des malignen Melanoms zur Verfügung, ist im Kern zu allgemein gehalten. Der Senat kann ihr angesichts der überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. K., denen sich Prof. Dr. H. in wesentlichen Teilen auch angeschlossen hat, nicht folgen. Die Klägerin ist auch nicht auf eine weitere Operation, etwa die Entfernung von Wächterlymphnoten (MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) zu verweisen. Prof. Dr. K. hat in seinem Gutachten insoweit schlüssig dargelegt, dass die Überlebensprognose der Klägerin weder durch eine größere lokale Operation noch durch eine diagnostische oder elektive Lymphknotenexstirpation/-dissektion zu verbessern wäre. Außerdem ist Gegenstand des vorliegenden Streits keine (weitere) operative Heilbehandlung, sondern eine adjuvante Heilbehandlung durch Anwendung eines zellulären Arzneimittels zur Metastasenprophylaxe.
82 
Hinsichtlich der bei der Klägerin durch PD Dr. G. (ärztlich) angewandten Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen besteht eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
83 
Der Anspruch des Versicherten auf Gewährung ärztlicher Behandlung (§§ 27, 28 SGB V) als Sachleistung im Wege der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (bzw. jetzt nach Maßgabe des § 2 Abs. 1a SGB V) erfordert nach der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG nicht, dass die begehrte Behandlungsmethode bereits als Standard etabliert ist und dass ihre Wirksamkeit durch größere kontrollierte oder belastbare Studien (bereits) bewiesen ist oder dass sie Eingang in die klinische Routine gefunden hat; die entsprechenden Postulate im MDK-Gutachten des Dr. G. vom 08.10.2009 und auch im MDK-Gutachten des Dr. B. vom 12.05.2010 sowie im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. sind zu eng und so mit den verfassungsgerichtlichen Maßgaben der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs nicht vereinbar. Ein grundrechtsfundierter (bzw. in § 2 Abs. 1a SGB V verankerter) Leitungsanspruch ist auch nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die zuständige medizinische Fachgesellschaft - hier die Deutsche Krebsgesellschaft - die in Rede stehende Behandlungsmethode nicht als Therapie empfiehlt. Empfehlungen dieser Art haben tatsächliches Gewicht, jedoch keine den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nahekommende Ausschlusswirkung. Davon abgesehen hat die Deutsche Krebsgesellschaft die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen in ihrer Stellungnahme vom 03.11.2011 zur Therapie von Tumorpatienten mit onkologischen Viren auch nicht allgemein abgelehnt, sondern darauf verwiesen, dass hinsichtlich der onkologischen Virentherapie - die der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen entspricht - bei in der Regel sehr guter Verträglichkeit in einzelnen Fällen eine gute Wirksamkeit dokumentiert worden ist. Bedenken werden vor allem in Hinblick auf (derzeit nicht) auszuschließende negative Auswirkungen geäußert. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt die in Rede stehende Behandlung - immerhin - im Rahmen klinischer Studien. Ungeachtet des negativen Tenors sind der genannten Empfehlung damit - worauf alleine es für die Gewährung eines grundrechtsfundierten Leistungsanspruchs ankommt - (sogar) Indizien für eine nicht ganz fern liegende positive Wirkung der dendritischen Zellbehandlung zu entnehmen. Hinzukommt als weiteres stützendes Indiz, dass - so Prof. Dr. K. in seinem Gutachten - in fast allen von ihm gesichteten Studien zur Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen von einem klinischen Ansprechen bei einem Teil der Patienten berichtet wird mit Ansprechraten bei der Tumorentität Melanom von wenigen Prozent bis (immerhin) 30 %; in 14 von 46 Studien wird sogar über komplette Remissionen, die auch andere Tumorentitäten (wie Nierenzellkarzinom oder Lymphom) betreffen, berichtet. Dass es sich bei diesen Studien in der großen Mehrheit um Phase-I/II-Studien mit in der Regel bis zu 30 Patienten handelt, ist unerheblich. Im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs kommt es nicht auf einen - möglichst weitgehenden - Wirksamkeitsnachweis, sondern nur darauf an, ob eine nicht ganz fern liegende Aussicht wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auf (bloße) Indizien gestützt werden kann. Außerdem liegen (immerhin) 2 randomisierte Phase-III-Studien zur Behandlung des Prostatakarzinoms mit dendritischen Zellen vor. Der indiziellen Wirkung der von Prof. Dr. K. angeführten Studienergebnisse wird man nicht ohne Weiteres die Unterschiede der Tumorentitäten entgegenhalten dürfen, nachdem die Beklagte hinsichtlich der etablierten Behandlungsmethoden ebenfalls einen Analogschluss von der Wirksamkeit der Interferontherapie beim kutanen Melanom auf eine entsprechende Wirksamkeit beim Schleimhautmelanom vornimmt und „Analogbehandlungen“ - so Prof. Dr. H. in seinem MDK-Gutachten - in der Onkologie auch bei anderen seltenen Tumorarten praktiziert werden.
84 
Bei dieser Sachlage kann der an einer schweren Krebserkrankung leidenden Klägerin die Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen ohne Grundrechtsverstoß nicht als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung versagt werden, zumal - wie Prof. Dr. K. in Einklang mit der Deutschen Krebsgesellschaft dargelegt hat - (nur) mit eher milden Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Die begehrte Behandlungsmethode enthält als Krebsbehandlung mit zellulären Arzneimitteln im Rahmen neuartiger Therapien (vgl. §§ 4 Abs. 9, 4b AMG) keine „unseriösen“ Heilungsversprechen, für deren Kosten die Versichertengemeinschaft nicht aufzukommen braucht, stellt vielmehr eine (seriöse) ärztliche Behandlungsmethode dar, der Prof. Dr. K. als Koordinator des Hautkrebszentrums der Universitätsklinik E. bei der Krebserkrankung der Klägerin in der Summe ein viel höheres Potenzial als den unspezifischen Immuntherapien mit Interferon oder Yervoy beimisst. Die Beklagte und ersichtlich auch der MDK werden mit ihrer (zu engen) Auffassung den besonderen Leistungsanforderungen, die den gesetzlichen Krankenkassen nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung aus den Grundrechten der Versicherten erwachsen, im vorliegenden Fall nicht ausreichend gerecht (anders etwa LSG Hessen, Beschl. v. 28.03.2013, - L 8 KR 68/13 ZVW - ; LSG, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; zum Recht der beamtenrechtlichen Beihilfe etwa VGH Baden-Württemberg Urt. v. 14.07.2010, - 11 S 2730/09 -). Der Senat sieht sich mit dieser Rechtsprechung im Wesentlichen in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 26.2.2013, - 1 BvR 2045/12 -; zum Recht der privaten Krankenversicherung etwa BGH, Urt. v. 30.10.2013, - IV ZR 307/12 -).
b).
85 
Die auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachtenden Maßgaben des Arzneimittelrechts stehen der Leistungsgewährung nicht entgegen.
86 
Hinsichtlich der Herstellung der bei der Klägerin durch PD Dr. G. im mehreren Behandlungszyklen applizierten dendritischen Zellen als zelluläres Arzneimittel für neuartige Therapien (§§ 4 Abs. 9, 4b AMG) ist, wie der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. K. entnimmt, ein übliches Verfahren angewendet worden. Dass es keinen allgemein Herstellungsstandard gibt, ist nicht maßgeblich. Die Einwendungen im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H., der offenbar die angewandte Herstellungsmethode in ihrer Eigenart nicht hat nachvollziehen können, sind daher nicht berechtigt. Dass die Firma C. die dendritischen Zellen unter Verletzung des Arzneimittelrechts hergestellt und in Verkehr gebracht hätte, ist von der Beklagten letztendlich nur behauptet worden; stichhaltige Anhaltspunkte hierfür bestehen - auch im Hinblick auf das eingangs dargestellte - Übergangsrecht für Arzneimittel für neuartige Therapien nicht. Wie die Firma C. unter dem 27.02. 2014 mitgeteilt hat, hat sie die Herstellung dendritischer Zellen im April 2012 eingestellt. Die Herstellung dendritischer Zellen wird nunmehr von dem Labor Dr. G. vorgenommen. Die abschließende Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde über die von der Firma C. seinerzeit beantragte Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG ist offenbar nicht ergangen, so dass es für die streitige Zeit (2009, 2010) bei der Anwendung des Übergangsrechts (insbesondere § 144 Abs. 1 AMG) bleibt. Die Beklagte kann den grundrechtsfundierten Leistungsanspruch der Klägerin nicht unter Hinweis auf (verfahrensrechtliche) arzneimittelrechtliche Anforderungen an die Herstellung und Anwendung der bei der Klägerin applizierten dendritischen Zellen abwehren, nachdem insoweit sachliche Bedenken, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, nicht bestehen und auch weder von der Beklagten noch vom MDK (substantiiert) geltend gemacht werden.
3.)
87 
Die übrigen Voraussetzungen des von der Klägerin verfolgten Erstattungsbegehrens sind erfüllt. Die Klägerin hat die Behandlungskosten nach Maßgabe der Rechnungen des PD Dr. G. gezahlt und dessen Zahlungsanspruch erfüllt. Bedenken hinsichtlich der Höhe der Kosten sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.
88 
Insgesamt erweisen sich damit der Bescheid der Beklagten vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 sowie der Bescheid vom 06.08.2009 als rechtswidrig. Diese Bescheide können damit ebenso wenig Bestand haben wie das Urteil des SG. Der Berufung der Klägerin war in vollem Umfang stattzugeben.
IV.
89 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
90 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Gründe

 
55 
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem geltend gemachten Erstattungsbetrag von über 12.000 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet. Die Beklagte hat die Erstattung der Aufwendungen der Klägerin für die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht abgelehnt.
56 
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte der Klägerin 12.601,79 EUR zu erstatten hat, die die Klägerin der Firma C. auf deren Rechnungen vom 16.07.2009, 22.02.2010 und 16.12.2010 gezahlt hat. Die Erstattung des Betrags der Rechnung vom 16.07.2009 war bereits Gegenstand des Bescheids vom 06.08.2010. Ob der Widerspruch gegen diesen Bescheid tatsächlich von der Klägerin am 08.10.2009 fernmündlich zurückgenommen wurde und ob ein nicht weiter bestätigter Telefonvermerk eines Mitarbeiters der Beklagten ausreicht, das Widerspruchsverfahren einzustellen, kann offenbleiben. Da die Klägerin mit dem eingereichten Schreiben vom 09.02.2010 die Übernahme der gesamten Kosten der bisherigen Behandlung mit dendritischen Zellen verlangt hat, bezieht sich der Bescheid vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 nicht nur auf die Rechnungen vom 22.02.2010 und 16.12.2010, sondern auch auf die Rechnung vom 16.07.2010. Jedenfalls der Widerspruchsbescheid vom 28.09.2010 enthält eine abschließende Stellungnahme der Beklagten zum gesamten Behandlungskomplex mit dendritischen Zellen als Folge des im Juni 2009 operativ entfernten Schleimhautmelanoms der Klägerin. Das SG hat deshalb zu Recht in diesen Bescheiden eine inzidente Ablehnung eines Antrags nach § 44 SGB X in Bezug auf den Bescheid vom 06.08.2009 gesehen. Die Beklagte hat die erneute Überprüfung des Bescheids nach § 44 SGB X durch den Senat im Berufungsverfahren auch nicht in Frage gestellt.
I.
57 
Rechtsgrundlage des mit Klage und Berufung verfolgten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift sieht in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urt. v. 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -).
58 
Der hier allein in Betracht kommende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und grundsätzlich auch einen Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten voraus. Die rechtswidrige Ablehnung der Leistung scheidet für solche (selbst beschaffte) Leistungen von vornherein aus, die von den Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung nicht zu erbringen sind. Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V reicht nämlich nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Der Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und Leistungsbeschaffung durch den Versicherten fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urt. v. 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V).
59 
§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V darf nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 19.03.2009 - 1 BvR 316/09) nicht in der Weise ausgelegt werden, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt. Dies gilt erst recht, wenn - wie nachstehend aufgezeigt - bei grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts des SGB V ein Anspruch auf Behandlung mit dendritischen Zellen besteht, den die Beklagte von Anfang an als Sachleistung hätte gewähren müssen und den sie in der Folge zu Unrecht abgelehnt hat. Bei der Rechtsanwendung im Einzelfall müssen dann die grundrechtlichen Maßgaben insbesondere des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes berücksichtigt werden, namentlich, wenn erhebliche und nicht wiedergutzumachende Schäden für Leib und Leben drohen (Art. 2 Abs. 2 GG) und der Versicherte deswegen existentielle Leistungen der Krankenversicherung begehrt. Auch insoweit gilt, dass sich das Gericht (genauso wie die Krankenkasse) schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B - zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung). Das verbietet es, im Einzelfall überzogene und damit unverhältnismäßige Verfahrenserfordernisse nicht nur für den Zugang des Versicherten zu den Leistungen der Krankenkasse, sondern auch für die Selbstbeschaffung einer Leistung und die Erstattung der hierfür entstandenen Aufwendungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 SGB V aufzustellen. Gerade in den Fällen des § 2 Abs. 1a SGB V, also bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden bzw. wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen wird es daher vielfach genügen müssen, wenn der Versicherte sich mit seinem Leistungsbegehren unverzüglich an die Krankenkasse wendet und dieser daher jedenfalls eine zeitnahe Prüfung ermöglicht wird. Einzelheiten des Beschaffungswegs werden dann für den Erstattungsanspruch keine ausschlaggebende Rolle spielen können, vielmehr wird die Krankenkasse und im Streitfall das Gericht zu prüfen haben, ob das Erstattungsverlangen in der Sache berechtigt ist.
II.
60 
Rechtsgrundlage des dem Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegenden Leistungsanspruchs auf Gewährung ärztlicher Behandlung ist § 27 Abs. 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB V) auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB V). Der Anspruch auf Krankenbehandlung bzw. Arzneimittelversorgung unterliegt den für alle Leistungsansprüche (§ 11 SGB V) geltenden allgemeinen Maßgaben der §§ 2, 12 SGB V. Gem. § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Versicherten erhalten die ihnen danach zustehenden Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB V nichts anderes vorsieht.
1.)
61 
Bei der Versorgung der Versicherten mit ärztlicher Heilbehandlung ist hinsichtlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Senatsurteil vom 30.8.2006, - L 5 KR 281/06 -). Die Sperrwirkung des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfasst „Methoden“, also Maßnahmen, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandt werden (BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -); dazu können ggf. auch über die bloße Verabreichung von Arzneimitteln hinausgehende Pharmakotherapien zählen.
62 
Neu ist eine Behandlungsmethode zunächst dann, wenn sie erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V - also erst in der Zeit seit dem 01.01.1989 - als kassen- bzw vertragsärztliche Behandlungsmethode praktiziert worden ist. Neu ist auch eine Behandlungsmethode, für die eine entsprechende Leistungsposition im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) zunächst nicht bestand, diese vielmehr erst später - nach dem 01.01.1989 - in das Leistungsverzeichnis des EBM-Ä aufgenommen wurde (zur Maßgeblichkeit des EBM auch BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -). Nach diesen Abgrenzungen ist bei Arzneitherapien - bei Arzneimitteln ist kein Raum für die Schaffung einer Leistungsposition im EBM-Ä - darauf abzustellen, ob sie schon vor dem 01.01.1989 oder erst nach dem 01.01.1989 praktiziert wurden. Wurden sie schon vorher praktiziert, so sind sie nicht neu; dann käme nur eine Überprüfung nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V in Betracht, wonach die Verordnungsfähigkeit erst ausgeschlossen wäre, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Behandlungsmethode ausdrücklich für unvereinbar mit den Erfordernissen des § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V erklärt hatte (BSG; Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -). Eine Behandlungsmethode kann auch dann als „neu“ zu beurteilen und deshalb der besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein, wenn sie sich aus einer neuartigen Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (BSG; Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -).
63 
Näheres zur Arzneimittelversorgung der Versicherten ist in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt. Danach besteht Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Der (krankenversicherungsrechtliche) Arzneimittelbegriff in §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 SGB V knüpft an den (verwaltungsrechtlichen) Arzneimittelbegriff des AMG an. Dieser ist in der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AMG festgelegt; weitere Begriffsbestimmungen enthält § 4 AMG. Gem. § 2 Abs. 1. AMG sind Arzneimittel (u.a.) Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Krankheiten zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen; Stoffe in diesem Sinne sind gem. § 3 Nr. 3 AMG auch menschliche Stoffwechselprodukte in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, also auch Blut und Blutplasma (Rehmann, AMG § 3 Rdnr. 2). Gem. § 4 Abs. 2 AMG sind Blutzubereitungen Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten. § 4 Abs. 9 AMG (i. d. F. des Gesetzes v. 17.07.2009, BGBl. I, S. 1990, gültig ab 23.07.2009) bestimmt, dass (u.a.) somatische Zelltherapeutika (i. S. d. in dieser Vorschrift genannten EG-Verordnungen) Arzneimittel für neuartige Therapien sind. Das aus dem Blut des Patienten durch Beladung mit Antigenen hergestellte Präparat mit dendritischen Zellen stellt ein (zelluläres) Arzneimittel (Blutzubereitung bzw. somatisches Zelltherapeutikum nach § 4 Abs. 2, 9 AMG) dar (vgl. dazu auch etwa OLG München, Urt. v. 16.11.2005, - 20 U 3950/05 - sowie DÖSGHO-Jahrestagung, veröffentlicht unter www://haematologie-onlologie.universimed.com/artikel). Damit unterliegt die Herstellung dendritischer Zellen und deren Anwendung im Rahmen der Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V den Maßgaben des Arzneimittelrechts.
64 
Hinsichtlich der Herstellung dendritischer Zellen ist gem. § 20b Abs. 1 und 4 AMG (eingeführt durch Gesetz v. 20.07.2007, BGBl. I. S. 1574 zum 01.08.2007) im Grundsatz eine behördliche Erlaubnis notwendig. Hinsichtlich der Arzneimittel für neuartige Therapien nach § 4b AMG (eingeführt durch Gesetz v. 17.07.2009, a. a. O. zum 23.07.2009), also für Arzneimittel, die als individuelle Zubereitung für einen einzelnen Patienten ärztlich verschrieben, nach spezifischen Qualitätsnormen nicht routinemäßig hergestellt und in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung unter der fachlichen Verantwortung eines Arztes angewendet werden (§ 4b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AMG) sind in der (ebenfalls ab 23.07.2009 geltenden) Vorschrift des § 144 AMG Übergangsregelungen getroffen worden. Danach gilt (u.a.): Wer die in § 4b Abs. 1 AMG genannten Arzneimittel für neuartige Therapien am 23.07.2009 befugt herstellt und bis zum 01.012010 eine Herstellungserlaubnis beantragt, darf diese Arzneimittel bis zur Entscheidung über den gestellten Antrag weiter herstellen.
65 
Hinsichtlich des Inverkehrbringens dendritischer Zellen ist die für Fertigarzneimittel, wozu auch außerhalb der Apotheke gewerblich hergestellte Rezepturarzneimittel gehören (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG), gem. § 21 Abs. 1 AMG an sich notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung nicht erforderlich. Gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1a AMG bedarf es einer Zulassung nämlich nicht für Arzneimittel, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden; dies trifft auf das in Rede stehende zelluläre Arzneimittel zu. Nach näherer Maßgabe des § 21a Abs. 1 AMG kann demgegenüber ggf. eine Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde erforderlich sein (vgl. § 21a Abs. 1 Satz 3: Blutstammzellzubereitungen zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehenen Anwendung).
2.)
66 
Bei der Anwendung von Arzneimitteln können die Maßgaben des Arzneimittelrechts, insbesondere arzneimittelrechtliche Verkehrsverbote mit ihren Folgewirkungen für das Krankenversicherungsrecht (dazu näher etwa Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -: Botoxinjektion zur Blasenvergrößerung), und der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt für die Anwendung neuer ärztlicher Behandlungsmethoden gem. § 135 Abs. 1 SGB V gleichzeitig anzuwenden sein. Für die Abgrenzung der Pharmakotherapie durch bloße Verabreichung eines Arzneimittels - auch im Wege der Injektion - von der Pharmakotherapie als ärztliche Behandlungsmethode kommt es darauf an, welches Gewicht der ärztlichen Tätigkeit für den Therapieerfolg zukommt (vgl. näher BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -, LSG Baden-Württemberg, Urt. v. Urt. v. 15.5.2012, - L 11 KR 5817/10 -). Ist diese im Rahmen eines Zusammenspiels von ärztlicher Kunst und Arzneimittelgabe ebenso wichtig wie das Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes, liegt in jedem Fall eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausgehende ärztliche Behandlungsmethode vor. Die Anforderungen des Krankenversicherungsrechts sind dann ggf. im Erlaubnisverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu prüfen. Dessen krankenversicherungsrechtliche Prüfung kommt zur ggf. notwendigen arzneimittelrechtlichen Prüfung durch die hierfür zuständige Verwaltungsbehörde hinzu (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 R -). Für solche Pharmakotherapien besteht eine Leistungspflicht der Krankenkasse daher erst dann, wenn die aus dem Arzneimittelrecht folgenden leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen und die krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind, wenn also weder ein arzneimittelrechtliches Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche Erlaubnisvorbehalt das verwendete Arzneimittel erfasst (BSG Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 27/02 -; auch dazu Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -). Das gilt nach Auffassung des Senats für die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen als Anwendung eines zellulären Arzneimittels für neuartige Therapien i. S. d. § 4 Abs. 9 AMG. Dabei handelt es sich (wovon ersichtlich auch die Beteiligten ausgehen) nicht um die bloße Verabreichung eines Arzneimittels, sondern um eine ärztliche Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V.
3.)
67 
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt und des Fehlens einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein „Systemversagen“ vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Auch bei Krankheiten, die wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbar sind, muss die Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheiden (vgl. dazu BSGE 93,236).
68 
Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG können sich (ansonsten nicht bestehende) Leistungsansprüche darüber hinaus auch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts ergeben. In seinem Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.
69 
Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG Urt. v. 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung (oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit - BSG, Urt. v. 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht bei BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 15/08 R -) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr individuelle Notlage gegeben sein, wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschl. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -).
70 
Diese Grundsätze sind auf die Arzneimittelversorgung übertragen worden. Sie können ggf. einen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln begründen, die arzneimittelrechtlich noch gar nicht oder nicht für den in Rede stehenden Anwendungsbereich zugelassen sind. Ergänzend hat das BSG - im Hinblick auf die Versorgung mit Arzneimitteln - aber dargelegt, dass an das Krankheits-Kriterium (im Sinne der vorstehend unter 1. genannten Voraussetzung) strengere Anforderungen zu stellen sind als an das Kriterium der schwerwiegenden Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use (vgl. BSG, Urt. v. 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -; auch BSG, Urt. v. 13.10.2010, - B 6 KA 48/09 R -).
71 
In der seit 01.01.2012 geltenden Vorschrift des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V hat der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG entwickelten Rechtgrundsätze zu grundrechtsfundierten Leistungsansprüchen in das SGB V aufgenommen. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende, insbesondere also eine in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (noch) nicht entsprechende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung festgestellt. Für Auslegung und Anwendung des § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V sind die Maßgaben der genannten Rechtsprechung des BVerfG und des BSG heranzuziehen (Senatsurteil vom 14.03.2012, - L 5 KR 5406/11 -).
III.
72 
Davon ausgehend steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von PD Dr. G. in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführte Behandlung mit dendritischen Zellen zu. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V sind erfüllt. Die Klägerin hat den in dieser Vorschrift vorgesehenen Beschaffungsweg eingehalten (unten 1). Die Beklagte hat die von der Klägerin selbstbeschaffte Leistung auch zu Unrecht abgelehnt (unten 2). Auch die Übrigen Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind erfüllt (unten 3).
1.)
73 
Die Klägerin hat sich die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen durch PD Dr. G. ohne Missachtung des in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Beschaffungswegs selbst beschafft. Die Frage nach der Einhaltung des Beschaffungswegs kann sich dabei nur auf die Rechnungen beziehen, die vor der grundsätzlichen Ablehnungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 06.08.2009 ergangen sind, das ist hier allein die Rechnung vom 16.07.2009. Die Klägerin hat nämlich mit ihrem Antrag vom 09.07.2009 initial für die gesamte Behandlung mit dendritischen Zellen den Antrag auf Kostenfreistellung bei der Beklagten gestellt; das genügt (BSG Urt. v. 07.05.2013 - B 1 KR 44/12 R - Juris Rn 30). Eine Beschränkung lediglich auf die im Juli 2009 angefallenen Kosten lässt sich diesem Antrag nicht entnehmen. Im Übrigen stellen sich die einzelnen Behandlungszyklen als unselbständige (Teil-)Leistungen der auf die Verhinderung der Metastasenbildung gerichteten adjuvanten Behandlung der Klägerin nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes dar, weshalb es mit dem (rechtzeitigen) Herantragen des Leistungsbegehrens an die Beklagte hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus sein Bewenden haben muss.
74 
Die Klägerin, die an einem im Juni 2009 diagnostizierten Schleimhautmelanom und damit - wie Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 03.02.2012 dargelegt hat - an einer seltenen Untergruppe des Melanoms mit wesentlich schlechterer Prognose als das Hautmelanom (kutane Melanom) leidet, ist am 05.06.2009 und am 13.07.2009 durch Exzision des Tumors und Nachresektion operativ behandelt worden. Die (weitere) Behandlung mit dendritischen Zellen ist danach im Juli 2009 aufgenommen und in mehreren Behandlungszyklen durchgeführt worden. Die Klägerin hat sich - hinsichtlich des ersten Behandlungszyklus - erstmals am 09.07.2009, also noch vor der operativen Tumornachresektion am 13.07.2009, wegen einer sich an die operative Therapie anschließenden (adjuvanten) Nachbehandlung mit dendritischen Zellen (zur Metastasenprophylaxe) an die Beklagte gewandt und die Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung beantragt. Sie hat sich nicht von vornherein außerhalb des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt, um sich von dort ohne weitere Prüfung durch die Krankenkasse eine vom Leistungskatalog nicht umfasste Behandlungsleistung zu verschaffen, sondern sie hat die Beklagte nach Lage der Dinge unverzüglich mit dem Leistungsbegehren konfrontiert und eine zeitnahe Prüfung ermöglicht. Dass mit der Herstellung der dendritischen Zellen wenige Tage vor Antragstellung - am 07.07.2009 - begonnen worden ist, ist demgegenüber unschädlich, ohne dass es noch darauf ankäme, ob man den Behandlungsbeginn der dendritischen Zelltherapie auf diesen Tag oder den Tag der erstmaligen Verabreichung der dendritischen Zellen festzulegen hätte. Angesichts der Gefahr einer Metastasierung der schweren Krebserkrankung und der damit verbundenen Todesgefahr ist es im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin auf Leben und Gesundheit bzw. die daraus folgenden Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu vereinbaren, ihr zur Vermeidung einer etwaigen Kostenbelastung vor der Aufnahme der in Rede stehenden Behandlung zur Metastasenprophylaxe auch das Abwarten einer (Ablehnungs-)Entscheidung der Beklagten abzuvE. (ebenso BSG Urt. v. 12.09.2012 - B 3 KR 20/11 R - Juris Rn 12 für den Fall einer verzögerten Entscheidung über eine Hilfsmittelgewährung), zumal angesichts der zu erwartenden Einschaltung des MDK mit einem länger dauernden Verwaltungsverfahren zu rechnen gewesen ist. Bei dieser Sachlage kommt es nicht in Betracht, den geltend gemachten Erstattungsanspruch schon wegen der Einzelheiten des Beschaffungsvorgangs abzulehnen, vielmehr ist eine Sachprüfung erforderlich.
2.)
75 
Die Beklagte hat die Gewährung der beantragten Behandlung mit dendritischen Zellen zu Unrecht abgelehnt. Die Beklagte hätte der Klägerin die in Rede stehende Behandlung nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs als Sachleistung gewähren müssen (unten a). Vorschriften des Arzneimittelrechts stehen dem nicht entgegen (unten b).
a.)
76 
Die Klägerin hatte Anspruch auf die Behandlung ihrer Krebserkrankung mit dendritischen Zellen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
77 
Bei der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode i. S. d § 135 Abs. 1 SGB V; für diese ärztliche Leistung ist eine Leistungsposition im EBM nicht vorhanden. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses existiert nicht. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist mit der hier streitigen Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen auch nicht befasst, wie er gegenüber dem Senat mit Schreiben vom 13.03.2014 dargelegt hat. Anhaltspunkte für ein so genanntes Systemversagen liegen nicht vor (Senatsbeschluss vom 16.05.2011, - L 5 KR 970/11 ER-B -). Bei dem Schleimhautmelanom, an dem die Klägerin leidet, handelt es sich zwar um eine seltene Untergruppe des Melanoms, jedoch nicht um eine wegen ihrer Seltenheit systematisch gar nicht erforschbare Krankheit. Hierüber herrscht unter den Beteiligten ersichtlich kein Streit. Danach kommt ein Leistungsanspruch nur nach Maßgabe der vom BVerfG (Beschl. v. 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -) vorgenommenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (jetzt: § 2 Abs. 1a SGB V) in Betracht. Die in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt.
78 
Die Klägerin leidet (unstreitig) an einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Das Schleimhautmelanom, an dem sie erkrankt ist, hat, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, eine äußerst schlechte und (noch) ungünstigere Überlebensprognose als das kutane Melanom (der Haut) mit einer mittleren Überlebenszeit von 10 bis 13 Monaten. Über 90% der Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren. Entgegen der Auffassung der Beklagten (und des MDK, etwa Gutachten des Dr. G. vom 05.10.2009) scheitert die Leistungsgewährung auch nicht am Erfordernis einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage. Das BVerfG hat hierfür ersichtlich stets auf den Einzelfall abgestellt und eine rein zeitliche Betrachtung nicht vorgenommen, etwa auch ausreichen lassen, dass in Sonderfällen der Tod voraussichtlich erst in einigen Jahren eintreten wird (Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -). Auch die Unterscheidung zwischen einer adjuvanten und einer kurativen Behandlungssituation, auf die sich der MDK stützen will, ist für die hier maßgebliche grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Behandlung mit dendritischen Zellen hat nach der operativen Entfernung des Tumorgewebes zum Ziel, die Bildung von Metastasen zu verhindern. Nur dann besteht Aussicht auf eine Heilung der Krebserkrankung. Sind demgegenüber Metastasen aufgetreten, bestehen praktisch keine aussichtsreichen Behandlungsmöglichkeiten mehr und es muss mit einem (baldigen, innerhalb von Monaten eintretenden) Tod des Patienten gerechnet werden. Der Senat entnimmt dies dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. K.. Danach liegt die (sehr) schlechte Prognose des Schleimhautmelanoms (u.a.) daran, dass es rasch zu Fernmetastasen kommt. Ist es dazu gekommen, besteht allenfalls noch eine Therapieoption durch Yervoy, was aber nur bei maximal 10% der Patienten einen längeren Nutzen hat (mit schweren Nebenwirkungen bei 30% der Patienten). Bei dieser Sachlage gibt es keine Zwischenzeit zwischen der operativen Entfernung des Tumorgewebes und dem jedenfalls im Stadium der Heilungsbewährung stattfindenden Auftreten von Metastasen, während der die für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs notwendige individuelle Notlage naher Lebensgefahr nicht bestünde und während der zunächst das ohne adjuvante Therapie (erst recht) zu erwartende Auftreten von Metastasen abzuwarten wäre. Die vorliegende Fallgestaltung ist nach Ansicht des Senats mit der Fallgestaltung eines Prostatakarzinoms im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen (vgl. BSG, Urt. v. 04.04.2006, - B 1 KR 12/05 R -) nicht vergleichbar. Der These, eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs sei auf die Situation der Rezidivprophylaxe nicht anwendbar (vgl. etwa LSG Schleswig- Holstein, Urt. v. 08.09.2011, L 5 KR 97/10 -), kann sich der Senat jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht anschließen; sie findet in der Rechtsprechung des BVerfG keine ausreichende Stütze.
79 
Damit ist vorliegend letztendlich ausschlaggebend, ob für die - konkrete - Erkrankung der Klägerin eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht, und, wenn dies nicht festgestellt werden kann, ob für die bei ihr angewandte Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen eine durch Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Da für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs die Grundrechte des jeweiligen Versicherten und die diesem bei Verweigerung der Leistung im Einzelfall drohenden Grundrechtseingriffe bzw. Grundrechtsverletzungen maßgeblich sind, findet eine vom Einzelfall gelöste abstrakte Betrachtung, etwa im Sinne einer abstrakten wissenschaftlich-medizinischen Methodendiskussion, nicht statt.
80 
Für die adjuvante Therapie des Schleimhautmelanoms der Klägerin steht nach Auffassung des Senats eine allgemein anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende und die Anwendung der in Rede stehenden Alternativtherapie verdrängende Behandlungsmethode nicht zur Verfügung. Die Beklagte verweist (gestützt auf das MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) auf eine Interferonbehandlung, die man als eine Art „Analogbehandlung“ entsprechend der Behandlung des kutanen Melanoms auch beim (mit dem kutanen Melanom tumorbiologisch jedoch nicht ohne Weiteres gleichzusetzenden) Schleimhautmelanom anwenden könne. Die Wirksamkeit einer solchen Therapie wird aber - wenn auch gestützt durch eine von Prof. Dr. H. angeführte Phase-II-Studie in den USA - nur vermutet. Demgegenüber hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass es eine wirksame adjuvante Therapie zur Verhinderung einer Fernmetastasierung beim Schleimhautmelanom nicht gibt und darauf verwiesen, dass Patienten mit Schleimhautmelanomen von den Interferonstudien (gerade) ausgeschlossen werden. Die Erfahrungen mit der mangels Alternativen notgedrungen eingesetzten Interferon- und Chemotherapie hat Prof. Dr. K. als unbefriedigend eingestuft; sie würden nur „anekdotenhaft“ in Übersichtsarbeiten erwähnt. In der Literatur findet sich - so Prof. Dr. K. - keine einzige Publikation, die über eine wirksame adjuvante Therapie beim Schleimhautmelanom berichtet.
81 
Prof. Dr. H. hat im MDK-Gutachten vom 16.07.2012 der Auffassung des Prof. Dr. K. im Kern zugestimmt und ebenfalls dargelegt, dass es eine zugelassene adjuvante Therapie zur Verhinderung von Fernmetastasen beim anorektalen Melanom (dem Schleimhautmelanom der Klägerin) nicht gibt. Hierfür bestehen - so Prof. Dr. H. - nahezu keine gesicherten Erkenntnisse. Es finden sich vielmehr nur - und seien es auch deutliche - Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, dass Patienten mit anorektalem Melanom in Analogie zu Patienten mit kutanem Melanom behandelt werden, wie es in der Onkologie auch bei anderen Tumorentitäten gehandhabt wird. Der Erfolg der letztendlich auf die Vermutung einer (tumorbiologischen) Vergleichbarkeit des Schleimhautmelanoms mit dem kutanen Melanom gestützten Interferonbehandlung ist im Übrigen schon beim kutanen Melanom sehr gering; weniger als 10% der Patienten haben davon einen Nutzen. Insgesamt besteht daher nach der überzeugenden Auffassung des Prof. Dr. K. für die Wirksamkeit der der Klägerin im Tumorboard des Comprehensive Cancer Center U. vorgeschlagenen Interferontherapie beim Schleimhautmelanom jeglicher Anhalt und es muss auf der Grundlage der publizierten Erfahrungen davon ausgegangen werden, dass ihr eine Interferontherapie keinen Nutzen gebracht hätte. Sie kann damit nicht auf diese Therapie als Standardtherapie verwiesen werden. Dem ist im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. nichts wirklich Überzeugendes entgegengesetzt. Prof. Dr. H. hat sich der Sache nach mit einer eher vom Erkrankungsfall der Klägerin abstrahierenden Methodendiskussion befasst, etwa indem er es als gültige Lehrmeinung bezeichnet, Patienten mit malignen Melanomen (in einem bestimmten Stadium) eine adjuvante Interferontherapie unter sorgfältiger Abwägung und Aufklärung anzubieten; damit wird nicht ausreichend klar auf den Behandlungsfall der Klägerin eingegangen. Die Schlussfolgerung des Prof. Dr. H., für diese stehe mit der Interferontherapie - und das auch nur grundsätzlich - eine Standardtherapie zur adjuvanten Behandlung des malignen Melanoms zur Verfügung, ist im Kern zu allgemein gehalten. Der Senat kann ihr angesichts der überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. K., denen sich Prof. Dr. H. in wesentlichen Teilen auch angeschlossen hat, nicht folgen. Die Klägerin ist auch nicht auf eine weitere Operation, etwa die Entfernung von Wächterlymphnoten (MDK-Gutachten des Prof. Dr. H.) zu verweisen. Prof. Dr. K. hat in seinem Gutachten insoweit schlüssig dargelegt, dass die Überlebensprognose der Klägerin weder durch eine größere lokale Operation noch durch eine diagnostische oder elektive Lymphknotenexstirpation/-dissektion zu verbessern wäre. Außerdem ist Gegenstand des vorliegenden Streits keine (weitere) operative Heilbehandlung, sondern eine adjuvante Heilbehandlung durch Anwendung eines zellulären Arzneimittels zur Metastasenprophylaxe.
82 
Hinsichtlich der bei der Klägerin durch PD Dr. G. (ärztlich) angewandten Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen besteht eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
83 
Der Anspruch des Versicherten auf Gewährung ärztlicher Behandlung (§§ 27, 28 SGB V) als Sachleistung im Wege der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs (bzw. jetzt nach Maßgabe des § 2 Abs. 1a SGB V) erfordert nach der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG nicht, dass die begehrte Behandlungsmethode bereits als Standard etabliert ist und dass ihre Wirksamkeit durch größere kontrollierte oder belastbare Studien (bereits) bewiesen ist oder dass sie Eingang in die klinische Routine gefunden hat; die entsprechenden Postulate im MDK-Gutachten des Dr. G. vom 08.10.2009 und auch im MDK-Gutachten des Dr. B. vom 12.05.2010 sowie im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H. sind zu eng und so mit den verfassungsgerichtlichen Maßgaben der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs nicht vereinbar. Ein grundrechtsfundierter (bzw. in § 2 Abs. 1a SGB V verankerter) Leitungsanspruch ist auch nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die zuständige medizinische Fachgesellschaft - hier die Deutsche Krebsgesellschaft - die in Rede stehende Behandlungsmethode nicht als Therapie empfiehlt. Empfehlungen dieser Art haben tatsächliches Gewicht, jedoch keine den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nahekommende Ausschlusswirkung. Davon abgesehen hat die Deutsche Krebsgesellschaft die Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen in ihrer Stellungnahme vom 03.11.2011 zur Therapie von Tumorpatienten mit onkologischen Viren auch nicht allgemein abgelehnt, sondern darauf verwiesen, dass hinsichtlich der onkologischen Virentherapie - die der Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen entspricht - bei in der Regel sehr guter Verträglichkeit in einzelnen Fällen eine gute Wirksamkeit dokumentiert worden ist. Bedenken werden vor allem in Hinblick auf (derzeit nicht) auszuschließende negative Auswirkungen geäußert. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt die in Rede stehende Behandlung - immerhin - im Rahmen klinischer Studien. Ungeachtet des negativen Tenors sind der genannten Empfehlung damit - worauf alleine es für die Gewährung eines grundrechtsfundierten Leistungsanspruchs ankommt - (sogar) Indizien für eine nicht ganz fern liegende positive Wirkung der dendritischen Zellbehandlung zu entnehmen. Hinzukommt als weiteres stützendes Indiz, dass - so Prof. Dr. K. in seinem Gutachten - in fast allen von ihm gesichteten Studien zur Krebsbehandlung mit dendritischen Zellen von einem klinischen Ansprechen bei einem Teil der Patienten berichtet wird mit Ansprechraten bei der Tumorentität Melanom von wenigen Prozent bis (immerhin) 30 %; in 14 von 46 Studien wird sogar über komplette Remissionen, die auch andere Tumorentitäten (wie Nierenzellkarzinom oder Lymphom) betreffen, berichtet. Dass es sich bei diesen Studien in der großen Mehrheit um Phase-I/II-Studien mit in der Regel bis zu 30 Patienten handelt, ist unerheblich. Im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs kommt es nicht auf einen - möglichst weitgehenden - Wirksamkeitsnachweis, sondern nur darauf an, ob eine nicht ganz fern liegende Aussicht wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auf (bloße) Indizien gestützt werden kann. Außerdem liegen (immerhin) 2 randomisierte Phase-III-Studien zur Behandlung des Prostatakarzinoms mit dendritischen Zellen vor. Der indiziellen Wirkung der von Prof. Dr. K. angeführten Studienergebnisse wird man nicht ohne Weiteres die Unterschiede der Tumorentitäten entgegenhalten dürfen, nachdem die Beklagte hinsichtlich der etablierten Behandlungsmethoden ebenfalls einen Analogschluss von der Wirksamkeit der Interferontherapie beim kutanen Melanom auf eine entsprechende Wirksamkeit beim Schleimhautmelanom vornimmt und „Analogbehandlungen“ - so Prof. Dr. H. in seinem MDK-Gutachten - in der Onkologie auch bei anderen seltenen Tumorarten praktiziert werden.
84 
Bei dieser Sachlage kann der an einer schweren Krebserkrankung leidenden Klägerin die Behandlung des Schleimhautmelanoms mit dendritischen Zellen ohne Grundrechtsverstoß nicht als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung versagt werden, zumal - wie Prof. Dr. K. in Einklang mit der Deutschen Krebsgesellschaft dargelegt hat - (nur) mit eher milden Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Die begehrte Behandlungsmethode enthält als Krebsbehandlung mit zellulären Arzneimitteln im Rahmen neuartiger Therapien (vgl. §§ 4 Abs. 9, 4b AMG) keine „unseriösen“ Heilungsversprechen, für deren Kosten die Versichertengemeinschaft nicht aufzukommen braucht, stellt vielmehr eine (seriöse) ärztliche Behandlungsmethode dar, der Prof. Dr. K. als Koordinator des Hautkrebszentrums der Universitätsklinik E. bei der Krebserkrankung der Klägerin in der Summe ein viel höheres Potenzial als den unspezifischen Immuntherapien mit Interferon oder Yervoy beimisst. Die Beklagte und ersichtlich auch der MDK werden mit ihrer (zu engen) Auffassung den besonderen Leistungsanforderungen, die den gesetzlichen Krankenkassen nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung aus den Grundrechten der Versicherten erwachsen, im vorliegenden Fall nicht ausreichend gerecht (anders etwa LSG Hessen, Beschl. v. 28.03.2013, - L 8 KR 68/13 ZVW - ; LSG, Urt. v. 12.01.2012, - L 5 KR 49/10 -; zum Recht der beamtenrechtlichen Beihilfe etwa VGH Baden-Württemberg Urt. v. 14.07.2010, - 11 S 2730/09 -). Der Senat sieht sich mit dieser Rechtsprechung im Wesentlichen in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 26.2.2013, - 1 BvR 2045/12 -; zum Recht der privaten Krankenversicherung etwa BGH, Urt. v. 30.10.2013, - IV ZR 307/12 -).
b).
85 
Die auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachtenden Maßgaben des Arzneimittelrechts stehen der Leistungsgewährung nicht entgegen.
86 
Hinsichtlich der Herstellung der bei der Klägerin durch PD Dr. G. im mehreren Behandlungszyklen applizierten dendritischen Zellen als zelluläres Arzneimittel für neuartige Therapien (§§ 4 Abs. 9, 4b AMG) ist, wie der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. K. entnimmt, ein übliches Verfahren angewendet worden. Dass es keinen allgemein Herstellungsstandard gibt, ist nicht maßgeblich. Die Einwendungen im MDK-Gutachten des Prof. Dr. H., der offenbar die angewandte Herstellungsmethode in ihrer Eigenart nicht hat nachvollziehen können, sind daher nicht berechtigt. Dass die Firma C. die dendritischen Zellen unter Verletzung des Arzneimittelrechts hergestellt und in Verkehr gebracht hätte, ist von der Beklagten letztendlich nur behauptet worden; stichhaltige Anhaltspunkte hierfür bestehen - auch im Hinblick auf das eingangs dargestellte - Übergangsrecht für Arzneimittel für neuartige Therapien nicht. Wie die Firma C. unter dem 27.02. 2014 mitgeteilt hat, hat sie die Herstellung dendritischer Zellen im April 2012 eingestellt. Die Herstellung dendritischer Zellen wird nunmehr von dem Labor Dr. G. vorgenommen. Die abschließende Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde über die von der Firma C. seinerzeit beantragte Erteilung einer Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG ist offenbar nicht ergangen, so dass es für die streitige Zeit (2009, 2010) bei der Anwendung des Übergangsrechts (insbesondere § 144 Abs. 1 AMG) bleibt. Die Beklagte kann den grundrechtsfundierten Leistungsanspruch der Klägerin nicht unter Hinweis auf (verfahrensrechtliche) arzneimittelrechtliche Anforderungen an die Herstellung und Anwendung der bei der Klägerin applizierten dendritischen Zellen abwehren, nachdem insoweit sachliche Bedenken, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. K. hervorgeht, nicht bestehen und auch weder von der Beklagten noch vom MDK (substantiiert) geltend gemacht werden.
3.)
87 
Die übrigen Voraussetzungen des von der Klägerin verfolgten Erstattungsbegehrens sind erfüllt. Die Klägerin hat die Behandlungskosten nach Maßgabe der Rechnungen des PD Dr. G. gezahlt und dessen Zahlungsanspruch erfüllt. Bedenken hinsichtlich der Höhe der Kosten sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.
88 
Insgesamt erweisen sich damit der Bescheid der Beklagten vom 20.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2010 sowie der Bescheid vom 06.08.2009 als rechtswidrig. Diese Bescheide können damit ebenso wenig Bestand haben wie das Urteil des SG. Der Berufung der Klägerin war in vollem Umfang stattzugeben.
IV.
89 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
90 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine selbst beschaffte augenärztliche Behandlung mit dem Arzneimittel Avastin (Wirkstoff Bevacizumab).

2

Die 1938 geborene Klägerin war bei der beklagten Krankenkasse (KK) bis zum 31.8.2008 versichert. Sie leidet an einer erheblichen Visuseinschränkung auf dem rechten Auge wegen rezidivierender Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem bei im Zeitraum 2006/2007 nahezu unbeeinträchtigtem Sehen auf dem linken Auge. Sie beantragte (14.9.2006), die Kosten für die intravitreale Injektion von Avastin zu übernehmen. Entsprechend einer Beurteilung von Prof. Dr. H. seien die Voraussetzungen eines Off-Label-Use von Avastin aufgrund eines diabetischen Makulaödems (zystoid persistierend) erfüllt. Avastin ist in Deutschland nur zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen zugelassen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 5.10.2006). Im November 2006, im Januar 2007 und im März 2007 ließ sich die Klägerin ärztlich intravitreal Avastin injizieren und wendete hierfür insgesamt 982,28 Euro auf. Ihr Überprüfungsantrag (12./15.10.2007) blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 18.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008). Das SG hat ihre Klage auf Kostenerstattung abgewiesen (Urteil vom 18.9.2008), das LSG ihre Berufung zurückgewiesen. Es fehle für einen Off-Label-Use an dem hierfür erforderlichen Wirksamkeitsnachweis. Es bestehe keine notstandsähnliche Situation und kein Seltenheitsfall (entsprechend BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 - Visudyne). Das Makulaödem trete eher häufig auf und sei deshalb erforschbar bzw sogar erforscht. Das Krankheitsbild der Klägerin könne von entsprechenden Studien "mit umfasst sein" (Urteil vom 25.5.2011).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V und mangelhafte Sachverhaltsaufklärung. Zu Unrecht habe das LSG das Vorliegen des Kostenerstattungsanspruchs verneint. Es handele sich bei der rezidivierenden Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem um einen die Therapie mit Avastin rechtfertigenden Seltenheitsfall. Dies sei bei einer Inzidenz von 5 auf 10 000 Personen anzunehmen.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 2011, das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 18. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 5. Oktober 2006 zurückzunehmen und ihr 982,28 Euro zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Denn die Klägerin hat gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung von 982,28 Euro Kosten dreier intravitrealer Injektionen von Avastin aus der hier allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage § 44 Abs 1 SGB X iVm § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 5 Nr 7 Buchst b SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001, BGBl I 1046; vgl dazu 1.). Der Klägerin steht kein Anspruch zu, weil die Avastin-Injektionen nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehören (vgl dazu 2.-5.).

8

1. Nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches - hier: § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20) - längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs 4 S 1 SGB X).

9

a) Es bedarf einer Einzelüberprüfung der Anspruchsvoraussetzungen trotz des zwischenzeitlich erfolgten Kassenwechsels der Klägerin. Zwar erlischt nach § 19 Abs 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft. Die Vorschrift findet auch bei einem Kassenwechsel Anwendung (vgl BSGE 99, 102 = SozR 4-2500 § 19 Nr 4 RdNr 12 mwN). Sie führt nach ihrem Sinn und Zweck aber nur zum Erlöschen der Naturalleistungspflicht der früheren Kasse (vgl BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34 RdNr 9 ff unter Aufgabe von BSGE 99, 220 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1 bzgl der Naturalleistungspflicht), nicht jedoch zum Erlöschen bereits entstandener Geldleistungsansprüche wie dem Anspruch auf Kostenerstattung für eine durch die bisherige KK zu Unrecht abgelehnte Leistung (vgl - dies stillschweigend voraussetzend - zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5; entsprechend zu höheren Krg-Ansprüchen zB BSG Urteil vom 10.5.2012 - B 1 KR 26/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; ausdrücklich für einen speziellen Fall BSGE 76, 45 = SozR 3-2500 § 29 Nr 2; vgl allgemein auch E. Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, Bd 1, Stand November 2011, § 13 SGB V RdNr 82 ff mwN; Helbig in JurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 13 SGB V RdNr 87).

10

b) Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 SGB X sind indes nicht erfüllt. Die Beklagte wandte weder das Recht unrichtig an noch ging sie von einem Sachverhalt aus, der sich als unrichtig erweist, als sie eine Kostenübernahme der Avastin-Injektionen für die Klägerin ablehnte (Bescheid vom 5.10.2006). Der Anspruch auf Kostenerstattung reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl nur BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 mwN - "Lorenzos Öl"). Es fehlt bereits an einem Naturalleistungsanspruch der Klägerin auf intravitreale Avastin-Injektionen.

11

Die Klägerin kann zwar nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V Krankenbehandlung verlangen, wenn sie notwendig ist, um ihre rezidivierende Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem des rechten Auges zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst neben der ärztlichen Behandlung ua auch die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V). Das Arzneimittel Avastin ist aber mangels Arzneimittelzulassung für die Erkrankung der Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig (dazu 2.). Es besteht auch kein Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu 3.), der grundrechtsorientierten Leistungsausweitung (dazu 4.) oder des Seltenheitsfalles (dazu 5.). Da die Klägerin schon das Arzneimittel Avastin nicht als Naturalleistung beanspruchen kann, kommt es auf die weiteren Fragen nicht an, ob intravitreale Injektionen wegen ihrer Besonderheiten (etwa: Eigenarten der Applikation unter Beachtung der Spezifika des Zielgebiets; erforderlicher Hygienestandard; erforderliche Sicherungen für den Fall von Komplikationen) grundsätzlich einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) bedürfen oder - als der Art nach bekannte Anwendungsform einer Pharmakotherapie - gerade nicht (vgl § 135 SGB V),und ob das Fehlen einer ausdrücklichen EBM-Position einem Leistungsanspruch entgegensteht, oder etwa nach dem Rechtsgedanken eines Systemversagens überspielt werden kann (vgl dazu zB BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 13 f mwN; Hauck, NZS 2007, 461).

12

2. Die Klägerin konnte von der Beklagten Versorgung mit Avastin nach den allgemeinen Grundsätzen nicht verlangen. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV grundsätzlich ungeachtet weiterer Einschränkungen (vgl §§ 31, 34 SGB V) nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1 SGB V) dagegen nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 S 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 ADHS/Methylphenidat).

13

So liegt es hier. Das begehrte Fertigarzneimittel Avastin ist zulassungspflichtig. Es ist weder in Deutschland noch EU-weit als Arzneimittel für die Indikation Vaskulitis mit sekundärer epiretinaler Membran und zystoidem Makulaödem oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet zugelassen, das die genannte Erkrankung mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

14

3. Die Klägerin konnte eine Versorgung mit Avastin auch im Rahmen eines Off-Label-Use zur Behandlung ihres Makulaödems auf Kosten der GKV weder nach § 35c SGB V noch nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung beanspruchen. Für einen Anspruch aus § 35c SGB V liegt - schon mit Blick auf seinen zeitlichen Anwendungsbereich - nichts vor. Entsprechend dem Rechtsgedanken der heute geltenden Anmerkung zu Abschnitt K Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) (AM-RL vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 19.1.2012, BAnz AT 30.4.2012 B 3, in Kraft getreten am 1.5.2012) bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist (vgl BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - juris RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

15

Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

16

An einer aufgrund der Datenlage begründeten Erfolgsaussicht fehlt es. Von hinreichenden Erfolgsaussichten im dargelegten Sinne ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden kann. Es müssen also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III mit Relevanz für die Erkrankung der Klägerin bisher nicht gekommen.

17

4. Die Klägerin konnte Avastin nach den Grundsätzen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung zu Lasten der Beklagten ebenfalls nicht verlangen. Der erkennende Senat wendet diese Rechtsfigur für Arzneimittel nur einschränkend unter Beachtung der verfassungskonformen Wertungen des AMG an (vgl zB BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - USK 2007 - 25 RdNr 18 ff; BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 10 RdNr 9 ff; BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 17 RdNr 9 ff; dementsprechend Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der GKV - GKV-Versorgungsstrukturgesetz - BR-Drucks 456/11 S 74). Eine grundrechtsorientierte Leistungsauslegung setzt ua zumindest voraus, dass Versicherte an einer Krankheit leiden, die mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung wertungsmäßig vergleichbar ist (vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31 - D-Ribose; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 mwN; vgl nunmehr auch § 2 Abs 1a SGB V idF durch Art 1 Nr 1 des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Hierzu zählt etwa der Fall einer drohenden Erblindung (vgl BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 31 mwN),nicht aber eine Krankheit unterhalb dieser Schwelle. So kann selbst zB eine hochgradige Beeinträchtigung der Sehfähigkeit nicht mit einer Erblindung auf eine Stufe gestellt werden (BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 13 - ICL). An einer so weitgehenden Betroffenheit der Klägerin fehlt es. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)besteht bei ihr eine erhebliche Visuseinschränkung alleine auf dem rechten Auge, während sie mit dem linken Auge nahezu unbeeinträchtigt sehen kann.

18

5. Die Klägerin konnte Avastin auch nach den Grundsätzen eines Seltenheitsfalles nicht beanspruchen. Der erkennende Senat hält im Kern an seiner bisherigen Rechtsprechung zu den Anforderungen an einen Seltenheitsfall (dazu a) entgegen den Einwendungen der Klägerin (dazu b) fest. Die Behandlung der Klägerin erfüllte die danach maßgeblichen Anforderungen für einen Leistungsanspruch nicht (dazu c).

19

a) Die Rechtsprechung des erkennenden Senats hat zu den Grundsätzen eines Seltenheitsfalles entschieden, dass ein Einzelimport eines Arzneimittels nach § 73 Abs 3 AMG ausnahmsweise zur Leistungspflicht der GKV führen kann, wenn das Mittel zur Behandlung einer einzigartigen Krankheit in einer außergewöhnlichen medizinischen Situation auf diesem Wege legal zu beschaffen ist(BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 23 ff - Visudyne). Hierzu darf das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar sein (vgl auch BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 14 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Leucinose). Allein geringe Patientenzahlen stehen einer wissenschaftlichen Erforschung nicht entgegen, wenn etwa die Ähnlichkeit zu weit verbreiteten Erkrankungen eine wissenschaftliche Erforschung ermöglicht (BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 31 - Visudyne). Das gilt erst recht, wenn - trotz der Seltenheit der Erkrankung - die Krankheitsursache oder Wirkmechanismen der bei ihr auftretenden Symptomatik wissenschaftlich klärungsfähig sind, deren Kenntnis der Verwirklichung eines der in § 27 Abs 1 S 1 SGB V genannten Ziele der Krankenbehandlung dienen kann. Die Art möglicher wissenschaftlicher Studien über den Nutzen eines Arzneimittels spiegelt sich ua wider - geordnet nach den Stufen erreichbarer Evidenz im Rahmen der heute gesetzlich gebotenen Bewertung des therapeutischen Nutzens - im 4. Kapitel in § 7 Verfahrensordnung des GBA(VerfO vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.06.2009, zuletzt geändert am 19.1.2012, BAnz Nr 36 S 915 vom 2.3.2012, in Kraft getreten am 1.2.2012).

20

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es demgegenüber ausgeschlossen, für die genannten Seltenheitsfälle allein auf die Häufigkeit einer Erkrankung abzustellen (vgl zum Unterschied zwischen einem Seltenheitsfall nach der Rechtsprechung des Senats und "seltenen Erkrankungen" iS des Unionsrechts bzw der Zuerkennung eines "orphan-drug"-Status bereits BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 2, 17 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 5, 14 - Idebenone; kritisch gegenüber der Senatsrechtsprechung Lelgemann/Francke, Bundesgesundheitsbl 2008, 509, 513 ff; vgl auch BSG Urteil vom 8.11.2011 - B 1 KR 20/10 R - juris RdNr 14 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Leucinose: Ursachen, Wirkungen und Therapiemöglichkeiten bekannt trotz einer Inzidenz von 1 auf 200 000 Geburten). Die Besonderheiten seltener Erkrankungen rechtfertigen es grds nicht, die Evidenzanforderungen an Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln für ihre Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV abzusenken. Es bestünde andernfalls die Gefahr, dass das für die Besonderheiten seltener Erkrankungen geschaffene differenzierte Zulassungssystem umgangen wird. Arzneimittelverwendung außerhalb der zugelassenen Indikationen bedeutet, Arzneimittel ohne die arzneimittelrechtlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheit und Qualität einzusetzen. Diese Kontrolle soll in erster Linie Patienten vor inakzeptablen unkalkulierbaren Risiken für die Gesundheit schützen. Ausnahmen kommen nur in engen Grenzen aufgrund einer Güterabwägung in Betracht, die der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegenwirkt (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 18 mwN - Idebenone; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 33 - Venimmun; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - USK 2007-25 = juris RdNr 21; BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 23 - Visudyne).

21

Eine Absenkung der genannten Evidenzanforderungen erschiene auch deshalb problematisch, weil sich das nationale GKV-Leistungsrecht in Widerspruch zu Wertungen des europäischen Zulassungsrechts für Arzneimittel setzen würde, insbesondere bei einer Ausdehnung der "Seltenheitsfälle" dem Zulassungsrecht für Arzneimittel seine praktische Wirksamkeit nehmen könnte (vgl im Hinblick auf die Unvereinbarkeit nationaler Regelungen mit dem - den notwendigen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dienenden - unionsrechtlichen Arzneimittelzulassungsrecht zuletzt EuGH Urteil vom 29.3.2012 C-185/10 Kommission/Polen - juris). Es widerspräche der Zielsetzung sowohl der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl L 311 vom 28.11.2001, S 67, zuletzt geändert durch Richtlinie 2011/62/EU vom 8.6.2011) als auch des deutschen Zulassungsrechts für Arzneimittel. Im Rahmen der Marktzulassung unterliegen Arzneimittel für seltene Leiden grundsätzlich dem "normalen Bewertungsverfahren" (vgl Erwägungsgrund 7 VO [EG] Nr 141/2000 vom 16.12.1999, ABl L 18 vom 22.1.2000, S 1). Denn an seltenen Erkrankungen leidende Patienten haben denselben Anspruch auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln wie andere Patienten (kritisch zu den in der Zulassungspraxis angelegten Evidenzanforderungen aber Joppi/Bertele/Garattini, British Journal of Clinical Pharmacology 2009, Bd 67, 494 ff; ferner Dupont/Van Wilder, British Journal of Clinical Pharmacology 2011, Bd 71, 488 ff).

22

Allein der anerkannte Status als Arzneimittel für seltene Leiden rechtfertigt nicht bereits für sich Einschränkungen der grundsätzlich bestehenden Notwendigkeit, umfassende Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels vorzulegen (vgl im Einzelnen EMA, Guideline on procedures for the granting of a marketing authorisation under exceptional circumstances, pursuant to Article 14 (8) of Regulation (EC) No 726/2004 vom 15.12.2005, Dokumentennummer EMEA/357981/2005, S 4). Denn hierfür ist die Prävalenzrate, die über die Anerkennung als seltene Erkrankung insbesondere entscheidet (vgl Art 3 Abs 1 VO [EG] Nr 141/2000 iVm Art 2 der VO [EG] Nr 847/2000 der Kommission vom 27.4.2000 zur Festlegung von Bestimmungen für die Anwendung der Kriterien für die Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden und von Definitionen für die Begriffe "ähnliches Arzneimittel" und "klinische Überlegenheit", ABl L 103 vom 28.4.2000, S 5), wenig aussagekräftig.

23

Im europäischen Sekundärrecht wird ein Arzneimittel als Arzneimittel für seltene Leiden ua ausgewiesen, wenn der Investor nachweisen kann, dass a) das Arzneimittel für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt ist, das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinschaft nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind, und b) in der Gemeinschaft noch keine zufriedenstellende Methode für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung des betreffenden Leidens zugelassen wurde oder dass das betreffende Arzneimittel - sofern eine solche Methode besteht - für diejenigen, die von diesem Leiden betroffen sind, von erheblichem Nutzen sein wird (vgl Art 3 Abs 1 VO [EG] Nr 141/2000 iVm Art 2 der VO [EG] Nr 847/2000 der Kommission vom 27.4.2000 zur Festlegung von Bestimmungen für die Anwendung der Kriterien für die Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden und von Definitionen für die Begriffe "ähnliches Arzneimittel" und "klinische Überlegenheit", ABl L 103 vom 28.4.2000, S 5; vgl hierzu auch Dear/Lilitkarntakul/Webb, British Journal of Clinical Pharmacology 2006, Bd 62, 264, 266 ua auch zu der Einführung der Begrifflichkeit sog "ultra-orphan diseases" für Erkrankungen mit einer deutlich geringeren Prävalenzrate als vom europäischen Sekundärrecht gefordert; vgl zu Herkunft und Entwicklung von Begriff und Definition der "seltenen Erkrankungen", insbesondere auch zu dem Versuch, das eigentliche Problem aus Herstellersicht nicht ausreichender Gewinnerwartungen mit Hilfe der Prävalenzrate einer Krankheit abzubilden, Huyard, Sociology of Health & Illness 2009, 463 ff).

24

Dementsprechend gilt das "normale" Verfahren zur Bewertung von Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit grundsätzlich auch für Arzneimittel für seltene Leiden. Die Regelung schließt es nur nicht aus, die besondere Situation seltener Erkrankungen zu berücksichtigen. Das unionsrechtliche Zulassungssystem ist vielmehr im Grundsatz offen für eine Berücksichtigung der beim Nachweis von Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit bei seltenen Erkrankungen bestehenden strukturellen Schwierigkeiten. Nach Nr 4 des Anhangs der VO [EG] Nr 726/2004 vom 31.3.2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl L 136 vom 30.4.2004, S 1, zuletzt geändert durch VO [EG] Nr 470/2009 vom 6.5.2009) sind Arzneimittel, die als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der VO [EG] Nr 141/2000 ausgewiesen sind, von der Union im zentralen Zulassungsverfahren zu genehmigen, um verkehrsfähig zu sein (vgl Art 3 Abs 1 und - für den fakultativen Anwendungsbereich des zentralisierten Zulassungsverfahrens - Abs 2 und 3 VO [EG] Nr 726/2004). Im Hinblick auf die für die Genehmigung vorzulegenden Nachweise verweist Art 6 Abs 1 S 1 VO [EG] Nr 726/2004 ua auf Anhang I der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl L 311 vom 28.11.2001, S 67, zuletzt geändert durch Richtlinie 2011/62/EU vom 8.6.2011).

25

Nach dem sich mit sog orphan drugs befassenden Teil III Nr 5 des Anhangs I des Gemeinschaftskodexes idF der Richtlinie 2003/63/EG vom 25.6.2003 können für entsprechend der VO [EG] Nr 141/2000 als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesene Arzneimittel die allgemeinen Bestimmungen von Teil II Nr 6 ("Unterlagen bei Anträgen unter außergewöhnlichen Umständen") gelten, wenn der Antragsteller in den präklinischen und klinischen Zusammenfassungen begründet, warum er keine vollständigen Angaben vorlegen kann und er das Nutzen/Risiko-Verhältnis des betreffenden Arzneimittels für seltene Leiden begründet. Nach Teil II Nr 6 kann unter bestimmten spezifischen Auflagen (zB Durchführung eines Versuchsprogramms mit anschließender Neubeurteilung des Nutzen/Risikoprofils, besonderen Anforderungen an die Abgabe des Arzneimittels oder an die Packungsbeilage und die Fachinformation) eine Zulassung erteilt werden, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass er keine vollständigen Auskünfte über die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei bestimmungsgemäßen Gebrauch erteilen kann, weil die Indikationen, für die das betreffende Arzneimittel bestimmt ist, so selten vorkommen, dass dem Antragsteller billigerweise nicht zugemutet werden kann, die vollständigen Angaben vorzulegen (vgl hierzu näher die entsprechenden Leitlinien der EMA, insbesondere den "Guideline on procedures for the granting of a marketing authorisation under exceptional circumstances, pursuant to Article 14 (8) of Regulation (EC) No 726/2004" vom 15.12.2005, Dokumentennummer EMEA/357981/2005). Damit korrespondiert Art 14 Abs 8 S 2 VO [EG] Nr 726/2004. Hiernach kann der Antragsteller im Rahmen einer solchen Genehmigung aufgrund außergewöhnlicher Umstände verpflichtet werden, besondere Verfahren zu schaffen, die insbesondere die Sicherheit des Arzneimittels, die Information der zuständigen Behörden über alle Zwischenfälle im Zusammenhang mit seiner Verwendung und die zu ergreifenden Maßnahmen betreffen. Nach S 3 ist die Aufrechterhaltung einer solchen im Ausnahmefall erteilten Genehmigung von der jährlichen Neubeurteilung ihrer Erteilungsvoraussetzungen abhängig.

26

Aus dem nationalen Zulassungsrecht ergibt sich für einen Antrag auf Zulassung im dezentralen Verfahren nichts Anderes. Die für die Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel (§ 1 AMG)vorzulegenden Zulassungsunterlagen bestimmt insbesondere § 22 AMG. Die dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechenden Anforderungen an diese Unterlagen lassen sich den auf der Grundlage des § 26 AMG erlassenen und zurzeit noch in der Form von Verwaltungsvorschriften geltenden Arzneimittelprüfrichtlinien entnehmen. Art 2 Nr 2 der Zweiten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien vom 11.10.2004 (BAnz 2004, Nr 197 S 22037) verweist vollständig auf Überschrift und Wortlaut des Anhangs I zur Richtlinie 2001/83/EG ("Gemeinschaftskodex") idF der Richtlinie 2003/63/EG. Auch insoweit besteht - ausgehend von den allgemeinen Anforderungen - lediglich die Möglichkeit einer erleichterten Zulassung unter Auflagen bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände wie dem seltenen Auftreten einer Erkrankung.

27

c) Das LSG hat die danach rechtlich maßgebliche Feststellung, dass die Erkrankung der Klägerin aufgrund ihrer Einzigartigkeit im dargelegten Sinne medizinisch nicht erforschbar ist, im angegriffenen Urteil verneint. Es hat festgestellt, dass das Krankheitsbild der Klägerin erforschbar sei, weil es von Studien zum eher häufig auftretenden Makulaödem "mit umfasst sein" könne. Der Senat ist an diese getroffene Feststellung gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit der Revision rügt, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, diese Annahme zu überprüfen, hat sie iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen(vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 68 ff mwN).

28

Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49). Bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, muss der Revisionskläger deshalb die Tatsachen bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, RdNr 69 mwN; BSG SozR 1500 § 160a Nr 34 S 50; BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; BSG SozR Nr 7 zu § 103 SGG). Hierzu gehört auch die Benennung konkreter Beweismittel, deren Erhebung sich dem LSG hätte aufdrängen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2010, § 164 RdNr 12a). Es ist ferner darzulegen, zu welchem Ergebnis nach Auffassung des Revisionsklägers die für erforderlich gehaltenen Ermittlungen geführt hätten (vgl BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 30).

29

Die Klägerin genügt diesen Anforderungen nicht. Sie legt mit ihrer Rüge nicht dar, aufgrund welcher Tatsachen sich das LSG zu einer weiteren Tatsachenermittlung hätte gedrängt fühlen müssen. Sie geht nicht darauf ein, dass bereits das SG unter Berufung auf den Zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 22.1.2001 über die Beratungen gemäß § 135 Abs 1 SGB V zur Photodynamischen Therapie (PDT) mit Verteporfin bei altersabhängiger feuchter Makuladegeneration mit subfoveolären klassischen choriodalen Neovaskularisationen die Möglichkeit bejaht hat, das Krankheitsbild der Klägerin zu erforschen. Sie legt nicht dar, mit Blick auf welches Vorbringen sich das LSG zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Im Übrigen bezeichnet die Klägerin auch die zu erhebenden Beweismittel nicht konkret.

30

Die Klägerin versäumt es ferner, das Ergebnis der für erforderlich gehaltenen Ermittlungen darzulegen und auszuführen, ob und inwieweit dieses nach dem sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG zu einer anderen Berufungsentscheidung geführt hätte. Diese Ausführungen wären erforderlich gewesen, denn nur so ist für das Revisionsgericht allein aus der Revisionsbegründung ersichtlich, ob das angegriffene Urteil auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann.

31

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die ambulante Versorgung des Klägers mit Fertigarzneimitteln, die das bakterielle Nervengift Clostridium botulinum Toxin Typ A (Botulinumtoxin A ) enthalten.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1954 geborene Kläger leidet an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Paraparese der Beine. Wegen zunehmender, die Gangstörung weiter verschlechternder Beinspastik mit Betonung der Oberschenkelinnenseiten (Adduktorenspastik) behandelte ihn die Universitätsklinik für Neurologie des Universitätsklinikums M. ab Mai 2001 bis April 2005 im Rahmen mehrerer, jeweils mehrtägiger stationärer Aufenthalte auf Kosten der Beklagten mit einem BTX/A-Präparat. Die Beklagte lehnte den bereits im August 2001 gestellten Antrag ab, die Kosten für eine ambulante BTX/A-Therapie zu übernehmen (Bescheid vom 7.9.2001, Widerspruchsbescheid vom 17.1.2002). BTX/A sei nämlich nicht für die Behandlung einer Adduktorenspastik zugelassen. Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine ambulante BTX/A-Therapie als zulassungsüberschreitende Anwendung (Off-Label-Use) zu gewähren (Urteil vom 28.2.2006). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die nunmehr auf Fortsetzungsfeststellung gerichtete Klage abgewiesen: Zwar sei derzeit keine BTX/A-Therapie der fortbestehenden Adduktorenspastik des Klägers erforderlich. Doch bestehe ein Feststellungsinteresse, weil die BTX/A-Therapie der Adduktorenspastik jederzeit wieder notwendig werden könne. Der Kläger habe nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 31 Abs 1 SGB V keinen Anspruch auf Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff BTX/A, da ihnen eine Zulassung für die Indikation "Adduktorenspastik" fehle. Sie erfüllten auch nicht die Voraussetzungen eines Off-Label-Use, da keine abgeschlossene einschlägige Phase III-Studie veröffentlicht sei. Eine notstandsähnliche Situation, die eine grundrechtsorientierte Erweiterung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rechtfertige, bestehe ebenfalls nicht. Das den Kläger behandelnde Krankenhaus sei nicht nach § 116b SGB V berechtigt, die begehrten ambulanten Behandlungen der Adduktorenspastik zu erbringen. Ein Behandlungsanspruch nach § 117 SGB V scheitere daran, dass auch die Hochschulambulanzen nur innerhalb der von § 135 SGB V vorgegebenen Grenzen Leistungen erbringen dürften(Urteil vom 17.6.2010).

3

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung des Art 2 Abs 2 GG und des § 117 SGB V. Er habe wegen seiner schweren Erkrankung auch ohne Phase III-Studien Anspruch auf die ambulante BTX/A-Therapie seiner Adduktorenspastik. Außerdem rügt er, das LSG habe eine im Jahr 2004 vorgestellte multizentrische doppelblinde, plazebokontrollierte Studie nicht berücksichtigt.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 28. Februar 2006 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte durch den Bescheid vom 7. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2002 rechtswidrig dem Kläger bei vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit Fertigarzneimitteln, die den Wirkstoff Botulinumtoxin A enthalten, zur ambulanten Behandlung seiner Adduktorenspastik verweigert hat.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

7

II. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der beklagten KK das SG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klage ist zwar als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.-6.). Der Kläger hat gegen die Beklagte nämlich keinen Anspruch auf ambulante Behandlung seiner Adduktorenspastik mit einer BTX/A-Therapie, auch nicht in einer Hochschulambulanz.

8

1. Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässig mit der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG). Diese Regelung des SGG gilt ausdrücklich für Anfechtungsklagen, ist aber entsprechend auf kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen anzuwenden (stRspr, vgl zB BSGE 92, 46 = SozR 4-2500 § 61 Nr 1; Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 131 RdNr 59 mwN). Das ursprüngliche Leistungsbegehren des Klägers hat sich während des Rechtsstreits erledigt, weil eine BTX/A-Therapie der Adduktorenspastik des Klägers im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim LSG (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 5 mit Blick auf die Zukunftsausrichtung des Naturalleistungsbegehrens; s dazu etwa BSGE 88, 166, 167 = SozR 3-2500 § 28 Nr 5 S 26 mwN; BSGE 91, 32 = SozR 4-2500 § 28 Nr 1, RdNr 7)nach dessen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) medizinisch nicht erforderlich war.

9

Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte sein Begehren rechtswidrig abgelehnt hat, da nach den Feststellungen des LSG Wiederholungsgefahr besteht (vgl zu den Fallgruppen des berechtigten Interesses Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 131 RdNr 75 ff mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 131 RdNr 10b mwN). Eine Wiederholungsgefahr setzt die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage beim Kläger voraus (vgl BSG SozR 4-2500 § 17 Nr 3 RdNr 13 mwN). So liegt es etwa, wenn sich konkret abzeichnet, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen oder rechtlichen Umständen ein gleichartiges Leistungsbegehren wieder auftreten kann. Nach den Feststellungen des LSG kann bei der fortbestehenden Krankheit jederzeit wieder ein BTX/A-Therapiebedarf im Adduktorenbereich auftreten.

10

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem den Wirkstoff BTX/A enthaltenden Fertigarzneimittel im Rahmen ambulanter Behandlung seiner Adduktorenspastik. Die begehrten Fertigarzneimittel besitzen weder die erforderliche Zulassung zur Behandlung der beim Kläger bestehenden Krankheit (dazu 3.) noch besteht Anspruch auf eine Versorgung nach den Grundsätzen des Off-Label-Use (dazu 4.). Der Kläger kann auch keinen Einzelimport von BTX/A enthaltenden Fertigarzneimitteln verlangen, weil weder ein sog Seltenheitsfall noch ein Fall grundrechtsorientierter Leistungsausweitung gegeben ist. Auf ein sog Systemversagen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu 5.). Schließlich ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die BTX/A-Therapie durch die Universitätsklinik für Neurologie des Universitätsklinikums M. nach § 117 SGB V als ambulante Therapie durchgeführt worden ist und weiterhin durchgeführt werden kann(dazu 6.).

11

3. Versicherte können Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - hier mit dem Wirkstoff BTX/A - grundsätzlich ungeachtet weiterer Einschränkungen (vgl §§ 31, 34 SGB V)nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet besteht, in dem sie angewendet werden sollen. Fertigarzneimittel sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V) nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 3, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche(§ 21 Abs 1 Arzneimittelgesetz) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (stRspr, vgl zB BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 22 mwN - D-Ribose; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 15 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 ADHS/Methylphenidat). So liegt es hier. Die begehrten Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff BTX/A sind zulassungspflichtig. Weder in Deutschland noch EU-weit liegt die erforderliche Arzneimittelzulassung für die Indikation Adduktorenspastik oder ein übergeordnetes Indikationsgebiet vor, das die Adduktorenspastik mit umfasst. Das steht nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG).

12

Keine Zulassung für Deutschland liegt darin, dass angeblich in Italien eine Zulassung BTX/A enthaltender Arzneimittel für Beinspastik ohne Bedeutung der Ursache, damit uU auch für eine Adduktorenspastik besteht. Insoweit eröffnet zwar § 25b Abs 2 AMG die Möglichkeit eines erleichterten Verfahrens der gegenseitigen Anerkennung mit der Folge, dass das bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassene Arzneimittel grundsätzlich auch im Inland zuzulassen ist(näher dazu Friese in Dieners/Reese, Handbuch des Pharmarechts, 2010, § 5 RdNr 5 f und 156 ff; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand Januar 2011, § 25b AMG RdNr 13 ff). Die bloße Möglichkeit, dass es einem pharmazeutischen Unternehmen offensteht, im Verfahren nach § 25b Abs 2 AMG die Zulassung eines bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugelassenen Arzneimittels herbeizuführen, ersetzt aber nicht die Zulassungsentscheidung.

13

4. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versorgung mit BTX/A-haltigen Fertigarzneimitteln im Rahmen eines Off-Label-Use zur Behandlung der Adduktorenspastik auf Kosten der GKV, weder nach § 35c SGB V(dazu a) noch nach allgemeinen Grundsätzen (dazu b).

14

a) Bei der streitigen BTX/A-Therapie handelt es sich um keinen durch § 35c Abs 1 SGB V und untergesetzliche Regelungen gedeckten Off-Label-Use. Nach § 92 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 6 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln. Nach § 91 Abs 6 SGB V sind die Beschlüsse des GBA mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V und zu Empfehlungen nach § 137f SGB V für die Träger iS des § 91 Abs 1 Satz 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich. Abschnitt K und Anlage VI der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009, Nr 49a , zuletzt geändert am 18.8.2011, BAnz Nr 156 S 3609 vom 14.10.2011) enthalten Einzelheiten über die "Verordnungsfähigkeit von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten" und führen Wirkstoffe als verordnungsfähig (Anlage VI Teil A) bzw als nicht verordnungsfähig (Anlage VI Teil B) auf. Die AM-RL benennt hierbei BTX/A nicht. Es fehlt damit an der erforderlichen expliziten Regelung der Verordnungsfähigkeit für die von der Zulassung nicht abgedeckte Indikation. Auf die Frage einer verzögerten Bearbeitung kommt es insoweit nicht an (vgl § 35c Abs 1 SGB V gegenüber § 135 Abs 1 Satz 4 SGB V). Eine Verzögerung in der Bearbeitung könnte nur zur Anwendung der allgemeinen Regeln des Off-Label-Use führen (vgl dazu unten, b), nicht aber zu einer Zulassungsfiktion (vgl ähnlich bereits BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 44).

15

Auch die Voraussetzungen des § 35c Abs 2 SGB V sind nicht erfüllt. Danach haben Versicherte außerhalb des Anwendungsbereichs des Absatzes 1 Anspruch auf Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln in klinischen Studien, sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist, damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen, die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 SGB V teilnimmt, und der GBA der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht. Der Kläger beansprucht die Versorgung indes nicht im Rahmen einer klinischen Studie.

16

b) Entsprechend der Anmerkung zu Abschnitt K AM-RL bleiben die allgemeinen, vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV unberührt, wenn - wie hier - ein nicht in der AM-RL geregelter Off-Label-Use betroffen ist. Die nach diesen Grundsätzen erforderlichen Voraussetzungen sind ebenfalls nicht erfüllt. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (vgl zB BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (vgl BSGE 95, 132 RdNr 20 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 27 mwN - Wobe-Mugos E; im Falle des Systemversagens s BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 24 mwN - Neuropsychologische Therapie).

17

Von hinreichenden Erfolgsaussichten ist nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das (konkrete) Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann. Dies kann nur angenommen werden, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt ist und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sind und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder (b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse von gleicher Qualität veröffentlicht sind. Soweit man aus der früheren Rspr des Senats (BSGE 89, 184, 192 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36)ein unterschiedliches Schutzniveau vor und während laufender Zulassungsverfahren ableiten kann, gibt der Senat diese Rspr klarstellend auf. Außerhalb und während eines Zulassungsverfahrens muss die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Behandlungserfolg, die für eine zulassungsüberschreitende Pharmakotherapie auf Kosten der GKV nachgewiesen sein muss, derjenigen für die Zulassungsreife des Arzneimittels im betroffenen Indikationsbereich entsprechen. Der Schutzbedarf der Patienten, der dem gesamten Arzneimittelrecht zugrunde liegt und in das Leistungsrecht der GKV einstrahlt, unterscheidet sich in beiden Situationen nicht (vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 24 - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 16 - restless legs/Cabaseril; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 34 ADHS/Methylphenidat). Dies bedeutet, dass der während und außerhalb eines Zulassungsverfahrens zu erbringende wissenschaftliche Nachweis durch Studien erbracht werden muss, die die an eine Phase III-Studie zu stellenden qualitativen Anforderungen erfüllen. Daran fehlt es. Nach den Feststellungen des LSG, welche nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen und damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), ist es zu einer abgeschlossenen, veröffentlichten Studie der Phase III mit Relevanz für den Kläger bisher nicht gekommen.

18

Die sinngemäß erhobene Rüge des Klägers, das LSG habe seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 103 SGG)verletzt, greift nicht durch. Eine Verletzung des § 103 SGG liegt lediglich vor, wenn das Tatsachengericht Ermittlungen unterlässt, obwohl es sich ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen(stRspr vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 5; Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2011, § 103 RdNr 86 ff mwN). Daran fehlt es. Das LSG hat die Anforderungen des BSG zugrunde gelegt, wonach für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV - wie dargelegt - einschlägige Studien der Phase III veröffentlicht sein müssen. Bei diesem Ausgangspunkt drängt es sich nicht auf, für den 1954 geborenen Kläger eine Studie zu würdigen, die im Jahre 2004 anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie in Bern vorgestellt wurde und der Frage des Effektes von BTX/A bei der Behandlung der Adduktorenspastik bei Kindern mit Zerebralparese im Alter von zwei bis zu zehn Jahren nachging. Dies gilt erst recht unter Beachtung der Wertungen der Rspr, wonach in der GKV versicherte Erwachsene grundsätzlich keinen Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung eines nur zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassenen Arzneimittels unter erleichterten Voraussetzungen haben, selbst wenn eine gleiche Wirksamkeit des Mittels unterstellt wird (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15).

19

Es ist für den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers auch ohne Belang, dass eine Stellungnahme des Arbeitskreises Botulinumtoxin eV vom 4.5.2006 die Anwendung von BTX/A unabhängig von der Ursache befürwortet und nationale sowie europäische Konsensusgruppen explizit BTX/A bei Adduktorenspastik empfehlen (vgl Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Therapie des spastischen Syndroms, Stand 2008, S 8). Grundsätzlich bestimmen nicht Leitlinien und Konsensempfehlungen medizinischer Fachgesellschaften den Umfang der Leistungsansprüche der Versicherten der GKV. Das Leistungsrecht ist vielmehr insbesondere von den Vorgaben des § 2 Abs 1 Satz 1 und 3, § 12 SGB V geprägt, wonach Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen müssen. Für Fertigarzneimittel werden diese Anforderungen in der oben dargelegten Weise konkretisiert.

20

5. Der Kläger kann auch keinen Einzelimport nach § 73 Abs 3 AMG von BTX/A enthaltenden Fertigarzneimitteln zu Lasten der Beklagten verlangen. Weder ist ein sog Seltenheitsfall (dazu a) noch ein Fall grundrechtsorientierter Leistungsausweitung gegeben (dazu b). Auf ein sog Systemversagen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (dazu c).

21

a) Der erkennende Senat zieht im Rahmen des § 73 Abs 3 AMG ausnahmsweise die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln zu Lasten der GKV selbst ohne Inlandszulassung in Erwägung, wenn es sich um einen Fall der Seltenheit handelt(vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 43 mwN). Die Voraussetzungen eines sog Seltenheitsfalls sind indes nicht erfüllt. Die Inzidenz der spastischen Beinparese ist, wie schon die Zulassung von BTX/A für den spastischen Spitzfuß belegt, für eine systematische wissenschaftliche Erforschung ausreichend hoch, um auch die Behandlung der Adduktorenspastik mittels BTX/A auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen. Das zieht auch der Kläger letztlich nicht in Zweifel.

22

b) Auch ein Anspruch auf BTX/A enthaltende Fertigarzneimittel zu Lasten der Beklagten im Rahmen eines Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung besteht nicht(vgl zu den Voraussetzungen BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31/32 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 23 - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 16 mwN - Mnesis/Idebenone; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - "Lorenzos Öl"; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 45 f mwN - ADHS/Methylphenidat).

23

Die verfassungskonforme Auslegung setzt ua voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegt. Um eine solche Erkrankung geht es bei dem Leiden des Klägers nicht. Nach den unangegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) leidet der Kläger an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Paraparese der Beine, Sekundärschäden am knöchernen Apparat (Coxarthrose, Pseudoradikulärsyndrom) und sich dadurch verstärkender Spastik bei in Ruhe einschießenden schmerzhaften Spasmen. Mit diesen Auswirkungen seiner Krankheit wird nicht die Schwelle erreicht, welche allgemein für eine grundrechtskonforme erweiternde Auslegung des Leistungsrechts der GKV zu fordern ist. Das Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, umschreibt nämlich eine strengere Voraussetzung, als sie mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des Off-Label-Use formuliert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 34 - Neuropsychologische Therapie; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 17 - Mnesis/Idebenone). Das BSG hat dementsprechend das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit und eine Gleichstellung mit den in diesem Bereich zu verlangenden notstandsähnlichen Extremsituationen auch schon in ähnlichen Fällen mit durchaus gravierenden Beeinträchtigungen verneint (vgl die Übersicht in BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 15 - ICL).

24

c) Ein sog Systemversagen aufgrund zögerlicher oder willkürlicher Bearbeitung spielt weder im Rahmen des Einzelimports noch - über das oben Ausgeführte hinaus - für einen Off-Label-Use zu Lasten der GKV eine Rolle, soweit allein die Versorgung mit einem Fertigarzneimittel betroffen ist. Anders liegt es lediglich, wenn zugleich und parallel hierzu eine neue vertragsärztliche Behandlungsmethode betroffen ist (vgl dazu BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 22 ff - Visudyne).

25

6. Die Begrenzung des Anspruchs des Klägers auf die Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln wird abgesehen von den dargestellten und hier verneinten Ausnahmen nicht dadurch aufgehoben oder geändert, dass eine Hochschulambulanz nach § 117 SGB V behandelt oder zur Behandlung in Betracht kommt.

26

§ 117 SGB V eröffnet den Hochschulambulanzen den Zugang zur ambulanten ärztlichen Versorgung, um die universitäre Forschung und Lehre zu unterstützen(vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; zu § 117 Abs 2 SGB V: BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35). Die von Ärzten in Hochschulambulanzen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang erbrachten ambulanten Leistungen sind weiterhin Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zulassungsausschuss (§ 96 SGB V) ist nach § 117 Abs 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) verpflichtet, auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken die Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen. § 95 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Satz 1 SGB V(ab 1.7.2008 idF von Art 6 Nr 16 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28.5.2008, BGBl I 874) beschreiben näher die Rechtsfolge einer solchen Ermächtigung: Die ermächtigte Einrichtung ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet.

27

Hiernach vermag die Behandlung durch Ärzte einer Hochschulambulanz zugunsten des Klägers keinen anderen Versorgungsanspruch zu begründen als den, der ihm zusteht, wenn er sich in die Behandlung eines Vertragsarztes begibt. Auch die Ärzte einer Hochschulambulanz dürfen dem Kläger nur für die jeweilige Indikation zugelassene Fertigarzneimittel verordnen, es sei denn, dass eine gesetzliche oder richterrechtliche Ausnahme eingreift. Das ist indes - wie oben dargestellt - hier nicht der Fall.

28

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für das selbst beschaffte Arzneimittel Iscador M (Iscador).

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin erkrankte an einem Mammakarzinom, das im Juli 2007 operativ entfernt wurde. Die Klägerin erhielt im Anschluss an die durchgeführte Chemotherapie eine Therapie mit dem apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen anthroposophischen Mistelpräparat Iscador zunächst zu Lasten der Beklagten. Die Klägerin beantragte, die von ihrer Hausärztin und dem Gynäkologen Dr. S. befürwortete adjuvante Iscador-Therapie für weitere fünf Jahre zu übernehmen (13.12.2011). Die Beklagte lehnte dies ab: Die Tumorbehandlung mit Mistelpräparaten zu Lasten der KK sei auf die palliative Behandlung beschränkt (Bescheid vom 27.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 15.6.2012). Die Klägerin hat sich deshalb schrittweise Iscador aufgrund privatärztlicher Verordnung für insgesamt 1504,27 Euro selbst verschafft. Ihre Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 18.12.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V lägen nicht vor. Die Verordnung von Mistelpräparaten unterliege Anwendungsbeschränkungen (§ 34 Abs 1 S 1 und 2 SGB V, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V iVm § 12 Abs 6 und der Anlage I zum Abschnitt F der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Arzneimittel-Richtlinie ). Mistelpräparate seien danach zu Lasten der KK nicht im Rahmen einer adjuvanten, sondern nur einer palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität verordnungsfähig. Das habe auch schon vor der klarstellenden Änderung des § 12 Abs 6 S 1 AM-RL mWv 21.6.2012 gegolten (Urteil vom 12.11.2014).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der § 34 Abs 1 S 2, 3, Abs 3 S 2 und § 2 Abs 1 S 2 SGB V und macht Verfahrensfehler geltend.

4

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Dezember 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 1504,27 Euro zu erstatten,

 hilfsweise,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das selbstbeschaffte anthroposophische Mistelpräparat Iscador gegen die beklagte KK.

8

Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten - § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(dazu 1.) - sind nicht erfüllt. Iscador ist als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel für die adjuvante Krebstherapie grundsätzlich nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Der GBA macht hiervon in der AM-RL lediglich für Mistelpräparate beschränkt auf den Einsatz in der palliativen Therapie eine Ausnahme, indem er diese in die Liste der verordnungsfähigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel aufnahm. Die Anwendungsbeschränkung "in der palliativen Therapie" gilt auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtung Anthroposophie (dazu 2.). Die Regelung der AM-RL steht mit Gesetzesrecht (dazu 3.) und Verfassungsrecht in Einklang (dazu 4.). Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Verletzung europäischen Rechts berufen (dazu 5.).

9

1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Die Norm bestimmt: Hat die KK eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand: Juni 2015, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Hierfür genügt schon ein sachleistungsersetzender Kostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens (vgl BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 8). An einem Naturalleistungsanspruch in diesem Sinne fehlt es.

10

2. Die Versorgung Versicherter mit dem Arzneimittel Iscador zur adjuvanten Krebstherapie ist nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Das Mittel ist mangels Verschreibungspflicht gesetzlich grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen (dazu a). Der GBA hat es auch nicht in die Liste dennoch verordnungsfähiger Arzneimittel aufgenommen (dazu b).

11

a) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V ausgeschlossen sind(§ 31 Abs 1 S 1 SGB V). Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Iscador sind gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB V von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen.

12

b) Der GBA hat keine Ausnahme vom grundsätzlich bestehenden Versorgungsausschluss für Iscador geregelt. Der GBA legt in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs 1 S 3 SGB V). Das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Iscador ist nach der AM-RL des GBA lediglich palliativ, nicht aber in der adjuvanten Krebstherapie ausnahmsweise verordnungsfähig. Dies gilt sowohl für die Zeit bis 20.6.2012 (dazu aa) als auch für die Zeit ab dem 21.6.2012 (dazu bb).

13

aa) Die ab Dezember 2011 geltende Fassung der AM-RL lässt lediglich die Versorgung mit Mistel-Präparaten zu Lasten der GKV in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität zu. Die AM-RL wiederholt zunächst den grundsätzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V(vgl § 4 Abs 2 Nr 2, § 12 Abs 1 AM-RL 2011 in der ab 1.12.2011 maßgebenden Fassung vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009 Nr 49a vom 31.3.2009, zuletzt geändert am 20.10.2011, BAnz Nr 173 vom 17.11.2011 S 4041), sodann den vom GBA auszufüllenden Ausnahmetatbestand (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V), dass Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten (vgl § 4 Abs 4, § 12 Abs 2 AM-RL). Sie definiert Krankheiten als schwerwiegend, die lebensbedrohlich sind oder aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen (§ 12 Abs 3 AM-RL). Als Therapiestandard gilt nach der AM-RL ein Arzneimittel, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§ 12 Abs 4 AM-RL). Die AM-RL führt sodann schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung in ihrer Anlage I (OTC-Übersicht) auf (§ 12 Abs 5 AM-RL). Die Anlage I der AM-RL bezeichnet in Nr 32 als ausnahmsweise verordnungsfähige Arzneimittel Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität. Die Regelung erfasst dagegen nicht die betroffene Versorgung der Klägerin mit Iscador, auch wenn es auf Mistellektin normiert sein sollte. Hierzu wie auch zum Schweregrad der Erkrankung der Klägerin fast fünf Jahre nach der Tumorentfernung hat das LSG - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Denn die Klägerin erhielt Iscador im Rahmen einer adjuvanten, nicht einer palliativen Therapie.

14

Die AM-RL bezieht die adjuvante Tumortherapie mit Iscador auch nicht durch die Regelung über Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie in den GKV-Leistungskatalog ein (§ 12 Abs 6 AM-RL). Danach kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist.

15

Die Verordnung eines anthroposophischen Arzneimittels (zur Legaldefinition s § 4 Abs 33 Arzneimittelgesetz) zu Lasten der GKV "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen" setzt schon nach dem klaren Wortlaut voraus, dass ua alle in der Anlage I Nr 32 genannten Merkmale erfüllt sind. Sie umfasst nach ihrem Wortlaut mit dem Begriff "Indikationsgebiete" auch die Anwendungsvoraussetzungen - hier in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität -, die den zweckbestimmten Einsatz der Wirkstoffe beschreiben. In der medizinischen Wissenschaft bezeichnet der Begriff "Indikation" bei einem Arzneimittel die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung. Die Anwendungsbezogenheit eines Arzneimittels zeigt sich auch bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Danach ist der Begriff Indikation bzw Anwendungsgebiet gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff "Indikation". Er bezeichnet die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, umschreibt also das Gebiet, in dem das Arzneimittel im konkreten Fall eingesetzt werden soll (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 f; BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 35 f; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12 RdNr 43; Kloesel/Cyran, Kommentar zum Arzneimittelrecht - AMG, Stand 1.4.2014, Bd 2, § 11 Anm 36; zum Begriff der Indikation siehe auch Hauck, NJW 2013, 3334).

16

Die Regelung des § 12 Abs 6 AM-RL unterscheidet zudem systematisch zwischen dem "Indikationsgebiet" und der "schwerwiegenden Erkrankung". Sie ergäbe einen anderen Sinn, reichte - wie die Klägerin meint - die schwerwiegende Erkrankung für eine Verordnung des Mistelpräparats aus. Der GBA hat gerade nicht geregelt, dass "für die in der Anlage I aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen kann, sofern dies nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist".

17

Die Regelung des § 12 Abs 6 AM-RL bezweckt, an die gesetzliche Voraussetzung der "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", anzuknüpfen, und zwar konkret an die "in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen". Eine Voraussetzung für die Verordnung des Arzneimittels Iscador ist dementsprechend jedenfalls auch dessen Einsatz in der palliativen Tumortherapie zur Verbesserung der Lebensqualität. Daran fehlte es bei der Klägerin.

18

Die Entwicklungsgeschichte der AM-RL und der OTC-Übersicht bestätigt die Auslegung des erkennenden Senats. Vorgängerregelung zu § 12 Abs 6 AM-RL war die im Wesentlichen wortgleiche Regelung in Nr 16.5 AM-RL aF, die ebenfalls eine vollumfängliche Bezugnahme auf alle in - der OTC-Übersicht entsprechenden - Nr 16.4 AM-RL aF genannten Merkmale also auch auf den Einsatz in der Palliativmedizin enthielt. Dies wird bereits in der Überschrift zu 16.4 AM-RL aF "Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika" deutlich, die nicht zwischen "Anwendungsvoraussetzungen" und "Indikationsgebiete" unterscheidet. Wenn 16.5 AM-RL aF nun auf die im Abschnitt 16.4 AM-RL aF "aufgeführten Indikationsgebiete" verweist, kann damit nur eine vollumfängliche Bezugnahme auf die in 16.4 AM-RL aF genannten Voraussetzungen gemeint sein. Anderenfalls hätte es genügt, in 16.5 der AM-RL auf die im Abschnitt 16.4 AM-RL aF genannten "schwerwiegenden Erkrankungen" zu verweisen.

19

Nachdem dennoch eine Diskussion darüber entstand, ob durch den Passus der Nr 16.5 AM-RL aF "für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt" eine vollumfängliche Bezugnahme auf alle in Nr 16.4 AM-RL aF jeweils genannten Merkmale erfolgt sei, nahm der GBA eine Änderung der Nr 16.5 AM-RL aF vor. Er beschloss am 21.12.2004, dass nach dem (zweiten) Wort "Indikationsgebiete" in der Formulierung der Nr 16.5 AM-RL aF die Wörter "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt werden. Damit sollte klargestellt werden, dass die Anwendungseingrenzung auf den Einsatz "nur in der palliativen Therapie" auch für die anthroposophische und homöopathische Medikation Geltung beansprucht. Der GBA hat damit als Normgeber selbst eine "authentische Interpretation" des genannten Passus vorgenommen, an der er auch festhielt, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) diesen Beschluss beanstandete (18.2.2005). Die vom GBA hiergegen erhobene Klage war vor dem BSG erfolgreich (Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 25/10 R - BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12). Das BSG bestätigte die Rechtsauffassung des GBA zum Umgang mit homöopathischen und anthroposophischen Präparaten im Sinne einer formalen Gleichstellung zu allopathischen nicht verschreibungspflichtigen Präparaten auch bezüglich der eingrenzenden Anwendungsvoraussetzungen. Eine weitergehende Verpflichtung des GBA, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, als dies mit Nr 16.5 AM-RL aF geschehen ist, bestehe nicht. Nach der Entscheidung des BSG gab der GBA den Änderungsbeschluss vom 21.12.2004 - redaktionell angepasst - nach § 94 Abs 2 SGB V bekannt, wonach in § 12 Abs 6 S 1 AM-RL nach den Wörtern "für diese Indikationsgebiete" die Wörter "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt wurden.

20

bb) Für die Zeit ab dem 21.6.2012 gilt das Gleiche wie zuvor. Die wirksame Einfügung der Worte in § 12 Abs 6 S 1 AM-RL seit 21.6.2012: "und Anwendungsvoraussetzungen" bedeutet - wie dargelegt - keine sachliche Änderung, sondern lediglich eine redaktionelle Klarstellung.

21

Der GBA machte die Änderung der AM-RL wirksam am 20.6.2012 bekannt. Den Richtlinien des GBA kommt rechtliche Bedeutung erst ab ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger (§ 94 Abs 2 SGB V) zu; der Zeitpunkt der Beschlussfassung ist nicht maßgebend (vgl grundlegend BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70). Der GBA durfte sich formell darauf beschränken, den ursprünglich am 21.12.2004 gefassten, wegen der Beanstandung des Ministeriums zunächst nicht veröffentlichten Beschluss zur Änderung der AM-RL idF vom 31.8.1993 nebst späterer Änderung (GBA Beschluss vom 16.3.2004, Bekanntmachung im BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) redaktionell anzupassen und die tragenden Gründe entsprechend zu ergänzen, um ihn wirksam werden zu lassen (zum Fehlen des Erfordernisses, ein neues Stellungnahmeverfahren durchzuführen, vgl unten II 3. a). Die vom GBA beschlossenen Richtlinien sind dem BMG vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden (vgl § 94 Abs 1 S 1 und S 2 Halbs 1 SGB V). Unterbleibt die Beanstandung, sind sie zu veröffentlichen (§ 94 Abs 2 S 1 SGB V). Dem Unterbleiben einer Beanstandung ist es zunächst gleich zu erachten, wenn das Ministerium eine Richtlinie beanstandet, der GBA sich dagegen mit der Anfechtungs- oder Aufsichtsklage wendet und das Gericht die Beanstandung aufhebt. Denn mit der Rechtskraft des Urteils ist die Beanstandung beseitigt. Dasselbe muss gelten, wenn der GBA entsprechend gerichtlicher Anregung seine ursprünglich gegen eine Beanstandung erhobene Anfechtungs- oder Aufsichtsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellt, weil das Gericht nach lediglich formeller Änderung der Richtlinie - hier: Ersetzung der römischen Ziffern durch Paragraphen ohne inhaltliche Änderung - von einer Erledigung nach Klageerhebung ausgeht. Auch in einem solchen Fall gebietet es der Grundsatz der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG), dem GBA zu ermöglichen, nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beanstandung die nunmehr in der Sache nicht zu beanstandende Richtlinie unter redaktioneller Anpassung zu veröffentlichen. Die Bekanntmachung der Richtlinie muss in diesem Fall nicht nur einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten (§ 94 Abs 2 S 2 SGB V), sondern in den tragenden Gründen auf diesen Sonderfall eingehen.

22

Der GBA ist verfahrensmäßig korrekt diesen Weg gegangen: Er beschloss nach gerichtlicher Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beanstandung, die AM-RL entsprechend dem Ausgangsbeschluss vom 21.12.2004 redaktionell angepasst zu veröffentlichen (Beschluss vom 19.4.2012). Das Ministerium beanstandete diesen Beschluss nicht. Der GBA gab ihn daraufhin am 20.6.2012 formgerecht im Bundesanzeiger bekannt und verwies für den Inhalt der hierzu von ihm verfassten tragenden Gründe auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet.

23

3. Es steht mit Gesetzesrecht in Einklang, dass die adjuvante Tumortherapie mit Iscador nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig ist. Die Entscheidung des GBA in der AM-RL aF (Nr 16.5 idF durch den Beschluss vom 16.3.2004, BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905; § 12 Abs 6 in der bis 20.6.2012 geltenden Fassung, aaO) und in der AM-RL nF (§ 12 Abs 6 idF ab 21.6.2012, aaO) nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V beachtet die gesetzlichen Vorgaben. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Entscheidung des GBA, die nach § 34 Abs 1 S 1 SGB V ausgeschlossene adjuvante Tumortherapie mit Iscador nicht durch die AM-RL in den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimittel einzubeziehen, mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar. Richtlinien des GBA - hier speziell zum Ausnahmekatalog apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel (§ 34 Abs 1 S 2, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V)- sind nach der Gesetzeskonzeption (§§ 91, 92, 94 SGB V)entsprechend der Rechtsprechung des BSG untergesetzliche Rechtsnormen. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten sieht das Gesetz ausdrücklich vor (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen sind gerichtlich nicht nur formell, sondern auch inhaltlich in der Weise zu überprüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (bisher stRspr; vgl zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 32, 37; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 21, 26 mwN). Zusätzlich ist besonderes Augenmerk auf die Normdichte der gesetzlichen Ermächtigung in Relation zur Eingriffstiefe zu richten, um verfassungsrechtlich die hinreichende Legitimation des GBA zu überprüfen (vgl dazu unten, unter II 4.).

24

Die Rechtmäßigkeit der Nichtaufnahme der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador als verordnungsfähig in die AM-RL aF und die AM-RL ist insbesondere an den Regelungen des § 34 Abs 1 S 2 und 3 SGB V zu messen. Nach § 34 Abs 1 S 3 SGB V ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Hinsichtlich der Auslegung der gesetzlichen Rechtsbegriffe "nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", und "der therapeutischen Vielfalt Rechnung tragen" verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl hierzu zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 37).

25

Erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes entscheidet der GBA als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Nach diesem Maßstab hat der GBA über die Nichtaufnahme der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador inhaltlich gesetzeskonform entschieden.

26

a) Der GBA hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung (VerfO) des GBA (vgl jetzt Kap 4 der VerfO des GBA) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte gewahrt. Diese stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die den Beteiligten bekannten "tragenden Gründe zum Beschluss" des GBA vom 19.4.2012 und die ebenso bekannte Pressemitteilung des GBA vom 16.3.2004 belegen konkret sein formal korrektes Vorgehen ab Ende 2003 (durch den Vorgänger des GBA), 2004 und 2012, soweit - und sei es auch nur mittelbar - Rechte der Klägerin betroffen sein können. Dagegen kann es der erkennende Senat offenlassen, ob der GBA auch insoweit korrekt vorgegangen ist, als lediglich Rechte Dritter betroffen sein könnten.

27

Die Klägerin zieht - dementsprechend zutreffend - zwar nicht die Rechtmäßigkeit des Verfahrens für den Erlass der Ursprungsrichtlinie (GBA Beschluss vom 16.3.2004, Bekanntmachung im BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) und die Fassung des Änderungsbeschlusses vom 21.12.2004 in Zweifel, wohl aber die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung 2012 ohne erneutes Stellungnahmeverfahren (§ 92 Abs 3a SGB V). Damit vermag sie ungeachtet der Frage nach einer Verletzung in eigenen Rechten nicht durchzudringen. Denn es bedurfte keines neuen Stellungnahmeverfahrens.

28

Ein erneutes Stellungnahmeverfahren ist durchzuführen, wenn sich die Tatsachengrundlage oder der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben und die Stellungnahmeberechtigten von den Änderungen unmittelbar betroffen sind (Kap 1 § 14 Abs 1 S 1 VerfO des GBA vom 18.12.2008, Beilage BAnz Nr 84a vom 10.6.2009). Diese Regelung ist gesetzeskonform (vgl § 91 Abs 4 S 1 Nr 1, § 92 Abs 3a SGB V). Der GBA durfte rechtmäßig davon ausgehen, dass sich weder die Tatsachengrundlage noch der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben.

29

Der ursprünglich zur Stellungnahme gestellte Entwurf mündete im Beschluss vom 21.12.2004. Die Korrektheit des seinerzeit gewählten Verfahrens wird daraus deutlich, dass der GBA die stellungnahmeberechtigten Organisationen zur Stellungnahme aufforderte (Beschluss vom 17.8.2004, Schreiben vom 10.9.2004), hierbei die in Nr 16.5 beabsichtigte Änderung in Gestalt der Einführung der Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" mitteilte und die eingegangenen Stellungnahmen in der 3. Sitzung der Arbeitsgruppe "OTC" des Unterausschusses "Arzneimittel" beraten ließ. Der Arbeitsgruppe "OTC" gehörten Vertreter der Kassen- und der Ärzteseite sowie Patientenvertreter an. Nach der Abschlussdiskussion im Unterausschuss "Arzneimittel" (7.12.2004) wertete der GBA die Stellungnahmen zur beabsichtigten Änderung (Nr 16.5 der AM-RL) ausführlich aus (tragende Gründe des Beschlusses vom 21.12.2004).

30

Der Inhalt des Beschlusses vom 19.4.2012 änderte jenen Beschluss vom 21.12.2004 lediglich redaktionell, indem er "Nummer 16.5" durch die Angabe "§ 12 Abs. 6 Satz 1" ersetzte. Zudem entschied der GBA, den Beschluss vom 21.12.2004 in der redaktionell angepassten Form nunmehr im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, da das BSG die Rechtswidrigkeit der Beanstandung festgestellt hatte (vgl oben). Der GBA prüfte und verneinte auch, dass sich die Tatsachengrundlage gegenüber jener im Jahre 2004 wesentlich geändert hatte. Für eine wesentliche Änderung der relevanten Tatsachengrundlage - ausgehend von einem am Qualitätsgebot ausgerichteten Begriff des Therapiestandards - hat die Klägerin nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Klägerin beruft sich lediglich auf abweichende Standards der Anthroposophie, auf die es indes nicht ankommt.

31

b) Der GBA hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt, denn er hat sich auf die relevanten verfügbaren Fachveröffentlichungen gestützt. Er hat hierbei auch - wie dargelegt - die im Anhörungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen berücksichtigt. Die Klägerin zieht das nicht substantiiert in Zweifel, sondern verweist - ausgehend von ihrem abweichenden Rechtsstandpunkt - lediglich auf abweichende Auffassungen aus dem Kreis der besonderen Therapierichtungen, insbesondere der Anthroposophie. Die Festlegung des GBA beruht demgegenüber gesetzeskonform (vgl dazu sogleich c bis e) auf einer an den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin durchgeführten Bewertung des therapeutischen Nutzens von Mistelpräparaten gemäß den Vorgaben des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dabei kam der Unterausschuss "Arzneimittel" zu dem Ergebnis, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über den Nutzen der Misteltherapie bei der kurativen, adjuvanten Behandlung maligner Tumoren, insbesondere des Mammakarzinoms, nicht besteht. Nichts anderes ergibt sich, wenn Iscador - wie die Klägerin behauptet - nicht auf Mistellektin normiert ist. Dann scheidet eine Verordnung nach Anlage I Nr 32 der OTC-Übersicht selbst in der palliativen Therapie aus. Für diesen Bereich konnte der GBA gerade keinen gebotenen Konsens feststellen.

32

c) Der Ausgangspunkt der Entscheidung des GBA ist rechtmäßig, nämlich die Definition einer schwerwiegenden Erkrankung. § 12 Abs 3 AM-RL bezeichnet eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Das stimmt mit der Definition der schwerwiegenden Krankheit überein, die die Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use entwickelt hat (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN)und die auch hier anwendbar ist. Der Gesetzgeber hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 34 Abs 1 S 2 SGB V bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen(vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26 mwN; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 40 mwN).

33

d) Der GBA hat es auch gesetzeskonform abgelehnt, die Versorgung mit der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador als verordnungsfähigen Therapiestandard in die AM-RL aF oder die AM-RL nF aufzunehmen. In Einklang mit dem Gesetz beantwortet der GBA die Frage nach dem Bestehen eines Therapiestandards gemäß § 12 Abs 4 AM-RL übergreifend für alle Therapierichtungen zumindest danach, ob der therapeutische Nutzen eines Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das gesetzliche Erfordernis des Beachtens des "Therapiestandards" verlangt, dass ohne die Einbeziehung der Therapie mit dem nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel der Standard der Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung - das nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse Gebotene - nicht gewährleistet ist. In diesem Sinne muss der therapeutische Nutzen des betroffenen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (ebenso die Vereinbarkeit von § 12 Abs 4 AM-RL mit dem Gesetzesrecht bejahend 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 53 mwN). Das entspricht dem bereits dargelegten klaren Wortlaut, dem Regelungssystem (dazu aa), der Entstehungsgeschichte (dazu bb) und dem Regelungszweck des § 34 Abs 1 S 2 SGB V(dazu cc).

34

aa) Das Erfordernis des "Therapiestandards" setzt nach dem Regelungssystem auf den schon nach allgemeinen Grundsätzen geltenden Anforderungen an eine Pharmakotherapie zu Lasten der GKV auf und verlangt mehr als deren Beachtung und das Bestehen einer schwerwiegenden Erkrankung. Schon die Binnensystematik der Regelung des § 34 Abs 1 S 2 SGB V verdeutlicht, dass der "Therapiestandard bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" ein herausgehobenes Erfordernis bedeutet. Es umschreibt die konkretisierungsbedürftige Ausnahme vom grundsätzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV. Das Gesetz umreißt den Ausnahmebereich nicht etwa dadurch, dass die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel bloß als Therapie zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen arzneimittelrechtlich zugelassen sind. Seine Anforderungen gehen darüber hinaus, indem sie einen Therapiestandard fordern.

35

Die Anwendung eines arzneimittelrechtlich zugelassenen Fertigarzneimittels (zum hier nicht betroffenen Bereich der Rezepturarzneimittel vgl zB BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22, RdNr 18 - Orthomol vision diabet; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 47 - Lorenzos Öl)zu Lasten der GKV setzt grundsätzlich nicht nur die arzneimittelrechtliche Zulassung voraus, sondern den Einsatz gerade im Rahmen des arzneimittelrechtlich zugelassenen Anwendungsgebiets. Schon die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 61 mwN). Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die GKV immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt (stRspr, vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23). Obwohl das AMG einem Arzt die indikations- und zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht verbietet, darf selbst ein zugelassenes Arzneimittel grundsätzlich nicht (sondern nur unter qualifizierten Voraussetzungen) zu Lasten der KK in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich seine Zulassung nicht erstreckt (stRspr, vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb des Indikationsgebiets der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies grundsätzlich eine arzneimittelrechtliche Zulassung (zur Ausnahme des zulässigen Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG bei Fällen grundrechtsorientierter Auslegung vgl grundlegend BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 - Tomudex)und ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde (stRspr, vgl zB BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin). Hätte der Gesetzgeber sich für die Ausnahmeregelung vom Verordnungsausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit diesen Anforderungen begnügt, hätte er "Arzneimittel für schwerwiegende Erkrankungen" in § 34 Abs 1 S 2 SGB V einbezogen. Demgegenüber schränkt die erlassene Gesetzesregelung den Ausnahmebereich mit dem zusätzlichen Erfordernis des "Therapiestandards" weiter ein.

36

Nach der Gesamtsystematik fordert - entgegen der Ansicht der Klägerin - das Gesetzesrecht nicht, für die Qualifikation als "Therapiestandard" die bloße Binnensicht einer Therapierichtung zugrunde zu legen. Vielmehr begründet dieses Erfordernis eine für alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel gleiche Hürde unter Achtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V). Das Gesetz bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass es zunächst die generelle Aufgabe des GBA normiert, festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Die Norm spricht nicht etwa einen Standard nach Maßgabe der jeweiligen Therapierichtung an, sondern einheitlich Festlegungen betreffend die "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten". Erst in einem zweiten Schritt ("Dabei") hat der GBA der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs 1 S 3 SGB V; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 56 mwN).

37

bb) Auch die Entstehungsgeschichte spricht für das aufgezeigte sachgerechte Verständnis des Begriffs "Therapiestandard". So fordert die Gesetzesbegründung die Aufnahme solcher Fertigarzneimittel in die OTC-Liste, die "unverzichtbare Standardwirkstoffe" für die Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung enthalten (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 86). Die Gesetzesmaterialien reden dagegen hierbei keiner Bevorzugung der besonderen Therapierichtungen das Wort.

38

cc) Die aufgezeigte Auslegung des Begriffs "Therapiestandard" entspricht auch dem Sinn der Regelung des § 34 Abs 1 SGB V, gerade nicht schon jede indikationsgerechte, nach allgemeinen Grundsätzen verordnungsfähige Pharmakotherapie schwerwiegender Erkrankungen in die OTC-Liste aufzunehmen. Mit einem solch weiten Verständnis würde nicht nur das Erfordernis des "Therapiestandards" weitgehend funktionslos, sondern auch die beabsichtigte einschränkende Wirkung der Gesamtregelung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel weitgehend obsolet.

39

e) Die Klägerin kann auch nichts für sich daraus herleiten, dass Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen generell gesetzlich nicht ausgeschlossen sind (vgl § 2 Abs 1 S 2 SGB V). Schon das umfassende Verständnis des "Therapiestandards" (vgl oben zu § 34 Abs 1 S 2 SGB V)und die Pflicht des GBA, in einem zweiten Schritt der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (vgl oben zu § 34 Abs 1 S 3 SGB V), sichern die Möglichkeit, Versicherte im gesetzlich geregelten, vom GBA konkretisierten Ausnahmebereich mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie Anthroposophie oder Phytotherapie zu versorgen. Hinzu kommen die Gestaltungsleistungen bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln kraft Satzung (vgl § 11 Abs 6 S 1 SGB V; vgl zu dessen Regelungsgrenzen - bzgl § 27a SGB V - BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 11 ff).

40

Die Reichweite der Regelung des § 2 Abs 1 S 2 SGB V ist zudem begrenzt. Sie setzt das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)nicht außer Kraft. Eine Begünstigung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen mit der Folge, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts entsprechen, widerspräche den gesetzlichen Vorgaben (vgl Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand: Juni 2015, § 34 SGB V RdNr 33). Nach den Gesetzesmaterialien sollte die Regelung lediglich klarstellen, dass die Ausrichtung der Gesundheitsleistungen am "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) die Leistungen der besonderen Therapierichtungen nicht ausschließt; den besonderen Therapierichtungen sollte hingegen keine Sonderstellung eingeräumt werden; allerdings sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden (vgl Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung <11. Ausschuss> zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , zu § 2 Abs 1 S 2 SGB V, BT-Drucks 11/3480 S 49; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 57). Soweit man der früheren Rechtsprechung des erkennenden Senats hiervon Abweichendes entnehmen will (vgl BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f; BSGE 94, 221 RdNr 27 f = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28 f), gibt er diese Rechtsprechung auf.

41

f) Es entspricht den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben, dass nach der Regelung des GBA die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt - anknüpfend an den gesetzeskonform konkretisierten Therapiestandard - für die in der Anlage I der AM-RL aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen kann, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete (nF: und Anwendungsvoraussetzungen) nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist (§ 12 Abs 6 S 1 AM-RL).

42

4. Die Regelung der AM-RL, ihre gesetzliche Grundlage und die Rechtsanwendung stehen auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass der betroffenen AM-RL (dazu a). Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu b). Die Klägerin kann eine Einbeziehung des Mittels in den Leistungskatalog auch nicht aus den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung herleiten (dazu c).

43

a) Es ist verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass der Gesetzgeber den GBA nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V und § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V konkret ermächtigt hat, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Der erkennende Senat hält mit ergänzenden Erwägungen im Ergebnis an der bisherigen Rechtsprechung des BSG fest (zur bisherigen stRspr vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19). Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass der betroffenen AM-RL. Im hier einschlägigen Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr bei hinreichend normdichter gesetzlicher Ausgestaltung ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind, ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt und die Wahrung der Interessen der Betroffenen rechtssicher gewährleistet ist. Der GBA droht die Grenzen hinreichender demokratischer Legitimation für eine Richtlinie zu überschreiten, wenn sie mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht haben mitwirken können. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der GBA für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist (vgl BVerfG Beschluss vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - Juris RdNr 22). Diesen Anforderungen wird die Ermächtigung des GBA zur Bestimmung von Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gerecht.

44

aa) Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehindert, außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der gemeindlichen Selbstverwaltung für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben durch Gesetz besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit bei der Schaffung und näheren Ausgestaltung von Organisationseinheiten erlaubt es auch, den Selbstverwaltungsträger zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter zu ermächtigen (BVerfGE 107, 59, 90 ff; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2). Im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip (Art 20 Abs 2 GG) nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt (BVerfGE 107, 59, 94; 111, 191, 217 f; zur historischen Entwicklung der Normsetzungsbefugnis ausführlich BSGE 78, 70, 78 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; vgl auch Hauck, NZS 2010, 600, 606 ff). Der Gesetzgeber muss allerdings für die Wahrung der Interessen der Betroffenen sorgen; die Organisationsstruktur des Trägers muss deren angemessene Partizipation an der Willensbildung gewährleisten und darf nicht die Interessen Einzelner bevorzugen, ohne dass insoweit das Gebot strikter formeller Gleichheit besteht (BVerfGE 111, 191, 217; BSGE, aaO). Diese Grundsätze gelten auch für die Entscheidung des Gesetzgebers, dem GBA als Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung die Aufgabe zu übertragen, Ausnahmen vom generellen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in einer Richtlinie festzulegen.

45

bb) Der GBA ist verfassungskonform kraft Gesetzes zur Konkretisierung des sich aus § 34 Abs 1 SGB V ergebenden Regelungsprogramms ermächtigt, außenwirksame Normen im Range untergesetzlichen Rechts in Gestalt von Richtlinien zu erlassen(§ 34 Abs 1 S 2 iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6; zur Gesetzeskonzeption vgl bereits oben, II 3.). Die vorgeschriebene Handlungsform ist gesetzlich präzise ausgeformt und genügt rechtsstaatlichen Anforderungen. Das Verfahren zum Erlass der Richtlinien ist transparent, die Publizität gesichert und die Reichweite der Bindungswirkung gegenüber den Systembeteiligten gesetzlich festgelegt (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 GMG; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

46

Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlich ausgestalteten Handlungsform des GBA steht für die betroffene AM-RL schon entgegen, dass die Handlungsform der Normsetzung durch eine andere verfassungskonforme spezifische Form der Normanwendung wirkungsgleich substituiert werden könnte: Das Grundgesetz stellt der vollziehenden Gewalt weder einen abschließenden Katalog bestimmter Handlungsformen zur Verfügung noch werden ausdrücklich erwähnte Handlungsformen inhaltlich im Einzelnen definiert (BVerfGE 100, 249, 258; BSGE 81, 73, 82 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7). Der GBA könnte als rechtlich verselbstständigter Teil der sozialversicherungsrechtlichen Selbstverwaltung (§ 91 Abs 1 SGB V) nach dem hinreichend dichten Normprogramm des § 34 Abs 1 S 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel auch durch Allgemeinverfügung nach § 31 S 2 SGB X nach pflichtgemäßem Ermessen ermessensfehlerfrei anordnen(vgl auch BVerfGE 106, 275, 305 ff = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 ff, zur Festsetzung der Festbeträge nach § 35 SGB V durch Allgemeinverfügung; vgl auch BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 21 ff, wonach das Bundesversicherungsamt Regelungen über das Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen nach pflichtgemäßem Ermessen durch Allgemeinverfügung treffen kann), wenn der Gesetzgeber ihm nicht durch § 34 Abs 1 S 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V die untergesetzliche Normsetzung als Handlungsform vorgegeben hätte(vgl BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 12 ff; s ferner BSGE 117, 94 = SozR 4-2500 § 137 Nr 5, RdNr 22 und 24).

47

cc) Der GBA unterliegt bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Handlungsbefugnisse - hier speziell beim Erlass der AM-RL nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V - der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter. Das SGB V regelt in § 91 Abs 8, § 94 Abs 1 im Zusammenspiel mit dem SGB IV(§ 91 Abs 8 S 2 SGB V iVm §§ 67, 88, 89 SGB IV) detailliert und umfassend die staatliche Aufsicht über den GBA generell und speziell beim Erlass von Richtlinien. Danach sind die vom GBA beschlossenen Richtlinien dem BMG vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Das BMG kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom GBA zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Zweimonatsfrist für eine Beanstandung unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom BMG mit Auflagen verbunden werden; es kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des GBA nicht oder nicht innerhalb einer vom BMG gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des BMG nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erlässt es die Richtlinien selbst.

48

§ 94 Abs 1 SGB V ermöglicht damit eine präventive aufsichtsrechtliche Kontrolle, bevor die Richtlinien des GBA im Bundesanzeiger publiziert und damit grundsätzlich wirksam werden. Die aufsichtsrechtlichen Befugnisse des BMG sind auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Das entspricht dem Grundsatz, dass die Staatsaufsicht gegenüber Selbstverwaltungsträgern prinzipiell auf eine Rechtsaufsicht begrenzt und für eine weiterreichende Zweckmäßigkeitskontrolle nur Raum ist, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich angeordnet hat (vgl hierzu BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40 mwN). Die danach gebotene reine Rechtmäßigkeitskontrolle führt beim Prüfmaßstab zum Gleichlauf mit der gerichtlichen Kontrolle. Die Kontrolle ist - wie oben dargelegt (vgl II 3. a) - in der Prüfdichte nur dort eingeschränkt, wo dem GBA ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.

49

dd) Die verfassungsrechtlich erforderliche Beteiligtenpartizipation wird durch § 92 Abs 3a SGB V gewahrt. Danach ist vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die Beteiligungsrechte sind durch das SGB V damit so umfassend ausgestaltet und verfahrensmäßig auch durch die VerfO des GBA abgesichert, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt, auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen (zur Betroffenenpartizipation Hauck, NZS 2010, 600, 603 ff). Die eingehenden Stellungnahmen werden auch - institutionell abgesichert - in die Entscheidung des GBA einbezogen, ohne dass der GBA an sie gebunden ist.

50

ee) Der GBA ist auch inhaltlich hinreichend normdicht für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Bedeutung und Reichweite dieser Entscheidung ist von vornherein durch den gesetzlich normierten Grundsatz begrenzt, dass apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel idR nicht zum GKV-Leistungskatalog gehören. Welche Arzneimittel nach dem gesetzlichen Normprogramm "apothekenpflichtig" (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB V),aber "nicht verschreibungspflichtig" sind, ist präzise durch die Regelung des § 48 AMG iVm der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln bestimmt(vgl dazu zB BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 18). Die Begriffe der "Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" und "als Therapiestandard" sind jedenfalls durch die Rechtsprechung des BSG (vgl oben) so präzisiert, dass dem GBA kein nennenswerter Auslegungsspielraum verbleibt. Auch bei der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse zur Operationalisierung der genannten Rechtsbegriffe unterliegt der GBA weitgehender gerichtlicher Kontrolle: So überprüft das Gericht bei entsprechendem Anlass auch die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl zB BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 15)und - so diese Voraussetzung erfüllt ist - die Vertretbarkeit seiner Schlussfolgerung (vgl auch BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 28).

51

Der Gesetzgeber wählte diese Ausgestaltung der Ausnahmeentscheidung durch den GBA, um die Qualität der Leistungserbringung zu sichern, eine Gleichbehandlung der Versicherten zu erreichen und um die Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit auszurichten. Dies gewährleistet, dass die betroffenen Pharmakotherapien auf ihren therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Ausnahmeentscheidungen zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Ein solches Vorgehen darf dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt sein (vgl entsprechend BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19).

52

ff) Die Intensität, mit der die Richtlinie zu Ausnahmen vom generellen Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an der Regelsetzung Beteiligte und Unbeteiligte trifft, ist insgesamt gering. Nichtärztliche Leistungserbringer in einem weiteren Sinne sind durch die Richtlinie nicht betroffen. Zwar verändert jede Neugestaltung des Leistungsrechts den Leistungsanspruch des Versicherten und damit auch den Umfang dessen, woran die Leistungserbringer teilhaben. Das aber ist ein unvermeidlicher Reflex geänderter Leistungsansprüche und gerade kein Eingriff in subjektive, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Rechte (Berufsfreiheit) dieser Leistungserbringer. Dies liefe auf ein Mitspracherecht des "Verkäufers" an der Entscheidung über die Produktwahl hinaus (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 14 ff mwN zur Rspr des BVerfG; BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 13; vgl auch Neumann, NZS 2010, 593, 597; Hauck, GesR 2011, 69 ff, Fn 29 mwN).

53

Betroffen von Änderungen des Leistungsrechts sind hingegen in erster Linie Versicherte, zudem Ärzte in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit (vgl zur Bedeutung als dienende Freiheit Hauck, SGb 2014, 8 f mwN). Die Eingriffsintensität ist insoweit aber gering. Denn zur Beurteilung der Betroffenheit ist zunächst die vom Bundesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende (dazu 4. b) Entscheidung in den Blick zu nehmen, nicht verschreibungspflichtige Medikamente generell aus dem Leistungskatalog auszuschließen. In diesem gesetzlichen Ausschluss liegt die eigentliche Belastung Betroffener. Die Ermächtigung des GBA, hiervon in Richtlinien unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen Ausnahmen zu machen, benachteiligt den betroffenen Personenkreis nicht, sondern begünstigt ihn. Einen gesetzlichen Anspruch, bestimmte Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufzunehmen, billigt der Gesetzgeber diesem Personenkreis nicht zu.

54

b) Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundrechten aus Art 2 Abs 2 und Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar.

55

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 12; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3, stRspr). Daran fehlt es. Das BVerfG (vgl BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - BVerfGK 20, 159 = NJW 2013, 1220) und der erkennende Senat (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 12 ff)haben dies unter Berücksichtigung der im Gesetz angelegten Abmilderungen geprüft und verneint. Der erkennende Senat verweist hierauf.

56

Gleiches gilt für die Vereinbarkeit der Leistungsbegrenzung in § 34 Abs 1 SGB V mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit(Art 2 Abs 2 S 1 GG) und dem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (vgl dazu BVerfGE 115, 25, 43 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 21, 24). Denn der Gesetzgeber hat lediglich in verhältnismäßiger Weise von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, den Bereich der Eigenvorsorge zu umreißen (vgl BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - BVerfGK 20, 159 = NJW 2013, 1220; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 20).

57

c) Ein anderes Ergebnis folgt schließlich für die Klägerin nicht aus den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfG Beschluss vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - Juris RdNr 18).

58

Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Schon die Voraussetzungen der Regelung des am 1.1.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V sind nach den Feststellungen des LSG nicht erfüllt.

59

Es ist nach den nicht angegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits nicht erkennbar, dass die Klägerin bei Antragstellung und danach (noch) an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung litt. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Dies behauptet selbst die Klägerin nicht. Zudem fehlen hierfür nach den Feststellungen des LSG Anhaltspunkte. Denn die Klägerin wurde im Jahr 2007 operiert, erhielt in der Folgezeit wegen des rezeptor-negativen Tumors eine begleitende Chemotherapie und stellte ihren Antrag auf Versorgung mit dem anthroposophischen Arzneimittel zur adjuvanten Therapie Ende 2011. Zudem stand mit der Chemotherapie für die Klägerin eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung, die sie auch erhielt. Schließlich hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht, durch die Eigenfinanzierung der adjuvanten Therapie unzumutbar belastet zu werden.

60

5. Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf einen Verstoß der AM-RL gegen die Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme berufen (sog Transparenz-Richtlinie; ABl EG L vom 11.2.1989, 40, 8). Dies hat der erkennende Senat bereits entschieden (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 21 ff). Hieran hält er fest.

61

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.