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| 1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einvernehmen mit den Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Bewilligungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Dem Kläger steht für die Zeit ab dem 23.09.2009 kein Anspruch auf höheres Alg als bewilligt zu. |
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| a) Insbesondere hat die Beklagte zu Recht ihrer Berechnung ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt. |
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| aa) Eine solche fiktive Berechnung ist nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorgeschrieben, wenn innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden kann. |
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| (1) Der in diesem Sinne erweiterte Bemessungsrahmen umfasst nach § 130 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III die beiden Jahre bis zum letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des (jeweiligen) Anspruchs (auf Alg). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III die bei Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. |
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| (2) Nach diesen nationalrechtlichen deutschen Vorschriften können im (erweiterten) Bemessungsrahmen nur versicherungspflichtige Beschäftigungen (vgl. hierzu § 24 Abs. 1 SGB III) in Deutschland berücksichtigt werden. Nur eine solche Inlandsbeschäftigung kann „versicherungspflichtig“ im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung sein. Dies folgt aus der Grundregel in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), nach der - unter anderem - die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen gelten, die im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs beschäftigt sind. Dies ist die Bundesrepublik. Der Sinn hinter dieser Regelung ist, dass auch Sozialversicherungsbeiträge nur für eine Inlandsbeschäftigung abgeführt werden, dann aber können entsprechende Leistungsansprüche - grundsätzlich - auch nur aus Inlandsbeschäftigungen erwachsen. |
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| (3) Auch im Rahmen einer europarechtskonformen (hier einer verordnungskonformen) Auslegung des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Auslandsbeschäftigungen, die innerhalb des (erweiterten) Bemessungsrahmens ausgeübt worden sind, für die Berechnung der Höhe des Alg-Anspruchs nicht herangezogen werden. |
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| Für den Alg-Anspruch des Klägers gilt insoweit die genannte VO (EWG) Nr. 1408/71 (im Folgenden weiterhin: VO). Diese ist im Verhältnis zur Schweiz, also jenem Land, in dem der Kläger die hier streitige Auslandsbeschäftigung ausgeübt hat, seit dem 01.06.2002 anwendbar, denn sie ist in Anhang II Abschn. A des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 aufgeführt, das seinerseits (für Deutschland und die Schweiz) am 01.06.2002 in Kraft getreten ist. Dagegen galt für den Alg-Anspruch des Klägers im Streitzeitraum ab dem 23.09.2009 (noch) nicht die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Zum einen ist diese Verordnung selbst innerhalb der EU erst seit dem 01.05.2010 anwendbar, nachdem erst zu diesem Tag die nach Art. 89, 91 VO (EG) Nr. 883/2004 notwendige Durchführungsverordnung (Verordnung [EG] Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009) in Kraft getreten ist. Zum anderen ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Verhältnis zur Schweiz bis heute nicht anwendbar, nachdem die Schweiz nach wie vor nicht Mitgliedsstaat der EU ist und ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und der Schweiz über die Anwendbarkeit der neuen Verordnung bislang nicht geschlossen worden ist. |
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| Nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 1 VO erhalten Grenzgänger - darunter echte Grenzgänger wie der Kläger - bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaats für sie gegolten hätten. Dieser Grundsatz, der überhaupt erst zu einem Anspruch auf Alg in Deutschland nach einer Auslandsbeschäftigung führt, wird in Art. 67 ff. VO konkretisiert: |
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| Hiernach werden ausländische Beschäftigungs- und Versicherungszeiten nach Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VO berücksichtigt, soweit dies „für den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs“ erforderlich ist. Dies gilt an sich nach Art. 67 Abs. 3 VO nur dann, wenn der Arbeitslose „unmittelbar zuvor“ entsprechende Zeiten im (jetzigen) Wohnsitzstaat zurückgelegt hat, aus dem hier enthaltenen Verweis auf Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii VO ergibt sich jedoch, dass diese einschränkende Voraussetzung bei echten Grenzgängern nicht gefordert ist. Ferner werden ausländische Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nach Art. 67 Abs. 4 VO bei der Bestimmung der Dauer der Leistungsgewährung im Wohnsitzstaat berücksichtigt. |
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| Anders sind dagegen die Regelungen über die Höhe eines Leistungsanspruchs bei Vollarbeitslosigkeit ausgestaltet. Hier bestimmt Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO, dass der zuständige Leistungsträger - dies ist nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 2 VO der Leistungsträger im Wohnsitzstaat - „ausschließlich“ das Entgelt zu Grunde zu legen hat, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet „dieses Staates“ erhalten hat. Damit ist die letzte Beschäftigung im Wohnsitzstaat gemeint, also gerade nicht die Auslandsbeschäftigung. Dies wird bestätigt durch die Ausnahmeregelung in Art. 68 Abs. 1 Satz 2 VO für die Fälle, in denen die letzte Beschäftigung „dort“ (also im Wohnsitzstaat) weniger als vier Wochen gedauert hat. Auch in diesem Fall wird allerdings nicht etwa das Entgelt während der Auslandsbeschäftigung berücksichtigt, sondern (fiktiv) das „Entgelt, das am Wohnort (…) des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist“. Für den Kläger wäre dies - genau wie es § 132 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB III vorsieht - ein Entgelt, das in Deutschland - genauer: im Bezirk der Agentur für Arbeit K. - für eine Tätigkeit als Verkäufer üblich ist. Diese rein fiktive Berechnung des Alg war gegenüber der Schweiz im Übrigen schon in der Zeit vor In-Kraft-Treten des Abkommens vom 21.06.1999 maßgeblich: Nach Art. 7 Abs. 2 lit. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 war „bei der Bemessung von Arbeitslosengeld nach deutschen Rechtsvorschriften“ (ausschließlich) „das am Wohnsitz (…) des Arbeitslosen maßgebliche tarifliche oder (…) ortsübliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung zu Grunde zu legen, für die der Arbeitslose (…) in Betracht“ kam. Dagegen hatte die Schweiz bei der Berechnung einer dort gewährten Arbeitslosenentschädigung nach Art. 7 Abs. 2 lit. b des Abkommens auf das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt abzustellen. |
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| Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für echte Grenzgänger wie den Kläger eine weitere Ausnahme von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO gibt, und zwar dann, wenn sie vor ihrer Arbeitslosigkeit in ihrem Wohnsitzland überhaupt kein Arbeitsentgelt erzielt haben, sondern direkt aus ihrer Auslandsbeschäftigung heraus arbeitslos geworden sind. Bei wörtlicher Auslegung beider Sätze des Art. 68 Abs. 1 VO wäre dann gar kein Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Es wäre allerdings denkbar, hier Satz 2 anzuwenden, nämlich mit der Begründung, dass auch eine fehlende Beschäftigung eine Beschäftigung von „weniger als vier Wochen“ ist (vgl. zu allem Schlegel, in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2008, EWGVO 1408/71 Art 68 Rn 16; Fuchs, in: Gagel, SGB II/III, Band 2, Stand Juli 2010, VO (EG) Nr. 987/2009 Rn. 68 [noch zur VO]). Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung jedoch eine andere Lösung für dieses Problem gewählt. In dem Urteil vom 28.02.1980 in der Rechtssache (Rs.) Fellinger (Az. 67/79, SozR 6050, Art. 68 Nr. 1) hat er entschieden, dass Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO im Lichte von Art. 51 des (damaligen) Vertrags über die Gründung einer Europäischen Wirtschaftsunion (EWGV) dahin auszulegen ist, dass im Falle eines vollarbeitslosen Grenzgängers der zuständige Leistungsträger des Wohnsitzmitgliedsstaats die von ihm zu gewährenden Leistungen unter Berücksichtigung des Entgelts zu berechnen hat, dass der Arbeitnehmer während der letzten Beschäftigung in dem (ggfs. anderen) Mitgliedsstaat erhalten hat, in dem er „unmittelbar“ vor Eintritt der Arbeitslosigkeit beschäftigt war. Entsprechend diesem Urteil des EuGH hat das Bundessozialgericht (BSG), auf dessen Vorlagebeschluss vom 15.02.1979 hin das Urteil Fellinger ergangen ist, in seinem Urteil vom 13.05.1981 (7 RAr 68/77, Juris Rn. 21) ausgeführt, das im Ausland erzielte Entgelt sei zu berücksichtigen, wenn die letzte Beschäftigung „unmittelbar“ vor der Arbeitslosigkeit im Ausland ausgeübt worden ist. Jenem Verfahren zu Grunde lag der Alg-Antrag eines echten Grenzgängers, der nach seiner Auslandsbeschäftigung überhaupt nicht mehr in Deutschland gearbeitet, sondern sich direkt arbeitslos gemeldet hatte. Diese Rechtsprechung hat dann zu der Praxis der Beklagten geführt, das ausländische Entgelt nur dann zu berücksichtigen, wenn überhaupt keine Inlandsbeschäftigung mehr ausgeübt worden ist (vgl. BA-Rundbrief 2003 Nr. 5, S. 1-2 vom 14.01.2003, zit. nach Juris). |
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| Diese bislang nur richterrechtlich gebildete Ausnahme zu Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO hat der europäische Verordnungsgeber (hier: Parlament und Rat) nunmehr in Art. 62 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 übernommen. Nach dieser Regelung - die aber wie ausgeführt hier noch nicht anwendbar ist - berücksichtigt der Träger des Wohnmitgliedsstaats bei der Berechnung der Leistungen bei Vollarbeitslosigkeit das Entgelt, das der Grenzgänger in dem Mitgliedsstaat erhalten hat, dessen Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten haben. Die Formulierung, es sei die „letzte“ Beschäftigung maßgeblich, wird auch in der entsprechenden Durchführungsregelung in Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 verwendet. |
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| Gerade aus der Formulierung der „letzten Beschäftigung“, die nunmehr der europäische Verordnungsgeber gewählt hat, um die bisherige Rechtsprechung des EuGH zu kodifizieren, ergibt sich, dass auf eine Auslandsbeschäftigung nur dann abgestellt werden kann, wenn nach ihrem Ende im Inland überhaupt keine Beschäftigung mehr ausgeübt worden ist, sondern sich der (ehemalige) Grenzgänger direkt arbeitslos gemeldet hat. Wie ausgeführt, war die Formulierung „unmittelbar“ aus dem Urteil des EuGH in der Rs. Fellinger schon bislang so verstanden worden. |
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| Auch inhaltlich lässt sich diese Auslegung rechtfertigen. Wenn sich ein Grenzgänger nach dem Ende seiner Auslandsbeschäftigung im Wohnsitzstaat nicht direkt arbeitslos meldet, sondern zunächst noch eine Inlandsbeschäftigung aufnimmt, verliert er seinen Status als Grenzgänger und wird - zunächst - im ganz üblichen Sinn Inlandsarbeitnehmer. Er gliedert sich (wieder) in den Arbeitsmarkt seines Wohnsitzstaates ein. Auf ihn können daher uneingeschränkt allein die innerstaatlichen Regelungen angewandt werden. Es bleibt dann dem für die Leistungsgewährung zuständigen Wohnsitzstaat überlassen, ob er gleichwohl (auch) die Auslandsbeschäftigungen berücksichtigt oder nicht. Das Europarecht kann ihm für einen derartigen Inlandssachverhalt keine Vorgaben machen. Sie wären auch kaum einheitlich möglich, weil es dem Mitgliedsstaat selbst überlassen ist, wie er seine etwaigen Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit berechnet. In einem Mitgliedsstaat etwa, der allein auf den letzten Beschäftigungsmonat abstellt und nicht auf längere Zeiträume wie Deutschland mit den Regeln über den Bemessungsrahmen (ähnlich wie z. B. die deutschen Regeln über die Berechnung von Krankengeld), käme die Frage gar nicht auf, ob länger zurückliegende Auslandsbeschäftigungen zu berücksichtigen seien. |
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| Da es sich bei der genannten Rechtsprechung um eine Ausnahme zu der Grundregel in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO handelt, kann diese auch nicht erweiternd angewandt werden. Die Anwendung dieser Ausnahme ist nur gerechtfertigt in den Fällen, in denen nach wortgetreuer Auslegung des § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VO - jedenfalls nach Lesart des EuGH - überhaupt kein Entgelt zu berücksichtigen wäre, auch kein fiktives, und der Arbeitslose daher womöglich ganz ohne Leistungsanspruch bliebe. Greift diese Erwägung nicht ein, weil auch bei Abstellen auf eine Inlandsbeschäftigung ein Leistungsanspruch besteht, der - wie Art. 68 Abs. 1 Satz 2 VO zeigt - auch nach einem fiktiven Einkommen berechnet werden kann, gelten wieder die grundsätzlichen Erwägung, die hinter Art. 68 Abs. 1 VO stehen: Zum einen werden die Leistungen bei Arbeitslosigkeit am Wohnort vom Wohnsitzstaat gewährt und sollen auch - nur - den Lebensunterhalt des Arbeitslosen an diesem Ort sichern. Es ist daher gerechtfertigt, die Höhe der Leistungen nach den Regeln dieses Wohnsitzstaats zu ermitteln, weil davon auszugehen ist, dass diese Regelungen die Lebensumstände am Wohnort sachgerecht widerspiegeln. Hatte der Arbeitslose länger zuvor im Ausland (umgerechnet) höhere Entgelte erzielt, kann davon ausgegangen werden, dass dies auch auf höheren Lebenshaltungskosten in jenem Staat beruhte. Nach dem Wegfall der Auslandsbeschäftigung, allein auf den Wohnort abstellend, können daher aus dem früheren, ggfs. höheren Einkommen keine Rechte hergeleitet werden. Und zum anderen muss der Träger des Wohnsitzstaates nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii, Art. 67 Abs. 1, 2 VO Leistungen gewähren, auch wenn an ihn selbst keine Beiträge für die vorherige Beschäftigung abgeführt wurden. Er hat auch keinen Anspruch gegen den früheren Beschäftigungsstaat auf Erstattung von Beiträgen, die möglicherweise dort gezahlt worden sind (Art. 70 VO). Es ist daher gerechtfertigt, zumindest bei der Höhe der Leistungen, denen keine Beitragszahlung gegenüber steht, auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften abzustellen. |
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| Der Kläger nun hat - unstreitig - nach dem Ende seines Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses in der Schweiz zunächst ein inländisches Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Post aufgenommen, das versicherungspflichtig zur Arbeitslosenversicherung war. Auf die Länge dieses Beschäftigungsverhältnisses kommt es nach der genannten Rechtsprechung von EuGH und BSG nicht an. Der Kläger hat daher nicht „unmittelbar“ vor seiner Arbeitslosigkeit (oder der nach deutschem Recht insoweit relevanten Arbeitslosmeldung) als Grenzgänger im Ausland gearbeitet. |
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| Auch aus anderen Erwägungen heraus lässt sich eine solche „Unmittelbarkeit“ trotz des inländischen Beschäftigungsverhältnisses nicht annehmen. Der Kläger hat hierzu darauf verwiesen, sein Arbeitsverhältnis in der Schweiz habe bis zum 31.08.2009 bestanden und die Post habe das inländische Arbeitsverhältnis bereits am 02.09.2009 zum 18.09.2009 gekündigt. Es kommt jedoch nicht auf das (zivilrechtliche) Arbeits-, sondern auf das (sozialrechtliche) Beschäftigungsverhältnis an, also die faktische weisungsgebundene Tätigkeit (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Dies gilt nicht nur nach deutschem Recht, sondern auch Art. 68 Abs. 1 VO spricht allein von einer „Beschäftigung“, während z. B. Art. 67 Abs. 1 und 2 VO durchaus zwischen Beschäftigungszeiten und „Versicherungszeiten“, zu denen im Prinzip auch Zeiten ohne faktische Tätigkeit gehören können, unterscheidet. Im Übrigen lägen selbst dann, wenn man vom Ende des schweizerischen Arbeitsverhältnisses ausginge, bis zur Arbeitslosigkeit des Klägers noch immer 18 Tage mit einer Inlandsbeschäftigung, sodass es auch dann an der Unmittelbarkeit fehlte. |
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| (4) Ebenso kann der Kläger auf der Ebene des einfachen deutschen Rechts keine günstigere Rechtsposition herleiten. |
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| Hier hat er vor allem darauf verwiesen, es sei unbillig, dass sein Anspruch auf Alg wegen der kurzzeitigen Inlandsbeschäftigung niedriger sei als er wäre, wenn er sich unmittelbar nach dem Ende seines schweizerischen Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos gemeldet hat. Er hat hierzu unter anderem vorgetragen, auf ihn seien die Ausnahmeregelungen über atypische Beschäftigungsverhältnisse aus § 130 Abs. 2 SGB III zumindest dem Rechtsgedanken nach anzuwenden. Dem folgt der Senat jedoch nicht. |
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| Nach § 130 Abs. 2 SGB III bleiben bestimmte Beschäftigungszeiten oder ähnliche Zeiten bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt. Sie führen nicht zu einer Verlängerung des Bemessungsrahmens. Die Norm soll verhindern, dass kurzzeitige Beschäftigungen mit niedrigerem Gehalt solche Anwartschaften wertmäßig vermindern, die der Arbeitslose auf Grund einer vorher ausgeübten Beschäftigung mit höherem Gehalt bereits erworben hatte. Dies setzt aber voraus, dass diese vorherige Beschäftigung ihrerseits versicherungspflichtig war und durch eine Beitragszahlung zur (deutschen) Arbeitslosenversicherung zu entsprechenden Anwartschaften geführt hat. Dies war bei dem Kläger nicht der Fall. |
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| Eine weitergehende Billigkeitsklausel enthalten die §§ 130 ff. SGB III nicht. Bereits die Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III beruht auf Billigkeitserwägungen, worauf gerade dieser Begriff in Nr. 2 der Norm hindeutet. Diese Verlängerung ermöglicht einem Arbeitslosen, ggfs. auf länger zurückliegende, versicherungspflichtige Inlandsbeschäftigungen zurückzugreifen. Dies nützt dem Kläger nichts, da er wesentlich länger als zwei Jahre in der Schweiz gearbeitet hatte. Und selbst wenn eine noch weitergehende Erweiterung des Bemessungsrahmens möglich wäre, würde dies immer nur dazu führen, dass sehr lange zurückliegende Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland maßgeblich würden. Das schweizerische Beschäftigungsverhältnis bliebe dagegen immer unberücksichtigt. |
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| (5) Letztlich sieht der Senat in dieser Auslegung der innerstaatlichen Vorschriften, aber auch der VO, keinen Verstoß gegen Grundrechte des Klägers, sodass offen bleiben kann, ob Normen des europäischen Sekundärrechts überhaupt am Grundgesetz (GG) gemessen werden können. |
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| (aa) Die Eigentumsgarantie des Klägers ist bereits nicht beeinträchtigt. Für seine Auslandsbeschäftigung in der Schweiz hat er zumindest keine Beiträge zur deutschen Arbeitslosenversicherung geleistet. Daher sind ihm auch keine Anwartschaften (im verfassungsrechtlichen) Sinne erwachsen, die möglicherweise nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG geschützt wären. |
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| (cc) Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Kläger wird im Vergleich zu keiner anderen Gruppe in ungerechtfertigter Weise benachteiligt. |
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| Als Vergleichsgruppe heranzuziehen sind hier jene Grenzgänger, die sich unmittelbar nach dem Ende ihrer Auslandsbeschäftigung arbeitslos melden und bei denen dann die ausländischen Arbeitsentgelte berücksichtigt werden. Diese Gruppe ähnelt der Gruppe des Klägers, bei der noch eine Inlandsbeschäftigung dazwischen liegt, in den meisten relevanten Punkten. |
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| Gegenüber dieser Gruppe wird der Kläger benachteiligt. Diese Benachteiligung ist jedoch gerechtfertigt. |
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| Als Rechtfertigungsmaßstab ist hier - nur - das Willkürverbot anzulegen. Dies genügt immer dann, wenn das Gesetz eine Differenzierung an sachbezogene Merkmale knüpft. Eine strengere Prüfung, etwa nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, ist nur dann zu fordern, wenn an personenbezogene Merkmale angeknüpft wird, insbesondere, wenn die Betroffenen diese Merkmale in ihrer Person nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand erreichen können (unveränderliche personenbezogene Merkmale), ebenso ist eine strengere Prüfung durchzuführen, wenn die Differenzierung auch die Schutzbereiche anderer Grundrechte berührt. Die Benachteiligung des Klägers nun beruht darauf, dass er nach dem Ende seiner Auslandsbeschäftigung noch in Deutschland beschäftigt war, bevor er sich arbeitslos meldete. Dies ist ein rein sachbezogenes Merkmal, das der Kläger beeinflussen konnte. Andere Grundrechte berührt die Differenzierung, wie ausgeführt, ebenfalls nicht. |
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| Das Willkürverbot ist nur dann verletzt, wenn sich kein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung finden lässt. Möglicherweise reicht hierzu schon aus, dass Deutschland europarechtlich, nämlich nach der Rechtsprechung des EuGH, gezwungen ist, bei einer Arbeitslosigkeit unmittelbar nach einer Auslandsbeschäftigung das dort erzielte Entgelt zu berücksichtigen. Aber auch inhaltlich gibt es vertretbare Gründe für die Unterscheidung, vor allem die bereits erwähnte Eingliederung des ehemaligen Grenzgängers in den deutschen Arbeitsmarkt durch die Inlandsbeschäftigung. |
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| bb) Bei dem Kläger lagen auch in dem erweiterten Bemessungsrahmen keine 150, sondern nur 47 Kalendertage mit (berücksichtigungsfähigem) Arbeitsentgelt vor, nämlich nur die Tage vom 03.08. bis 18.09.2009. |
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| b) Die Beklagte hat auch bei der Errechnung des fiktiven Arbeitsentgelts § 132 Abs. 2 SGB III richtig angewandt. Sie hat den Kläger in die Qualifikationsgruppe 3 eingeordnet und entsprechend ein Arbeitsentgelt von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) zu Grunde gelegt. Die Beklagte ist hierbei davon ausgegangen, dass jene Beschäftigung, für die sich der Kläger den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt hat, nämlich die Tätigkeit als Verkäufer, eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordere. Ob dies so ist, kann hier offen bleiben, denn der Kläger ist durch diese Annahme nicht beschwert. Eine Einordnung in Qualifikationsgruppe 2 kam nicht in Betracht, weil die Tätigkeit als Verkäufer jedenfalls keine Ausbildung an einer Fachschule und keine Qualifikation als Meister erfordert. Dies gölte auch dann, wenn man mit dem Kläger auf seine frühere Tätigkeit als Bankkaufmann abstellte. |
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| c) Andere Fehler der Beklagten bei der Errechnung des Anspruchs des Klägers auf Alg ab dem 23.09.2009 sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. |
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| 2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG. |
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| 3. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. |
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