Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Dez. 2005 - L 13 AS 5471/05 ER-B

published on 30/12/2005 00:00
Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 30. Dez. 2005 - L 13 AS 5471/05 ER-B
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Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Oktober 2005 aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wegen des Bescheids vom 5. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005 wird angeordnet. Die Beklagte wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Klägerin ab 4. Oktober 2005 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit A. R. als Darlehen zu gewähren.

Diese Anordnung wird - unter dem Vorbehalt des Weiterbestehens der Hilfebedürftigkeit - zeitlich begrenzt bis längstens 30. April 2006.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Gründe

 
Die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig und sachlich in vollem Umfang begründet.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist einmal das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage wegen der im Bescheid vom 5. Juli 2005 verfügten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23. November 2004 für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2005; denn mit dieser Entscheidung wird die Bindungswirkung der Leistungsbewilligung durchbrochen, so dass es sich dabei um eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende im Sinn von § 39 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch [SGB II] handelt (vgl. zum Beispiel Senatsbeschluss vom 26. August 2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B und vom 18. Oktober 2005 - L 13 AS 3993/05 ER-B) mit der Folge, dass die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat. Damit ist das bereits mit der Antragsschrift der Klägerin vom 4. Oktober 2005 deutlich zum Ausdruck gebrachte Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der ebenfalls am 4. Oktober 2005 erhobenen Anfechtungsklage gerichtet. Soweit sich die Anfechtungsklage auch gegen die im Bescheid vom 5. Juli 2005 verfügte Erstattung der bis 30. Juni 2005 erbrachten Leistungen in Höhe von 3098,05 EUR richtet, hat die Anfechtungsklage nach § 86 a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung, denn insoweit liegt eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht vor. Trotz der weiten Fassung des Wortlauts kann nicht davon ausgegangen werden, dass Widerspruch oder Anfechtungsklage wegen der Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende anders als solche wegen Erstattung von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III; vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25. August 2003 - L 13 AL 2374/03 ER-B, veröffentlicht in Juris) oder anderer Bücher des Sozialgesetzbuchs und deren Grundlage § 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, keine aufschiebende Wirkung haben, die Bezieher solcher Leistungen also weniger schutzwürdig sind (ebenso Conradis in LPK-SGB II § 39 Rn 7; Berlit info also 2005, 3,5; a.A. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 39 Rn 44). Darüber hinaus begehrt die Klägerin im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, ausgenommen die vom Enzkreis auch ab 1. Juli 2005 erbrachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (zuletzt Bescheid vom 26. Juli 2005).
Der auf § 48 SGB X gestützte Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 5. Juli 2005 (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005) erweist sich aller Voraussicht nach als offensichtlich rechtswidrig, denn nach dem Ergebnis des Verfahrens ist die Hilfebedürftigkeit der Klägerin ab 1. Februar 2005 nicht weggefallen; damit wird aller Voraussicht nach auch die Erstattung aufzuheben sein. Gleichzeitig ist der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung geforderte Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, sodass ab deren Rechtshängigkeit der Klägerin befristet bis 30. April 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren sind, wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache allerdings nur als Darlehen (vgl. hierzu im einzelnen Senatsbeschluss vom 26. August 2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B).
Entscheidungserheblich ist, ob die Klägerin und ihr im Haushalt lebender siebzehn Jahre alter, noch die Schule besuchender Sohn mit A. R. eine Bedarfsgemeinschaft bilden, die Klägerin also, was die Beklagte vom Sozialgericht bestätigt geltend macht, mit diesem in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (vgl. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b, 9 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II). Der erkennende Senat versteht mit der Rechtsprechung unter einer eheähnlichen Gemeinschaft eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft im Sinn einer über eine bloße Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehenden Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in BVerfGE 87, 234, 264 f., Beschluss vom 2. September 2004 - 1 BvR 1962/04 - abgedruckt in Juris; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG] in BVerwGE 98, 195, 199; Bundessozialgericht [BSG] in BSGE 90, 90, 98 f); die auf Dauer angelegte Verbindung zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts muss daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen und sich durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen. Maßgebend ist grundsätzlich die Gesamtheit der feststellbaren (äußeren) Tatsachen, die einen Rückschluss auf das Bestehen einer solchen Gemeinschaft zulassen. Bei der Beurteilung, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, gilt die Dauer des Zusammenlebens neben anderen Indizien als gewichtigste Hinweistatsache (BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1999 - 5 B 114/98 - veröffentlicht in Juris). Als weitere Hilfstatsache für die Ernsthaftigkeit einer Gemeinschaft ist auch die nach außen erkennbare Intensität einer Beziehung zu würdigen (BVerwG vom 24. Juni 1999 a.a.O. m.w.N.), wobei sexuelle Beziehungen, wenn sie bekannt sind, berücksichtigt werden können (BVerwGE 98, 195, 199).
Bei einer Gesamtschau der im vorliegenden Fall bekannt gewordenen Umstände ist ein eheähnliches Zusammenleben der Klägerin und A. R. nicht überwiegend wahrscheinlich. In tatsächlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass beide sich seit etwas mehr als zwei Jahren kennen und zwischen beiden eine Liebesbeziehung besteht. Herr R., der eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht und noch einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht, ist erstmals zum 1. Februar 2005 in die von der Klägerin angemietete Drei-Zimmer-Wohnung eingezogen; dort bewohnt er ein eigenes Zimmer. Gemeinsam genutzt wird das Wohnzimmer, in welchem die Klägerin auch schläft, die Küche, und das Bad; von beiden werden auch die Haushaltsgeräte gemeinsam genutzt. Aufgaben im Haushalt werden von beiden erledigt, Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Die Freizeit wird ebenfalls gemeinsam verbracht, wobei beide unterschiedliche Interessenschwerpunkte haben. A. R. zahlt Miete; zu den Lebenshaltungskosten trägt jeder bei. Gemeinsame Kinder oder ein gemeinsames Konto sind nicht vorhanden. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Partner berechtigt sind, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen. In einer gesundheitlichen Notsituation wie z.B. Begleitung zum Arzt oder in das Krankenhaus würden sich die Partner gegenseitig unterstützen. Ob der im Haushalt lebende Sohn der Klägerin auch von Herrn R. betreut wird, ist offen, nachdem die Klägerin und Herr R. - letzterer in einer allerdings nicht der gesetzlichen Form entsprechenden eidesstattlichen Versicherung - hierzu unterschiedliche Angaben gemacht haben. Aus diesen Tatsachen ergibt sich zwar, dass zwischen der Klägerin und Herrn R. eine Wohngemeinschaft besteht und beide sich in gegenseitiger Zuneigung verbunden sind, was auch sexuelle Beziehungen nahe legen könnte. Entscheidend gegen eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinn einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft spricht jedoch, dass die Klägerin und Herr R. im für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung maßgebenden Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids am 1. September 2005 erst seit sieben Monaten und im für die einstweilige Anordnung maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde erst seit nicht ganz elf Monaten zusammen lebten. Diese Dauer des Zusammenlebens erachtet der Senat als zu kurz, um die Ernsthaftigkeit der Beziehung und deren Dauerhaftigkeit sowie Kontinuität bejahen zu können; nach einer solch kurzen Dauer kann, zumal wenn die Partner auch nicht die Befugnis haben, über Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen (vgl. BVerfGE 87, 234, 265), eine dauerhafte Verfestigung der Gemeinschaft noch nicht angenommen werden. Eine dauerhafte Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit solchen inneren Bindungen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, kann regelmäßig erst nach einem deutlich längeren Zusammenleben entstehen; soweit früher eine Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung gefordert worden ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 15), hält der Senat eine solche Festlegung nicht für angebracht (vgl. ebenso BSGE 90, 90, 101). Vielmehr ist in jedem Einzelfall anhand sämtlicher äußerer Umstände das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft zu beurteilen. Grundsätzlich wird eine eheähnliche Gemeinschaft, sofern keine besonderen äußeren Umstände vorliegen, aber erst bei einem deutlich über ein Jahr hinausgehenden Zusammenleben als dauerhaft verfestigt angesehen werden können. Keinesfalls kann, wie die Beklagte angenommen hat, die eheähnliche Gemeinschaft bereits mit Beginn des erstmaligen Zusammenwohnens angenommen werden. Dies bedeutet, dass Einkommen und Vermögen von Herrn R. nicht zu berücksichtigen und die Hilfebedürftigkeit der Klägerin sowie ihres im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Sohnes hiervon losgelöst zu beurteilen ist. Damit steht fest, dass die Klägerin, wie in der Zeit bis 30. Juni 2005 bewilligt, einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber der Beklagten hat; diesen Betrag zu beziffern, hält der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht für angebracht. Gleichzeitig ist die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wegen des Bescheides vom 5. Juli 2005 (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005) anzuordnen. Der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise mit der Beklagten eine sog. Teilzahlungsvereinbarung über die ratenweise Erfüllung der geltend gemachten Erstattungsforderung geschlossen hat, stünde der Anordnung nicht entgegen. Das Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt, anders als die Vorinstanz anzunehmen scheint, keine besondere Eilbedürftigkeit voraus; vielmehr ist einstweiliger Rechtschutz wegen der Aufhebung einer Leistungsbewilligung mit oder ohne Erstattung der Leistung bereits dann zu gewähren, wenn die Aufhebung offensichtlich rechtswidrig ist oder die Behörde sich anschickt, eine von Gesetzes wegen eintretende aufschiebende Wirkung zu missachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 26/08/2005 00:00

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2005 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 3. Mai 2005 vorläufig hö
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published on 13/03/2007 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdev
published on 01/02/2007 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Oktober 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe   1  Die gemäß den §§ 172, 173. Sozia
published on 16/01/2007 00:00

Tenor Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Juli 2006 aufgehoben, soweit darin die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden ist, den Klägerinnen die nach dem Sozialgesetzbuch
published on 27/06/2006 00:00

Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 30. März 2006 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Klage wegen der im Bescheid vom 13. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2
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Annotations

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.