Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 10. Juli 2009 - L 12 AS 3241/08

bei uns veröffentlicht am10.07.2009

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005.
Der 1971 geborene Kläger beantragte im November 2004 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Er hatte zu diesem Zeitpunkt monatliche Unterkunftskosten in Höhe von 280,84 EUR für ein 23,74 qm großes möbliertes Ein-Zimmer-Appartement.
Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 29. November 2004 und Änderungsbescheid vom 4. Januar 2005 Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 in Höhe von 597,84 EUR im Monat (Regelleistung in Höhe von 345 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 252,84 EUR <280,84 EUR abzüglich 28 EUR für Warmwasserbereitung und Strom>). Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Kürzung der Kosten der Unterkunft und Heizung und begehrte zusätzlich die Übernahme von Müllgebühren in Höhe von 8,70 EUR monatlich sowie von monatlichen Ausgaben in Höhe von 65 EUR für Arzneimittel, die nicht von der Krankenkasse erstattet würden. Hierzu verwies er auf eine Bestätigung seiner Hausärztin, welche ihm aufgrund der Erkrankung „Achalasie, Dysphagie“ für die Dauer von 12 Monaten eine Vollkosternährung verordnet hatte. Mit Änderungsbescheid vom 10. Februar 2005 bewilligte die Beklagte daraufhin für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen in Höhe von 606,54 EUR unter Berücksichtigung der Müllgebühren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2005, der nach Rücklauf unter dem Datum 9. Mai 2005 erneut zugestellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Von der Pauschalmiete sei für die Warmwasserbereitung ein Betrag von 9 EUR und für Strom ein Betrag von 19 EUR abzuziehen. Kosten für Arzneimittel seien in der Regelleistung enthalten und könnten nicht gesondert berücksichtigt werden. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 2. Mai 2005 erhöhte die Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 um weitere 25,56 EUR auf 632,10 EUR wegen eines insoweit anzuerkennenden Mehrbedarfs bei kostenaufwendiger Ernährung.
Am 20. Dezember 2005 hat der Kläger zum Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben.
Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2005 und weiterem Bescheid vom 28. November 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Monate Juli bis Dezember 2005 sowie Januar bis Juni 2006 in Höhe von monatlich 632,10 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2005 erhöhte die Beklagte für die Zeit ab Januar 2006 die Leistungen auf 639,36 EUR monatlich mit der Begründung, das nur noch 20,74 EUR monatlich als in der Regelleistung enthaltener Betrag für die Kosten von Strom von den Unterkunftskosten abzuziehen seien.
Das SG hat mit Urteil vom 20. Dezember 2005 die Beklagte gemäß einem im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegebenen Teilanerkenntnis verurteilt, dem Kläger rückwirkend Alg II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 268,80 EUR (280,84 EUR + 8,70 EUR - 20,74 EUR ) zu bewilligen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Folgebescheide für die Leistungszeiträume 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 analog § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sind.
Die Berufung des Klägers hat der Senat mit Urteil vom 17. November 2006 zurückgewiesen und dabei ausgeführt, dass die Höhe der Regelleistung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. Wegen kostenaufwendiger Ernährung werde dem Kläger ein monatlicher Mehrbetrag von 25,56 EUR gewährt. Nach der vorliegenden ärztlichen Bescheinigung handele es sich bei dem zusätzlichen Bedarf nicht um Arzneimittel, sondern um Vollkost. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der von der Beklagten vorgenommene Zuschlag von 25,56 EUR nicht ausreichend bemessen sei, um diese Besonderheiten bei der erforderlichen Ernährung zu berücksichtigen. Schließlich sei auch der von der Beklagten vorgenommene pauschale Abzug von der Regelleistung für die Kosten der Warmwasserbereitung und der Stromversorgung nicht zu beanstanden.
Auf die vom Senat zugelassene Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil vom 17. November 2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen (Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr. 2). Zwar begegne die Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, auch seien Kosten für Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 EUR von den Kosten der Unterkunft abzuziehen. Ebenso habe der Kläger keinen Anspruch auf die Erstattung von Kosten für Arzneimittel. Es fehle aber an hinreichenden Feststellungen dazu, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Leistungen für kostenaufwendige Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II bestehe. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. (DV) seien derzeit nicht als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, sondern lediglich als allgemeine Empfehlungen. Sie könnten zwar als Orientierungshilfe dienen, entbänden aber nicht von der Ermittlungspflicht im Einzelfall, sobald Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe geltend gemacht würden. Maßgeblich sei der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden könne, die von der Regelleistung nicht gedeckt sei. Der Bedarf sei im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären. Ob die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen eine besondere Kostform erforderten, sei nicht festgestellt. Allerdings sei der von der Beklagten für die Vollkost zugrunde gelegte Betrag in Höhe von 25,56 EUR unzutreffend berechnet. Unter Fortschreibung der Krankenkostzulagen ergebe sich ein Betrag in Höhe von 27,37 EUR. Ob, soweit bei dem Kläger dem Grunde nach das Erfordernis einer Krankenkostzulage bestehe, besondere Umstände ein Abweichen von den Pauschalbeträgen der Empfehlungen zu seinen Gunsten geböten, werde das LSG noch festzustellen haben.
10 
Der Senat hat nach Zurückverweisung durch das BSG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. T. vom Klinikum K. hat mit Schreiben vom 18. November 2008 seine Ende 2004 erhobenen Befunde ausführlich dargestellt und mitgeteilt, dass weiterhin eine Achalasie fortbestehe mit intermittierenden Schluckstörungen. Stehe wie beim Kläger eine peristaltische Störung des Ösophagus im Vordergrund, müsse ggf. eine Erprobung der Nahrungsverträglichkeit erfolgen. Erfahrungsgemäß verursachten trockene Mahlzeiten deutlich mehr Schluck- und Passagestörungen als flüssig gut durchsetzte und getränkte Mahlzeiten. Insofern ergehe die Empfehlung, zu den Mahlzeiten ausreichend Flüssigkeiten bereits bei den Schluckaktionen zuzuführen und auf eher trockene Nahrungsbestandteile oder sehr faserige Nahrungsbestandteile zu verzichten. Mit ergänzender Stellungnahme vom 28. April 2009 hat Dr. T. klargestellt, dass nur eine wirkliche Engstellung am Übergang von Speiseröhre zum Magen die unbedingte Notwendigkeit für Zufuhr von flüssiger Kost erklären könne. Bei dem Kläger habe eine Engstellung in dieser Region komplett ausgeschlossen werden können. Dr. P., der den Kläger im ersten Halbjahr 2006 hausärztlich behandelt hat, hat mitgeteilt, dass der Kläger aufgrund der Achalasie langfristig ballastreiche Trinknahrung benötige, die den täglichen Kalorienbedarf decke. Diese sei von ihm rezeptiert worden (Biosorb). Dr. P.-S., die den Kläger während seines Aufenthalts in M. im Jahr 2007 behandelt hat, hat mit Schreiben vom 25. Februar 2009 mitgeteilt, dass in M. keine besondere Ernährung notwendig gewesen sei. Der Kläger habe sich zuvor sechs Monate in Österreich aufgehalten und sei dort mit Vollkost ohne zusätzliche Flüssignahrung zurecht gekommen.
11 
Der Kläger stützt sich zur Begründung seines Begehrens insbesondere auf die Aussage von Dr. P., wonach ballastreiche Trinknahrung indiziert gewesen sei.
12 
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Dezember 2005 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 29. November 2004, 4. Januar 2005 und 10. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2005 bzw. 9. Mai 2005 und des Bescheides vom 2. Mai 2005 zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 höheres Alg II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs in Höhe von monatlich 65 EUR für kostenaufwendige Ernährung zu zahlen.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Der Kläger solle lediglich zur Nahrungsaufnahme viel trinken und bestimmte Nahrungsbestandteile vermeiden. Worin hier ein besonderer Kostenaufwand liegen solle, sei nicht erkennbar.
17 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aller Rechtszüge sowie Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
19 
Gegenstand des Verfahrens ist allein noch die Höhe des dem Kläger zustehenden Alg II im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2005, nachdem die Beteiligten einen entsprechenden Verfahrensvergleich geschlossen haben.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 SGG) ist statthaft (§ 143 SGG), da das SG über einen Leistungszeitraum von mehr als einem Jahr entschieden hat (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über die bereits vom SG zugesprochenen höheren Kosten der Unterkunft hinaus. Insbesondere besteht kein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Zuschlags für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibt es indes bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 EUR monatlich.
21 
Der Kläger ist im streitigen Zeitraum unstreitig leistungsberechtigt als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er ist insbesondere auch hilfebedürftig (§ 9 Abs. 1 SGB II), da zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen im streitigen Zeitraum nicht vorliegen.
22 
Die Höhe der Regelleistung mit 345 EUR im hier streitigen Zeitraum begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, nochmals bestätigt in der zurückverweisenden Entscheidung vom 27. Februar 2008, a.a.O.). Es besteht auch kein Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für Arzneimittel. Der Kläger hat gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, die Kosten für medizinisch nicht notwendige Arzneimittel sind von der Regelleistung gedeckt (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a.a.O.).
23 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat zur vollen Überzeugung gelangt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung hat. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. An Erkrankungen, die einen ernährungsbedingten Mehrbedarf verursachen können, besteht bei dem Kläger eine Achalasie und Dysphagie. Bereits 1994 wurde bei dem Kläger eine Myotomie nach Gottstein-Heller bei nachgewiesener Achalasie durchgeführt. Nachdem im Frühjahr 2004 erneut intermittierend Schluckstörungen aufgetreten waren, erfolgten Ende 2004/Anfang 2005 Untersuchungen im Klinikum K. und in der Universitätsklinik W., die das Vorliegen einer Achalasie bestätigten, indes konnte bei einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie eine Engstellung im Bereich des gastro-ösophagealen Übergangs ausgeschlossen werden (Arztbrief von Prof. Dr. R. von der Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Klinikums K. vom 16. Dezember 2004). Wie insbesondere Dr. T. in seiner schriftlichen Aussage vom 18. November 2008 und nochmals klarstellend und sehr deutlich mit Schreiben vom 28. April 2009 ausgeführt hat, kann eine Achalasie zu umfangreichen und in ihrer Ausprägung unterschiedlichen Passagestörungen aufgrund funktioneller Störungen der Peristaltik, manchmal auch aufgrund einer mechanischen Störung am gastroösophagealen Übergang führen. Nur wenn die mechanische Komponente im Vordergrund steht, kann es erforderlich werden, den Patienten ausschließlich breiig oder flüssig zu ernähren. Steht, wie beim Kläger, eine peristaltische Störung im Vordergrund, muss eine Erprobung der Nahrungsverträglichkeit erfolgen. Dies entspricht auch den Angaben des Klägers, die er selber bei seiner Anamnese im Klinikum K. gemacht hat, denn er hat dort ausdrücklich ausgeführt, dass es sich nicht um kontinuierliche Beschwerden bei jeder Nahrungsaufnahme handele, sondern um durch bestimmte Nahrungsmittel indizierte Beschwerden und Dysphagien, etwa beim Essen eines trockenen Brötchens. Bestätigt wird dieser von 2004 datierende Untersuchungsbefund auch durch eine radiologische Untersuchung (Röntgen Brei-Schluck) im Februar 2006 bei Dr. K., welcher einen weitgehend unauffälligen Befund ohne Anhalt für organische Stenosen oder Passagebehinderung beschreibt. Damit gehen ohne weiteres die Behandlungsempfehlungen von Dr. T. konform, welcher empfiehlt, zu den Mahlzeiten viel Flüssigkeit einzunehmen, um den Schluckvorgang zu erleichtern und ggf. trockene oder faserige Nahrungsbestandteile ganz wegzulassen. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen von Dr. P.-S., die den Kläger allerdings erst nach dem streitigen Zeitraum im Jahr 2007 behandelt hat und jedenfalls für diesen Zeitraum keine besondere Ernährung für erforderlich hält. Ob die weiteren Ausführungen von Dr. P.-S. zutreffen, der Kläger sei auch zuvor während eines Aufenthaltes in Österreich für sechs Monate ohne zusätzliche Flüssignahrung zurecht gekommen, kann letztlich dahin stehen. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung bestritten. Im Hinblick darauf, dass insoweit ohnehin ein hier nicht streitiger Zeitraum betroffen ist, kommt es auf diese Frage nicht entscheidend an.
24 
Soweit der Hausarzt Dr. P. für das erste Halbjahr 2006 eine ballaststoffreiche Trinknahrung verordnet und für erforderlich gehalten hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Dr. P. begründet seine Auffassung lediglich mit der Diagnose der Achalasie, ohne auf den konkreten Fall des Klägers einzugehen. Unter Berücksichtigung der sehr ausführlichen, detaillierten, nachvollziehbar begründeten und insgesamt überzeugenden Aussage des Dr. T. kann der Senat der Einschätzung von Dr. P. nicht folgen. Auch wenn der Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich zusätzlich zur normalen Ernährung Flüssignahrung (Biosorb) zu sich genommen hat, wofür nach seinem Vortrag monatliche Kosten in Höhe von 65 EUR durch den nicht von der Krankenkasse übernommenen Eigenanteil entstanden sind, ist die medizinische Erforderlichkeit der Ernährung mit Flüssignahrung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwiesen.
25 
Bestätigt wird dies letztlich auch durch die vom Kläger vorgelegten Speisepläne selbst. Die von ihm selbst gefertigten Aufschriebe belegen eine ganz normale, vollwertige Ernährung ohne dass ersichtlich wäre, dass besondere Lebensmittel erforderlich waren.
26 
Soweit medizinisch eine Vollkost für erforderlich gehalten wird, verursacht dies keine Mehrkosten, die über einen Mehrbedarfszuschlag auszugleichen wären. Nach dem Willen des Gesetzgebers können zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom DV entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden (BT-Drucks. 15/1516 S. 57). Ob den aktuellen Empfehlungen des DV (3. völlig neu bearbeitete Auflage 2008) die Rechtsnatur eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (so Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2009 - L 9 B 339/08 AS und Urteil vom 22. Januar 2009 - L 8 SO 32/07 - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. März 2009 - L 8 AS 68/08 - ), ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Zur Frage, welche Ernährungsform bei den beim Kläger vorhandenen Erkrankungen Achalasie und Dysphagie erforderlich ist, kann auf die Empfehlungen des DV ohnehin nicht zurückgegriffen werden, da diese Erkrankungen dort nicht gelistet sind. Insoweit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - wie bereits ausgeführt - zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über Vollkost hinaus keiner besonderen Ernährung bedurfte, insbesondere nicht mit Flüssignahrung. Allerdings kann auf die Empfehlungen zurückgegriffen werden für die Frage, welchen Kostenaufwand eine Ernährung mit Vollkost verursacht. Eine in die Empfehlungen des DV eingegangene wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema: Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008 hat insoweit ergeben, dass der bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossene Betrag den Aufwand für eine Vollkost deckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige Ernaehrung.pdf). Dabei wird Vollkost aktuell definiert als eine Kost, die
27 
1. den Bedarf an essentiellen Nährstoffen deckt,
2. in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt,
3. Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und (neu!) auch zur Therapie berücksichtigt,
4. in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1 bis 3 nicht tangiert werden (Empfehlungen des DV, 3. Auflage, S. 16).
28 
Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teuerer als „normale ungesunde“ Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. Januar 2009; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. März 2009, jeweils a.a.O.). Einzelfall bezogene Ermittlungen, welchen Kostenaufwand eine vollwertige Ernährung verursacht, sind daher vorliegend nicht erforderlich.
29 
Die Kosten für Unterkunft und Heizung sind vorliegend bereits vom SG zutreffend berechnet worden. Dabei ist die Pauschalmiete zuzüglich Müllgebühren in voller Höhe abzüglich des in der Regelleistung bereits enthaltenen Anteils für Haushaltsenergie von 20,74 EUR berücksichtigt worden. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a.a.O.).
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
31 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
19 
Gegenstand des Verfahrens ist allein noch die Höhe des dem Kläger zustehenden Alg II im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2005, nachdem die Beteiligten einen entsprechenden Verfahrensvergleich geschlossen haben.
20 
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 SGG) ist statthaft (§ 143 SGG), da das SG über einen Leistungszeitraum von mehr als einem Jahr entschieden hat (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über die bereits vom SG zugesprochenen höheren Kosten der Unterkunft hinaus. Insbesondere besteht kein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Zuschlags für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf. Wegen des Verbots der reformatio in peius verbleibt es indes bei dem von der Beklagten zuerkannten Mehrbedarf in Höhe von 25,56 EUR monatlich.
21 
Der Kläger ist im streitigen Zeitraum unstreitig leistungsberechtigt als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er ist insbesondere auch hilfebedürftig (§ 9 Abs. 1 SGB II), da zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen im streitigen Zeitraum nicht vorliegen.
22 
Die Höhe der Regelleistung mit 345 EUR im hier streitigen Zeitraum begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, nochmals bestätigt in der zurückverweisenden Entscheidung vom 27. Februar 2008, a.a.O.). Es besteht auch kein Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für Arzneimittel. Der Kläger hat gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, die Kosten für medizinisch nicht notwendige Arzneimittel sind von der Regelleistung gedeckt (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a.a.O.).
23 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat zur vollen Überzeugung gelangt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung hat. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. An Erkrankungen, die einen ernährungsbedingten Mehrbedarf verursachen können, besteht bei dem Kläger eine Achalasie und Dysphagie. Bereits 1994 wurde bei dem Kläger eine Myotomie nach Gottstein-Heller bei nachgewiesener Achalasie durchgeführt. Nachdem im Frühjahr 2004 erneut intermittierend Schluckstörungen aufgetreten waren, erfolgten Ende 2004/Anfang 2005 Untersuchungen im Klinikum K. und in der Universitätsklinik W., die das Vorliegen einer Achalasie bestätigten, indes konnte bei einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie eine Engstellung im Bereich des gastro-ösophagealen Übergangs ausgeschlossen werden (Arztbrief von Prof. Dr. R. von der Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Klinikums K. vom 16. Dezember 2004). Wie insbesondere Dr. T. in seiner schriftlichen Aussage vom 18. November 2008 und nochmals klarstellend und sehr deutlich mit Schreiben vom 28. April 2009 ausgeführt hat, kann eine Achalasie zu umfangreichen und in ihrer Ausprägung unterschiedlichen Passagestörungen aufgrund funktioneller Störungen der Peristaltik, manchmal auch aufgrund einer mechanischen Störung am gastroösophagealen Übergang führen. Nur wenn die mechanische Komponente im Vordergrund steht, kann es erforderlich werden, den Patienten ausschließlich breiig oder flüssig zu ernähren. Steht, wie beim Kläger, eine peristaltische Störung im Vordergrund, muss eine Erprobung der Nahrungsverträglichkeit erfolgen. Dies entspricht auch den Angaben des Klägers, die er selber bei seiner Anamnese im Klinikum K. gemacht hat, denn er hat dort ausdrücklich ausgeführt, dass es sich nicht um kontinuierliche Beschwerden bei jeder Nahrungsaufnahme handele, sondern um durch bestimmte Nahrungsmittel indizierte Beschwerden und Dysphagien, etwa beim Essen eines trockenen Brötchens. Bestätigt wird dieser von 2004 datierende Untersuchungsbefund auch durch eine radiologische Untersuchung (Röntgen Brei-Schluck) im Februar 2006 bei Dr. K., welcher einen weitgehend unauffälligen Befund ohne Anhalt für organische Stenosen oder Passagebehinderung beschreibt. Damit gehen ohne weiteres die Behandlungsempfehlungen von Dr. T. konform, welcher empfiehlt, zu den Mahlzeiten viel Flüssigkeit einzunehmen, um den Schluckvorgang zu erleichtern und ggf. trockene oder faserige Nahrungsbestandteile ganz wegzulassen. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen von Dr. P.-S., die den Kläger allerdings erst nach dem streitigen Zeitraum im Jahr 2007 behandelt hat und jedenfalls für diesen Zeitraum keine besondere Ernährung für erforderlich hält. Ob die weiteren Ausführungen von Dr. P.-S. zutreffen, der Kläger sei auch zuvor während eines Aufenthaltes in Österreich für sechs Monate ohne zusätzliche Flüssignahrung zurecht gekommen, kann letztlich dahin stehen. Der Kläger hat dies in der mündlichen Verhandlung bestritten. Im Hinblick darauf, dass insoweit ohnehin ein hier nicht streitiger Zeitraum betroffen ist, kommt es auf diese Frage nicht entscheidend an.
24 
Soweit der Hausarzt Dr. P. für das erste Halbjahr 2006 eine ballaststoffreiche Trinknahrung verordnet und für erforderlich gehalten hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Dr. P. begründet seine Auffassung lediglich mit der Diagnose der Achalasie, ohne auf den konkreten Fall des Klägers einzugehen. Unter Berücksichtigung der sehr ausführlichen, detaillierten, nachvollziehbar begründeten und insgesamt überzeugenden Aussage des Dr. T. kann der Senat der Einschätzung von Dr. P. nicht folgen. Auch wenn der Kläger im streitigen Zeitraum tatsächlich zusätzlich zur normalen Ernährung Flüssignahrung (Biosorb) zu sich genommen hat, wofür nach seinem Vortrag monatliche Kosten in Höhe von 65 EUR durch den nicht von der Krankenkasse übernommenen Eigenanteil entstanden sind, ist die medizinische Erforderlichkeit der Ernährung mit Flüssignahrung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwiesen.
25 
Bestätigt wird dies letztlich auch durch die vom Kläger vorgelegten Speisepläne selbst. Die von ihm selbst gefertigten Aufschriebe belegen eine ganz normale, vollwertige Ernährung ohne dass ersichtlich wäre, dass besondere Lebensmittel erforderlich waren.
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Soweit medizinisch eine Vollkost für erforderlich gehalten wird, verursacht dies keine Mehrkosten, die über einen Mehrbedarfszuschlag auszugleichen wären. Nach dem Willen des Gesetzgebers können zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom DV entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden (BT-Drucks. 15/1516 S. 57). Ob den aktuellen Empfehlungen des DV (3. völlig neu bearbeitete Auflage 2008) die Rechtsnatur eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommt (so Hessisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - L 7 SO 7/08 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2009 - L 9 B 339/08 AS und Urteil vom 22. Januar 2009 - L 8 SO 32/07 - ; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. März 2009 - L 8 AS 68/08 - ), ist vorliegend nicht entscheidungserheblich. Zur Frage, welche Ernährungsform bei den beim Kläger vorhandenen Erkrankungen Achalasie und Dysphagie erforderlich ist, kann auf die Empfehlungen des DV ohnehin nicht zurückgegriffen werden, da diese Erkrankungen dort nicht gelistet sind. Insoweit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - wie bereits ausgeführt - zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über Vollkost hinaus keiner besonderen Ernährung bedurfte, insbesondere nicht mit Flüssignahrung. Allerdings kann auf die Empfehlungen zurückgegriffen werden für die Frage, welchen Kostenaufwand eine Ernährung mit Vollkost verursacht. Eine in die Empfehlungen des DV eingegangene wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Thema: Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008 hat insoweit ergeben, dass der bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossene Betrag den Aufwand für eine Vollkost deckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige Ernaehrung.pdf). Dabei wird Vollkost aktuell definiert als eine Kost, die
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1. den Bedarf an essentiellen Nährstoffen deckt,
2. in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt,
3. Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und (neu!) auch zur Therapie berücksichtigt,
4. in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1 bis 3 nicht tangiert werden (Empfehlungen des DV, 3. Auflage, S. 16).
28 
Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teuerer als „normale ungesunde“ Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22. Januar 2009; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. März 2009, jeweils a.a.O.). Einzelfall bezogene Ermittlungen, welchen Kostenaufwand eine vollwertige Ernährung verursacht, sind daher vorliegend nicht erforderlich.
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Die Kosten für Unterkunft und Heizung sind vorliegend bereits vom SG zutreffend berechnet worden. Dabei ist die Pauschalmiete zuzüglich Müllgebühren in voller Höhe abzüglich des in der Regelleistung bereits enthaltenen Anteils für Haushaltsenergie von 20,74 EUR berücksichtigt worden. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a.a.O.).
30 
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Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Referenzen - Urteile

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 10. Juli 2009 - L 12 AS 3241/08 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 10. Juli 2009 - L 12 AS 3241/08 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. März 2009 - L 8 AS 68/08

bei uns veröffentlicht am 09.03.2009

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. März 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 10. Juli 2009 - L 12 AS 3241/08.

Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 31. März 2011 - S 4 AS 2626/09

bei uns veröffentlicht am 31.03.2011

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand  1 Die Klägerin begehrt von der Beklagten Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung für die Zeit ab dem 1. März 2009.2 Die 1962 geborene Klägerin stand im Bezug laufender Le

Referenzen

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. März 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), insbesondere ein geltend gemachter Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei Diabetes mellitus im Zeitraum vom 01. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008.

2

Der 1960 geborene, erwerbsfähige Kläger bezieht seit dem 01. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Beklagten, die ihm zuletzt mit Bescheid vom 08. März 2007 für den Zeitraum bis zum 30. September 2007 Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung i.H.v. 51,13 monatlich bewilligte. Die Gesamtleistung betrug nach Anpassung der Regelleistung zum 01. Juli 2007 gemäß Änderungsbescheid vom 02. Juni 2007 monatlich 633,13 EUR (Regelleistung 347,00 EUR, Mehrbedarf, Kosten der Unterkunft und Heizung 235,00 EUR). An Kosten der Unterkunft berücksichtigte die Beklagte entsprechend einem vom Kläger bei Erstantragstellung vorgelegten Untermietvertrag mit seiner 1996 geschiedenen ehemaligen Ehefrau die vereinbarte Kaltmiete in Höhe von 195,00 sowie den pauschalen Neben- und Heizkostenanteil in Höhe von 40,00 EUR monatlich.

3

Anlass für die Gewährung eines Ernährungsmehrbedarfs war eine vom Kläger mit seinen ursprünglichen Antragsunterlagen eingereichte ärztliche Bescheinigung der Hausärztin Dr. L vom 29. Oktober 2004. In dem Formular ist die Körpergröße des Klägers mit 183 cm, sein Gewicht mit 114 kg angegeben, als Erkrankung wurde durch Ankreuzen des entsprechenden Feldes "Diabetes mellitus Typ IIa" bezeichnet.

4

Auf einen Fortzahlungsantrag des Klägers vom 30. August 2007, mit welchem Änderungen der Verhältnisse verneint wurden, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 05. September 2007 für die Zeit vom 01. September 2007 bis zum 31. März 2008 nur noch 582,00 EUR monatlich. Einen ernährungsbedingten Mehrbedarf berücksichtigte sie ohne Begründung nicht mehr.

5

Hiergegen erhob der Kläger am 02. Oktober 2007 Widerspruch. Sein Diabetes sei nur schwer einstellbar, weshalb er ganz besonders auf eine ausgewogene Reduktionskost angewiesen sei.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2007 mit der Begründung zurück, dass eine Diabetes-Erkrankung nach derzeitiger medizinischer Einschätzung keine Mehrkosten verursache.

7

Hiergegen hat der Kläger am 20. Dezember 2007 Klage beim Sozialgericht Rostock erhoben. Zur Begründung hat er sich auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. (DV) für die Gewährung von Krankenkostzulagen berufen und vorgetragen, bereits seit 2004 an einem Diabetes mellitus Typ IIb zu leiden. Ausweislich einer Kopie seines Diabetiker-Ausweises wurde seine Erkrankung seinerzeit medikamentös (mit Metformin) behandelt.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 05. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2007 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Oktober 2007 einen monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 54,71 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Empfehlungen des DV aus dem Jahre 1997, die für Typ I- und Typ IIa-Diabetiker eine Krankenkostzulage in Höhe von monatlich 51,13 EUR empfehlen, seien veraltet. Nach dem aktuellen medizinisch-ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisstand, der sich in den Angaben des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner, der Diabetes Gesellschaft Deutschland und der Deutschen Diabetologischen Gesellschaft widerspiegele, sei eine mit einem erhöhten finanziellen Aufwand verbundene besondere Diät oder Ernährung bei diesen Erkrankungen nicht notwendig. Auch der DV sei ausweislich einer Telefonauskunft gegenüber dem LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 26. Februar 2007, L 6 AS 71/06 ER) zu diesem Ergebnis gekommen.

13

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 20. März 2008 verurteilt, dem Kläger "ab dem 01.10.2007 einen monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 54,71 EUR zu zahlen".

14

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf, sodass er diese Leistung zusätzlich von der Beklagten beanspruchen könne. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Einen solchen Mehrbedarf habe der Kläger nachgewiesen durch die ärztlich attestierte Diabetes mellitus Erkrankung vom Typ IIa und die Notwendigkeit einer exakten diätetischen Kostführung.

15

Zwar werde von Fachkreisen bezweifelt, dass die für Diabetiker ebenso wie für Gesunde empfohlene ausgewogenen Mischkost Mehrkosten verursache. Die Empfehlungen des DV sähen für diese Erkrankung jedoch wegen der erforderlichen Diabeteskost eine Zulage in Höhe von 51,13 EUR vor. Auch habe der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 5 SGB II auf diese Empfehlungen Bezug genommen. Schließlich habe das BVerfG in einem Beschluss vom 20. Juni 2006, 1 BvR 2673/05, den Empfehlungen des DV besonderes Gewicht beigemessen, weil sich bereits die Praxis zum BSHG daran orientiert habe, sodass ihnen ein normähnlicher Charakter zukomme, vergleichbar mit den Anhaltspunkten im sozialen Entschädigungsrecht. Ihre Anwendung diene der Praktikabilität und der gleichmäßigen Rechtsanwendung mit der Folge, dass sie nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterlägen und durch Einzelfallgutachten nicht zu widerlegen seien. Dieser Bewertung, der das Hessische LSG (Beschluss vom 05.02.2007 - L 7 AS 241/06 ER) sowie das LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 01. November 2007, L 10 AS 32/06, Neurodermitis) gefolgt seien, schließe sich die Kammer an. Hierbei habe sie berücksichtigt, dass der DV angekündigt habe, die Empfehlungen in naher Zukunft zu aktualisieren. Der Einwand der Beklagten, der DV habe telefonisch bereits mitgeteilt, dass an der Zulage für Diabetes-Erkrankte nicht mehr festgehalten werde, stelle zur Überzeugung der Kammer jedoch keine ausreichende Grundlage für eine Abweichung von den Empfehlungen dar.

16

Aus der jährlichen Fortschreibung der Zulage in Höhe von 51,13 EUR ergebe sich die beantragte Zulage in Höhe von 54,71 EUR.

17

Das SG hat gegen das Urteil die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

18

Gegen das am 14. August 2008 abgesandte und der Beklagten nach eigenen Angaben am 19. August 2008 zugestellte Urteil hat sie am 25. August 2008 Berufung eingelegt, welche sie im Wesentlichen wie erstinstanzlich und ergänzend durch einen Hinweis auf aktuelle Rechtsprechung der 19. Kammer des SG Rostock begründet.

19

Die Beklagte beantragt,

20

das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21

Der Kläger beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Er legt ein Attest des behandelnden Arztes, Facharzt für Innere Medizin Dr. med. W, vom 19. November 2008 vor, wonach eine exakte Kostführung als Basistherapie erforderlich sei, welche eine zuckerfreie, nach Broteinheiten standardisierte Kohlenhydratmenge beinhalte. Ein finanzieller Mehraufwand entstehe aus dem "jeweiligen individuellen Bedarf an diabetischen Diätartikeln".

24

Nach Auffassung des Klägers seien auch unter Berücksichtigung der zum 01. Oktober 2008 überarbeiteten Empfehlungen des DV zur Gewährung von Krankenkostzulagen individuelle Ermittlungen nicht entbehrlich. Der DV weise ausdrücklich darauf hin, die Empfehlungen nicht schematisch anzuwenden, sondern immer die Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Nach Ziffer 6. der Empfehlungen (Verfahren) erfordere die Gewährung von Krankenkostzulagen die Vorlage eines ärztlichen Attestes, in der Regel des behandelnden Arztes, unter Bezeichnung des Gesundheitsschadens, was bereits erstinstanzlich durch Vorlage des Diabetikerpasses und durch Benennung des Dr. med. W geschehen sei. Es handele sich letztlich um einen Einzelfall. Der Kläger habe aufgrund vielfältiger Leistungseinschränkungen bereits einen Rentenantrag wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt. Das gerichtliche Verfahren sei insoweit noch anhängig. Für die abschließende Beurteilung sei ein Befundbericht von Herrn Dr. med. W einzuholen.

25

Der Senat hat mit gerichtlichem Schreiben vom 12. Januar 2009 unter anderem darauf hingewiesen, dass die Diagnose der Hausärztin Dr. L, wonach der Kläger unter einem Diabetes mellitus Typ IIa leide, den in der gleichen Bescheinigung enthaltenen Angaben zu Körpergröße und -gewicht widerspreche. Hiernach errechne sich ein BMI von 34,04, womit deutliche Adipositas bestehe, der Diabetes mithin als Typ IIb einzuordnen sei.

26

Insoweit hat der Kläger erwidert, dass nicht nachvollzogen werden könne, ob die Diagnose der Hausärztin Dr. L im Verfahren maßgeblich geworden sei. Hierauf komme es auch nicht an, da es sich um die Hausärztin und nicht um den behandelnden Internisten/Diabetologen handele.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung ist zulässig und begründet.

28

Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung stand dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein höherer Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zu, als von der Beklagten mit dem Bescheid vom 05. September 2007 bewilligt. Neben den Kosten der Unterkunft und Heizung, die die Beklagte mit einem Betrag in Höhe von 235,00 EUR jedenfalls nicht zu niedrig festgesetzt hat, stand dem Kläger lediglich die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 01. Juli 2007 geltenden Fassung des Gesetzes (BGBl. I 2007, 1139) in Höhe von 347,00 EUR zu, insgesamt mithin nicht mehr als 581,00 EUR monatlich.

29

Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 5 SGB II bestand hingegen nicht. Nach dieser Vorschrift erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Derartige medizinische Gründe lagen im Falle des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum zur vollen Überzeugung des Senats nicht vor.

30

Der Senat gewinnt diese Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hiernach lag beim Kläger im Streitzeitraum eine Erkrankung im Sinne eines Diabetes mellitus vom Typ II vor, mithin eine chronische Blutzuckererhöhung infolge relativen Insulinmangels bei entweder gestörter Insulinsekretion oder gestörter Insulinwirkung (sog. Insulinresistenz), vgl. die Praxisleitlinie "Definition, Klassifikation und Diagnostik des Diabetes mellitus" der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 057/002k.

31

Hinsichtlich dieser Diagnose stützt sich der Senat auf die hausärztliche Bescheinigung der Frau Dr. L und auf die eigenen Angaben des Klägers.

32

Im Falle eines Diabetes mellitus bedarf es jedoch aus medizinischen Gründen keiner kostenaufwändigen Ernährung, da Erkrankten nach einhelliger medizinischer Auffassung eine Ernährung im Sinne einer Vollkost empfohlen wird, die nicht mit Mehrkosten verbunden ist. Für diese Feststellung sind keine einzelfallbezogenen Ermittlungen erforderlich.

33

Nach den aktuellen Empfehlungen des DV ("Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3., völlig neu bearbeitete Auflage 2008") ist nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt) ebenso wie bei Hyperurikämie (Erhöhung der Harnsäure im Blut) und Gicht (Erkrankung durch Harnsäureablagerungen) regelmäßig eine "Vollkost" angezeigt und in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen, weil der Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt, a.a.O., S. 11 f. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, z.B. eine gestörte Nährstoffaufnahme, kommt ausnahmsweise ein Mehrbedarf in Betracht. Für derartige besondere Umstände, die die Notwendigkeit einer erhöhten Kalorienzufuhr begründen könnten, ergeben sich im Falle des Klägers insbesondere im Hinblick auf sein Körpergewicht keinerlei Anhaltspunkte.

34

Nach der Rechtsprechung des Senats kommt den aktuellen Empfehlungen des DV die Rechtsnatur eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu (Beschluss vom 19. Dezember 2008, L 8 B 386/08 - juris), so auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 03. Februar 2009, L 9 B 339/08 AS, sowie (jeweils zum SGB XII) Hessisches Landessozialgericht vom 22. Dezember 2008, L 7 SO 7/08 B ER, und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 22. Januar 2009, L 8 SO 32/07. Daher können die Empfehlungen auch auf in der Vergangenheit liegende Zeiträume angewandt werden.

35

Auch soweit bereits die vom DV 1997 herausgegebene 2. Auflage der "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe", in Übereinstimmung mit neueren Publikationen und auch im Übrigen unangefochten für bestimmte Erkrankungen keinen Mehrbedarf vorsahen, hat es nach Auffassung des Senats bei ihrer Einstufung als antizipiertes Sachverständigengutachten und nicht als bloße Orientierungshilfe zu verbleiben.

36

Insoweit das Bundessozialgericht entschieden hat, dass ein streitiger Mehrbedarf im jeweiligen Einzelfall zu ermitteln sei (Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr. 2), galt dies vor dem Hintergrund der sich seinerzeit noch widersprechenden Empfehlungen des DV aus dem Jahre 1997 einerseits und dem "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung" des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sowie verschiedener Stimmen aus der Fachwelt andererseits, was das BSG dazu veranlasste, die (alten) Empfehlungen des DV nicht mehr als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen. Dieser Widerspruch besteht jedoch seit der Revision der Empfehlungen des DV in ihrer 3. Auflage nicht mehr, sodass nunmehr von einer praktisch einhelligen Expertenmeinung auszugehen ist, die in einem Konsensus-Verfahren von den Fachleuten der Mitglieder des DV (öffentliche und freie Träger der Wohlfahrtspflege) unter Beteiligung der Ärzte der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf und der Agentur für Arbeit zu einer von allen Fachgruppen getragenen Veröffentlichung geführt hat, weshalb die (erneute) Einordnung als antizipiertes Sachverständigengutachten gerechtfertigt ist.

37

Hierbei ist ferner zu beachten, dass die Revision der Empfehlungen letztlich in medizinischer Hinsicht auf bereits langjährig gesicherten und allgemein anerkannten Erkenntnissen beruht. Die Ernährungsempfehlungen für Diabetiker sind seit Jahren unverändert, vgl. etwa die "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker 2000" der European Association for the Study of Diabetes (EASD) und der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG), Ausschuss Ernährung, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 057/001, sowie das "Rationalisierungsschema 2004" des Berufsverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM) e.V., der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V., der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) e.V., des Verbandes der Diätassistenten - Deutscher Berufsverband (VDD) e.V. und des Verbandes der Diplom-Oecotrophologen (VDOE) e.V., Aktuelle Ernährungsmedizin 2004, S. 245-253.

38

Die hiernach angezeigte Vollkost beinhaltet ebenso wie die im Rahmen der Primärprävention zur Gesunderhaltung empfohlene Ernährungsweise eine dem Aktivitätsniveau angepasste Kalorienzufuhr, eine ballaststoffreiche Kost, eine Limitierung der Fettzufuhr, besonders der gesättigten Fettsäuren, eine gänzliche oder zumindest weitgehende Vermeidung von Alkohol, eine ausreichende Mineralstoffzufuhr sowie eine Beschränkung der Zufuhr von Einfachzuckern und Cholesterin (Rationalisierungsschema 2004, S. 246 f.).

39

Dagegen lässt sich die hier im Attest des Herrn Dr. W diffus angedeutete Empfehlung von (kostenträchtigen) Diätprodukten für Diabetiker (ebenso wie für eine zuckerfreie Ernährung) wissenschaftlich nicht begründen. In den "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker 2000" heißt es insoweit:

40

"Für die Empfehlung zum Verzehr spezieller Diabetikerprodukte oder Diätprodukte für Diabetiker finden sich keine Begründungen.

41

Fruktose, Zuckeralkohole und andere energiehaltige Zuckeraustauschstoffe, die alle Kalorienlieferanten sind, haben gegenüber der Verwendung von üblichem Zucker (Saccharose) für Menschen mit Diabetes keine nennenswerten Vorteile außer einer verminderten Kariesbildung und sollten nicht empfohlen werden. Viele Lebensmittel, die derzeit als 'für Diabetiker geeignet' deklariert werden, enthalten große Fett- und Energiemengen und sind häufig teuerer als reguläre Produkte. Die ständige Werbung für diese Produkte kann die Compliance zur Umsetzung der Ernährungsempfehlungen für Diabetiker, wie sie die Diabetes und Nutrition Study Group der EASD bzw. der Ausschuss Ernährung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft herausgeben, eher behindern als fördern. Energiefreie Süßstoffe können in Getränken sinnvoll sein. Produkte, die für spezielle Zwecke (z.B. für die enterale Ernährung) entwickelt wurden, erfordern eine individuelle Bewertung."

42

Vor dem Hintergrund der seit Jahren einhelligen Ernährungsempfehlungen war für den fortdauernden Meinungsstreit in der Rechtsprechung allein die lange offene Frage ursächlich, ob die für Diabetiker (ebenso wie für Gesunde) empfohlene Vollkost im Vergleich zu "üblicher Ernährung" mit Mehrkosten verbunden ist. Diese Frage ist nunmehr vom DV auf der Grundlage mehrerer wissenschaftlicher Marktstudien überzeugend verneint worden. Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teuerer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann. Auf die in den neuen DV-Empfehlungen zitierten Studien ("Lebensmittelkosten bei gesunder und üblicher Ernährung" der Justus-Liebig-Universität Gießen und "Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung" der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V., jeweils über die in der Internet-Version der Empfehlungen enthaltenen Links verfügbar) wird Bezug genommen, ferner auf die insoweit ausführliche Begründung der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22. Januar 2009, L 8 SO 32/07 - juris.

43

Die den alten DV-Empfehlungen zugrunde liegende Annahme, die Kosten für Vollkost seien anders als diejenigen einer normalen Ernährung nicht bereits vollständig vom Regelsatz erfasst, lässt sich mithin nicht aufrecht erhalten.

44

Im Übrigen sei angemerkt: Im Falle des Klägers ergibt sich auch auf der Grundlage der Empfehlungen des DV aus 1997 kein Mehrbedarf.

45

Aufgrund der Angaben der Hausärztin des Klägers, seinen eigenen Angaben in der Klagebegründung und aufgrund des persönlichen Eindrucks im Verhandlungstermin geht der Senat davon aus, dass der Kläger entgegen der Bescheinigung der Hausärztin an einem Diabetes mellitus Typ IIb leidet. Die weitere Differenzierung des Typ II-Diabetes in IIa und IIb erfolgt ausschließlich danach, ob Normalgewicht (BMI bis 25) vorliegt (dann IIa) oder Übergewicht (dann IIb) bzw. nach anderen Quellen Adipositas (BMI > 30), vgl. etwa die DV-Empfehlungen von 1997, S. 13, 55. Aus den ärztlich bescheinigten Angaben zu Körpergröße (183 cm) und -gewicht (114 kg) errechnet sich ein Body-Maß-Index (BMI) von über 34 kg/qm KOF, womit die Einordnung der Erkrankung als Typ IIb auch ohne Hinzuziehung ärztlichen Sachverstands nicht in Zweifel zu ziehen ist. Das bestätigt letztlich der Kläger selbst bereits im Widerspruch ("Reduktionsessen") und in der Klagebegründung, in der er ausdrücklich von einem Diabetes "Typ 2 B" spricht.

46

Für diese Art der Erkrankung wurde ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aber bereits in den Empfehlungen von 1997 nicht angenommen, a.a.O., S. 36. An der Richtigkeit dieser Empfehlungen zu zweifeln, besteht bei der medizinisch empfohlenen Reduktionskost (verminderte Kalorienzufuhr) kein Anlass. Zur Erreichung eines Normalgewichts wäre beim Kläger eine Gewichtsabnahme von mindestens 30 kg erforderlich, weshalb auch nach den alten DV-Empfehlungen eindeutig kein Anspruch auf einen Mehrbedarf bestand.

47

Soweit schließlich der Kläger auf die Empfehlungen des DV zum Verfahren und die sich seiner Auffassung nach hieraus ergebende Notwendigkeit einzelfallbezogener Ermittlungen bei Diabetes mellitus verweist, geht dieser Hinweis fehl.

48

Unter "6. Verfahren" heißt es dort:

49

"Krankenkostzulagen bedürfen zu ihrer Begründung der Vorlage eines ärztlichen Attestes, in der Regel des behandelnden Arztes, das unter genauer Bezeichnung des Gesundheitsschadens die Notwendigkeit einer Krankenkost darlegen muss."

50

Hieraus folgt zwar die ohnehin auf der Hand liegende Erforderlichkeit einer ärztlichen Bescheinigung, bevor ein Mehrbedarf überhaupt festgestellt werden kann. Andererseits ergibt sich aber aus den Empfehlungen keineswegs die Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen, wenn die ärztlich bescheinigte Erkrankung gerade zu keinem Mehrbedarf führt. Auch das konkret vom Kläger vorgelegte Attest führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Ein nicht näher spezifizierter "jeweiliger individueller Bedarf an diabetischen Diätartikeln" besteht nach den allein maßgeblichen, wissenschaftlich gesicherten Ernährungsempfehlungen gerade nicht, weder generell noch individuell, womit weitere Ermittlungen entbehrlich sind.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

52

Gründe für eine Zulassung der Revision waren im Hinblick auf die zwischenzeitlich einhellige wissenschaftliche Beurteilung nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. März 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), insbesondere ein geltend gemachter Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei Diabetes mellitus im Zeitraum vom 01. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008.

2

Der 1960 geborene, erwerbsfähige Kläger bezieht seit dem 01. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Beklagten, die ihm zuletzt mit Bescheid vom 08. März 2007 für den Zeitraum bis zum 30. September 2007 Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung i.H.v. 51,13 monatlich bewilligte. Die Gesamtleistung betrug nach Anpassung der Regelleistung zum 01. Juli 2007 gemäß Änderungsbescheid vom 02. Juni 2007 monatlich 633,13 EUR (Regelleistung 347,00 EUR, Mehrbedarf, Kosten der Unterkunft und Heizung 235,00 EUR). An Kosten der Unterkunft berücksichtigte die Beklagte entsprechend einem vom Kläger bei Erstantragstellung vorgelegten Untermietvertrag mit seiner 1996 geschiedenen ehemaligen Ehefrau die vereinbarte Kaltmiete in Höhe von 195,00 sowie den pauschalen Neben- und Heizkostenanteil in Höhe von 40,00 EUR monatlich.

3

Anlass für die Gewährung eines Ernährungsmehrbedarfs war eine vom Kläger mit seinen ursprünglichen Antragsunterlagen eingereichte ärztliche Bescheinigung der Hausärztin Dr. L vom 29. Oktober 2004. In dem Formular ist die Körpergröße des Klägers mit 183 cm, sein Gewicht mit 114 kg angegeben, als Erkrankung wurde durch Ankreuzen des entsprechenden Feldes "Diabetes mellitus Typ IIa" bezeichnet.

4

Auf einen Fortzahlungsantrag des Klägers vom 30. August 2007, mit welchem Änderungen der Verhältnisse verneint wurden, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 05. September 2007 für die Zeit vom 01. September 2007 bis zum 31. März 2008 nur noch 582,00 EUR monatlich. Einen ernährungsbedingten Mehrbedarf berücksichtigte sie ohne Begründung nicht mehr.

5

Hiergegen erhob der Kläger am 02. Oktober 2007 Widerspruch. Sein Diabetes sei nur schwer einstellbar, weshalb er ganz besonders auf eine ausgewogene Reduktionskost angewiesen sei.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2007 mit der Begründung zurück, dass eine Diabetes-Erkrankung nach derzeitiger medizinischer Einschätzung keine Mehrkosten verursache.

7

Hiergegen hat der Kläger am 20. Dezember 2007 Klage beim Sozialgericht Rostock erhoben. Zur Begründung hat er sich auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. (DV) für die Gewährung von Krankenkostzulagen berufen und vorgetragen, bereits seit 2004 an einem Diabetes mellitus Typ IIb zu leiden. Ausweislich einer Kopie seines Diabetiker-Ausweises wurde seine Erkrankung seinerzeit medikamentös (mit Metformin) behandelt.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 05. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2007 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Oktober 2007 einen monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 54,71 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Empfehlungen des DV aus dem Jahre 1997, die für Typ I- und Typ IIa-Diabetiker eine Krankenkostzulage in Höhe von monatlich 51,13 EUR empfehlen, seien veraltet. Nach dem aktuellen medizinisch-ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisstand, der sich in den Angaben des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner, der Diabetes Gesellschaft Deutschland und der Deutschen Diabetologischen Gesellschaft widerspiegele, sei eine mit einem erhöhten finanziellen Aufwand verbundene besondere Diät oder Ernährung bei diesen Erkrankungen nicht notwendig. Auch der DV sei ausweislich einer Telefonauskunft gegenüber dem LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 26. Februar 2007, L 6 AS 71/06 ER) zu diesem Ergebnis gekommen.

13

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 20. März 2008 verurteilt, dem Kläger "ab dem 01.10.2007 einen monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 54,71 EUR zu zahlen".

14

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf, sodass er diese Leistung zusätzlich von der Beklagten beanspruchen könne. Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Einen solchen Mehrbedarf habe der Kläger nachgewiesen durch die ärztlich attestierte Diabetes mellitus Erkrankung vom Typ IIa und die Notwendigkeit einer exakten diätetischen Kostführung.

15

Zwar werde von Fachkreisen bezweifelt, dass die für Diabetiker ebenso wie für Gesunde empfohlene ausgewogenen Mischkost Mehrkosten verursache. Die Empfehlungen des DV sähen für diese Erkrankung jedoch wegen der erforderlichen Diabeteskost eine Zulage in Höhe von 51,13 EUR vor. Auch habe der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 5 SGB II auf diese Empfehlungen Bezug genommen. Schließlich habe das BVerfG in einem Beschluss vom 20. Juni 2006, 1 BvR 2673/05, den Empfehlungen des DV besonderes Gewicht beigemessen, weil sich bereits die Praxis zum BSHG daran orientiert habe, sodass ihnen ein normähnlicher Charakter zukomme, vergleichbar mit den Anhaltspunkten im sozialen Entschädigungsrecht. Ihre Anwendung diene der Praktikabilität und der gleichmäßigen Rechtsanwendung mit der Folge, dass sie nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterlägen und durch Einzelfallgutachten nicht zu widerlegen seien. Dieser Bewertung, der das Hessische LSG (Beschluss vom 05.02.2007 - L 7 AS 241/06 ER) sowie das LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 01. November 2007, L 10 AS 32/06, Neurodermitis) gefolgt seien, schließe sich die Kammer an. Hierbei habe sie berücksichtigt, dass der DV angekündigt habe, die Empfehlungen in naher Zukunft zu aktualisieren. Der Einwand der Beklagten, der DV habe telefonisch bereits mitgeteilt, dass an der Zulage für Diabetes-Erkrankte nicht mehr festgehalten werde, stelle zur Überzeugung der Kammer jedoch keine ausreichende Grundlage für eine Abweichung von den Empfehlungen dar.

16

Aus der jährlichen Fortschreibung der Zulage in Höhe von 51,13 EUR ergebe sich die beantragte Zulage in Höhe von 54,71 EUR.

17

Das SG hat gegen das Urteil die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

18

Gegen das am 14. August 2008 abgesandte und der Beklagten nach eigenen Angaben am 19. August 2008 zugestellte Urteil hat sie am 25. August 2008 Berufung eingelegt, welche sie im Wesentlichen wie erstinstanzlich und ergänzend durch einen Hinweis auf aktuelle Rechtsprechung der 19. Kammer des SG Rostock begründet.

19

Die Beklagte beantragt,

20

das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 20. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21

Der Kläger beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Er legt ein Attest des behandelnden Arztes, Facharzt für Innere Medizin Dr. med. W, vom 19. November 2008 vor, wonach eine exakte Kostführung als Basistherapie erforderlich sei, welche eine zuckerfreie, nach Broteinheiten standardisierte Kohlenhydratmenge beinhalte. Ein finanzieller Mehraufwand entstehe aus dem "jeweiligen individuellen Bedarf an diabetischen Diätartikeln".

24

Nach Auffassung des Klägers seien auch unter Berücksichtigung der zum 01. Oktober 2008 überarbeiteten Empfehlungen des DV zur Gewährung von Krankenkostzulagen individuelle Ermittlungen nicht entbehrlich. Der DV weise ausdrücklich darauf hin, die Empfehlungen nicht schematisch anzuwenden, sondern immer die Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Nach Ziffer 6. der Empfehlungen (Verfahren) erfordere die Gewährung von Krankenkostzulagen die Vorlage eines ärztlichen Attestes, in der Regel des behandelnden Arztes, unter Bezeichnung des Gesundheitsschadens, was bereits erstinstanzlich durch Vorlage des Diabetikerpasses und durch Benennung des Dr. med. W geschehen sei. Es handele sich letztlich um einen Einzelfall. Der Kläger habe aufgrund vielfältiger Leistungseinschränkungen bereits einen Rentenantrag wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt. Das gerichtliche Verfahren sei insoweit noch anhängig. Für die abschließende Beurteilung sei ein Befundbericht von Herrn Dr. med. W einzuholen.

25

Der Senat hat mit gerichtlichem Schreiben vom 12. Januar 2009 unter anderem darauf hingewiesen, dass die Diagnose der Hausärztin Dr. L, wonach der Kläger unter einem Diabetes mellitus Typ IIa leide, den in der gleichen Bescheinigung enthaltenen Angaben zu Körpergröße und -gewicht widerspreche. Hiernach errechne sich ein BMI von 34,04, womit deutliche Adipositas bestehe, der Diabetes mithin als Typ IIb einzuordnen sei.

26

Insoweit hat der Kläger erwidert, dass nicht nachvollzogen werden könne, ob die Diagnose der Hausärztin Dr. L im Verfahren maßgeblich geworden sei. Hierauf komme es auch nicht an, da es sich um die Hausärztin und nicht um den behandelnden Internisten/Diabetologen handele.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung ist zulässig und begründet.

28

Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung stand dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein höherer Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zu, als von der Beklagten mit dem Bescheid vom 05. September 2007 bewilligt. Neben den Kosten der Unterkunft und Heizung, die die Beklagte mit einem Betrag in Höhe von 235,00 EUR jedenfalls nicht zu niedrig festgesetzt hat, stand dem Kläger lediglich die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 01. Juli 2007 geltenden Fassung des Gesetzes (BGBl. I 2007, 1139) in Höhe von 347,00 EUR zu, insgesamt mithin nicht mehr als 581,00 EUR monatlich.

29

Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 5 SGB II bestand hingegen nicht. Nach dieser Vorschrift erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Derartige medizinische Gründe lagen im Falle des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum zur vollen Überzeugung des Senats nicht vor.

30

Der Senat gewinnt diese Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, § 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hiernach lag beim Kläger im Streitzeitraum eine Erkrankung im Sinne eines Diabetes mellitus vom Typ II vor, mithin eine chronische Blutzuckererhöhung infolge relativen Insulinmangels bei entweder gestörter Insulinsekretion oder gestörter Insulinwirkung (sog. Insulinresistenz), vgl. die Praxisleitlinie "Definition, Klassifikation und Diagnostik des Diabetes mellitus" der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 057/002k.

31

Hinsichtlich dieser Diagnose stützt sich der Senat auf die hausärztliche Bescheinigung der Frau Dr. L und auf die eigenen Angaben des Klägers.

32

Im Falle eines Diabetes mellitus bedarf es jedoch aus medizinischen Gründen keiner kostenaufwändigen Ernährung, da Erkrankten nach einhelliger medizinischer Auffassung eine Ernährung im Sinne einer Vollkost empfohlen wird, die nicht mit Mehrkosten verbunden ist. Für diese Feststellung sind keine einzelfallbezogenen Ermittlungen erforderlich.

33

Nach den aktuellen Empfehlungen des DV ("Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 3., völlig neu bearbeitete Auflage 2008") ist nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit - Typ II und Typ I, konventionell und intensiviert konventionell behandelt) ebenso wie bei Hyperurikämie (Erhöhung der Harnsäure im Blut) und Gicht (Erkrankung durch Harnsäureablagerungen) regelmäßig eine "Vollkost" angezeigt und in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen, weil der Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt, a.a.O., S. 11 f. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, z.B. eine gestörte Nährstoffaufnahme, kommt ausnahmsweise ein Mehrbedarf in Betracht. Für derartige besondere Umstände, die die Notwendigkeit einer erhöhten Kalorienzufuhr begründen könnten, ergeben sich im Falle des Klägers insbesondere im Hinblick auf sein Körpergewicht keinerlei Anhaltspunkte.

34

Nach der Rechtsprechung des Senats kommt den aktuellen Empfehlungen des DV die Rechtsnatur eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu (Beschluss vom 19. Dezember 2008, L 8 B 386/08 - juris), so auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 03. Februar 2009, L 9 B 339/08 AS, sowie (jeweils zum SGB XII) Hessisches Landessozialgericht vom 22. Dezember 2008, L 7 SO 7/08 B ER, und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 22. Januar 2009, L 8 SO 32/07. Daher können die Empfehlungen auch auf in der Vergangenheit liegende Zeiträume angewandt werden.

35

Auch soweit bereits die vom DV 1997 herausgegebene 2. Auflage der "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe", in Übereinstimmung mit neueren Publikationen und auch im Übrigen unangefochten für bestimmte Erkrankungen keinen Mehrbedarf vorsahen, hat es nach Auffassung des Senats bei ihrer Einstufung als antizipiertes Sachverständigengutachten und nicht als bloße Orientierungshilfe zu verbleiben.

36

Insoweit das Bundessozialgericht entschieden hat, dass ein streitiger Mehrbedarf im jeweiligen Einzelfall zu ermitteln sei (Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr. 2), galt dies vor dem Hintergrund der sich seinerzeit noch widersprechenden Empfehlungen des DV aus dem Jahre 1997 einerseits und dem "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung" des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sowie verschiedener Stimmen aus der Fachwelt andererseits, was das BSG dazu veranlasste, die (alten) Empfehlungen des DV nicht mehr als antizipiertes Sachverständigengutachten anzusehen. Dieser Widerspruch besteht jedoch seit der Revision der Empfehlungen des DV in ihrer 3. Auflage nicht mehr, sodass nunmehr von einer praktisch einhelligen Expertenmeinung auszugehen ist, die in einem Konsensus-Verfahren von den Fachleuten der Mitglieder des DV (öffentliche und freie Träger der Wohlfahrtspflege) unter Beteiligung der Ärzte der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf und der Agentur für Arbeit zu einer von allen Fachgruppen getragenen Veröffentlichung geführt hat, weshalb die (erneute) Einordnung als antizipiertes Sachverständigengutachten gerechtfertigt ist.

37

Hierbei ist ferner zu beachten, dass die Revision der Empfehlungen letztlich in medizinischer Hinsicht auf bereits langjährig gesicherten und allgemein anerkannten Erkenntnissen beruht. Die Ernährungsempfehlungen für Diabetiker sind seit Jahren unverändert, vgl. etwa die "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker 2000" der European Association for the Study of Diabetes (EASD) und der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG), Ausschuss Ernährung, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 057/001, sowie das "Rationalisierungsschema 2004" des Berufsverbandes Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM) e.V., der Deutschen Adipositas Gesellschaft e.V., der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin (DAEM) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) e.V., des Verbandes der Diätassistenten - Deutscher Berufsverband (VDD) e.V. und des Verbandes der Diplom-Oecotrophologen (VDOE) e.V., Aktuelle Ernährungsmedizin 2004, S. 245-253.

38

Die hiernach angezeigte Vollkost beinhaltet ebenso wie die im Rahmen der Primärprävention zur Gesunderhaltung empfohlene Ernährungsweise eine dem Aktivitätsniveau angepasste Kalorienzufuhr, eine ballaststoffreiche Kost, eine Limitierung der Fettzufuhr, besonders der gesättigten Fettsäuren, eine gänzliche oder zumindest weitgehende Vermeidung von Alkohol, eine ausreichende Mineralstoffzufuhr sowie eine Beschränkung der Zufuhr von Einfachzuckern und Cholesterin (Rationalisierungsschema 2004, S. 246 f.).

39

Dagegen lässt sich die hier im Attest des Herrn Dr. W diffus angedeutete Empfehlung von (kostenträchtigen) Diätprodukten für Diabetiker (ebenso wie für eine zuckerfreie Ernährung) wissenschaftlich nicht begründen. In den "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker 2000" heißt es insoweit:

40

"Für die Empfehlung zum Verzehr spezieller Diabetikerprodukte oder Diätprodukte für Diabetiker finden sich keine Begründungen.

41

Fruktose, Zuckeralkohole und andere energiehaltige Zuckeraustauschstoffe, die alle Kalorienlieferanten sind, haben gegenüber der Verwendung von üblichem Zucker (Saccharose) für Menschen mit Diabetes keine nennenswerten Vorteile außer einer verminderten Kariesbildung und sollten nicht empfohlen werden. Viele Lebensmittel, die derzeit als 'für Diabetiker geeignet' deklariert werden, enthalten große Fett- und Energiemengen und sind häufig teuerer als reguläre Produkte. Die ständige Werbung für diese Produkte kann die Compliance zur Umsetzung der Ernährungsempfehlungen für Diabetiker, wie sie die Diabetes und Nutrition Study Group der EASD bzw. der Ausschuss Ernährung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft herausgeben, eher behindern als fördern. Energiefreie Süßstoffe können in Getränken sinnvoll sein. Produkte, die für spezielle Zwecke (z.B. für die enterale Ernährung) entwickelt wurden, erfordern eine individuelle Bewertung."

42

Vor dem Hintergrund der seit Jahren einhelligen Ernährungsempfehlungen war für den fortdauernden Meinungsstreit in der Rechtsprechung allein die lange offene Frage ursächlich, ob die für Diabetiker (ebenso wie für Gesunde) empfohlene Vollkost im Vergleich zu "üblicher Ernährung" mit Mehrkosten verbunden ist. Diese Frage ist nunmehr vom DV auf der Grundlage mehrerer wissenschaftlicher Marktstudien überzeugend verneint worden. Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teuerer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann. Auf die in den neuen DV-Empfehlungen zitierten Studien ("Lebensmittelkosten bei gesunder und üblicher Ernährung" der Justus-Liebig-Universität Gießen und "Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung" der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V., jeweils über die in der Internet-Version der Empfehlungen enthaltenen Links verfügbar) wird Bezug genommen, ferner auf die insoweit ausführliche Begründung der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22. Januar 2009, L 8 SO 32/07 - juris.

43

Die den alten DV-Empfehlungen zugrunde liegende Annahme, die Kosten für Vollkost seien anders als diejenigen einer normalen Ernährung nicht bereits vollständig vom Regelsatz erfasst, lässt sich mithin nicht aufrecht erhalten.

44

Im Übrigen sei angemerkt: Im Falle des Klägers ergibt sich auch auf der Grundlage der Empfehlungen des DV aus 1997 kein Mehrbedarf.

45

Aufgrund der Angaben der Hausärztin des Klägers, seinen eigenen Angaben in der Klagebegründung und aufgrund des persönlichen Eindrucks im Verhandlungstermin geht der Senat davon aus, dass der Kläger entgegen der Bescheinigung der Hausärztin an einem Diabetes mellitus Typ IIb leidet. Die weitere Differenzierung des Typ II-Diabetes in IIa und IIb erfolgt ausschließlich danach, ob Normalgewicht (BMI bis 25) vorliegt (dann IIa) oder Übergewicht (dann IIb) bzw. nach anderen Quellen Adipositas (BMI > 30), vgl. etwa die DV-Empfehlungen von 1997, S. 13, 55. Aus den ärztlich bescheinigten Angaben zu Körpergröße (183 cm) und -gewicht (114 kg) errechnet sich ein Body-Maß-Index (BMI) von über 34 kg/qm KOF, womit die Einordnung der Erkrankung als Typ IIb auch ohne Hinzuziehung ärztlichen Sachverstands nicht in Zweifel zu ziehen ist. Das bestätigt letztlich der Kläger selbst bereits im Widerspruch ("Reduktionsessen") und in der Klagebegründung, in der er ausdrücklich von einem Diabetes "Typ 2 B" spricht.

46

Für diese Art der Erkrankung wurde ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aber bereits in den Empfehlungen von 1997 nicht angenommen, a.a.O., S. 36. An der Richtigkeit dieser Empfehlungen zu zweifeln, besteht bei der medizinisch empfohlenen Reduktionskost (verminderte Kalorienzufuhr) kein Anlass. Zur Erreichung eines Normalgewichts wäre beim Kläger eine Gewichtsabnahme von mindestens 30 kg erforderlich, weshalb auch nach den alten DV-Empfehlungen eindeutig kein Anspruch auf einen Mehrbedarf bestand.

47

Soweit schließlich der Kläger auf die Empfehlungen des DV zum Verfahren und die sich seiner Auffassung nach hieraus ergebende Notwendigkeit einzelfallbezogener Ermittlungen bei Diabetes mellitus verweist, geht dieser Hinweis fehl.

48

Unter "6. Verfahren" heißt es dort:

49

"Krankenkostzulagen bedürfen zu ihrer Begründung der Vorlage eines ärztlichen Attestes, in der Regel des behandelnden Arztes, das unter genauer Bezeichnung des Gesundheitsschadens die Notwendigkeit einer Krankenkost darlegen muss."

50

Hieraus folgt zwar die ohnehin auf der Hand liegende Erforderlichkeit einer ärztlichen Bescheinigung, bevor ein Mehrbedarf überhaupt festgestellt werden kann. Andererseits ergibt sich aber aus den Empfehlungen keineswegs die Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen, wenn die ärztlich bescheinigte Erkrankung gerade zu keinem Mehrbedarf führt. Auch das konkret vom Kläger vorgelegte Attest führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Ein nicht näher spezifizierter "jeweiliger individueller Bedarf an diabetischen Diätartikeln" besteht nach den allein maßgeblichen, wissenschaftlich gesicherten Ernährungsempfehlungen gerade nicht, weder generell noch individuell, womit weitere Ermittlungen entbehrlich sind.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

52

Gründe für eine Zulassung der Revision waren im Hinblick auf die zwischenzeitlich einhellige wissenschaftliche Beurteilung nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.