Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 19. Okt. 2011 - L 11 KR 3941/11 ER-B

bei uns veröffentlicht am19.10.2011

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 05.08.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und zulässig. Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 202 Sozialgerichtsgesetz - SGG - iVm § 572 Abs 2 Zivilprozessordnung - ZPO). Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass die Beschwerde nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 Hs 1 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung von Art 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl I S 1127) ausgeschlossen ist. Im Übrigen ist die Beschwerde gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet; das Sozialgericht Konstanz (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf (vorläufige) Überlassung eines UV-Therapiesystems für den Heimbereich UV 100L mit Schmalband UVB-Lampenbestückung (311 nm) zur Eigenbehandlung ihrer Vitiligo (sog Weissfleckenkrankheit).
Gemäß § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 ZPO). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242).
Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt; es fehlt sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch.
Eine besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Antragsgegnerin der Antragstellerin die medizinisch notwendige Behandlung und insoweit auch die UV-Bestrahlung in einer Facharztpraxis im Wege der Sachleistung zur Verfügung stellt. Der Antragstellerin ist es auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie ein zweijähriges Kind zu betreuen hat, ohne Weiteres zuzumuten, drei Mal in der Woche oder erforderlichenfalls auch werktäglich die in 19.2 km Entfernung befindliche dermatologische Arztpraxis aufzusuchen.
Es besteht aber auch kein Anordnungsanspruch. In der Hauptsache begehrt die Antragstellerin die Kostenübernahme für ein UV-Therapiesystem, Ganzkörperbestrahlungsgerät UV 100L mit Schmalband UVB-Lampenbestückung (311 nm) der Firma W. Medizintechnik, V.-S. bzw die Versorgung mit einem diesem Gerät entsprechenden Therapiesystem. Ein solcher Anspruch ist nicht gegeben. Die Antragstellerin hat weder einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit einem UV-Therapiesystem zur Heimbehandlung noch einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das von ihr ausgewählte Gerät der Firma W. Medizintechnik.
Rechtsgrundlage für dieses Klagebegehren ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der ab 01.04.2007 geltenden Fassung des Art 1 Nr 17 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBl I S 378). Danach haben Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Blick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen (BSG 10.03.2011, B 3 KR 9/10 R, juris). Der Versorgungsanspruch nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V besteht weder allein aufgrund der vertragsärztlichen Verordnung (§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V) des UV-Therapiesystems der Firma W. Medizintechnik, H. W. GmbH & Co KG, V.-S., UV 100L, Schmalband UVB (311nm), vom 31.08.2010 noch ist der Anspruch schon deshalb ausgeschlossen, weil das konkrete Gerät im Hilfsmittelverzeichnis nicht gelistet ist. Das vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf der Grundlage von § 139 SGB V erstellte Hilfsmittelverzeichnis legt die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber den Versicherten nicht verbindlich und abschließend fest. Es schließt weder Hilfsmittel von der Versorgung der Versicherten aus, die den gesetzlichen Anforderungen des § 33 SGB V genügen (BSG SozR 4-2500 § 127 Nr 2 RdNr 10), noch besteht ein Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die zwar im Hilfsmittelverzeichnis verzeichnet, für die aber nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 33 SGB V erfüllt sind. Den Krankenkassen steht vielmehr ein eigenes Entscheidungsrecht zu, ob ein Hilfsmittel nach Maßgabe des § 33 SGB V zur medizinischen Rehabilitation, also zur Sicherung des Erfolges der Krankenhausbehandlung, zur Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung oder zum Ausgleich einer bestehenden Behinderung, im Einzelfall erforderlich ist; dabei können die Krankenkassen zur Klärung medizinisch-therapeutischer Fragen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 275 Abs 3 SGB V einschalten (BSG 10.03.2011, aaO, unter Hinweis auf BSG Urteil vom 07.10.2010, B 3 KR 13/09 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 31).
Die Heimbehandlung mit dem beantragten Bestrahlungsgerät ist weder notwendig noch zweckmäßig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Heimbehandlung mit Bestrahlungsgerät der ambulanten Behandlung in der ärztlichen Praxis nicht überlegen ist und lediglich Erleichterungen für den Versicherten bei der Koordinierung seiner Krankenbehandlung mit seinen beruflichen und sonstigen (Alltags-)Pflichten bringt. Dieser Gesichtspunkt kann aber die Notwendigkeit eines solchen Geräts zur Heimtherapie nicht begründen. Denn die Notwendigkeit einer Leistung kann nur bejaht werden, wenn hierfür medizinisch-wissenschaftliche Gründe sprechen. Betriebliche bzw berufliche Erfordernisse können in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden. Die Substitution einer möglichen ambulanten ärztlichen Behandlung durch die Gewährung des Gerätes, welches die Eigenbehandlung ermöglicht, kommt allenfalls in Betracht, wenn dem Versicherten das Aufsuchen einer Arztpraxis nicht möglich ist (so zu einem vergleichbaren Fall Urteil des erkennenden Senats vom 15.05.2007, L 11 KR 4808/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Dies ist hier nicht der Fall.
Der von der Antragstellerin geforderte Einsatz eines Bestrahlungsgerätes zur Heimbehandlung ist auch deshalb nicht zweckmäßig, da die Wirkung der Bestrahlung und deren Auswirkung auf das Behandlungsziel nicht durch einen Arzt kontrolliert wird. Bei unsachgemäßer Anwendung kann es zu erheblichen akuten („Sonnenbrand“), aber auch chronischen Schäden (Hautkrebs) kommen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des MDK vom 10.01.2011. Es ist daher gerade bei einer schweren und hartnäckigen Erkrankung die Gefahr einer übermäßigen Anwendung gegeben und daher erforderlich, dass ein Arzt erreichbar oder für Rückfragen und Kontrollen zur Verfügung stehe. Zum Schutze der Patienten muss die intensive UV-Bestrahlung unter ärztlicher Aufsicht erfolgen (Urteil des Senats vom 15.05.2007, aaO). Auch der die Antragstellerin behandelnde Hautarzt Dr R. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 07.07.2011 in einer für den Senat überzeugenden Weise darauf hingewiesen, dass im häuslichen Bereich eine sichere Anwendung durch das begehrte Bestrahlungsgerät ohne gesundheitliche Gefahren für die Antragstellerin nicht gewährleistet ist. Im Hinblick darauf treten die von der Antragstellerin beklagten organisatorischen und monetären Gesichtspunkte in den Hintergrund. Ausreichend und zweckmäßig ist daher die von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellte ambulante Behandlung in einer Facharztpraxis.
10 
Schließlich folgt zugunsten der Antragstellerin auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891), denn das BVerfG hat eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass aus dem Grundgesetz keine konkreten krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche hergeleitet werden können, nur für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen, für die eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe, gemacht. Um einen vergleichbaren Sachverhalt geht es bei der Antragstellerin nicht. Sie leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Außerdem gewährt ihr die Antragsgegnerin die notwendige Behandlung in einer Arztpraxis als Sachleistung.
11 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der
Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 19. Okt. 2011 - L 11 KR 3941/11 ER-B zitiert 16 §§.

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Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 275 Begutachtung und Beratung


(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,1.bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfu

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 33 Hilfsmittel


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen od

Zivilprozessordnung - ZPO | § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 73 Kassenärztliche Versorgung, Verordnungsermächtigung


(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere1.die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Ther

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel


(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 173


Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist i

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 139 Hilfsmittelverzeichnis, Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln


(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekannt

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(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:

1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnung in den genannten Anwendungsgebieten ausgeschlossen:
1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel,
2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3.
Abführmittel,
4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.

(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.

(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.

(5) (weggefallen)

(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Juli 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung eines elektronischen Produkterkennungssystems mit Sprachausgabe (Barcodelesegerät) als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig sehbehinderte Versicherte.

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Die 1959 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin leidet seit 2005 unter einer Leberschen Optikusatrophie. Infolge dieser Erkrankung verfügt sie nur noch über ein Restsehvermögen von 2 % beidseitig, das ihr die grobe Kontrast- und die Hell-Dunkel-Wahrnehmung ermöglicht. Sie ist mit einem Vorlesegerät mit Braillezeile versorgt. Im März 2007 beantragte die Firma S. GmbH im Auftrag der Klägerin unter Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung, eines Kostenvoranschlags und des Bescheides über die Aufnahme des Barcodelesegeräts "EinkaufsFuchs" in das Hilfsmittelverzeichnis (HMV) deren Versorgung mit diesem Gerät zum Preis von 3094 Euro. Mit dem Gerät werden in Strichcodes verschlüsselte Produktdaten von ca 900 000 handelsüblichen Waren über die Sprachausgabe für sehbehinderte Menschen hörbar gemacht. Darüber hinaus können weitere Gegenstände mit beigefügten Strichcode-Etiketten versehen und auf diese Weise individuell zugeordnete Informationen abgerufen werden.

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Die Beklagte lehnte den Leistungsantrag ab, weil der durch das begehrte Hilfsmittel ermöglichte selbständige Einkauf nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zähle (Bescheid vom 28.6.2007, Widerspruchsbescheid vom 20.11.2007). Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Gewährung eines "Einkaufs-Fuchs" der Firma S. GmbH als Sachleistung verurteilt (Gerichtsbescheid vom 2.6.2009). Die Versorgung der Klägerin mit diesem Gerät sei zum Ausgleich des durch die Sehbehinderung eingetretenen Funktionsverlusts erforderlich iS des § 33 SGB V. Das Gerät diene der Befriedigung elementarer Bedürfnisse in der Haushaltsführung und der Orientierung bei weiteren grundlegenden Alltagshandlungen. Daher könne offen bleiben, ob der Einkauf zu den elementaren Grundbedürfnissen zähle, wovon allerdings auszugehen sei, weil die Erreichbarkeit eines Ortes zur Tätigung von Alltagsgeschäften und das Alltagsgeschäft selbst einen einheitlichen Lebensvorgang bildeten. In Anbetracht der Nutzungsmöglichkeiten des Gerätes sei diese Hilfsmittelversorgung auch als wirtschaftlich anzusehen. Die Berufung hiergegen hat das LSG unter weitgehender Bezugnahme auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen (Urteil vom 16.7.2010).

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Mit der vom LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 33 SGB V. Das Barcodelesegerät sei nicht zum Ausgleich der bestehenden Behinderung im Bereich der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich. Zum einen zähle der Einkauf nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Zum anderen sei das Barcodelesegerät nicht zum Ausgleich der insoweit bestehenden behinderungsbedingten Einschränkungen geeignet, weil für die Kaufentscheidung wesentliche Produktdaten (Preis, Mindesthaltbarkeit) nicht entschlüsselt werden könnten und das Gerät keine Orientierung ohne fremde Hilfe im Geschäft ermögliche. Die Einsatzmöglichkeiten des Hilfsmittels bei der Organisation des Haushalts gingen über die vom Basisausgleich umfassten Tätigkeiten hinaus und seien daher ebenfalls nicht dem Bereich der elementaren Grundbedürfnisse zuzuordnen.

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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.7.2010 und den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 2.6.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin verteidigt die angefochtenen Urteile und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das von der Klägerin begehrte Barcodelesegerät kann ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V sein, denn es ist grundsätzlich geeignet, die Auswirkungen einer Sehbehinderung im Bereich der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens auszugleichen bzw zu mildern. Die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen reichen aber nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob die Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel im Einzelfall erforderlich (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V) und wirtschaftlich (§ 12 Abs 1 SGB V) ist.

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1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem Barcodelesegerät bestehend aus einem omnidirektionalen Strichcode-Handscanner, einer Sprachausgabe, einer austauschbaren Speicherkarte mit aktuellem Datenbestand und einem Akku. Rechtsgrundlage für dieses Klagebegehren ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des Art 1 Nr 17 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007 (BGBl I 378). Danach haben Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Blick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen(vgl auch BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der geltend gemachte Anspruch betrifft konkret das Versorgungsziel des Behinderungsausgleichs (§ 33 Abs 1 Satz 1, 3. Variante SGB V).

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2. Das Barcodelesegerät ist keine Sehhilfe iS des § 33 Abs 2 SGB V, so dass dessen einschränkende Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sein müssen. Allerdings kann die Abgrenzung zwischen Hilfsmitteln iS des § 33 Abs 1 SGB V und Sehhilfen iS des § 33 Abs 2 SGB V nach der mit Wirkung zum 1.1.2004 vorgenommenen Änderung des § 33 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) nicht mehr - wie früher - offen bleiben (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 151; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 18 S 90; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16 S 73 zu der bis 31.12.2003 geltenden Rechtslage). Denn Sehhilfen iS des § 33 Abs 2 SGB V sind Hilfsmittel, für die heute besondere - einschränkende - Anspruchsvoraussetzungen gelten. Unter den Begriff der Sehhilfe sind nur solche sächlichen Mittel zu subsumieren, die das Restsehvermögen verstärken (zB Brillen, Kontaktlinsen, Lupen, Lupenbrillen), während Hilfsmittel, die das behinderungsbedingt eingeschränkte Sehen durch das Ansprechen anderer Körperfunktionen ausgleichen (Hören, taktiler Sinn), als Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 SGB V anzusehen sind. Bereits der Wortsinn "Seh-Hilfe" lässt erkennen, dass es sich um Mittel zur Unterstützung des Sehvermögens handelt. Diesem Begriffsverständnis entspricht auch die in anderen Regelungszusammenhängen vorgenommene Differenzierung. So werden in § 17 Abs 2 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Orthopädieverordnung) in der Fassung durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Orthopädieverordnung vom 26.6.2001 (BGBl I 1352) unter der Bezeichnung "Sehhilfen" nur Hilfsmittel aufgeführt, die das Restsehvermögen verstärken (Fernrohrbrillen, Lupen, Bildschirm-Lesegeräte). Dagegen werden Geräte, die Text in Sprache umsetzen, in § 17a Orthopädieverordnung als Kommunikationshilfen bezeichnet. Auch Ziffer 4 der Anlage 5 Bundesbeihilfeverordnung vom 13.2.2009 (BGBl I 326) listet unter dem Begriff der Sehhilfen lediglich Hilfen zur Verbesserung der (Rest-)Sehschärfe, aber keine sonstigen Hilfsmittel auf, die andere Körperfunktionen unterstützen und nur mittelbar Defizite des behinderungsbedingt eingeschränkten Sehens ausgleichen können.

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3. Der Versorgungsanspruch nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V besteht weder allein aufgrund der vertragsärztlichen Verordnung(§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V)des Barcodelesegerätes Typ "EinkaufsFuchs" vom 20.2.2007 noch - wie die Vorinstanzen zu Recht angenommen haben - aufgrund der Auflistung dieses Gerätes im HMV (§ 139 SGB V). Den Krankenkassen steht vielmehr ein eigenes Entscheidungsrecht zu, ob ein Hilfsmittel nach Maßgabe des § 33 SGB V zur medizinischen Rehabilitation, also zur Sicherung des Erfolges der Krankenhausbehandlung, zur Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung oder zum Ausgleich einer bestehenden Behinderung, im Einzelfall erforderlich ist; dabei können die Krankenkassen zur Klärung medizinisch-therapeutischer Fragen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung nach § 275 Abs 3 SGB V einschalten(vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil). Das vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf der Grundlage von § 139 SGB V erstellte HMV legt die Leistungspflicht der GKV gegenüber den Versicherten ebenfalls nicht verbindlich und abschließend fest. Es schließt weder Hilfsmittel von der Versorgung der Versicherten aus, die den gesetzlichen Anforderungen des § 33 SGB V genügen(BSG SozR 4-2500 § 127 Nr 2 RdNr 10), noch besteht ein Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die zwar im HMV verzeichnet, für die aber nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 33 SGB V erfüllt sind. Daher sind die für das unter der Positionsnummer 07.99.04.2001 gelistete Barcodelesegerät "EinkaufsFuchs" im HMV formulierte Beschränkung (Einkaufshilfe im Rahmen der selbständigen Lebensführung unter Berücksichtigung elementarer Grundbedürfnisse) und der Leistungsausschluss bei Nutzung des Hilfsmittels ausschließlich zur Organisation der Wohnung für den klägerischen Anspruch ohne Bedeutung.

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4. Ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Barcodelesegerätes als Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich im vorliegenden Einzelfall erfüllt sind, kann anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden. Allerdings ist ein Barcodelesegerät grundsätzlich geeignet, die Auswirkungen einer Sehbehinderung bei einem nicht seit Geburt erblindeten bzw sehbehinderten Menschen auszugleichen. Der Behinderungsausgleich nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V hat dabei zwei Zielrichtungen:

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a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 17 mwN - Scalamobil). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8 RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in Fällen der Erstausstattung mit Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18).

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b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen. Im Rahmen dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V, § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren Behinderungsausgleich: BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 18 mwN - Scalamobil). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist daher von der GKV nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr zuletzt: BSG Urteile vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen und B 3 KR 13/09 R) - sog Basisausgleich. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 18 ff mwN - Scalamobil).

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c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht es im vorliegenden Fall um ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich, weil das Barcodelesegerät nicht das behinderungsbedingt stark eingeschränkte Sehvermögen wiederherstellen kann, sondern die ausgefallene bzw eingeschränkte Körperfunktion durch Nutzung des nicht beeinträchtigten Hörvermögens kompensiert, indem die auf Gegenständen befindlichen und in Strichcodes verschlüsselten Informationen über eine Sprachausgabe für den sehbehinderten Menschen hörbar gemacht werden. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich als mittelbarer Behinderungsausgleich dar (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 14 - Lichtsignalanlage).

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d) Betroffen sind im vorliegenden Fall das allgemeine Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens und die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Das allgemeine Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens umfasst die körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die notwendig sind, um ohne fremde Hilfe im häuslichen Umfeld verbleiben zu können. Der dazu erforderliche körperliche Freiraum beinhaltet die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen, die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind und in die Wohnung zurückzukehren. Zu dem für das selbständige Wohnen erforderlichen geistigen Freiraum zählt ua die Fähigkeit, die für eine selbständige Lebens- und Haushaltsführung notwendigen Informationen erhalten bzw aufnehmen zu können. Das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens kann jedoch nur verwirklicht werden, wenn bestimmte Grundvoraussetzungen im Sinne von elementaren Rahmenbedingungen erfüllt sind. Diese Grundvoraussetzungen sind üblicherweise dem hauswirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. So setzt das selbständige Wohnen ua voraus, dass Nahrungsmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs selbständig besorgt und im häuslichen Umfeld sachgerecht verwendet werden können und dass die Wohnung durch regelmäßiges und ausreichendes Reinigen in einem gesundheitsdienlichen Zustand gehalten werden kann. Die möglichst weitgehende Erfüllung dieser Rahmenbedingungen stellt sich als Annex zu dem allgemeinen Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens dar und findet Ausdruck in dem in § 14 Abs 4 Nr 4 SGB XI enthaltenen Rechtsgedanken. In § 14 Abs 4 SGB XI werden die für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit maßgebenden gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens unterteilt nach den Bereichen Körperpflege(Nr 1), Ernährung (Nr 2), Mobilität (Nr 3) und hauswirtschaftliche Versorgung (Nr 4) aufgezählt. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung werden das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen genannt. Ungeachtet der unterschiedlichen Zielsetzung der GKV (Bewältigung von Krankheit und ihren Folgen) und der gesetzlichen Pflegeversicherung (partielle Abdeckung des Risikos der Pflegebedürftigkeit) werden mit den in § 14 Abs 1 und 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens Bereiche bezeichnet, die für die physische Existenz des Menschen unerlässlich sind und die der Erfüllung seiner Grundbedürfnisse, einschließlich der auf die Person bezogenen hauswirtschaftlichen Versorgung, dienen(BSGE 72, 261, 263 = SozR 3-2500 § 53 Nr 2 S 9). Die in § 14 Abs 4 Nr 4 SGB XI aufgezählten hauswirtschaftlichen Verrichtungen gewährleisten die elementare Lebensführung zu Hause(ähnlich: Udsching in ders, SGB XI, 3. Aufl 2010, § 14 RdNr 28)und sind daher als für das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens unerlässliche Grundvoraussetzungen zu werten. Die uneingeschränkte Wahrnehmung dieser Verrichtungen ist auch nach dem ICF-Modell der WHO Teil der funktionalen Gesundheit des Menschen (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - ICF, herausgegeben vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information , Stand Oktober 2005, Kapitel 6 - Häusliches Leben - S 112 ff).

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Wegen der auf die medizinische Rehabilitation beschränkten Zuständigkeit der GKV erstreckt sich deren Leistungspflicht allerdings zum einen nur auf die für ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens unabdingbaren hauswirtschaftlichen Verrichtungen. Zum anderen begründen behinderungsbedingte Einschränkungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Verrichtungen für sich genommen noch keine Leistungspflicht der GKV im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs. Ebenso wie die Pflegebedürftigkeit nicht allein durch einen Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung begründet wird, sondern einen zusätzlichen Hilfebedarf im Bereich der Grundversorgung (§ 14 Abs 4 Nr 1 bis 3 SGB XI) verlangt (so schon der Entwurf des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 24.6.1993, BT-Drucks 12/5262 S 97; Udsching, aaO, § 14 RdNr 41), setzt die Leistungspflicht der GKV nach § 33 Abs 1 SGB V voraus, dass die durch das begehrte Hilfsmittel ermöglichte hauswirtschaftliche Verrichtung notwendig ist, um ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens sicherzustellen.

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e) Die für das selbständige Wohnen elementaren hauswirtschaftlichen Verrichtungen setzen eine uneingeschränkte visuelle Wahrnehmung voraus. Das gilt sowohl für die Wahrnehmung, dass bestimmte Verrichtungen notwendig sind (zB Verschmutzungsgrad der Wohnung), als auch für die bei Ausübung der jeweiligen Verrichtung notwendigen Arbeitsschritte (zB Auswahl der Reinigungsmittel, Auswahl der Zutaten beim Kochen). Diese Wahrnehmungsmöglichkeit ist bei einem sehbehinderten Menschen aufgehoben bzw beeinträchtigt. Durch ein Barcodelesegerät können diese Einschränkungen grundsätzlich ausgeglichen bzw gemildert werden, indem die für elementare hauswirtschaftliche Verrichtungen erforderlichen Informationen über einzelne Produkte und Gegenstände mittels einer Sprachausgabe für den sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden (sog ersetzender Ausgleich). Auf diese Weise können zB die für das Sauberhalten der Wohnung und Kleidung notwendigen Reinigungsmittel zutreffend ausgewählt sowie sachgerecht und vor allem gefahrenfrei verwendet werden. Die genaue Kenntnis des Produktinhalts ist gerade bei der Verwendung von Reinigungsmitteln von Bedeutung, deren unsachgemäße Verwendung zu Gesundheitsschäden führen kann (zB bei ätzenden Flüssigkeiten). Auch die hauswirtschaftliche Verrichtung des Kochens als Vorstufe zum anerkannten Grundbedürfnis der Nahrungsaufnahme wird durch ein Barcodelesegerät nicht nur unwesentlich erleichtert, sondern teilweise erst ermöglicht. Denn Voraussetzung für die selbständige Nahrungszubereitung ist eine zutreffende Auswahl und Abmessung der Speisen und Zutaten.

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f) Darüber hinaus ist ein Barcodelesegerät grundsätzlich auch geeignet, die infolge einer Sehbehinderung bestehenden Einschränkungen bei der Erschließung des für das selbständige Wohnen erforderlichen körperlichen und geistigen Freiraums auszugleichen. Soweit nach der Rechtsprechung des Senats der körperliche Freiraum im Sinne eines Basisausgleichs auch die Fähigkeit umfasst, die eigene Wohnung zu verlassen, um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (so erstmals BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 15 - Elektrorollstuhl und BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - RdNr 18 - Scalamobil), bezogen sich diese Entscheidungen jeweils auf Fallkonstellationen, in denen die körperliche Bewegungsfreiheit aufgrund einer Behinderung eingeschränkt war. In diesen Fällen war und ist es Aufgabe der GKV im Rahmen des geschuldeten Basisausgleichs, die Mobilität des behinderten Menschen von der Wohnung zu den Orten im Nahbereich sicherzustellen, an denen Alltagsgeschäfte erledigt werden können. Ist dagegen nicht die Bewegungsfähigkeit als solche, sondern - wie im vorliegenden Fall - die Sinneswahrnehmung infolge einer Behinderung aufgehoben bzw beeinträchtigt, ist in der Regel nicht die Fortbewegung zu einem Ort, an dem Alltagsgeschäfte erledigt werden können, sondern die Betätigung der Alltagsgeschäfte selbst eingeschränkt. In diesen Fallkonstellationen erfordert der in die Zuständigkeit der GKV fallende Basisausgleich, dass der behinderte Mensch nicht nur befähigt wird, die Orte, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind, im Sinne der Fortbewegung zu erreichen, sondern dass ihm auch die Tätigung des Alltagsgeschäfts selbst ermöglicht wird. Der Basisausgleich umfasst in diesem Bereich auch die Möglichkeit zur Wahrnehmung der für eine selbständige Lebens- und Haushaltsführung notwendigen Informationen. Hierzu zählen Informationen über Gegenstände des täglichen Bedarfs, Grundnahrungsmittel, Produkte zur elementaren Körperpflege und zur Reinigung von Wohnung und Kleidung. Die Wahrnehmung dieser Informationen ist bei der Beschaffung und Verwendung der genannten Gegenstände sicherzustellen. Zur Beschaffung zählt der Einkauf - damit ist jedoch weder eine Anerkennung des Einkaufens als allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens noch die Ermöglichung von Einkäufen jeder Art durch Hilfsmittel der GKV verbunden. Zu gewährleisten ist von der GKV vielmehr nur die Möglichkeit des Einkaufs als Alltagsgeschäft, dh die Beschaffung von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (Definition des Alltagsgeschäfts: BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1 S 5), soweit die Befähigung hierzu aufgrund einer Behinderung aufgehoben bzw eingeschränkt ist und durch das Hilfsmittel ausgeglichen werden kann.

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Die mit dem Barcodelesegerät abrufbaren Informationen (zB Name bzw Produktbezeichnung, Hersteller und Mengenangabe) sind entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht unerheblich, denn sie ermöglichen einem sehbehinderten Menschen einen weitgehend selbständigen Einkauf von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs und damit eine überwiegend selbständige Haushaltsführung. Damit ggf nicht entschlüsselbare Informationen über den Preis und die Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln können im Geschäft leicht erfragt werden. Zudem ist davon auszugehen, dass Lebensmittel in aller Regel nicht außerhalb der Mindesthaltbarkeitsdauer angeboten werden. Im Hinblick auf die persönliche Haushaltsgestaltung und Vorratshaltung können überdies zusätzliche wesentliche Produktinformationen - wie etwa das Einkaufsdatum - zu Hause durch Verwendung der mitgelieferten Strichcodeetiketten verfügbar gemacht werden.

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Außerdem ist die Verwendung des Barcodelesegerätes als Einkaufshilfe nur eine von vielen Einsatzmöglichkeiten des Gerätes. Neben der schnellen und verwechslungsfreien Identifikation käuflich erworbener Produkte und Gegenstände des täglichen Bedarfs im persönlichen Umfeld dient es allgemein der Orientierung in der Wohnung sowie der selbständigen Organisation und Führung des Haushaltes. Die vielfältige Einsetzbarkeit des Barcodelesegerätes wird insbesondere durch die individuelle Verwendung der mitgelieferten Strichcode-Etiketten ermöglicht. Auf diese Weise kann nahezu jeder Gegenstand im persönlichen Umfeld eines sehbehinderten Menschen gekennzeichnet und die individuell vergebene Information jederzeit abgerufen werden.

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5. Die generelle Eignung eines Barcodelesegerätes zur Verwirklichung des als Grundbedürfnis anerkannten selbständigen Wohnens und zur Schaffung des dazu erforderlichen körperlichen und geistigen Freiraums wird weder durch die mögliche Hilfe Dritter noch durch die dem sehbehinderten Menschen möglichen sekundären Sinneswahrnehmungen in Frage gestellt.

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a) Dem Verweis des behinderten Menschen auf die Hilfe Dritter steht bereits die Zielsetzung der Hilfsmittelversorgung entgegen. Wesentliches Ziel der Hilfsmittelversorgung ist es, den behinderten Menschen von der Hilfe anderer weitgehend bzw deutlich unabhängiger zu machen (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 18). Daher kann der für die Leistungspflicht der GKV ausschlaggebende funktionelle Gebrauchsvorteil eines Hilfsmittels auch darin liegen, dass sich der behinderte Mensch durch das Hilfsmittel ein bis dahin nur mit fremder Hilfe wahrnehmbares allgemeines Grundbedürfnis (teilweise) erschließen kann und somit befähigt wird, ein selbständigeres Leben zu führen. In diese Richtung zielen nunmehr ebenfalls Art 19 (Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft) und Art 20 (Persönliche Mobilität) des "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen". Dieses Übereinkommen und sein Fakultativprotokoll sind für Deutschland nach Maßgabe des Vertragsgesetzes vom 21.12.2008 (BGBl II 2008 S 1419) seit 26.3.2009 verbindlich.

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b) Die Fähigkeit sehbehinderter Menschen unter Nutzung der unbeeinträchtigten sekundären Sinne (Riech-, Tast- und Hörsinn), Ordnungssysteme und Kennzeichnungsmöglichkeiten zu entwickeln, gleicht die Sehbehinderung nur unzureichend aus. Zum einen werden hierdurch Verwechslungen bei der Identifizierung von Gegenständen nicht ausgeschlossen, weil das menschliche Erinnerungsvermögen weder grenzenlos noch unfehlbar ist. Zum anderen sind Entwicklung und Einhaltung solcher Ordnungssysteme häufig mit einem erheblichen zeitlichen und intellektuellen Aufwand verbunden. Das Wiederauffinden von Gegenständen ist nur gewährleistet, wenn sich der behinderte Mensch einer strengen Ordnung bei der Ablage und Verwahrung der Gegenstände unterwirft (so schon BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 18 S 92 - Farberkennungsgerät). Die mit der Entwicklung und Einhaltung entsprechender Ordnungssysteme verbundene Mehrbelastung kann im Einzelfall sogar die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Das gilt insbesondere dann, wenn sich gelegentlich andere, mit den Ordnungssystemen nicht vertraute Personen besuchsweise in der Wohnung des sehbehinderten Menschen aufhalten oder wenn mit den sekundären Sinnen die Produktbeschaffenheit nicht eindeutig identifizierbar ist (zB Konservendosen, Tetrapacks). Die Öffnung der Verpackung, um den Inhalt über den Riechsinn wahrzunehmen, würde nicht dem Vorgehen im Rahmen einer normalen Haushaltsführung entsprechen.

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c) Letztlich ist die menschliche Fähigkeit, die nicht von einer Behinderung betroffenen Sinne zu sensibilisieren und besonders zu trainieren, zumindest in den Fällen begrenzt, in denen der Betroffene - wie hier - nicht seit Geburt erblindet bzw sehbehindert ist. Je älter der Betroffene bei Eintritt der Erblindung bzw einer der Erblindung vergleichbaren Sehbeeinträchtigung ist, desto schwieriger ist es für ihn, die in der Nutzung anderer Sinne liegenden Kompensationsmöglichkeiten auszuschöpfen, weil Anpassungs- und Merk- sowie kognitive Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter nachlassen (vgl "Mobil im Alltag", Broschüre des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes, Mai 2010, S 14).

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6. Das zum mittelbaren Behinderungsausgleich grundsätzlich geeignete Barcodelesegerät ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Sachleistungspflicht der GKV ausgenommen. Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V dienen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird(vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - RdNr 25 - Therapiedreirad; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 16 mwN). Die für sehbehinderte Menschen angebotenen Barcodelesegeräte sind nach ihrer Funktion und Bauart speziell auf die Bedürfnisse dieser Gruppe von behinderten Menschen zugeschnitten. Anders als bei handelsüblichen Barcodelesegeräten wird die in einem Strichcode verschlüsselte Produktinformation über eine Sprachausgabe für die Betroffenen hörbar gemacht. Zudem kommen handelsübliche Barcodelesegeräte nicht in privaten Haushalten, sondern ausschließlich im gewerblichen Sektor zum Einsatz und können bereits aus diesem Grund nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens angesehen werden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 19 S 103 f). Letztlich ist auch die Aufnahme des Gerätes in das HMV ein gewichtiges Indiz dafür, dass es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 30 RdNr 17 ff).

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7. Ob ein Barcodelesegerät im vorliegenden Einzelfall erforderlich ist, um die Folgen der Sehbehinderung auszugleichen, kann allerdings anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG noch nicht abschließend beurteilt werden.

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a) Zum einen fehlen Feststellungen zur persönlichen Lebensführung und den Lebensverhältnissen der Klägerin. In diesem Zusammenhang ist zu ermitteln, ob die Klägerin mit anderen Personen in einem Haushalt zusammenlebt und wie sie ihren Alltag, die Haushaltsführung sowie die damit zusammenhängenden hauswirtschaftlichen Verrichtungen bisher organisiert und wahrgenommen hat. Dabei wird in medizinischer Hinsicht aufzuklären sein, wie sich das Alter der Klägerin bei Eintritt der Sehbehinderung auf deren Fähigkeit auswirkt, das eingeschränkte Sehvermögen durch die Nutzung anderer Sinne zu kompensieren. Allerdings wird das LSG in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen haben, dass die vorhandene Hilfsmittelausstattung der Klägerin die behinderungsbedingten Einschränkungen in Bezug auf das Grundbedürfnis des selbständigen Wohnens nur unzureichend ausgleicht. Das der Klägerin gewährte Vorlesegerät mit Braillezeile ermöglicht ihr lediglich, die in Büchern und Zeitungen enthaltenen Informationen zu hören bzw über die Braillezeile zu ertasten. Auf Gegenständen befindliche Aufschriften können auf diese Art nicht wiedergegeben und erst Recht keine eigene Kennzeichnung vorgenommen werden.

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Zum anderen bedarf es der Feststellung, welche Anforderungen an die Bedienung eines Barcodelesegerätes gestellt werden und ob die Klägerin diesen gerecht wird. Hierbei wird das LSG - ausgehend von seinen bereits getroffenen Feststellungen - zugrunde legen können, dass die Klägerin aufgrund ihres 2 %-igen Restsehvermögens in der Lage ist, Kontraste sowie Hell und Dunkel wahrzunehmen, so dass die durch das Barcodelesegerät nicht gewährleistete Orientierung im Ladengeschäft über die vorhandene Sinneswahrnehmung sichergestellt ist.

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b) Auch die Wirtschaftlichkeit der Hilfsmittelgewährung (§ 33 Abs 1 Satz 1 iVm § 12 Abs 1 SGB V) lässt sich anhand der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Die Sachleistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung; es besteht also kein Anspruch auf Optimalversorgung, sondern nur auf ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Hilfsmittel - § 12 Abs 1 SGB V(vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 19 RdNr 21). Soweit ein kostengünstigeres Hilfsmittel zum Ausgleich der Behinderung funktionell ebenso geeignet ist, besteht daher kein Anspruch auf die Versorgung mit einem teureren Hilfsmittel (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 26 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 19 RdNr 21). Sowohl der Umfang der konkreten Nutzung des Barcodelesegerätes durch die Klägerin unter Berücksichtigung seiner Einsatzmöglichkeiten als auch die im Rahmen der Wirtschaftlichkeit vorzunehmende Kosten-Nutzen-Analyse bedingen deshalb noch weitere Ermittlungen. Trotz der Bedeutung der durch ein Barcodelesegerät vermittelten Information für sehbehinderte Menschen bedarf es in Anbetracht des hohen Anschaffungspreises einer relativ häufigen Nutzung des Gerätes pro Tag, um dessen Wirtschaftlichkeit bejahen zu können. Ferner wird das LSG aufzuklären haben, ob andere funktional ebenso einsetzbare, aber kostengünstigere Hilfsmittel angeboten werden. In diesem Zusammenhang wird zu prüfen sein, ob das der Klägerin gewährte Vorlesegerät mit einem auch zur mobilen Nutzung geeigneten Barcodemodul gekoppelt werden kann und welche Kosten für diese Zusatzversorgung ggf anfallen würden. Bei der Prüfung einer Alternativversorgung wird das LSG neben der Produktpalette der Firma S. GmbH auch die Angebote anderer Anbieter zu berücksichtigen haben. Entsprechende Versorgungsalternativen sind festzustellen sowie hinsichtlich ihrer Nutzungsmöglichkeiten und der Anschaffungs- und Betriebskosten zu vergleichen.

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Im Rahmen der abschließenden Beurteilung des klägerischen Anspruchs wird das LSG im Übrigen wohl davon ausgehen können, dass die Klägerin mit der Spezifizierung ihres Antrages auf die Gewährung des Barcodelesegerätes "EinkaufsFuchs" der Firma S. GmbH nicht die Gewährung von Barcodelesegeräten anderer Hersteller ausschließen wollte. Die Beschränkung war offensichtlich der Beauftragung der Firma S. GmbH mit der Durchführung des Antragsverfahrens geschuldet, enthält aber zumindest hilfsweise den Antrag auf Gewährung eines vergleichbaren Gerätes anderer Hersteller.

31

8. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(2) Soweit dies zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist, sind im Hilfsmittelverzeichnis indikations- oder einsatzbezogen besondere Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel festzulegen. Besondere Qualitätsanforderungen nach Satz 1 können auch festgelegt werden, um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in geeigneten Fällen den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen. Im Hilfsmittelverzeichnis sind auch die Anforderungen an die zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringenden Leistungen zu regeln.

(3) Die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt auf Antrag des Herstellers. Über die Aufnahme entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; er kann vom Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind. Hält der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bei der Prüfung des Antrags eine Klärung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für erforderlich, ob der Einsatz des Hilfsmittels untrennbarer Bestandteil einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode ist, holt er hierzu unter Vorlage der ihm vorliegenden Unterlagen sowie einer Begründung seiner Einschätzung eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses ein. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Auskunft innerhalb von sechs Monaten zu erteilen. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss zu dem Ergebnis, dass das Hilfsmittel untrennbarer Bestandteil einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode ist, beginnt unmittelbar das Verfahren zur Bewertung der Methode nach § 135 Absatz 1 Satz 1, wenn der Hersteller den Antrag auf Eintragung des Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis nicht innerhalb eines Monats zurücknimmt, nachdem ihm der Spitzenverband Bund der Krankenkassen das Ergebnis der Auskunft mitgeteilt hat.

(4) Das Hilfsmittel ist aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist. Auf Anfrage des Herstellers berät der Spitzenverband Bund der Krankenkassen den Hersteller im Rahmen eines Antragsverfahrens zur Aufnahme von neuartigen Produkten in das Hilfsmittelverzeichnis über Qualität und Umfang der vorzulegenden Antragsunterlagen. Die Beratung erstreckt sich insbesondere auf die grundlegenden Anforderungen an den Nachweis des medizinischen Nutzens des Hilfsmittels. Sofern Produkte untrennbarer Bestandteil einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode sind, bezieht sich die Beratung nicht auf das Verfahren nach § 135 Absatz 1 Satz 1. Erfordert der Nachweis des medizinischen Nutzens klinische Studien, kann die Beratung unter Beteiligung der für die Durchführung der Studie vorgesehenen Institution erfolgen. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in der Verfahrensordnung nach Absatz 7 Satz 1. Für die Beratung kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Gebühren nach pauschalierten Gebührensätzen erheben. Hat der Hersteller Nachweise nach Satz 1 nur für bestimmte Indikationen erbracht, ist die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis auf diese Indikationen zu beschränken. Nimmt der Hersteller an Hilfsmitteln, die im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind, Änderungen vor, hat er diese dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht gilt auch, wenn ein Hilfsmittel nicht mehr hergestellt wird.

(5) Für Medizinprodukte im Sinne des § 3 Nummer 1 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung gilt der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung grundsätzlich als erbracht. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vergewissert sich von der formalen Rechtmäßigkeit der CE-Kennzeichnung anhand der Konformitätserklärung und, soweit zutreffend, der Zertifikate der an der Konformitätsbewertung beteiligten Benannten Stelle. Aus begründetem Anlass können zusätzliche Prüfungen vorgenommen und hierfür erforderliche Nachweise verlangt werden. Prüfungen nach Satz 3 können nach erfolgter Aufnahme des Produkts auch auf der Grundlage von Stichproben vorgenommen werden. Ergeben sich bei den Prüfungen nach Satz 2 bis 4 Hinweise darauf, dass Vorschriften des Medizinprodukterechts nicht beachtet sind, sind unbeschadet sonstiger Konsequenzen die danach zuständigen Behörden hierüber zu informieren.

(6) Legt der Hersteller unvollständige Antragsunterlagen vor, ist ihm eine angemessene Frist, die insgesamt sechs Monate nicht übersteigen darf, zur Nachreichung fehlender Unterlagen einzuräumen. Wenn nach Ablauf der Frist die für die Entscheidung über den Antrag erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorliegen, ist der Antrag abzulehnen. Ansonsten entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen. Bis zum Eingang einer im Einzelfall nach Absatz 3 Satz 3 angeforderten Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Über die Entscheidung ist ein Bescheid zu erteilen. Die Aufnahme ist zu widerrufen, wenn die Anforderungen nach Absatz 4 Satz 1 nicht mehr erfüllt sind.

(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen beschließt bis zum 31. Dezember 2017 eine Verfahrensordnung, in der er nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6, 8 und 9 das Nähere zum Verfahren zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis, zu deren Streichung und zur Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses sowie das Nähere zum Verfahren der Auskunftseinholung beim Gemeinsamen Bundesausschuss regelt. Er kann dabei vorsehen, dass von der Erfüllung bestimmter Anforderungen ausgegangen wird, sofern Prüfzertifikate geeigneter Institutionen vorgelegt werden oder die Einhaltung einschlägiger Normen oder Standards in geeigneter Weise nachgewiesen wird. In der Verfahrensordnung legt er insbesondere Fristen für die regelmäßige Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses fest. Den maßgeblichen Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer auf Bundesebene ist vor Beschlussfassung innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die Verfahrensordnung bedarf der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Für Änderungen der Verfahrensordnung gelten die Sätze 4 und 5 entsprechend. Sofern dies in einer Rechtsverordnung nach Absatz 8 vorgesehen ist, erhebt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Gebühren zur Deckung seiner Verwaltungsausgaben nach Satz 1.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass für das Verfahren zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis Gebühren von den Herstellern zu erheben sind. Es legt die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes und der Bedeutung der Angelegenheit für den Gebührenschuldner fest. In der Rechtsverordnung kann vorgesehen werden, dass die tatsächlich entstandenen Kosten auf der Grundlage pauschalierter Kostensätze zu berechnen sind.

(9) Das Hilfsmittelverzeichnis ist regelmäßig fortzuschreiben. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat bis zum 31. Dezember 2018 sämtliche Produktgruppen, die seit dem 30. Juni 2015 nicht mehr grundlegend aktualisiert wurden, einer systematischen Prüfung zu unterziehen und sie im erforderlichen Umfang fortzuschreiben. Er legt dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages über das Bundesministerium für Gesundheit einmal jährlich zum 1. März einen Bericht über die im Berichtszeitraum erfolgten sowie über die begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Fortschreibungen vor. Die Fortschreibung umfasst die Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2, die Aufnahme neuer Hilfsmittel sowie die Streichung von Hilfsmitteln.

(10) Zum Zweck der Fortschreibung nach Absatz 9 Satz 1, 2 und 4 kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen von dem Hersteller für seine im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführten Produkte innerhalb einer in der Verfahrensordnung festgelegten angemessenen Frist die zur Prüfung der Anforderungen nach Absatz 4 Satz 1 erforderlichen Unterlagen anfordern. Bringt der Hersteller die angeforderten Unterlagen nicht fristgemäß bei, verliert die Aufnahme des Produktes in das Hilfsmittelverzeichnis ihre Wirksamkeit und das Produkt ist unmittelbar aus dem Hilfsmittelverzeichnis zu streichen. Ergibt die Prüfung, dass die Anforderungen nach Absatz 4 Satz 1 nicht oder nicht mehr erfüllt sind, ist die Aufnahme zurückzunehmen oder zu widerrufen. Nach Eintritt der Bestandskraft des Rücknahme- oder Widerrufsbescheids ist das Produkt aus dem Hilfsmittelverzeichnis zu streichen. Für die Prüfung, ob ein Hilfsmittel noch hergestellt wird, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Streichung auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann.

(11) Vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2 ist den maßgeblichen Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer auf Bundesebene unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann auch Stellungnahmen von medizinischen Fachgesellschaften sowie Sachverständigen aus Wissenschaft und Technik einholen. Soweit vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2 mögliche Berührungspunkte des voraussichtlichen Fortschreibungsbedarfs mit digitalen oder technischen Assistenzsystemen festgestellt werden, ist zusätzlich mindestens eine Stellungnahme eines Sachverständigen oder unabhängigen Forschungsinstituts aus dem Bereich der Technik einzuholen; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,

1.
bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,
2.
zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 bis 24 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt,
3.
bei Arbeitsunfähigkeit
a)
zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder
b)
zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen. Die Regelungen des § 87 Absatz 1c zu dem im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahren bleiben unberührt.

(1a) Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b sind insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen

a)
Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder
b)
die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.
Die Prüfung hat unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. Der Arbeitgeber kann verlangen, daß die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Die Krankenkasse kann von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

(1b) Die Krankenkassen dürfen für den Zweck der Feststellung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, im jeweils erforderlichen Umfang grundsätzlich nur die bereits nach § 284 Absatz 1 rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten verarbeiten. Sollte die Verarbeitung bereits bei den Krankenkassen vorhandener Daten für den Zweck nach Satz 1 nicht ausreichen, dürfen die Krankenkassen abweichend von Satz 1 zu dem dort bezeichneten Zweck bei den Versicherten nur folgende versichertenbezogene Angaben im jeweils erforderlichen Umfang erheben und verarbeiten:

1.
Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und
2.
Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.
Die Krankenkassen dürfen die Angaben nach Satz 2 bei den Versicherten grundsätzlich nur schriftlich oder elektronisch erheben. Abweichend von Satz 3 ist eine telefonische Erhebung zulässig, wenn die Versicherten in die telefonische Erhebung zuvor schriftlich oder elektronisch eingewilligt haben. Die Krankenkassen haben jede telefonische Erhebung beim Versicherten zu protokollieren; die Versicherten sind hierauf sowie insbesondere auf das Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 hinzuweisen. Versichertenanfragen der Krankenkassen im Rahmen der Durchführung der individuellen Beratung und Hilfestellung nach § 44 Absatz 4 bleiben unberührt. Abweichend von Satz 1 dürfen die Krankenkassen zu dem in Satz 1 bezeichneten Zweck im Rahmen einer Anfrage bei dem die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellenden Leistungserbringer weitere Angaben erheben und verarbeiten. Den Umfang der Datenerhebung nach Satz 7 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 unter der Voraussetzung, dass diese Angaben erforderlich sind
1.
zur Konkretisierung der auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgeführten Diagnosen,
2.
zur Kenntnis von weiteren diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die in Bezug auf die die Arbeitsunfähigkeit auslösenden Diagnosen vorgesehenen sind,
3.
zur Ermittlung von Art und Umfang der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Beschäftigung oder
4.
bei Leistungsempfängern nach dem Dritten Buch zur Feststellung des zeitlichen Umfangs, für den diese Versicherten zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
Die nach diesem Absatz erhobenen und verarbeiteten versichertenbezogenen Daten dürfen von den Krankenkassen nicht mit anderen Daten zu einem anderen Zweck zusammengeführt werden und sind zu löschen, sobald sie nicht mehr für die Entscheidung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen ist, benötigt werden.

(1c) (weggefallen)

(2) Die Krankenkassen haben durch den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen

1.
die Notwendigkeit der Leistungen nach den §§ 23, 24, 40 und 41, mit Ausnahme von Verordnungen nach § 40 Absatz 3 Satz 2, unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans in Stichproben vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung; der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in Richtlinien den Umfang und die Auswahl der Stichprobe und kann Ausnahmen zulassen, wenn Prüfungen nach Indikation und Personenkreis nicht notwendig erscheinen; dies gilt insbesondere für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Anschluß an eine Krankenhausbehandlung (Anschlußheilbehandlung),
2.
bei Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland, ob die Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist (§ 18),
3.
ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1),
4.
ob Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2),
5.
den Anspruch auf Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Absatz 2 Satz 1.

(3) Die Krankenkassen können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen

1.
vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33); der Medizinische Dienst hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten,
2.
bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist,
3.
die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen,
4.
ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66).
Der Medizinische Dienst hat den Krankenkassen das Ergebnis seiner Prüfung nach Satz 1 Nummer 4 durch eine gutachterliche Stellungnahme mitzuteilen, die auch in den Fällen nachvollziehbar zu begründen ist, in denen gutachterlich kein Behandlungsfehler festgestellt wird, wenn dies zur angemessenen Unterrichtung des Versicherten im Einzelfall erforderlich ist.

(3a) Ergeben sich bei der Auswertung der Unterlagen über die Zuordnung von Patienten zu den Behandlungsbereichen nach § 4 der Psychiatrie-Personalverordnung in vergleichbaren Gruppen Abweichungen, so können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen die Zuordnungen durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen; das zu übermittelnde Ergebnis der Überprüfung darf keine Sozialdaten enthalten.

(3b) Hat in den Fällen des Absatzes 3 die Krankenkasse den Leistungsantrag des Versicherten ohne vorherige Prüfung durch den Medizinischen Dienst wegen fehlender medizinischer Erforderlichkeit abgelehnt, hat sie vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheids eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen.

(3c) Lehnt die Krankenkasse einen Leistungsantrag einer oder eines Versicherten ab und liegt dieser Ablehnung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes nach den Absätzen 1 bis 3 zugrunde, ist die Krankenkasse verpflichtet, in ihrem Bescheid der oder dem Versicherten das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis in einer verständlichen und nachvollziehbaren Form mitzuteilen sowie auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich bei Beschwerden vertraulich an die Ombudsperson nach § 278 Absatz 3 zu wenden.

(4) Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen bei der Erfüllung anderer als der in Absatz 1 bis 3 genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den Medizinischen Dienst oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse. Der Medizinische Dienst führt die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt.

(4a) Soweit die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann er Beamte nach den §§ 44 bis 49 des Bundesbeamtengesetzes ärztlich untersuchen und ärztliche Gutachten fertigen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind von der Behörde, die den Auftrag erteilt hat, zu erstatten. § 280 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Medizinische Dienst Bund und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vereinbaren unter Beteiligung der Medizinischen Dienste, die ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen und zur Fertigung von Gutachten nach Satz 1 erklärt haben, das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung. Die Medizinischen Dienste legen die Vereinbarung ihrer Aufsichtsbehörde vor, die der Vereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der sonstigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes gefährdet wäre.

(4b) Soweit die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann der Medizinische Dienst Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Ersuchen insbesondere einer für die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zuständigen Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, eines zugelassenen Krankenhauses im Sinne des § 108, eines nach § 95 Absatz 1 Satz 1 an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers sowie eines Trägers einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 des Elften Buches befristet eine unterstützende Tätigkeit bei diesen Behörden, Einrichtungen oder Leistungserbringern zuweisen. Die hierdurch dem Medizinischen Dienst entstehenden Personal- und Sachkosten sind von der Behörde, der Einrichtung, dem Einrichtungsträger oder dem Leistungserbringer, die oder der die Unterstützung erbeten hat, zu erstatten. Das Nähere über den Umfang der Unterstützungsleistung sowie zu Verfahren und Höhe der Kostenerstattung vereinbaren der Medizinische Dienst und die um Unterstützung bittende Behörde oder Einrichtung oder der um Unterstützung bittende Einrichtungsträger oder Leistungserbringer. Eine Verwendung von Umlagemitteln nach § 280 Absatz 1 Satz 1 zur Finanzierung der Unterstützung nach Satz 1 ist auszuschließen. Der Medizinische Dienst legt die Zuweisungsverfügung seiner Aufsichtsbehörde vor, die dieser innerhalb einer Woche nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der dem Medizinischen Dienst gesetzlich obliegenden Aufgaben beeinträchtigt wäre.

(5) Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer fachlichen Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die Behandlung und pflegerische Versorgung der Versicherten einzugreifen.

(6) Jede fallabschließende gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist in schriftlicher oder elektronischer Form zu verfassen und muss zumindest eine kurze Darlegung der Fragestellung und des Sachverhalts, das Ergebnis der Begutachtung und die wesentlichen Gründe für dieses Ergebnis umfassen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. März 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Versorgung mit einer elektrisch betriebenen mobilen Treppensteighilfe, um mit Hilfe ihrer Tochter im Rollstuhl sitzend Treppen überwinden zu können.

2

Die 1952 geborene Klägerin leidet an Multipler Sklerose mit beinbetonter Tetraparese und ist deswegen auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie ist schwerpflegebedürftig und bezieht von der Pflegekasse seit November 2005 Leistungen nach der Pflegestufe II. Von der Beklagten ist sie sowohl mit einem - manuell zu bewegenden - mechanischen Rollstuhl als auch mit einem Elektrorollstuhl versorgt worden. Am 5.5.2006 beantragte sie unter Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung die Ausstattung mit einer elektrisch betriebenen Treppensteighilfe (Treppenfahrgerät) des Typs Scalamobil (Hilfsmittelverzeichnis - HMV - Nr 18.65.01.1000) als Hilfsmittel der GKV, weil sie seit Ende 2005 auch mit Hilfe einer Begleitperson nicht mehr selbst Treppen steigen könne. Dabei handelt es sich um ein mobiles Treppensteiggerät für manuell betätigte Rollstühle. Seiner Konstruktion nach kann es von einer Begleitperson allein bedient werden, sofern diese in der Lage ist, rückwärts Treppen zu steigen, mindestens 10 kg zu heben und selbst nicht auf Gehhilfen angewiesen ist. An dem Rollstuhl wird dauerhaft eine spezielle Halterung angebracht, an der das Scalamobil jeweils mit wenigen Handgriffen befestigt wird. Dabei müssen die großen Hinterräder des Rollstuhls entfernt werden. Nach dem Einsatz werden die Hinterräder wieder anmontiert und das Scalamobil von der Halterung abgenommen. Der Vorteil für den Rollstuhlfahrer besteht darin, dass er vor und nach dem Treppensteigen nicht umsitzen muss. Außerhalb der Wohnung muss das Scalamobil jeweils bis zu seinem Einsatzort vom Rollstuhl getrennt mitgeführt werden; dies geschieht regelmäßig durch Mitnahme in dem Fahrzeug, mit dem die Begleitperson auch den Versicherten und dessen Rollstuhl transportiert.

3

Zur Begründung ihres Antrages machte die Klägerin geltend, die Wohnungen mehrerer ihrer Freunde und Verwandten, die sie regelmäßig besuche, seien nur über Treppen erreichbar. Gleiches gelte für die Praxen ihres Frauenarztes und ihres Zahnarztes, die sie jeweils ein- oder zweimal jährlich aufsuche. Auch zum wöchentlichen Kirchgang müsse eine Treppe bewältigt werden. Ebenso seien Treppenstufen zu überwinden, wenn sie in den Garten ihres Hauses oder in den Keller wolle, in dem neben eigenen Räumen auch eine Kellerwohnung liege, die sie vermietet habe und ab und zu aufsuchen müsse. Die Beklagte lehnte den Leistungsantrag ab, weil die Klägerin mit den Rollstühlen ausreichend versorgt sei. Sie könne damit ihre ebenerdig gelegene Wohnung uneingeschränkt nutzen sowie den Nahbereich um das Grundstück erschließen. Damit sei das Grundbedürfnis auf Mobilität ausreichend erfüllt. Für die soziale Eingliederung eines Versicherten in sein gesellschaftliches Umfeld seien die Krankenkassen nicht zuständig (Bescheid vom 18.5.2006, Widerspruchsbescheid vom 24.1.2007).

4

Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Beschaffung eines Scalamobil Treppensteiggerätes zu übernehmen (Urteil vom 31.10.2007). Das LSG hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.3.2009): Das Scalamobil sei zur Gewährleistung des allgemeinen Grundbedürfnisses der Bewegungsfreiheit nicht erforderlich. Mit den Rollstühlen sei die Klägerin ausreichend versorgt. Für die maximal viermal im Jahr anfallenden Besuche beim Frauenarzt und Zahnarzt könne der Fahrdienst in Anspruch genommen werden, der angesichts des Kaufpreises für ein Scalamobil (Typ S 30 IQ) von ca 5400 Euro (im gebrauchten Zustand ca 3600 Euro) auch deutlich preisgünstiger sei, weil jährlich nur ca 100 Euro anfielen. Das Aufsuchen des Kellers und des Gartens gehöre nicht zu den elementaren Bedürfnissen des täglichen Lebens. Auch für das Überwinden von Treppen, um Freunde und Verwandte in deren Wohnungen sowie den Gottesdienst zu besuchen, seien die Krankenkassen nicht zuständig, weil es dabei um die soziale und nicht um die medizinische Rehabilitation eines behinderten Menschen gehe.

5

Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin, die mit der Verletzung materiellen Rechts (§ 33 Abs 1 SGB V) begründet wird. Zur Erschließung eines körperlichen Freiraums im Nahbereich einer Wohnung gehöre auch die Möglichkeit, dort nur über Treppen zu erreichende Orte aufzusuchen, wie es bei den Wohnungen, den Arztpraxen und der Kirche der Fall sei. Die Integration gehbehinderter Versicherter in Familie und Gesellschaft sowie die Pflege sozialer Kontakte außerhalb der eigenen Wohnung stellten elementare Bedürfnisse des täglichen Lebens dar. Das Scalamobil sei ein "Zubehör" zur Modernisierung herkömmlicher mechanischer Rollstühle und entspreche damit dem von der GKV geschuldeten technischen Fortschritt bei Hilfsmitteln. Bei leihweiser Überlassung des Scalamobils seien die Kosten auch deutlich niedriger als vom LSG veranschlagt.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. März 2009 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 31. Oktober 2007 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass im vorliegenden Fall kein Anspruch auf Versorgung mit einer mobilen Treppensteighilfe besteht. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2007 ist rechtmäßig.

10

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.

11

a) In erster und zweiter Instanz stritten die Beteiligten nur um die Versorgung mit einer "Scalamobil Treppensteighilfe"; ein spezielles Fabrikat war weder in den Klageanträgen der Klägerin noch im zusprechenden Urteil des SG genannt. Dies ist prozessual unschädlich, weil die Beteiligten nur um den Versorgungsanspruch nach § 33 SGB V dem Grunde nach, nicht aber um ein ganz bestimmtes Fabrikat streiten und zu erwarten ist, dass bei einer rechtskräftigen Verurteilung der Beklagten zur Ausstattung der Klägerin mit einer mobilen Scalamobil Treppensteighilfe kein zusätzlicher Streit über das Fabrikat entstehen würde. In der ärztlichen Verordnung vom 5.5.2006 war allerdings noch ein spezielles Fabrikat genannt, nämlich das im HMV unter Nr 18.65.01.1000 aufgeführte Scalamobil S 28, das aber mittlerweile nicht mehr lieferbar ist (vgl zB die Übersicht bei der Rehadat Datenbank Hilfsmittel, Stand 28.7.2010). Lieferbar sind derzeit Scalamobile der Fabrikate S 30 IQ (HMV Nr 18.65.01.1008) und S 31 (HMV Nr 18.65.01.1009). Die Verordnung ist bei sach- und interessengerechter Auslegung jedoch nicht so zu verstehen, das diese Fabrikate ausgeschlossen sein sollten; vielmehr soll ein Scalamobil in geeigneter Ausführung geliefert werden. Der Klageantrag ist damit hinreichend spezifiziert. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis, wie es bei der Alternativen ausschließenden Beantragung der Versorgung mit einem ganz bestimmten Fabrikat eines Hilfsmittels der Fall wäre, das im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr lieferbar und auch nicht im Fundus vorrätig ist.

12

b) Unerheblich ist im vorliegenden Zusammenhang, dass die Bezeichnung "Scalamobil" nur einen Markenname der Fa. A. GmbH darstellt. Möglicherweise sind am Markt auch elektrisch betriebene Treppensteighilfen anderer Hersteller verfügbar. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin ebenso geeignete Treppensteighilfen anderer Hersteller ausschließen will und diese nicht wenigstens hilfsweise von ihrem Klagebegehren umfasst werden. Da es hier aber schon an einem Versorgungsanspruch dem Grunde nach fehlt, brauchte nicht ermittelt zu werden, ob eine Scalamobil Treppensteighilfe dem Gebot der Wirtschaftlichkeit der Hilfsmittelversorgung (§ 12 Abs 1, § 70 Abs 1 SGB V) entspricht oder ob es eine preisgünstigere, ebenso geeignete Treppensteighilfe anderer Hersteller gibt.

13

2. Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V in der zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung geltenden Fassung des Art 1 Nr 17 Buchst a "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz" vom 26.3.2007, BGBl I 378), der inhaltlich der bei Antragstellung gültigen Fassung des Art 5 Nr 9 des Gesetzes vom 19.6.2001 (BGBl I 1046) entspricht. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens oder nach § 34 Abs 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen und im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Der Anspruch umfasst nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Blick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs 1 SGB V nicht bewilligen(vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 16). Die Voraussetzungen des Versorgungsanspruchs nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V sind hier nicht erfüllt. Der mit der Bereitstellung der mobilen Treppensteighilfe bezweckte zusätzliche Behinderungsausgleich betrifft nicht die - von der GKV allein geschuldete - medizinische Rehabilitation der Klägerin, sondern deren soziale bzw gesellschaftliche Integration und Rehabilitation, die in den Zuständigkeitsbereich anderer Sozialleistungsträger fällt, wobei vor allem die Sozialhilfe zu nennen ist.

14

3. Der Versorgungsanspruch nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V besteht nicht allein deshalb, weil die begehrte Treppensteighilfe vertragsärztlich verordnet(§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V) worden und im HMV (§ 139 SGB V) verzeichnet ist. Den Krankenkassen steht ein eigenes Entscheidungsrecht zu, ob ein Hilfsmittel nach Maßgabe des § 33 SGB V zur medizinischen Rehabilitation, also zur Sicherung des Erfolges der Krankenbehandlung, zur Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung oder zum Ausgleich einer bestehenden Behinderung, im Einzelfall erforderlich ist; dabei können die Krankenkassen zur Klärung medizinisch-therapeutischer Fragen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einschalten (vgl § 275 Abs 3 Nr 1 SGB V). Eine vertragsärztliche Verordnung wäre nur dann für die Krankenkassen verbindlich, soweit sie für bestimmte Hilfsmittel auf ein Prüfungs- und Genehmigungsrecht generell verzichtet haben, was zB durch diverse vertragliche Vereinbarungen mit Leistungserbringern bzw deren Verbänden möglich ist (§ 127 SGB V). Eine solche Vereinbarung ist für Treppensteighilfen nicht geschlossen worden.

15

4. Die Treppensteighilfe ist auch nicht schon deshalb zu gewähren, weil die Klägerin wegen ihrer Gehunfähigkeit mit zwei Rollstühlen versorgt worden ist und das Gerät die ausschließliche Funktion hat, einen gehunfähigen Versicherten im Rollstuhl sitzend und ohne Notwendigkeit des Umsitzens (aber nicht aus eigener Kraft, sondern nur mit Hilfe einer Begleitperson, die das Gerät bedient) Treppen überwinden zu lassen und so Orte erreichen zu können, die ihnen sonst verwehrt bleiben oder die nur auf andere, beschwerlichere Weise erreicht werden könnten. Obwohl eine Treppensteighilfe also nur in Kombination mit einem Rollstuhl eine Funktion hat und insofern als "Zusatzgerät" zum Rollstuhl bezeichnet werden kann, folgt aus der medizinischen Notwendigkeit des Rollstuhls noch nicht die Notwendigkeit der Treppensteighilfe. Dieses Gerät hat im Rahmen des - hier allein in Betracht kommenden - Behinderungsausgleichs (3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V) für einen gehunfähigen Versicherten eine eigenständige Bedeutung, weil es die Bewegungsmöglichkeiten mit dem Rollstuhl erweitert, indem Treppen kein unüberwindliches Hindernis mehr darstellen, um bestimmte Orte aufzusuchen. Eine Treppensteighilfe hat also von ihrer Konstruktion und ihrem Verwendungszweck her einen eigenständigen Nutzen für den Versicherten und seine Begleitperson. Dieser Gebrauchsvorteil muss den Kriterien der Versorgung mit einem "anderen Hilfsmittel" iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V zum Zwecke des Behinderungsausgleichs genügen und verlangt somit eine gesonderte, von der Notwendigkeit der Versorgung mit einem Rollstuhl unabhängige Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen.

16

5. Der Behinderungsausgleich nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V(vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) hat zweierlei Zielrichtung:

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a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst, wie es zB insbesondere bei Prothesen der Fall ist. Bei diesem sog unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige, aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen.

18

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Rahmen ist die GKV allerdings nur für den Basisausgleich der Folgen der Behinderung eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl zB § 5 Nr 2 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und § 5 Nr 4 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7, RdNr 13; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (zB Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (vgl BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 - Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für Wachkomapatientin; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad; BSG SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl).

19

c) Im vorliegenden Fall geht es - wie bei der Ausstattung mit einem Rollstuhl - nicht um den unmittelbaren, sondern nur um einen mittelbaren Behinderungsausgleich, weil durch das Hilfsmittel nicht das Gehen selbst ermöglicht wird (wie zB bei einer Beinprothese). Ausgeglichen werden lediglich die Folgen der Funktionsbeeinträchtigung der Beine, hier in Form der Unfähigkeit, selbst und aus eigener Kraft - oder auch nur mit stützender Hilfe einer Begleitperson - eine Treppe hinauf- und herabzusteigen. Das dabei betroffene allgemeine Grundbedürfnis des täglichen Lebens ist aber nicht das selbstständige Wohnen, weil dies zum einen nur auf die Möglichkeit ausgerichtet ist, trotz der Behinderung dauerhaft in einer eigenen Wohnung zu leben, und zum anderen vor allem auf Hilfsmittel abzielt, die vom Behinderten selbst bedient werden und ihn von fremder Hilfe ganz oder teilweise unabhängig machen. Dies ist hier gerade nicht der Fall, weil die Treppensteighilfe nur durch die Begleitperson zu bedienen ist, der gehunfähige Versicherte also selbst dann auf Hilfe angewiesen bleibt, wenn er sich mit seinem Rollstuhl ansonsten aus eigener Kraft fortbewegen kann.

20

Betroffen ist vielmehr das Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums in Form der Bewegungsmöglichkeit in der eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich. Diese Bewegungsmöglichkeit wird zwar grundsätzlich durch Rollstühle gewährleistet, stößt aber dort an ihre Grenzen, wo Treppen, also mehr als nur einzelne Stufen (zB bei einer Bordsteinkante) zu bewältigen sind. Hier kann eine Treppensteighilfe vom Grundsatz her eine geeignete Hilfe sein, die ansonsten eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit eines Rollstuhlfahrers - wenn auch nur mit fremder Unterstützung - zu erweitern. Dabei muss aber der Zweck, eine bestimmte Treppe im Rollstuhl sitzend zu überwinden und so an einen ansonsten nicht oder nur unter besonderen Schwierigkeiten zu erreichenden Ort zu kommen, vom Maßstab der medizinischen Rehabilitation gedeckt sein, weil die GKV nur für diesen Bereich der Hilfsmittelversorgung zuständig ist (§ 5 Nr 1 SGB IX). Die Leistungspflicht der GKV entfällt, wenn zB die berufliche oder die soziale Rehabilitation bezweckt wird (§ 5 Nr 2 und 4 SGB IX).

21

d) Ein über die Befriedigung von allgemeinen Grundbedürfnissen hinausgehender Behinderungsausgleich ist als Leistung der GKV nicht vorgesehen, was sich aus der Regelung des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX ergibt, die der Gesetzgeber in Kenntnis der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Hilfsmittelversorgung mit Wirkung zum 1.7.2001 in Kraft gesetzt hat. Damit wird der Hilfsmittelbegriff für alle Träger von Leistungen der medizinischen Rehabilitation (§ 6 Abs 1, § 5 Nr 1 SGB IX) einheitlich definiert. Selbst wenn der Vorrang abweichender Regelungen für den einzelnen Rehabilitationsträger weiterhin besteht (§ 7 SGB IX), kann aus der insoweit unberührt gebliebenen Fassung des § 33 SGB V nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe nunmehr den Behinderungsausgleich durch die GKV über die bisherige Rechtsprechung hinaus ausweiten wollen(BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 16).

22

Nach diesen Maßstäben besteht kein Anspruch der Klägerin nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, auf Kosten der Beklagten mit einer Treppensteighilfe versorgt zu werden, und zwar unabhängig davon, ob es um die Übereignung oder die leihweise Überlassung des Geräts geht und auch unabhängig davon, ob das Gerät fabrikneu oder schon gebraucht ist. Der Versorgungsanspruch besteht bereits vom Grundsatz her nicht.

23

6. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die Überwindung der Kellertreppe im Hause sowie der zum Garten führenden Treppe durch Ausstattung mit einer Treppensteighilfe zu ermöglichen. Die Krankenkassen sind nicht für solche Hilfsmittel eintrittspflichtig, die ein dauerhaft behinderter Versicherter allein wegen seiner individuellen Wohnsituation benötigt.

24

a) Bei der Hilfsmittelversorgung durch die GKV kommt es nicht auf die konkreten Wohnverhältnisse des einzelnen Versicherten an, sondern auf einen generellen, an durchschnittlichen Wohn- und Lebensverhältnissen orientierten Maßstab. Besonderheiten der Wohnung und des Umfeldes, die anderswo - etwa nach einem Umzug - regelmäßig so nicht vorhanden sind und einem allgemeinen Wohnstandard nicht entsprechen, sind bei der Hilfsmittelversorgung durch die GKV nicht zu berücksichtigen. Der Versicherte muss das Hilfsmittel also nicht nur gerade wegen der Besonderheiten seiner konkreten Wohnverhältnisse, sondern in gleicher Weise auch in einer anderen Wohnung und deren Umfeld benötigen. Mit anderen Worten: Ein anderer Versicherter mit den gleichen körperlichen Behinderungen müsste auf das Hilfsmittel in dessen Wohn- und Lebenssituation ebenfalls angewiesen sein. Fehlt es daran, ist ein Anspruch nach § 33 SGB V in der Regel ausgeschlossen. Es kann sich dann nur um eine Form der Hilfe zur Anpassung an die konkrete Wohnsituation handeln, für die nicht die Krankenkassen, sondern der Versicherte selbst - im Rahmen seiner Eigenverantwortung - oder andere Sozialleistungsträger (zB Pflegekassen, Sozialhilfeträger, Unfallversicherungsträger) zuständig sein können.

25

b) In diesem vorstehenden Sinne ist die Zuständigkeit für den Ausgleich von Behinderungsfolgen im Bereich der Mobilität vom Gesetzgeber nach dem geltenden Recht grundsätzlich anderen Zweigen der Sozialversicherung oder der Eigenverantwortung der behinderten Menschen selbst zugewiesen. Nachdem bereits die frühere Rechtsprechung des BSG nur ausnahmsweise von einer entsprechenden Einstandspflicht der GKV ausgegangen war, hat der Gesetzgeber insbesondere mit der Begründung eines Anspruchs auf Leistungen für wohnumfeldbezogene Maßnahmen im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung in dieser Hinsicht eine grundlegende Systementscheidung getroffen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 40 Abs 4 SGB XI. Danach gilt: "Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse ist unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit von dem Einkommen des Pflegebedürftigen zu bemessen. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 2557 Euro je Maßnahme nicht übersteigen." Diese Norm ist Teil des Gesetzesprogramms, der häuslichen Pflege den Vorrang vor der stationären Pflege zu geben (§ 3 Satz 1 SGB XI). Sie berücksichtigt, dass Leistungen zur Anpassung des Wohnumfeldes an die Bedürfnisse kranker und behinderter Menschen im Sozialleistungssystem der GKV nicht vorgesehen waren und deshalb ein in die Zuständigkeit der Pflegeversicherung fallender Leistungsbedarf bestehen kann, soweit nicht andere Träger für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfeldes einzustehen haben. Hat kein anderer Leistungsträger vorrangig einzutreten, soll deshalb die soziale Pflegeversicherung - allerdings beschränkt auf den finanziellen Rahmen des § 40 Abs 4 Satz 3 SGB XI - die behindertengerechte Umgestaltung der Wohnung des Pflegebedürftigen fördern, wenn dadurch die häusliche Pflege überhaupt erst ermöglicht oder erheblich erleichtert wird oder ein Verbleiben des Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung und damit eine möglichst selbstständige Lebensführung sichergestellt werden kann(vgl BT-Drucks 12/5262 S 114 zu Art 1 § 36 Abs 4 des Gesetzesentwurfs von CDU/CSU und FDP zum Pflege-Versicherungsgesetz).

26

c) Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber des SGB XI an die schon zuvor seit langem bestehende Unterscheidung zwischen der behindertengerechten Anpassung der Wohnsituation einerseits und der Versorgung mit Hilfsmitteln zur Bewältigung oder Minderung von Behinderungsfolgen andererseits angeknüpft. In diesem Sinne war bereits in der Einweisungsnorm des § 29 SGB I in der bis zum 30.6.2001 geltenden Fassung vom 11.12.1975 (BGBl I 3015) bei Leistungen zur Eingliederung behinderter Menschen unterschieden worden zwischen Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung mit Hilfen ua "zur Verbesserung der wohnungsmäßigen Unterbringung" (§ 29 Abs 1 Nr 3 Buchst h SGB I) auf der einen und medizinischen Leistungen unter Einschluss von Hilfsmitteln (§ 29 Abs 1 Nr 1 Buchst d SGB I) auf der anderen Seite. Daran anschließend ist in dem am 1.1.1997 in Kraft getretenen SGB VII in dessen § 41 eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Wohnungshilfe normiert worden, wonach diese erbracht wird, "wenn infolge Art oder Schwere des Gesundheitsschadens nicht nur vorübergehend die behindertengerechte Anpassung vorhandenen oder die Bereitstellung behindertengerechten Wohnraums erforderlich ist." Andererseits hat der Gesetzgeber in Abgrenzung dazu durch das zum 1.7.2001 in Kraft getretene SGB IX in dessen § 31 Abs 1 explizit klargestellt, dass zur Hilfsmittelversorgung solche Hilfen nicht rechnen, die bei einem Wohnungswechsel "nicht mitgenommen werden können". Ähnlich ist in § 18 Abs 1 Satz 4 "Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz" mit der am 1.1.1990 in Kraft getretenen Fassung vom 4.10.1989 (BGBl I 1989, 1834) zur Hilfsmittelversorgung bestimmt: "Unbewegliche Gegenstände werden nicht geliefert."

27

d) Diese an die frühere Rechtsprechung noch unter Geltung der RVO anknüpfende Systementscheidung des Gesetzgebers kann nur durch diesen selbst, nicht aber durch die Gerichte korrigiert werden. Nicht zu verkennen ist zwar, dass die von der Pflegeversicherung gewährte Unterstützung in dem knappen - und seit seiner Einführung auch nicht angepassten - finanziellen Rahmen des § 40 Abs 4 Satz 3 SGB XI dem tatsächlichen Bedarf für eine behindertengerechte Wohnungsausstattung kaum gerecht werden kann. Dies den heutigen Verhältnissen anzupassen ist aber nicht Aufgabe der Gerichte, sondern allein des Gesetzgebers. Demgemäß ist - wie bereits unter Geltung der RVO - nach der gegenwärtigen Rechtslage weiter maßgebend, dass Hilfen bei der Beschaffung und Unterhaltung einer den Bedürfnissen behinderter Menschen entsprechenden Wohnung über die Zuständigkeit der GKV hinausreichen, und zwar vor allem - aber nicht nur - dann, wenn sie mit der Veränderung der Wohnung selbst verbunden sind (BSG SozR 2200 § 182b Nr 10, 23 und 29). Daran hat das BSG nach dem Inkrafttreten von § 40 SGB XI und § 31 SGB IX weiter festgehalten. Eine Hilfe zählt danach zu den Mitteln der behinderungsgerechten Zurichtung der Wohnung und nicht zu den Hilfsmitteln nach § 33 SGB V und § 31 SGB IX, wenn sie nur in der konkreten Wohnung (Wohngrundstück) wegen deren besonderer Beschaffenheit erforderlich ist, nicht aber, wenn es dieser Hilfe typischerweise und erfahrungsgemäß auch in anderen Wohnungen bzw Wohngebäuden bedarf(BSGE 101, 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 18, RdNr 11 ff - Deckenlifter). Eine Treppensteighilfe ist hinsichtlich des häuslichen Einsatzes insoweit kein von der konkreten Wohnsituation unabhängiges Hilfsmittel, weil das Gerät in einer treppenlosen Wohnumgebung nicht erforderlich ist.

28

e) Die Zweigeschossigkeit einer Wohnung (Maisonette) oder ein Dachboden zählen nicht zum allgemeinen Wohnstandard, so dass die beklagte Krankenkasse keine Hilfsmittel für deren Erreichbarkeit zur Verfügung stellen muss. Dies gilt in entsprechender Weise auch für einen Hausgarten (so bereits BSG SozR 4-3300 § 40 Nr 9). Schon deshalb stellt sich nicht die Frage, ob eine Treppensteighilfe erst dann in Betracht käme, wenn die Erreichbarkeit des Hausgartens über eine Betonrampe oder über einen Außenlift nicht zu realisieren und diese Maßnahme preisgünstiger wäre. Da es hier um eine erwachsene Versicherte geht, braucht auch nicht entschieden zu werden, ob die Nutzung des Hausgartens wenigstens für Kinder und Jugendliche ein Grundbedürfnis darstellen kann, wie es der Senat im Urteil im Zusammenhang mit der Bezuschussung des barrierefreien Zugangs zum Garten (§ 40 Abs 4 SGB XI)angedeutet hat (BSG SozR 4-3300 § 40 Nr 9).

29

f) Soweit der Zugang zur Wohnung nur über eine Treppe im Hausflur (Treppenhaus) möglich ist, handelt es sich zwar durchaus um den allgemein üblichen durchschnittlichen Wohnstandard, gerade bei Mietshäusern. Nach dem vorstehend aufgezeigten Maßstab fällt indes die Leistungszuständigkeit für Hilfen bei der Bewältigung solcher Hürden nach dem geltenden Recht grundsätzlich nicht in den Verantwortungsbereich der GKV.

30

h) Das vorstehende Ergebnis behält auch im Lichte des § 33 SGB I Bestand, dort heißt es: "Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art und Umfang nicht im einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind." Auf diese Regelung kann sich die Klägerin bei der Auslegung des Leistungsrechts nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht stützen.

31

Die in § 33 SGB I angesprochene Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse betrifft nur die Ausgestaltung vorhandener Rechtsansprüche, nicht hingegen die Begründung der Rechtsansprüche als solche. Dies bezieht sich also nicht auf das "Ob" des Bestehens, sondern nur auf das "Wie" der Erfüllung einer bestehenden Leistungspflicht (Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 33 RdNr 2). Demgemäß hat der Senat bei einem gehbehinderten und auch in der Armkraft beeinträchtigten Versicherten, der den Nahbereich seiner Wohnung nicht mehr zu Fuß erschließen konnte, einen Anspruch nach § 33 SGB V auf eine Mobilitätshilfe mit Elektromotor zuerkannt und bei dessen Ausgestaltung ein Wahlrecht zwischen einem Elektrorollstuhl und einem Shoprider nach § 33 SGB I angenommen(BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1).

32

g) Offen lässt der Senat die Frage, ob der Ausschluss der Leistungspflicht der GKV nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V für in der Wohnung bzw im Haus einzusetzende Treppensteighilfen nicht nur bei dauerhaft, sondern auch bei vorübergehend (zB nach einer Verletzung) "behinderten" Versicherten gilt, die in absehbarer Zeit auf bestimmte Hilfsmittel oder andere Hilfen nicht mehr angewiesen sind und denen deshalb ein Umzug oder eine behinderungsgerechte Umgestaltung der Wohnung nicht zugemutet werden kann. Die zeitliche Grenze wird dabei durch § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX vorgegeben: "Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist." Diese Sechsmonatsgrenze des SGB IX korrespondiert mit der Regelung der Pflegebedürftigkeit in der sozialen Pflegeversicherung. Nach § 14 Abs 1 SGB XI sind Personen pflegebedürftig, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens "auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate", in erheblichen oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.

33

7. Die Klägerin kann den Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Treppensteighilfe nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V auch nicht auf das Argument stützen, sie benötige dieses Hilfsmittel, um die Wohnungen von Verwandten und Freunden, Arztpraxen und die örtliche Kirche aufzusuchen.

34

a) Das allgemeine Grundbedürfnis auf Mobilität im Nahbereich der Wohnung ist durch die Ausstattung der Klägerin mit zwei Rollstühlen gewährleistet. Hinsichtlich des von der Erschließung des Nahbereichs ebenfalls umfassten Zugangs zu den Gebäuden in diesem Bereich ist zu unterscheiden zwischen - öffentlichen oder privaten - Gebäuden mit Publikumsverkehr (Behörden, Post, Geldinstitute, Kirchen, Theater, Supermärkte, Läden, Kliniken, Apotheken, Arztpraxen) einerseits und privaten Gebäuden ohne Publikumsverkehr (Wohngebäude) andererseits. Anders als nach der dem Treppenraupen-Urteil vom 22.5.1984 (BSG SozR 2200 § 182b Nr 29) zugrunde liegenden Situation Anfang der 1980-er Jahre, als auf die besonderen Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern beim Gebäude- und Straßenbau noch wenig Rücksicht genommen wurde und die Forderung nach weitgehender Barrierefreiheit noch nicht ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen war, ist heutzutage festzustellen, dass Gebäude mit Publikumsverkehr in aller Regel einen ebenerdigen Zugang haben und bei Mehrgeschossigkeit ein Fahrstuhl vorhanden ist. Fehlt es bei einem öffentlichen Gebäude noch an einem behindertengerechten Eingangsbereich, ist in aller Regel zumindest eine Rufanlage vorhanden, um den Pförtner zu benachrichtigen, der Hilfe gewährt oder organisiert. Die Herstellung der Barrierefreiheit öffentlicher und vieler ziviler Bauten ist sowohl auf der Ebene des Bundes als auch in den Ländern gesetzlich der Verantwortung der Eigentümer zugewiesen und damit der Zuständigkeit der GKV entzogen (vgl §§ 4 und 8 Behindertengleichstellungsgesetz vom 27.4.2002 und § 554a BGB; auf Länderebene vgl zB § 3 Hessisches Behinderten-Gleichstellungsgesetz vom 20.12.2004 und §§ 2, 33, 43, 46 Hessische Bauordnung vom 18.6.2002). Nur bei vor Erlass dieser Regelungen errichteten privaten Gebäuden ohne Publikumsverkehr, insbesondere selbstgenutzten Wohngebäuden und Mietshäusern, ist gelegentlich noch keine Barrierefreiheit vorhanden (vgl zum Anpassungsanspruch betroffener Mieter § 554a BGB). Die fortschreitende, wenn auch noch nicht vollständig hergestellte Barrierefreiheit in Deutschland stellt eine generelle Tatsache dar, zu deren Feststellung das Revisionsgericht selbst berechtigt ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 163 RdNr 7). Wegen dieser grundlegend geänderten rechtlichen Bewertung und der daraus folgenden tatsächlichen Situation in Bezug auf die Barrierefreiheit von Gebäuden mit Publikumsverkehr und des öffentlichen Raums geht der Senat nunmehr davon aus, dass im Nahbereich der Wohnung üblicherweise keine Treppen mehr zu überwinden sind und die Herstellung der Barrierefreiheit öffentlicher und vieler ziviler Bauten weiterhin voranschreitet. Deshalb steht einer/einem Versicherten kein Anspruch gegen die Krankenkasse auf Gewährung einer Treppensteighilfe (Treppenraupe) in diesem Rahmen zu; die dies noch bejahende Rechtsprechung des 8. Senats des BSG aus dem Jahre 1984 (BSG SozR 2200 § 182b Nr 29) gibt der nunmehr allein für das Hilfsmittelrecht der GKV zuständige 3. Senat des BSG daher auf.

35

b) Soweit die Klägerin die Überwindung von Treppen in fremden Wohngebäuden geltend macht, geht es um den Besuch bei Verwandten und Freunden. Dabei dient die Treppensteighilfe aber nicht der medizinischen Rehabilitation, sondern der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Für den Bereich der sozialen Rehabilitation ist aber nicht die Krankenkasse, sondern - gegebenenfalls - der Sozialhilfeträger (§ 5 Nr 4 iVm § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX und § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX) leistungspflichtig.

36

c) Zur sozialen Rehabilitation und Integration zählt auch der Besuch des Gottesdienstes und von Veranstaltungen. Die Leistungspflicht der GKV ist also auch insoweit ausgeschlossen.

37

d) Zur medizinischen Rehabilitation gehört in vorliegendem Zusammenhang allerdings die Sicherstellung der Möglichkeit, die noch nicht barrierefrei gestalteten Praxen des Frauenarztes und des Zahnarztes aufsuchen zu können. Insofern fehlt es jedoch an der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Hilfsmittelversorgung. Da es um insgesamt nur vier Arztbesuche jährlich geht, kann die Klägerin auf den Fahrdienst (§ 60 SGB V) verwiesen werden, für den die Beklagte nach Feststellung des LSG pro Jahr lediglich rund 100 Euro aufzubringen hätte. Der Fahrdienst übernimmt auch den Transport des Versicherten und des Rollstuhls in die Praxisräume. Deshalb ist die Inanspruchnahme des Fahrdienstes objektiv wirtschaftlich und der Klägerin subjektiv zumutbar.

38

8. Der Leistungsanspruch gegen die Beklagte lässt sich auch nicht aus anderen Rechtsvorschriften herleiten.

39

a) Ein Anspruch aus § 31 SGB IX scheidet aus. Diese Vorschrift gibt hinsichtlich des Hilfsmittelbegriffs nur den Regelungsgehalt wieder, wie er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelt worden ist, und bestätigt somit diese Rechtsprechung. Eine Ausweitung der Leistungspflicht der GKV bei der Hilfsmittelversorgung war nicht beabsichtigt, was vor allem darin zum Ausdruck kommt, dass nach § 7 Satz 2 SGB IX die Regelung des § 33 SGB V maßgeblich bleibt: "Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen"(vgl im Einzelnen BSGE 91, 60 RdNr 12, 13 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3, RdNr 13, 14 sowie zur Gesetzesbegründung BT-Drucks 14/5074 S 94).

40

b) Aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der Benachteiligung behinderter Menschen in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG ergeben sich ebenfalls keine weitergehenden Leistungsansprüche gegen die GKV bei der Hilfsmittelversorgung. Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken (vgl BT-Drucks 12/8165 S 29). Diesem Auftrag zur Umsetzung und Konkretisierung hat der Gesetzgeber mit dem SGB IX Rechnung getragen, ohne dass damit der Auftrag als erledigt anzusehen wäre. Der somit fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet indes keine konkreten Leistungsansprüche (BSGE 91, 60 RdNr 14 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 15).

41

c) Auch eine Leistungspflicht der Beklagten nach § 14 SGB IX scheidet aus. Diese Vorschrift ist als Anspruchsgrundlage zu prüfen, weil eine Leistungspflicht nach § 33 SGB V (bzw § 31 SGB IX) ausscheidet und die Beklagte als erstangegangener Träger den Leistungsantrag seinerzeit nicht an einen anderen Sozialleistungsträger weitergeleitet hat.

42

aa) Eine Leistungspflicht anstelle der Pflegekasse entfällt schon deshalb, weil die Pflegekassen nicht zu den Rehabilitationsträgern iS des SGB IX gehören, an die ein Leistungsantrag weitergeleitet werden könnte.

43

bb) Eine Leistungspflicht der Beklagten anstelle des Sozialhilfeträgers scheidet ebenfalls aus. Die Klägerin gehört - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht zu dem Personenkreis, der Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen könnte.

44

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.