Landgericht Saarbrücken Beschluss, 09. Okt. 2008 - 5 T 468/08

published on 09/10/2008 00:00
Landgericht Saarbrücken Beschluss, 09. Okt. 2008 - 5 T 468/08
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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Anordnung der Abschiebehaft durch den Beschluss des Amtsgerichts Lebach vom 12.09.2008 – Az. 5 XIV 1957 B – rechtswidrig war.

2. Dem Saarland werden die Auslagen des Betroffenen sowohl in dem erstinstanzlichen Verfahren als auch in dem Beschwerdeverfahren auferlegt, soweit sie zur zweckentsprechenden Aktenverfolgung notwendig waren.

Gründe

A.

Das Landesverwaltungsamt des Saarlandes als zuständige zentrale Ausländerbehörde hat durch Schreiben vom 12.09.2008 bei dem Amtsgericht Lebach beantragt, gegen den Betroffenen die Abschiebehaft für die Dauer von zwei Wochen anzuordnen.

Der Betroffene ist am 01.12.2007 von Griechenland aus nach Deutschland eingereist und hat am 13.12.2007 einen Asylantrag gestellt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat am 28.01.2008 ein Übernahmeersuchen an Griechenland gerichtet. Die griechischen Behörden haben dieses Ersuchen zunächst nicht beantwortet.

Durch Schreiben vom 02.05.2008 (vgl. Bl. 31 d. A.) hat sich Griechenland bereit erklärt, den Betroffenen aufzunehmen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat durch Bescheid vom 17.04.2008 festgestellt, der Asylantrag des Betroffenen vom 13.12.2007 sei unzulässig, weil Griechenland für die Bearbeitung des Asylantrages gem. Art. 18 Abs. 7 Dublin II VO zuständig sei.

Gleichzeitig hat das Bundesamt in diesem Bescheid die Abschiebung des Betroffenen nach Griechenland angeordnet.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 17.04.2008 ist dem Betroffenen am 18.09.2008 zugestellt worden.

Auf den Antrag der zentralen Ausländerbehörde hat das Amtsgericht Lebach nach vorheriger persönlicher Anhörung des Betroffenen durch den angefochtenen Beschluss vom 12.09.2008 angeordnet, dass der Betroffene bis vorerst 25.09.2008 in Abschiebehaft zu nehmen ist.

Das Amtsgericht hat die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet.

Der Betroffene ist am 18.09.2008 aus der Haft heraus nach Griechenland abgeschoben worden.

Durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 19.09.2008 hat der Betroffene gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lebach vom 12.09.2008 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt,

festzustellen, dass die Anordnung von Abschiebehaft rechtswidrig war.

Der Betroffene weist daraufhin, dass ihm der Bescheid des Bundesamtes vom 17.04.2008 erst am 18.09.2008 zugestellt worden ist.

Er ist der Auffassung, seine Ausreisepflicht sei erst mit der Zustellung des Bescheids des Bundesamtes entstanden.

Die Anordnung der Abschiebehaft sei auch unverhältnismäßig gewesen, da man ihm die Gelegenheit zur freiwilligen Ausreise nach Griechenland habe geben müssen.

Die zentrale Ausländerbehörde verteidigt den angefochtenen Beschluss und weist darauf hin, in dem Haftantrag vom 12.09.2008 sei auf den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17.04.2008 Bezug genommen worden und dieser Bescheid habe dem Haftantrag beigelegen.

Der Betroffene sei aufgrund des Bescheides vom 17.04.2008 vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, so dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebehaft erfüllt gewesen seien.

B.

I.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen ist gemäß §§ 106 Abs 2 S. 1 AufenthG, 3 S. 3, 7 FEVG, 19, 20, 22 FGG zulässig.

Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerde erst nach der Haftentlassung und der Abschiebung des Betroffenen nach Griechenland eingelegt worden ist.

Da jede Freiheitsentziehung in schwerwiegender Weise in das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) eingreift, gebietet Art. 19 Abs. 4 GG ein umfassendes Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung auch dann, wenn diese Freiheitsentziehung bereits beendet ist (vgl. BVerfG NJW 2002, 2456; Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 28.06.2007, Az. LV 2/07 – zitiert nach juris).

Da jede Inhaftierung eine diskriminierende Wirkung entfaltet, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis im Sinne eines Rehabilitierungsinteresses grundsätzlich auch nach der Erledigung der Freiheitsentziehung. Im Bereich der Abschiebungshaft besteht dieses Rechtsschutzinteresse trotz prozessualer Überholung jedenfalls bei einer Haftanordnung im Wege der einstweiligen Anordnung oder zur Vorbereitung der Ausweisung (vgl. BVerfG a. a. O.; BayObLG InfAuslR 2001, 445).

II.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet und führt zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung.

1. Das Amtsgericht hat die Haftanordnung in dem angefochtenen Beschluss vom 12.09.2008 auf § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG gestützt.

Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer für die Dauer von längstens zwei Wochen in Sicherungshaft genommen werden, wenn die Ausreisefrist abgelaufen ist und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift haben im vorliegenden Fall deshalb nicht vorgelegen, weil der Betroffene zum Zeitpunkt der Haftanordnung am 12.09.2008 nicht ausreisepflichtig gewesen ist.

2. Der Betroffene hatte nach seiner Einreise nach Deutschland am 01.12.2007 am 13.12.2007 einen Asylantrag gestellt.

Auch wenn man berücksichtigt, dass der Betroffene aus Griechenland, also einem sicheren Drittstatt im Sinne des § 26 a Asylverfahrensgesetz nach Deutschland eingereist war, mit der Folge, dass Griechenland gemäß Art 10 Abs. 1 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II) für die Entscheidung über die Asylgewährung zuständig war, hat der Betroffene durch diesen in Deutschland gestellten Asylantrag gemäß § 55 Abs. 1 S. 3 Asylverfahrensgesetz eine Aufenthaltsgestattung erlangt, die bis zu ihrem Erlöschen der Abschiebung des Betroffenen und damit auch der Anordnung von Abschiebehaft entgegen stand.

Diese Aufenthaltsgestattung ist gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 5 Asylverfahrensgesetz nicht bereits mit dem Erlass des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17.04.2008, sondern erst mit der Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung nach § 34 a Asylverfahrensgesetz erloschen.

Nach § 34 a Abs. 1 Asylverfahrensgesetz ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an – ohne dass es einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf – sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

3. Diese Anordnung der Abschiebung durch das Bundesamt wird jedoch gemäß § 31 Abs. 1 S. 4 Asylverfahrensgesetz erst wirksam, wenn die Entscheidung sowohl über den Asylantrag als auch hinsichtlich der Abschiebungsanordnung dem Ausländer selbst zugestellt worden ist (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 02.09.2004 – Az. 15 W 83/04, zitiert nach Juris, Rn. 4 – OLGR Hamm 2005, 75).

Da die Zustellung des Bescheides des Bundesamtes vom 17.04.2008 an den Betroffenen erst am 18.09.2008 – dem Tag der Haftentlassung – erfolgt ist, war die Anordnung, die Abschiebungshaft von Anfang an bis zu dem Tag der Haftentlassung rechtswidrig.

4. Ob – wie der Betroffene vortragen lässt – durch die Inhaftnahme des Betroffenen auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen worden ist, weil dem Betroffenen die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise nach Griechenland hätte gegeben werden müssen (vgl. dazu OLG Hamm a. a. O., Juris Rn. 7) kann im vorliegenden Fall offen bleiben.

III.

Nach § 16 FEVG – diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn sich die Haftanordnung erledigt und durch gerichtliche Entscheidung die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festgestellt wird (vgl. OLG Hamm a. a. O., Juris Rn. 8) – sind dem Saarland die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen, da das Verfahren ergeben hat, dass ein begründeter Anlass zur Beantragung der Abschiebungshaft nicht vorgelegen hat.

1. Ob ein begründeter Anlass zur Antragstellung vorgelegen hat, ist nach dem Sachverhalt zu beurteilen, der von der antragstellenden Behörde zur Zeit der Antragstellung unter Ausnutzung aller ihr nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Erkenntnisquellen festgestellt werden konnte, ohne dass ein Verschulden eines Mitarbeiters dieser Behörde vorgelegen haben muss (vgl. dazu OLG Hamm a. a. O., Juris Rn. 9 m. w. N.).

2. Die Ausländerbehörde hätte im vorliegenden Fall die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht und in diesem Zusammenhang die Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes vom 17.04.2008 prüfen und dabei feststellen müssen, dass die Zustellung zum Zeitpunkt des Haftantrages noch nicht erfolgt war, so dass der Betroffene damals noch nicht ausreisepflichtig gewesen ist und noch nicht in Haft hätte genommen werden dürfen (vgl. OLG Hamm a. a. O., Juris Rn. 9).

Deshalb sind dem Saarland als zuständiger Gebietskörperschaft die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt. (2) Das Verfahren bei Freih
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published on 01/03/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 183/11 vom 1. März 2012 in der Zurückschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AsylVfG § 14 Abs. 3 Satz 1, § 55 Abs. 1 Satz 1 a) Mit der förmlichen Asylantragstellung entsteht di
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(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

(2) Das Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ist über die Fortdauer der Zurückweisungshaft oder der Abschiebungshaft zu entscheiden, so kann das Amtsgericht das Verfahren durch unanfechtbaren Beschluss an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die Zurückweisungshaft oder Abschiebungshaft jeweils vollzogen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.