I.
Das aufgrund richterlicher Anordnung des Amtsgerichts Erlangen erholte neurologischpsychiatrische Gutachten des Dr. med. H2. R2., Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut, vom 19.07.2015 ging am 19.07.2015 beim Amtsgericht Erlangen ein.
Mit Schreiben vom 21.07.2015 nahm der Sachverständige ergänzend zu seinem Sachverständigengutachten Stellung.
Mit Schreiben vom 21.07.2015 zeigte sich Rechtsanwältin R3. für die Betroffene an.
Mit weiterem Schriftsatz vom 28.07.2015 ergänzte der Sachverständige erneut sein Gutachten.
Die Betroffene wurde am 28.07.2015 durch das Amtsgericht Erlangen. angehört.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 30.07.2015 wurde die Betreuung der Betroffenen angeordnet. Die Betreuung umfasst die folgenden Aufgabenkreise: Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Wohnungsangelegenheiten, Entscheidung über Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen. Zum Betreuer wurde Herr Rechtsanwalt O. B. bestellt.
Mit Schreiben vom 05.08.2015 zeigte sich Rechtsanwalt S1. für die Tochter der Betroffenen, R4. G., an und legte Beschwerde ein, da die Betroffenen ihre Tochter mit der Einlegung einer Beschwerde beauftragt habe. Ein entsprechendes von der Betroffenen unterzeichnetes Beschwerdeschreiben wurde mit über reicht. Die Beschwerde wurde damit begründet, dass keinerlei Voraussetzungen für eine Bestellung eines Betreuers vorliegen würden. Sie habe in der Vergangenheit ihre Tochter R2. G. mit der Vorsorge für sie bevollmächtigt. Eine entsprechende Vollmacht liege vor und werde von ihr weiterhin aufrechterhalten.
Die Betroffene wurde erneut am 11.08.2105 durch das Amtsgericht E1. angehört.
Das Amtsgericht E1. half der Beschwerde mit Beschluss vom 11.08.2015 nicht ab und legte die Akte dem Landgericht Nürnberg-Fürth zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom 04.09.2015 zeigte sich Rechtsanwalt D. für die Betroffene an und beantragte in seiner Beschwerdebegründung unter anderem die Einsetzung des Patenkindes der Betroffenen, Frau Dr. E2. W., als Betreuerin.
Die Beteiligen erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die Beschwerde der Betroffenen ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der Betreuung liegen vor, § 1896 BGB. Insbesondere ist die Vorsorgevollmacht aufgrund nachgewiesener Geschäftsunfähigkeit unwirksam. Eine Betreuung der Betroffenen durch deren Tochter, Frau G., kommt nicht in Betracht, da dies dem Willen der Betroffenen widerspricht.
1. Eine Betreuung kann angeordnet werden, wenn ein betroffener Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Die subjektive Betreuungsbedürftigkeit einer Person erfordert damit neben dem Vorliegen eines bestimmten medizinischen Befundes das hierdurch bedingte Unvermögen des Betroffenen zur Besorgung seiner Angelegenheiten (Zweigliedrigkeit des Betreuungstatbestands), § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB (Bamberger/Roth-Müller, BGB, Kommentar, Stand 1.03.2011, § 1896 Rn. 9). Außerdem darf er nicht mehr zur Bildung eines freien Willens fähig sein, § 1896 Abs. 1 a BGB. Wer also seinen Willen im Hinblick auf die betreuungsrelevanten Umstände frei zu bestimmen vermag, entscheidet auch selbst über die mögliche Bestellung eines Betreuers. Dabei geht es um den auf die jeweilige Aufgabe bezogenen Willen, wobei an die Auffassungsgabe keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen. Ist der Betroffene im Wesentlichen in der Lage, sich ein eigenes Urteil zu bilden, nach diesem Urteil zu handeln und insbesondere sich von Einflüssen Dritter abzugrenzen, kommt eine Betreuerbestellung gegen den Willen des Betroffenen nicht in Betracht (OLG Brandenburg, BtPrax 2008, 265). Schließlich muss die Anordnung der Betreuung erforderlich sein, § 1896 Abs. 2 BGB, so dass die Bestellung eines Betreuers nur soweit und solange erfolgen darf, wie der Betroffene seine Angelegenheiten nicht selbst zu besorgen in der Lage ist, wobei das Gericht die konkrete Lebenssituation zu beachten hat (Jürgens, Betreuungsrecht, 4. Auflage 2010, § 1896 BGB Rn. 15, 16).
2. a) Nach dem neurologisch psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Dr. med. H2. R2., Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut, vom 19.07.2015 liegt bei der Betroffenen eine seelische und körperliche Behinderung vom Grad der Hilflosigkeit vor, infolge einer degenerativen Demenz mit Verdacht auf Delirien (ICD 10 F03 und F05.1), sowie eine körperliche Gebrechlichkeit (F54) infolge involutiver Körperschwäche (G72.9 - Rollstuhlnutzung) und wahrscheinlich auch Sehschwäche (H54). Möge auch die Orientierungsfähigkeit im Gespräch mit der Betreuungsstelle weniger stark ausgeprägt sein, was mit wechselnder Ausprägung demenzieller Entwicklung vereinbar sei, so bleibe die erhebliche gesundheitliche Selbstgefährdung durch das Ablehnen von Hilfsmaßnahmen infolge mangelnder Urteilskraft dauerhaft bestehen. Ein eigenständiges Leben ohne erhebliche gesundheitliche Selbstgefährdung sei der Betroffenen nicht möglich, da sie nicht planen und einen Haushalt führen könne. Aufgrund ihrer Behinderung und der daraus resultierenden Einschränkung der freien Willensbildung könne die Betroffene alle Angelegenheiten einschließlich des zugehörigen Postverkehrs nicht selbst besorgen. Sie sei aus psychiatrischer Sicht dauerhaft als geschäftsunfähig und testierunfähig zu erachten. Die Betroffene sei aus psychiatrischer Sicht als geschäftsunfähig anzusehen, weil sie den Willen nicht natürlich bilden, nicht vorausschauend handeln und mangels Urteilskraft die Notwendigkeit von Hilfsmaßnahmen nicht einsehen könne. Wegen Geistesschwäche sei die Betroffene nicht in der Lage, die Bedeutung einer von ihr abgegebenen Willenserklärung einzusehen und deren Tragweite zu erkennen. Sie sei somit als testierunfähig zu erachten. Die Betroffene könne eine Vollmacht weder wirksam erteilen, noch den Weisungen eines Bevollmächtigten zuverlässig folgen, noch einen Bevollmächtigten kontrollieren, so dass keine anderen Hilfsmittel als die rechtliche Betreuung zu erkennen seien. Es empfehle sich wegen der unterschiedlichen Ansichten der Angehörigen die Bestellung eines berufsmäßigen Betreuers. Mit einer Rückbildung der Behinderung sei nach medizinischer Erfahrung nicht zu rechnen. Eine Überprüfung des Betreuungsumfangs empfehle sich mit Ablauf von sieben Jahren, auf Anregung des ggfs. bestellten Betreuers auch früher.
b) In einer weiteren Stellungnahme vom 21.07.2015 führte der Sachverständige aus, dass sicher gegenwärtige Geschäftsunfähigkeit und Testierunfähigkeit der Betroffenen vorliege. Eine demenzielle Entwicklung werde von ungeübten Beobachtern in der Regel erst bemerkt, wenn sie bereits erhebliche Leistungsmängel aufzeige. Zumeist habe die Entwicklung bereits bis zu 4 Jahre zuvor eingesetzt. Angesichts der jetzigen Ausprägung vom Grad einer seelischen Hilfslosigkeit und einer körperlichen Hilflosigkeit wegen Sehschwäche und angesichts der Klinikbeobachtung im Sinn einer Demenz mit Delirien (Verwirrtheit und Aggressivität) sei anzunehmen, dass die Betroffene wohl bereits am 24.12.2014 in der Willensbildung erheblich gestört gewesen sei. Zur Frage, ob sich zu diesem Zeitpunkt Geschäftsfähigkeit mit Sicherheit ausschließen lasse, bedürfe es allerdings eines zeitnahen ärztlichen Befundes, z. B. des Hausarztes oder Pflegedienstes.
c) In einer weiteren Stellungnahme vom 28.07.2015 führt der Sachverständige nach weiterer Prüfung von hausärztlichen Unterlagen aus, dass die Betroffene zum Zeitpunkt des 24.12.2014 seit längerem nicht in der Lage gewesen sei, ärztliche Anweisungen zu befolgen, ambulante Hilfen anzunehmen und eigene Aktivitäten mit den Erfordernissen einer erfolgreichen Selbstversorgung in Einklang zu bringen. Nach psychiatrischem Ermessen sei angesichts der spätestens seit Anfang 2014 belegten Leistungsminderungen die Unfähigkeit festzustellen, die Bedeutung und die Tragweite der ambulanten Hilfen einzusehen. Die Betroffene habe sich damit nach hausärztlicher Einschätzung gesundheitlich selbst in erheblichem Maße gefährdet. Die Vernachlässigung der Überprüfung der Gerinnungswerte bei der Gabe von Marcumar berge die Gefahr von Thrombosen und Embolien. Nach psychiatrischer Erfahrung gefährde sich die Betroffene mangels besserer Einsicht damals und jetzt erheblich. Bei einer Begutachtung um den 24.12.2014 wären sicher die beschriebenen Leistungsdefizite und Geschäftsunfähigkeit festzustellen gewesen. Gerade die Angabe, dass sich eine Tochter in problematischer Weise als Betreuerin ausgebe, und daher die berufsmäßige Betreuung angeregt werde, spreche dafür, dass allen Angehörigen Leistungsminderungen der Betroffenen bekannt gewesen seien, die nach Art der Erkrankung nicht in wenigen Wochen das geschilderte Ausmaß annähmen, sondern in Jahren.
d) Die Kammer hat nach eigener kritischer Prüfung keinerlei Anhaltspunkte, an den ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des kammerbekannt sorgfältigen und auch über die notwendige Sachkunde verfügenden Sachverständigen zu zweifeln. Dessen Angaben decken sich mit dem Akteninhalt, insbesondere den Inhaltsangaben der jeweiligen Anhörungsprotokolle der sachbearbeitenden Richter. Es besteht somit seitens der Kammer weder ein Zweifel daran, dass die Betroffene nicht mehr zur Regelung der Angelegenheiten im o.g. Wirkungskreis in der Lage ist noch, dass die Betroffene zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung geschäftsunfähig gewesen ist.
e) Soweit der nun dritte Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin meint, selbst einschätzen zu können, dass die Betroffene geschäftsfähig sei, kann dies das Gericht nicht überzeugen. Zum einen hat der Bevollmächtigte keinerlei medizinische Qualifikationen. Zum anderen teilte der Sachverständige schließlich auch gerade mit, dass man sich mit der Betroffenen durchaus noch unterhalten kann und die Orientierungsfähigkeit auch mit einer wechselnden Ausprägung der demenziellen Entwicklung vereinbar ist. Auch das von diesem überreichte, von der Betroffenen wohl selbst verfasste Glückwunschschreiben, kann zu keiner anderen Bewertung führen. Der Kammer ist aus jahrlanger Erfahrung in der Beschwerdekammer durchaus bekannt, dass auch Geschäftsunfähige Schreiben verfassen können.
f) Der weitere Einwand des dritten Bevollmächtigten der Betroffenen, die Geschäftsunfähigkeit sei vom Sachverständigen nicht ordnungsgemäß festgestellt worden, es komme allein darauf an, was der Gutachter zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens festgestellt habe, erschließt sich der Kammer nicht. Der Gutachter kann schließlich zum jetzigen Zeitpunkt keine Feststellung zum 24.12.2014 mehr treffen, sondern er kann nur feststellen, was zu diesem Zeitpunkt bei einer Begutachtung festgestellt worden wäre. Eine Spekulation des Sachverständigen ist angesichts des überaus deutlichen Wortlauts für die Kammer nicht zu erkennen.
g) Soweit der dritte Bevollmächtigte weiterhin bemängelt, dass die Sachverständigengutachten aufgrund rechtswidriger Grundlage wegen einer fehlenden Schweigepflichtsentbindung der Hausärzte der Betroffenen zustande gekommen wären, kann dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Bereits zum Zeitpunkt der Erläuterungen des Dr. R2. war für die Betroffene eine vorläufige Betreuung bestellt, so dass der Betreuer Rechtsanwalt O. B. zur Erteilung einer entsprechenden ärztlichen Schweigepflicht zuständig gewesen wäre. Der Kammer sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dieser eine solche Schweigepflichtsentbindung im Interesse der Betroffenen abgelehnt hätte. Nähere Ermittlungen hierzu können aber unterbleiben, da selbst eine rechtswidrige Gewinnung einer Verwertung nicht entgegen steht (so bereits BGH NJW 2011, 520 im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens).
3. Die Bestellung der Tochter der Betroffenen, Frau G., kommt nicht in Betracht, da dies dem ausdrücklichen Willen der Betroffenen widerspricht. So hat die Betroffene sich in den Anhörungen durch das Gericht gerade nicht dafür ausgesprochen, ihre Tochter G. als Betreuerin haben zu wollen. Vielmehr war diese mit einer Betreuung durch einen neutralen Rechtsanwalt einverstanden, insbesondere vor dem Hintergrund des Wunsches, beide Töchter gleich zu behandeln. Auch gegenüber der Betreuungsbehörde wünschte die Betroffene noch am 16.07.2015 einen neutralen Betreuer, da sie im Familienkreis niemanden habe, zu dem sie absolutes Vertrauen habe. Die Betroffene war zudem mit der Bestellung des Betreuers einverstanden. Nach § 1897 Abs. 2 Satz 2 BGB ist somit dem Wunsch der Betroffenen zu entsprechen und die Tochter gerade nicht als Betreuerin zu bestellen.
Die Vermutung des Bevollmächtigten der Tochter der Betroffenen, die erstinstanzliche Richterin habe der Betroffenen nur Fragen gestellt, welche sie mit „Ja“ beantwortet habe, ist angesichts der ausführlichen Inhalte der Protokolle absurd. Die Kammer hält es für abwegig, dass sich die erstinstanzliche Richterin die weit über ein bloßes „Ja“ hinausgehenden Ausführungen der Betroffenen ausgedacht haben sollte, um sich diese dann von der Betroffenen durch ein „Ja“ bestätigen zu lassen.
4. Soweit die Betroffene durch ihren nun dritten Bevollmächtigten gänzlich anders vorträgt und jetzt auf einmal die bisher zu noch keinem Zeitpunkt benannte Frau Dr. E2. W., ihr Patenkind, als Betreuerin wünscht, ist dies nicht Gegenstand der Beschwerde. Die Beschwerde wurde fristgerecht nur mit dem Beschwerdegegenstand der Betreuung an sich eingelegt. Selbst wenn man die mit der Beschwerde vorgelegte Vorsorgevollmacht noch zugunsten der Betroffenen berücksichtigt, käme man allenfalls zu einer Auslegung dahingehend, dass die Betroffene im Falle einer Betreuung ihre Tochter G. als Betreuer wünscht. Der Umfang der Nachprüfung der Ausgangsentscheidung wird somit nach dem Inhalt der fristgerechten Beschwerde beschränkt.
5. Nicht korrekt ist die Behauptung des Bevollmächtigten der Tochter der Betroffenen, seine Mandantin sei berechtigt, jede Entscheidung des Betreuers zu sabotieren. Wie bereits oben festgestellt, ist die Vollmacht nicht wirksam. Aufgrund der wirksamen Betreuerbestellung besteht somit keinesfalls eine ungeklärte rechtliche Situation.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Die Kammer hat von einer erneuten Anhörung der Betroffenen abgesehen, da diese bereits im ersten Rechtszug am 28.07.2015 und am 11.08.2015 durch die sachbearbeitende Richterin persönlich angehört wurde. Im Hinblick auf den Beschwerdegegenstand haben sich keinerlei neue Anhaltspunkte ergeben, die eine erneute Anhörung erforderlich machen, § 68 Abs. 3 FamFG.