Landgericht München II Vorbehaltsurteil, 06. Apr. 2017 - 2 HK O 1861/14
Gericht
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz 3.5.2014 zu zahlen, im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung iHv 110‰ des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Entscheidung über eine mögliche Aufrechnungsforderung der Beklagten i.H.v. 48.452,60 € wegen Mängelbeseitigungskosten bleibt vorbehalten
Tatbestand
„§ 5 (3) Der vereinbarte Preis ist innerhalb von 30 Kalendertagen ab vollständiger Lieferung und Leistung (einschließlich einer gegebenenfalls vereinbarten Abnahme) sowie Zugang einer ordnungsgemäßen Rechnung zur Zahlung fällig[…]
§ 5 (4) Wir schulden keine Fälligkeitszinsen. Der Verzugszins beträgt 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Für den Eintritt unseres Verzuges gelten die gesetzlichen Vorschriften, wobei hiervon ggf abweichend in jedem Fall eine schriftliche Mahnung durch den Verkäufer erforderlich ist.
§ 5 (5) Aufrechungs- und Zurückbehaltungsrechte sowie die Einrede des nichterfüllten Vertrages stehen uns in gesetzlichem Umfang zu. Wir sind insbesondere berechtigt, fällige Zahlungen zurückzuhalten, solange uns noch Ansprüche aus unvollständigen oder mangelhaften Leistungen gegen den Verkäufer zustehen.
§ 7 (1) für unsere Rechte bei Sach- und Rechtsmängeln der Ware […] gelten die gesetzlichen Vorschriften, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.
§ 7 (4) […] In allen Fällen gilt unsere Rüge (Mängelanzeige) als unverzüglich und rechtzeitig, wenn sie innerhalb von 10 Arbeitstagen beim Verkäufer eingeht.
§ 7 (5) Kommt der Verkäufer seiner Verpflichtung zur Nacherfüllung […] innerhalb einer von uns gesetzten angemessenen Frist nicht nach, so können wir den Mangel selbst beseitigen und vom Verkäufer Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen bzw einen entsprechenden Vorschuss verlangen.[…]
§ 11 (2) Ausschließlicherauch internationalerGerichtsstand ist für alle sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Streitigkeiten der für unseren Geschäftssitz in 8. S. zuständige […]“
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 50.000 nebst Zinsen i.H.v. 5% über dem Basiszinssatz seit dem 19.4.2014 zu zahlen.
Klageabweisung (Bl 73 d.A)
Gründe
a) Ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 I BGB wegen der möglicherweise noch unvollständigen vertraglich geschuldeten Dokumentation laut S. 5 der BEB besteht nicht mehr. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin ihren Dokumentationspflichten vollständig nachgekommen ist. Auf die insoweit gewechselten Schriftsätze und die Hinweise des Gerichtes wird Bezug genommen. Jedenfalls hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 24.2.17 ausdrücklich bekundet, an weiterer Dokumentation kein Interesse mehr zu haben. Ein eventuelles Zurückbehaltungsrecht ist also auf jeden Fall ausgeschlossen. Es stellte sich nämlich in diesem Einzelfall alles in allem als unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Beklagte wegen Informationen, an denen sie nach eigenem Bekunden inzwischen kein Interesse mehr hat, der Klägerin gegenüber die nunmehr seit nahezu drei Jahren geschuldete Restzahlung verweigern könnte.
b) Der Beklagten steht auch nicht die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 I BGB zu. Die Leistung der Klägerin ist vollständig erbracht. Ob Mängel i.S.d. § 434 BGB (bei Gefahrübergang) vorlagen, ist strittig, und ggf im Nachverfahren zu klären, allerdings sind derzeit keine Nacherfüllungsansprüche mehr geltend gemacht, so dass die Beklagtenseite nicht die geschätzte Höhe des Beseitigungsaufwandes, geschweige denn die doppelte Höhe, einbehalten kann, vgl. Palandt/Grüneberg, Rn 11 zu § 320 BGB. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 5 (5) der BEB, da hier ausdrücklich auf den gesetzlichen Umfang der möglichen Einwendungen und Einreden Bezug genommen wird. Durch die „Insbesondere“-Regelung von S.2 der Klausel kann und wird keine Erweiterung der Zurückbehaltungsmöglichkeiten über den gesetzlich möglichen Umfang hinaus eröffnet. Bei dem obengenannten Ergebnis – keine Einrede des nicht erfüllten Vertrages mehr in diesem Fallverbleibt es also.
c) Auch wegen der möglicherweise erhöhten Transportkosten hat die Beklagte kein Leistungsverweigerungsrecht, insbesondere nicht aus § 320 iVm § 5 (5) der BEB. Es handelt sich hier nicht um einen Fall von Mängelgewährleistungsansprüchen, da der zu versendende Gegenstand schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht mangelhaft gewesen ist. Eine Abweichung gegenüber vorher angegeben Außenabmessungen kann allenfalls eine Nebenpflichtverletzung darstellen, und berechtigt dann – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungenggf zu einem Schadensersatzanspruch.
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(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen.
(2) Enthält das Urteil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urteils nach Vorschrift des § 321 beantragt werden.
(3) Das Urteil, das unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen.
(4) In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergibt, dass der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urteil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.
(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.
(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat, - 2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und - 3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie
- 1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, - 2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung - a)
der Art der Sache und - b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
- 3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und - 4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage
- 1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder - 2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.
(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.