Landgericht Arnsberg Urteil, 11. Apr. 2014 - 6 KLs-312 Js 496/09-8/11
Gericht
Tenor
Die Angeklagten sind der Untreue in zwei Fällen schuldig.
Der Angeklagte wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Die Angeklagte wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Hinsichtlich der Angeklagten wird festgestellt, dass das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften: §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 S. 1 i.V.m. S. 2 Nr. 2, 25 Abs. 2, 53 StGB.
1
Gründe
2I.
31.
4Die heute 62 Jahre alte Angeklagte P1 ist -mit dem Angeklagten P2 - verheiratet und Mutter dreier erwachsener Kinder. Ihre einzige Tochter ist zwischenzeitlich ihrerseits Mutter einer Tochter, die Angeklagte also Großmutter.
5Die in O1 geborene Angeklagte absolvierte nach Abschluss ihrer Schullaufbahn zunächst eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau in einer Warengenossenschaft, dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann, den Angeklagten kennen, der in der Viehabteilung als Einkäufer/Viehhändler tätig war.
61975 gründete ihr Ehemann die F1, später umbenannt in F2 (kurz: F2 oder F2) und war dort in der Folge als geschäftsführender Vorstand beschäftigt, während auch die Angeklagte selbst ganztags im Unternehmen tätig war, dieses mit aufbaute und insbesondere den kaufmännischen Bereich, unter anderem die Buchhaltung und den Schriftverkehr, eigenverantwortlich im Rahmen eines Anstellungsvertrages mit der F2 betreute.
7Den Eheleuten gelang es zunächst das Unternehmen erfolgreich mit Zuwächsen zu betreiben. Standort war seit Beginn das zunächst angemietete weitläufige Gelände S1- Straße ## in O2, zu dem neben einem Einfamilienhaus auch weitere Stallungen und Gebäude gehören, unter anderem eine Reithalle und ein später errichtetes Bürogebäude. Dieses Gelände ist zwischenzeitlich von der Angeklagten zu Eigentum erworben worden.
8Die Reitanlage war in der Vergangenheit unter anderem an die F3 vermietet. Anteile dieser GmbH wurden von dem Ehemann gehalten; über das Vermögen der Gesellschaft ist zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
9Seit 1995 war die Angeklagte darüber hinaus im Rahmen eines Treuhandverhältnisses auch geschäftsführende Gesellschafterin der Firma F4 (kurz: F4). Die Anteile der Gesellschaft hielt sie treuhänderisch für eine Tochter der F5; die Geschäftsanteile sind zwischenzeitlich, Anfang des Jahres 2013, auf den Treugeber übertragen worden. Weiterhin fungierte die Angeklagte als Geschäftsführerin der F6, an der sie ebenfalls zu Anteilen als Gesellschafterin beteiligt war. Die Geschäftstätigkeit dieser GmbH ruht.
10Bis März 2013 war die Angeklagte für die F2 tätig, erzielte zuletzt Einkünfte von ca. 40.000 € brutto pro Jahr, daneben auch Einkünfte aus der Vermietung der Örtlichkeit an die F2 sowie Vermietung der auf dem Gelände ebenfalls befindlichen Reitanlage nebst Boxen zur Pferdehaltung.
11Nachdem vermeintliche Untreuehandlungen durch die Eheleute seitens der F2 behauptet und diese Vorwürfe unter den Genossenschaftsmitgliedern bekannt geworden waren, endete letztlich auch das Arbeitsverhältnis der Angeklagten mit der Genossenschaft im März 2013 nach Niederlegung des Vorstandsamtes durch ihren Ehemann. Kurz zuvor, am 07.03.2013, hatten die Eheleute auf Drängen der F2 in Person des Vorstandsmitgliedes P3 ein notarielles selbständiges Schuldanerkenntnis –UR-Nr.: 129/2013 des Notars P4 in O3 - dahingehend abgegeben, als Gesamtschuldner der F2 einen Betrag in Höhe von 4.583.215,49 € nebst Zinsen zu schulden; sie unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen.
12Am 25.03.2013 stellte die F2 einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Arnsberg datiert auf den 26.03.2013 (Aktenzeichen: 21 IN 104/13).
13Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens galt die F2 als erfolgreiches Unternehmen mit erheblichen Zuwächsen, es handelte sich um eine der bedeutendsten Genossenschaften im Raum Südwestfalen mit insgesamt rund 450 Genossenschaftsmitgliedern; Geschäftsinhalt war im wesentlichen der Ankauf von Schweinen bei den Genossenschaftsmitgliedern, also den Landwirten vor Ort und der Weiterverkauf der Schweine an Schlachthöfe, wobei rund 80 % der Schweine an die F5 verkauft wurden.
14Das operative Geschäft der F2 ist zwischenzeitlich durch ein Drittunternehmen übernommen worden, welches ebenfalls vom ursprünglichen Sitz der F2 aus tätig ist und die entsprechenden Räumlichkeiten von der Angeklagten angemietet hat.
15Die Angeklagte bewohnt mit ihrer Familie weiterhin den vorgenannten Grundbesitz. Aufgrund des Schuldanerkenntnisses vom 07.03.2013 und entsprechender Eintragungen im Grundbuch betreibt der Insolvenzverwalter der F2 die Vollstreckung in dieses Eigentum; die eidesstaatliche Versicherung hat die Angeklagte bereits abgegeben.
16Die Angeklagte bezieht derzeit eine gesetzliche Rente in Höhe von 1.185 € monatlich. Positive Einnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes S1- Straße erzielt die Angeklagte aufgrund überschießender Kosten des Objekts derzeit nicht.
17Die gesundheitliche Situation der Angeklagten stellt sich als stabil dar; konkrete, über die belastende Situation angesichts des Strafverfahrens hinausgehende Einschränkungen gesundheitlicher Art sind nicht zu verzeichnen.
18Strafrechtlich ist die Angeklagte bisher nicht in Erscheinung getreten.
192.
20Der Angeklagte P2 ist derzeit 65 Jahre alt. Er ist in zweiter Ehe mit der Angeklagten verheiratet. Aus dieser Ehe sind – wie schon unter 1.) dargelegt – drei Kinder hervorgegangen; aus der vorangegangen ersten Ehe des Angeklagten stammt darüber hinaus ein weiterer Sohn.
21Nach Abschluss der Schullaufbahn erlernte der Angeklagte zunächst den Beruf des Metzgers. Nach dem frühen Tode seines Vaters gelang es ihm vorgezogen die Meisterprüfung erfolgreich abzulegen, so dass er im Anschluss das von dem Vater hinterlassene Familienunternehmen, eine Metzgerei, fortführen konnte. Seinen Neigungen entsprechend wechselte er in der Folge in den Bereich „Viehhandel“, war bei einer Warengenossenschaft im Bereich des An- und Verkaufs von Vieh erfolgreich tätig und entschloss sich vor diesem Hintergrund letztlich eine eigene/neue Genossenschaft unter seiner Führung zu gründen.
22Als hauptamtliches Vorstandsmitglied gelang es ihm unter Einsatz einer privaten Erbschaft die F1, später nach Umbenennung F2, gewinnbringend am Markt zu etablieren. Er selbst leitete die Geschäfte, war zuständig für den An- und Verkauf von Vieh, verhandelte mit den Schlachtbetrieben über Verkaufspreise und mit den Landwirten über Einkaufspreise.
23Zuletzt erzielte er im Rahmen seiner Tätigkeit ein Einkommen von ca. 5.000 € netto im Monat.
24Neben seiner Tätigkeit für die F2 widmete sich der Angeklagte der Pferdezucht. Um dieses ursprüngliche Hobby gewinnbringend zu betreiben, war der Angeklagte zu 50 % Gesellschafter der F3; der weitere Anteilseigner war Herr P3, der ebenfalls als offiziell bestellter Geschäftsführer fungierte. Für das operative Geschäft wurden die Örtlichkeiten an der S1- Straße, dort insbesondere die Reitanlage, Reitsporthalle nebst Stallungen, genutzt; zwischenzeitlich endete die Geschäftstätigkeit der GmbH infolge Insolvenz.
25Nach Niederlegung seines Vorstandsamtes im März 2013 aufgrund der vorgenannten unter 1.) geschilderten Gegebenheiten bezieht der Angeklagte mittlerweile eine gesetzliche Rente in Höhe von 2.400 € pro Monat, ein Antrag auf Auszahlung von Leistungen aus der Pensionsversicherung ist eingereicht, jedoch noch nicht beschieden.
26Infolge des unter 1.) dargestellten notariellen Schuldanerkenntnisses beziffert auch der Angeklagte seine Verbindlichkeiten auf die dort genannte Forderung der F2; weiterhin besteht noch eine Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Sparkasse im Hinblick auf die F3, eine Inanspruchnahme des Angeklagten aus dieser Bürgschaft ist in der Vergangenheit nicht erfolgt. Der Angeklagte hat bisher keine eidesstaatliche Versicherung abgegeben.
27Gesundheitlich leidet der Angeklagte auch derzeit noch an einer reaktiven Depression infolge der sich im Anschluss an die Untreuevorwürfe ergebenen Verwerfungen in seinem persönlichen Umfeld, endend letztlich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen die F2. Diese Depression bedingte zwischenzeitlich eine Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten nach einem Selbsttötungsversuch. Auch derzeit ist der Angeklagte zwar eingeschränkt verhandlungsfähig, jedoch erneut nach ärztlichem Attest arbeitsunfähig.
28Auch der Angeklagte ist - wie seine Ehefrau - bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
29II.
301.
31Seit der Gründung der F2 bis zur Niederlegung seines Amtes im März 2013 fungierte der Angeklagte als hauptamtlich geschäftsführender Vorstand der F2.
32Bis zu dem vorgenannten Zeitpunkt war die Angeklagte als Angestellte der F2 tätig, führte unter anderem eigenverantwortlich und selbstständig die Buchhaltung. Im Unternehmen handelte sie als „rechte Hand“ ihres Ehemannes, war insbesondere den Mitarbeitern gegenüber weisungsbefugt und auch berechtigt, über die Konten der Genossenschaft im Außenverhältnis uneingeschränkt zu verfügen, so war ihr insbesondere auch über das Geschäftskonto der F2 bei der Volksbank O8, Kontonr.: ###########, Bankvollmacht erteilt worden.
33Im üblichen Geschäftsverkehr war die Angeklagte berechtigt, Forderungen von Viehlieferanten insbesondere auch durch Scheckzahlung auszugleichen; entsprechende Schecks über geringere Beträge wurden üblicherweise von ihr allein unterzeichnet, während sich bei höheren Beträgen -eine konkrete Grenze war nicht ausdrücklich festgelegt - die Übung herausgebildet hatte, dass sowohl die Angeklagte als auch der Angeklagte als geschäftsführendes Vorstandsmitglied diese unterzeichneten.
34Nach den internen Vorgaben der F2 war es dem Angeklagten gestattet, Darlehen an Dritte zu vergeben. Auch dem Angeklagten selbst war es laut schriftlicher Vereinbarung gestattet ein Darlehen von der F2 in Höhe von 20 % des Eigenkapitals der Genossenschaft in Anspruch zu nehmen.
352.
36Die Pferdezucht betrieb der Angeklagte jedenfalls seit der Jahrtausendwende, dies mit mal mehr, mal weniger Erfolg. Insgesamt stellte sich der finanzielle Aufwand als relativ hoch dar, sodass sich der Angeklagte veranlasst sah, auch private Geldmittel seinerseits zur Verfügung zu stellen, um diesen Finanzbedarf zu decken und die Unternehmung mit hinreichend finanziellen Mitteln auszustatten.
37Um Verbindlichkeiten auszugleichen hatte der Angeklagte letztlich auch im Jahre 2001 oder 2002 ein Kontokorrent Konto, Kontonummer: #######, bei der Raiffeisenbank O6 e. G. eröffnet; als Kontoinhaber fungierten beide Angeklagte.
38Zur Absicherung der Verbindlichkeit hatte Herr P6 eine Bürgschaft übernommen. Bei – dem zwischenzeitlich verstorbenen - Herrn P6 handelte es sich zum damaligen Zeitpunkt um einen ebenfalls im Vieh- bzw. Fleischhandelt tätigen Unternehmer; zu diesem hatte sich ausgehend von dem gemeinsamen Hobby „Pferde“ ein freundschaftliches, fast familiäres Verhältnis entwickelt. Im Jahre 2004 erkrankte dieser schwer, sodass sich der Angeklagte veranlasst sah die auf dem Kontokorrent-Konto bestehende Verbindlichkeit zurückzuführen, um eine Inanspruchnahme des Herrn P6 aus dessen Bürgschaftsverpflichtung zu verhindern.
39Mangels ausreichender sonstiger zur Verfügung stehender finanzieller Mittel entschloss sich der Angeklagte gemeinsam mit seiner Frau, Geldmittel von dem Geschäftskonto der F2 auf das private Kontokorrent-Konto zu transferieren. Beide Angeklagte handelten insoweit in dem Bewusstsein, zu einem derartigen Vorgehen nicht berechtigt zu sein, sich insbesondere auch außerhalb der schriftlichen Vereinbarung betreffend eine Bewilligung privater Kredite zu ihren Gunsten durch die F2 zu bewegen. Sie beabsichtigten allerdings, die Beträge nach und nach an die F2 zurückzuleiten.
40Zur Ausführung ihres Vorhabens unterzeichneten beide Angeklagte in dem vorgenannten Bewusstsein am 30.09.2004 in O4, konkret in der S1- Straße ## in O5, zeitgleich drei das Konto der F2 belastende Schecks über Beträge von 404.460,00 €, 682.125,00 € und 625.950,00 €, mithin über einen Gesamtbetrag von 1.712.535,00 €.
41In der Absicht zeitgleich Herrn P6, dem gegenüber sie eine Ablösung des Kontokorrents telefonisch angekündigt hatten, einen Krankenbesuch abzustatten, reisten beide im Anschluss nach O6. Vor Ort reichte die Angeklagte die vorgenannten Schecks bei der Raiffeisenbank O6 e.G. ein zur Kontogutschrift auf dem Konto der Angeklagten mit der Kontonummer: #######.
42Zeitlich folgend wurde das Geschäftskonto der F2 bei der Volksbank O8 entsprechend belastet und der vorgenannte Gesamtbetrag dem Konto der Angeklagten am 04.10.2004 gutgeschrieben mit der Folge eines Gesamtausgleichs der auf dem Kontokorrent-Konto bestehenden Verbindlichkeit. Die Schecks waren entsprechend der dargestellten Übung von beiden unterzeichnet worden und der Höhe nach an der zuvor bestehenden Verbindlichkeit orientiert; der Grund für die dargestellte Stückelung in drei Beträge war nicht aufzuklären.
433.
44Zum Zeitpunkt des vorgenannten Transfers bestand darüber hinaus eine weitere Verbindlichkeit des Angeklagten gegenüber der F3 (kurz: F3). Hintergrund war der Verkauf eines Pferdes durch die GmbH anlässlich dessen Bezahlung der Angeklagte einen Teil des Kaufpreises nicht an die GmbH weitergeleitet, sondern auf sein privates Konto hatte verbuchen lassen. Einen Teil des ursprünglichen Betrages in Höhe von 450.000 € hatte der Angeklagte zwischenzeitlich an die GmbH entsprechend seines bereits ursprünglich gefassten Planes zurückgezahlt, während eine Summe von 190.000 € noch zur Zahlung ausstand.
45Um auch diese Verbindlichkeit auszugleichen griffen die Angeklagten erneut im bewussten und gewollten Zusammenwirken auf die F2 zurück.
46Auf Anweisung des Angeklagten stellte die Angeklagte am 28.12.2004 zwei Schecks über 63.000 € und 54.000 € aus, sowie am 29.12.2004 einen weiteren Scheck über einen Betrag von 75.000 €. Der Gesamtbetrag von 192.000,- € war zuvor von beiden übereinstimmend zeitgleich festgelegt und (nur) in Ausführung dieses Gesamtentschlusses erneut auf drei Beträge aufgeteilt worden.
47Die von der Angeklagten unterzeichneten Schecks, wiederum bezogen auf das Geschäftskonto der F2, sandte die Angeklagte per Post an die Raiffeisenbank O6 eG. mit der Anweisung diese auf ihrem Kontokorrent- Konto Kontonummer: ####### über einen Gesamtbetrag von 192.000 € einzuzahlen.
48Die Schecks gingen bei der Raiffeisenbank am 03.01.2005 ein und wurden in der Folge dem gemeinsamen Privatkonto der Angeklagten gutgeschrieben und dem Geschäftskonto der F2 belastet.
49Zeitgleich erfolgte über das Kontokorrent-Konto Kontonummer ####### Zahlung an die F3 in Höhe von 190.000 €.
504.
51Um die Geldabflüsse von dem Geschäftskonto der F2 buchhalterisch zu erfassen und einen Zahlungsgrund angeben zu können, konstruierte die Angeklagte als ausführender Teil, jedoch in Absprache mit dem Angeklagten, ein Scheinrechnungssystem: Beide Angeklagten handelten in dem Bewusstsein, dass die dargelegten Scheckzahlungen ohne Rechtsgrundlage erfolgten und waren daher bestrebt, nach außen hin bzw. auch in der internen Buchhaltung den Schein eines ordnungsgemäßen Geschäftsvorfalles zu erreichen. Dementsprechend erstellte die Angeklagte Scheinrechnungen betr. die Fa. F7 (kurz: F7), O7, mit der die F2 in der Vergangenheit tatsächlich in geschäftlichen Beziehungen gestanden hatte, nach deren Inhalt die F7 der F2 Ferkel geliefert und die F2 die Scheckzahlungen als Tilgung der Kaufpreisforderung geleistet hatte. Entsprechend fertigte die Angeklagte weiterhin Verkaufsrechnungen der F2, nach der die F2 der F4 GmbH den Verkauf von Ferkeln an diese in Rechnung stellte. Auch diese Rechnungen erfolgten nur zum Schein und wurden durch die Angeklagte sodann als Forderung der F2 gegenüber der F4 GmbH in der Buchhaltung bzw. Buchführung der F2 verbucht.
52Die weiteren drei Scheckzahlungen aus Dezember 2004 verbuchte die Angeklagte ebenfalls in Abstimmung mit ihrem Ehemann als Forderung der F2 gegenüber der F3, in Kenntnis des Umstandes, dass tatsächlich mit der Zahlung keine Verbindlichkeit der F3 gegenüber der F2 begründet wurde, sondern tatsächlich eine bereits bestehende Verbindlichkeit des Angeklagten persönlich gegenüber der F3 ausgeglichen worden war. Auch insoweit diente die Verbuchung der Verschleierung der unberechtigten Entnahme der Gelder von dem Geschäftskonto der F2.
53Entgegen der ursprünglichen Planung der Angeklagten, die darauf gerichtet war, die entnommenen Gelder im Laufe der Zeit an die F2 zurückzuführen, ließ sich eine Rückführung aufgrund der wirtschaftlichen Gegebenheiten letztlich nicht realisieren.
54Die Entnahmen blieben - wie von den Angeklagten beabsichtigt - im Hause der F2, auch seitens der Aufsichtsgremien der Genossenschaft, unentdeckt, insbesondere da in der Folge die vorgenannten in die Buchführung eingestellten tatsächlich nicht existenten Forderungen weiterhin als solche aufgeführt und auch entsprechend bilanziert wurden.
55Erst infolge einer Steuerprüfung im Frühjahr 2009 wurden die Vorgänge aufgedeckt und Ermittlungsverfahren aufgrund der vorliegenden Taten gegenüber den Angeklagten eingeleitet. Bereits anlässlich ihrer ersten polizeilichen Vernehmungen im August 2009 räumten sie auch die Vorgänge im Sinne einer geständigen Einlassung ein.
56In der Folge bemühte sich der Angeklagte eine Schadenswiedergutmachung zu erreichen, wandte sich insbesondere auch an Herrn P7 mit der Bitte, ihm einen Betrag zur Rückzahlung an die F2 zu Verfügung zu stellen. Tatsächlich ging Anfang des Jahres 2012 auf dem Konto der F2 bei der Volksbank O8 auch ein Betrag in Höhe von 2 Millionen, eingezahlt durch die Firma F8, einer Tochtergesellschaft der F5, ein, die die Angeklagten als die ihnen versprochene Hilfe durch Herrn P7 werteten. Bereits wenige Tage später verdeutlichte die Firma F8 durch vorgenommene Verrechnungen aber, dass es sich bei dem eingegangenen Betrag lediglich um eine Vorauszahlung auf in der Folge durch die F2 an die Firma F8 durchgeführte Viehlieferungen handeln sollte. Letztlich wurde der gesamte Betrag in Höhe der genannten 2 Millionen mit späteren Viehlieferungen verrechnet.
57Nach Bekanntwerden der Geldentnahmen und unter dem Vorwurf an die Angeklagten, noch weitergehende Beträge entnommen bzw. Forderungen insbesondere gegenüber der F4 GmbH fingiert zu haben, kam es schließlich zur Entpflichtung des Angeklagten und Beendigung des Anstellungsverhältnisses zwischen der F2 und der Angeklagten. Am 07.03.2013 erklärten sie – wie dargelegt – in einem notariellen Schuldanerkenntnis der F2 insgesamt ein Betrag in Höhe von 4,6 Millionen Euro nebst Zinsen zu schulden. Sie handelten insoweit zunächst in der Annahme, lediglich eine Sicherheit für aus ihrer Sicht größtenteils werthaltigen Forderungen gegenüber der F4 GmbH zu erbringen; das tatsächliche Ausmaß ihrer Erklärung, nämlich die Begründung einer selbstständigen Verpflichtung zur Zahlung des genannten Betrages, wurde ihnen erst später bewusst. Die Angeklagten meinen insoweit, von dem jetzigen Vorstandsvorsitzenden der F2 Herrn P3, gleichzeitig Geschäftsführer der F8, übervorteilt worden zu sein.
58Mit Beschluss vom 26.03.2013 ist durch das Amtsgericht Arnsberg die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der F2 angeordnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter ausgehend von einem Eigenantrag vom 25.03.2013 bestellt worden.
595.
60Die dem Verfahren zugrundeliegende Anklage vom 06.05.2011 ist am 09.05.2011 bei dem Landgericht eingegangen. Der Eröffnungsbeschluss nach Zustellung der Anklageschrift und Einräumung einer Stellungnahmefrist datiert auf den 20.06.2011.
61Der zeitgleich mit dem Eröffnungsbeschluss auf Januar 2012, später auf Februar 2012 angesetzte Beginn der Hauptverhandlung musste aufgrund der Erkrankungsmitteilung des Angeklagten aufgehoben werden, es folgte aufgrund Beschlusses vom 03.04.2012 eine zunächst kardiologische Begutachtung des Angeklagten durch den Sachverständigen P8, der unter dem 16.11.2012 eine Verhandlungsfähigkeit aus kardiologischer Sicht bescheinigte.
62Auf Grundlage eines Beschlusses vom 30.01.2013 folgte eine Begutachtung durch den Sachverständigen P9, der dem Angeklagten mit psychiatrischem Gutachten vom 08.08.2013 eine Verhandlungsunfähigkeit aufgrund Vorliegens einer Depression attestierte mit Wahrscheinlichkeit für eine grundsätzliche Verhandlungsfähigkeit ab Januar 2014.
63Nach Eingang des Gutachtens P9 vom 08.08.2013 hat die Kammer mit Beschluss vom 24.09.2013 die Strafsache gegen den Angeklagten aufgrund der vorliegenden Verhandlungsunfähigkeit abgetrennt und in der Strafsache gegen die Angeklagte Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Die sodann veranlasste Nachbegutachtung durch die Kammer führte zur Feststellung einer eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten auf Grundlage des ergänzenden psychiatrischen Gutachtens P9 vom 12.01.2014. Im Anschluss ist der Termin in der Strafsache gegen die Angeklagte aufgehoben worden, um beide Strafsachen zeitgleich verhandeln zu können und nach Neuterminierung die Hauptverhandlung wie aus dem Rubrum ersichtlich durchgeführt worden, nachdem beide Verfahren gegen die Angeklagten verbunden worden waren.
64III.
65Die Feststellungen zur Sache und zur Person der Angeklagten beruhen auf deren umfassend geständigen Einlassungen sowie dem Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme, deren Inhalt und Förmlichkeiten aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtlich sind.
66Die Geständnisse sind glaubhaft und stehen im Einklang mit dem Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme, insbesondere auch mit den in der Hauptverhandlung verlesenen und in Augenschein genommenen Urkunden.
67Beide haben ihre persönlichen Verhältnisse wie auch die Vorgänge in sachlicher Hinsicht wie festgestellt geschildert, wobei sich die Erinnerung der Angeklagten als detaillierter darstellte, der Angeklagte selbst aber stets die Angaben seiner Ehefrau bestätigt hat.
68Die Angeklagten haben insbesondere auch erklärt, dass die entnommenen Beträge letztlich zum Ausgleich von Verbindlichkeiten benötigt wurden, die auf dem Engagement des angeklagten Ehemannes im Bereich der Pferdezucht beruhten. Die Angeklagte half - nach eigener Einlassung über die Hintergründe vollumfänglich durch ihren Ehemann informiert- bei der Ausführung und setzte insbesondere auch die aus der Sicht der Angeklagten erforderliche Einstellung der Geldabflüsse in die Buchhaltung um. Vor dem Hintergrund der eingeräumten objektiven Umstände und auch der subjektiven Tatseite erläuterten beide, in der Absicht gehandelt zu haben, das Geld später zurückzuzahlen. Die Kammer ist auch dieser Einlassung gefolgt, hat sie als glaubhaft bewertet, da beide Angeklagte tatsächlich in der Vergangenheit auch bestrebt waren die Geschäfte der F2 erfolgreich zu betreiben und sie ebenfalls überzeugend den Eindruck vermittelten, letztlich von dem Zusammenbruch der F2 überrascht bzw. von diesen Ereignissen quasi überrollt worden zu sein, ohne die tatsächlichen Konsequenzen ihres Handelns vollumfänglich realisieren zu können.
69IV.
70Die Angeklagten haben sich nach den getroffenen Feststellungen wegen Untreue in zwei Fällen gem. §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 S. 1 i V. m. S. 2 Ziffer. 2, 1. Variante, 25 Abs. 2, 53 StGB strafbar gemacht. In ihrer Position bestand für die Angeklagten eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB, die in Folge der Entnahme der Gelder verletzt worden ist. Dabei handelten beide als Mittäter aufgrund vorliegender Tatherrschaft.
71Trotz des Umstandes, dass jeweils drei Schecks ausgestellt wurden, war lediglich von zwei selbständigen Taten auszugehen, da sich die Stückelung vor dem Hintergrund des gefassten Vorsatzes als Teilakte einer einheitlichen Handlung darstellen.
72Es war jeweils ein besonders schwerer Fall im Sinne der Vorschrift zu bejahen, da ein Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt wurde. Insoweit ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei objektiv außergewöhnlich großer Schadenshöhe, in der Regel bei Schadenshöhen von mehr als 50.000 € ein besonders schwerer Fall zu bejahen, soweit ein endgültiger Verlust, nicht bloß eine Gefährdung eingetreten ist (vgl. BGH Urteil vom 07.10.2003, 1 StR 212/03). Die Kammer schließt sich dieser Einordung auf Grundlage der endgültigen Schadenshöhe an. Gegebenheiten, die eine Ausnahme begründen könnten, sind nach Würdigung und Abwägung der Umstände, nicht ersichtlich.
73V.
74Zugrundezulegen war für beide Taten jeweils ein Strafrahmen, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.
751.
76Im Rahmen der konkreten Strafzumessung war hinsichtlich der Angeklagten im Hinblick auf jede einzelne Tat zunächst erheblich zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass diese sich vollumfänglich geständig eingelassen, insbesondere bereits in einem sehr frühen Ermittlungsstadium ihre Beteiligung eingeräumt hat.
77Weiterhin war zu Gunsten der Angeklagten bei beiden Taten zu berücksichtigen, dass diese schon fast 10 Jahre zurückliegen und das Verfahren auch insbesondere nach Aufdeckung der Taten 2009 noch Jahre in Anspruch nahm bis zur vorliegenden Verurteilung. Bereits allein der Zeitraum zwischen Entdeckung der Umstände und der ersten – zeitnahen – verantwortlichen Vernehmung bis zur Erstellung der Anklageschrift kann als unverhältnismäßig lange bezeichnet werden; weiterhin war auch nach Eingang der Anklageschrift bei der Kammer ein von der Angeklagten nicht zu verantwortender langer Zeitraum bis zur Urteilsfällung zu konstatieren. Die mit dieser langen Verfahrensdauer einhergehende persönliche Belastung war strafmildernd zu würdigen.
78Als ein weiteres war zu Gunsten der Angeklagten zu werten, dass es zunächst ein Leichtes war, die Taten als solche zu begehen, da beide Angeklagte als eigentliche „Chefs“ des Unternehmens fungierten, ohne dass die Kontrollgremien eine hinreichende Kontrolle bzw. sodann auch auf dieser Basis Aufdeckung der Taten befürchten ließen.
79Die Angeklagte handelte insoweit auch in dem Bewusstsein, dass – wenn auch ohne konkrete und/oder zeitlich absehbare Aussicht – eine Rückzahlung der Beträge erfolgen sollte, letztlich keine endgültige Schädigung beabsichtigt war. Einschränkend galt mit Blick auf die Summe der Beträge jedoch, dass auch der Angeklagten bewusst sein musste, diese ggf. nicht zeitnah zurückführen zu können und hiermit gegebenenfalls auch eine Existenzgefährdung der F2 unter Schädigung der Vielzahl der Genossenschaftsmitglieder herbeizuführen.
80In diesem Zusammenhang war zu Gunsten der Angeklagten aber uneingeschränkt zu würdigen, dass eine Schadenswiedergutmachung jedenfalls konkret in Angriff genommen worden ist, indem der Ehemann der Angeklagten Herrn P7 um Hilfe bat und in der Folge auch ein Betrag geleistet wurde, von dem die Angeklagten annahmen, dass er zur Schadenswiedergutmachung eingegangen sei.
81Insoweit ist auch ebenfalls entlastend zu würdigen, dass – auch wenn die Angeklagten nach eigener Angabe nicht in dem Bewusstsein der Abgabe eines solchen handelten – ein Schuldanerkenntnis vorliegt, welches die gesamten Forderungen, die die F2 gegen die Eheleute stellt, erfasst.
82Weiterhin war der Angeklagten, sowie auch ihrem Ehemann, zuzugestehen, dass sie das Geld verwendeten, um Verbindlichkeiten zu bedienen, die auf einer kostenintensiven unternehmerischen Tätigkeit gründeten.
83Weiterhin waren die bereits erlittenen sozialen und beruflichen Folgen zu Gunsten der Angeklagten zu bewerten. Aufgrund von „Unterschlagungsvorwürfen“, unter anderem auch in Folge der hier gegenständlichen Untreuehandlungen, steht die Angeklagte nunmehr vor dem Ruin ihrer beruflichen sowie auch ihrer sozialen Existenz, aller Voraussicht nach wird auch ihr gesamtes Vermögen verwertet werden.
84Entscheidend war ebenfalls zu Gunsten der Angeklagten zu werten, dass diese, trotz ihres fortgeschrittenen Lebensalters, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und ihr Lebensalter ebenfalls für eine erhöhte Haftempfindlichkeit spricht.
85Im Verhältnis bzw. in Abgrenzung zu ihrem Ehemann war letztlich zu würdigen, dass sie zwar entscheidende Beiträge leistete - das genannte Vorgehen ohne ihre Mitwirkung nicht denkbar gewesen wäre-, sie jedoch als weisungsgebundene Angestellte handelte. Sie gab insoweit der Idee und der Initiative ihres Ehemannes nach, der die erheblichen Verbindlichkeiten aufgrund seiner geschäftlichen Tätigkeit im Bereich der Pferdezucht zu verantworten hatte.
86Im Hinblick auf den zeitlich ersten Fall war schließlich auch die anerkennenswerte Motivation zu werten, vor dem Hintergrund der Erkrankung des Freundes die finanziellen Verhältnisse zu klären, damit dieser nicht in Anspruch genommen werde.
87Zu Lasten der Angeklagten musste demgegenüber entscheidend die jeweils genannte Schadenssumme berücksichtigt werden. In beiden Fällen bewegt sich der Schadensbetrag erheblich über der genannten Grenze von 50.000 €, die zur Begründung des erhöhten Strafrahmens heranzuziehen war.
88Nach Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hält die Kammer folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
89Tat zu Ziffer II.) 2.)
902 Jahre 2 Monate
91Tat zu Ziffer II.) 3.)
928 Monate
93Eine Einsatzstrafe von mehr als 2 Jahren im Hinblick auf die erste Tat war insbesondere angesichts des Umstandes erforderlich, dass hier letztlich eine Schadenssumme von mehr als 1,7 Millionen Euro im Raum stand.
94Aus diesen Einzelstrafen war nach § 54 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden.
95Unter nochmaliger Abwägung der genannten Umstände erschien es ausgehend von der genannten höchsten Einsatzstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten tat- und schuldangemessen eine
96Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten
97zu bilden, § 54 StGB.
98Angesichts der Gleichartigkeit der Taten bei relativ engem, zeitlichem und sachlichem Zusammenhang war diese maßvolle Erhöhung der Einsatzstrafe als ausreichend, aber auch notwendig zu bewerten.
992.
100Im Hinblick auf den Angeklagten war im Rahmen der konkreten Strafzumessung entsprechend der Erwägungen unter 1.) zunächst ebenfalls erheblich zu seinen Gunsten zu würdigen, dass auch dieser sich vollumfänglich geständig eingelassen hat, dies ebenfalls in einem sehr frühen Ermittlungsstadium.
101Auch die weiteren genannten Umstände waren ebenfalls zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, so die dargelegte lange Verfahrensdauer mit der Maßgabe, dass auch ihm infolge seines zeitweise zur Verhandlungsunfähigkeit führenden Gesundheitszustandes die lange Verfahrensdauer vor der Kammer nicht angelastet werden kann.
102Daneben sprach für den Angeklagten gleichfalls die dargelegte geringe „Reizschwelle“ vor dem Hintergrund seiner Position ohne weitergehende Kontrolle, der Umstand der beabsichtigten Rückzahlung an die F2 sowie später Schadenswidergutmachung und tatsächliche Abgabe des Schuldanerkenntnisses. Zu seinen Gunsten sprach weiterhin auch der Umstand, dass die genannten veruntreuten Beträge zwecks Abtragung von Verbindlichkeiten verwendet wurden.
103Entsprechend der Darstellung zu 1.) ist auch der Angeklagte von erheblichen Tatfolgen im persönlichen, beruflichen und finanziellen Bereich betroffen; auch er wird sein weiteres Leben nach seinem sozialen und finanziellen Ruin als – in Teilen – gescheiterte Existenz in Angriff nehmen müssen.
104In diesem Zusammenhang war ebenfalls zu Gunsten des Angeklagten zu würdigen, dass dieser aufgrund des Öffentlichwerdens der Untreuevorwürfe im Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit bei der F2 und der folgenden Abkehr des Umfeldes von seiner Person eine Depression ausgebildet hat, an der er weiterhin leidet.
105Schließlich war zu seinen Gunsten im Hinblick auf beide Taten zu werten, dass er ebenfalls, wiederum bei erheblich fortgeschrittenem Lebensalter, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und auch er infolge seines Alters als erhöht haftempfindlich zu gelten hat.
106Letztlich war betreffend die erste Tat auch die anerkennenswerte Motivation im Verhältnis zu Herrn P6 strafmildernd zu würdigen.
107Zu Lasten des Angeklagten war wiederum entscheidend die jeweils genannte Schadenssumme im Hinblick auf den jeweiligen Einzelfall zu berücksichtigen. Auf die entsprechenden Ausführungen unter 1.) ist zu verweisen. Darüber hinaus war jedoch ebenfalls straferschwerend zu würdigen, dass dem Angeklagten jedenfalls auch eine Strafbarkeit nach § 147 Abs. 2 Genossenschaftsgesetz anzulasten ist, da er den Taten zeitlich folgend als Mitglied des Vorstands jedenfalls in Kenntnis der „Luftbuchungen“ eine unrichtige Darstellung des Vermögensstandes abgegeben hat, dies in Bezug auf beide der vorgeworfenen Taten. Die Anklage ist im Hinblick auf diesen Vorwurf zwar bereits seitens der Staatsanwaltschaft auf die jetzt abgeurteilten Straftatbestände beschränkt worden; die Tatsache der Strafbarkeit als solche war aber dennoch strafschärfend zu werten.
108Auf dieser Grundlage hält die Kammer nach Abwägung sämtlicher genannter Strafzumessungsgesichtspunkte betreffend den Angeklagten folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:
109Tat zu Ziffer II.) 2.)
1102 Jahre und 6 Monate
111Tat zu II.) 3.)
1121 Jahr
113Auch hier war eine Einsatzstrafe von mehr als 2 Jahren im Hinblick auf die erste Tat erforderlich mit Blick auf die Schadenssumme von mehr als 1,7 Millionen Euro.
114Aus diesen Einzelstrafen war erneut nach § 54 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden.
115Tat- und schuldangemessen erschien insoweit unter nochmaliger Abwägung der genannten Umstände, jetzt ausgehend von der genannten höchsten Einsatzstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten, eine
116Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten.
117Auch im Hinblick auf den Angeklagten war die Gleichartigkeit der Taten bei relativ engem, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu würdigen. Vor diesem Hintergrund erschien auch hier eine maßvolle Erhöhung der Einsatzstrafe als ausreichend, wiederrum aber auch als notwendig, um den Straf- und Schuldvorwurf in Gänze zu bewerten und angemessen zu sanktionieren.
118VI.
119Darüber hinaus war hinsichtlich der Angeklagten festzustellen, dass das Strafverfahren in rechtsstaatswidriger Weise unter Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 1 EMRK verzögert worden ist. Neben der Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer bei der Strafzumessung hat die Kammer den Teil der Verfahrensdauer, der sich als rechtsstaatswidrig darstellt, aus dem Vorgang der Strafzumessung herausgelöst und diese durch Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung kompensiert. Dabei war davon auszugehen, dass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Hinblick auf die Angeklagte erst nach Feststellung der Verhandlungsunfähigkeit ihres Ehemannes begann. Gegen die Angeklagte hätte zwar bereits zuvor, konkret nach erster Krankmeldung des Angeklagten und Inauftraggabe einer Begutachtung, das Verfahren abgetrennt werden können, jedoch entspricht es allgemeiner Übung das Ergebnis einer Begutachtung, welches üblicherweise nach auf wenigen Wochen vorliegt, abzuwarten, um sodann gegebenenfalls zeitgleich die gemeinsam zur Anklage gebrachten Vorwürfe verhandeln zu können. Mit Blick auf die bereits übermäßig lange Verfahrensdauer hätte sodann jedoch nach Ansicht der Kammer eine direkte Verhandlung nach Abtrennung der Strafsache betreffend die Angeklagte erfolgen können bzw. sogar müssen, nachdem Anfang August 2013 eine Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten mit ungewisser Dauer festgestellt worden ist. Eine zeitnahe Terminierung war jedoch angesichts der personellen Ausstattung der Kammer im Sinne einer nicht hinreichenden Besetzung angesichts der Belastungssituation nicht möglich, wonach von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von rund 6 Monaten auszugehen ist.
120Nach einer Gesamtabwägung der Umstände vor dem Hintergrund dieser anzunehmenden rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erschien es jedoch ausreichend, eine Kompensation durch ausdrückliche Feststellung einer solchen vorzunehmen.
121Betreffend den Angeklagten war demgegenüber eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht festzustellen. Der vorgenannte Zeitablauf erklärt sich vielmehr aus der zuvor festgestellten Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten.
122VII.
123Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.