Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 11. Juni 2013 - 6 Sa 15/12
Gericht
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 17.11.2011 – 1 Ca 121/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Ausgestaltung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausgesprochenen Änderungskündigung.
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Die Klägerin ist seit 01.01.2008 als kaufmännisch-technische Assistentin bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin (im Folgenden: Beklagte) beschäftigt. Sie verfügt über einen Berufsabschluss als Diplom-Ingenieurin.
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Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmte sich zunächst nach dem Arbeitsvertrag vom 22./30.11.2007 (Bl. 6 – 13 d.A.), wonach (§ 7) der Klägerin u.a. ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zustand. Vereinbart war eine Vollzeitbeschäftigung mit 40 Stunden pro Woche. Mit (erstem) Änderungsvertrag vom 30.06.2008 (Bl. 14 f.d.A.) vereinbarten die Parteien u.a. eine Veränderung der von der Klägerin geschuldeten Tätigkeit.
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Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Schwerpunkt der von der Klägerin zu leistenden Dienste sich zunächst auf das von der Beklagten in Angriff genommene Projekt „P“ betreffend eine Betriebserweiterung bezog. Die Klägerin war in diesem Rahmen damit betraut, den Einkauf technischer Investitionsgüter und Anlagen abzuwickeln. Ob sich im Verlauf des Arbeitsverhältnisses der Aufgabenbereich der Klägerin dahin erweitert hat, dass sie allgemein für die Abwicklung des Einkaufs, auch von betriebsnotwendigen Rohstoffen, zuständig war und ihr Anfang 2011 sogar die Funktion einer Einkaufsleiterin übertragen worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
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Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 20.05.2011 (Bl. 28 d.A.) fristgerecht zum 30.06.2011 und bot der Klägerin zugleich die Weiterbeschäftigung zu einer geringeren Stundenzahl an. In dem Kündigungsschreiben heißt es:
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…
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Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen heraus ordentlich, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, mit Wirkung zum 30.06.2011.
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Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.07.2011 zu geänderten Bedingungen, vorliegend auf Grundlage einer 24-Stunden-Woche mit entsprechender Herabsetzung der Vergütung, ansonsten aber zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Den neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab 01.07.2011 fügen wir Ihnen anliegend in zweifacher Ausfertigung bei. Gleiches gilt für die Stellenbeschreibung, die Gegenstand Ihres neuen Arbeitsvertrages sein wird.
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…
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Der diesem Kündigungsschreiben als Entwurf beigefügte neue Arbeitsvertrag enthält in § 7 einen Erholungsurlaubsanspruch für die Klägerin in Höhe von (lediglich) 20 Arbeitstagen (5-Tage-Woche). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsentwurfs wird auf Bl. 29 – 35 d.A. verwiesen. Die Beklagte hat hinsichtlich dieser Diskrepanz, nachdem das Arbeitsgericht erstinstanzlich darauf hingewiesen hatte, vorgetragen, die im Vertragsentwurf enthaltene Angabe zu den Urlaubstagen sei versehentlich erfolgt. Für die Klägerin sollten weiterhin 30 Urlaubstage pro Jahr gelten.
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Mit Schreiben vom 08.06.2011 (Bl. 36 d.A.) hat die Klägerin das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen.
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Der vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 05.05.2011 (Bl. 162 – 167 d.A.) informierte Betriebsrat hat der Kündigung am 06.05.2011 (Schreiben – Bl. 37 d.A.) widersprochen.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der streitbefangenen Änderungskündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu. Sie sei sozial nicht gerechtfertigt, weil hierfür weder ein Kündigungsgrund bestehe noch eine ordnungsgemäße Sozialauswahl erfolgt sei. Darüber hinaus sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 20. Mai 2011, zugegangen am 20. Mai 2011, sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam sind.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat behauptet, der Arbeitsbereich der Klägerin sei aufgrund Auslaufens des Projektes „P“ in einem solchen Umfang in Wegfall geraten, dass eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 24 Stunden notwendig geworden sei. Die Hauptaufgabe der Klägerin habe bis zum Ausspruch der Änderungskündigung darin gelegen, den Einkauf technischer Investitionsgüter und Anlagen für das Projekt „P“ abzuwickeln. Keineswegs seien ihr die Aufgaben einer Einkaufsleiterin betreffend den zentralen Einkauf einschließlich der Rohstoffe übertragen worden. Hierfür seien andere Mitarbeiter zuständig gewesen. Mit dem Auslaufen des Projektes Ende 2011 sei auch ein deutlicher Rückgang an erforderlichen Einkäufen im technischen Anlagenbereich prognostizierbar gewesen. Hinzu komme, dass sich im Jahr 2011 – wie auch in den Jahren zuvor – die Umsätze im Vergleich zu den prognostizierten Umsätzen deutlich rückläufig entwickelt haben. Dies habe zu einer geringeren Auslastung der Anlage, damit zu einem geringeren Verschleiß und folglich zu einem geringeren Volumen an technischen Investitionen, für deren Abwicklung die Klägerin zuständig gewesen sei, geführt. Insgesamt ergebe sich unter Beachtung dieser Parameter ein prognostizierter Arbeitsbedarf von 1.086 Stunden pro Jahr, was einer täglichen Arbeitszeit von 4,94 Stunden entspreche. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Rechenwerks der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 19.07.2011, Seite 4 – 7 – Bl. 147 ff.d.A. verwiesen.
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Einer Sozialauswahl habe es vor Ausspruch der Kündigung nicht bedurft, weil mit der Klägerin vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten nicht vorhanden gewesen seien.
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Die Klägerin hat hierzu entgegnet, sie sei keineswegs während des gesamten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses ausschließlich für den „technischen Einkauf“ betreffend das Projekt „P“ zuständig gewesen. Ihr sei vielmehr im Verlauf des Arbeitsverhältnisses auch die Verantwortung für den Einkauf von Rohstoffen übertragen worden. So habe die Klägerin auf Anordnung der Beklagten an diversen Schulungen für Einkäufer teilgenommen. Der damalige Geschäftsführer habe Anfang 2011 beschlossen, ihr die Funktion eines „Leiter Einkauf“ zu übertragen, wie sich aus seiner an den Betriebsrat gerichteten E-Mail vom 07.01.2011 (Bl. 565 d.A.) ergebe. Einen entsprechenden Aufgabenumfang habe ihr die Beklagte auch in dem von ihr erbetenen Zwischenzeugnis vom 31.12.2009 (Bl. 313 d.A.) bescheinigt.
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Darüber hinaus sei die Beklagte auch gehalten gewesen, eine Sozialauswahl vorzunehmen. Die Klägerin sei vergleichbar mit den weiter im Einkauf tätigen Mitarbeitern S und S .
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Der von der Beklagten nunmehr angeführte Kündigungsgrund sei nur vorgeschoben. Die Kündigung beruhe tatsächlich darauf, dass die Klägerin „unbequem“ geworden sei.
- 23
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.11.2011 dem Änderungsschutzantrag der Klägerin entsprochen und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der streitbefangenen Änderungskündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu, weil sie nicht sozial gerechtfertigt sei. Die darlegungspflichtige Beklagte habe es nicht vermocht, die für eine soziale Rechtfertigung notwendigen betriebsbedingten Gründe substantiiert darzulegen. Aus ihrem Vorbringen sei bereits nicht hinreichend schlüssig herleitbar, welche Aufgaben der Klägerin zum Zeitpunkt der Änderungskündigung übertragen worden seien. Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten stehe im Widerspruch zu den von ihr selbst getätigten Angaben im Zwischenzeugnis. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 319 – 334 d.A. verwiesen.
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Gegen dieses, ihr am 16.12.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.01.2012 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.03.2012 am 01.03.2012 begründet. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie ihren Klagabweisungsantrag unter Ergänzung ihres Sachvortrages weiter.
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Sie behauptet weiter, die Aufgabe der Klägerin habe sich auf den Einkauf von technischen Anlagen für das Projekt „P“ beschränkt. Die in das Zwischenzeugnis aufgenommene Aufgabenbeschreibung beruhe auf einer zum damaligen Zeitpunkt bestehenden optimistischen Stimmung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der von dem damaligen Geschäftsführer an den Betriebsrat gerichteten E-Mail vom 07.01.2011. Hierbei habe es sich nur um Überlegungen gehandelt, die sich auf den technischen Einkauf bezogen haben.
- 26
Im Übrigen sei als weiterer betriebsbedingter Kündigungsgrund anzuführen, dass nach im Jahr 2012 durchgeführten gesellschaftsrechtlichen Veränderungen im Betrieb B kein zentraler Einkauf mehr existiere. Diese Umstrukturierung sei bereits bei Ausspruch der Änderungskündigung seitens der Beklagten prognostiziert und jener zugrunde gelegt worden, obwohl es zum damaligen Zeitpunkt noch kontroverse Diskussionen innerhalb der Führungsebene der Beklagten zu dieser Veränderung gegeben habe.
- 27
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 17.11.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 29
Die Klägerin beantragt,
- 30
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 31
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist erneut unter Bezugnahme auf diverse E-Mails sowie Schulungsprogramme der Beklagten darauf, dass ihre Aufgabe sich nicht auf den sog. technischen Einkauf beschränkt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
- 33
Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Änderungskündigung vom 20.05.2011 nicht sozial gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam ist.
I.
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Sie ist nicht sozial gerechtfertigt, weil hierfür keine dringenden betrieblichen Erfordernisse gemäß §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG – sonstige Kündigungsgründe im Sinne der vorgenannten Bestimmungen liegen ersichtlich nicht vor – gegeben sind.
- 35
Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dabei ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde.
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Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot mitzuteilen. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, ist die Anhörung zwar ordnungsgemäß erfolgt, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhaltes hinausgehen (BAG 12.08.2010 – 2 AZR 945/08 Rn. 29 und Rn. 18).
- 37
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lässt sich ein betriebsbedingter Grund für den Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung nicht feststellen.
1.
- 38
Dies gilt zum einen hinsichtlich des behaupteten Wegfalls des „zentralen Einkaufs“ in B aufgrund der im Jahr 2012 erfolgten gesellschaftsrechtlichen Veränderungen.
a.
- 39
Hierauf kann die Beklagte die Änderungskündigung schon deshalb nicht stützen, weil sie den Betriebsrat ausweislich des Anhörungsschreibens vom 05.05.2011 insoweit nicht informiert hat. Nach diesem Schreiben wird die Änderungskündigung ausschließlich – siehe insbesondere Ziffer 6. „Fazit“ – auf den Wegfall von Aufgaben wegen Beendigung des Projekts „P“ und rückläufiger Umsätze gestützt.
b.
- 40
Weiter fehlt es insoweit an einem betriebsbedingten Grund zum Zeitpunkt der streitigen Kündigung. Erforderlich ist eine wirtschaftliche Entscheidung des Arbeitgebers, die den dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen bewirkt und deren Umsetzung zum Zeitpunkt der Kündigung zumindest greifbare Formen angenommen hat (BAG 12.04.2002 – 2 AZR 740/00). Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass bereits bei Ausspruch der Änderungskündigung im Mai 2011 ein Wegfall des Bereichs „zentraler Einkauf“ von der Unternehmensführung definitiv beschlossen war. Sie räumt in ihrem letzten Schriftsatz vielmehr ein, hierüber haben zunächst im Unternehmen bzw. Konzern kontroverse Meinungen bestanden.
2.
- 41
Betriebsbedingte Gründe lassen sich weiter nicht aus dem von der Beklagten behaupteten Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Projektes „P“ und den gegenüber den geplanten Umsätzen sich tatsächlich rückläufig entwickelnden Umsatzzahlen ableiten. Es fehlt auch unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der gemäß §§ 2, 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegungsbelasteten Beklagten an substantiiertem Sachvortrag für den behaupteten Wegfall eines Beschäftigungsbedürfnisses der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen im Umfang von mindestens 16/40.
a.
- 42
Dazu hätte die Beklagte zunächst substantiiert darzulegen, dass die von der Klägerin bei Ausspruch der Änderungskündigung im Mai 2011 aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen geschuldete Tätigkeit sich auf den Bereich „technischer Einkauf“ beschränkt hat. Dieser Obliegenheit ist sie jedoch auch unter Berücksichtigung ihres zweitinstanzlichen Vortrages nicht nachgekommen. Aus dem maßgeblichen ersten Änderungsvertrages vom 30.06.2008 ergibt sich eine auf diesen Bereich beschränkte Tätigkeit der Klägerin nicht. Danach (Neufassung des § 1 Art. 2 des Arbeitsvertrages) ist sie als kaufmännisch-technische Assistentin verpflichtet, alle damit in Verbindung stehenden verkehrsüblichen Tätigkeiten wahrzunehmen. Die sodann konkret benannte Tätigkeit „Beschaffung technischer Investitionsgüter…“ konkretisiert ihre Arbeitsaufgabe nicht auf diese und die weiter benannten Funktionen. Der von den Vertragsparteien im diesbezüglichen Eingangssatz verwendete Begriff „insbesondere“ macht deutlich, dass die aufgezählten Tätigkeiten den vertraglichen Pflichtenkreis der Klägerin nicht abschließend bestimmen sollten. Dies wird weiter verdeutlicht durch § 1 Art. 3 des Arbeitsvertrages vom 22./30.11.2007 (Konzernversetzungsklausel), dessen Weitergeltung durch den vorgenannten Änderungsvertrag nach der Vereinbarung im letzten Absatz nicht berührt wird.
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Soweit die Beklagte behauptet, der Klägerin seien durchgängig bis zum Ausspruch der Änderungskündigung ausschließlich Aufgaben aus dem Bereich „technischer Einkauf“ betreffend das Projekt „P“ zugewiesen worden, so ist dieser, von der Klägerin bestrittene Sachvortrag nicht ausreichend substantiiert. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, deren Inhalt die Beklagte nicht bestreitet, lassen vielmehr den Schluss zu, die Klägerin sei auch in anderen Bereichen des „Einkaufs“ von der Beklagten eingesetzt worden. Dies ergibt sich aus dem E-Mail-Verkehr mit Kunden und Schwesterunternehmen sowie aus der Information des damaligen Geschäftsführers vom 07.01.2011 an den Betriebsrat, wonach die Klägerin die Funktion „Leiter Einkauf“ erhalten soll. Weiter ist die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 für diverse Fortbildungsveranstaltungen betreffend den Einkauf allgemein verplant worden. Schlussendlich weist das von der Beklagten erstellte Zwischenzeugnis explizit über den „technischen Einkauf“ hinausgehende Aufgaben der Klägerin im Bereich „Einkauf“ aus.
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Aus dem hierauf bezogenen Sachvortrag der Beklagten lässt sich nicht schlüssig ableiten, dass ungeachtet dieser Geschäftsvorgänge die Klägerin dennoch ausschließlich bis Mai 2011 mit dem „technischen Einkauf“ für das Projekt „P“ beschäftigt worden ist. Das Zwischenzeugnis ist inhaltlich eindeutig. Danach gehörten zu den übertragenen Aufgaben insbesondere der Einkauf von Rohstoffen, also ein Bereich, der nicht dem Projekt „P“ zugeordnet war. Selbst wenn dieses Zeugnis von der Beklagten in einer „optimistischen Aufbaustimmung“ gefertigt worden sein sollte, erschließt sich nicht, wie diese Stimmung auf die Aufgabenbeschreibung (nicht auf einen möglichen perspektivisch geplanten Einsatz) der Klägerin Einfluss haben konnte. Ebenso wenig plausibel ist es, die Klägerin zwar in den Jahren 2008 und 2009 für Veranstaltungen, bei denen auf Konzernebene Themen des Einkaufs allgemein besprochen werden, als Teilnehmerin einzuplanen, wenn diese für die dort erörterten Themen gar nicht zuständig ist.
b.
- 45
Darüber hinaus fehlt es an substantiiertem Sachvortrag, aus dem auf einen dauerhaften Rückgang der Arbeitsmenge im Bereich „technischer Einkauf“ im Umfang von mindestens 16/40 geschlossen werden kann. Der Beklagten mag zwar zuzugestehen sein, dass sich mit Abschluss des Projektes der Bedarf für den Einkauf von technischen Gerätschaften verringert. Nach ihrem eigenen Sachvortrag beruht die Verringerung des Arbeitsvolumens jedoch nicht nur auf dem Auslaufen des Projektes an sich, sondern auch auf den – gegenüber der Planung – verringerten Umsätzen in den Jahren 2009 bis 2011, woraus eine verringerte Produktion von chemischen Stoffen und daraus wiederum eine geringere Belastung bzw. ein geringerer Verschleiß der technischen Anlagen folgen soll. In welchem Umfang dieser Faktor in das Rechenwerk der Beklagten einfließt, ist jedoch ihrem Sachvortrag nicht zu entnehmen. Aus ihrem Vorbringen, es liege auf der Hand, dass bei einem auf ¼ abgesunkenen Umsatz sich auch der Wartungsaufwand der Anlagen erheblich verringere, lassen sich konkrete Werte für die im Bereich „technischer Einkauf“ anfallenden Arbeitsmengen nicht ableiten.
II.
- 46
Schlussendlich steht der Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung entgegen, dass das darin enthaltene Änderungsangebot widersprüchlich ist. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG 29.09.2011 – 2 AZR 523/10 – Rn. 29).
- 47
Der mit der Änderungskündigung übermittelte Vertragsentwurf sieht in § 7 einen Urlaubsanspruch von lediglich 20 Tagen pro Jahr vor, während nach den bisher geltenden Vertragsbedingungen (§ 7 Arbeitsvertrag vom 22./30.11.2007) der Klägerin 30 Urlaubstage pro Jahr zustanden. Andererseits teilt die Beklagte der Klägerin im Änderungskündigungsschreiben selbst mit, die Arbeitsbedingungen mit Ausnahme der wöchentlichen Arbeitszeit und damit korrespondierend der Vergütungshöhe sollen unverändert bleiben. Hieraus ergibt sich hinsichtlich des zukünftig geltenden Urlaubsanspruchs aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Widerspruch. Dass für die Klägerin bei Zugang der Änderungskündigung aus sonstigen Umständen eindeutig ableitbar war, bei der Angabe „20 Arbeitstage“ im Arbeitsvertragsentwurf handele es sich – wie die Beklagte nach Hinweis des Arbeitsgerichts erstinstanzlich vorgetragen hat – um einen Fehler, ist dem Sachvortrag nicht zu entnehmen. Eine spätere Beseitigung des Widerspruches vermag der Kündigung als (einseitiges) Gestaltungsrecht nicht nachträglich zur Wirksamkeit zu verhelfen. Die gestaltende Wirkung dieses Rechtsgeschäfts macht es vielmehr notwendig, dass bei Ausspruch der Willenserklärung für den Empfänger die Rechtswirkungen eindeutig feststehen.
III.
- 48
Die Kammer hält die von der Beklagten in dem Schriftsatz vom 06.06.2013 angeregte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs. 1 ZPO für nicht angezeigt. Mit den Parteien ist bereits im Termin am 16.04.2013 ein ausführliches Vergleichsgespräch geführt worden, in dem sowohl die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung der Klägerin als auch eine vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung thematisiert worden ist. Im Hinblick auf das Ergebnis der im Anschluss an die mündliche Verhandlung zwischen den Parteien geführten Vergleichsverhandlungen sieht die Kammer keinen Raum mehr für eine vergleichsweise Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits.
IV.
- 49
Nach alledem konnte das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg haben.
B.
- 50
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
C.
- 51
Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.
- 52
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.
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Annotations
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.
(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.
(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.
(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.