Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Aug. 2015 - 3 TaBV 29/14

bei uns veröffentlicht am27.08.2015

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1, 2, 4 und 5 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 15. August 2014 – 9 BV 2/14 – wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die – ursprünglich 9 und nunmehr noch – 4 Antragsteller (hier: Beteiligte zu 1), 2), 4) und 5)) machen als wahlberechtigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin der – hier - zu 7) beteiligten Arbeitgeberin die Unwirksamkeit der am 25./26. März 2014 durchgeführten Wahl geltend, aus der der – hier – zu 6) beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Betrieb, in dem Kautschukmischungen hergestellt werden. Am 18. März 2014 waren im Betrieb insgesamt 327 Arbeitnehmer/innen im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG beschäftigt. Mit Ausnahme der etwa 25 Angestellten in der Verwaltung wird im Betrieb der hier beteiligten Arbeitgeberin im Drei-Schicht-System gearbeitet. Schichtwechsel ist um 6.00 Uhr, 14.00 Uhr und 22.00 Uhr.

3

Zur Durchführung der Betriebsratswahl 2014 bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmerinnen … und … sowie die Arbeitnehmer … in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstandes wurde Herr ….

4

Das vom Wahlvorstand erlassene Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 (Bl. 17, 18 d. A.) lautet auszugsweise:

5

„Die Betriebsratswahl findet am 25.03. und 26.03.2014 von 5.30 bis 6.30 Uhr und von 13.30 bis 14.30 Uhr im Versammlungsraum Gebäude 09 (ehem. Speisesaal) statt.

6

Der Betriebsrat hat aus 9 Mitgliedern zu bestehen. (§ 9 BetrVG).

7

Das Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis in der Belegschaft im Betriebsrat vertreten sein (§ 15 Abs. 2 BetrvG). Danach muss mindestens 1 Frau dem Betriebsrat angehören.

8

Die wahlberechtigten Arbeitnehmer/innen werden hiermit aufgefordert, vor Ablauf von zwei Wochen, spätestens bis zum 24.02.2014, 14.00 Uhr, Vorschlagslisten beim Wahlvorstand, Büro Herr K. oder Büro Frau W. einzureichen. Nur fristgerecht eingereichte Vorschlagslisten werden berücksichtigt.“

9

Im Wahlausschreiben wird u. a. weiter darauf hingewiesen, dass die Vorschlagslisten von mindestens 16 Arbeitnehmer/innen unterzeichnet sein müssen (Stützunterschriften), einer der Bewerber für die Betriebsratswahl als Listenvertreter bezeichnet werden soll, jede Vorschlagsliste mindestens doppelt so viele Bewerber/innen aufweisen soll, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, die einzelnen Bewerber/innen in erkennbarer Reihenfolge unter der laufenden Nummer mit Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen sind, die schriftliche Zustimmung der Bewerber/innen zur Aufnahme in die Vorschlagsliste beizufügen ist und die Bekanntgabe der gültigen Vorschlagslisten, sofern keine Nachfrist nach § 9 WO erforderlich wird, im Zeitraum vom 24. Februar bis 10. März 2014 an den bekannten Tafeln des Wahlvorstandes bis zum Abschluss der Stimmabgabe erfolgt.

10

An der Betriebsratswahl wollte sich u. a. die Vorschlagsliste „…

11

“ (Bl. 19 d. A.) beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1). In diese Vorschlagsliste hatten sich 21 Wahlbewerber eingetragen. 17 Wahlbewerber leisteten Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Die Vorschlagsliste endet mit der Eintragung des Beteiligten …, der zugleich eine Stützunterschrift leistete. Nach seiner Stützunterschrift enthält die Liste „Unterstützungsunterschriften ...“ (Bl. 20 bis 22 d. A.) weitere 15 Stützunterschriften.

12

Am 21. Februar 2014 reichte der Beteiligte zu 1) die Vorschlagsliste „…“ und die Liste mit den Stützunterschriften um 13.10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Das Mitglied des Wahlvorstandes Werner bestätigte die Einreichung der Liste schriftlich. Die Vorschlagsliste „…“ war am 21. Februar 2014 um 10.54 Uhr beim Wahlvorstand eingereicht worden.

13

Mit Schreiben vom 26.02.2014 (Bl. 24, 25 d. A.) teilte der Wahlvorstand dem Beteiligten zu 1) Folgendes mit:

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Unheilbarer Mangel der eingereichten Vorschlagsliste mit dem Kennwort

15

Sehr geehrter Herr…,

16

der Wahlvorstand hat die am 21.02.2014, um 13.10 Uhr eingereichte Vorschlagsliste, deren Listenvertreter Sie sind, am 24. und 25.02.2014 geprüft und festgestellt, dass diese Vorschlagsliste unheilbar ungültig ist (§ 8 Abs. 1 WO).

17

Begründung:

18

Der Wahlvorstand stellte am 24.02.2014 und 25.02.2014 fest, dass die Liste zur Erfassung der Wahlvorschläge noch nicht vollständig abgeschlossen war und trotzdem schon Stützunterschriften geleistet wurden. Dies wurde am 24.02.2014 durch Herrn … und am 25.02.2014 durch Frau … dem Wahlvorstand gegenüber bestätigt. Beide Kollegen haben sich sowohl auf der Liste der Wahlbewerber als auch auf der Liste der Stützunterschriften eingetragen.

19

Des Weiteren wurde am 25.02.2014 Herr …, der seine Unterschrift auf der Liste der Stützunterschriften geleistet hat, ebenfalls vom Wahlvorstand befragt. Die o. g. Kollegen/ Kollegin erklärten dem Wahlvorstand gegenüber, dass die Liste zur Erfassung der Wahlvorschläge noch nicht abgeschlossen war. Es waren von den 21 Spalten einige nicht mit Namen ausgefüllt. Herr erklärte am 24.02.2014 in der Sitzung des Wahlvorstandes, dass ihm, als er sich in die Liste der Wahlbewerber eingetragen hat, die lfd. Nr. 15 von Herrn … zugewiesen wurde. Ab Nr. 6 oder 7 bis zur 14 und ab 16 waren noch keine Wahlbewerber eingetragen. Er leistete trotzdem seine Unterschrift auf der Liste für die Stützunterschriften bei der laufenden Nr. 22.

20

Aufgrund des o. g. Sachverhalts musste der Wahlvorstand bei der Vorschlagsliste mit dem Kenn- wort … einen unheilbaren Mangel feststellen. Der Wahlvorstand beruft sich dabei auf folgende Kommentare zu § 8 Abs. 1 der Wahlordnung. ......

21

Die Vorschlagsliste kann aus den vorgenannten Gründen nicht bei der Betriebsratswahl berücksichtigt werden.“

22

Das Ergebnis der Prüfung der eingereichten Vorschlagslisten machte der Wahlvorstand mit dem Aushang vom 26.02.2014 im Betrieb bekannt.

23

Die Betriebsratswahl wurde am 25. und 26. März 2014 allein mit den Kandidaten der Vorschlagsliste „…“ durchgeführt. Es wurde der aus 9 Mitgliedern bestehende und hier zu 6) beteiligte Betriebsrat gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 1. April 2014 durch Aushang bekannt gegeben.

24

Mit der beim Arbeitsgericht Dessau-Roßlau am 11. April 2014 eingegangenen Antragsschrift haben – ursprünglich - neun Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

25

Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, die Wahl sei aus mehreren Gründen unwirksam: Der Wahlvorstand habe die Abgabe der Vorschlagslisten auf den 21. Februar 2014, 14.00 Uhr festgesetzt, obwohl im Betrieb rund um die Uhr im Schichtdienst gearbeitet werde, so dass der Abgabetermin auf 24.00 Uhr hätte festgesetzt werden müssen. Dadurch sei auch die Zwei-Wochen-Frist des § 6 Abs. 1 Satz 2 WO um zehn Stunden verkürzt worden. Außerdem sei den Wahlberechtigten lediglich ein Zeitraum von 5.30 Uhr bis 6.30 Uhr und von 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr zum Wählen eingeräumt worden. Dem Listenvertreter Herrn Müller sei erst am 26. Februar 2014 mitgeteilt worden, dass die am 21. Februar 2014 um 13.10 Uhr eingereichte Vorschlagsliste mit dem Kennwort „…“ unheilbar ungültig sei. Offensichtlich habe der Wahlvorstand diese Vorschlagsliste nicht unverzüglich geprüft. Das Abwarten des Wahlvorstandes sei im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 2 WO als schuldhaftes Zögern zu werten. Es habe dazu geführt, dass eine ggf. notwendige Nachbesserung der Liste nicht mehr habe stattfinden können. Damit sei gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden. Bei Zulassung der Liste „…“ wäre es zu einem völlig anderen Wahlergebnis gekommen. Die Antragstellen haben bestritten, dass der Vorschlagsliste „…“ ein unheilbarer Mangel angehaftet habe. Zu dem Zeitpunkt, als Herr … unter der Nr. 48 die Unterstützerliste unterschrieben habe, sei die Vorschlagsliste „…“ mit 21 Wahlbewerbern gefüllt gewesen. Das Quorum der 16 Stützunterschriften sei erfüllt gewesen. Wie die nachfolgenden 15 Stützunterschriften zu werten seien, könne dahinstehen. Zudem wäre der Mangel heilbar gewesen, hätte die Einreichungsfrist am 21. Februar 2014 erst um 24.00 Uhr geendet, hätte der Wahlvorstand die Liste unverzüglich geprüft und den Listenvertreter über den Mangel unterrichtet. Eine neue Vorschlagsliste mit den dazugehörigen Stützunterschriften hätte dann beim Wahlvorstand eingereicht werden können. Wie das Wahlergebnis zustande gekommen sei, sei nicht nachvollziehbar. Denn in der Bekanntgabe vom 01.04.2014 sei nicht aufgeführt worden, wie viel gültige und wie viel ungültige Stimmen abgegeben worden seien. Ob die Wahlurne in der Nacht vom 25. zum 26. März 2014, wie es § 20 Abs. 3 i. V. m. § 12 Abs. 5 WO erfordere, versiegelt gewesen sei, entziehe sich der Kenntnis der Antragsteller. Die Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG sei gewahrt, da der Inhalt der Antragsschrift offensichtlich erkennen lasse, dass die Betriebsratswahl insgesamt angefochten werden solle.

26

Die Antragsteller haben beantragt,

27

 festzustellen, dass die am 25./26.03.2014 im Betrieb der Beteiligten zu 11)

28

 durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 10) unwirksam ist.

29

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben die Zurückweisung dieses Antrags beantragt.

30

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, die Antragsschrift vom 01.04. 2014 enthalte keinen Antrag, sondern lediglich den unzureichenden Hinweis „wegen Anfechtung der Betriebsratswahl“. Die Nachholung des Antrags sei nicht möglich, da die Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG eine Ausschlussfrist sei. Abgesehen davon sei die Betriebsratswahl wirksam durchgeführt worden. Gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren sei nicht verstoßen worden. Die Vorschlagsliste „…“ habe an einem sog. unheilbaren Mangel gelitten. Der Listenvertreter Müller habe die Stützunterschriften für diese Vorschlagsliste „organisiert“ gehabt, bevor die Liste der Wahlbewerber fertig gestellt gewesen sei. Dieser Mangel habe die Liste „… unheilbar und damit nichtig gemacht. Eine Nachfristsetzung zur Heilung des Mangels sei nicht in Betracht gekommen. Eine erste Prüfung der eingereichten Vorschlagslisten sei am 21. Februar 2014 um ca. 13.30 Uhr in einem Telefongespräch zwischen dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes … und dem Mitglied … erfolgt. Am Montag, den 24. Februar 2014, seien dann in einer Sitzung des Wahlvorstandes die beiden Listenvertreter zum Zustandekommen der Listen befragt worden. Zuvor habe der Vorsitzende des Wahlvorstandes in den Listen eingetragene Wahlbewerber und Unterstützer befragt gehabt. Am 25. Februar 2014 sei der Listenvertreter … in einer weiteren Sitzung des Wahlvorstandes nochmals zum Zustandekommen der Vorschlagsliste und der Unterstützerliste befragt und mit den Erklärungen des Wahlbewerbers … und der Wahlbewerberin … konfrontiert worden. Der Ablauf der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge habe auf 14.00 Uhr des letzten Tages diese Frist bestimmt werden dürfen, da zu diesem Zeitpunkt die ganz überwiegende Mehrheit der wahlberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb anwesend gewesen sei. Am 21. Februar 2014 seien spätestens ab 15.00 Uhr nur noch 49 Wahlberechtigte anwesend gewesen. Bereits aus diesem Grund hätte eine längere Einreichungsfrist nicht dazu geführt, dass weitere oder abgeänderte Vorschlagslisten eingereicht worden wären. Mit der Bekanntmachung des Ergebnisses der Wahl am 1. April 2014 seien die gewählten 9 Mitglieder namentlich benannt worden. Die Wahlniederschrift sei im Geschäftszimmer des Wahlvorstandes zur Einsichtnahme ausgelegt worden. Die Wahlurne sei verschlossen, im Bereich des Einwurfes mehrfach verklebt und mit den Unterschriften des Wahlvorstandes auf den geklebten Bereichen versiegelt gewesen.

31

Die Arbeitgeberin hat die Nichteinhaltung der gesetzlichen Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gerügt, weil sich aus der Antragsschrift vom 11.04.2014 kein Antrag erschließe. Zudem seien ihr keine erheblichen Fehler bezüglich der Betriebsratswahl bekannt. Sie hat die Ansicht vertreten, selbst wenn die Liste „…“ heilbar fehlerhaft gewesen wäre, wäre es innerhalb von 50 Minuten nicht möglich gewesen, den Mangel zu heilen.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der zwischen ihnen im ersten Rechtszug gewechselten Schriftsätze und die Protokolle des Arbeitsgerichts verwiesen.

33

Durch Beschluss vom 15. August 2014 hat das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau den Antrag zurückgewiesen.

34

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die förmlichen Voraussetzungen für eine zulässige Wahlanfechtung seien erfüllt. Die anfechtungsberechtigten Antragsteller hätten die Wahl innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten. Soweit die Antragsschrift vom 11.04. 2014 keinen expliziten Antrag enthalte, ergebe sich dieser aus der Antragsschrift selbst. Danach habe die Betriebsratswahl insgesamt angefochten werden sollen. Der Antrag sei unbegründet. Der Wahlvorstand habe die Vorschlagsliste „…“ zu Recht nicht zur Betriebsratswahl zugelassen. Im Erörterungstermin hätten die Antragsteller unstreitig gestellt, dass Stützunterschriften bereits geleistet gewesen seien, als die Wahlliste noch nicht vollständig gewesen sei. Gleiches gelte, soweit man die Wahlbewerberunterschriften gleichzeitig als Stützunterschriften ansehen wolle. Auch diese Unterschriften hätten die Wahlbewerber mit Ausnahme des Letzten schon abgegeben, bevor die Liste abgeschlossen gewesen sei. Soweit man die Begrenzung der Einreichungsfrist auf 14.00 Uhr als zulässig ansehe, erscheine es ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand innerhalb von 50 Minuten nach Einreichung der Vorschlagsliste „…“ die Unwirksamkeit dieser Liste hätte erkennen können. Der äußere Schein der Liste habe nicht erkennen lassen, dass die Stützunterschriften schon vor Abschluss der Vorschlagsliste geleistet worden seien. Es erscheine ausgeschlossen, dass innerhalb von 50 Minuten eine umfangreiche Prüfung der eingereichten Vorschlagslisten durch den Wahlvorstand hätte erfolgen und eine Entscheidung hätte getroffen werden können, dass durch die Wahlbewerber eine neue Liste erstellt und mit 16 Stützunterschriften beim Wahlvorstand hätte eingereicht werden können. Entscheidend sei aber, ob sich an dem Wahlergebnis etwas geändert hätte, wäre die Frist zur Einreichung der Vorschlagslisten auf 24.00 Uhr festgelegt worden. Vorliegend hätte eine Frist bis 24.00 Uhr kein anderes Ergebnis gebracht, so dass ein eventueller Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 2 der Wahlordnung das Wahlergebnis nicht habe beeinflussen können. Der Wahlvorstand habe am Tag der Einreichung der Vorschlagslisten eine Prüfung der Listen vorgenommen, ohne dass Anhaltspunkte für einen unheilbaren Mangel ersichtlich gewesen seien. Da es sich um einen größeren Betrieb handele und eine tiefergehende Prüfung der Listen, also auch der Frage, ob die jeweiligen Bewerberlisten vor der Leistung der Stützunterschriften abgeschlossen gewesen seien, einen gewissen Zeitaufwand benötigt sowie die Anwesenheit der betreffenden Arbeitnehmer erforderlich gemacht habe, sei die Vorgehensweise des Wahlvorstandes, am 21. Februar 2014 eine oberflächliche und am nächsten Tag eine tiefergehende Prüfung vorzunehmen, nicht zu beanstanden. Etwas anderes wäre es, wäre einem Mitglied des Wahlvorstandes bekannt gewesen, dass die Liste „…“ ungültig gewesen sei. Derartiges sei nicht vorgetragen worden.

35

Wegen der Einzelheiten des Beschlusses vom 15. August 2015 wird auf dessen Gründe (Bl. 217 bis 225 d. A.) verwiesen.

36

Gegen den ihnen am 4. September 2014 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller zu 1), 2), 3), 6) und 7) (hier: Beteiligte zu 1), 2), 3), 4), 5)) am Montag, den 6. Oktober 2014, beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschwerde eingelegt. Sie haben die Beschwerde am 4. November 2014 begründet.

37

Die Antragsteller verweisen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meinen, das Arbeitsgericht habe aus dem Wahlausschreiben erkennbare Anfechtungsgründe nicht gewürdigt, bestimmte Aspekte rechtsfehlerhaft gewürdigt und seiner Sachverhaltsaufklärungspflicht nicht Genüge getan. Es habe verkannt, dass der Wahlvorstand allein schon die Abkürzung der Frist für die Einreichung der Vorschlagslisten und für die Einlegung von Einsprüchen gegen die Wählerliste fehlerhaft vorgenommen habe. Die Frist sei um 24.00 Uhr des letzten Tages des 14-Tage-Zeitraumes abgelaufen. Eine Vorverlegung auf einen früheren Zeitpunkt am letzten Tag der Frist sei nach richtigem Verständnis der §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 WO 2001 nur möglich, wenn der Wahlvorstand den Ablauf der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb am letzten Tag der Frist begrenze. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelte, dass der festgesetzte Fristablauf nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer liegen dürfe. Im Betrieb werde im Drei-Schicht-System (Früh-, Spät- und Nachtschicht) gearbeitet. Daraus folge, dass nach 14.00 Uhr sowohl in der Spät- und wie auch nach 22.00 Uhr in der Nachtschicht am 21. Februar 2014 mindestens 100 Beschäftigte tätig gewesen seien. Weiter sei davon auszugehen, dass im Verwaltungsbereich nicht bereits um 14.00 Uhr die Regelarbeitszeit geendet habe. Jedenfalls erscheine es in keiner Weise gerechtfertigt, dass der Fristablauf am 21. Februar 2014 auf 14.00 Uhr vorverlegt worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in dem Zeitfenster zwischen 14.00 Uhr und 24.00 Uhr am 21. Februar 2014 beim Wahlvorstand noch weitere Vorschlagslisten abgegeben worden wären. Das Arbeitsgericht habe sich rechtsfehlerhaft mit dieser Erwägung nicht auseinandergesetzt. Es habe allein einen möglichen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO 2001 geprüft und dabei festgestellt, dass die Verkürzung der Einreichungs- bzw. Einspruchsfrist im Zusammenspiel mit einem möglichen Verstoß gegen § 7 WO 2001 keine Auswirkung gehabt hätte. Das Arbeitsgericht habe jedoch verkannt, dass allein der Verstoß gegen § 6 Abs. 1 WO 2001 und gegen § 4 Abs. 1 WO 2001 zur Anfechtung der Betriebsratswahl führen müsse. Ausweislich des Wahlausschreibens sei das Wahllokal am 25. und 26. März 2014 jeweils von 5.30 Uhr bis 6.30 Uhr und von 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr geöffnet gewesen. Damit sei das Wahllokal nicht in dem zeitlichen Umfang geöffnet gewesen, der es den einzelnen Wählern ermöglicht habe, unproblematisch wählen gehen zu können. Des Weiteren sei gegen § 3 Abs. 2 Nr. 10 und 12 WO 2001 verstoßen worden, da im Wahlausschreiben vom 07.02.2014 weder die Orte konkret bestimmt seien, an denen die Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushingen, noch der Ort konkret angegeben sei, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben gewesen seien. Im Wahlausschreiben werde nur Bezug auf die „bekannten Informationstafeln des Wahlvorstandes genommen und angegeben, dass das Büro von Herrn … oder das Büro von Frau … als Betriebsadresse des Wahlvorstandes fungiere. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe der Wahlvorstand die Vorschlagslisten nicht unverzüglich nach deren Einreichung geprüft. Er habe erst einige Tage später die Stützunterschriften Leistenden Frau S. und die Herren … und … befragt, ob zum Zeitpunkt der Leistung der Stützunterschrift der Kandidatenteil vollständig abgeschlossen gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Wahlvorstand diese Beschäftigten oder andere nicht am 21. Februar 2014 nach Einreichung der Listen befragt habe. Ganz offenkundig habe der Wahlvorstand die intensive Prüfung der Listen erst für einige Tage nach Fristablauf vorgesehen gehabt. Bei Vornahme einer unverzüglichen Prüfung hätten die Listenvertreter … und … noch mindestens 16 Stützunterschriften für eine neue Liste sammeln können. Zumindest sei das nicht zwingend ausgeschlossen gewesen. Das gelte gerade für das Zeitfenster von 14.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Wahlbewerber … auf Listenplatz 21 sich zuletzt auf die Kandidatenliste gesetzt gehabt habe und damit der Kandidatenteil geschlossen gewesen sei. Der Wahlbewerber … habe seine Stützunterschrift unter der laufenden Nummer 48 geleistet. Nach ihm hätten 15 weitere Arbeitnehmer Stützunterschriften geleistet, so dass nach Schließung des Kandidatenteils insgesamt 16 Beschäftigte mit ihren Unterschriften die Vorschlagsliste „…“ unterstützt hätten. Es beständen gravierende Indizien dafür, dass die Liste „…“ ebenfalls Stützunterschriften enthalte, die bereits vor Schließung des Kandidatenteils geleistet gewesen seien. Das Arbeitsgericht habe diesbezüglich seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es die beiden angebotenen Zeugen nicht befragt habe. Weiter habe das Arbeitsgericht seine Aufklärungspflicht verletzt, indem es nicht festgestellt habe, in welcher Form durch welche Klebebänder mit der Unterschrift welches Wahlvorstandsmitglieds an welcher Stelle der Wahlurne genau das Siegel angebracht gewesen sei. Neu sei vorzutragen, dass der Wahlvorstand zu keinem Zeitpunkt Ort und Zeitpunkt der Öffnung der Freiumschläge im Zusammenhang mit der Durchführung der Briefwahl der Betriebsöffentlichkeit bekannt gegeben habe.

38

Die Antragsteller beantragen,

39

auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2), 6) und 7) den Beschluss des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 15.08.2014 abzuändern und festzustellen, dass die am 25. und 26.03.2014 im Betrieb der Beteiligte zu 11) durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 10) unwirksam ist.

40

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin beantragen jeder,

41

die Beschwerde zurückzuweisen.

42

Der Betriebsrat meint, die Beschwerde könne keinen Erfolg haben. Er verweist auf die inhaltlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 15.08.2014 und schließt sich zudem den Ausführungen der Arbeitgeberin in deren Schriftsatz vom 16.01.2015 an. Den in der Beschwerdeinstanz erstmals von den Beschwerdeführern erhobenen und nicht unter Beweis gestellten Vorwurf, die Liste …“ sei im Hinblick auf die Fertigstellung der Kandidatenliste vor Leistung der Stützunterschriften nicht ordnungsgemäß erstellt worden, weist er entschieden zurück. Er wiederholt, dass Stützunterschriften erst geleistet worden seien, als die Vorschlagsliste für die Wahlkandidaten vollständig abgeschlossen gewesen sei. Das von den Beschwerdeführern behauptete Gespräch vom 21.02.2014, 9.00 Uhr, habe in dieser Weise nie stattgefunden. Bezüglich des neuen Vorbringens der Beschwerdeführer schließt sich der Betriebsrat der Rüge der Arbeitgeberin an, die erst in der Beschwerdeinstanz neu vorgetragenen Anfechtungsgründe seien präkludiert.

43

Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass die Beschwerdeführer den von ihnen im Termin vor dem Arbeitsgericht am 15. August 2014 unstreitig gestellten Vortrag, die Wahlurne sei zwischen den Wahltagen ordnungsgemäß verschlossen gewesen, erneut bestritten. Die Beschwerdeführer seien auch in der Beschwerdeinstanz an ihre Erklärung gebunden (§ 138 Abs. 2 ZPO). Einen weiteren vermeintlichen Anfechtungsgrund (Öffnung von Freiumschlägen) hätten sie erstmalig bemüht, ohne die Verspätung dieses Vortrags zu entschuldigen. Damit sei dieser neue Vortrag präkludiert. Außerdem sei er unbegründet, denn das Wahlausschreiben vom 07.02.2014 enthalte den ausdrücklichen Hinweis, dass die Auszählung der Stimmen und somit auch die Öffnung der Freiumschläge am angegebenen Ort erfolgen werde. Das Wahlausschreiben sei in den, der wahlberechtigten Belegschaft hinlänglich bekannten Aushangsorten veröffentlicht worden, d. h. auf Informationstafeln des Betriebsrates im Verwaltungsgebäude, im Aufenthaltsraum im Produktionsgebäude, auf Wandtafeln im Prüfwesen, im Rohstoff- und Mischungslager und der Technik. Auch der Vortrag der Beschwerdeführer, die Öffnungszeiten des Wahllokals und die Orte der Stimmabgabe bzw. möglicher Einsprüche seien nicht ausreichend bestimmt gewesen, sei verspätet und überdies unbegründet erfolgt. Gleiches gelte für ihre neu aufgestellte Behauptung, der Wahlvorstand hätte die Liste „…“ ebenfalls zurückweisen müssen, weil die Stützunterschriften vor Abschluss der Kandidatenliste dieser Vorschlagsliste eingeholt worden seien. Das Arbeitsgericht habe den Anfechtungsgrund, der Ablauf der Einreichungsfrist von Wahlvorschlägen und Einsprüchen auf den 21. Februar 2014, 14.00 Uhr, sei nicht rechtmäßig erfolgt, zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, die erhobene Rüge sei unbegründet, weil dadurch das Wahlergebnis nicht beeinflusst worden sei. Der Wahlvorstand habe die ungültige Liste „…“ auch nicht zu spät geprüft. Denn bis zum Ablauf der Einreichungsfrist habe der Wahlvorstand nicht erkennen können, dass diese Liste unwirksam sei. Den unheilbaren Mangel dieser Liste habe der Wahlvorstand weder innerhalb der ausgewiesenen Frist am 21. Februar 2014 bis 14.00 Uhr noch bis zum Ablauf einer hypothetisch verlängerten Frist bis 24.00 Uhr des gleichen Tages aufdecken können. Der Listenvertreter … habe noch am 25. Februar 2014, 13.00 Uhr, wahrheitswidrig versichert, dass der Kandidatenteil vollständig abgeschlossen gewesen sei, als die Stützunterschriften geleistet worden seien. Erst nach weiterer intensiver Befragung durch den Wahlvorstand habe er die tatsächlichen Umstände eingeräumt.

44

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf die Beschwerdebegründung vom 04.11.2014 und den Schriftsatz der Beschwerdeführer vom 25.08.2015, auf die Beschwerdebeantwortung der Arbeitgeberin vom 16.01.2015 und deren Schriftsatz vom 26.08.2015, auf die Beschwerdebeantwortung des Betriebsrates vom 30.01.2015 und auf das Protokoll vom 27.08.2015 Bezug genommen.

45

Der Antragsteller und Beteiligte zu 3) war vor der mündlichen Anhörung vor dem Beschwerdegericht aus dem Betrieb ausgeschieden und nicht weiter am Verfahren interessiert.

II.

46

A. Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2), 4), und 5) ist frist- und formgerecht beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und begründet worden (§ 87 Abs. 2 i. V. m. § 66 Abs. 1 ArbGG). Die Beschwerde ist zulässig.

47

B. Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Wahlanfechtungsantrag der ursprünglich beteiligten neun Antragsteller zu Recht zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat keinen Erfolg. Die am 25. und 26. März 2014 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam.

48

1. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zutreffend hat das Arbeitsgericht angenommen, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind.

49

1.1. Die Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge wurde gewahrt. Die Bestimmung der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge im Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 auf den 21. Februar 2014, 14.00 Uhr, ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kein Verfahrensfehler.

50

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 WO sind die Vorschlagslisten von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Die Zwei-Wochen-Frist ist eine Ausschlussfrist. Sie beginnt mit dem Aushang des Wahlausschreibens (BAG vom 05.05.2004 – 7 ABR 44/03 – zu B I 1 der Gründe, AP Nr. 1 zu § 3 WahlO BetrVG 1972). Die Zwei-Wochen-Frist bildet aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten eine klare Grenze für die Einreichung von Wahlvorschlägen (BAG vom 09.12.1992 – 7 ABR 27/92 – AP Nr. 2 zu Wahl z BetrVG 1972). Hat der Wahlvorstand im Wahlausschreiben bestimmte Dienststunden angegeben, so müssen die Wahlvorschläge bis zum Ende der Dienststunden am letzten Tag der Frist bei ihm eingegangen sein. Hierbei ist allerdings vorauszusetzen, dass die vom Wahlvorstand bestimmten Dienststunden nicht vor dem Ende der Arbeitszeit des überwiegenden Teils der Arbeitnehmer enden (BAG vom 04.10.1977 – 1 ABR 37/77 –, AP Nr. 2 zu § 18 BetrVG 1972; BAG vom 12.02.1960 – 1 ABR 13/59 -, AP Nr. 11 zu § 18 BetrVG 1972; Fitting, Engels, Schmidt, Trebinger, Linsenmaier, Handkomm. zum BetrVG, 27. Aufl., § 6 WO Rz 3).

51

b) Vorliegend ist die Zwei-Wochen-Frist des § 6 Abs. 2 Satz 2 WO gewahrt: Der Wahlvorstand hatte im Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 den Ablauf der Frist auf den 21. Februar 2014 um 14.00 Uhr festgesetzt. Der Aushang des Wahlausschreibens für die Betriebsratswahl am 25./26. März 2014 war am 7. Februar 2014 spätestens um 14.00 Uhr erfolgt. Jedenfalls hat kein Antragsteller den Vortrag des Betriebsrates, der Aushang des Wahlausschreibens sei am 7. Februar 2014 um 14.00 Uhr erfolgt, ausdrücklich bestritten. Demzufolge gilt dieser Vortrag des Betriebsrates als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Wenn aber der Lauf der Zwei-Wochen-Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge am 7. Februar 2014, 14.00 Uhr, begann und am 21. Februar 2014 um 14.Uhr endete, ist die hier maßgebliche Zwei-Wochen-Frist gewahrt (§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 HS 1 BGB).

52

c) Mit der Begrenzung der Frist für die Einreichung der Vorschlagslisten auf den 21. Februar 2014, 14.00 Uhr im Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 ist dem Wahlvorstand kein Verfahrensfehler unterlaufen. Denn im Produktionsbereich des Betriebes der vorliegend beteiligten Arbeitgeberin wird im Drei-Schicht-System gearbeitet. Schichtwechsel bzw. das Ende der Arbeitszeit für die Beschäftigten in der jeweiligen Schicht ist um 6.00 Uhr, 14.00 Uhr und 22.00 Uhr. In jeder Schicht sind ca. 50 Arbeitnehmer/innen beschäftigt. Für die etwa 25 Beschäftigten in der Verwaltung endet die Arbeitszeit nicht vor 15.00 Uhr. Damit hatte der Wahlvorstand mit 14.00 Uhr keine Dienststunde als Fristende bestimmt, die vor dem Ende der Arbeitszeit des überwiegenden Teils der Arbeitnehmer/innen lag. Denn lediglich die Arbeitszeit von ca. 25 in der Verwaltung und von ca. 50 in der Spätschicht beschäftigten Arbeitnehmer und -innen endete nach 14.00 Uhr. Die Arbeitszeit des überwiegenden Teils der insgesamt 327 wahlberechtigten Arbeitnehmer und –innen war hingegen nicht betroffen.

53

1.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hat der Wahlvorstand nicht gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am Freitag, den 21. Februar 2014, die eingereichten Vorschlagslisten nicht sofort auf Fehler prüfte, sondern diese Fehlerprüfung auf Montag, den 24. Februar 2014, nach dem Ablauf der Einreichungsfrist ansetzte.

54

a) § 7 Abs. 2 WO ist eine im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen (BAG vom 18.07.2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 28, AP Nr. 62 zu § 19 BetrVG 1972).

55

Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG vom 18.07. 2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 26, aaO; BAG vom 21.01.2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 25, AP Nr. 61 zu § 19 BetrVG 1972; BAG vom 25.05.2005 – 7 ABR 39/04 – zu B II 2 a der Gründe, AP Nr. 2 zu § 14 BetrVG 1972). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG vom 20.01.2010 – 7 ABR 39/08 – Rn. 22, AP Nr. 2 zu § 97 SGB IX; BAG vom 21.01.2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG vom 21.01.2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 25, aaO; BAG vom 25.05.2005 – 7 ABR 39/04 – zu B II 2 a der Gründe, aaO). Die Prüfpflicht des Wahlvorstandes erstreckt sich dabei auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand bei der Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunden unschwer erkennen kann (BAG vom 15.05.2013 – 7 ABR 40/11 – Rn. 18 mwN, AP Nr. 63 zu § 19 BetrVG 1972; BAG vom 06.11.2013 – 7 ABR 65/11 – Rn. 13, AP Nr. 3 zu § 14 BetrVG 1972; BAG vom 21.01.2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 27, aaO).

56

b) Hiergegen hat der Wahlvorstand im vorliegenden Streitfall nicht verstoßen. Am 21. Februar 2014 wurden beim Wahlvorstand um 10.54 Uhr die Vorschlagsliste … – …“ und um 13.10 Uhr die Vorschlagsliste „…“ eingereicht. Der Wahlvorstand ist seiner Prüfpflicht nachgekommen, indem er die beiden Vorschlagslisten binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang prüfte. Eingegangen waren die Listen am Freitag, den 21. Februar 2014. Die Prüfung der Listen wurde durch den Wahlvorstand auf Montag, den 24. Februar 2014, 13.00 Uhr, festgesetzt. Mithin sollte die Prüfung innerhalb von zwei Arbeitstagen, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verlangt, erfolgen. Beide Listenvertreter wurden dazu eingeladen. Die äußere Gestaltung der eingereichten Vorschlagslisten einschließlich der zu ihnen gehörenden Liste mit den Stützunterschriften ließen keine unheilbaren Mängel erkennen. In den Morgen- bzw. Vormittagsstunden befragte der Vorsitzende des Wahlvorstandes stichprobenweise Arbeitnehmer, die Stützunterschriften geleistet hatten, wann das geschehen sei. Im Hinblick auf die Vorschlagsliste …“ erklärten die Befragten …, deren Stützunterschriften zuerst auf der Unterstützerliste stehen, dass auf der Vorschlagsliste alle (17) Bewerber eingetragen waren, als sie ihre Stützunterschrift leisteten. Die Erklärung des Listenvertreters C… am 24. Februar 2014 über das Zustandekommen der Vorschlags- sowie der Stützunterschriftenliste stimmte damit überein. Im Hinblick auf die Vorschlagsliste „…“ hatte die Nachfrage des Vorsitzenden des Wahlvorstandes bei dem Wahlbewerber …, der zugleich eine Stützunterschrift geleistet hatte, und der Arbeitnehmerin Schwarz, die ebenfalls eine Stützunterschrift geleistet hatte, ergeben, dass der Beteiligte zu 1) Herrn … den Listenplatz 15 zugewiesen hatte, obwohl unter den Nummern 6 und 7 sowie 16 noch keine Bewerber eingetragen waren. Die Listenplätze 6, 7 und 16 waren auch unbesetzt, als Herr … seine Stützunterschrift leistete. Als die Arbeitnehmerin Schwarz für die Vorschlagsliste „… ihre Stützunterschrift leistete, war die Wahlbewerberliste ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Der Beteiligte zu 1) konnte als Listenvertreter am 24. Februar 2014 nicht befragt werden, weil er wegen Urlaubs nicht im Betrieb war. Der Wahlvorstand entschied deshalb, die Prüfung der Vorschlagsliste „.. – …“ am 25. Februar 2014 um 13.00 Uhr fortzusetzen. Nachdem der Beteiligte zu 1) mit den Erklärungen des Wahlbewerbers … und der Arbeitnehmerin … konfrontiert worden war, räumte er gegenüber dem Wahlvorstand ein, dass sich nicht alle Wahlbewerber auf der Vorschlagsliste eingetragen hatten, als die Stützunterschriften geleistet wurden. Der Wahlvorstand stellte daraufhin am 25. Februar 2014 die Gültigkeit der Vorschlagsliste „…“ und die Ungültigkeit der Vorschlagsliste „… fest. Den Einwand des Beteiligten zu 1), auch für die Vorschlagsliste „…“ seien Stützunterschriften vor Schließung der Kandidatenliste geleistet worden, wies der Wahlvorstand zurück, da die Nachfragen seines Vorsitzenden bei den Arbeitnehmern …. . das Gegenteil ergeben hatte.

57

Unter den dargestellten Umständen hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten ohne schuldhaftes Zögern geprüft.

58

c) Aber selbst dann, wenn der Wahlvorstand nicht unverzüglich gehandelt hätte und die Prüfung der Vorschlagslisten am 21. Februar 2014 sofort nach Einreichung der Listen hätte erfolgen müssen, würde eine erfolgreiche Anfechtung der Betriebsratswahl daran scheitern, dass durch einen solchen Verstoß das Wahlergebnis objektiv nicht geändert bzw. beeinflusst werden konnte. Denn der Beteiligte zu 1) reichte die Vorschlagsliste …“ 50 Minuten vor dem Ende der Einreichungsfrist ein. Für die sofortige Prüfung der Vorschlagsliste müsste dem Wahlvorstand zumindest eine halbe Stunde zugebilligt werden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, ist es ausgeschlossen, dass es dem Beteiligten zu 1) als Listenvertreter in der verbliebenen Zeit, mithin in etwa 20 Minuten bis 14.00 Uhr noch möglich gewesen wäre, eine neue, von Mängeln freie Vorschlagsliste einzureichen.

59

1.3. Die weiteren von den Beschwerdeführern – in der Beschwerdeinstanz – behaupteten bzw. wiederholten etwaigen Verfahrensverstöße sind nicht geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

60

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn sie das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rechtspr., u. a. BAG vom 18.07.2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 30 mwN, aaO).

61

b) In diesem Sinne waren die von den Beschwerdeführern behaupteten weiteren Verstöße gegen die §§ 3 Abs. 2 Nr. 10 u. 12, 4 Abs. 1 WO, gegen die Versiegelung der Wahlurne, die Öffnungszeit des Wahllokals und gegen die Mitteilung von Ort und Zeitpunkt der Öffnung der Freiumschläge nicht geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen:

62

aa) Im Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 ist der Ort, an dem die gültigen Vorschlagslisten bis zum Abschluss der Stimmabgabe bekannt gegeben werden, mit „an den bekannten Informationstafeln des Wahlvorstandes“ bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die der wahlberechtigten Belegschaft - von den vergangenen Betriebsratswahlen her - bekannten Aushangsorte, und zwar die Informationstafel des Betriebsrates im Verwaltungsgebäude, die Informationstafel im Aufenthaltsraum im Produktionsgebäude, um die Wandtafeln im Bereich des Prüfwesens, im Rohstoff- und Mischungslager sowie im Bereich der Technik. Die Aushänge sind erfolgt. Es kann mithin ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis durch einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 10 WO beeinflusst werden konnte.

63

bb) Der Ort, an dem Einsprüche, Vorschlagslisten und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben waren, ist im Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 unter Nr. 13. mit „Wahlvorstand (Betriebsadresse) Büro …“ angegeben. Das „Büro der Frau W. ist den Beschäftigten des Betriebes der Beteiligten zu 7) hinlänglich bekannt, da dieses Büro für die Klärung von Personalangelegenheiten „zuständig“ ist. Es kann mithin auch ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis durch einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 12 WO beeinflusst werden konnte. Bestandene Schwierigkeiten bei der Abgabe von Wahlvorschlägen oder bei der Einlegung von Einsprüchen sind auch nicht vorgetragen.

64

cc) Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 1 WO liegt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht vor, da im Wahlausschreiben unter Nr. 11 darauf hingewiesen worden ist, dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerlisten innerhalb von zwei Wochen ab Erlass des Wahlausschreibens, also ab 7. Februar 2014, bis zum 21. Februar 2014, 14.00 Uhr, beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden können. Die Betriebsadresse des Wahlvorstandes ist im Wahlausschreiben, wie bereits ausgeführt, mit der Angabe „Büro Frau …“ ausreichend bestimmt gewesen. Die Bestimmung der Frist bis zum 21. Februar 2014, 14.00 Uhr, war zulässig, wie zu Ziffer 1.1. lit. c ausgeführt.

65

dd) In der mündlichen Anhörung vor dem Arbeitsgericht am 15. August 2014 erklärte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller zu Protokoll (Bl. 209 d. A.), dass der Vortrag des Betriebsrates, laut dem die Wahlurne mit mehreren Klebestreifen zugeklebt war, auf den Klebestreifen unter Aufsicht von Frau … …durch Herrn … und Herrn .. mehrmals unterschrieben worden war und die Wahlurne ohne Beschädigung der Klebestreifen nicht geöffnet werden konnte, nicht bestritten wird. An diese Erklärung sind die Beschwerdeführer nach wie vor gebunden. Folglich war die Wahlurne ordnungsgemäß verschlossen. Ein unberechtigtes Öffnen der Wahlurne bzw. ein unberechtigter Zugriff auf die Stimmzettel am 25. und 26. März 2014 war ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 5 Satz 2 WO liegt nicht vor.

66

ee) Das Wahllokal, welches sich im Versammlungsraum des Gebäudes 9 (ehemaliger Speisesaal) befand, war am 25. und 26. März 2014 jeweils von 5.30 Uhr bis 6.30 Uhr und von 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr geöffnet. Diese Öffnungszeiten waren auf die Zeiten der Schichtwechsel um 6.00 Uhr, 14.00 Uhr und 22.00 Uhr abgestimmt. Sie ermöglichten den wahlberechtigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die an diesen beiden Arbeitstagen bis morgens 6.00 Uhr in der Nachtschicht arbeiteten, um 14.00 Uhr die Frühschicht beendeten oder ab 14.00 Uhr die Spätschicht begannen, ohne Einschränkung die Stimmabgabe. Zugleich hatten auch die wahlberechtigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die keine Schichtarbeit leisten und deren tägliche Arbeitszeit nach 6.30 Uhr beginnt und nach 14.30 Uhr endet, die Möglichkeit, ihr Wahlrecht wahrzunehmen. Die Beeinflussung des Wahlergebnisses durch die Öffnungszeiten des Wahllokals ist bzw. war ausgeschlossen.

67

ff) Im Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 ist unter Nr. 14 aufgeführt, dass die Auszählung der Stimmen öffentlich am 26. März 2014, 14.30 Uhr, im Beratungsraum 09.02 neben dem Büro Finanzen/Controlling im Gebäude 09 erfolgen wird. Die Freiumschläge der Briefwähler wurden unmittelbar vor 14.30 Uhr im Wahllokal geöffnet, ihnen wurden die Wahlumschläge mit den vorgedruckten Erklärungen entnommen und die Wahlumschläge nach Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der schriftlichen Stimmabgabe in die Wahlurne eingelegt. Der Beteiligte zu 1) und der Vorsitzende des Beteiligten zu 6) waren dabei anwesend. Beide bestätigten im Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht, dass es keine Unregelmäßigkeiten gegeben hatte. Demzufolge liegt kein Verstoß gegen § 26 Abs. 1 WO vor, der das Wahlergebnis hätte beeinflussen können.

68

2. Der Wahlvorstand hat die Vorschlagsliste „…“ zu Recht als ungültig zurückgewiesen.

69

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Wahlvorschlag ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt das dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG vom 15.12.1972 – 1 ABR 8/72 – zu II B 1 der Gründe, AP Nr. 1 zu § 14 BetrVG 1972) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (BAG vom 21.01.2009 – 7 ABR 65/07 – Rn. 23, AP Nr. 61 zu § 19 BetrVG 1972). Zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags führt weiter, wenn nach Anbringung der Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werde, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, aber die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde (BAG vom 18.07.2012 – 7 ABR 21/11 – Rn. 40, aaO).

70

b) Letzteres kommt vorliegend in Betracht, wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat. Denn – im Lauf des Verfahrens – hat sich als unstreitig herausgestellt, dass auf die Vorschlagsliste …“ nachträglich Wahlbewerber gesetzt wurden, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht waren. Zuletzt war der Beteiligte zu 4) als Wahlbewerber auf die Vorschlagsliste unter der Nr. 21 gesetzt wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 47 Stützunterschriften angebracht gewesen. Diese 47 Arbeitnehmer wurden nicht über die Vervollständigung der Wahlbewerberliste informiert, so dass nicht mehr gewährleistet war, dass der Wahlvorschlag von den wahlberechtigten Arbeitnehmern getragen wurde, die ihn vor der Änderung der Vorschlagsliste unterzeichnet hatten.

71

Die Vorschlagsliste „… ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch nicht gültig, weil nach der Aufnahme des Beteiligten zu 4) als Wahlbewerber in diese Liste weitere 15 Stützunterschriften gesammelt wurden, die für sich genommen zusammen mit der Stützunterschrift des Beteiligten zu 4) das notwendige Quorum von 16 Stützunterschriften erfüllen. Denn, da die nachträgliche Ergänzung der Vorschlagsliste nicht kenntlich gemacht wurde, ist es nicht auszuschließen, dass sich die 15 Unterstützer von der Person und der Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen ließen, sie den Eindruck gewonnen hatten, dass die Liste in der ihnen präsentierten Gestalt bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt wurde. Ein unbeeinträchtigter Willensbildungsprozess erscheint insoweit nicht mehr als möglich gewesen.

72

3. Die Vorschlagsliste „…“ hat der Wahlvorstand zu Recht nicht beanstandet.

73

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer erfolgt eine Ungültigkeit dieser Vorschlagsliste nicht aus ihren Behauptungen, der Listenvertreter … habe am 21. Februar 2014 gegen 9.00 Uhr in Gegenwart des Beteiligten zu 1) wörtlich mitgeteilt, dass er jetzt die Vorschlagsliste mit den Kandidaten schließen würde, der Beteiligte zu 1) durch Einsichtnahme in die Kandidatenliste aber festgestellt habe, dass die Liste zu diesem Zeitpunkt 17 Namen umfasst habe und bereits 20 Stützunterschriften auf dem Listendokument aufgeführt gewesen seien. Denn zum einen sind die Beschwerdeführer den Beweis für die Richtigkeit ihrer vom Beteiligten zu 6) bestrittenen Behauptungen schuldig geblieben. Zum anderen lassen die Behauptungen, als wahr unterstellt, auch nicht darauf schließen, dass die 20 Stützunterschriften vor dem Abschluss der 17 Wahlbewerber umfassenden Vorschlagsliste geleistet worden waren. Dass am 21. Februar 2014 in Anwesenheit des Beteiligten zu 1) zwei weitere Arbeitnehmer für die Liste „….“ Stützunterschriften leisteten, bestätigt hingegen, dass die Stützunterschriften nach Abschluss der Wahlbewerberliste gesammelt wurden.

74

Nach alldem war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.


Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Aug. 2015 - 3 TaBV 29/14

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Aug. 2015 - 3 TaBV 29/14 zitiert 14 §§.

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(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 06. Nov. 2013 - 7 ABR 65/11

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Tenor Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juli 2011 - 13 TaBV 26/11 - wird zurückgewiesen.

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Tenor Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiese

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Tenor Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. April 2008 - 3 TaBV 1/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit in der Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 3 Mitgliedern,
51 wahlberechtigten Arbeitnehmern
bis 100 Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern,
101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern,
201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 Arbeitnehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1.000 Arbeitnehmern aus 13 Mitgliedern,
1.001 bis 1.500 Arbeitnehmern aus 15 Mitgliedern,
1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern aus 17 Mitgliedern,
2.001 bis 2.500 Arbeitnehmern aus 19 Mitgliedern,
2.501 bis 3.000 Arbeitnehmern aus 21 Mitgliedern,
3.001 bis 3.500 Arbeitnehmern aus 23 Mitgliedern,
3.501 bis 4.000 Arbeitnehmern aus 25 Mitgliedern,
4.001 bis 4.500 Arbeitnehmern aus 27 Mitgliedern,
4.501 bis 5.000 Arbeitnehmern aus 29 Mitgliedern,
5.001 bis 6.000 Arbeitnehmern aus 31 Mitgliedern,
6.001 bis 7.000 Arbeitnehmern aus 33 Mitgliedern,
7.001 bis 9.000 Arbeitnehmern aus 35 Mitgliedern.
In Betrieben mit mehr als 9.000 Arbeitnehmern erhöht sich die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer um 2 Mitglieder.
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*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 9 (Artikel 1 Nr. 8 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

(1) Der Betriebsrat soll sich möglichst aus Arbeitnehmern der einzelnen Organisationsbereiche und der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammensetzen.

(2) Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens drei Mitgliedern besteht.
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*)
Gemäß Artikel 14 Satz 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-Reformgesetz) vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) gilt § 15 (Artikel 1 Nr. 13 des BetrVerf-Reformgesetzes) für im Zeitraum des Inkrafftretens bestehende Betriebsräte erst bei deren Neuwahl.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten, sie durchzuführen und das Wahlergebnis festzustellen. Kommt der Wahlvorstand dieser Verpflichtung nicht nach, so ersetzt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats, von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ist zweifelhaft, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, so können der Arbeitgeber, jeder beteiligte Betriebsrat, jeder beteiligte Wahlvorstand oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen.

(3) Unverzüglich nach Abschluss der Wahl nimmt der Wahlvorstand öffentlich die Auszählung der Stimmen vor, stellt deren Ergebnis in einer Niederschrift fest und gibt es den Arbeitnehmern des Betriebs bekannt. Dem Arbeitgeber und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist eine Abschrift der Wahlniederschrift zu übersenden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. April 2008 - 3 TaBV 1/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl einer Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

2

Die Beteiligten zu 1) - 3) sind örtliche Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen bei verschiedenen Dienststellen der Bundeswehr im Organisationsbereich des zu 4) beteiligten Sanitätsführungskommandos. Dort sind Soldatinnen und Soldaten sowie Beamtinnen, Beamte und Angestellte beschäftigt.

3

Zur Durchführung der Wahl der Bezirksschwerbehindertenvertretung beim Sanitätsführungskommando wurde Ende 2006 ein Wahlvorstand mit Sitz am Bundeswehrkrankenhaus in H bestellt. Dessen Vorsitzender war der Beteiligte zu 5). Der Wahlvorstand erließ unter dem Vermerk „erlassen am: 01.12.2006“ das Wahlausschreiben für die am 22. Januar 2007 durchzuführende Wahl. Dieses lautet auszugsweise:

        

„2.

Wählbar als Bezirksvertrauensperson oder als stellvertretendes Mitglied ist jeder in der Dienststelle nicht nur vorübergehend Beschäftigte, der am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat und der Dienststelle seit mindestens 6 Monaten angehört. Auch nicht selbst schwerbehinderte Beschäftigte sind wählbar. Wer Kraft Gesetz dem Personalrat nicht angehören kann, ist nicht wählbar.

        

3.   

Wahlberechtigt sind alle Vertrauenspersonen der schwerbehinderten und diesen gleichgestellten Menschen im Org.-Bereich des Sanitätsführungskommandos und in die Liste der Wahlberechtigten eingetragen sind. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten können nur innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens, also spätestens bis zum 18. 12.2006 schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden.

        

4.   

Die Liste der Wahlberechtigten und die Wahlordnung zur Wahl von Schwerbehindertenvertretungen liegen seit dem 04.12.2006 an jedem Arbeitstag bis zum Abschluss der Stimmabgabe jeweils vom _____ Uhr bis _____ Uhr an folgendem Ort _____ zur Einsichtnahme aus.

        

5.   

Zu wählen sind die Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und 3 stellvertretende Mitglieder. Bezirksvertrauensperson und stellvertretende Mitglieder werden in zwei getrennten Wahlgängen gewählt.

        

6.   

Wir bitten die Wahlberechtigten, innerhalb von zwei Wochen seit dem Erlass dieses Wahlausschreibens, also spätestens am 18.12.2006 schriftliche Wahlvorschläge einzureichen. Nach diesem Termin eingehende Wahlvorschläge können nicht berücksichtigt werden. ...

                 

Jeder Wahlvorschlag muss von mindestens 3 Wahlberechtigten unterzeichnet sein und muss Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Dienststelle der Bewerber oder Bewerberin angeben. Der Wahlvorschlag insgesamt, benötigt die vorgegebene Anzahl von unterzeichnenden Wahlberechtigten. ... Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung der Bewerber oder Bewerberin beizufügen.

                 

…       

        

...

        
        

9.   

Einsprüche, Wahlvorschläge, Anträge und sonstige Erklärungen sind schriftlich an den Wahlvorstand zu richten.

        

...“

        
4

Bereits vor dem Erlass des Wahlausschreibens war in den Dienststellen des Sanitätsführungskommandos zum Betreff „Wahlen der Schwerbehindertenvertretungen im Geschäftsbereich BMVg“ ein Runderlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 23. Mai 2006 bekannt gemacht worden. Auszugsweise heißt es darin:

        

„II.

        

4.   

Zu der Frage, ob abgeordnete Mitarbeiter bzw. abkommandierte Soldaten das passive Wahlrecht besitzen, hat das federführende Ressort (BMAS) auf eine Anfrage wie folgt geantwortet:

                 

‚Die Frage ist zu bejahen, soweit die Voraussetzungen des § 94 Abs. 3 SGB IX erfüllt sind und insbesondere eine Dienststellenzugehörigkeit von mindestens sechs Monaten besteht. …’

                 

Ich teile diese Auffassung und bitte daher um entsprechende Beachtung.

                 

…“   

5

Am 6. Dezember 2006 ging beim Wahlvorstand ein vom Beteiligten zu 1) unterzeichnetes, mit dem handschriftlichen Vermerk „vorab per Fax“ versehenes Telefax vom selben Tag ein, in dem es heißt, in der Anlage werde ein „den Vorgaben der Ziffer 6 des Wahlausschreibens vom 01.12.2006 bzw. des § 6 SchbWVO entsprechender Wahlvorschlag für die Wahl zurBezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim SanFüKdo sowie die Zustimmungserklärung des Bewerbers (Herr D)“ übersandt. Ebenfalls per Fax ging ein mit „06.12.2006“ datierter, mit den Unterschriften der Beteiligten zu 1) und 3) sowie einer weiteren Wahlberechtigten versehener Wahlvorschlag für den Beteiligten zu 1) sowie dessen Zustimmungserklärung ein. Der Wahlvorschlag war Ergebnis eines sogenannten Kettentelefax. Es war entstanden, indem ein Wahlberechtigter das mit seiner Unterschrift versehene Dokument per Telefax an einen anderen Wahlberechtigten geschickt hatte, der das erhaltene Telefax mit seiner Unterschrift versah und das so entstandene Dokument wiederum per Telefax an einen dritten Wahlberechtigten weiterleitete. Mit dessen Unterschrift auf der Telefaxkopie wurde sodann der Wahlvorschlag dem Wahlvorstand zugefaxt. Am 11. Dezember 2006 stellte der Beteiligte zu 1) dem Wahlvorstand mit eingeschriebenem Brief eine weitere Kopie des bereits per Telefax eingereichten Wahlvorschlags zu. Eine Urschrift, auf der sich alle drei Originalunterschriften befinden, existiert nicht.

6

Nach Eingang dieses eingeschriebenen Briefs wies der Wahlvorstand den Wahlvorschlag in einem an den Beteiligten zu 1) gerichteten Einschreiben mit Rückschein vom 14. Dezember 2006 zurück. Auszugsweise heißt es in dem Schreiben:

        

„Nach Entgegennahme der Unterlagen haben wir festgestellt, dass es sich bei dem Wahlvorschlag um eine Kopie handelt. Ihr im Fax handschriftlicher Vermerk ‚Vorab per Fax’ hat bei dem Wahlvorstand den Eindruck hinterlassen, dass Sie das Original mit handschriftlichen Unterzeichnungen fristgerecht nachreichen.

        

…       

        

Den von Ihnen eingereichten Wahlvorschlag erklären wir somit als ungültig und bitten Sie hiermit höflich, das Original bis zur unter Punkt 6 des Wahlausschreibens genannten Frist postalisch zuzustellen.

        

...

        

In der Sitzung vom 13. - 14. Dezember 2004 einstimmig beraten und beschlossen.“

7

Das Schreiben des Wahlvorstands ging dem Beteiligten zu 1) am 18. Dezember 2006 um 11.00 Uhr zu. Dieser übersandte daraufhin am selben Tag den Wahlvorschlag nochmals per Telefax und außerdem mit einem Einschreiben vom 21. Dezember 2006, das beim Wahlvorstand am 27. Dezember 2006 einging. Mit Schreiben vom 4. Januar 2007 informierte der Wahlvorstand den Beteiligten zu 1) darüber, dass die mit Schreiben vom 14. Dezember 2006 mitgeteilte Entscheidung auch für dessen erneutes Telefax vom 18. Dezember 2006 gelte und der mit Einschreiben vom 21. Dezember 2006 übermittelte Wahlvorschlag verfristet sei.

8

Zur Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Bereich des Sanitätsführungskommandos wurde am 22. Januar 2007 der Beteiligte zu 5) gewählt. Das Wahlergebnis wurde den Beteiligten zu 1) - 3) mit eingeschriebenem Brief nicht vor dem 24. Januar 2007 mitgeteilt.

9

Die Beteiligten zu 1) - 3) haben die Wahl mit einem am 8. Februar 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz angefochten. Sie haben insbesondere geltend gemacht, der Wahlvorstand habe zu Unrecht den per Telefax am 6. Dezember 2006 eingereichten Wahlvorschlag zurückgewiesen. Der Wahlvorschlag sei mit den erforderlichen Unterschriften versehen gewesen und genüge den Formerfordernissen der SchwbVWO. Jedenfalls sei der Wahlvorstand verpflichtet gewesen, den Wahlvorschlag unverzüglich zu überprüfen und auf etwaige Mängel hinzuweisen. Dieser Verpflichtung habe der Wahlvorstand durch sein Einschreiben vom 14. Dezember 2006 nicht genügt. Angesichts der Terminnot und der weit auseinanderliegenden Dienststellen im Bereich des Sanitätskommandos sei der Wahlvorstand verpflichtet gewesen, den Beteiligten zu 1) von seiner Beanstandung zeitnah mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel zu unterrichten. Die Wahl sei auch aus weiteren Gründen anfechtbar. In dem Wahlausschreiben fehle unter Nr. 2 der Hinweis, dass nach § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 4 SGB IX auch Soldatinnen und Soldaten wählbar seien. Außerdem sei das Wahlausschreiben schon am 1. Dezember 2006 erlassen, entgegen § 5 Abs. 2 SchwbVWO aber - sofern überhaupt - überwiegend erst am 4. Dezember 2006 in den Dienststellen ausgehängt worden. Die Liste der Wahlberechtigten und die Wahlordnung seien ebenfalls nicht rechtzeitig ausgelegen.

10

Die Beteiligten zu 1) - 3) haben zuletzt beantragt,

        

die Wahl zur Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Bereich des Sanitätsführungskommandos für ungültig zu erklären.

11

Der Beteiligte zu 5) hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die angefochtene Wahl sei wirksam. Der Wahlvorstand habe den Wahlvorschlag der Beteiligten zu 1) - 3) zu Recht zurückgewiesen. Ein zur Unwirksamkeit der Wahl führender Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO liege nicht vor, da durch das in den Dienststellen bekannt gemachte Rundschreiben vom 23. Mai 2006 in ausreichender Weise darauf hingewiesen worden sei, dass Soldatinnen und Soldaten zur Schwerbehindertenvertretung wählbar sind.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihm auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) - 3) stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Beteiligte zu 5) die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beteiligten zu 1) - 3) beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Die Beteiligte zu 4) hat keinen Antrag gestellt.

13

B. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 5) ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die angefochtene Wahl im Ergebnis zu Recht für unwirksam erklärt. Zwar hat der Wahlvorstand entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gegen eine Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der eingereichten Vorschlagslisten und zur Benachrichtigung des Listenvertreters über die festgestellten Mängel verstoßen. Die Wahl leidet aber an einem anderen wesentlichen Fehler des Wahlverfahrens. Das Wahlausschreiben enthielt nicht den nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO erforderlichen Hinweis auf die Wählbarkeit von Soldatinnen und Soldaten. Dieser Mangel war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

14

I. Am Verfahren ist nicht - wie jedenfalls förmlich in den Vorinstanzen - die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Sanitätsführungskommando, sondern vielmehr dieses selbst beteiligt. Beteiligter Arbeitgeber iSv. § 83 Abs. 3 ArbGG ist in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren über die Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung im Anwendungsbereich des BPersVG die Dienststelle, bei der die Schwerbehindertenvertretung gebildet ist. Vorliegend geht es um die nach § 97 Abs. 3 Satz 1 SGB IX bei einer Mittelbehörde zu wählende Bezirksschwerbehindertenvertretung. Der Begriff der Dienststelle bestimmt sich dementsprechend gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nach dem Personalvertretungsrecht(vgl. BAG 24. Mai 2006 - 7 ABR 40/05 - Rn. 21 mwN, EzA SGB IX § 97 Nr. 1). Behörden der Mittelstufe sind nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BPersVG die der obersten Dienstbehörde unmittelbar nachgeordneten Behörden, denen andere Dienststellen nachgeordnet sind. Hierzu gehört das Sanitätsführungskommando der Bundeswehr, das als zweithöchste Befehlsebene dem Bundesministerium für Verteidigung unmittelbar unterstellt ist (vgl. BVerwG 23. September 2004 - 6 P 2.04 - zu II 4 b cc der Gründe, ZfPR 2004, 297) . Gegen die im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich mögliche Korrektur der Beteiligung hat in der Anhörung vor dem Senat keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben. Es wurden dadurch auch nicht etwa Rechte der Beteiligten, insbesondere etwa des bis dahin nicht förmlich beteiligten Sanitätsführungskommandos, verletzt, zumal dieses bereits in den Vorinstanzen als Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland im einzelnen Kenntnis von dem Verfahren hatte.

15

II. Die Beteiligten zu 1) - 3) haben die Wahl der Bezirksvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 22. Januar 2007 im Bereich des Sanitätsführungskommandos in zulässiger Weise angefochten.

16

1. Die antragstellenden drei Vertrauenspersonen sind anfechtungsberechtigt. Nach § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX sind für die Wahl der Bezirksvertrauensperson die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des jeweiligen personalvertretungsrechtlichen Gremiums, hier des Personalrats, sinngemäß anzuwenden. Nach dem danach sinngemäß anwendbaren § 25 BPersVG sind somit mindestens drei zur Wahl der Bezirksvertrauensperson Wahlberechtigte anfechtungsbefugt(vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 25/08 - Rn. 9, EzA SGB IX § 94 Nr. 4) . Hierzu gehören die drei Antragsteller.

17

2. Die nach § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 25 BPersVG zu beachtende Anfechtungsfrist von 12 Arbeitstagen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, ist gewahrt. Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass das Wahlergebnis der am 22. Januar 2007 durchgeführten Wahl nicht vor dem 24. Januar 2007 bekannt gegeben worden ist. Die Antragsschrift ging am 8. Februar 2007 und damit rechtzeitig beim Arbeitsgericht ein.

18

3. Die Antragsteller haben die Wahlanfechtung im Verlauf des Verfahrens in zulässiger Weise auf die Wahl der Bezirksvertrauensperson beschränkt. Wie der Senat mit Beschluss vom 29. Juli 2009 (- 7 ABR 91/07 - Rn. 11 ff. mwN, EzA SGB IX § 94 Nr. 5) entschieden und im Einzelnen begründet hat, handelt es sich bei der Wahl der Vertrauensperson und deren Stellvertreter nach § 97 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 5 SGB IX um zwei voneinander unabhängige Wahlen, die getrennt angefochten werden können.

19

III. Der Wahlanfechtungsantrag ist begründet. Die angefochtene Wahl ist gemäß § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 25 BPersVG unwirksam, da gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen wurde und hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte. Rechtsfehlehrhaft ist allerdings die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, ein wesentlicher Verfahrensverstoß liege darin, dass der Wahlvorstand den von ihm beanstandeten Wahlvorschlag nicht unverzüglich geprüft und zurückgewiesen habe. Eine solche Pflicht des Wahlvorstands sieht die SchwbVWO nicht vor. Die angefochtene Entscheidung erweist sich dennoch im Ergebnis als zutreffend. Zwar hat der Wahlvorstand entgegen der Auffassung der Antragsteller den vom und für den Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlag zu Recht zurückgewiesen. Ein wesentlicher Verfahrensverstoß liegt aber darin, dass sich aus dem Wahlausschreiben die Wählbarkeit der Soldatinnen und Soldaten nicht ergab.

20

1. Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Wahl sei deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand die für ungültig erachteten Wahlvorschläge vom 6. und 11. Dezember 2006 weder unverzüglich geprüft noch den Beteiligten zu 1) unverzüglich über den in der Beratung vom 13./14. Dezember 2006 festgestellten Mangel benachrichtigt habe. Eine solche Pflicht des Wahlvorstands bestand entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht.

21

a) Die SchwbVWO enthält - im Unterschied zu vielen anderen Verordnungen über die Wahl von Vertretungsorganen - keine ausdrückliche Bestimmung, wonach der Wahlvorstand Wahlvorschläge unverzüglich zu prüfen und im Falle der Ungültigkeit zurückzugeben oder den Einreicher des Wahlvorschlags zu unterrichten hat.

22

aa) Bei der Wahl eines Betriebsrats hat der Wahlvorstand nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst innerhalb einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Bei der Wahl des Personalrats hat der Wahlvorstand gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 WO BPersVG Wahlvorschläge, die ungültig sind, unverzüglich nach Eingang unter Angabe der Gründe zurückzugeben. Die Pflicht zu unverzüglicher Unterrichtung über die Ungültigkeit der Wahlvorschläge dient dazu, den Einreichern die Möglichkeit zu eröffnen, innerhalb der Frist einen gültigen Vorschlag einzubringen. Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen (vgl. zu § 7 WO-BetrVG BAG 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34).

23

bb) Dagegen sieht die SchwbVWO eine Pflicht des Wahlvorstands zu einer umfassenden unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschläge und zu einer unverzüglichen Benachrichtigung des Listenvertreters über etwaige Mängel nicht vor. Die SchwbVWO regelt in §§ 6 und 7 die Anforderungen an und die Behandlung von Wahlvorschlägen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO hat der Wahlvorstand eine Person, die mit ihrer schriftlichen Zustimmung auf mehreren Wahlvorschlägen für dasselbe Amt benannt ist, innerhalb von drei Arbeitstagen zu der Erklärung aufzufordern, auf welchem der Wahlvorschläge sie benannt bleiben will. Wird diese Erklärung nicht fristgerecht abgegeben, wird der Bewerber nach § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO von sämtlichen Wahlvorschlägen gestrichen. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 SchwbVWO muss der Wahlvorstand einen Wahlberechtigten, der mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet hat, schriftlich gegen Empfangsbestätigung auffordern, binnen drei Arbeitstagen seit dem Zugang der Aufforderung zu erklären, welche Unterschrift er aufrechterhält. Gibt der Wahlberechtigte diese Erklärung nicht fristgerecht ab, zählt seine Unterschrift nach § 6 Abs. 4 Satz 3 SchwbVWO zu keinem Wahlvorschlag. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO hat der Wahlvorstand, sofern nach Ablauf der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO genannten Frist kein gültiger Wahlvorschlag eingegangen ist, dies sofort in der gleichen Weise bekannt zu machen wie das Wahlausschreiben und eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Wahlvorschlägen zu setzen. Eine umfassende Pflicht, die eingehenden Vorschläge auf ihre Gültigkeit zu überprüfen, besteht danach erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO.

24

b) Die SchwbVWO enthält hinsichtlich etwaiger Prüfungs- und Benachrichtigungspflichten des Wahlvorstands keine planwidrige Regelungslücke, die durch die entsprechende Anwendung von Vorschriften in anderen Wahlordnungen zu schließen wäre. Die Bestimmungen der SchwbVWO stellen ein vollständiges und in sich widerspruchsfreies Regelungswerk dar. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit unzulänglicher Wahlvorschläge übersehen hätte. Dies machen die Regelungen in §§ 6, 7 SchwbVWO deutlich. Der analogen Anwendung von Vorschriften aus anderen Wahlordnungen steht außerdem der formalisierte Charakter derartiger Verfahrensvorschriften entgegen. Durch Wahlordnungen werden dem Wahlvorstand im Interesse der Rechtssicherheit detaillierte Vorgaben für die Durchführung der Wahl gegeben. Aufgabe des Wahlvorstands ist es dementsprechend, die maßgeblichen Verfahrensvorschriften genau zu beachten. Dagegen ist es grundsätzlich nicht seine Sache, das Regelungswerk der einschlägigen Wahlordnung durch von ihm für sinnvoll erachtete weitere Regelungen zu ergänzen. Im Übrigen wäre vorliegend auch nicht zuverlässig feststellbar, welche Vorschrift zur Ausfüllung einer etwa angenommenen Regelungslücke heranzuziehen wäre. Selbst zwischen den insoweit in erster Linie in Betracht kommenden Regelungen in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG und in § 10 Abs. 2 Satz 1 WO BPersVG bestehen nicht unbeträchtliche Unterschiede.

25

c) Eine Pflicht des Wahlvorstands zu einer unverzüglichen umfassenden Prüfung der Wahlvorschläge und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über sämtliche festgestellten Mängel ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht Ausdruck eines allgemeinen, für alle demokratischen Wahlen verbindlichen Rechtsgedankens. Die für politische Wahlen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze einer geheimen, unmittelbaren, freien, allgemeinen und gleichen Wahl, die in bestimmtem, vorliegend nicht näher klärungsbedürftigen Umfang über den Anwendungsbereich von Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG hinaus auch bei der Ausgestaltung der Wahlen von Vertretungsorganen gelten(vgl. etwa BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - zu B II der Gründe, BVerfGE 60, 162; 16. Oktober 1984 - 2 BvL 20/82 -, - 2 BvL 21/82 - zu B I der Gründe, BVerfGE 67, 369; vgl. auch BAG 16. März 2005 - 7 ABR 40/04 - zu B III 3 a aa und bb der Gründe, BAGE 114, 119), erfordern nicht zwingend eine unverzügliche, noch vor dem Ablauf der Einreichungsfrist stattfindende, umfassende Prüfung eingehender Wahlvorschläge durch einen Wahlvorstand. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche Prüfungspflicht zu den elementaren Grundsätzen einer demokratischen Wahl gehören würde.

26

d) Hiernach war der Wahlvorstand entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht verpflichtet, den Beteiligten zu 1) vor dem Ablauf der Einreichungsfrist seine Bedenken hinsichtlich der Form des eingereichten Wahlvorschlags mitzuteilen. Es kommt folglich nicht darauf an, ob der Wahlvorstand durch sein Schreiben vom 14. Dezember 2006 einer Pflicht zur unverzüglichen Information des Beteiligten zu 1) noch genügt hätte.

27

2. Die Rechtsbeschwerde ist trotz der in der Begründung des angefochtenen Beschlusses enthaltenen Rechtsverletzung gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 561 ZPO zurückzuweisen, da sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als richtig erweist. Zwar ist die Wahl entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) - 3) auch nicht deshalb unwirksam, weil der Wahlvorstand die Wahlvorschläge, mit denen der Beteiligte zu 1) vorgeschlagen worden war, zurückgewiesen hat. Bei der Wahl wurde aber gegen die wesentliche Wahlvorschrift in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO verstoßen, da in dem Wahlausschreiben die Voraussetzungen der Wählbarkeit nicht hinreichend genannt waren. Da die Wahlanfechtung bereits aus diesem Grund begründet ist, kommt es auf das Vorliegen weiterer möglicher Verfahrensverstöße nicht an.

28

a) Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) - 3) hat der Wahlvorstand den am 6., 11. und 18. Dezember 2006 jeweils vom Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlag zu Recht zurückgewiesen. Der Wahlvorschlag genügt nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO, da er beim Wahlvorstand nicht rechtzeitig mit den Originalunterschriften der den Vorschlag unterstützenden Wahlberechtigten eingegangen ist. Die Einreichung von Telekopien ist zur Wahrung der durch § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO vorgeschriebenen Form nicht ausreichend.

29

aa) Bei der Wahl der Bezirksschwerbehindertenvertretung können nach § 22 Abs. 1 Sätze 2 und 4, § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO die Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens schriftliche Vorschläge beim Wahlvorstand einreichen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 4, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO muss jeder Wahlvorschlag von einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten, mindestens jedoch von drei Wahlberechtigten unterzeichnet sein; bei weniger als fünf Wahlberechtigten reicht die Unterzeichnung durch einen Wahlberechtigten aus. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 SchwbVWO zählt die Unterschrift nur auf einem Wahlvorschlag. Die Auslegung dieser Bestimmungen ergibt, dass die Stützunterschriften im Original beim Wahlvorstand eingehen müssen und die Einreichung per Telekopie nicht genügt.

30

(1) Da § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO und § 22 Abs. 1 Satz 4 ausdrücklich eine Unterzeichnung und § 6 Abs. 4 Satz 1 SchwbVWO eine Unterschrift verlangen, kann dahinstehen, ob § 126 BGB auf Wahlvorschläge iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO unmittelbar oder entsprechend anwendbar wäre. Die Notwendigkeit der Unterzeichnung des Wahlvorschlags durch die erforderliche Anzahl von Wahlberechtigten folgt vielmehr bereits aus den Bestimmungen der SchwbVWO.

31

(2) Der von den Wahlberechtigten eigenhändig unterzeichnete Wahlvorschlag muss im Original beim Wahlvorstand eingehen. Es reicht nicht aus, wenn dem Wahlvorstand lediglich die Telekopie der Originalunterschriften zugeht. Dies folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck der Formvorschrift.

32

(a) Gesetzgeber und Rechtsprechung haben allerdings in bestimmten Fällen die Übermittlung eines eigenhändig zu unterzeichnenden Dokuments per Telefax als ausreichend anerkannt. So genügt für bestimmende Schriftsätze in einem Zivilprozess gemäß § 130 Nr. 6 ZPO im Falle der Übermittlung durch einen Telefaxdienst(Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie. Für eine durch Computerfax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden, dass in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können (5. April 2000 - GmS-OGB 1/98 - Rn. 9, BGHZ 144, 160; vgl. auch BAG 5. August 2009 - 10 AZR 692/08 - Rn. 21 ff., EzA ZPO 2002 § 130 Nr. 1; BGH 15. Juli 2008 - X ZB 8/08 - Rn. 11, NJW 2008, 2649). Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass Verfahrensvorschriften im Zivilprozess nicht Selbstzweck sind, sondern der Wahrung der materiellen Rechte der Prozessbeteiligten dienen und deshalb die einwandfreie Durchführung des Rechtsstreits unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten sicherstellen und nicht behindern sollen (5. April 2000 - GmS-OGB 1/98 - Rn. 10, aaO).

33

(b) Die Erwägungen, welche es gebieten, bei bestimmenden Schriftsätzen in Zivilprozessen weitreichende Ausnahmen vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift - bis hin zur telefonischen Telegrammaufgabe (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes 5. April 2000 - GmS-OGB 1/98 - Rn. 12 mwN, BGHZ 144, 160)  - zu machen, gelten für das in § 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 4 SchwbVWO normierte Erfordernis der eigenhändigen Stützunterschriften nicht in gleicher Weise. Gesamtumstände und Interessenlage der Beteiligten unterscheiden sich vielmehr ganz erheblich.

34

(aa) Bestimmende Schriftsätze in einem Zivilverfahren stammen in der Regel von nur einem Absender, der durch seine Unterschrift oder deren von der Rechtsprechung zugelassenes Substitut die Verantwortung für den Inhalt und die Richtigkeit des Schriftsatzes übernimmt. Demgegenüber bedarf es für Wahlvorschläge regelmäßig der Stützunterschriften mehrerer Personen. Der Absender eines solchen Wahlvorschlags kann daher meist nicht in gleicher Weise für die Unterzeichnung die Verantwortung übernehmen, wie in den Fällen, in denen er selbst alleiniger Autor des Schriftstücks ist. Dies wird besonders deutlich bei einem sogenannten Kettenfax, bei dem ein mit einer oder mehreren Unterschriften versehenes Schriftstück an einen Adressaten gefaxt, von diesem mit einer weiteren Unterschrift versehen und sodann erneut weitergefaxt wird. Bei dieser Art der Herstellung des letztlich an den Wahlvorstand per Fax übersandten Wahlvorschlags entsteht weder ein von allen Unterstützern im Original unterzeichnetes Schriftstück, noch kann der Listenvertreter, der den Wahlvorschlag beim Wahlvorstand einreicht, selbst zuverlässig überprüfen, ob die ihm per Fax zu geleiten Telekopien von Unterschriften auf Originalunterschriften beruhen, und hierfür gegenüber dem Wahlvorstand die Verantwortung übernehmen. Auch der Wahlvorstand hat nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob dem einreichenden Listenführer sämtliche Originalunterschriften vorliegen oder ob dieser ebenfalls nur über Telekopien verfügt.

35

(bb) Durch die per Kettenfax erfolgende Herstellung eines Wahlvorschlags wird das Fälschungsrisiko erheblich erhöht. Anders als regelmäßig bei einem bestimmenden Schriftsatz in einem Zivilverfahren ist bei einem Wahlvorschlag ein Interesse an der Fälschung von Stützunterschriften nicht völlig fernliegend. Die einen bestimmenden Schriftsatz einreichende Anwaltskanzlei wird kaum ein Interesse daran haben, die Unterschrift eines Rechtsanwalts durch Herstellung einer Telekopie zu fälschen. Bei Wahlen ist dagegen die Gefahr, dass auf diesem Wege rechtzeitig eine etwa noch fehlende Stützunterschrift hergestellt wird, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Um ein solches Fälschungsrisiko so weit wie möglich auszuschließen, muss daher der Wahlvorstand die Echtheit der Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag anhand der Originalunterschriften prüfen können.

36

(c) Durch das Erfordernis der Einreichung eines mit Originalunterschriften gestützten Wahlvorschlags beim Wahlvorstand wird die Beteiligung an der Wahl auch bei räumlich weit auseinanderliegenden Dienststellen nicht derart erschwert, dass die Chancengleichheit von Beschäftigten in kleinen Einheiten bei der Aufstellung eines Wahlvorschlags beeinträchtigt wäre. Die Stützunterschriften müssen sich nicht alle auf demselben Blatt befinden. Vielmehr genügt es, wenn die Bewerberliste und die Stützunterschriften eine einheitliche Urkunde bilden und sichergestellt ist, dass sich die Unterschriften auf den betreffenden Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Wie der Senat zu dem in § 14 Abs. 4 BetrVG geregelten Erfordernis der Unterzeichnung eines Wahlvorschlags durch eine bestimmte Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer entschieden hat, setzt dies nicht einmal voraus, dass bei einem aus mehreren Blättern bestehenden Wahlvorschlag die einzelnen Blätter körperlich fest miteinander verbunden sind. Die Einheitlichkeit der Urkunde kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen ergeben, wie zB aus der Angabe des Kennworts auf den einzelnen Blättern der Vorschlagsliste (BAG 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 115, 34). Daher kann ein wirksamer Wahlvorschlag auch auf mehreren Blättern erstellt werden, die nicht sämtlich zur Unterzeichnung in den verschiedenen Dienststellen vorgelegt werden müssen, sondern - versehen mit einem gemeinsamen Kennwort - gesondert in den Dienststellen gefertigt und sodann beim Listenvertreter zur Einreichung beim Wahlvorstand zusammengeführt werden können.

37

bb)Hiernach hat der Wahlvorstand den am 6., 11. und 18. Dezember 2006 jeweils vom Beteiligten zu 1) eingereichten Wahlvorschlag zu Recht als formunwirksam erachtet und nicht zur Wahl zugelassen.

38

b) Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich gleichwohl im Ergebnis als richtig, weil die angefochtene Wahl aus anderen Gründen unwirksam ist. Bei der Wahl wurde gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren iSv. § 25 BPersVG verstoßen. Das Wahlausschreiben genügt nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO. In ihm waren die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht hinreichend bezeichnet. Es fehlt an dem erforderlichen Hinweis der Wählbarkeit der Soldaten und Soldatinnen. Dieser Verstoß konnte das Wahlergebnis beeinflussen.

39

aa) Das Wahlausschreiben genügt nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO.

40

(1) Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO muss das Wahlausschreiben die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Schwerbehindertenvertretung enthalten. Bei der „Muss“-Bestimmung, die sich in anderen Wahlordnungen, wie etwa der Wahlordnung zum BetrVG oder der Wahlordnung zum BPersVG so nicht findet, handelt es sich um eine für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren. Nach ihr müssen die wahlberechtigten und wählbaren Personen anhand des Wahlausschreibens zuverlässig erkennen können, wer bei der Wahl wählbar ist. Die entsprechende Kenntnis ist von Bedeutung für die Beurteilung, wer als Wahlbewerber in Betracht kommt und vorgeschlagen werden kann. Diese Beurteilung ist gerade bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung, bei der sich die Voraussetzungen von Wahlberechtigung (§ 94 Abs. 2 SGB IX) und Wählbarkeit (§ 94 Abs. 3 und 4 SGB IX) erheblich unterscheiden, nicht einfach. Um den Erfordernissen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO zu genügen, muss das Wahlausschreiben für die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung zunächst die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 94 Abs. 3 SGB IX beschreiben. Bei Dienststellen der Bundeswehr, bei denen eine Vertretung der Soldaten nach dem BPersVG zu wählen ist, muss das Wahlausschreiben darüber hinaus den Hinweis enthalten, dass auch Soldaten und Soldatinnen wählbar sind. Deren Wählbarkeit folgt aus § 94 Abs. 4 SGB IX. Nach § 49 Abs. 1 SBG wählen Soldaten eine Personalvertretung, sofern es sich um eine andere als die in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen handelt(vgl. BVerwG 8. Oktober 2007 - 6 P 2/07 - zu II 3 a der Gründe, ZfPR 2008, 66). Zu den in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen gehört das Sanitätsführungskommando nicht. Daher sind dort gemäß § 97 Abs. 7, § 94 Abs. 4 SGB IX auch Soldaten und Soldatinnen zur Bezirksschwerbehindertenvertretung wählbar. Hierauf muss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO im Wahlausschreiben hingewiesen werden.

41

(2) Hiernach genügt das vorliegende Wahlausschreiben nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO. Zwar nennt es in seiner Ziffer 2 die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 94 Abs. 3 SGB IX. Es fehlt jedoch an dem erforderlichen Hinweis, dass nach § 94 Abs. 4 SGB IX auch die Soldaten und Soldatinnen wählbar sind.

42

bb) Durch den Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO konnte das Wahlergebnis beeinflusst werden.

43

(1) Nach § 25 BPersVG iVm. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtung ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend dasselbe Wahlergebnis zustande gekommen wäre (BAG 24. Mai 2006 - 7 ABR 40/05 - Rn. 30 mwN, EzA SGB IX § 97 Nr. 1).

44

(2) Vorliegend war der fehlende Hinweis auf die Wählbarkeit von Soldaten und Soldatinnen geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Er kann dazu geführt haben, dass sich Soldaten oder Soldatinnen nicht als Wahlbewerber zur Verfügung gestellt haben oder hierzu nicht aufgefordert worden sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Runderlass des Bundesverteidigungsministeriums vom 23. Mai 2006, in dem Ausführungen zum passiven Wahlrecht abkommandierter Soldaten enthalten sind, in den Dienststellen des Sanitätsführungskommandos bekannt gemacht war. Für die wahlberechtigten und wählbaren Personen im Sanitätsführungskommando ist hinsichtlich der Wählbarkeit zur Bezirksschwerbehindertenvertretung nicht die Beurteilung der Dienststellenleitung sondern diejenige des Wahlvorstands maßgeblich. Im Übrigen bezogen sich die einschlägigen Ausführungen in dem Runderlass ohnehin nur auf das aus § 94 Abs. 3 SGB IX abgeleitete passive Wahlrecht „abkommandierter“ Soldaten, nicht dagegen auf die Wählbarkeit nach § 94 Abs. 4 SGB IX.

45

c) Da die Wahl bereits wegen des Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchwbVWO unwirksam ist, kommt es auf das Vorliegen weiterer Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften und deren mögliche Ursächlichkeit für das Wahlergebnis nicht mehr an. Ernsthaft in Betracht kommen - wegen des Erlassdatums „01.12.2006“ sowie des in Ziffer 3 des Wahlausschreibens für die Einlegung von Einsprüchen und die in Ziffer 6 für die Einreichung von Wahlvorschlägen bis zum „18.12.2006“ gesetzte Frist - insbesondere Verstöße gegen § 5 Abs. 2 SchwbVWO und gegen § 5 Abs. 1 Nr. 9 SchwbVWO sowie - wegen der fehlenden Angaben in Ziffer 4 des Wahlausschreibens - Verstöße gegen § 5 Abs. 1 Nr. 4 SchwbVWO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Schuh    

                 

Bei der Durchführung der Aufgaben dieses Teils beschäftigen die Träger der Eingliederungshilfe eine dem Bedarf entsprechende Anzahl an Fachkräften aus unterschiedlichen Fachdisziplinen. Diese sollen

1.
eine ihren Aufgaben entsprechende Ausbildung erhalten haben und insbesondere über umfassende Kenntnisse
a)
des Sozial- und Verwaltungsrechts,
b)
über Personen, die leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 sind, oder
c)
von Teilhabebedarfen und Teilhabebarrieren
verfügen,
2.
umfassende Kenntnisse über den regionalen Sozialraum und seine Möglichkeiten zur Durchführung von Leistungen der Eingliederungshilfe haben sowie
3.
die Fähigkeit zur Kommunikation mit allen Beteiligten haben.
Soweit Mitarbeiter der Leistungsträger nicht oder nur zum Teil die Voraussetzungen erfüllen, ist ihnen Gelegenheit zur Fortbildung und zum Austausch mit Menschen mit Behinderungen zu geben. Die fachliche Fortbildung der Fachkräfte, die insbesondere die Durchführung der Aufgaben nach den §§ 106 und 117 umfasst, ist zu gewährleisten.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1. bis 3. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. März 2011 - 13 TaBV 98/10 - aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 3. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 28. September 2010 - 1 BV 16/10 - teilweise abgeändert:

Die vom 8. bis 11. März 2010 durchgeführte Betriebsratswahl wird für unwirksam erklärt.

Gründe

1

A. Soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse, betreiben die drei Antragsteller die Anfechtung der Wahl des zu 4. beteiligten 15-köpfigen Betriebsrats. Die Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin, eines Stahlunternehmens. Diese unterhält in Kr zwei Werke, in denen der Betriebsrat in der Zeit vom 8. bis 11. März 2010 gewählt wurde.

2

Der für die Betriebsratswahl gebildete Wahlvorstand leitete die Wahl mit einem Wahlausschreiben ein, das am 11. Januar 2010 ausgehängt wurde. Darin war die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlagslisten auf den 25. Januar 2010, 15.30 Uhr, festgesetzt. Am letzten Tag dieser Frist um 13.15 Uhr überreichte der Antragsteller zu 1. K als Listenvertreter einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit“. Der damalige und jetzige Betriebsratsvorsitzende O hatte bereits am 19. Januar 2010 einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Kompetenz für Gute Arbeit und Sicherheit“ eingereicht. Auf den Seiten für die Bewerber und die Stützunterschriften war als Kennwort „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit und Sicherheit“ aufgeführt. Ua. kandidierten auf dieser Liste der damalige Betriebsratsvorsitzende O und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende G. Beide waren freigestellt. Unter der Rubrik „Beschäftigung im Betrieb“ waren für den Bewerber O „Angestellter/Logistik EI“ und für den Bewerber G „Arbeiter/Zurichtung EI“ angegeben.

3

Am 25. Januar 2010 um 15.45 Uhr trat der Wahlvorstand zu einer Sitzung zusammen. Daran nahm auch der Antragsteller zu 1. teil. Der Wahlvorstand beschloss, das Listenkennwort der Liste „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit“ wegen erheblicher Verwechslungsgefahr zu beanstanden. Sowohl der Listenvertreter K als auch der Listenvertreter O sollten aufgefordert werden, dem Wahlvorstand einen Nachweis der IG Metall Frankfurt vorzulegen, dass der jeweilige Listenvertreter berechtigt ist, den Kennwortbestandteil „IG Metall“ zu verwenden. Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 forderte der Wahlvorstand die beiden Listenvertreter auf, „innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen einen Nachweis der IG Metall Frankfurt darüber vorzulegen, dass diese hinter der von ihnen eingereichten Wahlvorschlagsliste steht und somit die Bezeichnung ‚IG Metall’ als Bestandteil des Kennwortes verwendet werden darf“. Der Listenvertreter O legte daraufhin dem Wahlvorstand einen Nachweis der IG-Metall-Verwaltungsstelle S vor, wonach am 20. Januar 2010 durch die Ortsverwaltung festgelegt wurde, dass sie hinter dessen Liste „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit und Sicherheit“ steht. Der Listenvertreter K reagierte nicht. Daraufhin fasste der Wahlvorstand am 1. Februar 2010 den Beschluss, die Vorschlagsliste des Listenvertreters K von der Betriebsratswahl auszuschließen.

4

Das Ergebnis der Betriebsratswahl wurde am 19. März 2010 im Betrieb ausgehängt.

5

Mit am 1. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller die Wahl angefochten und die Anordnung von Neuwahlen begehrt. Sie haben insbesondere geltend gemacht, ihre Liste sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. Eine Verwechslungsgefahr habe nicht bestanden. Das „IG“ im Kennwort ihrer Liste habe für „Interessengemeinschaft“ gestanden. Der Wahlvorstand sei allenfalls berechtigt gewesen, ihre Liste mit den Familien- und Vornamen der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Personen zu bezeichnen. Ferner sei der Wahlvorstand seiner Pflicht zur unverzüglichen Prüfung und Beanstandung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG nicht nachgekommen. Er habe auch dem Listenvertreter weder das Original der Vorschlagsliste noch Kopien ausgehändigt, so dass es diesem nicht möglich gewesen sei, das Kennwort zu ändern. Zudem habe auch der Listenvertreter O nur einen Nachweis der IG-Metall-Verwaltungsstelle S, nicht aber die Bestätigung des Vorstands der IG Metall in Frankfurt am Main vorgelegt, wonach die IG Metall diese Liste unterstütze. Außerdem seien auf dem Wahlvorschlag des Listenführers O die Angaben zur „Beschäftigung im Betrieb“ bezüglich der Bewerber O und G irreführend, weil diese seit Jahren von der Arbeit freigestellt seien.

6

Die Antragsteller haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 8. bis 11. März 2010 für unwirksam zu erklären.

7

Der Betriebsrat hat beantragt, diesen Antrag abzuweisen.

8

Er hat die Auffassung vertreten, ein Anfechtungsgrund liege nicht vor.

9

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller den Wahlanfechtungsantrag weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

10

B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Vorinstanzen haben den Wahlanfechtungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

11

I. Nach § 19 BetrVG können ua. mindestens drei Wahlberechtigte binnen einer Frist von zwei Wochen vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet beim Arbeitsgericht die Wahl anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

12

II. Danach liegen die Voraussetzungen einer erfolgreichen Wahlanfechtung hier vor.

13

1. Die formellen Voraussetzungen der Regelung sind eingehalten.

14

a) Die drei Antragsteller sind als wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin anfechtungsberechtigt.

15

b) Die Zweiwochenfrist ist eingehalten. Das endgültige Wahlergebnis wurde durch Aushang am 19. März 2010 bekannt gemacht. Die Antragsschrift ist am 1. April 2010 und damit innerhalb der Frist beim Arbeitsgericht eingegangen.

16

2. Auch die materiellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung liegen vor. Der Wahlvorstand hat dadurch gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen, dass er die vom Antragsteller zu 1. eingereichte Liste von der Wahl ausgeschlossen hat anstatt lediglich an Stelle des unzulässigen Kennworts „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit“ nach Streichung des Kennworts die Liste mit Familienname und Vorname der beiden in der Liste an erster Stelle Benannten zu bezeichnen. Durch diesen Verstoß konnte das Wahlergebnis auch beeinflusst werden. Daher kann dahinstehen, ob der Wahlvorstand auch seine Pflicht zur unverzüglichen Prüfung des vom Antragsteller zu 1. eingereichten Wahlvorschlags verletzt hat und ob hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte.

17

a) Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht allerdings angenommen, dass der Wahlvorstand die Zulässigkeit der Kennworte auf den eingereichten Vorschlagslisten prüfen durfte und die Verwendung der Bezeichnung „IG Metall“ im Kennwort der durch den Vertreter K eingereichten Vorschlagsliste unzulässig war.

18

aa) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG hat der Wahlvorstand eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Dabei erstreckt sich die Prüfpflicht des Wahlvorstands auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen, und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25).

19

bb) § 8 Abs. 1 und Abs. 2 WO BetrVG bezeichnet mögliche Gründe für die Ungültigkeit einer Vorschlagsliste. Die Unzulässigkeit eines Kennworts ist darin nicht erwähnt. Allerdings folgt aus § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG, dass der Wahlvorstand zumindest das Vorhandensein eines Kennworts auf dem Wahlvorschlag zu prüfen hat. Nach dieser Bestimmung hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten, wenn die Liste nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen. Bei der Prüfung des Vorhandenseins eines Kennworts kann der Wahlvorstand auch dessen Zulässigkeit prüfen.

20

cc) Nach zutreffender allgemeiner Auffassung können Kennworte auf Vorschlagslisten unzulässig sein (vgl. BVerwG 13. Mai 1966 - VII P 5.65 -; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 4 bis 6; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 6 f.; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2). Daran ist insbesondere zu denken, wenn Kennworte strafbaren, diskriminierenden, beleidigenden oder irreführenden Charakter haben. Auch darf durch Kennwörter keine Verwechslungsgefahr zwischen mehreren Vorschlagslisten eintreten. Der Streitfall verlangt keine umfassende Beurteilung, in welchen Fällen ein Kennwort auf einer Vorschlagsliste als unzulässig zu erachten ist.

21

dd) Vorliegend ist das Landesarbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht von der Unzulässigkeit des Kennworts auf der Liste des Antragstellers zu 1. ausgegangen.

22

(1) Es spricht bereits sehr viel dafür, dass das Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit“ auf der Liste des Antragstellers zu 1. offenkundig grob irreführend und bereits aus diesem Grunde unzulässig war. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde hierdurch der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, die Liste werde durch die Industriegewerkschaft Metall unterstützt. Das Vorbringen der Antragsteller, „IG“ habe für „Interessengemeinschaft“ gestanden, erscheint bei lebensnaher Betrachtung abwegig. In einem Stahlbetrieb wird - jedenfalls bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte - unter „IG Metall“ die Industriegewerkschaft Metall verstanden. Es kann dies hier jedoch letztlich dahinstehen.

23

(2) Das Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit“ auf der Liste des Antragstellers zu 1. war jedenfalls deshalb unzulässig, weil es sich bei der Liste offenkundig nicht um einen Vorschlag der Gewerkschaft handelte.

24

(a) Nach § 14 Abs. 3 BetrVG können zur Wahl des Betriebsrats sowohl die wahlberechtigten Arbeitnehmer als auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Das BetrVG unterscheidet damit ausdrücklich zwischen Wahlvorschlägen der Arbeitnehmer und gewerkschaftlichen Wahlvorschlägen. Das zeigt sich auch an den unterschiedlichen Voraussetzungen, die das Gesetz in § 14 Abs. 4 und Abs. 5 BetrVG hinsichtlich der Anzahl und Eigenschaft der Unterzeichner vorsieht. Während nach § 14 Abs. 4 BetrVG die Unterzeichnung durch eine bestimmte Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer erforderlich ist, muss nach § 14 Abs. 5 BetrVG der Wahlvorschlag einer Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein. Das Gesetz legt damit fest, wann ein gewerkschaftlicher Wahlvorschlag vorliegt. Hieraus folgt zugleich, dass nur ein solcher Vorschlag durch sein Kennwort als gewerkschaftlicher Vorschlag ausgewiesen werden darf (Boemke Die Betriebsratswahl Rn. 293; ebenso wohl: Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; VG Stuttgart 26. September 2005 - PL 21 K 8/05 -; aA VGH Baden-Württemberg 12. April 2007 - PL 15 S 940/05 -; LAG Berlin 14. Mai 2003 - 15 TaBV 2341/02 - zu II 2.2.4 der Gründe; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 4; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 7). Nur so können rechtssicher Streitigkeiten darüber vermieden werden, unter welchen Voraussetzungen sich ein Wahlvorschlag durch sein Kennwort als „gewerkschaftlicher“ bezeichnen darf. Das schließt allerdings nicht aus, dass auf einem Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 5 BetrVG zusätzlich Stützunterschriften wahlberechtigter Arbeitnehmer gesammelt werden, etwa um zu verdeutlichen, dass es sich auch um einen aus der Belegschaft unterstützten Wahlvorschlag handelt.

25

(b) Vorliegend war der vom Antragsteller zu 1. eingereichte Vorschlag kein Vorschlag einer Gewerkschaft iSv. § 14 Abs. 5 BetrVG. Schon deshalb war das Kennwort „IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit“ unzulässig.

26

b) Entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts durfte der Wahlvorstand aber den vom Antragsteller zu 1. eingereichten Vorschlag nicht wegen der Unzulässigkeit des Kennworts insgesamt zurückweisen. Er hätte vielmehr das Kennwort streichen und die Liste stattdessen mit dem Familien- und Vornamen der beiden ersten in der Liste Benannten bezeichnen müssen.

27

aa) Der Wahlvorstand darf im Falle eines unzulässigen Kennworts einen Wahlvorschlag nicht insgesamt zurückweisen, sondern darf nur das Kennwort streichen.

28

(1) Das BetrVG regelt nicht ausdrücklich, wie ein Wahlvorstand zu verfahren hat, wenn eine eingereichte Vorschlagsliste ein unzulässiges Kennwort enthält. Insbesondere bezeichnet es einen solchen Sachverhalt weder als einen nach § 8 Abs. 1 WO BetrVG unheilbaren noch als einen nach § 8 Abs. 2 WO BetrVG heilbaren Mangel. Auch wenn die Aufzählung in dieser Bestimmung nicht abschließend sein dürfte (vgl. DKKW-Homburg 13. Aufl. § 8 WO 2001 Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 8 WO Rn. 1; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 8 WO 2001 Rn. 4; wie zum Personalvertretungsrecht: BVerwG 27. Mai 1960 - VII P 13.59 - BVerwGE 10, 344; OVG Münster 27. Oktober 1958 - VB 569/58 - zu 1 der Gründe), spricht bereits dieser Umstand dafür, an die Unzulässigkeit des Kennworts nicht die weitreichende Rechtsfolge der Ungültigkeit des Wahlvorschlags zu knüpfen. Das gilt vor allem auch deshalb, weil ein Kennwort ein zwar möglicher, aber keineswegs ein notwendiger Bestandteil eines Wahlvorschlags ist. Vielmehr kann, wie sich ohne Weiteres aus § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG ergibt, eine Vorschlagsliste auch ohne Kennwort eingereicht werden. Fehlt eine Kennzeichnung, so ist die Liste vom Wahlvorstand nach § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG mit Namen und Vornamen der beiden in ihr an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen. Es drängt sich auf, diese Regelung jedenfalls entsprechend anzuwenden, wenn eine Vorschlagsliste zwar mit einem Kennwort versehen ist, dieses aber nicht verwendungsfähig ist. Ein unzulässiges Kennwort ist danach zu behandeln wie ein fehlendes Kennwort (im Ergebnis ebenso Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 6; aA LAG Berlin 14. Mai 2003 - 15 TaBV 2341/02 - zu II 2.2.4 der Gründe; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 10; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2 und Rn. 5). Dass eine Zurückweisung des gesamten Wahlvorschlags nicht sachgerecht ist, wird besonders deutlich in Fällen, in denen identische Kennworte auf verschiedenen Listen wegen der Verwechslungsgefahr nicht verwendbar sind, ohne dass die Einreicher der Listen hieran ein Verschulden träfe. Aber auch in Fällen, in denen dem Einreicher der Liste die Verwendung eines unzulässigen Kennworts vorwerfbar ist, ist die Streichung des Kennworts gegenüber der vollständigen Zurückweisung des Wahlvorschlags die angemessene, da mildere Sanktion.

29

(2) Eine andere Beurteilung ist auch nicht etwa in den Fällen geboten, in denen sich ein irreführendes Kennwort möglicherweise bereits bei der Sammlung von Stützunterschriften ausgewirkt hat.

30

(a) Allerdings gehört die freie Willensentscheidung der einen Wahlvorschlag bei einer Betriebsratswahl unterzeichnenden Wahlberechtigten zu den in einem demokratischen Rechtsstaat geltenden Wahlgrundsätzen (vgl. BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480). Auch ist im Falle eines irreführenden Kennworts nicht auszuschließen, dass Arbeitnehmer eine Vorschlagsliste auch oder gar gerade wegen des Kennworts unterzeichnet haben. Dies gilt ebenso, wenn eine Liste als Gewerkschaftsliste ausgegeben wird, obwohl die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. LAG Berlin 14. Mai 2003 - 15 TaBV 2341/02 -; DKKW-Homburg 13. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 4; Fitting 26. Aufl. § 7 WO 2001 Rn. 2; Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 WO Rn. 7). Mit einer solchen Liste verbindet sich bei Betriebsratswahlen die Vorstellung, dass die Bewerber sich von den Gedanken und Anschauungen der Organisation bei ihrer Arbeit im Betrieb leiten lassen werden (OVG Münster 27. Oktober 1958 - VB 569/58 - zu 1 b aa der Gründe, für das Personalvertretungsrecht). Außerdem entsteht bei den Wahlberechtigten die Vorstellung, dass die Gewerkschaft die auf der Liste gewählten Betriebsratsmitglieder bei ihrer Betriebsratsarbeit unterstützen wird (VGH Baden-Württemberg 12. April 2007 - PL 15 S 940/05 - zum Landespersonalvertretungsrecht).

31

(b) Gleichwohl ist der Wahlvorstand nicht berechtigt, aufgrund derartiger Erwägungen eine Liste von der Wahl auszuschließen. Er kann das irreführende Kennwort streichen, um eine Täuschung der Wähler bei der Wahl zu vermeiden. Eine etwaige Täuschung der Unterstützer einer Vorschlagsliste durch die Listenführer mag, sofern sie festgestellt wird, möglicherweise die spätere Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG nach sich ziehen. Eine solche festzustellen, ist aber im Falle ihrer Anrufung Sache der Arbeitsgerichte und nicht „im Vorgriff“ Sache des Wahlvorstands. Dieser hat nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Wahl unverzüglich einzuleiten, sie durchzuführen und das Wahlergebnis festzustellen. Ihm obliegt nach § 1 Abs. 1 WO BetrVG die „Leitung der Wahl“. Hieraus wird deutlich, dass der Wahlvorstand im Wesentlichen organisatorische Aufgaben hat. Dazu gehört nicht die Prüfung, ob durch ein Kennwort möglicherweise bereits die Unterstützer des Wahlvorschlags getäuscht und zur Unterschrift veranlasst worden sind.

32

bb) Hiernach durfte der Wahlvorstand die Vorschlagsliste des Antragstellers zu 1. nicht zurückweisen. Die unzulässige Zurückweisung war geeignet, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen. Es kam daher nicht mehr darauf an, ob der Wahlvorstand gegen seine Pflicht nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG zur unverzüglichen Prüfung verstoßen hat(vgl. dazu BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25) und ob hierdurch das Wahlergebnis iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG beeinflusst werden konnte. Auch auf die weiteren von den Antragstellern behaupteten Verstöße kam es nicht an.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Zwanziger    

       

        

        

    Coulin    

        

    M. Zwisler    

                 

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juli 2011 - 13 TaBV 26/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die - ursprünglich 36 und nunmehr noch - 21 Antragsteller machen als wahlberechtigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der zu 27. beteiligten Arbeitgeberin die Unwirksamkeit einer im März 2010 durchgeführten Wahl geltend, aus der der zu 26. beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die Arbeitgeberin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen. In ihrem Betrieb in I mit 119 Arbeitnehmern wurde am 23. März 2010 ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt. Für die Wahl waren zwei Wahlvorschläge (Vorschlagslisten) - beide unter Nutzung eines „Formulars 115b“ - eingereicht worden. In einem Wahlvorschlag mit den Daten „Kennwort I“ und „ListenvertreterIn L“ sind unter der Überschrift „Liste zur Erfassung der Wahlvorschläge“ unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung sowie Geschlecht 14 Bewerberinnen und Bewerber aufgelistet, die jeweils in einem Formularfeld „Schriftliche Zustimmung der BewerberInnen zur Aufnahme in die Liste“ unterschrieben haben. Diese Vorschlagsliste haben unter den Bezeichnungen „Kennwort I“ und „Unterstützungsunterschriften für Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ sieben Arbeitnehmer unter Angaben zu ihren Vor- und Familiennamen, zu der „Art der Beschäftigung im Betrieb“ und der „Abteilung“ unterzeichnet. Der andere Wahlvorschlag lautet:

Abbildung
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3

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde für diesen Wahlvorschlag (künftig: Wahlvorschlag/Vorschlagsliste B) „eine Liste mit fünf ‚Unterstützungsunterschriften’ eingereicht“. In dem mit der Überschrift „Schriftliche Zustimmung der BewerberInnen zur Aufnahme in die Liste“ bezeichneten Formularfeld hat der Wahlkandidat M unterschrieben.

4

Mit am 7. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller die Wahl angefochten. Sie haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Vorschlagsliste B sei vom Wahlvorstand zu Unrecht als gültig angesehen worden. Sie weise nur fünf Stützunterschriften auf und erreiche damit nicht das nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG erforderliche Quorum an Stützunterschriften von einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Die Unterschrift des Wahlbewerbers M könne nicht als Stützunterschrift für den Wahlvorschlag „mitgezählt“ werden.

5

Die Antragsteller haben beantragt,

die Betriebsratswahl vom 23. März 2010 für unwirksam zu erklären.

6

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, bei der Vorschlagsliste B sei die Unterschrift des Wahlbewerbers M entsprechend dem Hinweis am Ende des „Formulars 115b“ zugleich als Stützunterschrift zu werten.

7

Das Arbeitsgericht hat den Antrag, mit dem die Antragsteller ursprünglich auch noch andere Verstöße und Fehler im Wahlverfahren beanstandet haben, nach Beweisaufnahme über das Heften beider Wahlvorschläge mit den jeweiligen Stützunterschriftslisten abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Antragsteller, mit der diese nur noch die Ungültigkeit des Wahlvorschlags B wegen der nicht ausreichenden Zahl sie unterzeichnender Arbeitnehmer geltend gemacht haben, zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller den Wahlanfechtungsantrag weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

8

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde der Antragsteller gegen den ihren Wahlanfechtungsantrag abweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die im Betrieb der Arbeitgeberin im März 2010 durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam.

9

I. Die förmlichen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt. Die Antragsteller sind als Wahlberechtigte nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie haben die Wahl des am 23. März 2010 gewählten Betriebsrats mit ihrer am 7. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten.

10

II. Der Antrag ist unbegründet. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

11

1. Entgegen der Auffassung der Antragsteller wurde bei der Betriebsratswahl nicht gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (Wahlordnung - WO -) iVm. § 14 Abs. 4 BetrVG verstoßen. Der Wahlvorstand hat die Vorschlagsliste B zu Recht nicht beanstandet. Diese ist nicht ungültig.

12

a) Im Hinblick auf die Anzahl der im Betrieb der Arbeitgeberin tätigen 119 Arbeitnehmer war ein aus sieben Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen. Sind mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen, erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 WO).

13

b) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Dabei erstreckt sich die Prüfpflicht des Wahlvorstands auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen, und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 ABR 40/11 - Rn. 18 mwN). § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“(vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 28). Hiergegen hat der Wahlvorstand im Streitfall nicht verstoßen. Er ist seiner Prüfpflicht nachgekommen und hat die Vorschlagsliste B zu Recht als gültig angesehen.

14

aa) Eine Ungültigkeit der Vorschlagsliste B folgt nicht aus dem Umstand, dass sie nur einen Wahlbewerber aufweist. Zwar soll nach § 6 Abs. 2 WO jede Vorschlagsliste mindestens doppelt so viele Bewerberinnen oder Bewerber aufweisen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Diese Vorschrift ist aber eine bloße Ordnungsvorschrift. Ihre Nichtbeachtung führt nicht zur Ungültigkeit der Vorschlagsliste (vgl. BAG 10. Dezember 2012 - 7 ABR 53/11 - Rn. 28). Selbst wenn bei der Wahl eines mehrköpfigen Betriebsrats nur ein einziger Bewerber oder eine einzige Bewerberin genannt ist, führt dies nicht zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags (vgl. bereits BAG 29. Juni 1965 - 1 ABR 2/65 - BAGE 17, 223 [zu § 6 Abs. 3 der bis 30. Juni 2004 geltenden WO]).

15

bb) Die Liste B ist auch nicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ungültig.

16

(1) Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ist eine Vorschlagsliste ungültig, wenn sie bei ihrer Einreichung nicht die nach § 14 Abs. 4 BetrVG erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweist.

17

(a) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG muss jeder Wahlvorschlag von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer - wenigstens jedoch von drei Wahlberechtigten - unterzeichnet sein (sog. Stützunterschriften). In Betrieben mit in der Regel bis zu zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern genügt die Unterzeichnung durch zwei Wahlberechtigte (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 BetrVG). Nach § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG genügt in jedem Fall die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Das „Unterzeichnet-Sein“ jedes Wahlvorschlags nach § 14 Abs. 4 BetrVG legt eine formelle Anforderung fest(vgl. hierzu [zu den vergleichbaren Vorschriften nach § 22 Abs. 1 Satz 4, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO] BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 30 ff., BAGE 133, 114).

18

(b) § 14 Abs. 4 BetrVG regelt das Erfordernis der Unterzeichnung von „wahlberechtigten Arbeitnehmern“(vgl. § 7 BetrVG). Auch Wahlbewerber können daher den Wahlvorschlag, auf dem sie selbst als Kandidaten benannt sind, iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG unterzeichnen und damit stützen(vgl. bereits - zu der mit § 14 Abs. 4 BetrVG vergleichbaren Vorschrift des § 13 Abs. 4 BetrVG 1952 - BAG 12. Februar 1960 - 1 ABR 13/59 - zu II 5 der Gründe).

19

(2) Hiervon ausgehend entspricht der Wahlvorschlag B den Anforderungen des § 14 Abs. 4 BetrVG und ist damit nicht ungültig.

20

(a) Da im Betrieb der Arbeitgeberin in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, musste der Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer unterzeichnet sein, bei einer Gesamtzahl von 119 wahlberechtigten Arbeitnehmern also von rechnerischen 5,95 Arbeitnehmern. Der Wahlvorschlag B bedurfte demnach der Unterzeichnung von mindestens sechs wahlberechtigten Arbeitnehmern (zur Aufrundung von Bruchteilen bei der Feststellung des Mindestquorums vgl. Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 14 Rn. 59 mit Hinweis auf § 8 Abs. 3 Satz 2 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz).

21

(b) Der Wahlvorschlag B wurde nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) von fünf Arbeitnehmern unterzeichnet. Jedenfalls in der Konstellation des vorliegenden Streitfalls ist darüber hinaus die Unterschrift des Wahlbewerbers M auf der Vorschlagsliste zugleich eine Stützunterschrift, so dass das notwendige Quorum von sechs den Wahlvorschlag unterzeichnenden wahlberechtigten Arbeitnehmern erreicht ist. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

22

(aa) Der Erklärungswert der Unterzeichnung durch den Arbeitnehmer M erschließt sich zunächst durch die formularmäßige Bezeichnung des Unterschriftsfeldes als „Schriftliche Zustimmung der BerweberInnen zur Aufnahme in die Liste“. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO ist die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen oder der Bewerber zur Aufnahme in die Liste beizufügen. Es bedarf insoweit keiner „gesonderten“ Zustimmungserklärung; diese kann vielmehr - mittels Unterschrift der Wahlbewerberin oder des Wahlbewerbers - auch „auf“ der Vorschlagsliste abgegeben werden (vgl. hierzu zB DKKW-Homburg 13. Aufl. § 6 WO 2001 Rn. 30 mwN).

23

(bb) Mit seiner Unterzeichnung auf der Liste hat der Wahlbewerber M aber ebenso zum Ausdruck gebracht, die Vorschlagsliste B stützen zu wollen. Seine Unterschrift ist daher zugleich eine Stützunterschrift iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG.

24

(aaa) In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob es im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ggf. sogar geboten sein könnte, die schriftliche Zustimmung eines Wahlbewerbers zur Aufnahme in eine Liste nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO immer auch als Unterzeichnung des Wahlvorschlags iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG anzusehen. Immerhin führt das Erfordernis einer bestimmten Zahl von Unterschriften für die Einreichung von Wahlvorschlägen nach § 14 Abs. 4 BetrVG zu einer Beschränkung der Gleichheit des Wahlvorschlagsrechts(vgl. [zum Ein-Zehntel-Unterschriftenquorum für Wahlvorschläge im Zusammenhang mit der Wahl der Personalvertretung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 des Bremischen Personalvertretungsgesetzes vom 5. März 1974] BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - BVerfGE 60, 162). Das Unterschriftenquorum hat die Nichtberücksichtigung der Wahlvorschläge aller derjenigen zur Folge, die nicht die erforderliche Unterschriftenzahl aufgebracht haben. In dieser Einschränkung der Möglichkeit der Teilnahme an Wahlen liegt eine Ungleichbehandlung. Sie ist sachlich gerechtfertigt, wenn und soweit sie dazu dient, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, dadurch das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimmen zu sichern und so indirekt der Gefahr der Stimmenzersplitterung vorzubeugen. Die Zahl der Unterschriften darf dabei aber nur so hoch festgesetzt werden, wie es für die Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist. Sie darf der Wählerentscheidung möglichst wenig vorgreifen und nicht so gefasst sein, dass einem Bewerber die Teilnahme an der Wahl praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (bezogen auf politische Wahlen vgl. bereits BVerfG 1. August 1953 - 1 BvR 281/53 - BVerfGE 3, 19; bezogen auf Personalratswahlen [Rechtfertigung durch „zwingenden Grund“ gefordert] BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - aaO und 16. Oktober 1984 - 2 BvL 20/82, 2 BvL 21/82 - BVerfGE 67, 369; bezogen auf Wahlen von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat BVerfG 12. Oktober 2004 - 1 BvR 2130/98 - BVerfGE 111, 289). Für eine Berücksichtigung der Zustimmungserklärungen als Unterzeichnung iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG könnte daher die Erwägung sprechen, dass ein Wahlbewerber typischerweise auch gewählt werden will und bei der Listenwahl - im Falle der Mehrheitswahl nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BetrVG stellt sich das Problem der Beschränkung auf aussichtsreiche Listen ohnehin nicht - regelmäßig der Liste, auf der er kandidiert, seine Stimme geben wird und demzufolge die Erfolgsaussichten dieser Liste erhöht. Das könnte allerdings dann problematisch sein, wenn bei Abgabe der Zustimmungserklärung die Vorschlagsliste noch nicht vollständig und abgeschlossen ist. Dies spräche dagegen, die Zustimmungserklärung des Wahlbewerbers als Unterzeichnung des gesamten Wahlvorschlags zu erachten (vgl. hierzu BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 27). Dieses Problem stellt sich auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Formular „Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ einen Hinweis enthält, die schriftliche Zustimmung des Bewerbers gelte zugleich als Stützunterschrift. Letztlich muss diese Problematik aber nicht abschließend entschieden werden.

25

(bbb) Jedenfalls hier hat der Wahlbewerber M mit seiner Unterschrift auf der Liste neben seinem Einverständnis mit einer Kandidatur für den Betriebsrat auch eine Unterstützung der Vorschlagsliste B ausgedrückt. Es kommt dabei nicht entscheidend auf den im Formular weiter unten platzierten Hinweis an, dass die schriftliche Zustimmung eines Bewerbers gleichzeitig als Unterstützungsunterschrift zähle. Selbst wenn man diese Information wegdenken würde, wäre es lebensfremd anzunehmen, der Arbeitnehmer M stimme mit seiner Unterschrift auf der Liste zwar der Aufnahme in die Liste zu, bekunde damit aber keinen Willen der Unterstützung eines Wahlvorschlags, auf dem ohnehin nur er kandidiert. Es ist auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Wahlbewerber mit einer einzigen Unterschrift auf einer Vorschlagsliste seinen Willen sowohl zur Aufnahme in die Liste als auch zur Stützung des Wahlvorschlags ausdrückt (vgl. bereits BAG 12. Februar 1960 - 1 ABR 13/59 - zu II 5 der Gründe).

26

(ccc) Kommt es damit auf den Formularhinweis nicht an, ist es entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht von Bedeutung, dass Herr Ms Unterschrift oberhalb des Formularhinweises zur Bedeutung der Unterzeichnung platziert ist. Zwar stellen weder eine „Überschrift“ oder „Oberschrift“ (hierzu BGH 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48) noch eine „Nebenschrift“ (hierzu BGH 21. Januar 1992 - XI ZR 71/91 -) der gesetzlichen Schriftform genügende „Unterzeichnungen“ iSv. § 126 Abs. 1 BGB dar(in den Entscheidungen des BGH ging es entscheidend um die Auslegung der in zivilprozessualen Beweisvorschriften zu Urkunden verwandten Begrifflichkeiten „… von den Ausstellern unterschrieben“ nach § 416 ZPO und „… über der Unterschrift … stehende Schrift“ nach § 440 Abs. 2 ZPO und nicht um § 126 Abs. 1 BGB; kritisch zur Übertragung dieser Rechtsprechung auf den materiell-rechtlichen Begriff der Schriftform daher etwa MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126 Rn. 10). Die Antragsteller verkennen jedoch, dass nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG der Wahlvorschlag - und nicht etwa ein Hinweis zum Bedeutungsgehalt einer Unterschrift - von einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern unterzeichnet sein muss. Entscheidend ist, ob sich die Unterzeichnung auf den Wahlvorschlag „an sich“ bezieht. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen. Es hat zutreffend hervorgehoben, dass der Wahlbewerber M auf einem Wahlvorschlag, der nur ihn auflistet, unterzeichnet hat. Damit musste sich der zugleich mit der Zustimmungserklärung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO bekundete Unterstützungswillen auch nicht auf weitere Kandidaten und deren Reihenfolge beziehen.

27

2. Die Wahlanfechtung hat nicht aus anderen Gründen Erfolg. Die Würdigung des Arbeitsgerichts, dass aufgrund der anderen mit dem Antrag vorgebrachten Beanstandungen die Wahl nicht iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG anfechtbar ist, und die dieser Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen wurden von den Antragstellern bereits in der Beschwerdeinstanz nicht mehr in Frage gestellt. Dass sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht befasst hat, ist nicht rechtsfehlerhaft. Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine (Aufklärungs- oder Verfahrens-)Rügen.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Rose    

                 

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

29

3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

30

a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

31

b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

32

aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

33

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

34

4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

35

a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

36

aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

37

bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

38

b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

39

5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

40

a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

41

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms    

                 

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2011 - 9 TaBV 65/10 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin und fechten im vorliegenden Verfahren die am 22. April 2010 durchgeführte Wahl des zu 4. beteiligten Betriebsrats an.

2

Zur Durchführung dieser Wahl bestellte der Betriebsrat in seiner vorherigen Zusammensetzung die Arbeitnehmer R, Kr und Wi in den Wahlvorstand. Vorsitzender des Wahlvorstands wurde Herr R. Der Wahlvorstand erließ ein Wahlausschreiben und setzte als Frist für die Einreichung der Wahlvorschlagslisten den 24. März 2010, 16:00 Uhr, fest. Jedenfalls für die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs ist um diese Uhrzeit die tägliche Arbeitszeit zu Ende. Im Wahlausschreiben wurde darauf hingewiesen, dass ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag mindestens fünf Stützunterschriften voraussetze.

3

An der Wahl wollte sich ua. die Vorschlagsliste „W“ beteiligen. Listenvertreter war der Beteiligte zu 1. Unter dem 12. März 2010 trugen sich die drei Antragsteller sowie die Arbeitnehmer R, D und B als Wahlbewerber ein. Sie leisteten zugleich Stützunterschriften zugunsten dieser Liste. Danach sammelten ua. die Beteiligten zu 1. und 3. weitere Stützunterschriften. Anschließend, am 17. März 2010 wurden ergänzend die Arbeitnehmer A, T und Ki als Wahlbewerber in die Liste aufgenommen.

4

Am 24. März 2010 reichte der Beteiligte zu 1. die Liste „W“ gegen 14:10 Uhr beim Wahlvorstand ein. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands anwesend. Das Mitglied des Wahlvorstands Frau Wi las den Wahlvorschlag und hielt dem Beteiligten zu 1. vor, der Kandidat Ki müsse im Nachhinein auf die Liste gesetzt worden sein, da er erst am 16. März 2010 wieder zur Arbeit erschienen sei.

5

Zwei Minuten später reichten auch die Wahlvorstandsmitglieder Kr und Wi eine eigene Liste ein, die Liste „K“. Die Arbeitnehmer De, Mo, T, Kü und S leisteten für beide Listen Stützunterschriften. Der Wahlvorstandsvorsitzende setzte für die Prüfung der Listen den 25. März 2010, 10:00 Uhr, an.

6

Der Beteiligte zu 1. hielt sich nach der Abgabe der Liste „W“ noch im Büro des Arbeitnehmers M auf, um mit diesem ein Gespräch zu führen. Das dauerte mindestens 15 Minuten. Während dieser Zeit suchte das Mitglied des Wahlvorstands Herr Kr den Beteiligten zu 1. auf, um ihm mitzuteilen, der Wahlvorstandsvorsitzende wolle ihn sprechen.

7

Bei der Listenprüfung am 25. März 2010 ging der Wahlvorstand zunächst davon aus, die Liste „W“ enthalte einen heilbaren Mangel. Dieser wurde mit „gem. § 14 BVG Änderung der Wahlvorschläge ohne Einverständnis der Unterzeichner“ bezeichnet. Dies wurde dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „W“ schriftlich mitgeteilt und eine Frist zur Behebung des Mangels bis zum 30. März 2010, 16:00 Uhr, gesetzt. Nach der Sitzung erreichte den Wahlvorstand am gleichen Tag ein Schreiben der Arbeitnehmerin Ro. Darin wies sie darauf hin, dass auf der Liste „W“ am 15. März 2010, als sie ihre Stützunterschrift leistete, nur sechs Kandidaten aufgeführt waren.

8

Daraufhin beraumte der Wahlvorstand eine weitere Sitzung für den 26. März 2010 an. Nach Einholung von Rechtsrat und Rücksprache ua. mit dem Beteiligten zu 1. kam er nunmehr zu dem Ergebnis, die Liste „W“ sei unheilbar ungültig. Dies teilte er dem Beteiligten zu 1. mit und „widerrief“ den am 25. März 2010 angezeigten heilbaren Mangel. Dem widersprach der Beteiligte zu 1. und reichte am 30. März 2010 eine neue Liste ein, die ua. acht statt neun Kandidaten vorsah. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte der Wahlvorstand auch diese Liste ab.

9

Die Betriebsratswahl wurde daraufhin am 22. April 2010 mit den Kandidaten der einzig zugelassenen „K“ durchgeführt und das Wahlergebnis am 23. April bekannt gegeben.

10

Mit ihrem beim Arbeitsgericht am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Betriebsratswahl angefochten.

11

Sie haben geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen § 8 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz(künftig: WO) vor. Der Wahlvorstand habe die zunächst eingereichte Liste nicht beanstanden dürfen. Die zuletzt eingereichten Unterschriften unter Nr. 17 bis 21 hätten sich auf die gesamte vollständige Liste mit zuletzt neun Kandidaten bezogen. Damit habe die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften vorgelegen. Jedenfalls sei der Mangel durch die Einreichung einer weiteren Liste am 30. März 2010 geheilt.

12

Unabhängig davon liege auch ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 WO vor. Der Wahlvorstand habe es unterlassen, die eingereichten Listen unverzüglich zu prüfen. Außerdem sei bekannt gewesen, dass der Beteiligte zu 1. bereits seit dem 12. März 2010 Unterschriften gesammelt habe. Der Vorsitzende des Wahlvorstands habe als einer der ersten eine Stützunterschrift geleistet und deshalb erkennen müssten, dass zumindest der Kandidat Ki nachträglich auf die Liste gesetzt worden sei. Dies sei dem Wahlvorstand als Gremium zuzurechnen. Hätte der Wahlvorstand - so das Vorbringen der Antragsteller - die eingereichte Liste umgehend geprüft, so hätte der Beteiligte zu 1. als Listenführer noch bis 16:00 Uhr ausreichend Zeit gehabt, die erforderlichen fünf Stützunterschriften zu sammeln.

13

Schließlich habe der Wahlvorstand auch gegen § 6 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen. Er habe nur bei dem Arbeitnehmer T angefragt, zugunsten welcher Liste er seine Unterschrift aufrechterhalten wolle, nicht aber bei den anderen vier Arbeitnehmern, die ebenfalls doppelte Stützunterschriften geleistet hätten.

14

Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,

        

die Betriebsratswahl vom 22. April 2010 für unwirksam zu erklären.

15

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben geltend gemacht, den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Ihre Antragsberechtigung sei nach § 242 BGB verloren gegangen, weil der Beteiligte zu 1. maßgeblich zu dem im Streit stehenden Wahlanfechtungsgrund beigetragen habe.

16

Zu Recht seien weder die Liste „W“ noch die später eingereichte Liste zugelassen worden. Die Liste „W“ sei unheilbar ungültig gewesen und die spätere Liste habe den Mangel auch deshalb nicht beheben können, weil es sich um eine völlig neue Liste gehandelt habe.

17

Der Wahlvorstand sei seinen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 2 WO nachgekommen. Er habe eine Sichtprüfung vorgenommen, aus der sich keine Bedenken ergeben hätten. Auf Nachfrage des Mitglieds des Wahlvorstands Frau Wi habe der Beteiligte zu 1. glaubhaft versichern können, die Unterschrift von Herrn Ki bereits vor Sammlung der weiteren Unterschriften besorgt zu haben. Positive Kenntnisse darüber, dass nach Anmeldung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gekommen seien, hätten die Wahlvorstandsmitglieder nicht gehabt. Selbst wenn in der Person von Herrn R ein solches Wissen vorhanden gewesen sein sollte, wäre dies - so die Auffassung von Betriebsrat und Arbeitgeberin - nicht dem Wahlvorstand zuzurechnen. Jedenfalls sei ein solcher Verstoß nicht kausal für das Wahlergebnis gewesen. Es sei praktisch nicht möglich gewesen, den Mangel noch zu heilen und fünf weitere Stützunterschriften einzusammeln. Dies folge auch daraus, dass der Beteiligte zu 1., nachdem das Wahlvorstandsmitglied Kr ihm mitgeteilt habe, der Wahlvorstandsvorsitzende R wolle ihn sprechen, noch das Gespräch mit Herrn M beendet habe. Erst gegen 15:40 Uhr sei er offensichtlich zu Herrn R gegangen. In der dann noch verbleibenden Zeit bis 16:00 Uhr sei eine Heilung des Fehlers nicht mehr möglich gewesen. Die übrigen Arbeitnehmer, die zugunsten der Liste „W“ Stützunterschriften geleistet hätten, hätten bis auf Frau G mitgeteilt, sie hätten die geänderte Liste nicht mehr unterstützt. Zudem seien bis auf sechs Arbeitnehmer, die zuvor Stützunterschriften geleistet hätten, alle im Lager K tätig gewesen. Eine Fahrt bis ins Lager K habe - bei freier Fahrt - mindestens 15 Minuten gedauert.

18

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren haben Betriebsrat und Arbeitgeberin weiter die Abweisung des Antrags beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin ihr Ziel weiter, den Antrag abzuweisen. Die Beteiligten zu 1. bis 3. begehren die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden.

19

B. Die Rechtsbeschwerde ist erfolglos. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde gegen die dem Antrag stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die Wahlanfechtung hat Erfolg (§ 19 BetrVG).

20

I. Die drei Antragsteller sind im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt und deshalb berechtigt, die Betriebsratswahl anzufechten (§ 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Dem Beteiligten zu 1. als Listenvertreter oder allen Antragstellern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag nicht etwa deshalb, weil Gegenstand des Verfahrens - zumindest auch - Fehler des Wahlvorstands sind, die durch die Einreichung einer nachträglich mit Stützunterschriften versehenen Liste entstanden sein sollen und die Antragsteller selbst auf dieser Liste kandidiert haben, der Beteiligte zu 1. zudem als Listenvertreter die Liste eingereicht hat.

21

1. Da das Verfahrensrecht einen umfassenden Justizgewährungsanspruch sicherzustellen hat, kann einem Antrag nur ausnahmsweise aus Gründen einer zweckwidrigen oder missbräuchlichen Prozessbetreibung das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden (Stein/Jonas/Roth 22. Aufl. Vor § 253 Rn. 133; MüKoBGB/Roth/Schubert 6. Aufl. § 242 Rn. 103 f.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt bei Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, das ausschließlich zum Zwecke rechtlich missbilligter Ziele eingeleitet wird (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald ZPO 16. Aufl. § 89 Rn. 30).

22

2. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Die Antragsteller machen mit der Rüge, die Liste „W“ sei zu Unrecht zurückgewiesen worden, einen Anfechtungsgrund geltend, hinsichtlich dessen ihnen das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden kann. Sie wären nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, eine unberechtigte Zurückweisung der Liste, auf der sie kandidiert und die sie im Falle des Beteiligten zu 1. eingereicht haben, hinzunehmen. Liegt aber ein zulässiger Antrag vor, muss das Gericht ohnehin allen Anfechtungsgründen, die im Laufe des Verfahrens sichtbar werden, von Amts wegen nachgehen (vgl. BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38). Ob und inwieweit Gesichtspunkte von Treu und Glauben dem Durchgreifen der Anfechtung oder einzelner Anfechtungsgründe entgegenstehen, ist allein eine Frage der Begründetheit des Antrags (ebenso hinsichtlich des Anfechtungsrechts nach § 246 AktG durch einen Aktionär: BGH 15. Juni 1992 - II ZR 173/91 - zu I 2 b der Gründe, NJW-RR 1992, 1338).

23

II. Mit dem am 3. Mai 2010 eingegangenen und am 7. Mai 2010 zugestellten Antrag haben die Antragsteller die Frist von zwei Wochen nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses am 23. April 2010 eingehalten (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

24

III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht - dem Arbeitsgericht folgend - angenommen, dass die am 22. April 2010 im Betrieb der Arbeitgeberin durchgeführte Betriebsratswahl anfechtbar ist. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen die in § 7 Abs. 2 WO niedergelegte Pflicht zur unverzüglichen Prüfung eingereichter Wahlvorschläge vorliegt. Die Betriebsratswahl ist anfechtbar, da es der Wahlvorstand unterlassen hat, die eingereichte „W“-Liste unverzüglich zu überprüfen und Mängel dem Listenvertreter schriftlich unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der nicht berichtigt ist und durch den das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte (§ 19 Abs. 1 BetrVG).

25

1. Der Wahlvorstand hat gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO verstoßen, indem er am 24. März 2010 die Liste „W“ bei Einreichung nicht auf Fehler prüfte, sondern die Fehlerprüfung auf den 25. März 2010, einen Tag nach Ablauf der Einreichungsfrist, ansetzte.

26

a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, dabei keine starre Frist (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Wahlvorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen (BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 22, BAGE 133, 114; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO). Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25, aaO; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, aaO). Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand unschwer erkennen kann; eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste entspricht nicht den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27, aaO).

27

b) Dieser Prüfpflicht ist der Wahlvorstand nicht nachgekommen. Er wäre gehalten gewesen, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen und damit auch der vom Wahlvorstandsmitglied Frau Wi aufgeworfenen Frage, ob zumindest ein Kandidat nach der Einholung von Stützunterschriften auf die Liste „W“ gesetzt wurde, unmittelbar nach der Einreichung der Liste nachzugehen. Die vom Betriebsrat geltend gemachte „Sichtprüfung“ des Wahlvorstands war nicht ausreichend. Der Umstand, dass der Wahlvorstand die Prüfung der Wahlvorschläge für den 25. März 2010 vorsah, zeigt, dass er selbst die Entgegennahme der Wahlvorschläge am 24. März 2010 noch nicht als die gesetzlich in § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorgeschriebene Prüfung erachtete.

28

2. § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“ und nicht eine bloße Ordnungsvorschrift. Das ergibt sich schon daraus, dass die Regelung dazu dient, allen Einreichern von Wahlvorschlägen zu ermöglichen, tatsächlich gültige Vorschläge einzureichen.

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3. Die Anfechtbarkeit der Wahl scheitert auch nicht daran, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das hat das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise im Ergebnis zu Recht angenommen.

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a) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbs. BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 41, NZA 2012, 633 zu § 11 Abs. 1 DrittelbG; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 d aa der Gründe, BAGE 115, 34).

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b) Eine derartige Feststellung kann hier mit dem Landesarbeitsgericht nicht getroffen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei unverzüglicher Prüfung des Wahlvorschlags „W“ durch den Wahlvorstand rechtzeitig noch ein ordnungsgemäßer Wahlvorschlag eingereicht worden wäre.

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aa) Unerheblich ist insoweit, inwieweit dem Wahlvorstand das Wissen des Wahlvorstandsvorsitzenden über die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste „W“ rechtlich zugerechnet werden kann. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Wahlvorstandsvorsitzende dieses Wissen im Rahmen eines förmlichen Prüfungsverfahrens und nicht nur einer oberflächlichen Diskussion, wie sie stattgefunden hat, keinesfalls offenbart hätte. Hätte er es offenbart, wäre die vom Wahlvorstand später angenommene Fehlerhaftigkeit der Liste „W“ aufgefallen und der Wahlvorstand hätte entsprechend handeln können. Es scheint deshalb auch nicht ausgeschlossen, dass der Wahlvorstand, wie es § 7 Abs. 2 Satz 2 WO vorsieht, dem Beteiligten zu 1. als Vertreter der Liste „W“ schriftlich die von ihm zugrunde gelegten Fehler der Liste mitgeteilt hätte.

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bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, in diesem Falle wäre es zumindest dem anwesenden Vorsitzenden des Wahlvorstands und den Listenvertretern möglich gewesen, insoweit eine eigene Liste bestehend aus ihren Personen aufzustellen, gleichzeitig zwei Stützunterschriften zu leisten und die weiteren drei notwendigen Stützunterschriften noch an Ort und Stelle zu sammeln, ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Prüfvorgang und die Erstellung des notwendigen Schreibens eine gewisse Zeit gebraucht hätten.

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4. Der Berücksichtigung dieses Anfechtungsgrundes stehen auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht entgegen.

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a) Es ist unerheblich, dass der Fehler, der bei ordnungsgemäßer Prüfung möglicherweise hätte entdeckt und dem Beteiligten zu 1. als Listenführer der Liste „WIDEX“ mitgeteilt werden können, von den Personen, die die Liste aufgestellt und eingereicht haben und damit von den Antragstellern, jedenfalls vom Beteiligten zu 1. mit verursacht wurde.

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aa) Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens Gesichtspunkte von Treu und Glauben überhaupt der Berücksichtigung von Anfechtungsgründen entgegenstehen können. Dagegen könnte schon sprechen, dass die Einhaltung von Wahlvorschriften nicht nur dem Interesse einzelner Wahlberechtigter oder Personen, die einen Wahlvorschlag einreichen oder auf ihm kandidieren, dient, sondern gleichzeitig dem ordnungsgemäßen Willensbildungsprozess im Betrieb.

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bb) Jedenfalls bei der hier vorliegenden Konstellation gibt es keine Veranlassung, den Anfechtungsgrund nicht durchgreifen zu lassen. Die Antragsteller machen keinen Verstoß gegen das Wahlverfahren geltend, den sie selbst unmittelbar verursacht haben. Die Prüfpflicht des Wahlvorstands besteht vielmehr in allen Fällen und unabhängig von dem Handeln der Personen, die Wahlvorschläge einreichen oder auf ihnen kandidieren. Es lag allein in der Zuständigkeit des Wahlvorstands, wann er die Prüfung des Wahlvorschlags „W“ vornahm. Da es wegen der Äußerungen des Wahlvorstandsmitglieds Wi Anlass gab, eine umgehende förmliche Prüfung der Frage der unzulässigen nachträglichen Hinzusetzung von Kandidaten nach der Leistung von Stützunterschriften nachzugehen, ist es nicht den Antragstellern oder ihrem Listenführer zuzurechnen, dass der Wahlvorstand die Prüfung nicht vornahm. Eine solche Prüfung war wegen dieser Hinweise nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller den Fehler bei der Listenaufstellung verdeckt haben.

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b) Soweit die Arbeitgeberin erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorträgt, dem Beteiligten zu 1. sei es darum gegangen, anderen Arbeitnehmern die Stellung eines Wahlbewerbers und den damit verbundenen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG im Hinblick auf einen geplanten Arbeitsplatzabbau zu verschaffen, liegt neuer Sachvortrag vor. Dieser kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nach dem auch im Beschlussverfahren geltenden § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

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5. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht offengelassen, ob ein Verstoß gegen Wahlvorschriften, der nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Anfechtung der Wahl berechtigen könnte, darin liegt, dass der Wahlvorstand die Liste „W“ zurückgewiesen hat.

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a) Allerdings spricht viel dafür, dass der Wahlvorstand die Liste zu Recht zurückgewiesen hat. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies nach der Rechtsprechung des Senats dann zur Unwirksamkeit des Wahlvorschlags, wenn nachträglich Kandidaten gestrichen werden (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) sowie dann, wenn nachträglich zumindest ein Kandidat hinzugefügt wird und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nicht erfüllen (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 61 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 7). Es spricht viel dafür, Gleiches anzunehmen, wenn - was hier in Betracht kommt - nach der Anbringung von Stützunterschriften weitere Kandidaten auf die Liste gesetzt werden, anschließend weitere Stützunterschriften gesammelt werden, die für sich genommen das gesetzlich notwendige Quorum (§ 14 Abs. 4 BetrVG) erfüllen, und die nachträgliche Ergänzung der Kandidatenliste nicht kenntlich gemacht wurde. Denn die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter politischer Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.

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b) Darauf kommt es aber nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man davon ausginge, dass ein Verstoß gegen die Prüfpflicht nur dann rechtlich beachtlich wäre, wenn der vom Wahlvorstand später angenommene Wahlfehler tatsächlich vorliegt, wäre die Wahl hier auf jeden Fall anfechtbar. Geht man davon aus, die eingereichte Liste sei fehlerhaft, folgt die Anfechtbarkeit - wie dargelegt - aus dem Verstoß gegen die Prüfpflicht. Wäre die Liste nicht fehlerhaft, ergäbe sich die Anfechtbarkeit der Wahl jedenfalls daraus, dass - wie die Anfechtenden auch rügen - ihre Liste nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen und das Wahlergebnis dadurch beeinflusst wurde.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Zwanziger    

        

        

        

    Busch    

        

    Willms