Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 03. Dez. 2013 - 1 Ta 121/13
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 10. 09. 2013 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 04. 09. 2013 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 20. 09. 2013 – 10 Ca 141/13 – abgeändert.
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für das Verfahren und den Vergleich auf 8.427,68 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers als Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines Gegenstandswertes i. H. v. einem Bruttomonatsgehalt für den unechten Hilfsantrag über die Weiterbeschäftigung des Klägers.
- 2
Dieser Antrag lautet:
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Hilfsweise für den Fall des Obsiegens
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die Beklagten zu verurteilen, den Kläger unverändert zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen als Bediener CNC, Beschichter CNC oder als Dreher tatsächlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.
- 5
Das Kündigungsschutzverfahren endete noch vor Durchführung einer Güteverhandlung durch nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich vom 01. 08. 2013.
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Ziffer 1 des Vergleiches lautet:
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Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 31. Mai 2013 nicht aufgelöst wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30. Juni 2013 hinaus fortbesteht.
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Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert auf 6.220,76 € festgesetzt und dabei den Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung des Klägers nicht berücksichtigt. Der Weiterbeschäftigungsantrag wirke sich nicht streitwerterhöhend aus, da er ausdrücklich nur unter der nicht eingetretenen Bedingung des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag angekündigt gewesen sei.
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Hiergegen richtet sich die am 19. 09. 2013 beim Arbeitsgericht Dessau-Roßlau eingegangene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Der Beschwerdeführer bezieht sich insbesondere auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 06. 03. 2007 – 1 Ta 8/07 –.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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Der im Wege des uneigentlichen Hilfsantrages verfolgte Weiterbeschäftigungsanspruch ist in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes des Klägers (2.106,92 €) zu bewerten.
- 13
Wird mit der Kündigungsschutzklage der unbedingte allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag als Hauptantrag geltend gemacht, wirkt sich dieser streitwerterhöhend aus (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. 01. 2009, MDR 2009, 454; LAG Hamburg, Beschluss vom 02. 09. 2002, MDR 2002, 178; LAG Niedersachsen, Beschluss vom 03. 01. 1989, NZA 1989, 862). Wird der Anspruch jedoch nur als unechter Hilfsantrag, also für den Fall des Obsiegens mit der Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht, ist er für die Anwaltsgebühren dann zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden wird oder im Vergleich eine Regelung über ihn getroffen worden ist (LAG Düsseldorf vom 18. 10. 2006 – 6 Ta 551/06, Juris Rdnr. 20; LAG Baden-Württemberg vom 14. 02. 2011 – 5 Ta 214/10 –, Juris Rdnr. 11; LAG Nürnberg vom 25. 06. 2007 – 7 Ta 101/07 –, Juris Rdnr. 9; LAG Sachsen-Anhalt vom 06. 03. 2007 – 1 Ta 8/07 – und vom 08. 05. 2013 – 1 Ta 49/13 –).
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Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob eine Werterhöhung auch dann in Betracht kommt, wenn im Vergleich keine – ausdrückliche – Regelung über den Weiterbeschäftigungsantrag getroffen wurde (Streitwerterhöhung annehmend: LAG Baden-Württemberg vom 14. 02. 2011 aaO, Rz. 20, 23; LAG Sachsen-Anhalt vom 06. 03. 2007 – 1 Ta 8/07 –; keine Werterhöhung: LAG Düsseldorf vom 18. 10. 2006 – 6 Ta 551/06 aaO, Rdnr. 15; LAG Sachsen-Anhalt vom 08. 05. 2013 – 1 Ta 49/13 –).
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Denn die Parteien regelten vorliegend in dem Vergleich vom 01. 08. 2013 mit der Regelung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungstermin hinaus zugleich auch die Frage der Weiterbeschäftigung des Klägers. Denn bei einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist auch eine Entscheidung über den (unechten) Hilfsantrag i. S. d. §§ 45 Abs. 4, Abs. 1 S. 2 GKG – jedenfalls im Vergleichswege – in diesem Einzelfall konkludent „mitgeregelt“ worden.
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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.